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Vierzehntes Kapitel.

Verloren ist mein ganzer Ehrenschatz,
Für's Alter aufgespart zur Jugendzeit!
Schlang so der Quell der Ehre Strom zurück?
Ach wohl – der Knabenschwarm lauft baarfuß durch,
Und sammelt Kiesel in der trocknen Furth.

Don Sebastian.

Nach einem Sturme schmerzlicher Gefühle, wodurch er zuerst fast betäubt und überwältigt wurde, war es Sir Kenneths erster Gedanke, sich nach den Urhebern der Beschimpfung des englischen Banners umzusehen; aber in keiner Richtung konnte er ihre Spur gewahren. Sein zweiter Gedanke, der Manchen, aber sicherlich Keinen, der unter den Hunden einen trauten Freund gefunden, befremden kann, war, den Zustand seines treuen Roswal's zu untersuchen, der, wie es schien, in Erfüllung der Pflicht, von der sich sein Herr hatte weglocken lassen, tödtlich verwundet worden war. Er streichelte das sterbende Thier, das getreu bis an's Ende seine Qual in der Gegenwart seines Herren zu vergessen schien, und das fortfuhr, zu wedeln und die Hand seines Herrn zu lecken, während es durch ein tiefes Winseln zu erkennen gab, daß seine Todesqual vermehrt werde durch den Versuch, welchen Sir Kenneth machte, das Lanzenstück oder Wurfgeschoß, wodurch es verwundet worden war, aus dem Fleische herauszuziehen, und das seine schwachen Liebkosungen jetzt verdoppelte, als wenn es fürchtete, seinen Herrn beleidigt zu haben durch die Klage über Schmerzen, die seine Hand verursacht habe. Es war etwas in dem Ausdruck des treuen, sterbenden Hundes, was sich als ein herber Zusatz zu den bitteren und trostlosen Empfindungen gesellte, welche Sir Kenneth's Inneres beschwerten. Sein einziger Freund schien ihm entrissen zu werden, grade als er die Verachtung und die Feindschaft seiner ganzen Umgebung auf sich gezogen hatte. Des Ritters Festigkeit gab einem Ausbruch der Verzweiflung Raum, und er stöhnte und weinte laut.

Während er sich so seinem Schmerz überließ, sprach eine laute und ernste Stimme dicht bei ihm folgende Worte mit dem tönenden Nachdruck der Vorleser in der Moschee und in der lingua franca, die von Christen und Saracenen verstanden ward:

»Unglück gleicht dem Anfang und Ende der Regenzeit, – kalt, beunruhigend, unfreundlich für Mensch und Thier; doch verdanken dieser Jahreszeit ihren Ursprung die Blume und die Frucht, die Dattel, die Rose und der Granatapfel.«

Sir Kenneth vom Leoparden kehrte sich gegen den Sprecher, und erkannte den arabischen Arzt, welcher sich unbemerkt genaht und sich ein wenig hinter ihm mit kreuzweis gelegten Beinen niedergesetzt hatte, und nun feierlich, obwohl nicht ohne einen Ausdruck von Theilnahme die Trostsprüche hersagte, womit ihn der Koran und die Ausleger desselben versahen: denn im Morgenlande glaubt man, daß Weisheit nicht sowohl in der Thätigkeit des eigenen Erfindungsvermögens, als vielmehr in dem glücklichen Gedächtniß und in der glücklichen Anwendung und Anspielung auf das »was geschrieben ist« bestehe.

Beschämt, auf einer fast weibischen Schmerzensergießung betroffen worden zu sein, wischte Sir Kenneth unwillig seine Thränen weg, und beschäftigte sich von Neuem mit seinem sterbenden Liebling.

