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München, Sonntag, den 6. Dezember 1896.
Ich habe beschlossen, ein Tagebuch zu führen, vielleicht wird es bald nur ein Wochen- oder Monatsbuch werden. Ich tue es aus keinerlei Sentimentalität noch irgend einer Zärtlichkeit gegen mich selbst, sondern aus einem kalten vom zerlegenden Verstand herrührenden Bedürfnis, das Nacheinander meines Erlebens in der Erinnerung zu einem Nebeneinander reproduzieren zu können. Ich beginne heute, weil ich im Begriff stehe, meine Lebensverhältnisse zu ändern, aber von den alten, vielleicht nicht so bald wiederholbaren Zuständen erst ein Bild entwerfen möchte. Ich will zunächst den Lebensabschnitt bezeichnen, an dem ich augenblicklich stehe. Von meiner Schulzeit trennen mich nunmehr 5 Jahre, die ich meist in großen Städten, zum Teil auf Universitäten verbrachte. Diese Zeit ist ausgefüllt durch mannigfache wissenschaftliche Studien der verschiedensten Art, durch dichterisches Arbeiten und allerhand Erlebnisse, wie man sie in großen Städten findet. Drei Versuche, Gelehrter zu werden, sind gescheitert. Die Rechtswissenschaft stieß mich durch ihre Starrheit ab, ehe ich mich noch anders, als empfänglich ihr gegenüber verhalten hatte. Gesetze interessierten mich nicht, vielmehr suchte ich die mir fehlende, eigene, aus der Persönlichkeit herrührende Wertungsskala. In der Volkswirtschaft wagte ich eine entwickelungsgeschichtliche Arbeit, die wenig wissenschaftlich und willkürlich in der Optik der Erscheinung gewesen sein soll. Auf philologischem Gebiet suchte ich mich nun durch eine Ameisenarbeit zu retten, bei der jegliche Kühnheit der Schlußfolgerung durch die Art des Stoffes ausgeschlossen schien, und hier fehlte es an der geduldigen Gründlichkeit. Der Zweck dieser Versuche war hauptsächlich, dem Wunsche meiner Familie zu willfahren, die mich als Doktor irgend einer Fakultät sehen wollte. Für mich war das Resultat davon die Sammlung mannigfacher Kenntnisse, die Einsicht, daß meine Begabung mehr auf plötzlich ans Licht kommenden Einfällen, als auf der Methodik des Gelehrten beruht. Der Trieb, endlich etwas mehr, als Mittelmäßiges zu leisten, mich zu objektivieren, veranlaßte mich vor etwa ¾ Jahr, die Universität zu verlassen und mich einmal, zum mindesten zeitweise, der Tätigkeit zuzuwenden, zu der sich bereits in meiner Kindheit ein Hang zeigte, der im zweiten Jahr meiner Studienzeit sehr ausgesprochen hervortrat, ohne mich seitdem je zu verlassen, der Hang zum dichterischen Schaffen. Ich hatte bereits die Übertreibungen des Naturalismus und Symbolismus durch eigene unvollkommene Versuche eingesehen, als ich mich im Februar dieses Jahres von dem regen geistigen Treiben Münchens in die Ruhe von Frankfurt a/Main zurückzog, wo ich, umgeben von meiner Familie, einer Geliebten und mehreren bisweilen zu Besuch kommenden Freunden einige Novellenstoffe, die mich seit dem Sommer 1893, meinem zweiten Studienjahre, beschäftigten, bearbeitete. Durch fortgesetztes Arbeiten, unterstützt von dem Rat der Freunde, gelangte ich bis zum September schon so weit, daß ich für das, was ich zu sagen hatte, einen eigentümlichen Stil fand, in welchem damals 5 Novellen vorlagen. Es ist klar, daß in dieser Sammlung von Prosadichtungen die Mängel aller jener Arbeiten zu erkennen sind, an denen sich ein Autor entwickelt hat: eine gewisse Uneinheitlichkeit des Stils. Einen ganz neuen Stoff würde ich heute ganz anders anpacken; indessen ist an diese Arbeiten soviel Kunst verschwendet worden, daß ich auf eine Veröffentlichung nicht gern verzichten würde. Ende September begab ich mich, der Frankfurter Ruhe müde, nach München zurück. Ein Versuch, die Novellen zu verlegen, scheiterte an der mir entgegengesetzten künstlerischen Tendenz der Firma, möglicherweise auch an Intriguen.
Ich beschloß, die Arbeiten zunächst bei einzelnen Zeitschriften anzubringen, und während ich der Entscheidungen harre – ich tue es noch heute – die übrigen älteren Entwürfe zu vollenden, um dann alle Entwickelungsarbeiten in einen Band zu bringen. Mit der Fertigstellung dieses Buches bin ich noch beschäftigt. Im übrigen sind es 2 Kreise, die meinem augenblicklichen Leben seine
München, 6. Dezember 1896.
Färbung geben. Der eine gruppiert sich um meine Freunde, vielleicht besser gesagt intime Bekannte, Carlo Philips und Paul Gutmann, der zweite um meine Freundin Eleonore Karwat. Philips und Gutmann sind diejenigen Menschen unter allen meinen Bekannten, in denen ich die Vereinigung der künstlerischen Instinkte mit der starken Intellektualität am vollkommensten finde. Darum ziehen wir drei uns stark an, fühlen uns einsam gegenüber jener Masse dummer Genies oder lebloser Verstandesnaturen. Darum sind wir zuviel zusammen und saugen gewissermaßen an einander.
Lori ist deshalb meine Freundin und weiter nichts, weil meine Liebesinstinkte fast nichts mit ihr gemein haben. In der Gesellschaft, welche sie umgibt, hat nur mein Verstand als Beobachter etwas zu suchen. Zu lieben ist mir da nicht möglich. Diese Kreise hindern mich an intensivem Arbeiten, geben mir aber dafür keine genügende Entschädigung an Leben, Erleben, wofür ich gern das Arbeiten eine Zeitlang beiseite ließe. Außerdem hat die Großstadt für mich nicht mehr Neues genug, um mich ohne speziellen Anlaß dort niederzulassen. Ich habe die bürgerliche Gesellschaft und die künstlerische Bohème kennen gelernt, den Kaffeehausverkehr und das Abenteuer der Straße. Vor keiner dieser Sphären hatte ich einen Ekel, vielleicht wird mir aus ihnen noch manches schöne kommen, aber es müßte durch den Zufall kommen. Das Milieu an sich gibt mir nicht eher etwas Neues, bis ich nicht selbst als ein neuer, d.h. für die Augen der das Milieu Bildenden Neuer, etwa als anerkannter Künstler, wiederkomme. Das möchte ich eine kurze Zeit hindurch erleben, in einer weiteren Welt einmal zu herrschen, verehrt zu werden, wie es mir jetzt in dem kleinen Kreise um Lori Karwat geschieht. Ich weiß, daß es eitel ist, dies zu wünschen. Aber ich möchte diese Eitelkeit überwinden, indem ich sie erlebe. Wie ich mich kenne, werde ich desto weniger eitel sein, je mehr ich Grund dazu habe. Der Erfolg wird mich einfacher machen; ich will, wie der heilige Augustinus sagt, meine Begierden nicht extinguere, sondern explere. Erst dann steht man über dem Leben, wenn einem alle Wünsche einmal erfüllt wurden, wenn man wie Heine sagen kann: »Ich habe gerochen alle Gerüche in dieser holden Erdenküche.« Das Ende dieser Linie wird wohl beschauliche Einsamkeit und Zufriedenheit bilden. Ja, ich will den Erfolg. Darum will ich einsamer sein, um mehr arbeiten zu können. Ich will in eine kleine Stadt gehen, wo mich eine reizende Natur umgibt. Im Winter bin ich daher auf den Süden angewiesen; der nächst gelegene Ort, der für mich in Betracht kommt, ist Riva am Gardasee. Dorthin will ich am 1. Januar reisen. Noch nicht heute, weil mich eine Sentimentalität davon abhält, die Weihnachtszeit in der Fremde einsam zu verbringen.
Montag, den 7. Dezember.
Gestern sprach ich mit Gutmann über sein vor ein paar Jahren erschienenes Gedichtbuch. Ich habe von Anfang an nicht sehr viel von diesen Gedichten gehalten, weil ich darin zu viel Hervordringen einer nicht einmal besonders eigentümlichen Subjektivität, zu viel psychisches Rohmaterial künstlerisch unverarbeiteter Jugendgefühle sehe. Bei der Offenheit, die zwischen ihm und mir im persönlichen Verkehr waltet, habe ich ihm aus dieser Ansicht nie einen Hehl gemacht, wie er auch manche meiner Anfangsarbeiten weidlich zerfleischt hat. Indeß überzeugte ich mich vorgestern abend, als ich Lori aus den Gedichten vorlas, vielleicht durch ihren Tadel zum Widerspruch gereizt, daß Gutmann doch ein ausgesprochenes Talent zur plastischen Darstellung hat. Ich fand einzelne der Gedichte ganz gut, in vielen einiges Gute, wenn mir auch heute noch die Mehrzahl als des Druckes unwert erscheint. Ich teilte ihm meine Meinungsänderungen gestern mit, wir stehen zusammen so, daß er mir gegenüber ruhig die hohe Meinung äußern darf, die er von sich und seiner Produktion hat. Er sprach seine Verwunderung darüber aus, daß die Gedichte bei ihrem Erscheinen wenig Staub aufwirbelten. Ich befürchte, die persönliche Note fehlt bei Gutmann, den ich sonst so sehr schätze. Er ist subjektiv, aber nicht persönlich. Seine gute Beobachtung, seine Strenge gegen sich selbst, wird ihn, so bin ich geneigt anzunehmen, doch nicht weiter, als zu einer erfreulichen Tüchtigkeit bringen. Diese Dinge sagte ich ihm natürlich nicht. Er fühlte, daß wir hier auf einen profunden Gegensatz unserer beiden Naturen stießen, der sich in dem oft zwischen uns wiederholten Streit über die von mir so hoch geschätzten Poe, Baudelaire, E.T.A. Hoffmann und Heine äußerte. Eine seltsame Unklarheit ist die: er wirft mir vor, daß ich zu sehr das apollinische Element betone, wenn ich ihm zuviel psychologisches Rohmaterial in seinen Gedichten vorhalte. Übrigens ist das mit seinen neuesten noch ungedruckten Arbeiten, die er gestern bei Lori vorlas, etwas anderes. Hier sind die Empfindungen mehr in Kunst aufgelöst, und zwar in erfreuliche. Ferner glaube ich, daß meine Hochschätzung der Eigenart gerade doch eine Betonung des Dionysischen, wenn auch im Apollinischen Aufgelösten ist. Ich glaube vielmehr, daß gerade er aus Mangel an Eigenart das Dionysische unterschätzen muß. Nur eine apollinische Klarheit scheint ihm vergönnt zu sein.
