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Das Steigen und Fallen bei den Kapitalprofiten hängt von denselben Ursachen ab, wie das Steigen und Fallen beim Arbeitslohn, nämlich von dem Fortschritt oder Rückgang des Volkswohlstandes; aber diese Ursachen üben auf das eine und das andere ganz verschiedene Wirkungen aus.
Das Wachsen des Kapitals, das den Lohn erhöht, hat die Tendenz, den Profit herabzudrücken. Wenn die Kapitalien vieler reichen Kaufleute ein und demselben Handelszweige zugeführt werden, so hat ihre gegenseitige Konkurrenz natürlich die Tendenz, seinen Profit herabzudrücken; und wenn eine gleiche Kapitalzunahme in all den verschiedenen Gewerbszweigen, die in derselben Gesellschaft betrieben werden, statt hat, so muß dieselbe Konkurrenz auch dieselbe Wirkung in ihnen allen äußern.
Es ist, wie schon bemerkt worden ist, nicht leicht mit Bestimmtheit zu sagen, was, wenn auch nur an einem bestimmten Orte und zu einem bestimmten Zeitpunkte, der durchschnittliche Arbeitslohn ist. Wir können selbst in diesem Falle selten mehr angeben, als was der üblichste Arbeitslohn ist. Aber in Bezug auf die Kapitalprofite kann auch das nur selten geschehen. Der Profit ist so schwankend, daß selbst derjenige, der ein Gewerbe treibt, nicht immer sagen kann, was der Durchschnitt seines jährlichen Profits ist. Es wirken auf diesen nicht nur jede Preisveränderung der Waren, mit denen er handelt, sondern auch das Glück oder Unglück seiner Konkurrenten und seiner Kunden, so wie tausend andere Zufälle ein, denen die Güter, wenn sie zu Wasser oder zu Lande versendet, oder auch in einem Lagerhause aufgespeichert werden, unterworfen sind. Er ändert sich mithin nicht nur von Jahr zu Jahr, sondern von Tag zu Tag und beinahe von Stunde zu Stunde. Mit Bestimmtheit zu sagen, was der durchschnittliche Profit bei all den verschiedenen, in einem großen Königreiche betriebenen Gewerben sei, muß noch viel schwieriger sein; und sich mit einiger Genauigkeit darüber ein Urteil zu bilden, wie hoch er früher oder in verflossenen Zeiten gewesen sein mag, muß ganz und gar unmöglich sein.
Wenn es aber auch unmöglich sein mag, mit einiger Genauigkeit anzugeben, wie hoch sich die durchschnittlichen Kapitalprofite in unseren oder in alten Zeiten belaufen oder beliefen, so läßt sich doch aus dem Geldzins einigermaßen ein Schluß ziehen. Man kann es als einen Grundsatz gelten lassen, daß überall, wo mit dem Gelde viel gemacht werden kann, gewöhnlich auch für seine Benutzung viel gegeben wird, und daß, wo wenig damit gemacht werden kann, gewöhnlich auch weniger gegeben wird. Je nachdem also der markt-übliche Zinsfuß in einem Lande sich ändert, kann man auch gewiß sein, daß die gewöhnlichen Kapitalprofite sich mit ihm ändern, sinken, wenn er sinkt, und steigen, wenn er steigt. Die Entwicklung, die der Zins nimmt, leitet uns folglich zu einem Schlusse auf die Entwicklung des Profits.