»Der Dichter hat gesagt,« fuhr der Araber fort, ohne des Ritters abgewandtes Gesicht und mürrisches Verhalten zu berücksichtigen, »der Ochse für das Feld und das Kameel für die Wüste. Wäre nicht die Hand des Arztes geeigneter als die des Kriegers, Wunden zu heilen, obwohl sie weniger geschickt ist, Wunden zu schlagen?«

»Dieser Kranke, Hakim, ist über deine Hülfe hinaus,« sagte Sir Kenneth; »und, davon abgesehen, er ist nach deinem Gesetz ein unreines Geschöpf.«

»Wo Allah gewürdigt hat, Leben zu verleihen und Gefühl für Schmerz und Lust,« sagte der Arzt, »da wäre es Vermessenheit, weigerte sich der Weise, den er erleuchtet hat, ein Leben zu erhalten oder einen Todeskampf zu lindern. Für den Weisen ist die Heilung eines elenden Knechtes, eines armen Hundes und eines fürstlichen Eroberers von derselben Wichtigkeit. Laß mich das verwundete Thier untersuchen.«

Sir Kenneth gehorchte ihm schweigend, und der Arzt untersuchte und behandelte Roswal's Wunde mit so viel Aufmerksamkeit und Sorgfalt, als wäre es die eines Menschen. Er brachte ein Instrumentenkästchen hervor, und durch richtige und geschickte Anwendung von Zangen zog er die Waffe aus der verwundeten Brust, und hielt durch blutstillende Mittel und Verband den Blutverlust auf, der sich einstellte, während der Hund mit Geduld ihn alle diese Liebesdienste verrichten ließ, als wenn er seine wohlthätigen Absichten verstanden hätte.

»Das Thier kann geheilt werden,« sagte el Hakim, sich an Sir Kenneth wendend, »wenn Ihr mir erlauben wollt, ihn nach meinem Zelt zu führen, und ihn mit der Sorgfalt zu behandeln, die seine edle Art verdient. Denn wisse, daß dein Diener Adonbec sich nicht weniger auf die Arten und Familien und auf die Kennzeichen guter Hunde und edler Rosse versteht, als auf die Krankheiten, welche das menschliche Geschlecht befallen.«

»Nehmt ihn mit Euch,« sagte der Ritter. »Ich überlasse ihn Euch, wenn er geheilt ist. Ich bin dir eine Belohnung schuldig für die Behandlung meines Knappen, und ich habe nichts Anderes, um sie abzutragen. Was mich betrifft, ich werde nie wieder das Jagdhorn blasen oder den Hund hetzen!«

Der Araber erwiderte nichts, aber durch einen Schlag in die Hände gab er ein Zeichen, das augenblicklich durch das Erscheinen zweier schwarzen Sclaven beantwortet wurde. Er gab ihnen seine Befehle auf Arabisch, erhielt die Antwort, daß »Hören gehorchen sei;« die Sclaven nahmen das Thier auf ihre Arme, und trugen es ohne Widerstand davon; denn obgleich die Augen desselben nach seinem Herrn sahen, so war es doch zum Widerstand zu schwach.

»Leb' wohl denn, Roswal,« sagte Sir Kenneth, – »leb' wohl, mein letzter und einziger Freund – du bist viel zu edel, um von einem besessen zu werden, wie ich mich in Zukunft selber heißen muß. Ich wollte,« sagte er, als die Sclaven weggingen, »ich könnte mit dem edlen Thiere tauschen, sterbend wie es ist!«

»Es ist geschrieben,« antwortete der Araber, obwohl der Ausruf nicht an ihn gerichtet worden war, »daß alle Geschöpfe zum Dienste des Menschen gemacht worden sind; und der Herr der Erde spricht thöricht, wenn er in seiner Ungeduld seine Hoffnungen hier und dort gegen die Dienstbarkeit eines geringeren Wesens vertauschen möchte.«

»Ein Hund, der in Erfüllung seiner Pflicht stirbt,« sagte der Ritter ernst, »ist besser als ein Mensch, der die Vernachlässigung der seinigen überlebt. Laß mich, Hakim; du besitzest diesseits der Gränze der Wunder die wunderbarste Kenntniß, die je ein Mensch besessen hat, aber die Wunder der Seele stehen nicht in deiner Macht.«

»Doch – wenn der Kranke sein Uebel offenbaren und dem Arzt folgen will,« sagte Adonbec el Hakim.

