Charles Sealsfield
Nathan der Squatter
Charles Sealsfield

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2.

»Habt ihr nie den Mississippisprung gemacht?«, fragte uns der Alte wieder.

»Was versteht Ihr unter dem Mississippisprung?«, versetzten wir.

»So eintausend Meilen von der Mündung des Ohio herab bis zum Redriver, oder ein acht- bis neunhundert.«

»Nein, aber die Fahrt von New Orleans hinauf.«

»Das ist nichts«, meinte Nathan; »der Strom ist da nicht den zehnten Teil so gefährlich wie oberhalb Natchez; ist auch zu tief, um Sandbänke, Snakes, Lawyers und wie die T...l alle heißen. Euch bei jedem Wurf unter die Beine zu bringen. Aber versteht Ihr, oberhalb Natchez, ehe der Atchafalaya und Lafourche und Plaquemine und Bayou Sarah und zwanzig andere Bayous den Mississippi abgezapft, und er sich so etwa fünfundzwanzig Meilen während der Flutzeit zu beiden Seiten ausbreitet, und Ihr keinen Fußbreit Land seht, und bloß Bäume, und nur wo diese nicht zu schauen, kalkuliert, daß der eigentliche Strom laufe – wenn Ihr so auf einem Flachboot der Wochen vier oder sechs auf diesem schmutzigsten süßesten, allmächtigsten aller Gewässer fahrt, und jede Stunde Euch Sawyers, Planters, Snakes, Wooden-Islands, und wie die Satanasse alle heißen, zwischen die Beine rennen und Ihr an ihnen vorbeischießt, wie ein Trotter, der zwanzig Knoten in einer Stunde geht, an einem Meilenstein, und jeder dieser v...ten Meilensteine Euch einhundert Fuß tief in dem allmächtigen Wasserstrudel zu begraben droht; dann, mag ich erschossen sein, wenn Ihr nicht froh seid, einmal in ein ruhiges Fahrwasser, sage den Arkansas oder Redriver, einzulaufen.

Wohl, kamen endlich in ruhiges Fahrwasser, wollten anfangs in den Arkansas, trieb uns aber ab, und mußten noch Gott danken, daß wir ein paar hundert Meilen weiter abwärts zur Mündung des Redriver gelangten.

War hohe Zeit, der Mississippi war Euch so voll, aber begann doch bereits ein weniges zu sinken, und waren in unserer Arche an der Mündung des Redriver angekommen, und war diese Arche so baufällig und leckig geworden, zog Wasser wie ein Schlauch, und war kein trockener Fleck in der ganzen Arche, und standen wir Männer und die Weiber bis an die Knie im Wasser, und schrien die Kinder und ein paar Ferkel, die wir mithatten, war ein jämmerliches Leben, zum Gotterbarmen.

Wohl! War, wie gesagt, hohe Zeit, uns um festes Land umzusehen, war aber meilenweit kein festes Land zu sehen, und mit unserm Boot durften wir uns nicht mehr in die Mitte des Stromes wagen, hätte es zerrissen. So hielten wir uns deshalb dicht oberhalb der Mündung des Redriver in den Mississippi, hatten sich da ein paar hundert Baumstämme zusammengetürmt und geschichtet – da hielten mir.

Hielten also an, obwohl es ein unsicherer Hafen war; denn die Baumstämme, so allmächtig lang und dick sie auch waren, so schaukelten sie doch so widerwärtig wie alte Weiber in ihren Kangaroosesseln.

War aber keine andere Hilfe, und Asa schrie – holla, Nathan! Das ist der Platz, die Flut sinkt, wollen das Fallen des Stromes abwarten und uns trocknen, denn sonst verfault uns alles am Leibe und in den Kisten. Und seid hurtig mit den Kisten und Truhen und Kram, sie müssen heraus, je eher, desto besser.

So schrie Asa, und Ihr hättet nur sehen sollen. Auf Meilen herum alles Wasser, und wir Kisten und Truhen und Balken auf die schaukelnde Inselbank hinauswerfend, denn es waren im Wasser durch die Strömung zusammengeworfene und geflutete und geschichtete Stämme, auf die wir zutrieben. Und wie wir auf einen Stamm traten, rollte er mit uns weg, und ein zweiter trieb es nicht besser, und war unter die tausend Stämme eine wahre Konfusion gekommen.

Und war Asa zuerst ausgesprungen, und über die Stämme hin. Auf einmal schreit er: Holla, gut Glück, Nathan! Sage Euch, gut Glück, sind nicht allein hier, haben auch andere Gäste hier. Bringt die Kisten ans Land, die Weiber werden trocknen, wir wollen auf die Jagd.

Asa, sage ich, du träumst, willst auf die Jagd – doch nicht die Alligatoren-Jagd?

Keine Alligatoren, Nathan, ruft Asa herüber – Eichhörnchen, so gute, als du je auf dem Ohio sahst, die besten, die du je gesehen.

Und wie wir das hören, springen wir, um die Tiere zu sehen, und sahen sie, und fingen ihrer wohl an die fünfhundert in weniger als einer Stunde denn waren so zahm, die armen Tiere, ließen sich wie junge Katzen fangen. Waren aber Eichhörnchen, die sich vor den Fluten auf die Baumstämme gerettet hatten.

Und waren so sehr abgemagert, daß es eine ziemliche Anzahl brauchte, um ein Mittagsmahl für zehn hungrige Magen zu liefern, und Kinder dazu, aber war doch eine wahre Gottesgabe, obwohl wir viel Mühe hatten, unsern Herd da aufzuschlagen.

War überhaupt unser Hafen auf dieser v..ten Holzinsel einer, um den wir, wäre nur ein Quadratschuh trockenen Landes zu haben gewesen, keinen Fiedelbogen gegeben hätten. Konnten nicht liegen, nicht stehen, nicht sitzen, von wegen des ewigen Herumwimmelns der Stämme in der Bucht. Kletterten wir auf einen obenan liegenden Burschen hinauf, so war zwei gegen eins zu wetten, daß sein Untermann nachgab und wir mit ihm ins Wasser kollerten. Das Ersaufen durften wir nun zwar nicht befürchten, denn es gab Alligatoren um uns herum, denen wir es an den Augen ansahen, daß sie uns nicht bis auf den Grund kommen lassen würden. Hatten so mit Achthaben, daß mir nicht ins Wasser plumpten, und Abziehen der Tiere, und Kochen, und unsere Weiber Halten, daß sie nicht über dem Kochen ins Wasser plumpten, und Abwehren der Alligatoren, die wie Katzen um uns herum lagen und schossen, alle Hände voll zu tun, hielten aber doch vier Stunden aus.

