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Brief XXXI.

London, den 25. September, 1711.

Ich habe heute in der Altstadt gegessen, und auf dem Rückweg habe ich meinen dreissigsten auf die Post gegeben. Als ich nach Hause kam, fand ich einen der herrlichsten Briefe vor, die ich je gelesen habe; er war von ...; drei und eine halbe Seite in Folio auf einem grossen Bogen; die beiden ersten Seiten bestehn aus einer Satire auf London, auf Gedränge und Eile, die aus einem seiner eignen Schulaufsätze gestohlen ist; die übrigen anderthalb Seiten braucht er, um mich zu bitten, dass ich Frau South, die Witwe Ihres Kommissionärs, beim Lord Schatzmeister für eine Pension empfehle. Er ist der hübscheste, taktvollste Bursche, den meine Augen je erblickt haben, oder der je die Feder in die Tinte tauchte. Ich weiss nicht, was ich ihm sagen soll. Die Pest soll ihn holen, ich habe schon zuviel solcher Kunden hier in England. Ich glaube, ich werde ihm schreiben, dass ich den Lord Schatzmeister in meinem Leben noch nicht gesehn habe; ich bin überzeugt, als ich ihn sprach, da habe ich absichtlich den Namen jedes grossen Mannes vermieden, aus Furcht, er möchte in Irland darüber berichten. Und diese Empfehlung muss auch noch geheim bleiben, aus Furcht, der Herzog von Bolton könnte davon erfahren und finden, sie sei zu unbedeutend. Ich habe in meinem Leben noch keinen so verdammten Brief gelesen; es fehlt wenig, so möchte ich ihn Ihnen schicken. Ich muss Ihnen eine Probe geben, die erste beste Stelle, die mir in die Augen fällt; wählen und aussuchen will ich nicht erst lange. »Dort (nämlich auf der Londoner Börse), in jenem Bau, der der Inbegriff des alten Troynovant ist, wie dieses den der ganzen geschäftigen Welt bedeutet, habe ich mir einen solchen Ekel geholt, dass ich der Menschheit überdrüssig wurde und beschloss, mich für alle Ewigkeit im schattigen Asyl von ... zu begraben.« Sie müssen wissen, dass London von gewissen Leuten Troynovant oder das neue Troja genannt worden ist. Wollen Sie noch mehr? Ja, ein kleines Stückchen noch für Stella, weil es ihr gefallen wird. »Dieses wunderbare Theater war für mich nur eine Wüste, und über Einsamkeit würde ich mich bei einem Schiffbruch in Connaught oder selbst auf dem grossen Moor von Allen weniger beklagen.« Noch ein kleiner Fetzen für Frau Marget Stellas Zofe., und dann bin ich fertig. »Ihr Königsfanum, darin alltäglich die Göttin Pecunia angebetet wird, erschien mir wie ein Bienenkorb, wo die Bienen sich unter ungeheuren Sorgenlasten mühen und quälen.« Fanum heisst ein Tempel, aber er meint die Börse; und Pecunia heisst Geld; jetzt also wird Frau Marget ihr Zitat verstehn. Noch einen Absatz, und ich ... Nun, nur ruhig, geraten Sie nicht in Wut, Sie sollen also nicht mehr hören. Bitte, Stella, geben Sie sich zufrieden; es ist wirklich hübsch; und mit einem solchen Hund muss ich bekannt sein! – Unser Friedensschluss macht schnelle Fortschritte. Prior war heute morgen zwei Stunden lang beim Staatssekretär; ich kam bald nachdem er gegangen war und hörte es. Ich glaube, er wird bald wieder nach Frankreich geschickt werden. Und ich will jemanden überreden, einen Bericht auch über seine zweite Reise zu schreiben; ich hoffe, den andern werden Sie gesehn haben. Der hat meine ganze Zeit in Anspruch genommen, weil ich dawider stürmen musste.