10. Dez.
In der Gesellschaft posiert Anna Maria auf die Weltdame und freut sich, wenn der Schein entsteht, ich sei der Cicisbeo in ihrer Ehe. Nun ist sie trotz ihrer fast mädchenhaften Schönheit für mich ganz reizlos. In ihrer Nähe empfinde ich Kälte, und selbst meine Bemühungen, etwas galant zu sein, scheitern daran, daß wir nie aus der kühlen Konversationsstimmung herauskommen. Sie beneidet Lori um ihre gattenlose Unabhängigkeit und läßt deutlich erkennen, daß sie ihre Ehe mit dem Verlagsbuchhändler, die nur ein halbes Jahr währt, bereut. Dieser Mann verdient nun allerdings, Hörner aufgesetzt zu bekommen, durch seine Läppischkeit, die mit einer bauernklugen Berechnung verbunden ist. Er hat sie des Geldes wegen geheiratet, und ich glaube fast, daß er ein Auge zudrücken würde, wenn sie ein Verhältnis anfinge. Sie ist in ihrer dritten Ehe. Ihre zweite war das Ereignis ihres Lebens. Ein Maler von raffinierter Sinnlichkeit, der sie, – ich weiß alles dies von Lori – in alle Geheimnisse eingeweiht hat und sie dann wieder heimschickte. Sie heiratete dann den Verlagsbuchhändler, weil sie es nicht ertrug, wieder wie ein junges Mädchen zuhause behandelt zu werden. Diese Ehe ist das schauderhafteste Verhältnis, welches erfindbar ist. Sie haben Gütertrennung. Alles, was sie von Geschenken erhält, ist urkundlich beglaubigt, damit sie im Falle einer neuen Trennung nicht um ihre Habseligkeiten kommt. Sie ist ganz und gar egoistische Berechnung. Dazu kommt eine Art sexuelle Perversität, eine gewisse psychische Impotenz, welche sie nur durch künstliche Mittel zum Orgasmus gelangen läßt. Ihre Mutterinstinkte sind verkümmert, sie befindet sich zwar in anderen Umständen, spricht aber jetzt schon in der lieblosesten Weise von dem »Balg«, welches ihr wohl viel Störungen verursachen wird. Alle Vorbereitungen für das Ereignis überläßt sie ihrer unverheirateten Schwester, vor der ich die allerhöchste Achtung habe. Sie ist bereits ältlich, das aufopfernde Weib. Sie sagte mir selbst, daß Anna Maria's Liebe zu ihr nur auf ihrer großen Nützlichkeit für sie beruht, und dennoch liebt sie Anna Maria. Anna Maria's Liebesneigungen konzentrieren sich in einer fast krankhaften Neigung zu ihrer Katze, welche die Schwester zugunsten des kommenden Baby's heimlich aus dem Wege geschafft hat. Auch die Schwester ist empört über die läppische Art des Mannes, der in Gesellschaft die unglaublichsten Fadheiten begeht, z. B. sich an das Klavier setzt und minutenlang, wie ein Kind, mit einem Finger klimpert. Indessen hat Anna Maria sehr viel Verstand, wohl mit etwas Blaustrumpfigkeit. Sie spricht sogar oft kleine Weisheiten aus, aber mit der naiven Miene eines altklugen Kindes. Sie sprach neulich vortrefflich über Segantini und Liebermann. Einmal war ich mit ihr in der Generalprobe einer Novität im Residenztheater, wo sie durch einen ausgezeichneten poetischen Einfall dem schwachen Stück Fulda's »Sohn des Kalifen« aufhelfen wollte. Lori vergleicht sie immer mit Hedda Gabler. Sie möchte leben, alles mitleben, aber ihre Feigheit läßt sie zu nichts kommen.
Gestern abend begleitete ich sie durch den Hofgarten. Es war dunkel und leer. Sie ging so langsam, wie möglich. Wir sprachen kein Wort, aber nichts geschah. Für mich hat sie nur psychologisches Interesse. Ich brachte sie brav zu ihrem Mann zurück, der mich trotzdem haßt. Ich verfluche oft meine Subtilität, die es mir unmöglich macht, eine in jeder Hinsicht so schöne Gelegenheit auszunutzen, wie sie mir Anna Maria bietet. Darum bin ich, trotzdem es mir nicht an Chancen fehlt, doch meist ohne das notwendige, – ein Weib, das Geist, Herz und Sinne zugleich befriedigt. Nelly hatte teilweise das Zeug dazu.
Ich saß bis heute morgen um 4 Uhr mit Gutmann und dem Komponisten Weinhöppel beim Wein. Dieser Mensch ist für mich ein Ereignis. Robust, schön, très mâle, wirkt unendlich auf die Frauen, ist dabei von ausgesuchter Noblesse im Umgang, scheint bon garçon zu sein. Er lebte lange in Paris und New Orleans. Er genießt das Dasein wirklich aus dem Vollen und erkannte sofort die Gefahr, in der sich Gutmann und ich befinden, – zu literarisch, d. h. zu subtil zu werden. Er ist 7 Jahre älter als ich. »Sie suchen zu viel«, meinte er, »Sie fühlen sich noch zu sehr als Mittelpunkt Ihrer Welt. Sie verlangen von allen, besonders den Frauen, im Voraus bestimmte Eigenschaften, statt einfach das Leben herankommen zu lassen. Sie sind zu fein, zu gescheit.« Ja, ich muß fort aus dieser literarischen Atmosphäre, welche das Leben vergessen läßt. Ich komme vor lauter hastender Neugier nicht zum Genuß des Daseins. Ich sollte alle Pläne aufgeben und in den Tag hineinleben. Hoffentlich gelingt es. Nur erst fort von hier.
Übrigens beschäftigte mich ein sehr ähnlicher Konflikt vor 3 Jahren, als ich mit Löwenherz verkehrte, der mir auch ähnliche Dinge vorwarf, nur alles viel weniger fein, als Weinhöppel, erkannte. Er nannte es in seiner Grobheit Pedanterie. Aber er hatte in einem Recht: Die Menschen, die planlos, vermögenlos in der Welt umhergeworfen werden, erleben das meiste. Mein Vermögen ist vielleicht nächst meinem Verstand der größte Feind meiner Künstlernatur, des lebensvollen Drängens, das ich in mir fühle. Mein Unglück ist humoristisch. Ich Unglücklicher kann z. B. keine Schulden machen, denn ich muß sie ja von meinem eigenen Gelde bezahlen. Ich kann keine schönen Verrücktheiten begehen, denn mein Verstand warnt mich zu früh, nimmt mir oft den Aplomb, der zu einer spontanen Aventure nötig ist. Kultur im weiteren Sinne besitzt freilich Weinhöppel nicht. Sehr vieles Menschliche ist ihm daher fremd. Was er nicht erlebt hat, weiß er nicht. Wir können wenigstens mit der Phantasie und mit dem Verstand das nicht Erlebte begreifen und vieles innerlich erleben. Er hat Humor, aber keinen Witz, wie er überhaupt nicht sehr subtilen Geistes ist. Er versteht auch nicht, daß man die Dinge, die man um sich herum hat, wie ich meine Schlafröcke und mein rotes Teeglas, liebt, Dinge, die ich seit Jahren überall hin mitschleppe. In wieviel bösen Stunden habe ich die rote Teeflasche geöffnet, um meinen Nerven zur Belebung einen Tee zu machen! – Wieviele Mädchen habe ich in diese Schlafröcke gesteckt! Darum liebe ich einige Gegenstände wie lebendige Tiere. Das begreift Weinhöppel nicht, ebensowenig alle Distanzgefühle anderen Menschen gegenüber.
Soeben kommt wieder ein Brief von Nelly. Sie gesteht ihre Sehnsucht, die sie nach meinem ersten ironischen Briefe empfand. Dagegen hatte sie der zweite, viel ernstere Brief überzeugt, daß wir uns nie verstehen werden. Seit unserer Trennung habe sie nicht mehr gearbeitet. Ich schickte ihr ein paar Gedichte zu, die ich, ohne daß sie es wußte, seinerzeit an sie gemacht habe:
»Ich liebe die zitternden Lippen.«
»Laß in Dämmerung uns versinken.«
»In Deinen müden Augen.«
Freitag, den 11. Dezember.