Durch die Acte aus dem 37. Regierungsjahre Heinrichs VIII. wurde aller Zins über 10 Prozent für ungesetzlich erklärt. Es scheint, daß man früher bisweilen mehr genommen hat. Unter der Regierung Eduards VI. verbot religiöser Eifer allen Zins. Dieses Verbot hatte jedoch, wie es heißt, gleich anderen dieser Art, keinen Erfolg und verschlimmerte wahrscheinlich eher die Übel des Wuchers, als sie zu verringern. Das Gesetz Heinrichs VIII. wurde durch das Statut aus dem 13. Regierungsjahre der Elisabeth, Kapitel 8, erneuert, und 10 Prozent blieb der gesetzliche Zinsfuß bis zum 21. Regierungsjahre Jacobs I., wo er auf 8 Prozent ermäßigt wurde. Bald nach der Restauration wurde er auf 6 Prozent, und im 12. Regierungsjahre der Königin Anna auf 5 Prozent herabgesetzt. All diese gesetzlichen Regelungen scheinen mit sehr viel Verständnis getroffen worden zu sein. Es scheint, daß sie dem Zinsfuße des Marktes, d. h. demjenigen, zu welchem Leute von gutem Kredit Geld zu borgen pflegten, folgten und nicht vorausgingen. Seit der Zeit der Königin Anna scheint 5 Prozent eher über als unter dem Zinsfuße des Marktes gewesen zu sein. Vor dem letzten Kriege borgte die Regierung zu 3 Prozent, und Leute von gutem Kredit in der Hauptstadt und an vielen anderen Orten des Königreichs zu 3½ , 4 und 4½ Prozent.
Seit der Zeit Heinrichs VIII. hoben sich der Wohlstand und das Einkommen des Landes fortwährend, und der Fortschritt im Gange ihrer Entwicklung scheint eher von Stufe zu Stufe beschleunigt als verlangsamt worden zu sein. Sie scheinen nicht nur zugenommen, sondern immer schneller und schneller zugenommen zu haben. Der Arbeitslohn war während derselben Periode stets im Steigen, und die Kapitalprofite waren bei den meisten der verschiedenen Handels- und Gewerbszweige im Fallen.
Es erfordert in der Regel ein größeres Kapital, um irgend eine Art von Handel in einer großen Stadt fortzuführen, als in einem Landstädtchen. Die in jedem Handelszweige angelegten großen Kapitalien und die Menge reicher Konkurrenten drücken in der Regel den Profitsatz in der ersteren unter den in dem letzteren herab. Dagegen ist der Arbeitslohn in einer großen Stadt gewöhnlich höher, als in einem Landstädtchen. In einer aufstrebenden Stadt können die, welche große Kapitalien anzulegen haben, oft nicht die Zahl von Arbeitern bekommen, die sie brauchen, und überbieten einander daher, um so viele als möglich zu erhalten, was den Arbeitslohn steigert und die Kapitalprofite herabdrückt. In den entlegenen Teilen des Landes gibt es häufig nicht genug Kapital, um alle Leute zu beschäftigen, und diese überbieten daher einander, um Arbeit zu bekommen, was den Arbeitslohn herabdrückt und die Kapitalprofite steigert.
Obgleich in Schottland der gesetzliche Zinsfuß derselbe ist wie in England, so ist doch der Marktzinsfuß eher etwas höher. Leute vom besten Kredit borgen dort selten unter 5 Prozent. Selbst Privatbankiers geben in Edinburg auf ihre eigenen Wechsel, deren Zahlung ganz oder teilweise nach Belieben gefordert werden kann, 4 Prozent. In London geben Privatbankiers keine Zinsen für das Geld, das bei ihnen deponiert wird. Es gibt wenige Geschäfte, die nicht in Schottland mit einem geringeren Kapital gemacht werden können als in England. Deshalb muß der gewöhnliche Profitsatz etwas größer sein. Der Arbeitslohn ist, wie schon bemerkt wurde, in Schottland niedriger als in England. Auch ist das Land nicht nur viel ärmer, sondern es scheinen auch die Schritte, mit denen es sich nach einem besseren Zustande hin bewegt, – denn Fortschritte macht es offenbar, – weit langsamer und säumiger zu sein.