26. Gestern und heute ist Bernage bei mir gewesen. Gestern liess ich ihn holen, um ihm zu sagen, dass Dr. Arbuthnot alles daran setze, um seinen Bruder über Bernages Kopf hinweg zum Hauptmann zu machen. Arbuthnots Bruder ist nur erst Fähnrich; aber der Doktor hat grossen Einfluss auf die Königin; aber er sagte mir, er wolle einem Herrn, der mein Freund sei, keinen Schimpf antun, und ich habe den Staatssekretär und seinen Oberst für ihn gewonnen. Heute sagte er mir sehr melancholisch, der andre habe aus Windsor geschrieben (wohin er gegangen ist, um sich dort um die Stellung zu bewerben), er habe die Kompagnie erhalten, und Bernage ist ganz hypochondrisch. Ich habe gestern den Staatssekretär in Bernages Interesse an den Oberst schreiben lassen. Ich hoffe, es wird noch gehn; und ich habe an Dr. Arbuthnot nach Windsor geschrieben, er möge nicht auf einem solchen Schimpf bestehn. Gegessen habe ich in der Altstadt mit Stratford bei Pontack; das hat mich sieben Schilling gekostet; er wollte mich einladen, aber ich habe es nicht angenommen. Ich habe mein Geld aus der Bank zurückgezogen und in andre Papiere gesteckt. Ich wollte, Parvisol spräche mit Hawkshaw, damit er mir mein Geld zahlt, sobald er kann, denn ich will es anlegen; inzwischen will ich mir die Summe vom Staatssekretär borgen, da er sich erbietet, sie mir zu leihn. Fort zum Dechanten, Burschen!

27. Bernage war heute wieder bei mir; er ist in grosser Angst, und ich war es auch; heute nachmittag aber sagte mir beim Lord Schatzmeister, wo ich gegessen habe, mein Bruder George Granville, der Staatssekretär des Kriegsministeriums, nachdem er mich eine Weile im Ungewissen gehalten hatte, Dr. Arbuthnot habe die Sache fallen lassen, weil er einem Freund von mir kein Unrecht tun wollte; sein Bruder solle Leutnant werden, Bernage aber Hauptmann. Ich habe in seiner Wohnung und im Offizierskaffeehaus vorgesprochen, um ihm seine Angst zu nehmen; aber ich kann ihn nicht finden; so habe ich Bescheid hinterlassen und werde ihn morgen früh sehn, denke ich. Bernage ist jetzt der Sorgen ledig; er hat zehn Schilling täglich, ausser dem erlaubten Betrug. Freilich gibt er seinem Oberst insgeheim eine gewisse Summe; doch ist es billig: sein Oberst hat ihn gern, sieht aber mit Staunen, dass er so viele Freunde hat. Den also bin ich jetzt ganz los. Ich habe die Gesellschaft heute abend früh verlassen; aber der Staatssekretär folgte mir, um mich zu bitten, dass ich ihn nach W... begleitete. Ehe ich das Wort, das mit dem W beginnt, ausschreiben konnte (es sollte Windsor heissen) trat Herrn Lewis' Diener ein und brachte mir einen sehr hübschen Spottbrief von Dr. Arbuthnot, in dem er mir sagt, er habe heute morgen mir zu Gefallen zu Bernages Gunsten auf die Ansprüche seines Bruders verzichtet; die Königin habe mit Herrn Granville gesprochen, damit der die Kompagnie beruhigte, indem er die Hauptmannsstelle dem andern gäbe. Ob sie es nun getan haben, um mir gefällig zu sein oder nicht, ich muss es so gelten lassen. Er sagt, er habe die Königin noch heute morgen gebeten, Bernage die Kompagnie zu geben. Es freut mich sehr, dass ich so guten Erfolg gehabt habe; aber Sie werden finden, dass ich langweilig bin, obwohl Sie den Mann gern haben, denke ich.