»Wisse denn,« sagte Sir Kenneth, »weil du so neugierig bist, daß in dieser Nacht das englische Banner auf diesem Damme wehte, daß ich zu seinem Wächter bestellt war – jetzt bricht der Morgen an – hier liegt die zerbrochene Stange – die Fahne selbst ist fort – hier bin ich und lebe noch!«

»Was!« sagte el Hakim, ihn prüfend anschauend; »deine Rüstung ist unversehrt, kein Blut an deinen Waffen, und das Gerücht hält dich für keinen solchen, der so aus dem Kampfe kehrt. Du bist von deinem Posten verlockt worden – ja, verlockt von den rosigen Wangen und schwarzen Augen einer jener Houris, denen ihr Nazarener eher eine Ergebung zeiget, wie sie nur Allah zukommt, als eine Liebe, wie man sie irdischen Geschöpfen bezeigen mag. Gewiß so war es: denn immer ist der Mann so gefallen seit den Tagen von Sultan Adam.«

»Und wenn es so wäre,« sagte Sir Kenneth finster, »welches Mittel hast du, Arzt?«

»Kenntniß ist die Mutter der Macht,« sagte el Hakim, »wie Muth die Stärke vergrößert. – Höre mich an. Der Mensch ist nicht wie ein Baum, an einen Fleck der Erde gebunden, noch ist er geschaffen, um an dem Felsen zu kleben, wie das kaum belebte Schalthier. Deine eigenen christlichen Schriften befehlen dir, wenn du in einer Stadt verfolgt bist, in eine andere zu fliehen; und wir Muselmänner wissen, daß Mahommed, der Prophet Gottes, als er aus der heiligen Stadt Mecca vertrieben worden war, Zuflucht und Hülfe in Medina fand.«

»Und welchen Bezug hat dies auf mich?« sagte der Schotte.

»Einen großen,« antwortete der Arzt. »Selbst der Weise flieht den Sturm, den er nicht meistern kann. Darum eile dich, und fliehe vor der Rache Richards zu dem Schatten von Saladins siegreichem Banner.«

»Ich könnte freilich meine Entehrung,« sagte Sir Kenneth verächtlich, »am besten in einem Lager von Ungläubigen verbergen, wo selbst der Name Ehre nicht bekannt ist. Aber wäre es nicht besser für mich, wenn ich mich ihnen noch mehr anschlösse? Geht nicht dein Rath so weit, mir den Turban zu empfehlen? – Fürwahr Abfall vom Glauben fehlt noch, um meine Verruchtheit zu vollenden.«

»Lästere nicht, Nazarener,« sagte der Arzt mit Ernst; »Saladin bekehrt Niemand zum Gesetz des Propheten, ausgenommen die, welche das Gesetz selbst überzeugt. Oeffne dein Auge dem Lichte, und der große Sultan, dessen Huld gränzenlos ist wie seine Macht, schenkt dir vielleicht ein Königreich; bleibe in der Blindheit, wenn du willst, und sei einer derjenigen, deren künftiges Leben zum Elend verdammt ist, Saladin wird dich dennoch für diese Spanne Zeit reich und glücklich machen. Aber fürchte nicht, daß man den Turban um deine Stirne binden wird, wenn es nicht dein eigener Wunsch ist.«

»Mein Wunsch wäre eher,« sagte der Ritter, »daß mein Gesicht unter Zuckungen schwarz werden möge, wie es wahrscheinlich heute Abend der Fall sein wird.«

»Indeß du bist nicht klug, Nazarener,« sagte el Hakim, »mein schönes Anerbieten zu verwerfen: denn ich habe Einfluß auf Saladin, und kann dich in seiner Gnade hoch erheben. Sieh', mein Sohn – dieser Kreuzzug, wie ihr euer närrisches Unternehmen nennt, gleicht einem großen Dromedarschiff Die größte Art der damals bekannten Schiffe wurden Dromedare genannt., das in den Wogen zerschellt. Du selbst hast Friedensvorschläge von den Königen und Fürsten, deren Macht hier versammelt ist, dem mächtigen Sultan überbracht, und du kennst vielleicht nicht den Inhalt deines eigenen Auftrags.«

