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Eine Gruppe von drei jungen Damen stand an einem großen Tische von gebohntem Eichenholze, der die Mitte eines weiten, großen und höchst eigenthümlich eingerichteten Saales einnahm. Unten in der kürzern Wand desselben befanden sich zwei Flügelthüren von geschnitztem Eichenholze, zwischen denen sich ein großer Kamin mit einem weitvorspringenden, wappen- und figurengeschmückten und von hohen Karyatiden getragenen Rauchfange erhob. Wer durch eine dieser Thüren eingetreten, sah die Länge des Raumes hinunter, rechts sowol wie links, eine Fensterreihe, und am entgegengesetzten Ende eine geräumige, erhöhte Estrade, von der ein paar Stufen in einen großen und tiefen Erker führten, dessen breite Fensterflächen mit Glasmalereien in den leuchtendsten Farben gefüllt waren.
Von den Längenwänden zur Rechten und Linken aus sprangen je zwei und zwei niedrige, etwa tischhohe Büchergestelle vor, die mit Folianten und Quartanten in schweren alten Einbänden gefüllt waren. Am Ende dieser vorspringenden niedern Repositorien lag auf jedem eine schöne, von Künstlerhand aus demselben Eichenholze, woraus die Möbel bestanden, geschnitzte Sphinx, sodaß man, durch diesen Saal dem Erker zuwandelnd, unwillkürlich an jene Pfade erinnert wurde, die einst auf die Tempel Aegyptens zuführten.
Auf diese Art war der ganze Raum in drei Abtheilungen gegliedert, und in der mittlern dieser Abtheilungen waren rechts und links an den Längenwänden des Saales zwei hohe Epheulauben über Gitterwerk aufgezogen, zwei Kapellen in diesem kirchenhaften Raume, und im Hintergrunde dieser Kapellen stand rechts eine Statue der Isis, mit ihrer Lotusblume auf dem Haupte, und links eine männliche, den Finger auf die Lippen legende Gestalt sodaß sich aus der Tiefe ihrer grünen Tempelzellen die Götter der Wahrheit und – des Schweigens einander anblickten.
Es mußte ein eigenthümlicher Geist bei der Einrichtung dieses mit dunkelgrünen Tapeten und dunkelgrünen Vorhängen bekleideten und mit einfachen Möbeln aus polirtem Eichenholze versehenen Raumes gewaltet haben. Im ganzen rief er den Eindruck eines Rittersaales in einem feudalistischen Schlosse durch seine Dimensionen, seinen Erker, seinen altväterlichen Kamin und seine Glasmalereien hervor. Die weißen Götterbilder aber führten dann in eine völlig verschiedene Gedankenregion, aus der die Abtheilung in die heilige Dreizahl stammen mochte, wobei am obern Ende unter dem hellen gewaltigen Erkerfenster an den Cultus des Lichts, am untern, den Herd umfassenden an den des Feuers, und im mittlern, unter den dunkeln Epheulauben, an den der Wahrheit und des Mysteriums, das die Isis hütet, gedacht werden konnte.
Daß der Freiherr von Nesselbrook – denn von ihm rührte die Einrichtung her – sich dabei mit allegorischen Gedanken getragen, bewiesen die zwei Gemälde, welche den obern und den untern Theil des Raumes schmückten. In dem obern, dem Theile des Lichts, sah man eine schöne Landschaft mit zwei nackten Menschen und allerlei Gethier darin, ein Bild des Paradieses, über dem die Sonne emporflammte, um Wärme und Leben über diese schöne, reine, jungfräuliche Welt auszuströmen. In der letzten Abtheilung, der des Feuers, hing eine figurenreiche, aber abstoßende Darstellung, worauf sich im Mittelgrunde ein Scheiterhaufen mit armen, geknebelten Menschen zeigte: eine mittelalterliche Ketzer- oder Hexenverbrennung.
Das Wärme gebende, Leben erweckende Licht ist durch den Sündenfall zum bösen, verzehrenden Feuer geworden, pflegte der Baron Nesselbrook seinen Freunden zu erklären.
Dieser Saal und das Schloß Dornegge, auf dem einst der berühmte Baron gehaust, war mit allem, was dazu gehörte, seiner alterthümlichen Einrichtung, seiner Bibliothek, seinen Aeckern, Wiesen und Wäldern, »wie es steht und liegt und nichts davon ausbeschieden«, jetzt das Eigenthum Eugeniens von Chevaudun. Die Gräfin Edern hatte, als sie die Erbin desselben geworden, es verkauft, um mit dem Erlöse ihres Gatten Stammgüter von den darauf haftenden Schulden zu befreien; seitdem war es durch mehrere Hände gegangen und zuletzt einem Güterspeculanten zugefallen, der dafür 120 000 Thaler verlangt und von dem Gundobald Burghaus es durch entschlossene und geschickte Ausführung des Auftrages, für Eugenie abzuschließen, zum Preise von 105 000 Thalern erhalten hatte.
Wir sahen früher, wie Eugenie von der malerischen Schönheit des halb aus einem verwitterten Renaissanceschlosse, halb aus einem verfallenen Burgbau bestehenden Dornegge betroffen, gefesselt, das Verlangen gefühlt, es zu besitzen und zu bewohnen und hier ganz ihre eigene Herrin auf ihrem eigenen Grunde und Boden zu sein. Jetzt schon seit Wochen darin eingerichtet, war sie sehr glücklich über diesen Entschluß. Die Stille, welche in den weiten Räumen herrschte, that ihr wohl, sie schwelgte in ihrer unbedingten Freiheit, und sie fand eine Befriedigung darin, die Bewohnerin des Hauses zu sein, in welchem der merkwürdige Freiherr, dessen Gestalt in so hohem Grade ihr Interesse erregt, so lange gehaust und sein eigenthümliches Gedankenleben gesponnen hatte.
Es war wahr, sie fühlte sich diesem seltsamen Manne innerlich verwandt, alles, was der geistliche Rath ihr in der legten Zeit von ihm erzählt, hatte dieses Gefühl erhöht; ja, es lag ihr unbewußt wie ein Wunsch in der Seele: sie hätte diesen gedankenreichen, grübelnden, suchenden Geist, den die Ahnung der Wahrheit aus allen seinen Kreisen geschleudert hatte, dem das aufgehende Licht zu dem verzehrenden Feuer geworden, das seine ganze Existenz vernichtet hatte, zum Vater haben mögen!
Sie hatte Hermine von Gohr, für welche sie kein Geheimniß mehr hatte, der sie ihr ganzes Herz anvertraut, vermocht, mit ihr Schloß Dornegge zu beziehen. Der Rath Zander hütete und verwaltete unterdeß mit leichter Mühe das kleine Haus Gohr.
Hermine, die ihr abgerathen, sich mit den Lasten und Mühen, welche ein so großer Besitz auferlege, eine Fessel zu schmieden, hatte sich gefallen lassen müssen, ihr einen Theil dieser Lasten und Mühen abzunehmen. Eugenie nannte sie ihren Minister des Innern. Gundobald hatte sie scherzweise zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt; er mußte mit den Pächtern, den Arbeitern, den Geschäftsleuten verhandeln; er zeigte einen so scharfen Eifer dabei, daß Eugenie sagte, der Geist des alten Nesselbrook müsse sich freuen, wenn er seinen Enkel auf dem alten Stammgute als einen so tyrannischen Herrn im ererbten Stile »Seiner Gestrengen« walten sehen könnte. Fürs erste freute sich ein anderer Geist darüber, aber nicht der des alten Nesselbrook, sondern der eines jungen Mädchens, die des jungen Administrators Braut war.
Gundobald's Thätigkeit erstreckte sich jedoch auch so weit auf das Innere, als er in Mußestunden nicht säumig war, sich mit allen Winkeln des alten Schlosses vertraut zu machen und mit allen Stellen, wo möglicherweise Papiere und Briefschaften des ehemaligen Besitzers zurückgeblieben sein konnten – es war ja immerhin denkbar, daß sich etwas vorfand, das für seinen Proceß mit den Ederns von Wichtigkeit war.
Die drei Mädchen, welche vor dem Tische in dem großen Saale standen, waren beschäftigt, aufgerollte Pläne zu prüfen, die sehr sauber ausgeführte Entwürfe eines zierlichen Schweizerhauses zeigten.
Es ist ganz hübsch, sagte Eugenie, aber es ist nicht das, was ich mir dachte. Ich dachte mir das Ganze mehr im Stile einer anspruchslosen englischen Cottage – alles ganz einfach, sodaß das Ganze seinen Reiz am meisten erhielte durch die Schlingrosen und den Epheu, den ich umherziehen wollte – diese bunt bepinselte und fein geschnitzelte, kokette Schweizerei gefällt mir nicht. Es sieht aus wie ein Bauernmädchen in der Oper.
Hübsch ist's bei alledem, fiel Hermine ein, aber zweckmäßig ist's nicht; in unserm feuchten Klima vermodert all dieses Holzwerk so bald – ich weiß das von unserer Veranda her.
Und deshalb, fiel das dritte junge Mädchen ein, das mit ihrer weißen Schürze und ihrem mit rosafarbenem Bande durchzogenen Häubchen eine ganz reizende kleine Kammerzofe darstellte und längst so verwöhnt war, daß sie sich ganz keck in die Gespräche ihrer Herrschaft mischte – und deshalb, sagte sie, würde ich gar nicht von Holz bauen, sondern hübsch fest und dauerhaft von Stein, einen allerliebsten kleinen griechischen Tempel …
Mit hohen Statuen darin, unterbrach Eugenie sie lächelnd – ganz sicherlich würdest du nicht glauben, ohne Statuen fertig werden zu können, Wilhelmine!