Hilft nichts, schrie endlich Asa giftig, müssen von dieser v...ten Holzinsel weg, irgendwohin, wo unsere Schuhsohlen auf festem Land stehen und wäre der Fleck nicht größer als ein Schubkarrenrad. Müssen fort, sonst erwachen wir morgen im Magen irgendeines Alligators, sind gar zu hungrig, diese schäbigen Kerle.

Das war nun ein Fakt, und ließ sich nichts dagegen einwenden, aber wie mit unserem lecken, halb geborstenen Flachboot, das zur Hälfte voll Wasser war, in den Strom einfahren? Wir hätten ebensowohl in den Mond einfahren mögen; hätte das Flachboot wie ein Spinngewebe zerrissen. Asa wußte jedoch Rat, hatte einen schmalen Kanal mitten durch die Holzinsel entdeckt, und dahin steuerten wir nun unsern Kurs, freilich hatten mir mit unseren Stangen erst etwa fünfzig Stämme auf die Seite zu schaffen und zu arbeiten ärger als Neger, auch trotz dieser hundischen Arbeit nicht viel ausgerichtet, kaum eine halbe Meile zurückgelegt, als die Sonne unterging und eine stockfinstere Nacht hereinbrach; aber eines hatten wir gewonnen, waren im Redriver, der im Vergleich mit dem Mississippi ein ganz liebes Wässerlein ist, obwohl es der T...l trinken mag.

Zündeten unsere Laterne an, die wir an einer Stange aufhißten, und ruderten und schwitzten uns noch etwa fünf Meilen hinauf, bis wir endlich Land mit unsern Widerhaken fühlen und greifen konnten.

Und als wir dieses fühlten und griffen, sprangen wir aus dem Boot heraus, warfen Ballen und Kisten und Truhen nach, unsere Männer sammelten dürres Holz zum Feuer, um die Moskitos, Alligatoren, Wölfe, Bären und derlei Gezücht in gehöriger Distanz zu halten; Asa riß mit dem Widerhaken eine Last Tillandsea von den Bäumen, und in einer halben Stunde schliefen wir alle wie Ratten – schliefen Euch – in meinem Leben hatte ich noch nicht so gut geschlafen.

Und den folgenden Tag trockneten unsere Weiber ihre Wäsche, und wir schöpften das Boot aus und zogen es an das Land, und kalfaterten es wieder zusammen so gut es ging, und als wir fertig mit allem – nahm uns drei Tage –, gingen wir wieder auf das Wasser.

Und fuhren den Redriver hinauf, bis wo rechts der Blackriver einmündet, und da angekommen, fuhren wir noch eine Strecke aufwärts, und dann in einen toten Arm ein, und in südlicher Richtung hinab, der Arm war ziemlich lang, und wir ziemlich müde und auch hungrig, denn unsere Mehlfässer ließen die Böden schauen, und unsere Schinken waren alle, und ein paar Dutzend Mackerels mit noch einem Kübel Welschkorn das einzige, das wir aufgestapelt; hatten aber noch ein sieben Gallon Magentrost, und der erhielt uns Herzen und Nieren warm.

Wohl, fanden endlich einen Fleck, wo wir landen konnten, war fester Boden, obwohl noch halb Zypressensumpf. Waren aber an diese gewöhnt, und für Hinterwäldler ist derlei Zypressensumpf gar kein übles Ding. Habt immer ein weiches Bett, trefft immer auf Tillandsea, das euch die Matratzen erspart.

Wohl, schafften also unsern Kram ans Land und stoppelten uns etwas weiter vom Sumpf eine Laubhütte zusammen, in die wir unsere Weiber einquartierten; es war die zweite Nacht, seit acht Wochen, dass wir, und unsere Frauen, ruhig schliefen.

Den folgenden Tag machten wir uns zeitig auf die Beine. Waren zwei Dinge, die uns mächtig am Herzen lagen. Das erste war, Proviant für unsere zehn Mäuler zu schaffen: das zweite, ein Stück Land zu finden, auf dem sich ein ehrlicher Squatter ruhig hinsetzen konnte, ohne Furcht, von den Alligatoren zum Imbiss mitgenommen oder vom Sheriff ein Haus weiter gewiesen zu werden. Waren müde des Herumziehens mit Weibern und Kindern, sahen auch, daß nichts dabei herauskommt. Ein rollender Stein, sagt der alte Benjamin Franklin, setzt kein Moos an; wussten das, sahen auch, daß es hohe Zeit war – waren im August – unsere Schinken, Mehl, Mackerels auf der Neige –, mussten schauen, frischen Proviant einzulegen. Nahmen also unsere Äxte und Riflen, und teilten uns in zwei Parteien; die eine führte Asa, die andere ich, und gingen, er in westlicher Richtung, ich in südlicher. Zwei Männer blieben bei den Weibern: denn wir trafen schier mehr Spuren von Panthern, als in unserem Virginien von Gäulen und Rindern.

War, wie gesagt, in südlicher Richtung vorgedrungen. Wenn ich Euch sage, vorgedrungen, so müßt Ihr darunter keine Lustreise verstehen wie Ihr sie mit uns gemacht, sondern ein wahrhaftes Buscheindringen, durch Schlingpflanzen mit Dornen ohne Maß und Ziel, die Euch ohne Messer und Axt in Fetzen zerrissen wo sich Euch bei jedem Schritt ein Dutzend Kongo- und Mokassinschlangen statt der Schuhriemen um die Knöchel gelegt hätten.

»Wohl, Mann« fuhr der Alte fort; »drangen so tiefer und tiefer ein – schossen auch zwei Bären die wir ausweideten, und Righteous, mein Schwager, einer der Brüder Asas, schoss auch einen Welschhahn den wir sogleich rupften und säuberten und spießten und brateten. Hatten ein paar Hände voll Welschkorn in der Jagdtasche, und eine Kalabasse Magentrost, der uns trefflich zum Imbiss schmeckte. Und nachdem wir uns so an Leib und Seele erquickt, vergruben wir einen Teil unserer Bärenbeute, die besten Stücke mit dem Fett lud Righteous auf die Schultern und ging zurück zu den Weibern, ich aber drang weiter in die Wildnis ein.

