William Shakespeare
Antonius und Cleopatra
William Shakespeare

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Neunte Szene

Alexandrien. Ein Zimmer im Palast

Antonius tritt auf, von einigen Dienern begleitet

Antonius.
Horch! Mir verbeut der Boden, ihn zu treten;
Er schämt sich, mich zu tragen. Freunde, kommt:
Bin ich doch so verspätet in der Welt,
Daß ich den Weg verlor auf ewig. Nehmt
Mein Schiff mit Gold beladen, teilt es, flieht
Und macht mit Cäsar Frieden.

Alle.
Fliehn? Nicht wir! –

Antonius.
Ich selber floh und lehrte Memmen fliehen
Und ihren Rücken zeigen. Freunde, geht;
Zu einer Laufbahn hab ich mich entschlossen,
Die euer nicht bedarf: drum geht,
Mein Schatz liegt dort im Hafen, nehmt ihn. – O,
Dem folgt ich, was mich rot macht, es zu schaun;
Ja, selbst mein Haar empört sich; denn das weiße
Tadelt des braunen Raschheit, dies an jenem
Feigheit und Schwachsinn! – Freunde, geht! ich will
Euch Brief' an solche geben, die den Weg
Euch ebnen sollen. Bitt euch, seid nicht traurig,
Erwidert nicht mit Trübsinn, nehmt die Weisung,
Die mir Verzweiflung rät: verlassen sei,
Was selber sich verläßt! Geht stracks zur See,
Ich schenk euch jenes Schiff und alles Gold. –
Laßt mich, ich bitt, ein wenig: ich bitt euch jetzt,
O tut's, denn mein Befehl ist nun zu Ende,
Drum bitt ich euch. – Ich folg euch Augenblicks.

Er setzt sich nieder. Cleopatra, geführt von Charmion und Iras, und Eros treten auf.

Eros.
O gütge Frau, zu ihm! O tröstet ihn! –

Iras.
Tut es, geliebte Fürstin!

Charmion.
Ja, tut es – was auch sonst?

Cleopatra.
Laß mich niedersetzen. O Juno!

Antonius.
Nein, nein, nein, nein! –

Eros.
Seht ihr hier, o Herr?

Antonius.
O pfui, pfui, pfui! –

Charmion.
Gnädige Frau! –

Iras.
O Fürstin, gütge Kaiserin!

Eros.
Herr, Herr! –

Antonius.
Ja, Herr, o ja! – Er, zu Philippi, führte
Sein Schwert recht wie ein Tänzer, während ich
Den hagern, finstern Cassius schlug! Ich fällte
Den tollen Brutus! Er ließ andre handeln
An seiner Statt und hatte nicht Erfahrung
Im wackern Kampf des Felds. Doch jetzt – es tut nichts! –

Cleopatra.
O, steht zurück! –

Eros.
Die Königin, Herr, die Königin!

Iras.
Geht zu ihm, Fürstin, sprecht zu ihm! –
Er ist sich selbst entfremdet vor Beschämung! –

Cleopatra.
Nun wohl denn – führt mich – o!

Eros.
Erhabner Herr, steht auf: die Kön'gin naht,
Ihr Haupt gesenkt: der Tod ergreift sie – nur
Durch Euern Trost kann sie genesen.

Antonius.
Verletzt hab ich die Ehre; –
Ein höchst unwürdger Abfall!

Eros.
Herr, die Fürstin –

Antonius.
O, wohin brachtst du mich, Ägypten? Sieh,
Wie ich die Schmach entziehe deinem Auge
Und seh zurück auf das, was ich verließ,
Zerstört in Schande! –

Cleopatra.
O mein teurer Herr
Vergib den scheuen Segeln. Nimmer glaubt ich,
Du würdest folgen.

Antonius.
Wohl hast du gewußt,
Mein Herz sei an dein Steuer festgebunden,
Und daß du nach mich rissest! Ha, du kanntest
Die Oberherrschaft über meinen Geist,
Und daß dein Wink vom göttlichen Gebot
Zurück mich herrschte!

Cleopatra.
O, verzeih!

Antonius.
Nun muß ich
Dem jungen Mann demütgen Vorschlag senden,
Betrügrisch winden mich in niedrer List,
Der ich die halbe Welt zum Spielball hatte,
Schicksale schaffend und vernichtend. Ja, du wußtest,
Wie du so ganz mein Sieger warst und daß
Mein Schwert entherzt, durch meine Lieb, ihr blind
Gehorchen würde.

Cleopatra.
O vergib! vergib!

Antonius.
Laß keine Träne fallen. Eine zahlt
Gewinn sowie Verlust; gib einen Kuß,
Schon dies vergilt mir alles. – Unsern Lehrer sandt ich;
Ist er zurück? Ich fühl mich schwer wie Blei;
Bringt etwas Wein und Speise. – Glück, du weißt,
Triffst du uns hart, so trotzen wir zumeist.

(Alle ab.)


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