Der gesetzliche Zinsfuß in Frankreich ist im Laufe des gegenwärtigen Jahrhunderts nicht immer nach dem des Marktes bestimmt worden. Im Jahre 1720 wurde der Zins vom zwanzigsten auf den fünfzigsten Pfennig, oder von 5 auf 2 Prozent heruntergesetzt. 1724 hob er sich auf den dreißigsten Pfennig oder 3? Prozent. 1725 war er wieder auf den zwanzigsten Pfennig oder 5 Prozent gestiegen. 1766 wurde er unter Laverdy's Administration auf den fünfundzwanzigsten Pfennig oder 4 Prozent herabgesetzt. Der Abbé Terray erhöhte ihn nachher auf den alten Satz von 5 Prozent. Der mutmaßliche Zweck vieler dieser gewaltsamen Zinsherabsetzungen war der, den Weg zu einer Zinsherabsetzung der Staatsschulden zu bahnen, ein Zweck, der zuweilen wirklich erreicht wurde. Frankreich ist jetzt vielleicht kein so reiches Land als England, und obgleich der gesetzliche Zinsfuß in Frankreich oft niedriger war als in England, war der des Marktes in der Regel höher; denn man hat dort, wie in anderen Ländern, einige sichere und leichte Mittel, das Gesetz zu umgehen. Der Geschäftsprofit ist, wie mir britische Kaufleute, die in beiden Ländern Geschäfte getrieben haben, versicherten, in Frankreich höher als in England; und ohne Zweifel liegt hierin der Grund, warum viele britische Untertanen es vorziehen, ihre Kapitalien in einem Lande anzulegen, wo der Geschäftsbetrieb verachtet wird, statt in einem, wo er in hoher Achtung steht. Der Arbeitslohn ist in Frankreich niedriger als in England. Wenn man von Schottland nach England kommt, so spricht der Unterschied, den man zwischen der Kleidung und dem Aussehen der gemeinen Leute in dem einen und in dem anderen Lande bemerken kann, genugsam für den Unterschied ihrer Lage. Der Kontrast ist noch größer, wenn man aus Frankreich zurückkehrt. Frankreich, das doch ohne Zweifel ein reicheres Land als Schottland ist, scheint keine so schnellen Fortschritte zu machen. Es ist im Lande eine allgemeine und sogar populäre Anschauung, daß es zurück gehe, eine Anschauung, die, wie ich glaube, schon in Bezug auf Frankreich unbegründet ist, die aber in Bezug auf Schottland unmöglich jemand vertreten kann, der dieses Land jetzt sieht, und es vor 20 oder 30 Jahren gesehen hat.
Die Provinz Holland hingegen ist ihrer Gebietsausdehnung und ihrer Einwohnerzahl nach ein reicheres Land als England. Die Regierung borgt dort zu 2, und Privatleute von gutem Kredit zu 3 Prozent. Der Arbeitslohn soll in Holland höher als in England sein, und die Holländer treiben, wie wohl bekannt, mit geringeren Profiten Handel, als irgend ein Volk in Europa. Von manchen wurde behauptet, daß Hollands Handel im Niedergang begriffen sei, und von einigen seiner Zweigen mag dies vielleicht wahr sein. Allein diese Symptome scheinen genugsam dafür zu sprechen, daß der Niedergang kein allgemeiner ist. Wenn der Profit sich verringert, so sind die Kaufleute sehr geneigt, zu klagen, daß das Geschäft zurückgeht; und doch ist die Verringerung des Profite die natürliche Folge seines Gedeihens, oder davon, daß ein größeres Kapital als früher, darin angelegt ist. Im letzten Kriege gewannen die Holländer den ganzen Speditionshandel Frankreichs und haben noch jetzt einen sehr großen Teil davon in Händen. Die großen Summen, die sie in französischen und englischen Fonds besitzen, etwa 40 Millionen in den letzteren, wie es heißt, (wobei ich jedoch eine starke Übertreibung vermute), ferner die großen Summen, die sie in Ländern, wo der Zinsfuß höher als in ihrem eigenen steht, an Privatpersonen ausleihen, sind Umstände, weiche ohne Zweifel den Überfluß ihres Kapitals bezeugen, oder dartun, daß es größer geworden ist, als daß sie es mit erträglichem Profit in den Geschäften ihres eigenen Landes anlegen könnten; aber sie beweisen nicht, daß diese Geschäfte abgenommen haben. Wie das Kapital eines Privatmannes, wenn es auch nur bei einem bestimmten Geschäfte gewonnen worden ist, zu groß werden kann, als daß es darin angelegt werden könnte, und das Geschäft sich dennoch vergrößern kann, so auch das Kapital einer großen Nation.