Hatte einen Kompass mit und wollte mir absolut das Land besehen, und womöglich einen Fleck ausfindig machen, auf dem sich ein honetter Squatter niederhocken und seine Rolle Virginia-Kautabak bauen könnte.

Und wie ich so vordringe – war am vierten Tag –, kam ich auf eine Prärie, von der ich ringsherum einen Ueberblick hatte, das Herz hupfte mir vor Freude.

Saht vor Euch die Prärie, die wohl zehn Meilen vom westlichen Abhang gegen Norden hinauslief – rechter Hand einen Kottonbaumwald – und im Rücken wieder Wald. War dieser letztere Wald derselbe, den Ihr vor Augen habt. Alles war hier beisammen für hundert der schönsten Pflanzungen, die sich denken ließen: Tabak-, Baumwoll-, selbst Zuckerland – herrliches Wasser!«

Sprang wie ein Kind von zehn Jahren auf dieser Anhöhe herum, kalkulierend in meinen Gedanken, wo sich wohl am besten unsere Häuser hinsetzen ließen, und kalkulierte so den ganzen Tag in der Gegend herum, sah mir alles an, und kam in meinem Kalkulieren auch auf diesen Erdaufwurf oder Wall oder Indianerschanze, die just eine halbe Meile weit weg liegt. Sehe mir diesen Erdwürfel an und ruminiere, wozu er wohl dienen könnte, und was die Leute für eine Absicht hatten, als sie ihn so zusägten, und wie ich so kalkuliere, fällt mir ein, daß die Rothäute wohl da eine ihrer Verschanzungen gehabt haben könnten, denn der Wald war auf sechzig Schritte herum ausgehauen, und daß wir ihn gleichfalls dazu gebrauchen könnten, wenn die Not es geböte.

Und sehe mir die Gegend weiter an, und komme zu dem Sumpf, und kalkuliere, daß der Sumpf, so arg ich sonst Sümpfe im Magen habe, ein glorioser Sumpf sei, und die Kreolen und Frenchers das Wasser nicht lieben, und wie ich so kalkuliere, kommt mir ein tüchtiger Hirschbock in die Quere, der in der Zeit von zehn Sekunden kein Hirschbock mehr war.

Hielt das für ein gutes Zeichen, daß mir der Hirschbock gerade so in den Wurf kam, und hatte diesen Tag meine Mahlzeit ehrlich verdient, und machte mich über den Hirsch her, und zog ihm die Haut über den Rücken und zerlegte ihn und bratete mir ein Stück, das mir für ein paar Tage dauern sollte, und dann legte ich mich nieder.

Und kehrte den folgenden Tag zurück, nachdem ich den Rest des Hirsches in Reisig gewickelt und aufgehängt hatte, so daß die Turkey Buzzards ihm nichts anhaben konnten, und schoß auf dem Herweg noch einen Bären, von dem ich den besten Teil mitnahm, das übrige vergrub, und kam nach sechs Tagen glücklich im Lager an.

Und sagte zu Asa: Asa, hab' es – hab' es gefunden, was wir suchen. Habe die Notion: in den ganzen alten Staaten gibt es kein so prächtiges Stück Land, als ich dir in vier Tagen zeigen kann.

Habe auch gesehen, sagt Asa, will mir aber nicht recht gefallen, was ich gesehen, sagt er. Kiefernwald mit leichtem Sandboden und Präries mit schwarzen Letten, auch Palmettoes, aber kein Holz darauf, um eine Welschkornkrippe zu bauen.

Habe gefunden, was wir brauchen, Mann, sag' ich; alles gefunden, was wir brauchen, und mehr als wir brauchen, und unsere Kindeskinder dazu.

Aber ist das Land auch frei? Hast du auch geschaut? Keine Einschnitte in den Bäumen, kein Axtschlag?

Kein Einschnitt, kein Axtschlag zu sehen, so weit dich deine Füße tragen – eine Indianerschanze, um die herum Gestrüpp, ist alles. Habe die Notion: Muß seit sechzig Jahren kein zweibeiniges Menschenkind den Fuß dahin gesetzt haben.

Aber die Kreolen?, sagt Asa. Weißt du auch, ob nicht die Kreolen – Vielleicht ist es von einem Kreolen genommenes Waldland?

Ist ein Sumpf da, und den haben die Kreolen nicht überschritten. Komm, Asa, sollst sehen, weißt, bin nicht blind in solchen Fällen; ein Sumpf, ein gottlos prächtiger Sumpf, über den sich kein Kreole wagt.

Und sagt Asa: Weiß es, daß du einen Walnussbottom von Kastanienland zu unterscheiden verstehst, und mögen ebensowohl unsere Hütte ein Haus weiter aufschlagen. Bären und Hirsche gäbe es zwar hier genug, haben bereits sieben Bären geschossen und ein halbes Dutzend Hirsche, und unsre Weiber wohl einhundert Pfund und darüber Bärenfett ausgekocht.

Und gingen nun zu den Weibern und sagt' ihnen, was ich gesehen, und wie wir uns auf dem Lande niederlassen müßten. Wir beschlossen, den folgenden Tag schon den Anfang zur Uebersiedlung zu machen.

Asa und Righteous und zwei von den vier Weibern zogen mit mir in den Busch ab und luden auf, was unsre Rücken tragen konnten, und kamen nach acht Tagen glücklich auf dem gelobten Lande an.

Aber als Asa endlich das Land sah und herabschaute von der ersten rollenden Anhöhe, und dann sich wandte in die Prärie und schaute den herrlichen Baumschlag, da jubelte doch auch er – war sonst kein gerade zum Jubeln aufgelegter Mann, der Asa; aber er jubelte und schrie: Nathan, das vergelte dir Gott! Du bist ein wahres Sonntagskind! Hier wollen wir leben und sterben, habe in meinem Leben kein solches Land gesehen.

Und wir nahmen sonach unsere fünf Sinne zusammen«, fuhr der Alte fort, »und kalkulierten, wo sich wohl unsere Häuser am besten hinsetzen ließen, begannen Bäume zu fällen und Anstalten zu machen, ein Blockhaus zu bauen. Ich aber ging zurück, um die übrigen nachzubringen.