Es ist nicht notwendig, daß in der Dichtung, besonders der romantischen, die Symbole in der Wirklichkeit ganz aufgehen. Wir wandeln durch den Wald und hören bisweilen das Rauschen eines unterirdischen Stroms, dann verschwindet es wieder. Darauf beruht der Reiz der ungelösten Symbole, die nicht ganz klar werden, aber unter ihrer Hülle tiefere Beziehungen ahnen lassen. Es ist in der romantischen Dichtung besonders nicht notwendig, daß man immer den Faden in der Hand behält. Man darf ihn verlieren und fühlt sich dann um so erschütterter dem Walten elementarer Kräfte gegenüber.
Gestern nachmittag bei Lori zum Tee. Doktor Epstein war da, ein Zerebralmensch, der sich aber als solcher ganz wohl fühlt. Lori war entzückt, daß wir nur über ihren Charakter debattierten, wie über ein Rätsel. Ich gab zu, daß Lori Temperament besitzt, denn im stillen erinnerte ich mich der von ihr geschilderten Szene, als sie zu Rübke sagte »Entweder lieben Sie mich, oder Sie dürfen nicht wiederkommen«. Indeß scheint mir ihre Lustigkeit in Gesellschaft immer krampfhaft, ein Sich-hinwegtäuschen über gewisse Leeren. Sie will das nicht zugeben. Was ich an ihr liebe, ist ihre große Güte. Als Freundin ist sie mir in uneigennützigster Weise zugetan. In ihrer übertreibenden Phantasie sinnt sie die tollsten Pläne aus und möchte mir am liebsten bei einflußreichen aber scheußlichen Leuten durch ihre Schönheit nützlich sein. Sie redet davon sehr amüsant. Der Ton ihres früheren Milieus, der preußischen Offizierskreise, haftet ihr bei aller Bohème immer noch an. Wie gut versteht sie mich oft, wenn wir unter vier Augen sind. Aber wie oberflächlich urteilt sie über alles in Gesellschaft. In den letzten Jahren ist das Gute in ihr immer stärker hervorgetreten. Die Liebe zu Rübke, die sie selbst als ein großes Unglück ihres Lebens empfindet, hat sie sicher gefördert. Ich sage ihr das möglichst oft.
Ich ging mit Epstein nachhause. Ich habe schon lange das Bedürfnis nach einem psychologisch verständnisvollen Arzt. Ich glaubte, ihn in ihm gefunden zu haben und enthüllte ihm mein Nerven-, Liebes- und Seelenleben. Er meint, daß ich von den dunklen Disharmonien, die mich bisweilen stören, durch das Vermeiden derselben während eines Jahres ganz geheilt werden müsse, und daß mit ihnen alles übrige, was mich stört, verschwindet, auch dies, daß ich mich oft nach einem Kunstgenuß, nach bacchischer Lustigkeit oder nach Naturfreuden und Liebe sehne und wenn mir die Gelegenheit dazu kommt, soviele Hemmungsvorstellungen dazwischen treten, daß ich kalt bleibe.
Abends mit Gutmann zur Abwechselung einmal in einem Varieté. Er hat neulich von mir in sein Tagebuch geschrieben: »Seine Gehirntätigkeit ruht nie, gleichgiltig, ob er auf der Straße, im Kaffeehaus oder in der Natur ist.« Sie ist sicher die Schuld an meiner Verwirrtheit dem Leben gegenüber. Ich muß fort von hier, ich habe zu viel geistige Anregung. Gutmann meint, daß ich diesen Sommer in Frankfurt, wo ich wenig Anregung hatte, ganz anders war. Wir befinden uns beide im Übergang zum Mannesalter. Wir haben viel Erlebtes zu verdauen, denken viel an die Zukunft, die entschieden anders werden muß, als das gestern und heute. Dieser Zustand erinnert an die Pubertät.
Wir verkehren hier mit ein paar sonderbaren Leuten, über deren Typus Gutmann und ich erst gestern klar geworden sind, – der Typus des dünnen Menschen. Der Schweizer Maler Baumann besonders. Kleine dünne Leute mit eleganten spitzgeschnittenen Bärten, weiße durchsichtige Haut, wässerige Augen, Pariser Eleganz. Ich denke mir, daß Baumann so den Tag verbringt: Steht spät auf, braucht lange zur Toilette und denkt bereits an das Lokal, wo er speisen wird. Erwählt sich schon einen Platz im Geist. Wenn er ihn nicht frei findet, vergeht ihm vielleicht jeder Appetit. Sonst bestellt er irgend eine kleine feine Speise, die sonst niemand ißt, vielleicht nur 2 Eier mit Parmesan oder Tomaten. Dazu trinkt er ein Glas Madeira. Es stört ihn, wenn jemand zu ihm an den Tisch kommt. Er hat nichts zu reden. Er ist ungeistig, lebt eigentlich nur in sinnlichen Eindrücken, die von außen kommen, ist aber deshalb um Gotteswillen kein sinnlich veranlagter Mensch. Er liebt nur die schwachen Eindrücke. Er liebt es von kleinem zierlichen Geschirr zu essen, dann geht er und denkt an das Kaffeehaus. Auch hier sucht er einen vorher bestimmten Platz. Indeß vielleicht immer einen anderen. Er bestellt einen Café double und denkt: »Wie klein ist dieser double.«
Vermutlich sitzt er immer bei derselben Kellnerin, mit der er aber nie spricht. Er will von den Frauen nur den Duft. Dabei aber hat er auch nichts von der bewußten Ästhetik des geistigen Dandy. Er lebt nur im Triebhaften, aber das ist bei ihm ganz klein. Er ist die dünne Spitze einer wohl ganz verausgabten aber guten Rasse. Nachmittags malt er ein bischen, abends geht er vielleicht in ein Konzert. Mitunter rührt ihn in der Musik irgend etwas ungemein, selten etwas künstlerisches, gewöhnlich irgend etwas neurasthenisches. Er denkt nicht und er liebt nicht, er haßt nicht, dieser dünne, kleine, blonde, elegante Mensch.
Ein Nachtrag zu meiner Unterredung mit Dr. Epstein: Die dunklen Dinge, von denen ich ihm sprach, sagt er, seien weder unschön, noch unmoralisch, höchstens unzeitgemäß. Er täuscht sich darin, das Häßliche, Verworrene, Disharmonische besteht darin: c'est plus fort que moi, während mir sonst jeder Excess erlaubt ist, weil ich darüber stehe. Selbst der Ehrgeiz, der Rausch, ja die Prostitution sind für mich ganz ungefährlich, so sehr mich alles dieses im Augenblick reizen mag. Sie stören nie mein Gleichgewicht, so oft ich diesem Drängen nachgeben mag, ja, ich könnte sogar ohne Gefahr eine Zeitlang darin untertauchen und doch nie zum Trunkenbold, nie zum Stammgast im Bordell oder zum eitlen Gecken werden. Ich kann mich ohne Gefahr allen meinen Trieben überlassen, nur diese dunklen Dinge erschrecken mich; und weil ich darum immer auf der Hut sein muß, wird der Instinktmensch in mir überhaupt gehemmt, wodurch dann dem Intellekt immer wieder neue Macht zugeführt wird. Ich bin augenblicklich anderthalb Monate, seit dem 1. November, mit Ausnahme einiger schnell gedämpfter Phantasien, frei davon.
Sonntag, den 12. Dezember.
Von Nelly ein Brief. Sehr freundschaftlich, dankt für die Gedichte. Ich antwortete: Daß Du in meinen Gedichten nicht alles verstehst, kommt daher, meine liebe Nelly: sie sind an die liebe Nelly gerichtet, wie sie nur in wenigen Stunden existierte, z. B. wenn ich Klavier spielte, oder an jenem Nachmittag, als wir solange in der Dämmerung saßen, an die stille Nelly mit den oft ein wenig fragenden Augen, die mich nie verstanden, außer, wenn ich Musik machte. Nur die liebe, stille Nelly werde ich im Gedächtnis behalten, die andere vergesse ich.
Ein Nachtrag zu dem Abend mit Weinhöppel: Er erzählt folgende Geschichte aus America: eine reiche Amerikanerin hat von ihm gehört, von seinen Verrücktheiten, seiner Begabung. Beide haben sich nie gesehen. »Ist es Ihnen der Mühe wert, zu kommen?« schreibt sie ihm, »Es ist mir der Mühe wert!« antwortet er. Er wird in ein dunkles Zimmer geführt, eine Frau tritt ein. »Wir wollen uns erst als Menschen kennen lernen«, sagt sie, »damit wir durch das Äußere nicht irregeleitet werden.« Sie fragt ihn Intimitäten, ob er eine sinnliche Natur sei, u. s. w., ermutigt ihn bald, bald weist sie ihn ab, läßt ihn erraten, wie sie aussieht. Zum Schluß leidenschaftliche Küsse. »Zünden Sie Licht an« sagt sie. Er tut es. Indeß verschwindet sie. Er steht in einem prachtvollen Salon, ein Diener meldet: »Madame läßt sich entschuldigen, hat soeben Kopfschmerzen bekommen.« Nach einigen Tagen sitzt er in einem Restaurant, plötzliches Unbehagen, Mangel an Appetit. Er dreht sich um, eine elegante Dame mit einem alten Herrn sitzt hinter ihm. Sie muß es sein. Mit einem mephistofelischen Lächeln geht er an ihr vorbei. Sie versteht, daß sie erkannt ist. Am anderen Tage hat er einen Brief: »Kommen Sie, besuchen Sie mich, die Komödie ist aus!« Nun wird er von ihr im Negligé in einem Boudoir empfangen.
