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»Er ist so weise wie Salomo,« sagten diejenigen, welche ihn heute am meisten verschimpft und verspottet hatten.
Und als er auf dem Pergamente eine lange Reihe aufgeschrieben, sie ihnen dargereicht, und sie alle gesagt hatten, daß sie einstweilen zufrieden sein wollen, bis er sich erholt habe und auch das Andere ersetzen kann, zog er den Ring aus seinem Kaftan hervor, und sagte: »Du hast eine Milcheselin, Gaal, wenn du mir dieselbe ablassen willst, so bin ich geneigt, dir diesen Ring dafür zu geben, der einen großen Werth hat.«
»Den Ring bist du als Ersatz schuldig, wir werden ihn dir nehmen,« riefen sogleich mehrere.
»Wenn ihr mir den Ring nehmt,« antwortete er, »so werde ich den Mund zuschließen, und euch in Zukunft niemals mehr sagen, wo ich Geld habe, wer mir etwas schuldig ist, wo ich im Handel etwas erworben habe, und ihr werdet nie mehr etwas von mir bekommen, das euch eueren Schaden vermindern könnte.«
»Das ist wahr,« sagte einer, »laßt ihm den Ring, und, Gaal, gib ihm die Eselin dafür.«
Den Ring hatten sie unterdessen angeschaut, und da sie erkannt hatten, daß er viel kostbarer sei, als der Preis der Eselin beträgt, sagte Gaal, er werde ihm die Eselin geben, wenn er zu dem Ringe noch ein Stück Geld hinzu legen könne.
»Ich kann nichts mehr hinzulegen,« antwortete Abdias, »denn sie haben mir alles genommen, wie ihr selber gesehen habt. Gib mir den Ring, ich werde ohne die Eselin fortgehen.«
»Lasse den Ring,« sagte Gaal, »ich werde dir die Eselin senden.«
»Nein,« antwortete Abdias, »du darfst sie mir nicht senden, sondern du mußt mir einen Riemen geben, an welchem ich sie fortführen werde. Oder gib den Ring.«
»Ich werde den Riemen und die Eselin geben,« sagte Gaal.
»Sogleich,« sagte Abdias.
»Sogleich,« antwortete Gaal. »Geh hinaus, Jephrem, und führe sie aus der Grube herauf, in welcher sie steht.«
Während der Diener ging, um die Eselin zu holen, fragte Abdias die Leute, ob sie keinen seiner Diener oder keine der Zofen seines Weibes gesehen haben; »denn,« sagte er, »sie sind alle fortgegangen.«
»Sind alle deine Diener fort?« fragte man, »nein, wir haben sie nicht gesehen.«
»Ist vielleicht eines davon bei dir, Gad, oder bei dir, Simon, oder bei einem andern?«
»Nein, nein, wir sind selber alle fortgelaufen, und haben nichts von ihnen gesehen.«
Indessen war Jephrem mit der Eselin gekommen, Abdias trat aus der Schwelle der Höhle Gaals heraus, man gab ihm den Riemen in die Hand, und er führte die Eselin über den Schutt davon. Aus den Fenstern steckten sich die Köpfe, und schauten ihm nach.
Er ging durch die Wege der Trümmer, und gedachte eine Stelle aufzusuchen, die abgelegen war, die er recht wohl kannte, und die öfter als Zufluchtsort gedient hatte, ob er denn nicht eins oder das andere seiner Diener dort finden könnte, wohin sie sich vielleicht geflüchtet haben möchten. Der Regen hatte unterdessen überhand genommen, und war zwar fein geblieben, aber ganz allgemein geworden. Er ging durch den Brei des Sandes, oder an den Schlinggewächsen vorbei, die aus verschiedenen Spalten hervorkamen, und die liegenden Baustücke überwuchsen, er ging neben nickenden Aloeblüthen und an triefenden Mirthen vorüber. Kein Mensch begegnete ihm auf dem Wege und es war kein Mensch ringsum zu sehen. Als er an die Stelle kam, die er sich gedacht hatte, ging er durch die niedrige, flache Pforte, die bis auf ihre Mitte im Sande stand, hinein, und zog die Eselin hinter sich her. Er ging durch alle Räume des versteckten Gewölbes; aber er fand es ganz leer. Dann ging er wieder heraus, und stieg noch auf ein Mauerstück, um sich umzusehen, ob er vielleicht eines erblicken könnte – aber es war nichts zu sehen, als überall dasselbe Bild uralter Trümmer, über welche allseitig und emsig das feine hier so kostbare Wasser rieselte, daß sie wie in einem düsteren Firnisse glänzten; er sah keinen einzigen Menschen darin, auch hörte er nichts, als das sanfte Rieseln der rinnenden Gewässer. Er wollte seine Stimme nicht erheben, um zu rufen; denn wollte ihm eins eine Antwort geben, das ihn höre, so konnte es ja auch den Weg in seine Behausung finden, und dort seine Anordnungen erwarten. Sie werden gewiß bei einem der Leute versteckt sein, der sie nicht verrathen will. Er dachte sich, sie mögen ihn nun für einen Bettler halten und ihn fliehen – und er erkannte dies Benehmen als natürlich. Er stieg wieder von dem Mauerstücke herab, nahm den Riemen der Eselin, den er unterdessen um einen Knauf gewunden hatte, und trat den Weg zu dem Triumphbogen an. Obwohl er, da er das Oberkleid abgelegt hatte, um es auf Deborah zu breiten, ganz durchnäßt war, so achtete er nicht darauf, und zog das Thier hinter sich her. Als er zu Hause angekommen war, ging er durch die Thür in die Vorderstube, führte die Eselin mit und band sie dort an. Er hatte in der Stube niemanden gefunden. Im Hineingehen durch den schmalen Gang dachte er, wenn drinnen auch noch niemand sei, so werde er selber Deborahs Diener sein, und sie pflegen, so weit er es in seiner jetzigen Lage könne.