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Vorwort

Das vorliegende Werk vollendet eine Reihe erdichteter Erzählungen, welche die Sitten Schottlands in drei verschiedenen Perioden schildern sollten. Waverley umfaßt das Zeitalter unserer Väter, Guy Mannering das unserer eigenen Jugend, und der Alterthümler gehört dem letzten Jahrzehent des achtzehnten Jahrhunderts an. Ich habe, vorzüglich zu den beiden letzten Erzählungen, meine Hauptpersonen in derjenigen Klasse der Gesellschaft gesucht, welche den Einfluß der allgemeinen Politur, wodurch die Sitten verschiedener Völker einander ähnlich werden, am letzten fühlt. In dieselbe Klasse verlegte ich einige der Scenen, in denen ich bemüht war, die Wirkung der höhern und mächtigern Leidenschaften zu schildern; theils deßhalb, weil die niedern Stände minder von der Gewohnheit, ihre Gefühle zu unterdrücken, beherrscht sind, theils weil ich meinem Freunde Wordsworth darin beistimme, daß sie selten ermangeln, diese Gefühle in der stärksten und mächtigsten Sprache auszudrücken. Dies ist, wie ich glaube, besonders mit den Landleuten meiner eigenen Heimat der Fall, einer Volksklasse, mit welcher ich lange in vertraulichem Umgange lebte. Die alte Kraft und Einfachheit ihrer Sprache, welche oft etwas von der orientalischen Beredtsamkeit der Bibel hat, wenigstens im Munde der Gebildetern von ihnen, gibt ihrem Schmerz etwas Pathetisches, und ihrem Zorne Würde.

Ich ließ es mir angelegener sein, die Sitten genau zu schildern, als eine kunstreiche, verwickelte Erzählung zu schaffen, und habe nur zu bedauern, daß ich mich unfähig fühlte, beide Erfordernisse eines guten Romans zu vereinigen.

Die Schurkerei des Adepten in den folgenden Blättern könnte gezwungen und unwahrscheinlich erscheinen; wir haben aber aus ziemlich neuer Zeit Beispiele von der Gewalt abergläubischer Verblendung, die noch viel weiter gehen, und der Leser mag die Versicherung nehmen, daß dieser Theil der Erzählung auf eine wirkliche Thatsache gegründet ist.

Ich habe nun nur noch dem Publikum meinen Dank für die ausgezeichnete Aufnahme auszusprechen, welche es den Werken gewährte, die wenig mehr als Wahrheit des Colorits zu ihrer Empfehlung haben, – und hochachtungsvoll meinen Abschied als ein Mann zu nehmen, der wahrscheinlich nicht so bald wieder um die öffentliche Gunst werben wird.

*

Zu obigem Vorwort, welches der ersten Ausgabe des Alterthümlers beigefügt war, muß ich noch einige wenige Worte, die ich aus der Einleitung zu den Chronicles of the Canongate nehme und welche Jonathan Oldbucks Charakter betreffen, hinzusetzen.

»Ich kann hier überhaupt erklären, daß ich, wiewohl ich historische Persönlichkeiten für freie Gegenstände der Schilderung hielt, doch bei keiner Gelegenheit die schuldige Achtung gegen Privatpersonen verletzt habe. Allerdings war es unmöglich, daß Charakterzüge, welche Personen, sowohl noch lebenden, als verstorbenen, mit denen ich Umgang gehabt, eigenthümlich waren, – daß diese nicht von mir in Werken wie Waverley und den folgenden hätten geschildert werden sollen. Aber stets war ich bemüht, die Portraits allgemein darzustellen, so daß sie im Ganzen immer Erzeugnisse der Phantasie schienen, obwohl sie Aehnlichkeit mit wirklichen Individuen besaßen. Doch muß ich gestehn, daß in der letztgenannten besondern Hinsicht meine Versuche nicht durchaus glücklich ausfielen. Es gibt Männer, deren Charakter so stark ausgeprägt ist, daß die Schilderung eines einzigen Hauptzuges alsbald die ganze Person in ihrer Individualität vor euch hinstellt. So gründet sich der Charakter des Jonathan Oldbuck im Alterthümler zum Theil auf einen meiner alten Jugendfreunde, dem ich meine erste Bekanntschaft mit Shakspeare und manch' andern unschätzbaren Vortheil verdanke; ich glaubte aber die Aehnlichkeit so vollkommen verhüllt zu haben, daß er von keiner jetzt lebenden Person wieder erkannt werden könne. Darin hatt' ich mich indeß getäuscht und wirklich dasjenige gefährdet, was ich als Geheimniß betrachtet wissen wollte; denn später hörte ich, daß ein sehr achtbarer Mann, einer der wenigen überlebenden Freunde meines Vaters und überdies ein scharfsinniger Kritiker, beim Erscheinen des Werkes geäußert habe: er wisse nun bestimmt, wer der Verfasser sei, da er im Alterthümler Züge vom Charakter eines vertrauten Freundes meines Vaters wiedererkenne.«