Ja, ich denke mir, wenigstens müßten die vier Jahreszeiten umherstehen, antwortete Wilhelmine, welche der Leser an dieser Geschmacksrichtung auf das Plastische sicherlich bereits erkannt und mit ihrem wahren Namen Helene genannt hat …
In der That, Herr Böhmer mußte es büßen, daß er gegen sein trotziges, verwegenes Töchterchen so rücksichtslos und grausam mit seinen Klosterdrohungen hatte Ernst machen wollen – er mußte büßen für das niederschmetternde Wort von – dem geistlichen Zuchthause, dem Kloster zum guten Hirten! Als Helene den Brief in ihren Händen hatte, nach welchem Frau Lehmann sie zu Fanny gesandt, und in dem alles beschrieben stand, was man von der gesuchten Zofe verlange – es war just das, was Helene sich zu leisten getraute und eigentlich noch bedeutend weniger – als sie sich dann ein recht ausbündiges, auf den Namen Wilhelmine Weber lautendes Empfehlungsschreiben von der Frau Lehmann erschmeichelt – da war Helene nicht mehr die, welche sich auch vom besten und redlichsten aller Papas etwas bieten ließ – die sich von Schwester Ursula einfangen ließ, um demüthig in ihr modernes In pace zu wandern!
Auch Ludwig's Unruhe und nicht zu beschwichtigende Beklommenheit bei der Sache hatte sie nicht gehalten – Helene Böhmer war eines schönen Nachmittags ausgegangen und eines schönen Abends nicht zu Papa Böhmer's Souper zurückgekehrt, und in unmittelbarer Verbindung mit dieser Thatsache stand es, daß am folgenden Tage auf Dornegge ein Bedienter dem gnädigen Fräulein meldete, ein junges Mädchen, Wilhelmine Weber, wünsche sie zu sprechen, und dann bei Eugenie ein vom Einfluß der frischen Luft doppelt rosig aussehendes, sehr hübsches und sehr gute Manieren zeigendes Dämchen einführte, das auf ihre mitgebrachten Briefe gestützt um die Stelle der Kammerzofe bat, die das Burgfräulein von Dornegge ihr ohne langes Verhandeln und erfreut über diese Acquisition gewährte.
Gewiß, fuhr sie jetzt zu plaudern fort, sind schöne Bildhauerarbeiten das Reizendste von allem, und wenn man so reich ist wie Sie, gnädiges Fräulein, muß man etwas thun, um die Leute auf den richtigen Geschmack zu bringen, den sie nicht haben.
Geh und rolle die Pläne zusammen und bringe sie in mein Zimmer, Wilhelmine, sagte Eugenie ziemlich ernst auf diese kleine Standrede.
Helene that, wie ihr befohlen. Die beiden andern jungen Mädchen gingen zu dem Erker hinauf; unter dem breiten Fenster stand ein Tisch mit Tapisseriearbeiten, an den sie sich setzten.
Ich denke, wir warten mit unsern Entschlüssen, bis dein Bruder zurückkommt, sagte Eugenie; er wird uns den besten Rath geben können, wenn er, voll einer Menge frischer Eindrücke, aus Italien zurückkehrt.
Gewiß, erwiderte Hermine; aber willst du seine Verbannung nicht bald enden lassen? Es ist ja nicht mehr daran zu denken, daß ihn die Gerichte verfolgen; seit Baron Beltram so rasch wieder genesen und gesund genug geworden ist, um seinem frommen Prinzen mit einer Theatersoubrette durchzugehen, wird niemand Dankmar mehr etwas in den Weg legen.
Eugenie schwieg eine Weile. Er kann ja jeden Augenblick kommen, sagte sie dann. Was hält ihn ab, zu kommen?
Dein Wille, denk' ich, der Rath, noch nicht zurückzukommen, den ich ihm in meinem letzten Briefe geben mußte.
Der braucht doch kein Gesetz für ihn zu sein! fiel Eugenie ein.
Ich glaube doch, daß dein Wunsch, dein Rath sein höchstes Gesetz ist!
Glaubst du wirklich? Aber vielleicht hat sich das geändert!
Geändert – und seit wann?
Seit er meine Briefe gelesen! Denn er wird seine unglaubliche Discretion doch jetzt haben fahren lassen, nachdem er förmlich dazu aufgefordert ist, die Briefe, welche ich durch unsern Kapitän für ihn in die Cabine der Miranda niederlegen ließ, zu lesen!
Und seitdem, glaubst du …?
Wer weiß! fiel Eugenie ein. Die Briefe haben ihm vielleicht einen sehr unliebenswürdigen Eindruck gemacht. Du kennst sie nicht, liebe Hermine – du kannst also auch nicht beurtheilen, ob sie auf einen jungen Mann von dem Naturell deines Bruders nicht einen unangenehmen Eindruck machten. Dein Bruder ist eine Natur, die aus Einem Steine gehauen ist; es ist, glaube ich, nichts Complicirtes und Zusammengesetztes darin; wir Frauen sind Mosaikbilder, aus hundert Stiften verschiedener Farbe zusammengestellt – versteht sich das einander?
Du vergleichst meinen Bruder mit einem Steinbilde? Ich glaube, Wilhelminens plastische Schwärmerei hat dich angesteckt, daß du auf einen solchen Einfall kommst!
Ist er ehrenrührig für eine Männernatur? gab Eugenie lächelnd zur Antwort.
Nein, versetzte Hermine; aber Dankmar ist wahrhaftig kein steinerner Comthur, und am wenigsten vor einem reizenden Mosaikbilde, das …
Still, still! Sag' mir lieber, weshalb er denn nicht wenigstens schreibt, weshalb auch du noch keinen Brief hast, da er doch längst hätte schreiben können! Meine Briefe werden mich eben bei ihm in Ungnade haben fallen lassen …
Welch thörichte Voraussetzung!
Weshalb thöricht? Glaubst du wirklich nicht, daß das möglich wäre? Weißt du, wie viel Verkehrtes, sich Widersprechendes, Unverständiges solch ein Geschöpf wie ich geschrieben haben mag, das nicht allein von der Welt furchtbar verwöhnt worden ist, sondern sich selbst seit je verwöhnt und ihren Gedanken, ihren thörichten Träumereien nie einen Zügel angelegt hat?
Ich traue dir nichts Unverständiges zu, Eugenie; du bist in allem klar und besonnen; mögen deine Träumereien noch so kühn und hochfliegend sein, deine Forderungen an das Leben noch so ausschweifend, du kannst ihnen keinen Ausdruck gegeben haben, der durch Ueberspanntheit oder »Verkehrtheit« einen erkältenden Eindruck auf eine so hochfliegende Seele wie die Dankmar's machte.
Du weißt eben nicht, was ich geschrieben habe. Du nennst mich klar und besonnen. Vielleicht in meinem Wesen scheine ich das. Aber zu oft zeigt sich der Mensch in seinen Briefen als einen ganz andern wie er im Leben erscheint.
Oft?
Ja, ja; man kennt nie einen Menschen, mit dem man blos umgeht, ohne mit ihm in Briefwechsel gestanden zu haben. Ebenso wenig den, mit welchem man blos correspondirt hat, ohne mit ihm umgegangen zu sein. Es gibt zum Beispiel muthlose, scheue Naturen, welche im Umgange die Sanftmuth und Nachgiebigkeit selbst sind, aber sobald sie die Feder in die Hand nehmen, streitlustig und reizbar und verwegen werden. Mancher, dem das Leben die Milch der frommen Denkungsart in gärend Drachengift verwandelt hat, strömt dies in Tinte aus, und …
Das alles paßt hier nicht, fiel Hermine lächelnd ein; gärend Drachengift ist nicht in dir, und der einzige Eindruck, den Dankmar von deinen Herzensergießungen empfangen hat, wird ein ganz anderer sein. Er wird eine gar große Ehrfurcht vor dir bekommen haben und in eine verzagte, kleinmüthige Stimmung gerathen sein, in welcher er nicht wagt, dir zu schreiben.
Eugenie schüttelte den Kopf. Ehrfurcht – wie du so reden magst, Hermine! sagte sie lebhaft. Ich verlange weiter nichts von ihm als seine Freisprechung wegen dessen, was ich gethan. Darum habe ich mir ja von meiner guten Marie die Briefe zurückgeben lassen und sie nach Genua an Schmieder gesandt und in die Cabine legen lassen, wo dein Bruder sie finden mußte. Ich wollte nicht, daß du ihm die überraschende Nachricht von der Rolle, welche ich auf Haus Edern spielte, in wenigen Zeilen mittheilen solltest. Er hätte mich für eine Thörin, für eine Wahnsinnige gehalten. Ich wollte, daß er alles, was mich dazu verführte, wissen, erkennen, daß er mich ganz begreifen sollte. Er sollte alles das sehen, was mich innerlich trieb, ich wollte eine volle Rechtfertigung in seinen Augen. Er hat um meine Hand geworben in einer etwas leichtsinnigen Weise, noch bevor er mich irgend kannte …
Welche Liebe wäre das, die nicht diesen Leichtsinn hätte! fiel Hermine ein.