In München muß man dahin kommen, wo ich heute bin, zu jener Hypertrophie der Hirntätigkeit. München ist eine Stadt ohne viel Leben, mit viel künstlicher Geistigkeit; keine anmutige Erholung, immer nur Debatten im Café, ernste Konzerte und Theater. Keine wirklich geschmackvollen Chantants, Café-Häuser oder Kokotten. In der Gesellschaft bemühen wir uns, geistreiche Zirkel zu sehen, in den Cafés und Varietés genießen wir Dinge, die es hier nicht gibt. Unsere Phantasie, sowie die Reminiszenzen an Wien, Brüssel, Italien müssen nachhelfen. Alles kommt aus der Phantasie, aus dem Verstand. Es gibt nicht genug peripherische Reize, darin liegt etwas Masturbatorisches.
Gestern traf ich im Theater die kleine Geliebte des schönen, eleganten, gut essenden, umfassend gebildeten Malers Gustav Richter. Es ist unfaßbar, wie er mit diesem Mädchen doch schon anderthalb Jahre verkehren kann. Sie wohnen sogar meist zusammen. Er ist schon circa 30, hat nach langen juristischen Studien sich der Malerei gewidmet. Er ist der Sohn des bekannten Malers Gustav Richter, ein Enkel Meyerbeers. Seit Monaten lebt dieses Mädchen bei ihm im Atelier. Sieben Stunden des Tages sitzt er im Sessel mit der Zigarre in der Hand und zeichnet nach einer Gipshand, weil er zu bequem ist, in die Malschule zu gehen. Währenddessen liest Emmy aus Bulwer vor. Dann dreht er sich bisweilen um und fragt: »Wie war das? Also der heiratete sie?« – Mittags lassen sie sich das Essen holen, und so kommen sie fast nie unter Menschen. Eine Zeitlang, während ein Familienereignis erwartet wurde, das aber dann ausblieb, waren eine Hebamme und eine barmherzige Schwester Mitbewohner des Ateliers und der 2 bis 3 angrenzenden Zimmer. Von dieser Ruhe könnte ich etwas brauchen. Emmy sprach über Fritz Cassirer, den Musiker. Sie haßt sein ewig witzelndes Wesen, bei dem man nie auf den Grund blickt. Wenn von mir, den er haßt, gesprochen wird, soll er sagen: »Nicht von meinem guten Freund reden.« Er hat ein instinktives Wissen seiner vielen Blößen und weiß mit Witzen über alles hinwegzukommen. Vom Juden hat er nicht einmal die Intellektualität. Er hat indessen sehr großes musikalisches schauspielerisches Talent. Auch als Dichter hat er in seinem abstrusen »Edgar« Begabung verraten. Einer von den Menschen, die überall Talent haben, dabei durchaus unkünstlerisch und unproduktiv sind. Der typische, verfeinerte Dilettant. Er ist dekadent, Mensch des Ressentiment. Dagegen echte jüdische Familien- und Rassen-Instinkte. Seine Geliebte ist – ein seltener Fall – ein kleines jüdisches Mädchen. Er sagte einmal: »Als ihr Germanen noch auf Bärenhäuten lagt, hatten wir Juden bereits das Alte Testament.«
Ich war gestern im »Hamlet«. Was mich an diesem Stück so mächtig fesselt, ist die Atmosphäre, welche die Handlung umgibt: ein Schloß voll bunter Säle, durch die unter Posaunenklang ein König zieht, ein junger Träumer, voll von Weisheit deutscher Hochschulen, wandelt sinnend umher. Daneben die fast kleinbürgerlichen Verhältnisse der Familie des Polonius. Der Sohn, der die Schwester warnt, der Vater, der den Sohn warnt: bürgerliche Weisheit! Und dann in der bitterkalten Winternacht, die der König bei Schmaus und Trunk durchwacht, während unten im Park dem blassen Träumer ein Geist erscheint; dann wieder eines Wintermorgens kommen Schauspieler zu dem träumenden Prinzen, ihm Kurzweil zu bereiten. Und dann wieder in der eisigen Nacht in gothischen Räumen bei flackernden Kerzen ein betender König, ein Neffe, der den Oheim morden will, eine Mutter, die vor dem Sohne bebt. Und dazwischen geht ein weißgekleidetes blondes Mädchen mit dem Wahnsinn in den dunklen Augen, das Blumen streut und wollüstige Lieder singt, durch die bunten Säle des gothischen Schlosses, fern am winterlichen Meer.
Am Abend begleitete mich Schuster nachhause, ein junger Jude, der ganz Verstandesmensch ist, der durch einen Mißgriff des pädagogischen Philips in unseren Kreis kam. Wir sprachen über Essen, Blumen und Düfte. Er haßt den haut goût des Wilds, Gemüse, wie Rosenkohl, Tomaten, den hessischen Handkäse, den Heliotropgeruch. Er liebt Veilchen, die Rose La france, das Moosröschen, den Goldlack. Ich liebe dagegen etwas haut goût und alles andere, was er verabscheut. Die Rose La france ist mir langweilig, während ich die Teerose liebe, die er nicht versteht. Auch die Lilie und den Fingerhut. Goldlack scheint mir gewöhnlich. Unser Geschmack trifft sich bei der Tulpe, dem Chrysantemum, dem Flieder. Den Hummer ißt er barbarischerweise mit Mayonnaise. Ich sehe in diesem Gegensatz die 2 Grundrichtungen des Geschmacks ausgeprägt. Übrigens mag sein Geschmack gesünder sein, als der meine. Er liebt auch nicht die starken Lippen bei Frauen, während ich kaum je andere, als etwas üppige Lippen küssens wert fand.
Meine Freude an Gluck und Mozart nimmt stark zu, während ich bei den modernen Komponisten die Verworrenheit unsympathisch empfinde, so sehr ich bei einigen gerade das musikalische Talent anerkenne, – Tschaikowski. –
Bei Lori zum Tee. Sie ist vollauf mit Weihnachtsarbeiten beschäftigt. Frau Jordan erklärte, daß sie es haßt, für andere zu Weihnachten zu arbeiten, noch eher möchte sie kaufen; wenn sie nur ihre Ruhe hat. Sie bewunderte meine Fähigkeit, mit dem kleinen Wolfgang, Loris Sohn, zu spielen. Sie behauptet, garnicht zu wissen, wie man mit Kindern umgeht. In 5 Monaten wird sie Mutter sein. Sie kann einem verheirateten Mann eine Untreue nie verzeihen. Die Untreue der Frau dagegen sei weniger verdammenswert, denn der Mann trage mit seiner Untreue Geld und Arbeitskraft aus dem Hause. Was die Frau aber dadurch hineinträgt, das vergißt sie. Diese Frau verdient eigentlich Prügel. Ich möchte mit ihr soweit kommen, daß ich ihr das wenigstens sagen kann.
Montag, den 14. Dezember.
Gestern kam endlich der längst erwartete Brief von Nelly, folgenden Inhalts: »Komm, ich muß Dir mein Herz ausschütten.« Ich habe indessen einen kaum bekämpfbaren Abscheu, ihr Zimmer wieder zu betreten, das für mich voll peinlicher Erinnerungen ist. Zudem quälte sie mich so oft mit ihren Launen. Ich habe ein Recht, zu verlangen, daß sie deshalb zu mir kommt. Auch wohnt sie in einer Vorstadt, sodaß es mich sehr viel Zeit kosten würde. Aus diesen Gründen möchte ich sie auch gleich daran gewöhnen, falls das Verhältnis wieder beginnen sollte, daß sie zu mir kommt. Der Brief enthielt ein beunruhigendes Wort, als ob sie in anderen Umständen sei. Das ging mir doch ein wenig auf die Nerven, wenn ich bedachte, wofür das alles geschehen ist. Es handelt sich um eine einzige Nacht, in welcher das Unglück hätte passieren können. Und da war ich nur wider Willen auf ihr unablässiges Bitten mit ihr hinaufgekommen, denn sie hatte mich vorher durch ihr Benehmen entsetzlich verstimmt. Ich blieb schließlich, denn ich schreckte davor zurück, einen Menschen abzuweisen, der mir sein Allerbestes entgegenbringt. Indeß, es half nichts, meine Verstimmung wich nicht, sie wurde sogar durch die höchst unbequemen Verhältnisse der Wohnung noch vermehrt; man hörte jeden Laut und Atemzug im Nebenzimmer, sodaß ich einen etwas traurigen Liebhaber spielte, bei welcher Gelegenheit Nelly fast bis zur Gefühlsroheit taktlos war, wodurch sie die Situation noch verschlimmerte. Trotzdem ist es nicht ganz ausgeschlossen, daß sie empfangen hat, da gegen Morgen beim Aufwachen meine Verstimmung mit dem Schlaf verschwunden war. Für eine solche Nacht nun alle die Unannehmlichkeiten, von denen ihr Brief spricht, das ist ein bischen hoch bezahlt. Ich war, als ich den Brief empfing, äußerst verstimmt. Am Abend hörte ich den ersten Aufzug der »Walküre« und obwohl ich nicht besonders empfänglich war, erhoben mich mehrere Stellen über meine Besorgnisse hinaus. Dann war ich bei Philips im kleinen Kreis und vergaß eine Zeitlang diese Unannehmlichkeiten. Philips hat wohl dramatisches Talent, wie ich aus einigen vorgelesenen Stellen seines Dramas schließe, aber er produziert zu wenig und ist doch bald 30. Er treibt bald griechisch, bald übt er Klavier, bald befaßt er sich pädagogisch mit jungen Leuten oder vertieft sich in einen Dichter. Dazu kommt eine Frau, die vielleicht geistig zu anspruchsvoll ist und ihn ermüdet, wie mich das geistige München. Wir Männer brauchen wohl, wenn wir arbeiten sollen, eine mehr tändelnde Erholung: la petite femme. Im Sommer war Philips von seiner Frau getrennt in Frankfurt ein ganz anderer. Produktiver und lebensvoller. Jetzt verspießbürgert er. Sein großer Verstand tyrannisiert die einst anmutige Frau, die er allmählich aller Reize entkleidet, und wenn eine Frau einmal ernst wird, dann ist sie erschreckend gründlich, dann verachtet sie gleich alles Heitere, Anmutige. Das ist vielleicht das Correlat des Besten in der Frau, sich ganz für eins oder einen einsetzen, alles opfern zu können. Philips behauptet, er sei jetzt in seiner Entwickelung auf einem Plateau, er bedürfe einer Zeit der Sammlung, der Überschau, behaglicher Verhältnisse. Im Frühjahr wolle er in ländlicher Einsamkeit arbeiten. Hoffen wir es! Ich kann es mir nur getrennt von seiner Frau denken. Es war auch Fräulein Anna Hintermayer da: die redlich bestrebte Halbbildung, gut und innig, voll Leidenschaft, doch stört sie mich in diesem Kreise, wo ich gewohnt bin, per »wir« zu sprechen, und die Anwesenden einschließe; ich befürchte, daß sie darin ein verborgenes ausschließendes Du oder Ihr hört. Das verletzt solche Menschen zwar garnicht in ihrer Bescheidenheit, aber dennoch macht mir dieser Gedanke den Verkehr peinlich. Gutmann kennt dieses Gefühl nicht, den Unterlegenen gegenüber scheint er mir grausam, fast gefühlsroh zu sein.
