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Der Ochsenhirt.

Angeblich von dem Syrakuser Theokrit. Aus dem Taschenbuch für das Jahr 1808. Der Liebe und Freundschaft gewidmet, S. 195-199. – A. d. H.

Als ich Euniken lieblich zu küssen mich nahte, lachte
Sie herzschneidend mich aus und sagte: »Rühre mich nicht an!
Willst Du Ochsentreiber mich schmatzen? Verwegner, ich lernte
Bäurische Küsse nicht, sondern seiner die Lippen zu schmiegen;
Auch im Traume nicht sollst Du berühren mein niedliches Mäulchen.
Wie Du blickst und sprichst! wie grob und widrig Dein Scherz ist!
Ei, wie sein Du redest in zierlich gedrechselten Worten!
Zärtlich und lieblich ist Dir das Kinn, süßduftend das Haupthaar;
Gehe, Du Sudelmaul, geh; sieh, wie die Hände Dir schwarz sind!
Wie abscheulich Du riechst! Geh, Du beschmutzest mir Alles!«

Also sprach sie und bitter und spie in den Busen sich dreimal,
Sähe beständig mich an vom Kopf herab zu den Füßen
Und verzog die Lippen und blickte verächtlich und schief an.
Stolz auf die seine zarte Gestalt, verlachte sie schnöde
Mich und spottend, es schwoll mir aber kochend das Herzblut,
Und vor Schmerz war die Farbe wie der thauigen Rose.
Sie verließ mich und ging, mich griff herzbrennender Zorn tief,
Daß das Mädchen mich lieblichen Burschen so böslich verscheuchte.
Sagt mir. Ihr Hirten, die Wahrheit, sagt mir, ob ich nicht schön bin!
Oder hat plötzlich ein neidischer Gott die Gestalt mir zerstöret?
Kürzlich blühte doch noch mir etwas liebliche Schönheit,
Und wie der Epheu am Baumstamm kräuselte mir sich das Milchhaar,
Locken waren wie Kresse mir um die Schläfe gegossen,
Und die Stirne glänzte mir weiß auf schwärzlichen Braunen.
Freundlicher war mein Aug' als das Auge der goldnen Athene,
Zarter als frischer Käse war mir der Mund, von dem Munde
Floß mir süßer als Honigscheiben die liebliche Rede.
Zauberisch ist mein Gesang, wenn ich das Haberrohr spiele,
Wenn ich die Flöte sprech' und die Pfeif' und das hallende Zwerchrohr;
Und auf der Bergtrift gelt' ich für schön bei unseren Weibern:
Alle küssen mich oft, und nur die Städterin sträubt sich.
Weil ich ein Hirt bin, lief sie davon, und weiß denn die Stolze
Nicht, daß Bacchus, der Schöne, die Kühe trieb in dem Thale?
Nicht, wie Kypris entbrannte? War nicht ihr Liebling ein Kuhhirt?
Weidete nicht die Göttin auf Phrygiens Bergen und küßte
Ihren Adonis im Hain und klagte Adonis im Haine?
Auch Endymion, war er nicht Kuhhirt? Eilte Selene
Nicht, den Hirten zu küssen? und kam von dem hohen Olympus
Auf die Triften des Latmus, daselbst bei dem Jüngling zu ruhen?
Rhea beweinte den Hirten; durchirrtest Du, hoher Kronion,
Wegen des Hirtenknaben nicht als Adler das Luftmeer?
Nur Eunike verweigert dem Hirten das Küßchen und dünkt sich
Besser als Kybele, Kypris und als die schöne Selene.
Nun, so sollst Du auch, Kypris, nicht in der Stadt, in der Trift nicht
Auch den Zärtling nicht küssen, und wenn Du auch ewig allein schliefst!