Ferner muß ich den Leser noch bitten, nicht zu vermuthen, daß mein verstorbener geschätzter Freund dem Mr. Oldbuck hinsichtlich seiner Herkunft oder in der Geschichte, worin sich die ideale Person bewegt, geglichen habe. Es ist kein einziger Umstand in dem Romane, den ich seinen wirklichen Verhältnissen entlehnt hätte, mit Ausnahme des Umstandes, daß er in einem alten Hause in der Nähe eines blühenden Seehafens wohnte, und daß der Verfasser Zeuge eines Auftrittes zwischen ihm und der Besitzerin einer Miethkutsche war, welcher mit derselben Scene im Alterthümler sehr viel Aehnlichkeit hatte. Ein treffliches Temperament, mit einem geringen Anflug von launischem Eigensinn; Gelehrsamkeit, Witz und Lust am Spaßhaften, alles um so hervorstechender, da es durch die Eigenthümlichkeiten eines alten Junggesellen noch ein wenig gehoben wurde; Gründlichkeit des Gedankens, oft durch Zierlichkeit des Ausdrucks noch mehr verstärkt: – dies wären, so viel dem Verfasser bewußt ist, die einzigen Eigenschaften, in denen die Person seiner Phantasie seinem wohlwollenden und trefflichen alten Freunde ähnlich ist.

Die hervorstechende Rolle, welche der Bettler in der folgenden Erzählung spielt, veranlaßt den Verfasser, noch einige Bemerkungen über diesen Charakter, wie er früher in Schottland existirte, obwohl er jetzt gänzlich verschwunden sein dürfte, vorauszuschicken.

Viele der alten schottischen Bettler waren keinesweges mit der niedrigen Menschenklasse zu verwechseln, welche jetzt jenes unstete Gewerbe treibt. Diejenigen von ihnen, die gewohnt waren, nur einen gewissen Distrikt zu bereisen, waren meist willkommen in des Pächters Behausung und in der Küche der Landwirthinnen. Martin, Verfasser der Reliquiae Divi Sancti Andreae, geschrieben 1683, gibt folgende Nachricht von einer Gattung dieser Menschenklasse im siebzehnten Jahrhundert, und zwar in Ausdrücken, die einen Alterthumsfreund, wie Mr. Oldbuck, das Verschwinden derselben bedauern lassen würden. Er glaubt, daß sie von den alten Barden abstammen, und fährt dann so fort: – »Sie heißen bei Andern, wie unter sich selbst, Jockies, Leute, die betteln gehn; sie sind noch mit den Kriegswahlsprüchen der meisten alten schottischen Familiennamen bekannt und pflegen sie zu recitiren. Mit einigen von ihnen bin ich umgegangen und fand Leute von Verstand und gutem Betragen unter denselben. Einer erzählte mir, es gäbe ihrer jetzt nicht über zwölf auf der ganzen Insel; aber er erinnerte sich noch der Zeit, wo sie im Ueberfluß vorhanden waren.«

Das Geschlecht der Jockies (nach obiger Beschreibung) ist vermutlich längst in Schottland ausgestorben; aber der erwähnte alte Bettler mußte, selbst noch zu meiner Zeit, gleich dem Baccoch oder wandernden Krüppel Irlands, seinen Unterhalt durch etwas mehr, als eine Schilderung seiner Trübsale verdienen. Er war oft ein schwatzhafter, witziger Kerl, zu beißenden Antworten bereit, und ließ sich durch keine Rücksicht abhalten, seine Fähigkeiten auf diese Weise zu erproben, denn sein geflickter Rock gab ihm das Vorrecht der ehemaligen Hofnarren. Ein gesprächiger, unterhaltender Mann mußte derjenige notwendig sein, der als solcher »armer Teufel« beliebt werden wollte. Burns, der sich an der Unterhaltung ergötzte, die der Verkehr mit solchen Leuten gewährte, scheint mit schwermüthiger Standhaftigkeit dem möglichen Fall entgegen gesehn zu haben, wo er einst selbst ein Mitglied dieser wandernden Gesellschaft werden könnte. In seinen poetischen Werken wird oft darauf angespielt, vielleicht um anzudeuten, daß er dieses Ende nicht für ganz unmöglich halte. So sagt er in der schönen Widmung seiner Werke an Gavin Hamilton: –