Windsor, den 28. Ich bin einen Tag früher hergekommen als gewöhnlich, und zwar auf den Wunsch des Staatssekretärs; mit ihm und Prior, zwei geheimen französischen Gesandten und einem französischen Priester habe ich zu Nacht gegessen. Die Namen der beiden Gesandten weiss ich nicht, aber sie kommen wegen des Friedensschlusses. Die Namen, bei denen der Staatssekretär sie nannte, glaube ich, waren fingiert; es sind gute, vernünftige Leute. Wir haben mit Frankreich schon alles erledigt; und zwar sehr zur Ehre und zum Vorteil Englands; die Königin ist in sehr guter Laune. All diese Neuigkeiten sind tiefstes Geheimnis; im allgemeinen weiss man nur, dass man nach einem Friedensschluss strebt. Der Graf von Stratford soll bald nach Holland gehn, damit man dort erfahre, was wir ausgerichtet haben; und dann ist dort der Teufel und alles zu bezahlen; aber sie sollen es samt der Pest hinunterschlucken. Die französischen Gesandten blieben bis ein Uhr bei uns, und der Staatssekretär und ich blieben bis zwei Uhr sitzen und plauderten; Sie werden also zugeben, dass es spät ist, Burschen, und dass es für den kleinen, naseweisen Presto Zeit ist, zu Bett zu gehn und zu schlafen; und Gott segne die armen, kleinen MD; ich hoffe, sie hegen jetzt in festem Schlaf und träumen von Presto.

29. Heute abend kam der Lord Schatzmeister wie gewöhnlich um halb neun; es war pechdunkel. Ich bin es müde, ihn zu schelten; deshalb lobte ich ihn, weil er den Rat seines Freundes befolgt habe und so früh gekommen sei usw. Ich war heute abend zwei Stunden bei Lady Oglethorp; dann ass ich beim Lord Schatzmeister zu Nacht, nachdem ich im Hofmarschallamt zu Mittag gegessen hatte; ich bin bis zwei Uhr geblieben; das kommt davon, wenn der Lord Schatzmeister hier ist; ich muss mit ihm zu Nacht essen, und er bleibt verflucht spät auf. Lord Siegelbewahrer und Lord Staatssekretär waren nicht da; sie können nicht so lange aufbleiben. Dies lange Aufbleiben macht die Perioden in meinen Briefen so kurz. Ich denke die ganze nächste Woche hier zu bleiben und etwas Wichtiges zu beenden, was ich übernommen habe und was bald fertig werden muss. Dann werde ich an die Rückkehr nach Irland denken, wenn die Leute hier mich fortlassen; und ich wüsste nicht, dass sie sonst noch etwas für mich zu tun hätten. Ich habe Dr. Arbuthnot für seine Güte Bernage gegenüber gedankt, denn seine Ernennung ist jetzt unterschrieben. Mir ist, als sehnte ich mich danach, etwas über Stellas Befinden zu hören: wie es ihr nach dem Wasser von Wexford geht.

30. Die Königin war heute nicht in der Kirche; und um so besser, denn die Predigt hielt ein Dummkopf; sie hat wieder ein wenig Gicht. Ich habe bei meinem Bruder Masham gegessen; in massiger Gesellschaft; und zum Lord Schatzmeister wollte ich erst nach dem Abendbrot um elf Uhr gehn; ich tat, als hätte ich mich in der Zeit geirrt; auf diese Weise habe ich nichts gegessen; und bald nach zwölf brach die Gesellschaft auf, weil der Siegelbewahrer und der Staatssekretär sich weigerten, länger zu bleiben; so blieb mir heute nacht die Ausschweifung erspart. Prior ist gestern mit seinen Franzosen aufgebrochen, und hier in der Stadt gehn tausend Gerüchte um. Manche sagten, sie hätten den einen als den Abbé de Polignac; andre schworen, es sei der Abbé du Bois. Die Whigs sind wegen des Friedensschlusses in heller Wut. Aber wir werden sie ohrfeigen, dafür bürge ich, Jungens! Gehn Sie, gehn Sie, gehn Sie zum Dechanten, und kümmern Sie sich nicht um die Politik, junge Frauen; die taugt nicht nach dem Wasser; sie ist geradezu nichtswürdig; sie steigt zu Kopfe. Gehn Sie, holen Sie sich zwei schwarze Asse und fischen Sie nach einem Trumpf.