»Ich kenne ihn nicht, und ich frage nichts darnach,« sagte der Ritter unwillig; »was hilft es mir, neulich der Gesandte von Fürsten gewesen zu sein, wenn ich vor Anbruch der Nacht ein gehenkter und beschimpfter Leichnam sein werde!«

»Nein, ich spreche zu dir, damit es nicht also sei,« sagte der Arzt. »Saladin wird von allen Seiten angesprochen; die Fürsten des gegen ihn gebildeten Bundes haben gemeinschaftlich solche Vorschläge zu Vertrag und Frieden gemacht, daß sie unter anderen Umständen mit Ehren hätten zugestanden werden können. Einige haben für ihre eigene Person und Sache gehandelt, und sich erboten, ihre Streitkräfte aus dem Lager des Königs von Frangistan zurückzuziehen, und sogar ihre Waffen zur Vertheidigung der Fahne des Propheten zu leihen. Aber Saladin will keinen so verrätherischen und selbstsüchtigen Abfall benutzen. Der König der Könige will nur mit dem Löwenkönig unterhandeln. Saladin will nur mit dem Melech Ric Vertrag halten, und mit ihm will er als Fürst unterhandeln oder als Krieger kämpfen. Er will aus freier Großmuth Richard solche Bedingungen zugestehen, als die Schwerter vom ganzen Europa nie durch Gewalt oder Schrecken von ihm würden erzwungen haben. Er will die Wallfahrt nach Jerusalem und nach allen Orten, welche die Nazarener verehren wollen, frei lassen; ja, er will sein Reich so weit mit seinem Bruder Richard theilen, daß er christliche Besatzung dulden will in den sechs größten Städten von Palästina und in Jerusalem selbst, und daß diese Besatzungen unter dem unmittelbaren Befehl der Offiziere Richards stehen sollen, der, so will es Saladin, den Namen Schutzkönig von Jerusalem führen soll. Weiter, wie seltsam und unglaublich es auch scheinen mag, wisset, Herr Ritter, – denn Eurer Ehre kann ich schon dies fast unglaubliche Geheimniß anvertrauen – daß Saladin ein heiliges Siegel dem Bunde zwischen den tapfersten und edelsten Königen von Frangistan und Asien aufdrücken will dadurch, daß er ein christliches Fräulein, eine Blutsverwandte von König Richard und unter dem Namen Lady Edith von Plantagenet bekannt, zum Rang seiner königlichen Gemahlin erhebt Dieser Vorschlag scheint so seltsam und unwahrscheinlich, daß es nöthig ist zu bemerken, daß er wirklich gemacht worden ist. Die Geschichtschreiber haben jedoch als Braut die verwittwete Königin von Neapel und Saladin's Bruder als Bräutigam angegeben. Die Existenz der Edith von Plantagenet scheint ihnen unbekannt gewesen zu sein. S. Mill's history of the Crusades, Vol. II. p. 61.

»Ha! – was sagst du?« schrie Sir Kenneth, der, nachdem er der ganzen Rede el Hakim's mit Kälte und Gleichgültigkeit zugehört hatte, durch die letzte Mittheilung betroffen war, grade wie ein unerwartet bewegter Nerv eine schmerzliche Empfindung erweckt trotz Starrheit und Lähmung. Hierauf vermittelst großer Anstrengung seine Stimme mäßigend, unterdrückte er seine Aufwallung, und, indem er dieselbe hinter dem Anschein von Zweifel und Verachtung verbarg, setzte er das Gespräch fort in der Absicht, so viel als möglich von dem Complott – ein solches schien es ihm – zu erfahren, das gegen die Ehre und das Glück derjenigen gemacht worden war, die er liebte, ungeachtet seine Leidenschaft auf einmal sein Glück und seine Ehre zu Grunde gerichtet hatte. – »Und welcher Christ,« sagte er mit ziemlicher Gelassenheit, »möchte eine so unnatürliche Verbindung gut heißen, wie die eines christlichen Fräuleins mit einem ungläubigen Saracenen?«