In unseren nordamerikanischen und westindischen Kolonien sind nicht nur Arbeitslohn, sondern auch Geldzins und folglich die Kapitalprofite höher als in England. Sowohl der gesetzliche Zinsfuß, als auch der des Marktes wechseln in den verschiedenen Kolonien zwischen 6 bis 8 Prozent. Hoher Arbeitslohn und hohe Kapitalprofite sind jedoch vielleicht Dinge, die kaum je zusammengehen, die besonderen Umstände in neuen Kolonien ausgenommen.
Eine neue Kolonie muß immer eine Zeitlang für ihre Gebietsausdehnung zu kapitalarm und für ihre Kapitalmasse zu wenig bevölkert sein, mehr als der größte Teil von anderen Ländern. Sie hat mehr Land, als sie Kapital hat, es zu kultivieren. Darum wird das, was sie hat, nur auf die Kultur des fruchtbarsten und günstigst gelegenen Landes, des Landes in der Nähe der Meeresküste und an den Ufern schiffbarer Flüsse, verwendet. Auch wird solches Land oft zu einem Preise verkauft, der sogar unter dem Werte seines natürlichen Produktes steht. Das zum Kaufe und zur Verbesserung solchen Landes angewandte Kapital muß einen sehr reichen Profit abwerfen und folglich erlauben, sehr große Zinsen zu zahlen. Seine Anhäufung in einer so profitablen Anlage macht sich bezahlt und setzt den Pflanzer instand, die Zahl seiner Arbeitskräfte rascher zu vermehren als er sie in einer neuen Niederlassung auftreiben kann. Deshalb bezahlt er diejenigen, die er finden kann, sehr reichlich. Sowie die Kolonie wächst, werden die Kapitalprofite stufenweise geringer. Wenn die fruchtbarsten und bestgelegenen Ländereien alle in Besitz genommen sind, läßt sich aus der Kultur der an Boden und Lage minder begünstigten nur ein geringerer Profit ziehen, und das erlaubt für das so angelegte Kapital nur geringeren Zins zu zahlen. Demzufolge ist in unseren meisten Kolonien der gesetzliche Marktzinsfuß während des gegenwärtigen Jahrhunderts beträchtlich niedriger geworden. Sowie Reichtum, Landeskultur und Bevölkerung wuchsen, nahm der Zins ab. Der Arbeitslohn sinkt nicht mit den Kapitalprofiten. Die Nachfrage nach Arbeit wächst mit dem Wachsen des Kapitals, wie auch immer dessen Profite sein mögen; und nehmen diese ab, so kann das Kapital nicht nur weiter wachsen, sondern sogar schneller wachsen als vorher. Es ist mit gewerbtätigen Nationen, die im Erwerb von Reichtum fortschreiten, wie mit gewerbtätigen Individuen. Ein großes Kapital mit geringen Profiten wächst in der Regel schneller als ein kleines Kapital mit großen Profiten. Geld macht Geld, sagt das Sprichwort. Hat man erst etwas gewonnen, so ist es oft leicht, mehr zu gewinnen. Die große Schwierigkeit besteht nur darin, dies Wenige zu gewinnen. Der Zusammenhang zwischen der Zunahme des Kapitals und der der Gewerbtätigkeit oder der der Nachfrage nach nützlicher Arbeit war schon zum Teil erklärt worden, soll aber später bei der Besprechung der Kapitalanhäufung ausführlicher behandelt werden.
