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Vorred deß Authoris.

 

1.

. Trvtz Nachtigal
wird diß Büchlein genandt /
weiln es trutz allen Nachtigalen
süß / vnnd lieblich singet
/ vnnd zwar auffrichtig
Poetisch: also daß es sich
auch wol bey sehr guten Lateinischen vnnd
anderen Poeten dörfft hören lassen.

 

2.

Daß aber nicht allein in Lateinischer
sprach / sondern auch so gar in der Teutschen /
man recht gut Poetisch reden vnnd dichten
könne / wird man gleich auß diesem Büchlein
abnehmen mögen / vnd mercken / daß es
nicht an der sprach / sondern vielmehr an
den Personen / so es einmal auch in der Teutschen
sprach wagen dörfften / gemanglet habe.
Derohalben hab ich solchen zu helffen vnderstanden
/ vnd befliessen mich zu einer recht
lieblichen Teutschen Poetica die baan zu
zeigen / vnd zur grösseren ehren Gottes einen
newen geistlichen Parnassum / oder kunstberg
algemach anzutretten.

 

3.

Solt nun solches dem Leser / wie verhoffentlich
/ wolgefallen / so sey Gott zu tausentmahl
gelobt vnd gebenedeyet: dan je anders
nichts alhie gesucht noch begehrt wird /
als daß Gott auch in Teutscher sprach seine
Poeten hette / die sein lob vnd namen eben so
künstlich /als andere in jhren sprachen singen
vnd verkünden könten; vnd also deren
menschen hertz / so es lesen oder hören werden
/ in Gott vnd Göttlichen sachen ein gnügen
vnd frolocken schöpffen.

 

4.

Vnd zwar die Teutsche wörter betreffend
/ solle sich der Leser sicher drauff verlassen
/ daß keines passirt worden / so sich nicht
bey gut Authoren finden lasse / oder bey gutē
Teutschen bräuchlich seye / ob schon alle vnd
jede wörter nit bey einer Statt oder Landt
zu finden seyn; sonder ist das Privilegium
oder Volmacht Dialecten zu gebrauchen in
acht genommen.

 

5.

Neben dem ist fleiß angewendet worden
/ daß so gar nichts vngleiches / hartrauh- oder
gezwungenes je dem Leser zun
ohren komme / wann nur der rechte schlag
vnd thon / im ablesen der Versen beobachtet
vnd getroffen wird / welches insonderheit in
acht muß genommen werden. Nemblich in
den sprunck-Reym- oder Versen in Teutscher
sprach / die sonstē Trochaische Verß bey
den Gelehrtē genant werden / sonsten seind
es Jambische Verßen / dan dieser arten / sich
am meisten in vnser Teutschen sprach fügen.
Vnnd werden die Trochaische Reym also
gelesen wie daß Pange lingua gloriosi, &c. oder
Mein zung erkling vnd frölich sing: wie hie

V | V | V | V
V | V | V |  

mit Schlägen gezeigt stehet / mit den anderen
hats kein besondere beschwehrnuß.

 

6.

Soll aber der Leser gute acht geben /
daß er im lesen keinen buchstaben oder syllaben
zusetze oder außlasse / damit die Poetische
zahl und maß der Verßen nicht verändert
/ unnd der Schlag unnd Klang
unartig werde. Dann keine Sylbe zu viel oder
zu wenig ist / wan nur im abschreiben / oder
im Truck nichts verfehlet ist. Darumb
mercke wol ob exempel weiß geschrieben sey /

drauff
drum
gang
treib
creutz
tags
gehn
stehn

  oder  

darauff
darum
gange
treibe
creutze
tages
gehen
stehen

und dergleichen andere wörtlein / welche
jeweilen eine Syllabe machen / und andersmahl
zwo.

 

7.