Mag sein, aber leichtsinnig war es dennoch. Und so habe ich ihm durch die Mittheilung meiner Herzensergießungen erst zeigen wollen, wie, was ich bin. Ist es nicht begreiflich, daß dieser Blick, in meine Herzensergießungen es ihm wie Schuppen hat von den Augen fallen lassen – und er [sich] jetzt [durch] eine heilige Scheu vor einem so unabhängigkeitsdurstigen Wesen, welches im Stande war, sich aus allen ihren Verhältnissen zu reißen und eine erborgte Rolle zu spielen, abgeschreckt fühlt? Der Satz ist in der Vorlage syntaktisch fehlerhaft. Nach dem Gedankenstrich heißt es dort: »und er jetzt eine heilige Scheu« […]. - In der zweiten, völlig umgearbeiteten Auflage von 1874 lautet die Passage: »und er jetzt eine heilige Scheu vor einem so unabhängigkeitsdurstigen Wesen hat, welches im Stande war, sich aus allen ihren Verhältnissen zu reißen und eine erborgte Rolle zu spielen?« Die Männer wollen herrschen …
Und das sollen sie am Ende auch wollen, unterbrach Hermine sie.
Und die Frauen gehorchen wollen? fragte Eugenie ein wenig spöttisch.
Wenn sie lieben, ja. Der Mann muß herrschen und die Frau sich ihm unterwerfen. Der beste Beweis, daß es so sein muß, ist, daß die Liebe es so lehrt. Sie macht den Mann, der sich geliebt weiß, stark und stolz, das Mädchen schwach, demüthig, ergebungsfroh. Die Liebe aber ist keine falsche Prophetin, und wie der Mensch fühlt, der liebt, so ist es recht.
Und, fuhr Eugenie mit einem Lächeln und einem Tone fort, der etwas Neckendes hatte, Gundobald Burghaus macht ja unter deiner Leitung täglich größere Fortschritte in der Energie und dem Selbstbewußtsein, das die Liebe ihm eingibt!
Hast du das bemerkt?
Wie sollte ich nicht!
Nun offen gestanden, wenn du mich auch damit necken willst – es ist mir eine Freude, daß du es sagst.
Ich will dir sogar die Freude machen, zu bemerken, daß Gundobald unter dem Einflusse deines Auges immer eigenwilliger wird, lächelte Eugenie.
Gottlob! erwiderte Hermine. Sein kindisches Wesen war mir früher so unausstehlich und doch muß ich dir gestehen, daß gerade dieses kindische Wesen ihm meine Neigung ursprünglich gewonnen hat.
Das ist ein seltsamer Widerspruch.
Es mag so lauten. Aber dennoch ist es so. Er wurde mir zuerst durch den grenzenlosen Irrthum interessant, in dem ich ihn befangen sah. Ich sagte mir: armer Mensch, wie bitter täuschest du dich, indem du glaubst, daß ein Wesen wie das deinige den Frauen gefällt! Daß du durch deine für Jeden gleich eifrige Dienstbeflissenheit, deine Selbstironie, die ohne Würde ist, dein Tändeln mit Mädchen-Interessen zu gefallen glaubst! Du sollst zuerst dich selbst achten, damit wir dich achten! Und dann sollst du uns nicht beleidigen, indem du glaubst, ein Mann ohne Würde und große ernste Zwecke sei das, was wir lieben können; ein Mann, der mit uns von unsern Stickereien redet und unsere Balltoiletten mit Wichtigkeit behandelt, sei uns angenehmer, als einer, der uns ehrt, indem er uns den Geist zutraut, für Größeres und Höheres Sinn zu haben! Und dabei fühlte ich den Drang, ich möchte sagen in allen Fingerspitzen, dies Gundobald klar zu machen, ihn über seinen Irrthum aufzuklären …
Ich kann mir das lebhaft denken, neckte Eugenie weiter; du bist eine kleine Schulmeisterin und du sahst einen Zögling, der eine dankbare, sehr dankbare Aufgabe bot – du mußtest ihn in die Schule nehmen …
Ach, nicht ich, sondern das Leben hat ihn in die Schule genommen; wir Frauen können einen Mann nicht in die Schule nehmen, wir können es nur machen wie die Mütter, die ihren Knaben auf dem Wege zur Schule Ermahnungen, Warnungen und warme Halstücher mitgeben.
Und nun bist du gerührt, liebes Herz, daß dein Knabe es nicht wie die andern gemacht hat, welche die Ermahnungen vergessen, und die Warnungen nicht beachten und die warmen Halstücher beim Raufen verlieren!
Hermine lächelte.
Gundobald ist in der That sehr solide! sagte sie.
Und wie bei andern jungen Männern der Bart, setzt sich bei ihm wirklich schon ein ganz hübscher, dunkelbrauner Anflug von eigenem Willen und Herrschsucht an; er hat mich neulich mit einem Wunsche, in den Anlagen einen kleinen See anzulegen, ganz energisch ab- und zur Ruhe gewiesen.
Und du hast dich ihm gebeugt? antwortete lachend Hermine.
Dein Lachen zeigt mir, wie froh du darüber bist, daß ich mich seinem Willen gebeugt habe. Ich bin gespannt darauf, ob du dich freuen wirst, wenn der Bart so lang gewachsen ist, daß auch du dich wirst beugen müssen! Wir werden es sehen.
Wir werden es sehen – so ganz kann ich dir doch nicht dafür einstehen, antwortete Hermine. Ich fürchte, ein wenig Schulmeistern, wie du es nennst, wird immer zu meinen bleibenden Bedürfnissen gehören.
Eugenie sprach, seit sie in Dornegge wohnte, oft und viel in diesem scherzenden Tone. Sie schien einen Reiz zu finden in dem harmlosesten Geplauder mit Hermine und Gundobald, wenn dieser aus der Stadt auf einige Tage herüberkam, oder dem Rath, der wöchentlich wenigstens einmal an ihrem kleinen Hofe erscheinen mußte. Hermine sagte sich, daß sie ihr früher doch sehr unrecht gethan, als sie ihr viel weniger Demuth als Intelligenz und kühlen Verstand zugetraut. Oder hatte ihre Liebe zu Dankmar, die sie Herminen mit rückhaltloser Offenheit gestanden, sie so verwandelt?
Hermine hatte keinen rechten Schlüssel dazu, wie eine Neigung einen Charakter verwandeln könne. Wenn sie sich bis auf Herz und Nieren prüfte – sie mußte sich gestehen, daß ihre Liebe zu Gundobald weder ihre Art zu denken, noch ihre Empfindungen verändert habe … vielleicht nur mit leichterm Sinn nahm sie das Leben, vielleicht auch ein wenig egoistischer, gleichgültiger gegen manches, was sie früher bewegt, was sie sorgen machen; glücklicher eben fühlte sie sich – aber in Eugenien schien die Neigung, welche ihr Herz erfüllte, eine viel, viel tiefere Wirkung auf ihren Charakter hervorgebracht zu haben.
Schon ihre Beschäftigungen waren andere geworden. Sie las nicht mehr die Bücher, welche sie früher gefesselt hatten, nicht mehr Werke, welche die Absicht der Belehrung an der Stirn trugen, nicht mehr die Romane der Sand, in denen neben dem warmen Pulsschlage des Gemüths und den Wallungen der Leidenschaft der doctrinäre Gedanke und die Sucht des Philosophirens einen so großen Raum einnimmt.
Eugenie hatte plötzlich, schien es, die Entdeckung einer ganz neuen Sache, die der deutschen Lyrik gemacht; sie vertiefte sich hinein, sie begann zu schwärmen für die anspruchslose, schlichte und doch so innige und seelentiefe Lyrik Nikolaus Lenau's … Hermine überraschte sie wol bei dieser Lektüre, wenn ihr Thränen an den Wimpern hingen – es war etwas Weicheres, Nachgiebigeres, Sorgenvolleres, um ihre Umgebung, ihre Pachtleute, um die Armen der Gegend sich Sorgendes in Eugeniens Wesen getreten – etwas unendlich Gütiges, wie Hermine sich mit einem gewissen Selbstvorwurfe sagte, denn sie selbst, sie fühlte sich ja nur unbekümmerter und leichtern Sinns geworden!
Auch zur Musik wandte Eugenie sich zurück, zu der Musik, die sie lange vernachlässigt hatte; sie machte sich jetzt Vorwürfe darüber, daß sie fast alles verlernt, und ließ sich die sämmtlichen Liedercompositionen Schubert's kommen, um sie einzuüben – allein freilich, denn Hermine war nicht musikalisch, und die Stadt war zu weit, um sich einen Lehrer kommen zu lassen – Eugenie ging damit um, ihren alten Lehrer daheim zu sich kommen zu lassen, um ihn ganz in ihren Dienst zu nehmen als »Hofpianisten«, wie Burghaus scherzend sagte.
Auch Rath Zander rieth dazu; ein solcher Mann, sagte er, werde den Schatz alter Musikalien nutzbar machen können, welche sich in der Bibliothek finden müßten; Nesselbrook habe vieles Derartige gesammelt, alte Volks- und Kirchenlieder und die Weisen verschiedener Nationen – er habe auf den Charakter derselben mancherlei Hypothesen gebaut und scharfsinnige Combinationen daran geknüpft; er habe alle Volksweisen bei den der Civilisation nicht gewonnenen, außerhalb des christlichen Gedankenlebens stehenden Stämmen von einer tiefen, hoffnungslosen Trauer durchweht gefunden; wie die Lieder der Elementargeister, der Nixen im Märchen, die ohne unsterbliches Theil seien; und ferner habe er bei den Gebirgsvölkern gefunden, daß durch die Lieder und die Musik derjenigen, welche auf den dem Aufgange und dem Süden zugewendeten Abhängen wohnten, der Ton der Heiterkeit, des Muths und der Lebensfreude sich ziehe; und bei denen, die gen Abend und Mitternacht wohnten, der Ton der Schwermuth und Resignation …
Burghaus lächelte, als Zander dies sagte.