Den 1. Oktober. Sir John Walters, ein ehrlicher, stets betrunkener Bursche, hat jetzt Dienst und lud mich heute ins Hofmarschallamt ein, um nicht hinter Oberst Godfrey zurückzustehn, denn der ist ein Whig. Ich war mit Herrn Masham zum Gastmahl des Bürgermeisters eingeladen; da ich aber wartete, bis ich vom Lord Schatzmeister Abschied nehmen konnte, so kam ich zu spät und kehrte also kriechend ins Hofmarschallamt zurück; und den Lord Schatzmeister habe ich auch nicht gesehn; aber ich war entschlossen, nicht zwei Mahlzeiten um seinetwillen zu versäumen. Ich habe heute von meinem Freund und Vermittler Lord Rivers Abschied genommen; er hat von der Königin Befehl erhalten, Donnerstag nach Hannover aufzubrechen. Der Staatssekretär geht erst morgen wieder in die Stadt; er und ich und noch zwei Freunde haben heute hier im Hause eine nüchterne Flasche Wein getrunken und uns um zwölf getrennt. Er reist morgen früh gegen sieben, und also werde ich ihn nicht mehr sehn. Ich habe während seiner Abwesenheit den Schlüssel zu seinem Keller und mache wenig Gebrauch davon. Lord Dartmouth und mein Freund Lewis bleiben diese Woche hier; aber ich kann von Dartmouth kein Mittagessen erzwingen. Masham hat versprochen, für mich zu sorgen; ich habe heute seine Frau aus ihrem Wagen geführt und muss ihr in ein oder zwei Tagen einen Besuch machen. Sie also haben eine lange Zeit des schönsten Wetters von der Welt gehabt; ich bin leider jeden Tag in Sorge, dass es aufhören wird. Ich habe heute nichts gearbeitet; ich bin sehr träge.

2. Mein Freund Lewis und ich haben heute, um nicht zuviel zu essen, und den grossen Tafeln zu entgehn, bei dem ehrlichen Jemmy Eckershall, dem diensttuenden Küchensekretär, gegessen; ich hatte unsre Mahlzeit zusammengestellt; aber der Hund hatte Ihren Bekannten Lovet, den Oberpförtner, eingeladen. Lovet sagte am Schlusse des Diners nach langem Sichwinden, er habe früher einmal die Ehre gehabt, mich auf Moor Park zu sehn, und er glaube, er entsinne sich noch meines Gesichts. Ich sagte, mir wäre, als entsänne auch ich mich seiner, und ich sei froh, ihn zu sehn; und damit kam ich noch gut davon, denn er war sehr keck. Es hat den ganzen Tag hindurch geregnet, und ich fürchte, mit unserm guten Wetter ist es vorüber. Ich bin heute nachmittag sehr träge gewesen, denn ich habe mit Lewis ein Schillingspikett gespielt; ich habe sieben Schilling gewonnen, das einzige Geld, das ich in diesem Jahr überhaupt gewonnen habe; ich habe höchstens viermal gespielt, und ich glaube, immer in Windsor. Die Karten sind sehr teuer; es liegt jetzt ein Zoll von sechs Pence auf jedem Paket, wodurch kleine Spieler zugrunde gerichtet werden.

