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Du kommst von Frankenburg her. Hast den ziemlich hohen waldigen Rücken, genannt Hausruck, glücklich passiert. Gerade vor dem Dorfe Feitzing brichst du, dem zeitigen Küchlein gleich, aus der dumpfdämmerigen Eischale des Waldes hervor in den hellen, sonnigen Gottestag.
Du bist im gesegneten Innviertel!
Nu, und da mag ich dir’s wohl erlauben, daß du, wieder dem ausgefallenen Küchlein gleich, erstaunt aufschreist und ein paar zappelige Freudensprünge machest, denn du befindest dich, wie durch einen Zauberschlag, jäh und auf einmal mitten im Gebiete unserer »Lieder« und dieser »Geschichten«.
Mache nur erst deine größeren und kleineren Rundblicke!
Wenn die Hauptweide vorüber, wenn du schon anfängst wählig zu werden, keine Sorge, dann bin ich auch schon zur Hand, um die feinen und feineren Gerichte zu servieren und zuletzt das köstliche Leckerbißchen vorzulegen.
Ganz recht, das dort unten, mitten im wogenden, wallenden Feldkessel, das mit dem fast schlanken, im Morgensonnenstrahl blitzenden Turm, ist unser Pfarrdorf Schildorn. Der Turm war früher nicht so blank und nicht so schlank, er hatte eine dunkelrote, dickgebauchte, vielleicht nicht ganz formschöne Kuppel, mit der noch ganz frischen Jahreszahl 1812. Zum Gedächtnis, daß damals ein jugendlicher, eifersvoller »Pfarrherr« (wie er sich selbst gern schrieb und nannte) dessen Renovierung veranlaßt hatte. Diese Zahl ist es auch, die in meiner Erinnerung feststeht. Allein diese Kuppel samt dem übrigen Turm und dem geräumigen Glockenhause dazu mußte in der Zwischenzeit dem gewaltigen Streich eines Donnerkeils erliegen. Ein starker, glaubensfester Pfarrbauer, der »Pörz von Pieret«, der sich alles Segens, bis auf den Kindersegen, zu erfreuen hatte, nahm bei Gelegenheit dieses Unfalles die Pfarrkinder an Kindes statt an und errichtete ihnen zum größten Teil aus seinem Säckel den gegenwärtigen, schönen, schlanken Turm. Den laternartigen Aufsatz deckte er mit eitel schimmerndem Glanzblech, so daß jetzt die bescheidenen Schildorner weithin in die Gegend glänzen und gleißen.
Weiterhin nach links erblickst du die Turmspitzen von Waldzell und Lohnsburg, zwei alte, aus grauer Kirchenzeit bewährte Gotteshäuser. Die Türme der anderen zwei Grenz- und Nachbarpfarreien, Pattigham und Eberschwang, sind von hier aus nicht sichtbar. Erstere deckt der steinige Eckelberg, die zweite ein sich vorstreckender Arm des ostwärts streichenden Hausruckwaldes.
Pramet, das geradeaus gelegene Filialkirchlein samt Schule, wird in seiner wahrhaft reizenden Lage erst sichtbar, wenn wir etwas tiefer gegen die Landschaft werden vorgedrungen sein.
Und nun, all die kleineren und größeren Ortschaften – zu beiden Seiten des lustig talablaufenden Sträßchens –, liegen sie nicht da wie kluge Wanderer, mehr zu vermuten als zu sehen, rastend, beschauend, mitten im kühlen Schatten von würzigen Obstbaumgruppen, so daß Eins ansteht, ob es ihrer Klugheit oder ihrer Empfindsamkeit den Vorzug einräumen soll!
Dein Aug’ aber – ich bemerk’ es mit Vergnügen – blickt vorzugsweise auf einen der rastenden Wanderer, der dort rechts unten so gar ruhig und langgestreckt, fast süß und selig im goldigsten Mittagssonnenbade dahinliegt – sein Haupt umspielet das wogende Saatfeld, Arme und Leib ruhen auf schwellenden, blumendurchwirkten Matten und über seine Füße rieselt kühlend die silberklare Flut eines fast frommen Bächleins! – Ja, so liegt es da, mein liebes, liebes Heim, mein teures Groß-Piesenham!
Aber wir wollen uns das liebe Heim nicht bloß aus der Ferne besehen, nein, wir wollen es in nächster Nähe. Wir wollen es sogar besuchen kommen und dann gehen von Haus zu Haus und uns überzeugen, daß Liebe und Gastfreundschaft in keinem fehle.
Haben wir auch nichts besonders Gutes, wir haben genug und nicht eben Schlechtes: gutes, d.h. echtes Roggenbrot, reinen, kräftigen Obstmost, ein Stück Selchfleisch vom gemästeten Schweine, Milch, frische Butter, Ei in Schmalz usw. usw., und das alles gewürzt mit Freundlichkeit und Wohlwollen – Herz, was willst du mehr!