Mein guter Ahnherr, erwiderte er, hat da wol etwas aus seinen eigenen Ideen in die Volksweisen der Aelpler hineingelegt – man kann das bei der Musik ja so leicht.
Freilich, bemerkte Zander, und darum eben, weil man dies kann, liebt alle Welt die Musik; was die andern Künste schaffen, ist viel spröder, eigensinniger, bestimmter; was sie als schön geben, müssen wir gerade so nehmen. Der Schönheit der Musik helfen wir selber nach durch das, was wir hineinlegen. Unsere Empfindungen dabei sind individueller Art, dieses Individuelle legen wir in sie hinein, das geben wir ihr für ihre Gaben zurück.
Sie gibt uns und wir geben ihr, fiel Hermine ein.
Die andern Künste, sagte Eugenie, wollen von uns verstanden sein; die Musik versteht uns. Liebt Dankmar die Musik?
Sehr, antwortete Hermine; er hat aber den schlechten Geschmack, die italienische vorzuziehen.
Als Hermine ihre Freundin das nächste mal an ihrem Instrumente fand, hatte diese den Klavierauszug aus Verdi's » Trovatore« vor sich.
Dieses Instrument stand in dem Eckzimmer einer kleinen Reihe von Gemächern, die Eugenie sich zu ihrer Wohnung ausgewählt hatte. Sie lagen in dem schönen großen Renaissancebau, der den Haupttheil von Schloß Dornegge bildete. Im ersten Stock desselben befand sich der große Saal, den wir beschrieben haben. Unter demselben, im Parterre, an der Giebelseite, und nach den ins Mühlenthal hinunter sich erstreckenden Gartenanlagen hinaus, lagen diese mäßig großen und nicht hohen, aber außerordentlich freundlichen Zimmer Eugeniens, einfach, aber höchst wohnlich eingerichtet, mit modernen Möbeln, welche sie aus der nächsten Stadt kommen lassen – sie liebte die alten Formen schwerfälligen Geräths, wo sie an ihrer Stelle waren, aber als Kind der Gegenwart zog sie vor, zu ihrem persönlichen Gebrauche von modernem Comfort umgeben zu sein.
Aus dem Eckzimmer, aus dem, worin das Instrument stand und Eugenie sich gewöhnlich aufhielt, führte eine Glasthür auf eine niedere Terrasse, über der sich der Länge nach eine Rebenlaube wölbte. Zwei oder drei Stufen führten von der Terrasse in den Garten hinab.
An heißen Tagen bot die schattige Rebenlaube einen reizenden Platz dar – Eugenie pflegte dann dort ihren kleinen Hofstaat zum Frühstück um sich zu versammeln und war stets sehr froh, wenn außer ihren beiden Ministern auch ihr »Hofkaplan«, wie er sich scherzend nannte, der geistliche Rath da war.
Er brachte zuweilen Nachrichten aus Edern; er hatte, als man so eines Morgens zusammensaß, berichtet, daß Boto sehr unglücklich über das Scheitern des Bankplanes sei, wie er vernommen; der Baron Chevaudun habe dem Herrn Böhmer die Vollmacht zur Gründung entzogen.
Ich kann es mir denken, sagte Eugenie, daß ich einen Theil der Schuld trage, wenn mein Vater diesen Schritt gethan hat. Ich habe ihm alles berichtet, was ich erlebte, und dies mag ihn veranlaßt haben, Geschäftsverbindungen abzubrechen, die ihn mit Boto Edern in Beziehung bringen könnten. Mir ist's nicht leid, wenn er sein Bankensystem nicht weiter ausdehnt. Der letzte Gedanke, der dabei zu Grunde liegt, scheint mir ein verhängnißvoller – die Menschen, welche hinter meinem Vater stehen, wollen auch das benutzen, um den großen Kettenring, in den sie die Welt gefaßt zu haben glauben, enger anzuschrauben …
Die Prometheuskette am Kaukasus … fiel Burghaus ein … man möchte den Prometheus jetzt an den Felsen Petri schmieden … aber vom Kaukasus sind die Völker weggewandert … auch der Fels Petri, fürchte ich, wird einst von den Völkern verlassen stehen – oder er wird inmitten von ihnen liegen bleiben wie ein erratischer Block, dessen starren Ecken, die dem Strom des lebendigen Lebens widerstehen, man ausweicht …
Antworten Sie ihm nicht, Hofkaplan, sagte Eugenie lebhaft, sonst gibt es einen theologischen Streit und Sie sollen Hermine und mir nicht den schönen Morgen damit verderben.
Sie waren doch sonst dem nicht so abgeneigt, gnädiges Fräulein, lächelte Zander.
War ich? versetzte sie. Es mag sein und es war gewiß keine liebenswürdige Eigenschaft an einem jungen Mädchen. Offen gestanden – ich begreife jetzt meine Neigung zum Grübeln, Zweifeln und zum Widerspruch selbst nicht recht mehr. Sie müssen nicht denken, ich sei hier in der Einsamkeit von Dornegge als richtiges Burgfräulein fromm geworden, oder Nesselbrook's Gedanken aus der Zeit, wo er noch kein Ketzer war, hätten mich umsponnen und unterjocht. Im Gegentheil, ich bin noch viel kecker und verwegener heute – aber das ganze Glaubenswesen und die Frage nach den Ueberzeugungen ist mir fremder geworden, ferner gerückt; ich lege nicht mehr den Werth darauf wie früher – ich meine, für den Menschen, der mit dem Gemüth lebt, ist nur das wesentlich, daß er sich das Gemüth nicht verkümmern und verkehren, und durch falsche, abergläubische Vorstellungen fesseln läßt. Aber nicht allein das starre Dogma verkümmert uns das Gemüth; auch das zu viele Kopfzerbrechen über Dinge, welche wir doch nie ergründen, thut es am Ende – uns armen Frauenzimmern wenigstens … habe ich nicht recht?
Zander nickte lächelnd.
Das höre ich gern von Ihnen! sagte er.
Ich könnte Ihnen noch mehr sagen, was Sie gern hören, antwortete Eugenie – vorausgesetzt, Sie sind nicht besser wie alle andern Männer, wie dieser schlimme Burghaus z. B., der mich zu tyrannisiren anfängt – und sehen gern, wie eine Frau ihre Schwäche bekennt. Ich bin demüthiger geworden – Hermine, setzte sie hinzu, hat mich dazu gemacht!
Du willst doch nicht sagen, ich hätte dich gedemüthigt? fiel Hermine lächelnd ein.
Nein, aber ich habe mir ein Muster an dir genommen – ich sehe, wie du das Leben so einfach nimmst, ohne viel Wesens aus dir und aus der Welt zu machen. Das beschämt mich. Ich habe zu viel Wesens aus mir gemacht. Ein Mädchen muß am Ende nicht alles wissen und lernen wollen, sondern zuerst lernen, sich aufgeben zu können.
Und das wollen Sie von Hermine lernen? fiel hier Burghaus lachend ein. Das wollen Sie lernen von dieser herrschsüchtigen, hartnäckigen, despotischen kleinen Hermine da? … o, Sie ahnen nicht, wie wenig sie daran denkt, sich aufzugeben, und wie wohlgezogen ich mich unter ihren eigensinnigen Willen beugen muß!
Hermine blieb die Antwort nicht schuldig und man plauderte in heiterm Tone weiter.
Die beiden Männer gingen nach einer Weile. Hermine und Eugenie holten sich eine Arbeit und setzten ihre Unterhaltung fort.
War es dein Ernst, was du eben sagtest? fragte Hermine.
Daß man lernen müsse, sich aufgeben zu können? Weshalb zweifelst du daran?
Ich meine, es stimmt so wenig zu deinen frühern Ansichten.
Thut es? Ach, ich bin eben in der Stimmung, auf meine »Ansichten« nicht mehr viel Gewicht zu legen! Mir ist, als hätte ich früher keine Ansichten gehabt, sondern nur ein unbestimmtes Suchen, ein gepeinigtes Wissenwollen, ein beängstigendes zweifelvolles Wesen. Dankmar ist so bestimmt, so in sich ruhig …
Und unter den Eindrucke dieser Bestimmtheit …
Unter dem Eindrucke dieser Bestimmtheit kommt mir mein Denken schwächer und mein Meinen weniger wichtig vor und das bloße Träumen verlockender – ich weiß nicht, ob das sehr logisch ist, aber es ist so.
Hermine schwieg. Sie dachte, daß all dieses unbestimmte Suchen und gepeinigte Wissenwollen vielleicht im tiefsten Grunde auch ebenso sehr ein Sehnen und Verlangen des träumenden Herzens, ein Suchen des Gemüths gewesen als ein Stück jenes Evatriebes, zu dem die Schlange ihr: Eritus sicut Deus sprach. Herminens Natur war im innersten Wesen zu sehr die einer Frau, um es nicht so aufzufassen.
La Donna è mobile! sagte sie nach einer Weile. Es scheint mir, du bekehrst dich auch zu dem Glauben, daß uns geistige Dinge nicht unmittelbar, sondern nur durch unser Gemüth hindurch, wie der Mann, der uns fesselt, sie uns bietet, interessiren?