Die Erschließung neuer Gebiete oder neuer Gewerbszweige kann zuweilen die Kapitalprofite, und damit den Geldzins selbst in einem Lande, das im Erwerb von Reichtümern rasch fortschreitet, in die Höhe treiben. Da das Kapital des Landes dann nicht für die ganze Erweiterung des Geschäftes hinreicht, die solche Erschließungen den verschiedenen Leuten, unter die sie aufgeteilt wird, darbieten, so wird es nur in denjenigen Zweigen angelegt, die den größten Profit bringen. Es wird also ein Teil dessen, was früher in anderen Gewerben angelegt war, notwendig aus ihnen zurückgezogen und in einige der neuen und profitableren gesteckt. Dadurch wird in jenen alten Gewerben die Konkurrenz geringer. Der Markt wird mit vielen verschiedenen Arten von Gütern weniger reichlich versorgt. Notwendigerweise steigt nun ihr Preis mehr oder weniger und bietet einen größeren Profit für die, welche damit handeln, die daher auch zu höheren Zinsen borgen können. Einige Zeit nach dem letzten Friedensschlusse borgten nicht nur Privatleute von bestem Kredit, sondern auch einige der größten Handelsgesellschaften in London gewöhnlich zu 5 Prozent, die früher nicht mehr als 4 oder 4½ Prozent zu geben gewohnt waren. Der durch unsere Erschließungen in Nordamerika und Westindien entstandene große Zuwachs von Land und Gewerben erklärt dies hinlänglich, ohne daß man eine Verringerung des Stammkapitals der Gesellschaft anzunehmen braucht. Ein so starker Zuwachs neuer Geschäfte, die mit dem alten Kapital betrieben werden sollten, mußte notwendig die Menge verringern, die in vielen einzelnen Gewerben angelegt war, in denen durch die Abnahme der Konkurrenz die Profite größer sein mußten. Ich werde später Gelegenheit finden, die Gründe anzugeben, die mich zu dem Glauben bestimmen, daß das Stammkapital Großbritanniens sogar durch die enormen Ausgaben des letzten Krieges nicht verringert wurde.
Wie jedoch die Verringerung des Stammkapitals der Gesellschaft oder der zur Erhaltung der Gewerbtätigkeit bestimmten Fonds den Arbeitslohn herabsetzt, so treibt sie die Kapitalprofite und folglich den Geldzins in die Höhe. Infolge des erniedrigten Arbeitslohnes können die Eigentümer des in der Gesellschaft zurückgebliebenen Kapitals ihre Güter mit geringeren Kosten als früher auf den Markt bringen, und da zugleich weniger Kapital auf die Versorgung des Marktes verwendet wird als früher, können sie sie teurer verkaufen. Ihre Güter kosten sie weniger, und sie bekommen mehr dafür. Da sich nun ihre Profite auf beiden Seiten vergrößern, ermöglichen sie auch große Zinsen. Die in Bengalen und den übrigen britischen Niederlassungen in Ostindien so plötzlich und leicht erworbenen großen Reichtümer können uns davon überzeugen, daß, so wie der Arbeitslohn in jenen zugrunde gerichteten Ländern niedrig steht, die Kapitalprofite hoch sind. Der Geldzins ist diesen Verhältnissen entsprechend. In Bengalen wird den Pächtern oft zu 40, 50 und 60 Prozent Geld geliehen, und die Ernte des nächsten Jahres für die Zahlung verpfändet. Wie die Profite, die einen solchen Zins ermöglichen sollen, fast die ganze Rente des Grundbesitzers aufzehren müssen, so muß auch ein so unmäßiger Wucher den größten Teil jener Profite aufzehren. Vor dem Untergange der römischen Republik scheint ein Wucher derselben Art in den Provinzen unter der verderblichen Verwaltung ihrer Prokonsuln etwas Gewöhnliches gewesen zu sein. Der tugendhafte Brutus verlieh, wie wir aus Ciceros Briefen erfahren, in Cypern Geld zu 48 Prozent.