Wohl, Mann! Brauchten zu dieser Uebersiedlung volle drei Wochen, und nahm drei Wochen mehr, ehe wir uns in unserm Blockhaus ruhig niederlegen konnten, ohne befürchten zu müssen, daß eine Herde Wölfe oder eine Brut Panther uns ihre Besuche abstatteten. Aber nach diesen sechs Wochen waren wir fix und fertig.

War aber kein Scherz, versichere ich Euch bei Jingo! Mußten Brücken und Flöße bauen, um unsere Kisten und Weiber über die Wasser und Sümpfe zu bringen, und Wege öffnen durch Dickicht, Wälder und Schlingpflanzen, kamen aber mit Hilfe unserer Aexte zuletzt doch, wo wir hin wollten.

Freilich hatten unsere Häuser weder Türen noch Fenster; vor die viereckigen Oeffnungen in die sie mit der Zeit hineinkommen sollten, wurden einstweilen Wolldecken gehangen, aber reichere Leute als wir mußten sich oft knapper behelfen.

Waren mittlerweile tief in den Oktober hineingeraten. Wunderschöne Zeit in diesem unserem Lande eben der Oktober und November – aber dauert doch nicht ewig, der indianische Sommer –, und handelte es sich darum, für zehn Mäuler den Winter hindurch etwas zum Zubeißen zu erlangen. An eine Ernte war nicht mehr zu denken, wenn wir auch Saatkorn gehabt hätten – Niederlassung keine, auf hundert Meilen ringsumher, und wenn auch eine gewesen wäre, so mangelte uns der Silberstoff. Was läßt sich tun, Nathan?, fragt mich Asa.

Holla, Asa, sagt Rachel, meine Schwester – fragst, was sich da tun läßt, wenn die Bären herumlaufen wie die Schafe in Kentucky Territory, und mehr Hirschböcke zu sehen sind als bei uns im Kentucky Territory Opossums – pfui, schäme dich!

Aber Rachel, sagt Asa – du weißt, der Boden deiner beiden Mehlfässer ist schon seit Wochen so anschaulich, und wir können doch nicht immer Hirsche und Bären essen?

Aber es gibt Leute, die Euch für einen Hirsch gern ein und auch zwei Fässer Mehl verhandeln; und für ein Dutzend Töpfe mit Bärenfett ein paar Barrels mit Welschkorn. Weißt du das nicht, und nicht, wo diese Leute zu finden?

Und du hast recht. Rachel, sag' ich, und wir ziehen auf die Jagd, Asa, sage ich, und schießen noch ein halbes Dutzend Bären und ein paar Dutzend Hirsche; denn Bären und Hirsche gibt es allmächtig viel, mehr als im ganzen alten Virginien und im Territory Kentucky, sag' ich.

Und gingen auf die Jagd, schossen den ersten Tag zwei Bären, drei Hirsche und weideten sie aus, und trugen sie heim, und unsere Weiber kochten und brateten das Bärenfett aus und trockneten Schinken, und wir schossen weiter, bis wir ein volles Dutzend Bären und ein paar Dutzend Hirsche erlegt hatten, und als wir so weit gekommen, hielten wir ein, denn die Gabe Gottes muß geschont werden.

Und während unsere Weiber kochten und brateten und Hirschziemer und Häute und Schinken trockneten, machten wir uns mit unseren Aexten hinüber ans Wasser, zogen unsere alte Arche ans Land und kalfaterten sie wasserdicht, und als wir fertig, beluden wir sie mit den Hirschkeulen, Schinken, Bärenfett und den Häuten und nahmen Abschied von den Weibern: nur Righteous blieb zurück, wir fünf aber machten uns auf den Weg.

Und fuhren das Bayou hinauf in den Redriver ein, den Mississippi, der wieder vernünftig geworden war, hinab, und es war, habe die Notion, hohe Zeit für uns, denn auch das Whiskyfaß begann hohl zu klingen, und war die letzten Wochen unsere Ration pro Mann kaum mehr als ein Gill gewesen, und wo der Magentrost fehlt, da regen sich die Hände nicht gern.

Und bangte uns recht sehr, wieder einmal einen erquicklichen Schluck dieses Magentrostes zu nehmen, und ruderten also frisch drauflos, in den Mississippi ein, und hielten nirgends an, bis wir vor New Orleans kamen, wo sie uns nach unseren Papieren fragten. Sagten aber, wir kämen vom Ohio, und zwar aus dem Territory Kentucky, was auch wahr war, denn wir kamen daher und wären wohl gar nicht gekommen, wenn der Sheriff uns nicht ein Haus weiter gewiesen, was uns giftig verdrossen, und weshalb wir auf den Mississippi gegangen und nach Louisiana herabgekommen, was wir aber, wie Ihr leicht ermessen könnt, wohlweislich für uns behielten.

Und in New Orleans wußte Asa zum Glück Bescheid und schob ein paar Dutzend Bärentatzen dem glatzköpfigen Hafenaufseher ins Haus, und dieser drückte ein Auge zu, und wir verkauften an dreihundert Pfunde Bärenfell, das Pfund zu einem halben Dollar, und die Hirschziemer und Rücken und die Felle so gut, als wir sie anbringen konnten, und schier an dreihundert Dollar in der Tasche, zogen wir gegen Baton Rouge hinauf. Unser Boot verhandelten wir für zwei Dollar. Und riefen in Baton Rouge ein Flachboot an, das mit Mehl, Whisky und Kramwaren den Mississippi herabkam, und dieses sagt uns, daß ein Kielboot nachkäme, mit dem wir einen guten Handel machen konnten.

Und kam das Kielboot richtig hinterdrein, und erhandelten uns ein Dutzend Welschkorn- und ein halbes Dutzend Mehl- und Whiskyfässer – mit allerhand anderen Waren; und kauften das Kielboot, das seine übrige Ladung auf das Flachboot überlud. Und waren Landsleute, denen wir sagten, sie sollten die Unsrigen am Saltriver grüßen, und sprangen in das Kielboot, gerade als die spanischen Zollbeamten herbeikamen, und ehe sie ihre Worte an den Mann gebracht, waren wir in der Mitte des Stromes und dem Gesindel aus den Augen.

Hatten aber höllische Arbeit, das Kielboot den Strom hinauf und in den Redriver hinein zu bringen. Sage Euch, höllische Arbeit, kamen aber endlich doch hinein und gingen hinauf, bis wo der Blackriver, sein laugenfarbiges Wasser in den kaffeebraunen Redriver eingießt, und fuhren in das Bayou ein, und Asa und James Bill nahmen die erste Ladung und machten sich auf den Weg, und Jonas und ich blieben als Wache zurück.