Thorheit! antwortete Eugenie, scharf. Geistige Dinge, große Fragen treten uns oft weit näher ans Herz, entflammen uns weit mehr als irgendeinen Mann. Aber es scheint mir nicht nöthig, daß sie es immer thun. Und mit deinem donna è mobile magst du recht haben. Und weil ich heute anders fühle als damals, wie ich an meine Marie schrieb, wie ich in Spanien war, wie ich mich entschloß, eine Gouvernante zu werden gleich meiner guten Marie – deshalb bereue ich jetzt zuweilen, daß ich Dankmar meine Briefe sandte. Freilich, ich konnte nicht anders, wenn ich ihm alles erklären wollte; aber – setzte Eugenie hinzu, ihre Arbeit fallen lassend und sich in ihren Sessel zurücklehnend, um träumerisch in die Landschaft hinauszublicken – aber ich bin doch nicht mehr die Eugenie, welche jene Briefe schrieb!
Es beginnt mich doch ernstlich zu beunruhigen In der Vorlage: »beruhigen«., daß Dankmar gar nicht schreibt, sagte sie nach einer langen Pause schwer aufathmend. … Habe ich nicht recht, ein wenig ungeduldig zu werden?
Hermine suchte diese Ungeduld zu beschwichtigen, obwol auch sie fand, daß ein Brief von Dankmar hätte da sein können.
Die nächsten Tage vergingen. Sie brachten keine Botschaft von Dankmar. Auch Hermine ward beunruhigt, aber sie hütete sich, diese Unruhe auszusprechen, weil sie wahrnahm, wie sehr Eugenie darunter zu leiden begann. Eugenie ward wortkarg, ward zerstreut, ward sogar, was sie früher nie gewesen, reizbar unter dem Drucke der Spannung, in der sie sich befand, und die täglich wuchs.
Und in der That, Dankmar hätte schon so lange auf den letzten Brief seiner Schwester antworten können; daß keine Verzögerung seiner Ankunft in Neapel, kein Unfall eingetreten, wußte Eugenie; sie hatte längst eine Depesche von dem Kapitän Schmieder erhalten, daß die Jacht Miranda glücklich im Hafen von Neapel eingelaufen sei. Und wenn Dankmar jetzt nicht schrieb, was anders konnte schuld daran sein als eben ihre Briefe?
Die Frage nach dem Eindrucke, welchen sie auf ihn gemacht haben konnten, folterte sie immer mehr. War dieser Eindruck so gewesen, daß sein Herz sich ihr abgewandt hatte? Hatte er sie nicht verstanden, hatte er keinen Schlüssel zu dem innern Gemüthsleben eines Mädchens, wie ihre Briefe es darlegten, gehabt? Oder war ihr Gemüthsleben ein so unweibliches, excentrisches, zeigte die Kühnheit, mit der sie sich aus ihren Verhältnissen gerissen, wirklich etwas so Verwildertes, daß ein tüchtiger, klar denkender Mann sich von ihr abwenden mußte?
Und indem Eugenie über diese Fragen grübelte, fühlte sie sich zugleich in alle ihre frühern Gedankenkämpfe zurückgeworfen, in all den bittern Zwiespalt. Das Träumen wich wieder von ihr – sie mußte wieder denken, und – im Denken lag so wenig von dem Glücke, das sie jetzt verlangte!
Es kam eine große Niedergeschlagenheit über sie. Es lag etwas so Demüthigendes in diesem Schweigen Dankmar's. Es war das erste mal in ihrem Leben, daß ein Mann, dem sie so weit, so unendlich weit entgegengekommen, sich von ihr abwandte. Nie in ihrem Leben war ein so bitteres Gefühl an sie herangetreten. Und wenn sie auch zornig am Ende sich sagte: wir werden eben zwei uns fremde Naturen sein, zwischen denen ein Abgrund liegt … dennoch erhielt gerade dadurch Dankmar eine Gewalt über ihr Gefühl, wie sie nie ein Mann auf sie geübt hatte.
Eines Abends bat sie Hermine, einen Spaziergang mit ihr zu machen. Hermine war bereit, und nachdem Helene herbeigerufen worden, um leichte Ueberwürfe und Hüte zu bringen, machten die beiden jungen Damen sich auf den Weg. Sie verließen Schloß Dornegge und stiegen durch die in altfranzösischem Geschmacke angelegten Gärten zu der Mühle hinab, die im Grunde an dem Gebirgsbache, welcher das tief eingeschnittene Thal durchschlängelte, ihre rauschenden Räder trieb. Ein Fahrweg führte am Bache entlang durch das Thal; jenseit desselben erhoben sich wieder bewaldete Höhen, welche zu Dornegge gehörten, und auf einer dieser Höhen, einem vorspringenden Bühel, der eine Aussicht auf das schmale Thal hinunter und hinauf gewährte und den besten Blick auf das jenseits mit Giebeln und runden Thürmen in feudalistischer Massenhaftigkeit thronende Schloß Dornegge bot, wollte eben Eugenie ihr Schweizerhaus, ihre Cottage, ihr Chalet oder, wie Helene rieth, ihren griechischen Tempel anlegen. Als sie über den Fahrweg und die Brücke schritten, die unterhalb der Mühle über den Bach führte, sagte Eugenie:
Dieser Weg und dieses Gewässer schneiden mir mein Gut auf das ärgerlichste in zwei Hälften. Ich kann dir nicht sagen, was ich darum gäbe, wenn sie nicht da wären! Mir ist alles Stückwerk, alles Halbe in der Seele zuwider – mir sind immer alle Fragmente als nicht fertig Gewordenes, und alle Ruinen als halb wieder Zerstörtes verhaßt gewesen. Woher kommt das? Ich glaube, wenn mir das Heidelberger Schloß gehörte, ich hätte nicht eher Ruhe, als bis es völlig im alten Glanze restaurirt wäre.
Woher das kommt? sagte Hermine. Vielleicht, weil du selbst ein erst halb fertiges Menschenkind bist – der Mensch liebt immer nur das, was einen Gegensatz zu ihm bildet.
Ein halb fertiges Menschenkind? Weshalb sagst du das?
Ist ein junges Mädchen das nicht immer?
Nein, nein, du hast eine andere Bedeutung dareingelegt. Und du magst recht haben – es mag meine ganze Schwäche darin liegen, daß ich, was ich bin, nur halb bin, und nicht den Muth habe, es ganz zu sein und immer!
Sie gingen schweigend an der andern Seite des Baches unter den Aesten hoher Buchen zu dem Hügel empor, der Eugeniens kleinen Bau tragen sollte.
Hermine dachte über die Selbstanklage ihrer Freundin nach und sagte sich:
Das heißt, sie zürnt Dankmar. Sie macht sich Vorwürfe, daß sie ihm einen solchen Einfluß auf ihr Leben eingeräumt hat, der sie nun unglücklich macht. Sie wirft ihm schmollend vor, daß er sie sich selber untreu gemacht hat; sie sagt sich, sie hätte die kühle, grübelnde Eugenie bleiben müssen, die nur daran dachte, ein freies Gedankenleben zu führen. Es ist in der That sehr unrecht von Dankmar, daß er nicht schreibt. Ihr Gemüth wird sich ihm verschließen und eine Bitterkeit über sie kommen, welche sie unglücklich macht, weil sie ihr das Herz erkältet!
Sie kamen auf der Höhe an und setzten sich auf die Moosbank, welche vorläufig da angelegt war.
Eugenie blickte das alte Schloß an, welches vor ihr dalag; dann sagte sie:
Wie wildfremd ist mir doch eigentlich dies alles, diese Berge, diese Mühle da unten mit dem rauschenden Wasserrade, dieses Schloß da drüben! Mir ist zu Muthe, als blickte ich in ein Diorama, worin eine fremde Landschaft auf die andere folgt, und sogleich müßte eine zweite, ganz verschiedene kommen. Mir ist, als träumte ich das alles, was da vor mir liegt, und es sei ein Traum, der mich verhöhnen wolle!
Verhöhnen – und weshalb? fragte Hermine.
Weil der Traum mir dieses alte Schloß dort vor Augen stellt, das noch viel düsterer, grauer und unheimlicher aussieht als alle diejenigen, aus welchen ich fortgelaufen bin. Ich sitze wieder in meinem langweiligen Reichthume, in einem langweiligen Schlosse, in langweiliger Müßigkeit. Es ist, als sollte mir gesagt werden: trotz alles Flatterns unserer Seelenschwingen kommen wir nicht über gewisse Kreise hinaus, in die einmal unser Leben gebannt ist. Wenn ich auf diese Höhe ein Lusthaus ganz allein für mich, ganz nach meinem eigenen Geschmacke bauen lassen will, so bringt mir der Architekt ein Schweizerhaus, wie es Tausende gibt, oder eine Cottage, oder Wilhelminens Phantasie In der Vorlage: »Helenens Phantasie«. Die ist aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht enttarnt. - In der o.g. 2. Aufl. berichtigt., einen kleinen Tempel; eins davon muß es sein, es gibt nichts Anderes, nichts ganz Neues, aus den einmal erfundenen Formen kommt der Mensch nicht heraus!
Hermine antwortete nicht gleich, dann sagte sie:
Ich habe nie darüber nachgedacht, aber es mag in der That so sein, daß, wenn du auch alle Baumeister der Welt zusammenriefst, dir keiner etwas in einem ganz neuen Stile bringen könnte – auch das Originellste würde sich endlich als schon dagewesen ausweisen – irgendeinem »Geschmacke« angehörend oder aus einem halben Dutzend Stilarten gemischt. Es ist so, nicht blos mit den Bauplänen, fürchte ich, sondern auch mit uns Menschenkindern. Wenn wir uns auch für noch so absonderliche, von den andern verschiedene, einzig dastehende Geschöpfe halten – ich fürchte, ein guter Menschenkenner wirft uns doch sofort zu vielen tausend andern in die Kategorie, in die wir gehören, und nennt den Stil, in dem wir gebaut sind, wie es vor uns Millionen waren!
