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Fünftes Kapitel.
Weimar.

Der Weimar'sche Kreis bei Schiller's Eintritt in denselben. – Rückblick. – Wieland und Herder. – In grüngelber Weste und weißem Frack. – Bei Hofe. – Bekanntschaften. – Fahrt nach Jena. – Riesen und närrische Dinge. – Friedrich und Charlotte, ein Roman der Wirklichkeit. – Ausflug nach Meiningen und Bauerbach. – Die Familie Lengefeld. – Sehnsucht nach einer häuslichen Existenz. – Lotte. – Das Samenkorn der Freundschaft. – Trübe Stunden. – Der Geisterseher. – Eine kulturgeschichtliche Episode. – Die Götter Griechenlands.


»Sie schlafen Alle,« hatte die gute und joviale Herzogin Amalia im Spätherbst 1785 mißmuthig geklagt und im Winter schrieb Herzog Karl August an Knebel: »Unsere Gesellschaft ist wirklich die allerennuyanteste vom ganzen Erdboden« Knebel, Liter. Nachlaß, II, 318; I, 148.. Das machte, daß dem Verrauschen der genialen Wirthschaft der siebziger Jahre eine Stille gefolgt war, welche so beweglichen Naturen, wie die des Fürsten und seiner Mutter, nicht sehr zusagen konnte. Freilich hatte ein solches Drängen und Treiben und Stürmen nicht lange vorhalten können und der Verschwendung von Zeit, Humor, Kraft und guter Laune war als naturgemäße Reaction eine Abspannung nachgetreten, welche jedoch dem schon damals zeitweilig griesgrämisch in sich zurückgezogenen Herder noch lange nicht geräuschlos genug vorkam In einem Brief an Knebel vom 11. Sept. 1784 spottet er: »Das Bethlehem in Juda (Weimar) wird nicht leer. Die Weisen besuchen es; ich hoffe aber, daß sie allmälig eine leere Krippe finden und die Wallfahrt unterlassen.« Das »Bethlehem in Juda« ist eine Anspielung auf die Stelle in Göthe's schönem Gedicht »Auf Mieding's Tod«:
O Weimar, dir fiel ein besonder Loos!
Wie Bethlehem in Juda klein und groß.
Bald wegen Geist und Witz beruft dich weit
Europens Mund, bald wegen Albernheit.
. Anders Wieland, dessen Geltung, Ruhm und Behagen durch den Erfolg des Oberon wieder aufgefrischt war und der sich in die Genieperiode, obgleich ihm da mancher Tort angethan worden, so merklich zurücksehnte, daß er zu Anfang des Jahres 1785 an Merck schrieb: »Die Herzogin Mutter ist unser einziger Trost. Ohne sie würde Weimar nach weniger Zeit wieder ein so unbedeutendes, langweiliges und seelentödtendes Nest, als irgend eins in deutschen Landen.« Es fehlte an Göthe, der früher Alles in Bewegung gesetzt hatte, jetzt aber keine Freude mehr geben konnte, da er selber freudlos geworden. Schon im Januar 1784 hatte Wieland gegen Merck besorgt geäußert, Göthe leide sichtlich an der drückenden Last, die er sich zum Besten Weimars aufgeladen, und der Gram nage wie ein verborgener Wurm an seinem Innern. Der Geschichtschreiber von Weimars Musenhof hat einen treffenden Ausdruck für die damalige Verstimmung des großen Dichters gefunden: – »das poetische Gewissen schlug mächtig in Göthe« Wachsmuth, Weimars Musenhof, S. 84.. Er hatte jetzt doch zehn Jahre theils am Hofe vertändelt, theils in verdrießlichen Geschäften verzettelt und jedenfalls eine kostbare Zeit vernutzt, deren poetische Ausbeute zu seinem Genius in keinem entsprechenden Verhältnisse stand, wenigstens in seinen eigenen Augen. Er fühlte, daß er in ganz anderer Weise wieder ein Strebender und Vorschreitender werden müsse Seine Mutter, von welcher ja Göthe die Gabe der Poesie (»Lust, zu fabuliren«) geerbt zu haben bekannte, scheint das auch gefühlt zu haben; denn Frau Aja schrieb zu Anfang des Jahres 1783 an die Herzogin Amalia: »Es kommt mir vor, als ob mein Sohn sich etwas mit den Musen brouillirt hätte; doch alte Liebe rostet nicht: sie werden auf seinen Ruf bald wieder bei der Hand sein.« Weimars Album (1840), S. 117.. Egmont, Faust, Iphigenie, Tasso und Wilhelm Meister verlangten nach Weiterführung und Vollendung. Aber dazu bedurfte es einer anderen Luft, anderer Umgebungen. Dazu bedurfte es, daß Göthe, nur auf sich gestellt, nur von sich abhängig, wieder einmal frei in die eigene Brust greifen konnte. Um sich als Dichter wieder zu finden, mußte er für eine Weile den Geheimrath bei Seite stellen. Auch das Liebesverhältniß zu Charlotte von Stein, welches keinen befriedigenden Abschluß in Aussicht stellte und deßhalb aus einer Wonne mehr und mehr zu einer Qual geworden, trieb ihn zu einer zeitweiligen Flucht an und vom Süden her winkte ihm das Land, wo »die Myrthe still und hoch der Lorbeer steht«, das Land, nach welchem er schon als Knabe und Jüngling sehnsüchtig ausgeblickt, wie ahnend, daß dort und nur dort seine Erziehung und Weihe zum Künstler vollendet werden sollte. So mächtig war dieser Zug geworden, daß er zuletzt »kein lateinisch Buch, keine Zeichnung einer italischen Gegend« mehr hatte ansehen können ohne vor Sehnsucht fast zu vergehen. So hatte er sich denn, nur mit Vorwissen seines herzoglichen Freundes, am 3. September 1786 von Karlsbad aus plötzlich weggeschlichen, fort über die Alpen.