Volle vierzehn Tage hatten wir zu tun, bis wir alles an Ort und Stelle gebracht hatten. Das Kielboot schleppten wir ans Land, kehrten es um, bedeckten es mit Reisig, um es für künftige Fälle wieder zu haben.

Waren also für den Winter versorgt und wohnten zu zwei Familien in einem Hause. Hätten gern noch drei Blockhäuser aufgerichtet, so daß jede Familie ihren eigenen Verschluß gehabt; mußten aber an das Lichten und Beurbaren der Felder denken – und das war keine Kleinigkeit, denn wir hatten auch nicht einen einzigen Pferdehuf; zwei Pflüge wohl, und Zubehör, aber die Pferde fehlten.

Wohl, lichteten die Felder, und Asa und ich nahmen unsere Rifles, und wollten im Lande umherspähen, um zu sehen, ob wir nicht ein paar Gäule und auch Kühe auftreiben könnten, denn ohne Gäule, das sahen wir wohl, ließe sich nichts machen. Kühe waren uns etwa drei Stück vonnöten, und hatten noch fünfzig Dollar von den dreihundert, die wir in New Orleans gelöst. Und zogen wohl auf die fünfzig Meilen im Umkreis herum, trafen aber auf keine Pflanzung, wie wir sie suchten, und kehrten zurück, hatten aber ein paar Bären und Hirsche geschossen.

Und lichteten unsere Felder zurecht, bis auf das Umpflügen, ringelten nämlich die Bäume, und rodeten das Unterholz aus, und richteten zehn Acker Kottonbaumwald zum Welschkorn zu, und sechs zum Tabakbau – alles fix und fertig, bis auf das Pflügen.

Und fingen bereits unsere Weiber und Männer an, den Boden zu hacken, was unter allen Arbeiten eine ist, die wir Hinterwäldler am wenigsten vertragen. Stumpft Euch Geist und Leib gleich ab, wenn Ihr so Tag für Tag nichts als Schollen aufhackt – konnte es nie leiden; ist auch nur für Neger und weiße Sklaven.

Hatten so ein paar Acker gehackt und ein Stück wahre Negerarbeit vollbracht und waren gerade wieder im Feld, als wir auf einmal Pferdegetrampel hören und vier Reiter die Prärie herangesprengt kommen, die, wie sie uns sehen, nicht wenig verwundert anhalten und miteinander parlieren. Hatten auch ein paar tüchtige Wolfs- und Hühnerhunde mit.

Und sagt Asa: Das wäre jetzt eine herrliche Gelegenheit, ein paar Gäule zu erhandeln, und will schauen, ob sich nicht ein Geschäft machen läßt.

Asa tritt an sie heran und grüßt sie – denn Asa hatte im Revolutionskrieg unter Lafayette gedient – und fragt sie, ob sie nicht absteigen und einkehren wollten.

Und wie Asa so fragt, so nehmen wir unsere Rifles, die wir an die Baumstämme angelehnt hatten, zur Hand, denn ihr wißt, Hinterwäldler dürfen ihre Rifles nie weit von sich haben – sind ihre getreuesten Freunde, ihre Rifles, nebst einer guten Hand und einem scharfen Auge.

Und wie die Kreolen unsere Rifles sehen, geben sie ihren Pferden die Sporen und waren doch so erschreckt.

Fürchtet nichts, sagt Asa, seid unter friedlichen Leuten, haben die Rifles zur Hand gegen Bären, Wölfe und Rothäute, aber nicht gegen Christenmenschen.

Diese Worte beruhigten sie augenscheinlich und galoppierten wieder näher an uns heran, und wir setzen unsere Rifles nieder, und sie steigen ab und treten in Asas Haus.

Zuerst sahen sie sich um, nicht wenig verwundert, wie es schien, aber Asa setzte ihnen eine Bouteille mit trefflichem Monongahela vor, und als sie diesen versucht, wurde ihnen auf einmal das Herz leicht.

Und Rachel bratete einen Hirschziemer, und wohl auch zwei, und wir luden die Jäger zum Essen, was sie auch annahmen, und während des Essens fragt sie Asa, ob sie nicht Lust hätten, ein paar ihrer Gäule für blanke spanische Dollar auszutauschen.

Bei der Erwähnung der spanischen Dollar leuchteten ihre Augen vor Freude, denn das Geld war damals und ist auch noch ein seltener Artikel im Lande, und sie fragten, wieviele Dollar wohl Asa für einen Gaul gäbe?

Für den Braunen, den Ihr reitet – er sprach mit dem Vordermann – zwanzig Dollar, für den Braunen mit dem weißen Fuß fünfzehn.

Die Franzosen parlierten ihr Kauderwelsch und sagten endlich, Asa solle die zwei Gäule für vierzig Dollar haben.

Fünfunddreißig, sagt Asa, keinen Picaillon mehr.

Also fünfunddreißig, sagen die Spanier oder Franzosen, was sie waren, habe aber die Notion, waren beides, parlierten in beiden Sprachen und wollten das Geld aufgezählt haben, ehe sie die Gäule gäben, was wir aber wieder nicht wollten.

Müssen zuerst die Gäule haben, sagten wir und gingen hinaus, und draußen wollte der erste nicht den Braunen geben, was uns böse machte; endlich, als sie Ernst sahen, nahmen sie das Geld.

Sahen aber, daß sie nicht die Leute waren, mit denen ein dezenter Mann gern einen Handel schließt, und gingen wieder zurück mit uns in die Stube, um, wie sie sagten, den Kauf durch eine Bouteille Taffia zu besiegeln.

Tranken eine Bouteille, und mehrere folgten nach, bis sie schier nicht mehr stehen konnten, und gaben mit lallenden Zungen uns zu verstehen, wie sie es eben nicht sonderlich gern sähen, daß wir uns hier eingenistet, und wie der Jäger zu viele würden.

Wir sagten ihnen, es gäbe der Jäger nimmer zu viele, und die Bären, Wölfe und Panther und Hirsche obendrein, je eher sie verschwänden, desto besser sei es für das Land, sei nicht zu Jagdgründen erschaffen, das Land, sondern um Baumwolle, Zucker und Welschkorn zu geben. Das sei das Wahre.