Eugenie schüttelte den Kopf. Wenn auch die Formen gegeben sind, so braucht der Geist doch nicht in ihnen aufzugehen; der Mensch kann seine Eigenart wahren.
Das ist wahr, sagte Hermine, aber aus den einmal gegebenen Formen kommt der Geist nicht heraus. Wir sind Sklaven alle, Sklaven der geraden Linie, des »zweimal zwei ist vier«. Unser Denken liegt in der engen Fessel der Logik, unser Thun in der des Rechts oder der Sittlichkeit. Schadet das? Diese Sklaverei würde uns nur drücken, wenn wir mit einem innern Widerspruche gegen die Naturgesetze geboren wären. Aber das sind wir ja nicht. Das Gesetz, welches außer uns gilt, beherrscht uns auch innerlich. Nichts ist unendlich, nichts ungebunden, nichts unbegrenzt, selbst das Meer hat Grenzen, und daß es sie hat, beruhigt uns; der Gedanke an das Unendliche macht uns grauen, weil er nicht in unsere Welt gehört.
Das ist sehr vernünftig gesprochen, liebe Hermine; aber kannst du dir nicht Seelen denken, die mit einem innern Widerspruche wider dein Gesetz und alles, was daraus folgt, die Formenarmuth der Welt und das Eingefangensein in bestimmte Kreise, in denen sie sich befinden, geboren sind? Sind solche Menschen rebellische, zuchtlose Naturen, sind sie schlecht? Ich weiß es nicht – ich möchte einmal in einer Gesellschaft ganz und völlig freier, immer und in allem genial denkender Männer sein und hören, ob sie auch vor dem Ungebundenen, Grenzenlosen, dem Unendlichen Grauen haben wie du! Der Himmel ist auch unendlich; weshalb sich vor ihm grauen? Ich glaube, fügte sie lächelnd hinzu, du denkst jetzt, ich rede verrückt, ich gerathe in die Irre. Nun ja, irre bin ich ein wenig geworden – an mir selber!
Und deshalb, fiel Hermine lächelnd ein, thatest du am besten, als du dich mit deinem ganzen Freiheitstriebe, deinem Drange über die Grenzen hinaus und aus den beschränkten Formen fort in die Gefangenschaft eines völlig freien und genial denkenden Mannes gabst, der so wie du kein Grauen vor der Unendlichkeit hat – das heißt, der Unendlichkeit, die armen Menschenkindern allein beschieden ist!
Und welche ist das?
Die des Glücks im Gefühle, einander zu gehören.
Welcher Mann verheißt mir das? Du siehst selbst, Dankmar will es nicht – und er hat vielleicht recht!
Wenn du wirklich glaubtest, er habe recht, würdest du das nicht so bitter aussprechen! – –
Eugenie erhob sich, und die beiden jungen Mädchen traten den Heimweg an; als sie auf Schloß Dornegge wieder angekommen waren, stieg Hermine die Wendelstiege im Treppenthurme zu ihren Zimmern hinauf. Eugenie blieb unten; sie ging über die Gartenterrasse und durch die offen stehende Glasthür in das kleine, freundliche, nach zwei Seiten erleuchtete Zimmer, welches sie zum Boudoir genommen.
Als sie es betrat, sah sie ein kleines Packet auf dem runden Tische in der Mitte liegen. Sie warf Hut und Ueberwurf von sich und nahm das Packet. auf. Es war versiegelt, aber es trug keine Adresse. In der Voraussetzung, daß es für sie sei, riß Eugenie es auf.
Der erste Blick auf den Inhalt zeigte ihr – ihre Briefe an ihre Freundin Marie.
Eugenie stieß einen leisen Schrei der Ueberraschung aus. Ihr Herz schlug hoch auf. Woher kamen sie, diese Briefe – hatte Dankmar sie gebracht, war er selbst da? Sie, trat in höchster Erregung auf die Schwelle der Terrassenthür und fuhr im nächsten Augenblicke mit einem abermaligen leisen Schrei zurück.
Aus dem Nebengange von links her trat ihr die Gestalt des Barons Jauffroi von Montenglaut entgegen.
Sie sind's? sagte sie kaum hörbar, erbleichend, mit bebender Lippe, als der Baron vor ihr stand und sie mit bewegter Miene anblickte – Sie?!
Ich bin's – es thut mir leid, daß mein Anblick Sie erschrecken muß – ich wußte das ja, aber ich konnte Ihnen diesen Schrecken nicht ersparen. Lassen Sie mich eilen, Sie zu beruhigen. Ich kam nur, Ihnen diese Briefe zu übergeben und dann, wenn Sie's heischen, wieder zu gehen!
Eugenie rang vollständig nach Athem.
Und wie, sagte sie dabei, mühsam die Worte hervorbringend wie kamen diese Briefe in Ihre Hand?
Darf ich mich setzen, um Ihnen das zu erzählen? Ich bin müde von einem weiten Marsche, den ich heute machte – ich hatte lange in diesem Lande zu suchen, bis ich Sie fand.
Eugenie deutete auf einen Stuhl, der an der andern Seite des Tisches stand; sie selbst ließ sich in einen Lehnsessel diesseits nieder, ihr Auge mit dem Ausdrucke der Furcht und des Schreckens auf die düster und angegriffen aussehenden Züge des Barons geheftet.
Ich habe diese Briefe, sagte der Baron, in Neapel dem Herrn von Gohr entrissen, der sie auf Ihrer Jacht gefunden hatte und so indiscret gewesen war, sie zu lesen. Nach Neapel kam ich auf der Rückreise vom Berge Athos, wo ich in Ihres Vaters Auftrage war und zu dem ich, um dort Einsiedler zu werden, zurückkehren wollte, bis die zufällige Bekanntschaft mit diesem Baron Gohr meinen Plan änderte. Ich sah, daß ich Ihnen einen Dienst leisten konnte, daß ich die Hoffnung hatte, noch einmal ein freundliches Wort des Dankes von Ihren Lippen zu hören, und so entriß ich die Briefe dem, für den sie nicht bestimmt waren, gab meine Athosplane auf und kam hierher.
Sie haben diese Briefe dem Herrn von Gohr entrissen – wie geschah das? fragte Eugenie noch immer in derselben athemlosen Weise.
Wie es geschah? Ich war stärker als er – und nahm sie eben!
Und er, er überließ sie Ihnen, er ließ sich diese Briefe entreißen? Unglaublich! Sie müssen ihn wie ein Straßenräuber überfallen haben! rief Eugenie jetzt, indem der aufsteigende Zorn ihr ihre Fassung wiedergab.
Es war dies allerdings der Weg, den ich wählte, versetzte Baron Jauffroi. Es gab drei Mittel, die Briefe, welche ich beschlossen hatte, Dankmar von Gohr zu nehmen und Ihnen zurückzubringen, in meine Hände zu bekommen; sie hießen Raub, Todtschlag, Mord – außer dieser criminalistischen Scala sah ich keinen Ausweg. Ich konnte Gohr durch einen Bravo erstechen lassen; das war der Mord. Ich konnte ihn überfallen und ihm gewaltsam die Briefe rauben. Die Umstände fügten es so, daß mir das letzte am leichtesten wurde.
Und Herr von Gohr?
Ist allerdings ein klein wenig geritzt, verletzt worden bei dieser Gelegenheit, doch nur ganz unbedeutend.
Er ist verwundet, ernstlich verwundet?
Weitaus nicht genug, wie er es verdient hätte, für seine Frechheit gezüchtigt zu werden!
Für seine Frechheit? Wer macht Sie zum Richter darüber?
Was ist da viel zu richten – hatte er nicht diese Ihre Briefe gestohlen, gelesen?
Und wenn ich sie ihm nun gegeben hätte, wenn ich nun gewollt hätte, daß er sie lesen solle?
Jauffroi schüttelte den Kopf.
Das haben Sie nicht – das wollten Sie nicht!
Und weshalb nicht – woher wissen Sie, was ich wollte?
Diese Briefe sind viel zu intimer Natur dazu – Sie konnten nicht wollen …
Haben Sie sie denn gelesen?
Freilich, mehr als zehnmal!
Und beschuldigen ihn der Frechheit?
Das ist etwas anderes, Eugenie; Sie haben mich mishandelt, mit Füßen getreten, geschmäht – ich habe nicht mehr die Pflichten der Ritterlichkeit gegen Sie!
Eine Theorie, welche ganz Ihres Wahnsinns würdig ist!
Wissen Sie, daß diese Worte mir wohlthun?
Sie waren zu dem Ende nicht gesprochen!
Ich glaube es Ihnen; aber sie thun mir wohl.
Sie erinnern mich so lebhaft an die schöne Zeit, wo ich diese Sprache von Ihnen vernahm und gleichwol noch Hoffnungen hegte!
Eugenie wandte sich mit verächtlichem Achselzucken von ihm ab.
Ich wiederhole Ihnen, sagte sie, ich wollte, daß er sie lesen solle, diese Herzensergießungen, denn ich wollte, daß er mich ganz kennen lerne. Ich liebe Dankmar von Gohr.