»Du bist nur ein unwissender, blindeifernder Nazarener,« sagte der Hakim. »Siehst du nicht, daß mahommedanische Fürsten sich mit edlen nazarenischen Jungfrauen in Spanien täglich verheirathen, ohne daß Mauren oder Christen daran Anstoß nehmen? Und der edle Sultan will in seinem großen Vertrauen zu dem Blute Richards dem englischen Fräulein alle die Freiheit erlauben, die eure fränkischen Sitten den Frauen gewähren. Er will ihr die freie Uebung ihrer Religion verstatten, da es, beim Lichte betrachtet, einerlei ist, zu welchem Glauben sich die Weiber bekennen, und er will ihr solchen Platz und Rang über alle Frauen seines Zenana anweisen, daß sie in jeder Hinsicht seine einzige und anerkannte Königin sein soll.«

»Was!« sagte Sir Kenneth, »wagst du zu glauben, Muselmann, daß Richard seine Verwandte, eine hochgeborne und tugendhafte Prinzessin, dazu hergeben werde, um im besten Fall die erste Beischläferin im Harem eines Ungläubigen zu sein! Wisse, Hakim, der geringste christliche Edelmann würde für sein Kind eine so glänzende Schande verschmähen.«

»Du irrst,« sagte der Hakim; »Philipp von Frankreich und Heinrich von Champagne und andere von Richards vornehmsten Verbündeten haben den Vorschlag ohne Befremden gehört und das Versprechen gegeben, so weit es in ihren Kräften stünde, eine Verbindung zu befördern, welche diesen verheerenden Kriegen ein Ziel setzen möge; und der weise Fürstpriester von Tyrus hat es übernommen, Richard dies Vorhaben zu eröffnen, indem er nicht zweifelt, daß es ihm gelingen soll, die Sache zu gutem Ende zu bringen. Des Sultans Weisheit hat bis jetzt sein Vorhaben vor den anderen wie dem von Montserrat und dem Meister der Templer verborgen: denn diese suchen, wie der Sultan weiß, durch Richard's Tod oder Unglück, nicht durch sein Leben und seinen Ruhm ihren Gewinn. – Darum auf, Herr Ritter, zu Pferd! Ich will dir ein Pergament geben, was dir beim Sultan von großem Nutzen sein soll, und wähne nicht, daß du dein Land, oder deine Sache und deinen Glauben verlässest, da ja bald ein inniges Band die beiden Könige vereinigen wird. Dein Rath wird Saladin sehr willkommen sein, da du ihn auf Vieles aufmerksam machen kannst, was die Heirathen der Christen, die Behandlung ihrer Weiber und andere Gesetze und Gebräuche betrifft, die ihm im Verlauf dieser Unterhandlung zu wissen nöthig sind. Die rechte Hand des Sultans hält die Schätze des Ostens, und sie ist eine Quelle der Freigebigkeit. Oder solltest du es wünschen, so kann Saladin, ist er erst mit England verbunden, keine große Schwierigkeit finden, nicht allein Verzeihung und neue Gunst für dich von Richard zu erhalten, sondern auch eine Befehlshaberstelle bei den Kriegern, die von dem Heer des Königs von England zurückbleiben, um die gemeinschaftliche Regierung in Palästina zu unterstützen. Auf denn und reite – ein ebener Weg liegt vor dir.«

»Hakim,« sagte der schottische Ritter, »du bist ein Mann des Friedens, du hast das Leben Richards von England gerettet, und außerdem das meines einzigen, armen Knappen Strauchan. Darum habe ich bis zum Ende angehört in einer Sache, die, wäre sie mir von einem anderen Muselmann vorgeschlagen worden, ich mit einem Dolchstoß schnell beendigt haben würde. Hakim, zu Erwiederung deines Wohlwollens rathe ich dir, darauf zu sehen, daß der Saracen, der Richard den Vorschlag thut zu einer Vereinigung des Bluts der Plantagenets und des verfluchten Volkes, einen Helm aufsetze, der den Hieb einer Streitart, welcher das Thor von Acre zerschmettert hat, auszuhalten vermag; denn sonst, sei versichert, wird ihm selbst deine Geschicklichkeit nichts mehr helfen.«