Murmelten aber untereinander in ihrem französisch-spanischen Kauderwelsch und brummten, als sie zu zweien auf einem Gaul abtrollten, sie würden uns bald wiedersehen.

Und sagt Asa, der ihnen kopfschüttelnd nachsah: Hört, Männer, das sind sogenannte Kreolen, das heißt, ein Drittel Spanier, ein Drittel Franzosen, und der Rest Indianerblut. Haben alle die Tücken der drei Nationen, und gebt acht, sie bringen uns irgendeine Teufelei hinterdrein.

Aber was sollten sie uns für eine Teufelei bringen?, fragt Rachel.

Das weiß ich noch nicht, doch so gewiß es Sheriffs gibt in den Staaten, so gewiß gibt es auch hier solche Landplagen, obwohl sie andere Namen haben mögen.

Aber wenn nun unser Land von keinem als Eigentum genommen ist, und wir zuerst unsere Hütte darauf aufgeschlagen?

So gehört es von Rechts wegen uns, sagt Asa, aber mir munkelt etwas. Gib acht, die bringen nichts Gutes.

Wohl, sage ich, Asa, und bringen sie nichts Gutes, so holen sie sich auch nichts Gutes. Können auch böse sein, wir, sage ich, Asa, giftig wie Kongoschlangen, und fürchte mich nicht vor zehn solcher Kreolen, und habe es wohl gesehen und mit meinen eigenen Ohren gehört, daß sie schäbige Kerle sind, die ihr Wort so wenig in Ehren halten, als unsere Neger oben im Kentucky. Aber wir haben die Gäule und können nun unsere Felder staatsmäßig herrichten.

Das können wir, sagt Asa, und wollen auch sogleich daran, sind aber noch jung, die Gäule, und auch noch halb wild, nicht lange von ihren Präries eingefangen.

Und das war wirklich der Fall. Hatten vorerst die beiden Gäule ein paar Tage einzuspannen und einzujochen, ehe sie eine gerade Furche ziehen lernten, ging aber dann um so rascher und hatten wir wohl etwa fünfzehn Acker zur Welschkornsaat vorbereitet, und etwa zehn für Viginiakraut, und waren wir daran, noch ein paar hundert Kottonbäume zu ringeln und das Unterholz und die Dornen und Schlingpflanzen auszuroden, um noch einiges Welschkorn und Virginiakraut anzubauen, als mir in diesem Vorhaben ein wenig irre gemacht wurden.

Asa hatte richtig gemunkelt. Das kreolische Gewürm war uns eher wieder auf dem Nacken, als wir es erwartet. Waren gerade in dem Busch beschäftigt ein Stück von etwa zehn Morgen abzumessen und mit der Axt in Bekanntschaft zu bringen, als Jonas gesprungen kommt: Männer, hört ihr nichts? Die Rothäute!

Die Rothäute!, sagen wir; was, Teufel, wollen die, doch nicht unsere Skalpe? Wollen sie die, dann müssen sie zeitig aufstehen.

Nahmen aber sofort unsere Rifles zur Hand und stiegen den Kamm hinauf, auf welchem weiter zurück unsere Häuser standen, und hörten auch bald darauf die Bande, die aus einigen vierzehn oder fünfzehn Reitern bestand, alle mit lauten Huzzas und Hurras auf unsere Niederlassung zusprengend.

Nathan, jagt Asa, das sind keine Rothäute, es sind die v...ten Kreolen, die mit ihrem Schweif ankommen. Und scheinen mir ein wahres Gesindel zu sein, treiben es, als wenn sie betrunken wären.

Als sie noch etwa fünfzig Schritte von uns waren, trat Asa vor.

Sogleich war einer bei der Hand und schrie: Da ist er, der Pferdedieb, der Betrüger, der mich um meinen Braunen gebracht.

Asa gab keine Antwort auf eine solche grobe Rede, sondern schaute sie an und wartete, bis sie näher kommen würden.

Und sie kamen näher, und einer fragte von ihnen: Wer ist hier der Vorgesetzte?

Asa schüttelt den Kopf und erwidert: Hier ist kein Vorgesetzter, hier sind Mitbürger, und die sind alle gleich.

Sagt der Mann: Ihr habt diesem Gentleman, Monsieur Groupier, sein Pferd gestohlen, Ihr müßt es herausgeben.

Ist das alles?, sagt Asa.

Nicht alles, sagt der Mann. Dann müßt Ihr Euch ausweisen, wer Euch die Befugnis gegeben, hier auf diesem Land zu jagen.

Wahrscheinlich derselbe, der sie Euch gegeben hat, sagt Asa zu dem Mann, der sich recht patzig anstellte.

Und waren die Kreolen über diese Antwort schier verwundert, und schrien einige: Wir haben unser Jagdrecht und unsere Schenkungen von Seiner Exzellenz dem Gouverneur. Andere: Und wir von Seiner Majestät dem großen König von Frankreich und Navarra.

Und wir wollen nicht, schrien alle, daß Fremde uns hier beeinträchtigen in unserm Jagdrevier; die Bären werden immer seltener, und auch die Jaguare und Hirsche, die Büffel haben sich ganz weggezogen.

Dabei sprangen die Kreolen auf ihren Pferden herum, als wenn sie besessen wären.

Und Asa sagt: Je eher die Bären und Wölfe und Jaguare weggeschafft werden, desto besser für das Land, ist nicht für Bären und Wölfe, das Land, sondern für Menschen.

Und sagten die Kreolen: Wir hätten kein Recht, hier zu jagen, und sollten uns wegpacken.

Und fragte sie Asa, welche Autorität sie hätten, ihn wegzuweisen.

Darüber stutzten sie und murmelten untereinander, und Asa sah wohl, daß sie keine Autorität hätten, auch keine Magistratspersonen wären, sondern zusammengelaufene Nachbarn, die ohne Autorität kämen und uns ins Bockshorn zu jagen kalkulierten.

Ob wir eine Befugnis hätten, fragten sie wieder, uns hier niederzulassen und Wohngebäude aufzurichten und Felder zu bestellen.

Und sagt ihnen Asas sie sollten sich deshalb kein graues Haar wachsen lassen, er habe mit seinen Mitbürgern sich hier niedergelassen und werde auch dafür sorgen, daß die Befugnis nicht fehle.