3. Herr Masham schickte heute morgen und bat, ich möchte mit ihm ausreiten, da das Wetter wieder sehr schön würde. Ich hatte viel zu tun und schickte meine Entschuldigung, bat ihn aber, mir ein Mittagessen zu besorgen. Ich habe mit ihm, seiner Frau und deren Schwester Frau Hill gegessen, die mich einlud, morgen bei ihr zu essen; und in der Frühe sollen wir ausreiten. Heute abend habe ich bis acht bei Lady Oglethorp gesessen; dann ging ich nach Hause, um zu schreiben und sah mich nach der Frau um, die den Schlüssel zum Hause hat; sie aber sagte mir, Patrick hätte ihn. Ich kühlte mir bis neun Uhr die Füsse im Kreuzgang; dann ging ich ins Konzert, wohin man mich oft eingeladen hatte; aber nach einer halben Stunde war ich des feinen Zeugs müde und stahl mich so heimlich davon, dass jedermann mich sah; und von neuem habe ich mir im Kreuzgang bis nach zehn die Füsse gekühlt; dann kam Patrick. Ich ging hinauf, schloss die Kammertür und gab ihm zwei oder drei schallende Ohrfeigen, und dadurch, dass ich ihn am Ohr gezogen habe, habe ich mir den Daumen meiner linken Hand verrenkt, was ich erst fühlte, als er fort war. Er war verdammt erschreckt und gedemütigt.

4. Es war der schönste Tag von der Welt, und wir waren vor elf Uhr draussen, ein schöner Reiterzug. Die Herzogin von Shrewsbury in ihrem einspännigen Jagdwagen, bei ihr Fräulein Touchet; Frau Masham und Frau Scarborough, zwei der Kammerfrauen in einem der Jagdwagen der Königin; Fräulein Forester und Fräulein Scarborough, zwei Ehrendamen, und Frau Hill zu Pferde. Der Herzog von Shrewsbury, Herr Masham, George Fielding, Arbuthnot und ich, gleichfalls alle zu Pferde. Frau Hills Pferd war für Fräulein Scarborough gemietet worden; aber sie nahm es aus Höflichkeit, denn ihr eignes Pferd war wundgerieben und liess sich nicht reiten, sondern schlug aus und zuckte; das gemietete Pferd war keine anderthalb Schilling wert. Ich hatte mir Rock, Stiefel und Pferd geliehen und kurz, wir haben alle Schwierigkeiten gehabt, aber nicht so viele, als wir hatten, wenn wir von Trim einen Ausflug zu Longfield machten. Mein Rock war aus hellem Camelot, besetzt mit rotem Samt und silbernen Knöpfen. Wir ritten etwa ein Dutzend Meilen im grossen Park und im Wald umher; und die Herzogin und ich haben uns viel unterhalten; gegen zwei waren wir wieder zu Hause, und Herr Masham, seine Frau, Arbuthnot und ich assen bei Frau Hill. Arbuthnot machte uns alle durch Symptome blutigen U...ns melancholisch; er erwartet innerhalb zwölf Stunden einen grausamen Anfall von Blasenstein; er sagt, darin irre er sich nie, und er sieht aus wie ein Mann, der morgen auf die Folter gespannt werden soll. Ich kann nur hoffen, dass es nicht so schlimm ist; er ist ein vollkommen ehrlicher Mann, und ich bin ihm vielfach verpflichtet. Heute nachmittag hat es ein wenig geregnet; dann wurde es wieder schön. Lady Oglethorp schickte zu mir, sie möchte mich sprechen; der Grund war, dass sie mich wissen lassen wollte, wie sehr Lady Rochester wünschte, dass sie und ich besser miteinander bekannt würden. Es ist ein wenig zu spät, denn ich bin nicht mehr in Lady Rochester verliebt; sie haben mich von ihr fortgespottet, weil sie alt ist. Arbuthnot sagt, er hoffe nur, dass mein verrenkter Daumen nicht die Gicht sei; er habe es oft erlebt, dass die Leute sich so sonderbar geirrt hätten. Ich weiss nicht mehr ganz genau, woher ich das habe; nur hatte ich es gleich, nachdem ich Patrick geschlagen hatte; und jetzt ist es besser; ich glaube also, er täuscht sich.