»Du bestehst also eigensinnig darauf, nicht zu dem saracenischen Heer zu fliehen?« sagte der Arzt. »Indeß bedenke, du gehst gewissem Tod entgegen, und deine Gesetzesschriften so gut wie unsre verbieten es dem Menschen, gegen die Hütte des eigenen Lebens anzustürmen.«

»Gott behüte!« versetzte der Schotte und machte ein Kreuz; »aber es ist uns auch verboten, uns der Strafe zu entziehen, die unsre Verbrechen verdient haben. Und da du so schlecht von der Treue denkst, Hakim, so verdrießt es mich, dir meinen guten Hund geschenkt zu haben: denn bleibt er am Leben, so wird er einen Herren haben, der seinen Werth nicht kennt.«

»Ein Geschenk, das man bereut, ist so zurückgefordert,« sagte el Hakim, »aber wir Aerzte sind verpflichtet, keinen Kranken zu entlassen, ehe er geheilt ist. Wenn der Hund geneset, soll er wieder dein sein.«

»Laß das, Hakim,« antwortete Sir Kenneth; »man spricht nicht mehr von Falken und Hunden, wenn nur noch ein einziger Tag uns von dem Tode scheidet. Laß mich jetzt meiner Sünden gedenken und mich mit dem Himmel versöhnen.«

»Ich überlasse dich deinem Eigensinn,« sagte der Arzt; »der Nebel verbirgt den Abgrund vor denen, die bestimmt sind, hineinzufallen.«

Er zog sich langsam zurück, und drehte sich von Zeit zu Zeit um, als wollte er sehen, ob ihn der eigensinnige Ritter nicht durch Worte oder Zeichen zurückrufe. Endlich verschwand seine Gestalt in dem Labyrinth der weitverbreiteten Zelte, die, nachdem das Mondlicht erblichen, nun im blassen Lichte des Morgens schimmerten.

Obschon die Worte des Arztes Adonbec auf Kenneth nicht den Eindruck gemacht hatten, den der Weise beabsichtigte, so hatten sie ihm doch Ursache gegeben, die Erhaltung seines Lebens zu wünschen, von dem er sich, da er sich für entehrt ansah, zu trennen gesonnen gewesen war wie von einem beschmutzten Kleid, das man mit Anstand nicht mehr tragen kann. Vieles, was zwischen ihm und dem Einsiedler vorgefallen war, Anderes, was er zwischen dem Einsiedler und Sheerkohf (oder Ilderim) vorgehen gesehen hatte, kam ihm nun in's Gedächtniß, und bestätigte ihm als wahr, was der Hakim von dem geheimen Artikel des Vertrags gesagt hatte.

»Der heilige Betrüger!« rief er aus; »der graue Heuchler! Er sprach von dem ungläubigen Ehemann, bekehrt durch das gläubige Weib – und weiß ich es, ob nicht der Verräther den von Gott verdammten Saracenen die Schönheit der Edith Plantagenet zeigte, damit der Hund urtheilen möge, ob die fürstliche Christendame würdig sei, in den Harem eines Ungläubigen aufgenommen zu werden? Hätte ich jenen ungläubigen Ilderim, oder wie er heißen mag, wieder zwischen den Fingern, womit ich ihn einmal festhielt, wie kein Hund einen Hasen, wenigstens sollte er nicht zum zweitenmal in Aufträgen kommen, welche die Ehre christlicher Könige und tugendhafter Edelfräuleins antasten. Doch was kann ich! meine Stunden sind zu Minuten zusammengeschrumpft, indeß weil ich noch lebe und athme, muß etwas geschehen und ohne Verzug.«

Er wartete ein paar Minuten, legte seinen Helm ab, schritt dann den Hügel hinunter, und nahm den Weg zu König Richards Gezelt.

 


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