Meine Sehnsucht, von hier fortzugehen, wächst. Heute mit Gutmann im Café, vor dem Fenster hält ewig ein Fiaker mit einem versoffenen Kutscher. Schwere Menschen schleichen durch die graue, schmutzige Straße. Keine Eleganz, kein Leben. Ich will eine Zeitlang einsam sein, das geistige München verdauen und zugleich die noch übrigen beiden Novellenentwürfe beenden, im Frühjahr dann nach Paris gehen.
Donnerstag, den 17. Dezember.
Gestern Jour fixe bei dem Musikdirektor Porges. Man hat mich in diesem Hause mit größtem Wohlwollen und Interesse aufgenommen. Gestern bemerkte ich bei Frau Porges und Frau Strindberg eine merkwürdige Kühle. Man hatte mich um ein Manuskript gebeten, ich schickte ihnen »Das große Leben«. Wenn man darüber auch verschieden urteilen mag, so ist doch sicher der künstlerische Ernst darin unverkennbar. Ich kann diese Kühle also kaum auf ein Mißfallen meiner Novelle zurückführen, über die man völlig schweigt. Wenn ich nicht von selbst dahinter komme, werde ich Frau Porges offen fragen. Ich verließ das Haus in größter Verstimmung.
Abends bei Philips, der Weihnachten nach Offenbach reist, Abschiedsessen. Außer mir nur Gutmann anwesend. Dieser für lange Zeit wohl letzte Abend brachte manches tiefe Gespräch. Zuerst ein Streit. Ich warf Philips in vielleicht zu heftigem Tone seine unleidliche Art vor, abgeschmackte Witze zu machen, wenn man von ernsten Dingen spricht, vorliest u.s.w. Er ist überhaupt bei allem künstlerischen Geschmack in Fragen des äußeren Lebens von barbarischer Stillosigkeit. Mir wirft er nun einen Mangel an Witz vor, weil ich seine Äußerungen, auch etwa die trivialen Schlüsse mancher schönen Heine'schen Gedichte, abscheulich finde. Dann kamen wir zu der oft behandelten Frage, ob ich Gemüt habe. Ich weiß es selbst nicht. Ich habe jedenfalls ein feines Zartgefühl, welches leidet, wenn ein Waffenloser verletzt wird. Ich kann darum auch den niedrigsten Frauen gegenüber nicht anders, als höflich sein. Ich nehme ein nie verlöschendes Interesse am Menschen, mit denen ich nur kurze Zeit zusammen gelebt habe. Es ist mir, besonders seit ich an mein eigenes Talent glaube, Herzenserlebnis, wenn ich bei anderen, mir sonst sympathischen, ein ähnliches Talent entdecke. Es ist mir peinlich, mit Menschen zu verkehren, die mir sehr unterlegen sind, weil ich sie beständig zu verletzen fürchte. Neidlosigkeit, gibt Philips zu, sei der größte Zug meines Charakters. Ich bin oft mitleidig und kann mir auch die flüchtigsten Liebesverhältnisse nicht ohne eine starke zärtliche Note denken. Ich habe ein gewisses Bedürfnis, bei Frauen und jüngeren Freunden erzieherisch zu wirken. Es macht mir Freude, zu unterrichten und von meinem Eigenen zu verschwenden. Ob dieses alles auf Gemüt oder nur auf einen gesitteten Verstand schließen läßt, weiß ich allerdings nicht.
Zum Schluß kamen wir wieder auf unsere alten Fragen. Ich äußerte meine Meinung über die große Gefahr, zu literarisch zu werden, in der wir steckten, und sagte, was Weinhöppel für mich deshalb bedeutet, und daß ein kürzlich zu unserer Charakteristik von Freunden gebrauchter Ausdruck »platonische Lebemänner« zwar noch nicht stimmt, aber wenn es so weiter geht, bald stimmen wird. Nun hielten mir Gutmann und Philips mit großem Pathos vor, es komme auf das innere Erleben an, auf das Betrachten mehr, als auf das Genießen, besonders für den Künstler. Das ist unfehlbar richtig, aber in einem Alter, wo die Seele noch nach heißem Genießen lechzt, ist es lächerlich, all dieses Begehren in phantastischen Gebilden, Grübeleien, ja auch in künstlerischem Gestalten aufzulösen. Ich meine, daß wir in der Idee lebenden Menschen bisweilen des Lebensrausches umsomehr bedürfen, um die Berührung mit den unkomplizierten, naiv genießenden lebensvollen Augenblicksnaturen nicht zu verlieren, um nicht zu abstrakt zu werden. Aber Gutmann und Philips, auch ich oft genug, glauben bereits, für alles Kategorien zu haben. Wie kleinlich, z. B. einem Menschen, wie Weinhöppel, seine naturalistische Art vorzuwerfen. Ich habe nichts gegen die Kategorie naturalistisch, aber damit einen Menschen zu verurteilen, scheint mir der völlige Sieg einseitigen abstrakten Verstandes über die Wirklichkeit. Aus dieser Erkenntnis will ich München verlassen.
Freitag, den 18. Dezember.
Endlich hat Nelly in einem Brief versprochen, zu mir zu kommen. Indessen ließ sie mich vergeblich warten. Die Geschichte wird immer dunkler.
Soeben war Philips hier, um sich zu verabschieden. Fortsetzung des Mittwochsgesprächs. Die Einseitigkeit der Lebensauffassung, die ich bei Philips und Gutmann feststellte, gilt auch bei der Beurteilung geistiger Erzeugnisse. Das wegwerfende Urteil Gutmanns über Huysmans' »A Rebours«, weil es allerdings kein Roman, kein reines Kunstwerk ist, ist lächerlich. Die Verkennung, daß hier ein höchst wertvoller Mensch grundlegend über unsere Zeit, ihre Kunst und ihre Gewohnheiten spricht. Auch mir scheint ja die gestaltende Kunst als das menschlich Höchste, als die einzige Möglichkeit, dem Metaphysischen des Lebens gleich oder nahe zu kommen. Nächst dem Gestalten schätze ich das jenem zugrunde liegende Schauen sub specie aeterni. Hat nun einer so geschaut, ohne das formale, synthetische, bildnerische Talent zu haben und teilt nur mit, was und wie er schaute, entweder verallgemeinernd, systematisierend, wie Nietzsche, oder erzählend, Einzelfälle beschreibend, mit ihrer typischen Bedeutung, wie Huysmans, so will mir das gleichfalls sehr viel erscheinen, und es muß schon einer ein großes Kunstwerk gebildet haben, wenn ich ihn über diese großen aber nicht künstlerisch formenden Schauer stelle, denen allerdings die Sonnenhöhe der Kunst verwehrt bleibt; denn dazu gehört außerdem noch das plastische Gestalten. Wenn nun einer einiges schauen kann, und dies traue ich Gutmann und Philips völlig zu, und hat nur einige wenige gute Strophen oder Szenen hervorgebracht, so ist er gewiß minder wertvoll, als ein anderer großer Schauer, der viele seiner Gesichte, wenn auch nur beschreibend, nicht gestaltend, mitgeteilt hat. Darum will mir Gutmanns Urteil über Huysmans arrogant erscheinen. Philips gibt ihm Recht. Diese enge literarische Anschauung tötet mich und macht mir täglich klarer, daß ich fort muß aus dieser Atmosphäre.
Samstag, den 19. Dezember.