5. Die Herzogin von Shrewsbury schickte zu mir, um mich zum Essen einzuladen; aber gestern abend, als ihr Diener kam, war ich nicht zu Hause, und heute morgen habe ich ihr meine Entschuldigung geschickt, weil ich versagt war, was mir leid tat. Fräulein Forester schob mir gestern die Geschichte der Ehrendamen zu; aber ich sagte ihr offen, der Scherz sei nicht von mir; denn ich hatte bemerkt, dass sie ihm nicht allzuviel Geschmack abgewinnen konnten; ich habe schon genug an einem Zank mit dem Dummkopf Sir John Walters, der, seit ich bei ihm gegessen habe, in jeder Gesellschaft über mich spottet; ich hätte der Königin Speise und Trank geschmäht und gesagt, von der ganzen Tafel tauge nichts; und das Ganze ist eine verdammte Lüge; denn als ich nach Tisch den Wein lobte, sagte ich nur, mir schiene, er sei etwas leicht. Sie würden staunen, wie sehr alle meine Freunde über diesen Zank lachen. Er wird einen wundervollen Scherz für den Siegelbewahrer, den Schatzmeister und den Staatssekretär abgeben. – – Gegessen habe ich bei dem ehrlichen Oberst Godfrey, bin dann eine Stunde tüchtig auf der Terrasse spazieren gegangen und schliesslich heraufgestiegen, um zu arbeiten; aber es wird grimmig kalt, und ich habe kein Wams hier.

6. Bis auf den heutigen Tag hatte ich noch nicht bei den Kaplanen gegessen, obgleich mich mein Freund Gastrel und der Dechant von Rochester oft eingeladen hatten; es ist die schlechtest versehene Tafel bei Hofe. Wir assen von Zinn; jeder Kaplan stiftet, wenn er Dechant wird, ein Stück Silbergeschirr, und also haben sie ein wenig, wovon einiges sehr alt ist. Einer, der zum Dechanten von Peterborow gemacht wurde (das ist eine kleine Dechantei), sagte, er würde kein Silber stiften, er sei nur Dechant von Pewterborow Pewter – Zinn.. Heute traf die Nachricht vom Misslingen der Hillschen Expedition ein, und ich habe Frau Masham und Frau Hill, seine beiden Schwestern, aufgesucht, um ihnen mein Beileid auszusprechen. Ich riet ihnen, auf jeden Fall heute abend das Konzert zu besuchen, um zu zeigen, dass sie nicht niedergeschlagen seien usw.; sie hielten meinen Rat für gut und gingen hin. Ich fürchte, Herr Hill und sein Admiral haben falsche Schritte unternommen; wir schieben es alle freilich auf einen Sturm usw. Ich blieb beim Staatssekretär sitzen, während er zu Nacht speiste; dann gingen wir alle zum Souper zum Lord Schatzmeister und blieben bis zwölf. Der Staatssekretär ist Hills wegen sehr niedergeschlagen; denn er hatte diese Expedition vorgeschlagen und stark darauf gerechnet; aber der Lord Schatzmeister war ebenso lustig wie immer; er hat viel darüber gelacht, dass Sir John Walters und ich uns überworfen haben. Ich sagte, dabei täte mir nichts weiter leid, als dass sie es sich zum Beispiel nehmen und darauf fussen und sich meiner Regierung entziehn würden; aber ich dächte, Bären brauchte ich nicht zu regieren, wenn ich auch Menschen regierte. Sie versprechen, so gehorsam zu bleiben wie nur je, und also lachten wir; – und jetzt gehe ich zu Bett; denn es ist noch kälter geworden, und Sie haben jetzt ein Feuer und sitzen zu Hause bei den Karten.