»Und wenn mir nichts mehr übrig bleibt,
Dann, Dank dem Himmel, kann ich betteln.«

In seiner Epistel an Davie, auch einen Poeten, erklärte er, es sei am Ende ihrer Laufbahn –

»Das Letzte dabei, das Schlimmste
Doch eben nichts als betteln.«

Und nachdem er bemerkt hat, es wäre

»Zu ruhn in Scheun' und Stall die Nacht,
Wann schwach die Knochen, dünn das Blut,
Gewißlich sehr betrübt;«

zählt der Sänger mit ächt poetischem Feuer den freien Genuß der Naturschönheiten auf, welche selbst der Härte und Unsicherheit eines Bettlerlebens die Wage halten könnten. In einem seiner prosaischen Briefe bespricht er diesen Gedanken noch ernstlicher und verweilt bei dem Gegenstande, als nicht übel zu seinen Gewohnheiten und Talenten passend.

Da das Leben eines schottischen Bettlers im achtzehnten Jahrhundert von Robert Burns ohne Widerwillen betrachtet worden zu sein scheint, so kann der Verfasser schwerlich einen Fehler begangen haben, wenn er dem Edie Ochiltree etwas von poetischem Charakter und persönlicher Würde gab, wodurch sein elendes Gewerbe einigermaßen veredelt wird. Diese Menschenklasse hatte allerdings einige Vorrechte. Ein Nachtquartier ward ihnen gern in einem der Wirthschaftsgebäude gewährt und das gewöhnliche Almosen, eine Handvoll Mehl, wurde kaum vom ärmsten Hüttenbewohner versagt. Der Bettler legte dies, je nach seiner verschiedenen Qualität, in mehreren Säcken, die er trug, nieder, und führte so das Hauptmittel seines Unterhalts mit sich herum. In den Wohnungen der Landedelleute wurde diese Gabe noch durch einige Fleischschnitten, oder durch ein Paar Pfennige erhöht, welche auf Schnupftabak oder Branntwein verwendet wurden. In der That, diese sorglosen Peripatetiker erduldeten weit weniger Mühsal und Hunger, als die armen Bauern, von denen sie Almosen empfingen.

Wenn, abgesehn von seinen persönlichen vortheilhaften Eigenschaften, der Bettler zufällig auch ein Bettelmann des Königs, oder ein Blaurock war, so gehörte er, Kraft dessen, zur Aristokratie seines Standes und galt für eine sehr wichtige Person.

Diese Bettelleute sind eine Klasse von Armen, denen die Könige von Schottland, gemäß den Vorschriften der katholischen Kirche, ein gewisses Almosen zu geben pflegten, wofür man von ihnen wiederum erwartete, daß sie für des Königs und des Staates Wohlfahrt beteten. Diese Menschenklasse besteht noch. Ihre Zahl ist der Zahl der Jahre gleich, die Seine Majestät gelebt hat; und so oft der Geburtstag des Königs wiederkehrt, wird auch wieder ein neuer Blaurock auf die Liste gesetzt. Zu gleicher Zeit erhält auch jeder solche Bettelmann ein neues Kleid, einen Kittel von grobem Tuche, dessen Farbe hellblau, nebst einem zinnernen Zeichen, welches ihnen das unbeschränkte Privilegium gibt, durch ganz Schottland um Almosen zu bitten, indem alle Gesetze gegen liederliches Umhertreiben, Aufliegen und alle andern Arten von Bettelei zu Gunsten dieser bevorrechteten Klasse aufgehoben sind. Mit seinem Rock erhält jeder zugleich einen ledernen Beutel, welcher so viel schottische Schilling enthält, als der König Jahre zählt. So empfängt sehr wahrscheinlich ihr Eifer, mit dem sie für des Königs langes Leben bitten, den größten Impuls von ihrem eigenen und immer steigenden Interesse am Gegenstande ihrer Gebete. Bei der nämlichen Gelegenheit hält einer der königlichen Kapläne eine Predigt vor den Bettelmännern, die (wie sich einer der würdigen Herren selbst ausdrückte,) die ungeduldigste und unaufmerksamste Zuhörerschaft in der Welt sind. Dies mag zum Theil auf Seiten der Bettelleute in dem Bewußtsein seinen Grund haben, daß sie bezahlt sind, um selber zu beten, nicht aber, um auf die Gebete Anderer zu hören. Oder noch wahrscheinlicher liegt der Grund in der zwar natürlichen, wenn auch nicht anständigen Ungeduld, womit sie den Schluß der Ceremonie am königlichen Geburtstag erwarten, welcher, so weit sie dabei betheiligt sind, mit einem fröhlichen Frühstück bei Brod und Bier endet; der ganze moralische und religiöse Akt schließt mit dem Rathe, den Johnson's »Alter Einsiedler« seinen Proselyten gibt:

»Komm', mein Sohn, und trink' ein Gläschen.«

Von den wohlthätigen Gaben, welche diesen bejahrten Bettelleuten an Geld und Kleidung gespendet worden, findet sich noch so manches in den Rechnungen der Schatzmeister aufgezeichnet. Folgender Auszug, den mir Mr. Mac-Donald freundlich mittheilte, kann diejenigen interessiren, deren Geschmack mit jenem des Jonathan Oldbuck von Monkbarns verwandt ist.

Blau-Röcke.

In den Rechnungen des Sir Robert Melvill von Murdocarny, Unterschatzmeisters König Jacobs VI., finden sich folgende Zahlungen:

»Juni, 1590.

» Item, an Mr. Peter Young, Armenpfleger, vier und zwanzig Röcke von blauem Tuch, die 24 alten Männern gegeben werden sollen, gemäß den Lebensjahren S. Hoheit; erfordern 8 Stück, 8 Ellen Tuch; Preis der Elle 24 s. … Inde, 201 l. 12 s.

» Item, für sechzehn Ellen Leinwand zu besagten Röcken, Preis der Elle 10 s … Inde, 8 l.

» Item, vier und zwanzig Beutel, und in jedem Beutel vier und zwanzig Schilling … Inde, 28 l. 16 s.

» Item, der Preis jedes Beutels 8 d … Inde, 8 s.

» Item, besagte Röcke zu machen … 8 l.

In den Rechnungen John's, Grafen von Mar, Großschatzmeisters von Schottland, und des Sir Gideon Murray von Elibank, Unterschatzmeisters, kommen die blauen Röcke gleichfalls vor, wie folgt:

»Juni, 1617.

» Item, an Jacob Murray, Kaufmann, für fünfzehn Stück sechs Ellen und eine halbe Elle blaues Tuch zu Röcken für ein und fünfzig alte Männer, gemäß den Lebensjahren Sr. Majestät, zu 40 s. die Elle … Inde, 613 l.

» Item, an Arbeitsleute, die das Tuch in Jacob Aikman's, des Schneiders, Haus getragen … 13 s. 4 d.

» Item, für sechs und eine halbe Elle Leinwand zu besagten Röcken, zu 6 s. 8 d. die Elle … Inde, 43 s. 4 d.

» Item, besagten Arbeitsleuten, daß sie die Röcke aus besagten Jacob Aikman's Haus nach dem Palast Halyrudehous getragen … 18 s.

» Item, die besagten ein und fünfzig Röcke zu machen, das Stück zu 12 s. … Inde, 30 s. 12 d.

» Item, für ein und fünfzig Beutel für die besagten armen Männer … 51 s.

» Item, an Sir Young 51 s. zu legen in jeden der besagten 51 Beutel für die besagten armen Männer 130 l. 1 s.

» Item, an besagten Sir Peter, um Brod und Bier für besagte arme Männer zu kaufen … 6 l. 13 s. 4 d.

» Item, an besagten Sir Peter, unter andre arme Leute zu vertheilen … 100 l.

» Item, am letzten Tage Junii an Doctor Young, Dechant von Winchester, Almosenpfleger Sr. Majestät, fünf und zwanzig Pfund Sterling, um sie den Armen in Sr. Majestät Namen zu geben … Inde, 300 l.«

Ich habe nur noch hinzuzufügen, daß die Bettler des Königs, obwohl die Einrichtung noch besteht, doch jetzt selten in den Straßen Edinburgs gesehen werden, wo sie ihre eigenthümliche Tracht sonst zu einem charakteristischen Zeichen machte.