Jauffroi's dunkles Gesicht ward bei dieser Erklärung Eugeniens um einen Farbenton bleicher; er antwortete:
Ich habe das geglaubt – gefürchtet, wenn Sie wollen, obwol es mir ja gleichgültig sein konnte. Aber ich bin beruhigt – ich glaube es nicht mehr.
Und weshalb glauben Sie es nicht mehr?
Weil die stolze Eugenie von Chevaudun das nicht so laut erklären würde, wenn es wahr wäre!
Was wissen Sie davon!
Ich weiß jedenfalls, daß Sie einen Mann nicht lieben würden, der Sie nicht liebt, der Ihnen eine Theatersoubrette vorzieht!
Was soll das heißen?
Nichts weiter, als daß Herr von Gohr in Neapel die Bekanntschaft einer allerliebsten jungen Dame gemacht hat, die früher in nicht ganz klaren Verhältnissen zu einem Herrn von Beltram stand und mit ihm nach Neapel kam, und daß Herr von Gohr die Gunst derselben in einem so hohen Grade gewonnen hat, daß sie zu ihm gezogen ist, daß sie bei ihm wohnt und – seine Wunde pflegt!
Sie lügen, Baron Jauffroi!
Gewiß, es ist unter all den andern schlechten Eigenschaften, welche Sie mir zuschreiben, auch die des Lügens – ich zweifle nicht daran. Aber vielleicht ist es Ihnen möglich, sich telegraphisch mit Ihrem Kapitän in Verbindung zu setzen; Sie könnten sich dann von ihm berichten lassen.
Und wie heißt diese Theatersoubrette?
Fanny; ich muß leider bekennen, daß ich den weitern Namen nicht weiß.
Und diese Fanny ist mit dem Baron Beltram nach Neapel gekommen?
So ist es
Also dieselbe Person, der ich …
An welche Sie thörichterweise eine große Summe verschwendeten, um ihr den Pfad der Sünde bequemer zu machen!
Das wissen Sie?
Ich weiß alles, was Sie betrifft. Sie haben einmal gehandelt wie jede Frau, die nur sich selbst zum Berather hat, unvernünftig!
Eugenie war aufgefahren, aber wie sich ihrer Bewegung schämend, ich schwieg sie. Nur leise schienen ihre Lippen ein paar Worte zu murmeln, bei denen sie Jauffroi's Blicken auswich.
Nach einer kurzen Pause, ihr Auge voll und kalt auf Jauffroi richtend, sagte sie:
Und nun, meine ich, könnte unsere Unterredung zu Ende sein. Der Zweck Ihrer Reise ist erreicht. Sie haben mir von Herrn von Gohr berichtet, was Sie mir von ihm berichten wollten, und Sie haben mir diese Briefe überbracht. Sie verlangten noch einen Dank von mir, und den kann ich Ihnen nicht aussprechen. Sie haben gehört, daß diese Briefe für Dankmar von Gohr bestimmt waren, nicht aber für Sie, für Ihre Augen!
So will ich ohne Dank gehen, so will ich auf diesen Dank verzichten. Sie haben mich das gelehrt, das Verzichten; ich bin in Ihrer Schule ein Virtuose darin geworden! Aber sollte es nicht dennoch sein Gutes haben, daß ich diese Briefe las?
Und wozu?
Ich habe daraus gesehen, wie Sie über mich denken. Ich habe daraus erkannt, welch fürchterlicher Thor ich war, wenn ich je hoffte, Ihr Herz zu rühren. Mußte es nicht ein Heiltrank für mich sein, der das Uebel gründlicher an der Wurzel faßte als alles übrige? Ich bin geheilt, Eugenie, geheilt von aller und jeder Hoffnung, und das wollte ich Ihnen sagen, als ich die Thore von Neapel hinter mir ließ, um Ihnen diese Briefe zurückzubringen.
So sagen Sie mir wenigstens etwas Gutes!
Dann scheiden wir also so ziemlich in Frieden, sagte Jauffroi, sich erhebend, denn scheiden muß ich ja wol.
Werden Sie Ihren frühern Plan wieder aufnehmen?
Welchen Plan?
Nach dem Berge Athos zurückzukehren!
Ich würde Ihnen für die Theilnahme danken, welche in dieser Frage liegt, wenn ich nicht mehr Ihren Wunsch heraushörte, mich recht bald wieder im Orient zu wissen, wo Länder und Meere zwischen uns liegen. Nein, ich werde meinen Plan nicht wieder aufnehmen. Aus dem einfachen Grunde, weil ich nicht mehr die Mittel besitze. Ich bin einfach ein Bettler. Ich habe mein Vermögen in den Tagen meiner rasenden Leidenschaft vergeudet. Es ist in Rauch aufgegangen wie meine Hoffnungen – ein Rauchopfer für Sie, der es so unangenehm war wie das niederqualmende Opfer Kain's dem Himmel. Mein verlängerter Aufenthalt in Neapel und die Reise hierher haben den letzten Rest vertilgt. Ich muß Arbeiter werden. Als ich kam, habe ich von einem Menschen, der dort unter der Terrasse im Garten beschäftigt ist und bei dem ich mich nach Ihrer Wohnung im Schlosse erkundigte – Sie können sich denken, daß ich vermeiden wollte, mich erst bei Ihnen melden zu lassen und nach Gebühr meine Karte zu senden – von diesem Menschen habe ich gehört, daß Sie viele Arbeiter beschäftigen, daß Sie in Ihren Wäldern Anlagen machen lassen, daß Sie bauen wollen – ich werde mich unter Ihre Tagelöhner aufnehmen lassen. Ich habe eine Mühle da unten im Thale bemerkt und werde da ein Unterkommen finden. Eugenie blickte ihn mit unverhohlenem Erschrecken
Das werden Sie nicht, Baron Jauffroi! rief sie aus.
Und weshalb nicht? Wellen Sie mich zwingen, zu verhungern?
Nein – ich werde Ihnen alles Geld geben, dessen Sie bedürfen, um …
Geld? Sie mir Geld? Haben Sie um mich verdient, mir das anbieten zu dürfen?
Aber ich bitte Sie um des Himmels willen …
Wenn Eugenie von Chevaudun Gouvernante werden konnte, so kann Jauffroi von Montenglaut Tagelöhner werden! Weshalb nicht?
Ich bitte, ich flehe Sie an, Herr von Montenglaut, geben Sie diese Gedanken auf, hier in meiner Nähe – o mein Gott, ich würde Schloß Dornegge sogleich verlassen!
Soll ich verhungern?
Verschaffen Sie sich irgendeine andere, Ihrer würdigere Beschäftigung.
Recht fern von hier, wollen Sie sagen!
Ich flehe Sie darum an …
Ich kann Ihren Wunsch nicht erfüllen. Mir selbst wäre es lieber, einen bessern Broterwerb zu finden. Ich bin ein wenig Jäger und habe mich früher mit der Verwaltung der Forsten auf dem Gute meines Vaters beschäftigt. Ich möchte Förster werden – Förster in irgendeinem verlorenen Waldwinkel. Aber wer wird mich anstellen, und noch mehr, wohin soll ich gehen, ohne einen Pfennig in der Tasche?
Nun wohl, nun wohl, stieß Eugenie erregt hervor, so gehen Sie zu meinem Förster für die Nacht – er soll Sie aufnehmen, bis es mir gelungen ist, Ihnen eine Stelle zu verschaffen – ich werde sofort Schritte deshalb bei meinem Vater thun!
Ihr Förster soll mich aufnehmen? Nun ja, ich kann dem Manne vorerst als Gehülfe dienen. Aber Ihre weitere Vermittelung muß ich ablehnen. Ich werde dann selbst die nöthigen Schritte thun können, um mir eine Stätte zu suchen, wo ein weltmüder und gebrochener Mensch in Verschollenheit gerathen kann!
Eugenie stand in höchster Bewegung auf, um einige Zeilen an ihren Förster zu schreiben. Als sie sich dazu an ihren Schreibtisch gelegt hatte und die Feder ergriff, fühlte sie, daß es ihr in ihrer Aufregung ganz unmöglich sei, zu schreiben; ihre Hand zitterte, der Kopf schwindelte ihr, als sie ihn auf das Papier senkte – sie stieß dieses von sich und sagte aufspringend: Gehen Sie jetzt, gehen Sie – ich werde dem Förster meinen Befehl mündlich ausrichten lassen! Dabei drückte sie auf eine Klingel, und als ein Diener erschien, rief sie diesem zu: Der Herr hier soll durch einen Boten zum Försterhause gebracht werden; der Förster soll ihn bis auf weiteres als Gehülfen aufnehmen!
Ich danke Ihnen, sagte der Baron Jauffroi mit einer förmlichen Verbeugung und ruhigen Zügen – ich werde Ihnen zeigen, daß ich Ihrer Güte würdig bin!
Eugenie wandte sich, ohne den Gruß zu erwidern, ab, und Baron Jauffroi folgte dem Diener, der ihn über die Terrasse hinausführte.
Draußen ließ er sich von dem Gärtnerburschen, dem der Diener den erhaltenen Befehl anvertraute, zuerst zu der Mühle, wo er sein kleines Reisegepäck niedergelegt hatte, hinunterführen, um dieses mitzunehmen.
Ist es weit bis zur Försterei? fragte er den Burschen, als sie die Mühle wieder verlassen hatten.
Nicht gar sehr, entgegnete der letztere; etwa ein halbes Stündchen den Bach hinauf; sie heißt Alt-Dornegge, die Försterei. Es ist ein gar altes Haus, soll noch ein Stück vom ältesten Schlosse sein – Haus Dornegge soll vormals da gestanden haben, wo jetzt die Försterei ist.