In einem Lande, das jenes reichliche Maß von Reichtümern erworben hat, das die Natur seines Bodens und Klimas und seine Lage gegen andere Länder ihm zu erwerben erlaubten, das daher keine weiteren Fortschritte machen konnte und das auch keine Rückschritte machte, würden wahrscheinlich Arbeitslohn und Kapitalprofit sehr niedrig sein. In einem Lande, das im Verhältnis zu dem, was sein Gebiet an Menschen ernähren und sein Kapital beschäftigen kann, reichlich bevölkert ist, wird die Konkurrenz der Arbeit notwendigerweise so groß sein, daß der Arbeitslohn bis auf einen Grad sinkt, wo er gerade hinreicht, die Zahl der Arbeiter zu erhalten, und da das Land schon reichlich bevölkert ist, könnte jene Zahl sich nicht weiter vermehren. In einem Lande, das im Verhältnis zu all den Geschäften, die es zu machen hat, vollkommen mit Kapital versehen ist, würde soviel Kapital in jedem einzelnen Zweige angelegt werden, als die Natur und Ausdehnung des Handels zulassen würde. Die Konkurrenz würde daher so groß und folglich der Profit so niedrig sein als möglich.
Doch ist vielleicht bis jetzt noch kein Land bis zu diesem Grade der Wohlhabenheit gekommen. China scheint lange auf ein und demselben Punkte stehen geblieben zu sein und hatte wahrscheinlich schon längst jenes reichliche Maß von Reichtümern erworben, das sich mit der Natur seiner Gesetze und Einrichtungen verträgt. Allein dieses Maß dürfte weit geringer sein als es die Natur seines Bodens, Klimas und seiner Lage unter anderen Gesetzen und Einrichtungen zuließe. Wenn ein Land den auswärtigen Handel vernachlässigt oder verschmäht, und die Schiffe fremder Nationen nur in einem oder zwei seiner Häfen zuläßt, kann es nicht ebensoviele Geschäfte machen, als es unter anderen Gesetzen und Einrichtungen machen könnte. In einem Lande ferner, wo zwar die Reichen oder die Eigentümer großer Kapitalien genügende Sicherheit genießen, die Armen aber, oder die Eigentümer kleiner Kapitalien fast gar keine genießen, sondern jederzeit der Möglichkeit ausgesetzt sind, von den niederen Mandarinen unter dem Vorwande der Gerechtigkeit geplündert und ausgeraubt zu werden, kann die in all den verschiedenen Zweigen des dort betriebenen Geschäftes angelegte Kapitalmenge niemals so groß sein, als die Natur und Ausdehnung jenes Geschäftes es erlaubte. Die Unterdrückung des Armen muß in jedem Geschäftszweige das Monopol des Reichen begründen, der, indem er das ganze Geschäft an sich reißt, sehr große Profite machen kann. Demgemäß ist auch, wie es heißt, 12 Prozent der übliche Geldzins in China, und die gewöhnlichen Kapitalprofite müssen groß genug sein, um diesen großen Zins zu ermöglichen.
Ein Fehler im Gesetze kann bisweilen den Zinsfuß weit über das Maß dessen erhöhen, was des Landes Zustand rücksichtlich Wohlstand oder Armut erheischen würde. Wenn das Gesetz nicht die Kontraktserfüllung erzwingt, so setzt es alle Entleiher so ziemlich auf denselben Fuß mit Bankrottierern oder Leuten von zweifelhaftem Kredit in besser geordneten Ländern. Die Ungewißheit, sein Geld wieder zu bekommen, veranlaßt den Darleiher, denselben Wucherzins zu fordern, den man von Bankrottierern zu nehmen pflegt. Bei den barbarischen Völkern, die die westlichen Provinzen des römischen Reichs überschwemmten, war die Kontraktserfüllung lange Zeit hindurch der Ehrlichkeit der kontrahierenden Teile überlassen. Die Gerichte ihrer Könige mischten sich nur selten hinein. Diesem Umstande mag vielleicht zum Teil der hohe Zinsfuß zuzuschreiben sein, der in jenen alten Zeiten Platz griff.