Herrlicher Spaziergang durch den blau und weißen Winternachmittag in Klein-Hesselohe. Unterwegs fiel mir das Sonett »Heimat« ein (»Dies ist das Land der lichten Wiesenhänge –«), angeregt durch die Thomasche Lithographie einer Taunus-Landschaft, die viele Kindheitserinnerungen wachrief. Ich hoffe, von der Richtung der Blätter für die Kunst immer freier zu werden. Gewonnen habe ich in dieser Schule die Form und die Geringachtung des Subjekts in der Dichtung, des Rohstoffs individueller Gefühle. Sie müssen ins Typische erhoben werden. Gutmann verdanke ich dagegen die Stärkung der plastischen Anschauung.
Sonntag, den 20. Dezember.
Gestern mondklare Nacht, gefrorener Schnee, die Formen der Frauenkirche überwältigend. Mit Gutmann zusammen. Ein Wirbel beständig wechselnder Sensationen: Spitzwegromantik, betrunkene Ekstasen, Selbstanalyse, ein Lupanar mit rasselosen Münchener Weibern. An der Isar alles weiß und dunkelblau. Trotz der Kälte war es in uns sommernächtlich.
Eine Stunde war Stiglmaier mit uns. Er führte uns in ein Beisel. Er ist ein etwas verkommener Münchener Journalist, der in ungeheurer Breite erzählt, mitunter sehr originell, doch nicht genug, um jene Vergötterung zu rechtfertigen, die ihm von Wolfskehl und Fuchs zuteil wird. Manchmal langweilt er sogar ein bischen.
Meine Dichtungen sollen starken Farbensinn bezeugen, dennoch ziehe ich die Graphik der Malerei vor. Vielleicht ist mein am Mittelmeer genährter Farbensinn so stark, daß er in der Malerei doch nicht befriedigt werden kann. Vor den wegen ihrer Farbenglut gepriesenen Bildern habe ich fast immer Enttäuschungen erlebt.
Ich lese in der russischen Reise von Hermann Bahr. Sehr berührt mich sein Verhältnis zu dem kleinen Fräulein: »Ich begehre sie nicht; wenn sie mich auffordern würde, sie zu besitzen, ich müßte es ihr verweigern.« Dabei ist sie ihm sehr lieb, unentbehrlich. Sie ist jung und schön. Das ist wie mein Verhältnis zu Lori. Ich habe das lange für einen Defekt meines Gefühls gehalten, dies darum zu bekämpfen gesucht und manchmal doch versucht, Gelegenheiten zu benutzen, die mir Frauen gewährten, zu denen ich zwar eine Neigung, aber keine erotische hatte. Im Laufe der letzten Zeit erkannte ich nun, gefördert durch die Bekenntnisse anderer gleichfalls sehr erotisch veranlagter Männer, daß dieses Nichtreagieren auf jedes junge schöne Weib kein Defekt, vielmehr nur eine Verfeinerung sein muß, eine Art Zuchtwahlinstinkt, der außer der Sympathie noch einer ganz besonderen Art der Zuneigung bedarf, um die erotische Fähigkeit zu erwecken. Bahr sieht in dem Verhältnis zu dem kleinen Fräulein eine verfeinerte Wollust des Gehirns, der die physischen Organe zu grob sind. Er beweist das mit großer Sophistik. Ich glaube aber nicht an diese Erklärung. Es hat vielmehr mit der Wollust garnichts zu tun und ist ganz gewiß nicht höher zu bewerten, als eine Beziehung zu einer Frau, die man mit allen Fasern der Natur begehrt und besitzen will; ein rein psychisches Verhältnis ist ebenso, wie ein rein wollüstiges Verhältnis in der vollkommenen Vereinigung inferior. Aber es ist ein oft freundlicher Notbehelf für die, deren Kompliziertheit nur selten oder nie das ganz große Erlebnis gestattet. Die Frauen sind sich dessen gewiß nicht bewußt, obwohl es bei ihnen sehr ähnlich ist. Nur können sie sich eben leichter hingeben, wie der Mann, weil sie nicht an bestimmte Fähigkeiten gebunden sind. Darum meinen sie auch leicht, Jugend und Schönheit müsse den Mann immer verführen. Gewöhnlich ist es ja wohl auch so. Was mich mit Sicherheit erotisch erregt, sind primitive, einfache, klare, einheitliche, übersichtliche, unzusammengesetzte Triebnaturen. Sie vermögen, wenigstens momentan, immer einen Reiz auszuüben, falls ihnen nicht sonst eine, meinen Nerven unangenehme Äußerlichkeit anhaftet. Je mehr die Natur des Weibes zu Ungunsten einheitlicher Triebsicherheit sich fortentwickelt, desto schwerer wird diese intensive, alles umfassende Wirkung auf den Mann meiner Art. Darum ist es so viel leichter, unter den Mädchen des Volkes, wenn auch nur für kurze Zeit, eine Geliebte zu finden. Darum gehen einem die Frauen der halbkultivierten Bourgeoisie so leicht auf die Nerven. Nur da, wo die Frau die Kultur wirklich verdaut hat, d. h. sie ohne Schaden in ihre Natur aufgenommen hat, nur da vermag sie mich vollkommen zu bezaubern. Ich sehe überhaupt in der Welt drei Stufen, Tier, Philister und künstlerischer Mensch. Der mittlere Grad ist das Wertlose, eine Zurückentwickelung, während der künstlerische Mensch die kultivierte Fortentwickelung des Natürlichen und Animalischen ist. Überall liebe ich zugleich das Einfache und das wahrhaft Verfeinerte, nie das Mittlere.
Mittwoch, den 23. Dezember.
Ich spiele viel Mozart. Er ist der größte aller Musiker. Bei ihm ist das Apollinische nur Gefäß des Dionysischen. Alle vor ihm, selbst Bach, hatten eine Hypertrophie der Form, alle nach ihm eine Hypertrophie des Gedankens. Er ist die höchste Erfüllung des rein Musikalischen. Für das, was er zu sagen hat, findet er immer den restlosen Ausdruck. Es bleibt nichts Ungelöstes, wie bei dem späteren Beethoven oder Wagner. Auch sagt er nicht mehr, als er fühlt, nie, bloß um zu sagen, wie bisweilen Händel, der Formalist.
Von Nelly nichts mehr gehört; indessen kam ein Brief ihrer Hauswirtin, den ich unbeantwortet ließ. Sie wünscht mit mir eine Zusammenkunft, um mir über Nelly und ihr lockeres Leben Enthüllungen zu machen. Ich verzichte darauf.
Gutmann und Philips sind nachhause gereist. Am Montag jour fixe bei Jordan. Am Schluß Fortsetzung in der Osteria Bavaria. Fast extatische Lustigkeit bei heimlicher Feindschaft der 2 Parteien, die sich in dem Salon bilden: die Männer der praktischen Arbeit, Jordan an der Spitze, die philosophischen Nichtstuer mit mir an der Spitze und den Damen im Gefolge. Jordan kompromittiert sich beständig. Zur wahrhaften Fröhlichkeit fehlt diesen Frauen aber das Genie. Sie geben sich nicht ganz der Freude hin, weil sie immer noch bisweilen glauben, es passe sich nicht. Dies trotz all ihrer künstlerischen Aspirationen. Im letzten Moment weichen sie stets aus. Gerade, wenn Leben in die Unterhaltung kommt, brechen sie auf, besonders dieses Fräulein Schacko, welches sich gern an Männern reibt und in der unbegründeten Hoffnung auf eine Ehe ihre Jugend vergeudet. Dabei hat sie entschieden Temperament.
Schuster las mir seine Gedichte vor. Er hat Formtalent und sieht ganz plastisch. Vielleicht wird er einmal etwas. Aber Talent haben beweist ja garnichts in der Kunst, das haben so unendlich viele, und dennoch haben wir so wenig Künstler. Schuster erinnert mich oft an meinen Entwickelungszustand in Berlin. Wir haben doch manches Gemeinsame: aus einem Milieu stammend, welches dem Künstler wenig gibt, aber dem Menschen doch zu viel, um ein träumerisches Insichversenken zu gestatten, wie es dem gelingt, der auf dem Lande aufgewachsen ist. Dazu dieses beständige Schüren der Eitelkeit, die zum planlosen Aufhäufen von allerlei Wissen führt, welches ein unbegründetes, arrogantes Selbstbewußtsein und eine unjugendliche Sprache erzeugt. Dadurch macht man sich wenig beliebt, und auch bei der Selbsterkenntnis ist ein Abgewöhnen dieser Fehler nicht leicht möglich. Der Fehler korrigiert sich nur dadurch, daß allmählich durch weitere Ausarbeitung des Charakters dieses Selbstbewußtsein von Jahr zu Jahr mehr Berechtigung erhält und dadurch aufhört, als Arroganz zu wirken. Am schlimmsten wirken diese Eigenschaften bei Menschen, wie Schuster und ich, die außerdem noch einen starken Trieb haben, sich mitzuteilen und dadurch ihre Blößen beständig aufdecken. Das ist der Grund, warum wir anderen oft so leicht auf die Nerven gehen. Man weicht uns zu schnell aus, ehe man uns erkannt hat, und hält uns darum leicht für hohl und aufgeblasen oder schwatzhaft. Dabei sind wir nicht dumm genug, um das nicht zu bemerken. Ich glaube, daß es für Schuster viel qualvoller ist, wie für mich, weil er es noch nicht erkannt hat und darum auch keinen Ausweg sucht.