Darauf sagten sie, wollten es dem Kommandanten von Natchitoches und dem Syndikus, und weiß der Himmel, wem, anzeigen, daß wir uns unberufen hier niedergelassen hätten, und wir möchten dann nur zuschauen.

Und sagte ihnen Asa: Sie möchten gehen und es seinethalben dem Teufel anzeigen, sollten es aber bald tun: denn so sie ihn toll machten, so wolle ihnen heimleuchten, daß sie ans Wiederkommen nicht mehr denken würden.

Er müsse sein Pferd haben, schrie der Kreole, dessen Name Groupier war.

Und sagt Aja: Er solle es haben, und beide, wenn er das Kaufgeld zurückgäbe, fünfunddreißig Dollar.

Es sei nicht so viel gewesen, bloß fünfzehn.

Da ruft Asa uns herüber, die wir etwa dreißig Schritte hinter den Kottonbäumen gehalten hatten, und wir schritten, die Rifles im Arm, auf die Rotte zu; wie sie uns schuß- und trutzfertig erblickten, waren sie ein wenig herabgestimmt, sahen es, schauten sich einander an und zogen sich zurück.

Asa aber sagte ganz gelassen: Gentlemen, Ihr seid nicht artig gekommen, sehe aber, Ihr habt Euch von diesem Manne da, der nicht besser ist, als er sein sollte, etwas auf die Nase binden lassen. Hier stehen fünf meiner Mitbürger, und fragt sie alle, ob nicht die Gäule regelrecht verkauft, das Geld, nämlich fünfunddreißig Dollar, zwanzig für den einen, fünfzehn für den andern, wie es sich gehört und gebührt, ausbezahlt, und alles in Ordnung geschehen ist.

Larifari, schrie der Kreole, Larifari. Und Ihr sollt uns hier nicht unsere Jagd verderben und sollt nicht hier Häuser bauen, Ihr habt kein Recht dazu, und ich will es Seiner Exzellenz dem Gouverneur und dem Kommandanten von Natchitoches, überall will ich's anzeigen.

Und wieder wurden die Kreolen, die vernünftig und ruhig werden zu wollen schienen, währenddem Asa sprach, so rappelköpfig, und schrien und gestikulierten und galoppierten vorwärts und rückwärts, und schwenkten ihre Jagdflinten so indianisch, und schrien so greulich: wir sollten uns aus dem Lande packen, sie könnten das Wild selbst jagen, und fort sollten mir, sogleich – oder ...

Jetzt wurden aber auch Asa und wir wild, und Asa schrie, sie sollten sich auf der Stelle fortscheren, seien keine Gentlemen, sondern Lumpenpack, das er mit der Peitsche sich vom Hals schaffen wolle, und sollten gehen und ihn nicht giftig machen, sonst würden sie es alle Tage ihres Lebens bereuen.

Indem er so zornig wurde, warf Asa seine Rifle schußfertig vor, und wir auch, und als die Kreolen das sahen, gaben sie ihren Pferden die Sporen und galoppierten davon. Als sie aber aus dem Bereich unserer Kugeln etwa fünfhundert Schritt waren, erhoben sie ein solches kauderwelsches Geschrei, fünfzigtausend Wildgänse am Redriver oder Mississippi sind Stumme dagegen, schossen auch mehrere ihre rostigen Gewehre auf uns ab.

Wir lachten herzlich über diese Maulhelden, aber Asa lachte nicht.

Sagte ich's nicht, sagt er, daß diese Kreolen uns eine Teufelei auf den Hals bringen würden?

Teufelei?, sag' ich; sollten sich schämen, in die Seele hinein, da herzukommen auf fremder Leute Land, und ihr Kauderwelsch auszuleeren, daß unsere Weiber selbst sich schämen müssen, und ruhige Bürger in ihrem eigenen Haus so zu traktieren, sollen wir das so einstecken?

Das wäre noch nicht das Schlimmste, sagt Asa, aber die schäbigen Kerle erzählen es weiter, und kommt es zu den Ohren eines ihrer Kommandanten oder des Gouverneurs, daß wir uns in ihrem Lande so mir nichts dir nichts zu Hause gemacht, und ehe wir einen Monat älter sind, kommt eine Kompanie oder zwei ihrer Musketiere angezogen, und dann ...?

Und wenn sie angezogen kommen, Asa, was dann?, sag' ich. Kommen sie angezogen, so kommen wir ihnen entgegengezogen, und hast du die Indianerschanze vergessen?

Habe nicht vergessen, sagt Asa, denke eben daran, ob wir uns da nicht ein Blockhaus bauen könnten, das auch aushielte.

Habe die Notion, sage ich, kalkuliere, daß wir uns da ein Blockhaus bauen können, das aushalten wird.

Das ist alles recht, sagt Asa, alles recht, aber ob wir auch das Recht dazu haben Nathan, das ist eine andere Frage, sagt er. Der Gedanke plagt mich, Tag und Nacht seit den drei Wochen, daß diese verfluchten Kreolen zuerst angerückt, Tag und Nacht, sag' ich dir. Und will nichts Unrechtes, Nathan, sagt er – will das Rechte, Mann, sagt er, das Rechte geht über alles.

Asa, sage ich, habe auch darüber nachgedacht und bin der Meinung, daß wir auf das Land so gerechten Anspruch haben, als kein Sheriff in den Staaten leugnen kann, und kein Franzose und Spanier, sie mögen herkommen, wo sie wollen.

Was sagst du da, Nathan?, sagt Asa.

Hast du nicht gehört, Asa, sag' ich, und weißt du nicht, sag' ich, daß der Vater Mississippi in unserem Lande entspringt? Und nimmt er dir nicht, der Mississippi, hier einen Brocken Landes von einem Schock Quadratmeilen, mit den Bäumen dazu, mir nichts, dir nichts weg, dort einen andern Brocken, und führt ihn fort, verschlingt ihn, oder wirft ihn von da etwa zwanzig oder hundert Meilen weiter unten aus.

Das tut er, sagt Asa, habe es selbst gesehen.

Asa, sag' ich: ist nicht das ganze Louisiana ein aus solchen Brocken und Fetzen zusammengesetztes Land? Sage mit das.

Das weiß ich nicht, kalkuliere, es mag so sein, weiß aber nicht, bin nicht ganz gewiß, sagt Asa.