Verbietet das Gesetz durchaus allen Zins, so verhindert es ihn nicht. Viele Leute müssen borgen, und niemand wird ihnen ohne eine solche Vergütung für die Benutzung seines Geldes leihen, wie sie nicht nur dem entspricht, was mit dessen Benutzung geleistet werden kann, sondern auch der Schwierigkeit und Gefahr, die die Gesetzesumgehung verursacht. Der hohe Zinsfuß bei allen mohammedanischen Völkern wird von Montesquieu nicht auf ihre Armut, sondern teils darauf und teils auf die Schwierigkeit zurückgeführt, das Geld wieder zu bekommen.
Der niedrigste übliche Gewinnsatz muß immer etwas größer sein, als zur Ausgleichung der zufälligen Verluste, denen jede Kapitalanlage ausgesetzt ist, erfordert wird. Und nur dieser Überschuß ist reiner oder Nettoprofit. Was Bruttoprofit genannt wird, schließt oft nicht nur diesen Überschuß, sondern auch dasjenige ein, was zur Ausgleichung solcher außergewöhnlichen Verluste zurückbehalten worden ist. Der Zins, den der Entleiher zu zahlen imstande ist, steht nur zum reinen Profit in einem Verhältnis.
Der niedrigste übliche Zinsfuß muß gleicherweise etwas größer sein, als zur Ausgleichung der zufälligen Verluste, denen das Darleihen selbst bei gehöriger Vorsicht ausgesetzt ist, erfordert wird. Wäre er nicht größer, so könnten die einzigen Beweggründe zum Darleihen Mildtätigkeit oder Freundschaft sein.
In einem Lande, das sein reichliches Maß von Reichtümern erworben hat, wo in jedem einzelnen Geschäftszweige die größte Kapitalmenge steckte, die darin angelegt werden konnte, würde sowohl der gewöhnliche Satz des reinen Profites sehr gering sein, als auch der übliche Markt-Zinsfuß, der davon bestritten werden müßte, so niedrig stehen, daß es allen außer den reichsten Leuten unmöglich wäre, von den Zinsen ihres Geldes zu leben. Alle Leute mit kleinem oder mittelmäßigem Vermögen sähen sich genötigt, sich mit der Beschäftigung ihrer eigenen Kapitalien selbst zu befassen. Es müßte fast jeder ein Geschäftsmann sein oder irgend eine Art von Gewerbe treiben. Holland scheint sich diesem Zustande stark zu nähern. Es verstößt dort gegen den guten Ton, kein Geschäftsmann zu sein. Die Notwendigkeit macht es da fast jedem zur Gewohnheit, es zu sein, und die Gewohnheit bestimmt überall den guten Ton. Wie es lächerlich ist, sich nicht wie die anderen Leute zu kleiden, so ist es gewissermaßen lächerlich, nicht wie sie beschäftigt zu sein. Wie ein Mann von bürgerlichem Beruf in einem Lager oder einer Garnison unpassend erscheint und sogar Gefahr läuft, verachtet zu werden, so geht es einem Müßiggänger unter Geschäftsleuten.
Der höchste übliche Profitsatz dürfte derart sein, daß er von dem Preise der meisten Waren alles aufzehrt, was der Grundrente zufallen sollte, und nur übrig läßt, was zur Bezahlung der Arbeit, des Zubereitens und Auf-den-Markt-Bringens erforderlich ist, entsprechend dem niedrigsten Satze, nach dem die Arbeit irgendwo bezahlt werden kann, dem bloßen Unterhalt des Arbeiters. Der Arbeiter muß immer auf die oder jene Art so lange ernährt werden, als er an der Arbeit ist; aber der Grundbesitzer braucht nicht immer bezahlt zu werden. Die Profite des Handels, den die Untertanen der ostindischen Kompagnie in Bengalen treiben, dürften vielleicht nicht sehr weit von diesem Satze entfernt sein.
