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Ich fasse die Resultate der Untersuchung zusammen. Deren methodischer Gang war dieser: zuerst die alten Zeugnisse über die Legenden hervorzuheben und daraus einen allgemeinen Schluß auf deren Entstehungzeiten zu ziehen, dann aber das Verhältnis der Legenden zueinander kritisch zu prüfen und ihnen Aufschlüsse zu entnehmen. Der Beweis für die Richtigkeit der festgestellten Tatsachen liegt in der Übereinstimmung der Folgerungen der ersten und der zweiten Untersuchung. Und es hat sich auf diesem Wege ergeben:
1. Alle zuverlässige Kenntnis vom Leben und Wesen des Franz ist in den beiden Viten des Thomas von Celano enthalten, deren zweite alle Berichte der Jünger des Franz in sich schließt. Ergänzend hierzu treten nur die kurzen Aufzeichnungen des Bruder Leo, die in dessen neuerdings veröffentlichten Scripta enthalten sind, und die von Bonaventura gebrachten, bei Thomas noch fehlenden Berichte von Schülern des Franz.
2. Das Speculum perfectionis, erst im Anfang des 14. Jahrhunderts entstanden, bringt eine Ausgestaltung der Legenden des Thomas, die mit den Aufzeichnungen des Leo und einigen anderen verquickt sind, und ist mit spiritualer Tendenz verfaßt. – Die Legenda trium sociorum, als Supplement zum Speculum entstanden, ist, wiederum mit Ausnutzung der Viten des Thomas abgefaßt, als Fälschung zu bezeichnen, da sie mit dem Anspruch auftritt, gleichzeitig mit der II. vita des Thomas geschrieben worden zu sein.
Hieraus aber, wie schon oben gesagt, erklärt es sich, daß ich meine frühere Darstellung des Franz in dieser zweiten Auflage unverändert stehen lassen konnte und meine Auffassung von ihm die gleiche geblieben ist, wie früher. Es muß ausgesprochen werden: Noch steht es beim alten! Die gesamte umfängliche Literatur, die seit zwanzig Jahren entstanden ist, hat, wenn sie auch dazu führte, manches betreffend die alte Literatur über Franz festzustellen, nämlich vor allem den alten Kern des Speculum vitae: das Speculum perfectionis und die späte Ansetzung der Tres socii, – sowie gute Ausgaben der alten Schriftwerke zu veranlassen, was mit besonderem Dank anerkannt werden soll, nichts für die Kenntnis des Heiligen Wichtiges und Neues ergeben. Und ich kann nicht umhin, im Hinblick auf alle die zahllosen mühevollen und verwickelten Untersuchungen auszurufen: welche verschwendete Zeit, welch vergeudeter Scharfsinn! Wie viel für die Geschichtswissenschaft Wichtigeres hätte mit der hier aufgewendeten Arbeitskraft geleistet werden können!