Aber davon bist du doch gewiß, Asa, und hast es wohl öfter auch gehört und selbst gesehen, daß dieses Louisiana nichts ist als Mississippi-Bottom? – Purer Mississippiboden – Niederschlag des Flußschlammes vom Mississippi, und daß dieser Flußschlamm von unserm Land herabkommt?

Das weiß ich, sagt Asa.

Und daß aus diesem Flußschlamm Louisiana entstanden ist, aus unserm Schlamm, Mann, auf den die Franzosen und Spanier keinen Strohhalm Anspruch haben?

Das wäre?, sagt Asa.

Wohl, Mann! Und wenn der allmächtig trübe Mississippi oben unser Land wegführt, und wie der Bär die Sau verzehrt, und darüber dick und schmutzig geworden, und diesen Schlamm wieder ausgeworfen – so wie der Bär auswirft, was stinkt und schmutzig ist, wem gehört der Auswurf, Asa? Sage mir das, sage ich, wem anders als dem, dem der Bär gehört, und der Bär, gehört er nicht dem, in dessen Land er ist? Sage mir das, Asa, sag' ich, gehört der Bär, der Mississippi, nicht uns?

Das behaupte ich auch, sagt Asa, und wollte ihn sehen, der da anders sagte. Wollte ihm die fünf Knöchel in die Weichen drücken, daß ihm die Lust verginge.

Und wenn der Mississippi unser ist und unser Land verzehrt, gehört nicht sein Auswurf auch uns, und haben wir nicht das Recht auf diesen Auswurf?, sage ich; ein so gutes Recht und besseres Recht, als die Frenchers und Spanier haben?, sage ich.

Aber sie waren eher da, Nathan, die Frenchers und Spanier, eher da als wir, sagt er.

Und wir sind später da, Asa – später, sind zur elften Stunde gekommen, wollen den Frenchers und Spaniern nicht ihr Recht nehmen, kein Pferdehuf soll ihnen verlorengehen, aber wollen uns unser Recht auch nicht nehmen lassen und wollen dieses Recht behaupten, Asa, sage ich.

Aber sagt, Asa, wir sind unserer bloß sechs, und wie können wir es mit Hunderten aufnehmen?

Sechs, und wenn wir ein tüchtiges Blockhaus auf die Indianerschanze hinaufstellen, zählt das sechzig, und können es mit hundert solcher spanischer Musketiere aufnehmen, sage ich. Und haben jetzt eine so schöne Gelegenheit, uns ein Stück Landes zu erobern, sag' ich, und lassen wir uns vertreiben, so sollte man unsere Rifles zerbrechen und uns statt ihrer Welschkornbesen in die Hand geben.

Aber wenn nun so etwa hundert spanische Musketiere anrücken?, sagt Asa, und ich glaube, sie kommen.

Darum wollen wir das Blockhaus bauen, sagt Rachel, und uns da wehren um unser Eigentum, und sage dir, Asa, sagt sie, erfahren unsere Leute am Saltriver und am Kentucky und Cumberland, daß die Spanier gegen uns ziehen, werden sie die Hände gewiß nicht in den Schoß legen.

Und, sag' ich, wenn die Männer in den westlichen Territorien erfahren, was wir hier für schönes Land haben, und wie uns die Franzosen und Spanier die Sporen in die Weichen zu setzen gedenken und uns tyrannisieren, dafür, daß wir unser Recht verteidigen, werden sie nicht lange ausbleiben.

Ist aber weit, vom Redriver hinauf zum Saltriver und Kentucky und Cumberland, sagt Asa – gute fünfzehnhundert Meilen und darüber, und mögen leicht unsere Gebeine, ehe sie Wind erhalten, bleich genug sein, um ihnen zu Gabel- und Messerheften zu dienen. Ist mir nicht um mich zu tun, sagt er, habe den Kanonenschlünden oft genug in die feuersprühenden Rachen geschaut, und die englischen Musketiere oft genug knallen gehört, hab' aber Weib und Kind.

Sorge du nicht für Weib und Kind, sagt Rachel; sorge nicht für Weib und Kind, wo die Ehre auf dem Spiel steht, und das Recht – müßten uns ja in Ewigkeit schämen, wenn wir vor diesen Maulhelden abzögen. – Wenn es noch Indianer waren, haben aber keinen Tropfen Blutes von den Rothäuten, sind ja so feige, ärger als Neger. Sage dir, Asa, sagt sie, sage dir's im voraus, gehe nicht auf den schmutzig omnipotenten Mississippi zurück, will nichts mehr mit dem groben Gesellen zu tun haben, hab' ihn satt für alle Tage meines Lebens. Ist ein ungeschliffener Geselle. Willst du dich mit ihm abgeben, so magst du gehen, aber laß mir eine Rifle, und will mein Blockhaus verteidigen, und wenn mich die Spanier skalpieren, so werden die Leute am Saltriver doch sagen, die Rachel war eine echte Tochter vom Hiram Strong, und hat sich gewehrt.

Und dieses gab den Ausschlag, und war nun Asa überzeugt, daß er mit Fug und Recht sich gegen die Spanier wehren und behaupten könne, und machten wir sogleich Anstalten, uns zu behaupten. Auch kitzelte uns der Gedanke nicht wenig, die ersten zu sein, die das Panier der Hinterwäldler in Louisiana aufpflanzten, und was unsere Leute am Saltriver dazu sagen würden.

Nachdem der Alte uns so die Beweggründe, die ihn und die Seinigen bestimmten, der spanischen Regierung den Krieg zu erklären, eines breiteren erklärt, hielt er inne und schaute uns ungemein ernst an.

Wir schwiegen, denn – aufrichtig gesagt – wir hatten die Sprache verloren; und es gab Momente, während welcher wir eine Parodie zu hören glaubten. Hätte uns das ein Europäer gesagt, wir würden ihn unfehlbar für einen Tollhäusler genommen haben, und selbst hier hatten wir Mühe, unseren Ohren zu trauen.

Wir waren Europäer, soeben angekommen, hatten einen Thron stürzen, in seinem Sturz eine halbe Welt erschüttern, und zertrümmert diese halbe Welt noch in Zuckungen erhalten sehen – und hier standen wir gegenüber einem Hinterwäldler, der, auf sein halbes Recht gestützt, dem mächtigsten Reiche der Neuen Welt mit fünf seiner Gefährten den Krieg erklärt.

Der alte Squatter begann wieder:


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