Das Verhältnis, in dem der übliche Marktzinsfuß zu dem gewöhnlichen Satze des reinen Profits stehen sollte, ändert sich notwendigerweise je nach dem Steigen oder Fallen des Profits. Das Doppelte der Zinsen ist in Großbritannien das, was die Kaufleute einen guten, mäßigen, billigen Profit nennen, Ausdrücke, die, wie mir scheint, nicht mehr, als einen gewöhnlichen und üblichen Profit bezeichnen. In einem Lande, wo der gewöhnliche Satz des reinen Profits 8 bis 10 Prozent beträgt, mag es billig sein, daß die Hälfte davon als Zins abgeht, wo immer Geschäfte mit geborgtem Gelde betrieben werden. Der Entleiher trägt das Risiko des Kapitals und versichert es so zu sagen dem Darleiher; und 4 oder 5 Prozent können bei den meisten Geschäften sowohl als ein hinlänglicher Profit für das Risiko der Versicherung, als auch als eine hinlängliche Entschädigung für die Mühe, das Kapital zu beschäftigen, angesehen werden. Aber das Verhältnis zwischen den Zinsen und dem reinen Profit kann in Ländern, wo der gewöhnliche Profitsatz beträchtlich niedriger oder beträchtlich höher ist, nicht dasselbe sein. Ist er viel niedriger, so kann vielleicht nicht die Hälfte davon für den Zins bewilligt werden, während mehr gegeben werden kann, wenn er viel höher ist.
In Ländern, die schnell zum Reichtum fortschreiten, kann der niedrige Profitsatz in dem Preise vieler Waren dem hohen Arbeitslohn das Gleichgewicht halten und jene Länder instand setzen, so wohlfeil zu verkaufen, wie ihre weniger wohlhabenden Nachbarn, bei denen der Arbeitslohn niedriger sein kann.
In Wirklichkeit haben hohe Profite viel mehr die Tendenz, zur Erhöhung des Produktenpreises beizutragen, als hohe Löhne. Wenn z. B. in der Leinenmanufaktur der Lohn der verschiedenen Arbeitsleute, der Flachsbereiter, der Spinner, der Weber usw., um 2 Pence den Tag bei allen hinaufgesetzt werden sollte, so wäre es nur notwendig, den Preis eines Stückes Leinwand so vielmal um 2 Pence zu erhöhen, als die Zahl der dabei beschäftigten Leute, multipliziert mit der Zahl der Tage, die sie so beschäftigt waren, betrüge. Der Teil des Warenpreises, der in Arbeitslohn aufginge, würde auf all den verschiedenen Stufen der Bearbeitung nur in arithmetischer Proportion zu jener Lohnerhöhung steigen. Aber wenn die Profite aller derer, die jene Arbeitsleute beschäftigen, um 5 Prozent gesteigert werden sollte, so würde jener Teil des Warenpreises, der in Profit aufginge, auf allen Stufen der Bearbeitung in geometrischer Proportion zur Profiterhöhung steigen. Der, welcher die Flachsbereiter beschäftigt, würde beim Verkauf seines Flachses einen Zuschuß von 5 Prozent zu dem ganzen Werte des Materials und des den Arbeitern vorgestreckten Lohnes fordern; der, welcher die Spinner beschäftigt, würde zu dem vorgestreckten Flachspreise und Spinnerlohn noch 5 Prozent fordern, und der, welcher die Weber beschäftigt, würde zu dem vorgestreckten Preis für Leinengarn und dem Weberlohn die nämlichen 5 Prozent fordern. Auf die Erhöhung des Warenpreises wirkt das Steigen des Arbeitslohnes in derselben Weise, wie einfacher Zins dies bei der Schuldvermehrung tut. Das Steigen des Profits aber wirkt wie Zinseszins. Unsere Kaufleute und Fabrikherren klagen sehr über die schlechten Wirkungen des hohen Lohnes auf die Erhöhung des Güterpreises und dadurch auf die Beeinträchtigung des Verkaufs ihrer Güter im In- und Auslande. Sie sagen aber nichts von den schlechten Wirkungen der hohen Profite. Sie sind stumm in Bezug auf die verderblichen Folgen ihrer eigenen Gewinne. Sie klagen nur über die anderer Leute.