Gestern mit Brehm zusammen, der Dichter werden will. Er gefällt mir ganz gut, er hat Temperament und einen natürlichen Verstand, ohne nach Kategorien zu urteilen. Obwohl er erst 20 Jahre alt ist, hat er über Gutmann und Philips dasselbe Urteil, wie ich. Er nennt sie weltfremd, einseitig. Über Gutmanns Gedichte urteilt er, wie ich. Über seine Kritikfähigkeit wiederholt er das, was ich anläßlich des Gutmannschen Urteils über Huysmans hier niedergeschrieben habe.
Ich treffe hier öfters noch einen Zwanzigjährigen, der dichtet, namens Wolff. Er ist fast seraphisch schön, eitel und Poseur. Er leidet unter der Idiotie der Maler und Musiker, unter denen er verkehrt, die beständig an ihm korrigieren und schon Früchte von ihm verlangen. Dabei fühlt er sich, und mir scheint nicht ganz ohne Recht, diesen Menschen überlegen, obwohl er noch nichts zeigen kann, die Ausdrucksform für sein Innenleben noch nicht hat. Er erkennt richtig, daß diese Menschen gar keine Psychologie haben, kein Wissen vom Menschen, kurzum keinen Intellekt. Sein Kreis sind die Maler von Kardorff, Richter, Scharf, Hey, Bruck, der Musiker Hey, die wohl alle Talent haben, aber, trotzdem manche recht belesen und einige auch gute gesellschaftliche Formen haben, doch ohne eigentliche Kultur. Auch ich bin dort wenig beliebt.
Anna Maria ist feige. Am Montag kam sie mir in der Weinlaune zum ersten Male wirklich reizend vor. Unter dem Tisch ließ sie mir ihre Hand. Auch heute beim Tee gefiel sie mir noch. Sie verstand es, in raffinierter Weise ihren Mann zu entfernen, aber dann hielt sie es auf einmal für zweckmäßig, die Tür nach seinem Arbeitszimmer zu öffnen. Sie hatte es sich wieder anders überlegt.
Donnerstag, den 24. Dezember.
Gestern Abend Gemma Bellincioni als Traviata. Über alle Maßen schön. Sie hat einen großen, schlanken, biegsamen Körper, eine unerhört fein modellierte Büste, die sich in beständiger fiebernder Bewegung befindet, runde Schultern, aber dabei doch jene reizvolle Magerkeit des Halses. Die Hände sind jene schöngeformten großen italienischen Hände, die gewissermaßen ein Mienenspiel haben. Das Wundervollste ist das Gesicht. Wenig bedeutend waren die langen, kleinen Augen; aber die starke, fast griechische Nase und der herrliche Mund! Anfangs hatte er die feinen herben Linien der vornehmen Milanesin. Aber je mehr das Gefühl erwachte und die Krankheit zunahm, desto weicher, unregelmäßiger schienen die Linien zu werden. Im 3. Akt hatte sie das air chiffonné der Neapolitanerin, nicht in dem Sinne der Pariser Grisette, sondern fast déchiré, zerwühlt von Verzweiflung und Wollust. Und die Bewegungen – wie sie sich in einen Sessel fallen läßt, während sich die Hand auf eine Tischkante stützt, der Gang, die Naturtöne, welche die Süßigkeit der Flöte und die grausame zerreißende Musik verstimmter Geigen in der Gewalt haben! Die Stimme an sich übertrifft nicht das Niveau der anderen großen italienischen Sängerinnen. Sie ist größer als die Sembrich und suggestiver, aber lange nicht so rund. Etwas Manier ist indessen bereits in ihr. Die ewig gespreizten Finger, die Gesten vor dem applaudierenden Publikum zeigen, daß sie schon den Keim der Bühnenverderbnis in sich hat.
Freitag, den 25. Dezember.
Den Weihnachtsabend bei Lori verbracht. Zum Nachmittagstee und zur Bescherung waren Anna Maria und ihre Schwester anwesend. Dann wir beide allein. Bis 10 Uhr spielte sie mit dem Jungen, dann unterhielten wir uns bis nach 11 Uhr. Ich fühlte, wie wenig sie mir im Grunde ist. Einmal konnte ich in der Erinnerung an die schönen Weihnachtsfeste meiner Kindheit, an meinen verstorbenen Vater und meine unheilbar kranke Mutter das Weinen nicht zurückhalten. Lori schloß mich in die Arme und küßte mich. Aber das bedeutete mir wenig, ich sehnte mich weg von ihr. Von Lori ging ich in die Christmesse in die Heilige Geist-, Frauen- und Hofkirche. Ich sah mehrere Bekannte, denen ich aus dem Wege ging. Auf den Straßen war es um 1 Uhr lebhaft wie am Tag. Ich blickte von außen in die Café-Häuser, es hielt mich etwas vom Eintreten ab. Es wurde Billard gespielt, wie sonst. Ein paar Einsame saßen an Tischen, den Kopf in die Hand gestützt. Es begegneten einem viele Menschen mit Paketen unter den Armen. Dies ist das erste Mal, daß ich infolge der traurigen Verhältnisse Weihnachten nicht zuhause verbracht habe. In der Nacht träumte ich von Mathilde.
Zum letzten Mal vor dem gestrigen Abend habe ich im vorigen September geweint beim Abschied von Mathilde, obwohl ich ihrer doch überdrüssig war. Ihr Hirnchen war doch zu klein, und ihr Wille zu schwach, als daß sie mich hätte fesseln können. Aber dennoch hatte ich sie lieb. Davor weinte ich zum letzten Male im Januar 1895 beim Tod meines Vaters, davor im Herbst 1890, als ich zum ersten Male das Elternhaus verließ und nach Weilburg auf das Gymnasium geschickt wurde. Besonders einen Abend im November. Mein Vater war auf einen Tag zu Besuch gekommen, um 8 Uhr mußte ich nach Hause. Er ging noch in ein Restaurant, um mit Bekannten zusammen zu sein, aber ich verließ heimlich mein Zimmer und eilte ihm nach. Was davor war, waren Kindertränen.
Samstag 26. Dezember.
Die Münchnerin wird in der Erotik den Gedanken, daß da etwas höchst Drolliges geschieht, etwas »Gespassiges«, nie ganz los. Die Südländerin hat in dem letzten Augenblick dagegen den verzweifelten Ernst eines Kampfes.
Die ganz Unausgesprochenen, also Keinseitigen, werfen uns vor, daß wir einseitig seien.
Die Frauen zerfallen in 2 Gruppen. Die einen haben den Offiziersgeschmack, die anderen den Künstlergeschmack. Zum ersteren gehört starker Schnurrbart und eine Glatze wird gern verziehen, zum anderen gehören glattrasierte Gesichter und meistens starkes Haupthaar.
Als ich den Treibhäusern der Bourgeoisie entgangen war, konnte mich die rohe Formlosigkeit des Naturalismus, ja des Materialismus fesseln. Auf der anderen Seite stieß mich der völlige Mangel an Geschmack, Zartheit, Stilsinn der Naturalisten ab. Dieses Dilemma begann für mich im Sommer 93 in München und dauerte etwa bis in den Winter 1894 bis 95, den ich wieder in München verbrachte. Dazwischen lag mein Berliner Winter, meine große Mittelmeerreise von Februar bis Oktober 1894, Italien, Tunis und Teile von Österreich-Ungarn. Damals war ich mit Löwenherz befreundet, dessen Einfluß mich ganz auf den Naturalismus orientierte, in dem ich mich auch schriftstellerisch ohne alles Glück versuchte. Dort hielt man mich für ein talentloses Bourgeoissöhnchen, das gerade einmal in Modernismus macht. Den Gesitteten dagegen erschien ich als ein Revolutionär. Es war die Zeit meiner tiefsten Verwirrung. Das Geheimnis, daß nur die gebändigte Kraft Wert hat, vermittelte mir Wolfskehl und die Blätter für die Kunst. Er war der zweite Mensch, der mich intellektuell stark beeinflußte nach Löwenherz. Ich war bald gewonnen, da ich von Natur stark zur Form begabt war. Ich ging natürlich auch hier anfangs zu weit, indem ich häufig aus der Form eine Pose machte. Diesen Fehler erkannte ich im Winter 1895 bis 96.
Hier gestattete ich Philips einen starken Einfluß auf mich. Ich glaube, daß nun niemand mehr eine solche Wirkung auf meine Entwickelung haben wird, als diese drei, die seltsamerweise alle semitisches Blut in sich haben. Wolfskehl ist sogar ganz Jude. Weinhöppel würde nie einen solchen Einfluß auf mich erlangen können, da er doch schließlich nur eine Erinnerung bedeutet an Dinge, die ich zu vergessen im Begriff war. Er ist in vieler Hinsicht ein verbesserter und bereicherter Löwenherz. Übrigens glaube ich, daß aus diesen dreien, denen ich so vieles verdanke, nichts Rechtes werden wird. Ich habe immer eine große Neigung gehabt, auf andere zu hören. Man sagt sogar, daß ich zu leicht bestimmbar sei, auch habe ich in der Kunst unwillkürlich fremde Muster nachgeahmt. Ich habe auch Talent, in Poesie, Musik und Schauspielkunst fremde Stile zu kopieren. Trotzdem glaube ich, daß ich in der Einrichtung meines Lebens und auch in allem, was ich schreibe, mich zu einer größeren Eigenart durchzuringen im Begriff bin, als meine früheren Kameraden aus der naturalistischen Zeit, die sich gegen fremde Individualität sperrten und heute noch da sind, wo sie damals waren, z. B. Plöcker und auch Rath.
