William Shakespeare
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Siebende, achte und neunte Scene.

Die Scene ist in Olivias Garten.

Maria zu Sir Tobias, Sir Andreas und Fabian.

Maria. Geht, verbergt euch alle drey in die Laube dort; Malvolio kommt diesen Gang herauf; er stuhnd schon diese halbe Stunde lang dort in der Sonne, und gesticulirte gegen seinem eignen Schatten – – gebt auf ihn acht, ich bitte euch, ihr werdet Spaß davon haben: Denn ich bin sicher, dieser Brief wird ihn in die lächerlichste Betrachtungen versenken – – Haltet euch still, wenn ihr euch nicht selbst einen Spaß verderben wollt – – lieg du da – –

(Sie wirft den Brief hin, und entfernt sich.)

Malvolio tritt auf; mit sich selbst redend.

Malvolio. Es kommt alles aufs Glük an, alles aufs Glük! Maria sagte mir neulich, sie könne mich überaus wohl leiden, und ich habe selbst gehört, daß sie sich herausgelassen hat, wenn sie sich verlieben wollte, so müßt' es in einen von meiner Figur seyn. Ueberdem begegnet sie mir immer mit einer gewissen Achtung, das sie sonst für keinen von ihren Bedienten thut. Was soll ich von der Sache denken – – das wäre mir eins, Graf Malvolio – – Man hat doch dergleichen Exempel – – Die Princessin von Thracien heurathete einen Bedienten von der Garderobe – – Wenn ich dann drey Monate mit ihr verheurathet wäre, und sässe da auf meinem Guthe – – und rieffe meine Officianten um mich herum, in meinem ausgeschnittnen Samtnen Rok – – nachmittags, vom Ruhbette aufgestanden, wo ich Olivia schlafend gelassen hätte – – und dann nähm ich den Humor an den mein Stand erforderte; gienge, die Hände kreuzweis auf den Rüken gelegt, ganz ernsthaft auf und ab, schaute sie dann mit einem kalten, überhinfahrenden Blik an, und sagte ihnen, ich wisse wer ich sey, und wünschte, sie möchten auch wissen wer sie seyen – fragte nach meinem Onkel Tobias – – Sechs oder Sieben von meinen Leuten führen dann plözlich auf, und rennten einander nieder vor Eilfertigkeit ihn aufzusuchen; indessen mach ich eine weil' ein finstres Gesicht, ziehe vielleicht meine Uhr auf, oder tändle mit dem Schaupfenning an der goldnen Kette, die ich um die Schultern hängen habe – – Dann kommt Tobias herbey, macht seine Verbeugungen sobald er mich erblikt – – ich streke meine Hand so gegen ihn aus, und lösche mein vertrauliches Lächeln mit einem strengen herrischen Blik – – sag ihm, Onkel Tobias, da mein Schiksal mich eurer Nichte zugeworfen hat, so hoff ich das Recht zu haben zu reden – – ihr müßt euer starkes Trinken lassen – – und zudem verderbt ihr eure kostbare Zeit mit einem närrischen Junker – – einem gewissen Sir Andreas – – He? was giebts hier zu thun? – – (Er hebt den Brief auf.) Bey meinem Leben, das ist der Gnädigen Frau ihre Hand: Das sind ihre natürlichen C., ihre U., und ihre T., und so macht sie ihre grosse P. Es ist ihre Hand, da ist nicht dawider einzuwenden – – Dem Geliebten Ungenannten dieses und meine Zärtlichsten Wünsche: Das ist ihre Schreib-Art: Mit Erlaubniß, Wachs. Sachte! Und das Sigel ihre Lucretia, mit der sie alle ihre Briefe zu sigeln pflegt: An wen mag das seyn?

Das ich lieb', ist euch, ihr Götter, kund;
aber wen, verschweige stets, mein Mund

Das soll also ein Geheimniß seyn? – – Seltsam! was folgt weiter? Aber wen, verschweige stets mein Mund – – wie wenn du das wärest, Malvolio? – – Sachte, hier haben wir auch Prosa – – »Wenn dieses in deine Hände kommt, so liese es mehr als ein mal. Mein Gestirn hat mich über dich gesezt, aber fürchte dich nicht vor Grösse; einige werden groß gebohren, andre arbeiten sich zu Grösse empor, andern wird sie zugeworffen. Dein glükliches Schiksal öffnet seine Arme gegen dich; habe den Muth ihm entgegen zu eilen; und um dich bey Zeiten an das zu gewöhnen, was du wahrscheinlicher Weise werden wirst, so wirf dein allzu demüthiges Betragen von dir, und zeige dich in einem vortheilhaftern Lichte. Begegne meinem Vetter zuversichtlich, und den Bedienten trozig; rede von Staats-Sachen; nimm in allen Stüken etwas sonderliches an. Das ist der Rath derjenigen, die für dich seufzet. Erinnre dich, wer dir rieth gelbe Strümpfe zu tragen und sie unter dem Knie zu binden. Ich sag', erinnre dich daran; Geh, geh, du bist ein gemachter Mann, wenn du nur willst: Wo nicht, so bleibe dann dein Lebenlang ein Hausmeister, der Camerad von Bedienten und unwürdig Fortunens Finger zu berühren. Adieu. Sie, die geneigter ist, deine Sclavin zu seyn, als dir zu gebieten, o glüklicher Sterblicher« – – Sonnenlicht kan nichts klärer machen als das ist – – Das heiß' ich klar. Ja, ich will stolz seyn, ich will politische Bücher lesen, ich will Sir Tobiesen scheeren, ich will mit meinen vorigen Bekannten thun, als kennt' ich sie nicht, kurz, ich will thun, wie mein Herr selbst. Es ist offenbar, daß ich mir nicht zu viel schmeichle, daß es keine blosse Einbildung ist; alles überzeugt mich, daß die Gnädige Frau verliebt in mich ist. Sie ermahnte mich lezthin gelbe Strümpfe zu tragen, sie lobte meine Beine – – und hier haben wir's wiederum, und auf eine Art, als ob sie es für eine Gefälligkeit aufnehmen wolle, wenn ich mich nach ihrem Geschmak puze. Dank sey meinen Sternen, ich bin glüklich: Ich will so fremde thun, daß man mich nicht mehr kennen soll, gelbe Strümpfe tragen, und sie unter den Knien binden, und das gleich diesen Augenblik. Jupiter und mein Gestirn sey gepriesen! – – Hier ist noch ein Postscript – – Es ist unmöglich daß du nicht errathen solltest wer ich bin – – wenn dir meine Liebe angenehm ist, so zeig es durch dein Lächeln; das Lächeln läßt dir gar zu gut. Lächle also immer in meiner Gegenwart, mein Allerliebster, ich bitte dich darum – – Jupiter! ich danke dir! Ich will lächeln, ich will alles thun, was du von mir verlangst.

(ab.)


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