Was aber die quantitet / mensur oder
maß an kürtze unnd länge der Syllaben angeht
/ wird dieselbe am füglichsten genomen
auß gemeinem unnd bewehrtem brauch der
recht- und wol redenden Teutschen / also daß
hie ein delicat oder zart gehör von nöthen
ist / und accents urtheil. Dan in gemeiner
sprach die Syllaben für lang gehalten werden
/ auff welche der accent fällt / und die anderen
für kurtz. Zum exempel: bruder hat
zwey Syllaben / die erste ist bey den Teutschen
lang / dann ja ein Deutscher nicht sagt
brudér / &c. Doch muß man in den Trochaischen
Verßen (wil es rund bekennen) zu zeiten
nachsehen / und die außsprach etwas
glimpflicher lencken / nach dem sprūg derselben
versen; ist aber also lind angeordnet / daß
entweder der Leser es gar nicht vermercken
noch achten / und auch die ohren nicht verletzen
wird. Und auß diesem merck-puncten
entstehet die liebligkeit aller Reym-versen /
welche sonsten gar ungeschliffen lauten / und
weiß mancher nicht / warumb sonst etliche
verß so ungeformbt lauten / weil nemblich
der Author kein acht hat geben auff den
accent.


 

Dem newen Teutschen Poeten zu lieb
und ehren: wie dan auch dem Christlichen
Leser zu guter nachrichtung.

Ad Musas.

Sicelides Musae sacrum decorate Poëtam,
Qui vos Germano nunc facit ore loqui.

 

1.

O Du mit scharpffen sinnen
      Begabter Iungfravv-Chor:
Ihr, die gleich als Göttinnen,
      Den Künsten stehet vor,
D en Reymen-Dichter zieret,
      Erzeigt ihm evvre Gunst:
Zur Teutschen Schul er führet
      Gantz zierlich evvre Kunst.

 

2.

Auff scharpffern hirn hat schliffen
      Der rauhen vvort gar viel,
Die seiten recht hat griffen
      Im nerven music-spiel
Kein syllbe vvird gezvvungen
      Zu seinen Versen rein,
Ihm alles ungetrungen
      Zun Reymen fliesset ein.

 

3.

Er jetz in thäl- vnd VVälden
      Den vöglen spielet auff:
Er jetz nach heid- und Felden
      Zun Hirten nimbt den lauff,
Sein Kunst bey ihnen zeiget
      In stücklein allerhandt,
Die Seiten hoch besteiget
      Durch noten vnbekandt.

 

4.

Er auch sich vvol darff vvagen
      Zum Himmel vveit hinein,
Die höchst Geheimnus schlagen
      Auff harpff- vnd Lauten sein,
VVas er Poëtisch dichtet,
      Mit zierde führet ein,
Auff GOTTott fein ALLES richtet,
      Vnd IHN vermeint ALLEIN.

 

5.

Die Göttlich Lieb gezielet
      Auff jhn hat manchen pfeil;
Mit dem er vvidrumb spielet
      Den Seelen nur zum heil.
Er vieler hertz gerühret,
      Der vvelt hat zogen ab;
Biss jhn der Todt entführet,
      Vnd endtlich legt ins grab.

 

6.

Sein schuldt hat also zahlet.
      Ob zvvar jhms leben kost:
In Schrfftein doch gemahlet
      Sein Bildtnuss steht zum trost.
VVer dan begehrt zu sehen
      Den lieb- vnd vvehrten man,
Darff vveiter nicht zu gehen,
      Man HIE jhn schavven kan.

 

7.

Sein Hertz von lieb entzündet,
      Sein Seelen eyffer gross
Fast jeder Verss verkündet,
      Gibt da sich aller bloss.
Du nun auff sein begehren,
      Brauch alles pur ALLEIN
Zu GOTTES lob vnd EHREN /
      Zum heil der Seelen dein.


Approbatio & Facultas R. P.

Prouincialis.

Ego Godefridus Otterstedt Societatis Iesu
per Prouinciam Rheni inferioris Præpositus
Prouincialis potestate mihi facta ab
Admodum Reuerendo P. N. Vincentio Carafa
Societatis Iesu Præposito Generali, facultatem
do Wilhelmo Friessemio iuxta priuilegium
Cæsareum Societati concessum
typis mandandi Librum, cui titulus Philomela,
Trutz Nachtigall. Item Librum, cui
titulus, Gülden-Tugendbuch oder vbung
der fürnembsten Tugenden Glaubens / Hoffnung
vnd Liebe. Authore P. Friderico Spee
eiusdem Societatis conscriptos, & per deputatos
ad id Patres lectos & approbatos. Coloniae
13. Martij. 1649.

Godefridus Otterstedt.

 


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