William Shakespeare
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Fünfter Aufzug.

Dieser ganze lezte Aufzug enthält nichts mehr als eine Entwiklung, welche leicht vorauszusehen ist. Man weiß schon, daß die Anlegung des Plans und die Entwiklung des Knotens diejenigen Theile nicht sind, worinn unser Autor vortrefflich ist. Hier scheint er, wie es ihm mehrmal in den fünften Aufzügen begegnet, begieriger gewesen zu seyn, sein Stük fertig zu machen, als von den Situationen, worein er seine Personen gesezt hat, Vortheil zu ziehen. Wir werden uns daher begnügen, den blossen Inhalt jeder Scene auszuziehen.

 
Erste Scene.

Die Strasse.

Der Herzog kommt, mit Viola, Curio und seinem Gefolge, um in eigner Person den lezten Versuch auf das Herz seiner Unerbittlichen zu machen, und da er nicht gleich vorkommen kan, so unterhält er sich unterdessen mit Hans Wurst, den er vor der Porte antrift.

 
Zweyte Scene.

Antonio wird von dem Gerichts-Beamten, der sich seiner bemächtiget hatte, herbeygeführt, und dem Herzog als jener berüchtigte See-Räuber vorgestellt, gegen welchen er so viele Ursache habe erbittert zu seyn. Viola, die, wie wir wissen, eine gutherzige Art von Mädchen ist, rühmt sogleich den guten Dienst, den er ihr gethan, fügt aber hinzu, daß er zulezt aus einem so seltsamen Ton zu ihr gesprochen habe, daß sie nichts anders vermuthen könne, als er müsse im Kopf nicht gar zu richtig seyn. Antonio vertheidigt sich hierauf gegen den Vorwurf der Seeräuberey, und da er Viola für ihren Bruder ansieht, so erzählt er auf ihre Rechnung alles was wir bereits von seinen Verdiensten um Sebastian wissen, und beklagt sich bitterlich über ihre Undankbarkeit. Indem nun der Herzog der Zeit nachfrägt, und durch den Umstand, daß Cäsario die verflossenen drey Monate an seinem Hofe zugebracht, den Antonio der Unwahrheit überwiesen zu haben glaubt, kommt in der

 
Dritten Scene.

Olivia dazu, und befremdet sich sehr ihren Cäsario gegen sein gegebnes Wort, wieder an des Herzogs Seite zu sehen. Da nun Viola nicht begreiffen kan, was Olivia sagen will, so beginnt sich ein Wortwechsel unter ihnen, der aber sogleich durch die Händel worein diese Dame mit dem Herzog geräth, unterbrochen wird. Sie sagt ihm rund heraus daß ihr seine Standhaftigkeit unerträglich, und seine Liebes-Klagen so angenehm seyen als Heulen nach Musik. Der Herzog wird dadurch so aufgebracht, daß er schwört, die Unerbittlichkeit seiner marmorherzigen Tyrannin an ihrem jungen Liebling, an Cäsario zu rächen – – Ich will ihn, sagt er, aus diesem grausamen Auge reissen, wo er siegreich und gekrönt dasizt und seines Herrn spottet; ich will das Lamm das ich liebe, opfern, um ein Raben-Herz in der Brust einer Daube zu durchboren. Mit diesen Worten, will er fortgehen und befiehlt dem Cäsario ihm zu folgen. Viola erklärt sich bereit tausend Tode zu sterben, wenn seine Zufriedenheit dadurch befördert werde, und will ihm folgen – – Wohin wollt ihr, Cäsario, ruft Olivia – – Dem folgen, antwortet Viola, den ich, der Himmel sey mein Zeuge, mehr als alle Weiber der ganzen Welt, mehr als meine Augen und mein Leben liebe. Izt fängt Olivia auch an aus dem tragischen Ton zu sprechen, und da ihr vermeynter Bräutigam so unverschämt ist, von allem was zwischen ihnen vorgegangen seyn soll, nichts wissen zu wollen, und der Herzog über den Namen eines Gemahls den sie der Viola giebt, wüthend wird, so sieht sie sich endlich genöthiget den Priester, der sie mit Sebastian getraut hat, herausruffen zu lassen, auf dessen vollgültiges Zeugniß hin der Herzog sich überzeugt hat, daß er von Cäsario betrogen worden, und unter bittern Vorwürfen über seine Falschheit das Verbannungs-Urtheil über beyde ausspricht. Indem nun Cäsario sich vergeblich auf seine Unschuld beruft, und Olivia, welche glaubt, daß es nur aus Furcht vor dem Herzog geschehe, ihm Muth einspricht, kommt in der

 
Vierten Scene.

Sir Andreas mit zerbrochnem Kopf heraus, und erhebt ein jämmerliches Geschrey über einen gewissen Kammer-Junker des Herzogs, Cäsario, der ihn und Sir Tobiesen jämmerlich abgeprügelt habe; wir hielten ihn anfangs für eine Memme, sagt er weinend, aber er ist der leibhafte Teufel selbst. Mein Kammer-Junker Cäsario? fragt der Herzog, Ja, Sapperment, (ruft Sir Andreas) hier ist er ja in Person: Ihr habt mir umsonst und um nichts ein Loch in den Kopf geschlagen; und wenn ich euch was gethan habe, so that ich's nur auf Anstiften des Sir Tobiesen – – Viola, welche von dieser neuen Anklage eben so wenig als von einer Vermählung mit Olivia weiß, hat das Mißvergnügen sich von Sir Tobias und vom Hans Wurst überwiesen zu sehen; die Verwirrung nimmt zu, und steigt endlich auf den höchsten Grad, da in der

 
Fünften Scene.

Sebastian selbst erscheint und der erstaunten Versammlung den Cäsario gedoppelt sehen läßt. Dieser nemliche Augenblik der äussersten Verwirrung bey Orsino und Olivia zieht Antonio und Viola aus der ihrigen. Jener erkennt in Sebastian seinen jungen Freund und diese ihren Bruder: das Geheimniß entdekt sich, Olivia findet sich dem Schiksal mehr verbunden als sie gewußt hatte; Sebastian begreift, was er kurz vorher für einen Traum oder für Bezauberung halten mußte, und der Herzog ergiebt sich den ausserordentlichen Proben die ihm Viola von ihrer Zärtlichkeit gegeben und erklärt sie zur Königin seines Herzens. Damit alles sich entwikle und niemand unglüklich bleibe, so entdekt sich in der

 
Sechsten und siebenten Scene.

durch den Brief des Malvolio, welchen Hans Wurst überbringt, auch der unglükliche Irrthum dieses Bedienten, und der Betrug der ihm gespielt worden; welches dem Hans Wurst Gelegenheit, sich über ihn lustig zu machen, jenem aber, nach einer kleinen Demüthigung seiner Einbildung, die Freyheit verschaft.


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