Und der Förster?
Der Förster ist ein alter Mann – der stammt noch von des seligen Baron Nesselbrook Tagen.
So wird es wol auch Zeit, daß ihn ein jüngerer, kräftigerer Mann ersetzt?
Der Gärtnerbursche warf einen forschenden, mistrauischen Blick auf Jauffroi.
Weshalb? fragte er nach einer Pause. Der Mann kann seinen Dienst noch ganz gut versehen!
Aber eine neue Herrschaft, mein lieber Freund, macht auch neue Ansprüche, und die alten Leute, wißt Ihr, sind nicht mit den Fortschritten der Zeit bekannt, sind eigensinnig.
Ist der Herr ein Forstmann? fragte der Bursche nach einer neuen Pause.
So etwas davon.
Und das gnädige Fräulein, fuhr der junge Mensch fort, hat den Herrn wol kommen lassen, nach den Forsten hier zu sehen?
Wol möglich, mein Bester.
Nachdem Jauffroi von Montenglaut diese Aeußerung hingeworfen, die genügte, um einer unfreundlichen Aufnahme in der Försterei Alt-Dornegge mehr als gewiß zu sein, sobald nur sein Führer mit dem Förster einige Worte zu wechseln Gelegenheit gefunden, schritt er schweigend vorauf.
Wie heißt Ihr, mein Freund? sagte er nach einer Weile, sich wieder zu dem jungen Menschen wendend.
Eduard Lindner.
Eduard – das ist ein schöner Name für einen hübschen Burschen, wie Ihr seid! Ihr seid der Gärtnergehülfe – bringt Ihr Eurer Herrin oft Blumen, Eduard?
Nein, das thut der Gärtner.
Aber Ihr seht sie oft?
Gewiß, wenn sie mit Fräulein von Gohr in den Garten kommt oder in ihren Zimmern ist.
Könnt Ihr sie denn sehen, wenn sie in ihren Zimmern ist?
Freilich, ihre Zimmer liegen ja längs der Terrasse unten – man braucht nur auf die Terrasse zu treten, und man kann hineinschauen.
Und Meister Eduard macht sich oft auf der Terrasse, in dem Laubengange zu schaffen, um hineinsehen zu können?
O nein, Herr, rief Eduard entrüstet, das würde sich schlecht schicken!
Und ist sie viel in den Zimmern unten und allein?
Fast immer allein. Sie sitzt da und liest oder schreibt auch wol. Wenn die Herrschaften zusammen sind, sind sie gewöhnlich oben in dem großen Saale.
So daß das gnädige Fräulein, wenn sie allein sein will, in die Terrassenzimmer kommt?
So mag es wol sein, versetzte Eduard, dem der Gedanke kam, daß der neue Forstbeamte ein wenig neugieriger Natur sei.
Während der Baron Montenglaut diese Unterhaltung mit seinem Begleiter führte und, endlich am Ziele angekommen, ihn mit einem Trinkgelde aus einer wohlgefüllten Börse ablohnte, die darauf deutete, daß die Angabe über seine völlige Armuth, welche er Eugenien gegenüber gemacht, nicht gar zu wörtlich zu nehmen sei – während dessen war Eugenie in einer schwer zu beschreibenden Aufregung in ihrem Zimmer zurückgeblieben.
Sobald Jauffroi geschieden, war sie in ihren Sessel zurückgesunken. Sie war bleich, ihre Mundwinkel zuckten, ihre Hände zitterten, als sie sie auf dem Schose ineinanderfaltete. Sie fühlte sich zerschlagen, gebrochen, als ob etwas Entsetzliches über sie gekommen. Sie hatte ein Gefühl, als ob sich ein fürchterliches, nicht zu vermeidendes Geschick wie mit Schlangenringen immer enger und enger um sie ziehe.
Das Gefühl, welches sie Herminen mit den Worten angedeutet, daß sie sich an sich selber irre werden fühle, ging in ein Gefühl der Ohnmacht über, als ob alles Streben und Ringen aus dem einmal über das Leben verhängten Banne hinaus nur tiefer und unrettbarer hineinziehe; ihr Schicksal war das der unentrinnbaren Gebundenheit, es trat immer wieder vor sie, trat vor sie mit den ihr fürchterlichen, düstern Zügen des Verfolgers, des Barons Jauffroi!
Dankmar war verloren für sie. Sie selber hatte ihn, der in dieser Stunde hülfreich, schützend hätte neben ihr stehen sollen, fortgesandt; sie selber hatte die Sirene, die ihn verlockt, dieses unwürdige Geschöpf, mit den Mitteln ausgerüstet, um sich auf den Lebensweg Dankmar's stellen und ihn verführen zu können; sie selbst hatte diese »Fanny« ihm gesendet. Und nun stand sie hier allein, sie, die über Millionen gebot, die tausend Hände sich für sie regen lassen konnte, hülflos und gebunden, in der fürchterlichen Enge des alten Schicksals – dem Feinde Auge in Auge schutzlos gegenüber.
Sie fühlte, gebrochen wie sie war, nicht die Kraft, aufzustehen und Hermine aufzusuchen und ihr zu vertrauen, was sie bewegte, was sie zerschmetterte. Sie fühlte, daß Herminens einfaches, klares Wesen kein Verständniß für sie haben könne. Sie konnten sich nicht verstehen über den Eindruck, den Dankmar's Betragen auf sie machte. Eugenie dachte an ihn mit der vollständigsten Hoffnungslosigkeit, wie an etwas unrettbar Verlorenes.
Ihre Briefe hatten sie um seine Liebe gebracht und die Schwester, mußte sie nicht mit dem Bruder empfinden, auf des Bruders Seite stehen? Und sie, Hermine, kannte sie diesen Jauffroi von Montenglaut? Kannte sie etwas von der fürchterlichen Willenskraft dieses Mannes, für den es nichts Unmögliches gab – hatte sie ein Verständniß für die Ohnmacht, die Eugenie über sich kommen fühlte bei dem Gedanken, daß Jauffroi zu nichts anderm gekommen, als um den alten Kampf wieder aufzunehmen und ihn mit todesverachtender Energie zu Ende zu führen?
Und wozu wäre er anders gekommen – war dieser Mann nicht am Ende eben so gebunden von seinem Verhängnisse, wie sie von dem ihrigen? – Er hatte sie fliehen, er hatte eine halbe Welt legen wollen zwischen sich und sie – und mitten auf seinem Wege hatte das Schicksal ihn mit Dankmar zusammengeführt, ihm diese Briefe in die Hände gelegt und ihn zurückgesandt in diese weltentrückte Einsamkeit, ans Ende der Welt, zu ihr!
O, es lag etwas Grausames in diesem Schicksale, das jedem seinen Pfad wies und weder dem kühnsten Denken noch dem kühnsten Thun, wie das ihrige doch gewesen, dem thatkräftigsten Entschlusse, wie sie ihn ausgeführt, den Weg zur Freiheit offen ließ! Und was blieb übrig, als dem Ringen nach freier Selbstbestimmung, dem kühnen Denken zu entsagen, sich in das alte Joch der anerzogenen, auferlegten Vorstellungen zu schmiegen, zu verzichten, sich zu beugen, sein Schicksal aus Gottes Hand zu nehmen und Gottes Hand zu sehen in dem, was der Zufall, die äußerlichsten Verhältnisse, die rohen Thatsachen so fügten; das sinnlose, sich in unsern Weg stellende Ereigniß als Sendung der Vorsehung zu verehren, dem wüstesten und ödesten Gesetze, dem der Umstände, sich gedanken- und willenlos zu unterwerfen und nicht seines Lebens selbstbestimmender, freier Herr, sondern der sinnlosen Verhältnisse gläubiger Sklave zu sein!
Und dieses Sklaventhum dann moralisch aufzuputzen, ihm einen beliebten Tugendnamen zu geben, es gleißen zu machen mit frommen Redensarten, es zu schmücken, wie man dem Neger das goldene Halsband anlegt und ihn »Cato« ruft!
Eugenie grübelte in höchster Muthlosigkeit und Niedergeschlagenheit über diesen Gedanken nach; sie war so völlig mit ihrer ruhigen Klarheit zu Ende, daß sie nicht die Kraft hatte, sich aufzuraffen und die Absendung einer Anfrage an ihren Kapitän Schmieder zu besorgen. Sie war überzeugt in diesem Augenblicke, daß die Antwort nur alles bestätigen könne, was Jauffroi ihr gesagt – was sollte sie sich durch die Bestätigung nur noch tiefer niederschmettern lassen?
Nach einer Stunde etwa trat Hermine bei ihr ein; sie erschrak über Eugeniens Aussehen und erhielt nur mühsam aus ihr eine kurze, unvollständige Aufklärung, bei welcher Eugenie den Namen des Barons Jauffroi gar nicht aussprach. Sie hatte Nachrichten aus Neapel auf indirectem Wege, sagte sie – Dankmar sei in einem Streite verwundet worden – eine Pflege in seinem Zustande aber fehle ihm nicht – die Schauspielerin, welche mit Beltram nach Neapel gereist, nehme sich seiner an – wie es scheine, so gut, daß er der Theilnahme derer, die er daheim gelassen, nicht bedürfe.
Hermine war in hohem Grade beunruhigt und erschrocken und eilte sofort, an der nächsten Station ein Telegramm an Schmieder absenden zu lassen.