7. Lord Harley und ich haben heute allein bei Frau Masham und Frau Hill und meinem Bruder Masham gegessen. Ich sah Lord Halifax bei Hofe, und wir gingen aufeinander zu und plauderten; und auch die Herzogin von Shrewsbury kam herbei und machte mir Vorwürfe, weil ich nicht bei ihr gegessen habe. Ich sagte, das sei nicht so einfach, denn ich erwartete mehr Komplimente von Damen, besonders von Herzoginnen; sie versprach mir, jede meiner Forderungen zu erfüllen; und ich willigte ein, morgen bei ihr zu essen, wenn ich nicht zu früh nach London fahre; denn ich glaube, ich werde vor dem Essen fahren. Lady Oglethorp brachte heute im Zirkel mich und die Herzogin von Hamilton zusammen; ich habe ihr einige Ermutigungen gegeben, aber nicht viel. Jedermann hat Walters aufgezogen. Er hatte zum Lord Schatzmeister gesagt, er werde ihm die Gesellschaft, die bei ihm essen sollte, entführen; My Lord sagte »So will ich Ihnen Dr. Swift schicken«; Lord Siegelbewahrer hiess ihn sich in acht nehmen; »denn«, sagte er, »Dr. Swift ist nicht nur unser aller Günstling, sondern auch unser Hofmeister.« Die alte Gesellschaft ass beim Lord Schatzmeister zu Nacht, und wir brachen um zwölf auf.

London, d. 8. Ich glaube, ich werde nicht noch einmal nach Windsor gehn, denn wir erwarten, dass die Königin in zehn Tagen nach Hampton Court kommt. Es hat letzte Nacht gefroren und war heute grausam kalt. Ich konnte nicht bei der Herzogin essen, denn ich habe Windsor mit dem Lord Schatzmeister um halb zwei verlassen, und wir sprachen in Kensington vor, wohin Frau Masham gegangen war, um zwei Tage bei ihren Kindern zu sein. Ich habe beim Lord Schatzmeister zu Mittag oder vielmehr zu Abend gegessen und bin bis nach zehn geblieben. Tisdall ist mit seiner Familie auf Grund eines Zanks mit den Leuten hier fortgezogen. Gestern wurden mir zwei Briefe zu Frau Masham gebracht; einer war von Ford, und der andere von unserer kleinen MD, Nummer 21. Ich wollte es Ihnen erst heute sagen, weil ich es nicht eher wollte. Ich werde ihn erst im nächsten beantworten, weil ich zwei Tage dadurch verloren habe, dass ich in Windsor war; die muss ich hier wieder einholen. Also, Burschen, ich muss schlafen gehn. Die Strassen sind so trocken wie mitten im Sommer. Dieser Brief soll morgen abgehn.

9. Morgens. Heute morgen regnet es schwer. Ich vermute, jetzt wird es mit unserm schönen Wetter aus sein. Ich denke, ich werde heute mein Wams unterziehn; soll ich? Also, ja, MD zu Gefallen. Ich denke, heute zu Hause zu essen: ein Kotelett und eine Kanne. Die Stadt ist noch immer sehr leer. Lord Strafford ist nach Holland gegangen, um ihnen zu sagen, was wir hier zum Zweck eines Friedensschlusses unternommen haben. Wir werden bald hören, was die Holländer sagen und wie sie es aufnehmen. Meine ergebene Empfehlung für Frau Walls, Frau Stoyte und Katharina. – Morgen, liebste Burschen, und leben Sie wohl; und Gott, der Allmächtige, segne MD, die armen, kleinen, lieben MD, denn die meine ich, und Presto dazu. Ich werde Ihnen heute abend noch einmal schreiben, das heisst, ich werde meinen nächsten Brief beginnen. Leben Sie wohl, usw.

Dieses kleine Stückchen gehört MD; wir müssen immer auf dem Rand schreiben; Sie sind naseweise Halunkinnen.


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