Nachdem der Verfasser auf diese Weise eine Schilderung vom Genus und von der Species, zu welcher Edie Ochiltree gehört, gegeben, kann er noch bemerken, daß das Individuum, welches er im Auge hatte, Andreas Gemmels hieß, ein alter Bettler von der beschriebenen Art, welcher vor vielen Jahren wohl bekannt war, und dessen man sich in den Thälern Gala, Tweed, Ettrick, Yarrow und der umliegenden Gegend noch erinnern muß.

Der Verfasser sah in seiner Jugend Andreas häufig und unterhielt sich mit demselben, kann sich jedoch nicht mehr erinnern, ob er zur Klasse der Blauröcke gehörte. Er war eine sehr stattliche, alte Figur, hochgewachsen und mit etwas Militärischem in Benehmen und Sprache. Seine Züge waren klug und hatten viel sarkastischen Ausdruck. Seine Bewegungen waren stets so zierlich und graciös, daß es fast schien, als habe er sie studiert; denn bei jeder Gelegenheit hätte er einem Künstler als Modell dienen können, so ausgezeichnet und charakteristisch waren seine gewöhnlichen Stellungen. Andreas Gemmels hatte wenig von dem Kauderwälsch seines Standes; seine Bedürfnisse waren Nahrung und Obdach, und eine Kleinigkeit an Geld, was er stets forderte und als schuldige Gebühr zu empfangen schien. Er sang ein gutes Lied, erzählte eine hübsche Geschichte, und konnte einen ernsten Scherz mit all dem Scharfsinn der Spaßmacher Shakspeare's anbringen, obwohl er nicht, gleich ihnen, das Kleid der Narrheit dazu nöthig hatte. Es war eben so sehr Furcht vor Andreas' Satire, als Wohlwollen und Wohlthätigkeitssinn, was ihm die allgemeine gute Aufnahme sicherte, deren er sich überall erfreute. Wirklich machte stets ein Scherz von Andreas Gemmels, vorzüglich wenn er auf Kosten einer bedeutenden Person entstanden war, überall die Runde, wo man ihn kannte, und zwar eben so sicher, als das bon-mot eines hochgestellten Mannes seinen Weg durch die fashionable Welt findet. Viele seiner guten Witze leben noch in der Erinnerung, sind aber meist zu örtlich und persönlich, um hier angeführt zu werden.

Andreas behauptete selbst unter seines Gleichen einen besondern Charakter. Er war bereit und willig, Karten oder Würfel zu spielen, sobald irgend Jemand diese Unterhaltung wünschte. Dies war mehr eine Eigenschaft des irländischen umherziehenden Gauners, den man dort Spieler ( carrow) nennt, als des schottischen Bettlers. Doch versicherte der verstorbene Doctor Robert Douglas, Pfarrer von Galashiels, den Verfasser, daß Andreas Gemmells, als er diesen das letzte Mal sah, ziemlich hoch mit einem Herrn von Vermögen, Rang und Geburt spielte. Um den gebührenden Unterschied des Ranges nicht zu verletzen, fand die Partie an einem offenen Fenster des Schlosses statt, – der Laird saß im Innern auf einem Stuhl und der Bettler saß auf einem Schemel im Hofe; auf dem Fenstersims spielten sie. Der Einsatz war ein beträchtliches Häufchen Silbergeld. Als der Verfasser seine Verwunderung darüber zu erkennen gab, bemerkte Dr. Douglas, daß der Laird jedenfalls ein Humorist oder ein Sonderling war; aber gewiß würden, gleich ihm, viele anständige Leute zu jener Zeit es für gar nichts Außerordentliches gehalten haben, eine Stunde mit Kartenspiel oder Gespräch in Gesellschaft des Andreas Gemmells hinzubringen.

Dieser sonderbare Bettler hatte gewöhnlich (wenigstens glaubte man so,) so viel Geld bei sich, als unter Straßenräubern sein Leben etwa werth sein mochte. Einst begegnete ein Landedelmann, der für etwas genau galt, diesem Andreas und drückte sein Bedauern aus, daß er kein Silbergeld in der Tasche habe, um ihm ein Sechspencestück geben zu können. »Ich kann Ihnen eine Banknote wechseln, Laird,« erwiederte Andreas.