Lori ist gütig und gemütvoll von Grund auf, aber ihr Verkehr in den Berliner Gesellschaftskreisen, besonders ihre Ehe hat sie furchtbar verdorben. Sie hat eine unbezwingliche Freude an hohlster Koketterie und einen sehr geringen Wertungsinstinkt für Männer. Als ich sie kennen lernte, war es wohl nur meiner Jugendlichkeit zuzuschreiben – im Sommer 93 in München – daß ich mich überhaupt mit ihr in so enge Beziehungen einließ. Ich glaube, auch einigen Einfluß auf sie gehabt zu haben, noch mehr aber der gelehrte und gemütvolle Fuld und besonders die Liebe des Instinktmenschen Rübke haben ihr die Augen etwas geöffnet über ihre gelegentlich schamlose Oberflächlichkeit. Auch Dr. Epstein zweifelte anfangs daran, ob es sich überhaupt lohnt, mit dieser Frau zu reden. Als Psychologe schaute er jedoch bald tiefer. Ich habe gehofft, daß sie, wenn ich abgereist sein werde, sich mit Epstein und Gutmann etwas befreunden würde, damit sie nicht wieder verlottert bei diesen entweder zu jungen oder zu dummen Männern, die sie umgeben, die sie entweder anbeten oder als amüsante kleine Frau behandeln. Sie will aber von Dr. Epstein und Gutmann nicht zu viel wissen, weil es Juden sind.
Ein mich immer wieder tief beschäftigender Gedanke: ob ein großer, das Leben durch kräftige Triebe beherrschender Mensch zu sein, der alles kann und erträgt durch die Gewalt seiner Persönlichkeit, ob das vereinbar ist mit dem Künstler, der der Phantasie und der Reflexion bedarf, welche die Instinkte hemmen. Daß dies große Sein mit dem Verstandesmenschen nicht vereinbar ist, weiß ich, aber ob mit dem künstlerischen? Carmen, das allmächtige Weib, ist nicht als Künstlerin zu denken. Don Juan ist kein Künstler. Dagegen sind Künstler oft kleine Menschen, voll von diesen liebenswürdigen Eigenschäftchen, wie Sentimentalität, Heimweh, Mitleid, Schüchternheit oder Sinnlichkeit ohne Leidenschaft. Künstler sind zu sehr der débauche mentale ausgesetzt, die weder Carmen, noch Don Juan kennen. Ich kann mir nicht denken, daß Carmen, selbst in der Einsamkeit des Gefängnisses, masturbiert, was faute de mieux wohl alle Künstler und Künstlerinnen tun. Auch die Kunst ist vielleicht nur ein Lebenssurrogat, wenn vielleicht auch ein süßeres und kräftigeres, als der abstrahierende Verstand.
Gestern die Bellincioni als Carmen gesehen. Die erste glaubhafte Carmen, in der mir das allmächtige Weib einleuchtete. Durch diese Oper geht ein heißer Geruch. Die Bellincioni paßt alles dem Stil der Rolle an. Wenn sie als Traviata vor die Rampe gerufen wird, kommt sie langsam, verbeugt sich und erhebt die Arme bittend, wie eine Heilige des Carlo Dolci. Als Carmen kommt sie gehüpft und nimmt die Huldigungen des Publikums an, so wie Carmen den Beifall der Sevillaner annehmen würde, wenn sie ihrer Schönheit Blumen streuten. Das ist eine liebenswürdige Pose, welche indeß mit der Kunst kaum etwas zu tun hat, fast unkünstlerisch ist. Neulich schrieb ich, die langen kleinen Augen der Bellincioni bedeuteten wenig, heute muß ich schreiben, daß diese Augen erstens groß sind und zweitens viel bedeuten. Sie sind eben beständig anders. Sie hat eine seltsame Art, die inneren Augenwinkel in die Höhe zu ziehen, sodaß ein Blinzeln entsteht, das halb listig, halb wollüstig ist. Und dann das Zusammenkneifen der Lippen, dieser feinen langen Lippen, die dann plötzlich all das Unanständige, Derbe, Schmutzige, aber Wilde einer gemeinen südlichen Rasse auszudrücken vermögen, ja, die nach Knoblauch zu riechen scheinen. Und die Beredtheit dieser gekrampften Fäuste! Die Hände waren ungepudert, sodaß sie einen derben rötlichen Ton hatten. Und zwischen all dem Wollüstigen, Boshaften, Listigen, das auf diesem Gesicht spielte, kam dann bisweilen ein Zug von Vornehmheit, der die Königin Carmen verriet, die Königin des Lebens. Dann waren die dünnen Lippen geschlossen, der Kopf halb nach der Seite gehoben, und die Augen wurden groß und tief. Doch schnell kam wieder das Lachen, jenes ewige Lachen, womit Carmen herrscht.
Dienstag, den 29. Dezember.
Neulich riet ich Jordan scherzweise, als er mir gleichfalls scherzweise zurief, seine Frau habe keinen Respekt vor ihm, er solle sie einmal schlecht behandeln. Ich riet ihm auch die Lektüre der Zähmung der Widerspenstigen, worin sich die ganze Weisheit über das Weib befinde. Nun hat dieser Mensch, wie es scheint, wirklich den Versuch gemacht, mir zu folgen, aber nicht dadurch, daß er sie energisch anpackt, sondern durch kleine Niederträchtigkeiten, Schikanen und Tölpeleien. Die Schwester hat mich daher dringend gebeten, ihm derartige Dinge nicht mehr zu sagen, und sie hat Recht, denn in dieser Ehe ist es immer noch besser, die Frau herrscht.
Kälte ist für eine Frau stets eine große Versuchung zur Oberflächlichkeit, die das Triebhafte verkennt, keine Achtung hat vor dem Unberechenbaren, wie eine Naturkraft Hervorbrechenden. Dieser Mangel dürfte die Hauptschuld an Loris Oberflächlichkeit sein, die mir in den letzten Tagen manches bittere Wort gegen sie entlockte. Gestern hätte ich sie am liebsten geohrfeigt. Ich nehme sie viel zu ernst. Dann ärgern mich ihre Schwächen, ferner jenes beständige Verlästern der anderen, natürlich »ohne jede böse Absicht«. Ich bin nicht der Pedant, das weiblich Sprunghafte und Flatterhafte, was Ignoranten für Unvollkommenheiten halten, zu tadeln, aber das Weib muß durch ein sicheres Triebleben ahnungsvolle Schauer vor den Tiefen haben. Lori bleibt immer die kleine elegante Frau, die fesch sein will, ihren Ruf wahrt und sich nie ganz hingibt, bei aller Lustigkeit immer bewußt handelt und sich trotzalledem dennoch kompromittiert. Der Mann kann sich durch Denken über die Kleinlichkeit des Augenblicks hinwegsetzen und sub specie aeterni sehen lernen. Die Frau kann es nur durch Trieb. Davon hat weder Lori, noch Anna Maria etwas. Die kleine Schacko hat es vielleicht, aber sie bekämpft es. Der richtige Mann würde es in ihr vielleicht zum vollen Leben erwecken. Mir gefällt sie nicht genug, um es zu probieren.
30. Dezember.
Viele begreifen die griechische Liebe bei der Vorstellung eines Antinous, nicht gegenüber einem deutschen Gymnasiasten, der Sohn eines Beamten, Kaufmanns oder dergleichen ist. Solche Realitäten erwecken meist schon Hemmungsgefühle, die der Wirklichkeit gegenüber solche Gedanken gar nicht aufkommen lassen. Dies ist der Sinn der débauche mentale, die nach gar keiner körperlichen Befriedigung sucht. Sicher eine äußerst gefährliche Gewohnheit.
Freitag, den 31. Dezember.
Nelly haßt die Männer, weil sie sie wider Willen lieben muß.
Seitdem ich eine künstlerische Form finde, habe ich auf einmal auch Einfälle, an die ich früher nie dachte.
Gestern traf ich meinen früheren Mitschüler, den Arzt Dr. Rudolf Schild. Wie leblos ist er geworden. Generalisierend, schablonenhaft, grausam. Es kam die Rede auf eine Umarmung in einer Sommernacht unter freiem Himmel. Schild fand das ordinär. Der Mann hätte doch wenigstens in ein Hotel gehen können, meint er. Ist ihm jemals schweigend jemand, von dem Augenblick überwältigt, in die Arme gesunken? – Ich bemerkte ihm, daß es Momente gibt, wo eine Frau, die zur Hingabe bereit wäre, auf einen solchen Hotelvorschlag hin den Mann von sich stoßen würde. Das verstand er nicht. Dabei hat er viel Verkehr mit Frauen, sogar mit einigem Erfolg, wie es scheint. Er behandelt sie burschikos und plaudert unkavaliermäßig seine Geheimnisse aus.
Ein Punkt, an dem die meisten Mediziner scheitern, sind die Anomalien verfeinerter Naturen. Da ist alles gleich krankhaft. Für mich ist die débauche mentale die Fähigkeit, von dem sinnlichen Vorgang alles Sinnliche zu unterdrücken, was freilich zu unerhörten Ausschweifungen der Phantasie führen kann, ohne den leisesten Versuch einer wirklichen Ausführung, wegen der auf die Sinne unlustvoll wirkenden Reize, die dann hinzukämen, sowie gewisser hemmender Associationen halber. Die galanten Schriftsteller sind oft keusch im Leben. Jede Perversität hat eine verführerische Grundidee. Sie ist Symbol dieser Idee. Vom Cunnilingus bis zur Koprophagie: die Idee des sich ganz und gar Hingebens.