Gleich den meisten, die sich auf die Höhe ihres Gewerbes emporgearbeitet haben, war die neuerliche Verschlechterung, welche die Bettelei erfahren, oft ein Gegenstand für Andreas' Klagen. Als Geschäft, sagte er, sei sie um vierzig Pfund jährlich schlechter geworden, seitdem er sie zuerst getrieben hätte. Ein andres Mal bemerkte er, Betteln sei in neuern Zeiten selten das Gewerbe eines anständigen Mannes, und wenn er zwanzig Söhne hätte, so würde er sich schwerlich verleiten lassen, einen von ihnen zu seinem eigenen Beruf zu erziehen. Wann oder wo dieser laudator temporis acti seine Wanderungen endigte, hat der Verfasser nie mit Bestimmtheit erfahren, wahrscheinlich jedoch, wie Burns sagt,

»– – starb er den Tod des Karrengauls
An eines Grabens Rand.«

Der Verfasser kann noch ein Bild derselben Art, wie Edie Ochiltree und Andreas Gemmells beifügen; denn er betrachtet diese Schilderungen als eine Art von Gallerie, wo die Aufnahme jedem Gegenstande gewährt wird, welcher frühere Sitten beleuchten oder den Leser unterhalten kann.

Des Verfassers Zeitgenossen auf der Universität zu Edinburg werden sich wahrscheinlich der hagern, abgemagerten Gestalt eines ehrwürdigen alten Bettlers erinnern, welcher am (jetzt niedergerissenen) Potter-Row-Thor stand und, ohne eine Sylbe zu sprechen, gegen jeden Vorübergehenden sein Haupt sanft neigte und ohne den geringsten Grad von Zudringlichkeit den Hut hinhielt. Dieser Mann gewann durch sein Schweigen und das ausgehungerte, verkümmerte Ansehn eines Pilgers aus fernem Lande, denselben Tribut, welchen man Andreas Gemmells' sarkastischer Laune und stattlicher Haltung gewährte. Wie man sagte, war er im Stande einen Sohn zu erhalten, welcher auf derselben Universität Theologie studierte, an deren Thor sein Vater bettelte. Dieser junge Mann war bescheiden und fleißig; ein andrer Student von gleichem Alter, dessen Eltern auch niedern Standes waren, fühlte sich gerührt, als er jenen, sobald man das Geheimniß seiner Herkunft errieth, aus der Gesellschaft der andern ausgeschlossen sah, und bemühte sich, ihn durch gelegentliche Gefälligkeiten zu trösten. Der alte Bettler war dankbar für die seinem Sohn erwiesene Aufmerksamkeit, und eines Tages, als der freundliche Student vorüberging, trat er weiter als gewöhnlich vor, als wenn er ihn aufhalten wollte. Der Student nahm einen halben Penny aus der Tasche, den der Bettler zu wünschen schien; aber zu seinem Staunen hörte er nur des Mannes Dank für die Freundschaft, die er dem Jemmie erwiesen und zugleich eine herzliche Einladung, am nächsten Sonnabend zu Mittag bei ihm zu essen; »nur auf Schöpsenfleisch mit Kartoffeln,« sagte der Bettler, und fügte noch hinzu: »Sie werden Ihre feinen Kleider anlegen, denn ich habe Gesellschaft.« Der Student fühlte sich stark versucht, diesen gastfreundlichen Vorschlag anzunehmen, wie manche an seiner Stelle gethan haben würden; da dies aber leicht hätte falsch ausgelegt werden können, so hielt er es für klug, in Erwägung der Umstände und des Standes dieses alten Mannes, die Einladung abzulehnen.

Dies wären einige wenige Züge aus dem schottischen Bettlerleben, bestimmt, eine Erzählung zu erläutern, worin ein Charakter jener Art eine hervorragende Rolle spielt. Wir glauben Edie Ochiltree's Recht zu einer so wichtigen Rolle dargethan zu haben, indem wir zeigten, wie ein Bettler mit einer vornehmen Person Karte spielte, und wie ein andrer Gesellschaften zum Mittagessen einlud.

Ich erlaube mir noch die Bemerkung, daß der Alterthümler bei seinem ersten Erscheinen nicht so gut aufgenommen wurde, als seine Vorgänger, wiewohl er im Laufe der Zeit ihnen gleichgestellt ward und bei einigen Lesern sogar noch höhere Geltung erlangte.


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