Die Lücke, welche Göthe's Abwesenheit in Weimar verursachte, war bei Schiller's Ankunft daselbst nicht ausgefüllt und nicht auszufüllen. Das Weimarer Leben befand sich in dem Stadium einer gewissen Zerbröckelung. Der Hof selbst, welcher durch Schätzung und Beschützung deutscher Sitte, Gesinnung, Sprache und Kunst ein so großes und fruchtbares Beispiel gegeben, zeigte an der Stelle der früheren schönen und gedeihlichen Verbindung aristokratisch feiner Sitte und demokratischer Liberalität eine etwas kühle Würde und Zurückhaltung. Der Herzog, durch seine politischen und militärischen Beziehungen zu Preußen in Anspruch genommen, war sehr häufig abwesend, die Herzogin Amalia mit den Vorbereitungen zu ihrer Reise nach Italien beschäftigt. Bode war in Paris, Bertuch ebenfalls auf Reisen. Unter den Zurückgebliebenen des Weimarer Kreises fehlte es nicht an Häckeleien und Ränkeleien. Die Zeit sprühender Genialität, die Tage der harmlosen Feste von Ettersburg und Tieffurt waren dahin. Nicht alle die »Blüthenträume« von damals hatten reifen können und so fühlte sich überall eine gewisse Ermattung, wo nicht Verstimmung heraus. Ein neuer Aufschwung des Weimarer Lebens war der Zeit vorbehalten, wo Göthe und Schiller vereint daselbst wirkten.

Am Abend des 21. Juli 1787 langte unser Dichter in Weimar an und stieg in dem Gasthof zum Erbprinzen ab, welches Quartier er bald mit einer Privatwohnung vertauschte. Nahe daran, sein achtundzwanzigstes Jahr zu vollenden, und durch mannigfaltige Erfahrungen gegangen, war er kein Fremdling im Leben mehr. Er durfte sich auch sagen, daß er nicht unberechtigt diesen »classischen Boden« beträte. Die Räuber hatten seinen Namen durch ganz Deutschland und über dessen Gränzen hinaus getragen Die erste Uebertragung des Trauerspiels ins Englische wurde jedoch erst 1792 gedruckt (» The Robbers, a Tragedy, translated from the German of Fr. Schiller«), die erste französische Bearbeitung oder vielmehr Mißhandlung des Stückes (» Robert, Chef des Brigands, imité de l'Allemand par le citoyen La Martelière«) wurde 1792 in Paris aufgeführt., Fiesco und Kabale und Liebe seinen Ruf erhöht. Die Töne, welche er im Lied an die Freude und in der Freigeisterei der Leidenschaft angeschlagen, hatten mit Sturmesgewalt die Herzen der Jugend ergriffen. Nüchternere Geister, welche seine schriftstellerische Laufbahn im Einzelnen verfolgten, konnten sich an der feinen Charakterzeichnung, an der psychologischen und stylistischen Kunst der Novelle: »Der Verbrecher aus verlorener Ehre« erfreuen, welche im zweiten Heft der Thalia für 1786 erschienen war, die Geschichte vom »Sonnenwirthle«, d. h. von des Sonnenwirths Sohn in Ebersbach im Filsthal in Schwaben, dessen Räuberlaufbahn dort einer sagenhaften Berühmtheit genoß und genießt. Schiller hatte diese heimatliche Erinnerung in Dresden novellistisch gestaltet. Die Thalia brachte auch die »Philosophischen Briefe«, gewechselt zwischen Julius und Raphael, einen ersten Anlauf Schiller's, mit dem Dichter den Denker zu verbinden, und zugleich ein Denkmal des Gedankenaustausches, wie er zwischen ihm und Körner in der ersten schwärmerischen Periode ihrer Freundschaft stattgefunden. Unter Julius hat man sich Schiller selbst, unter Raphael Körner vorzustellen, und es ist nicht nur wahrscheinlich, sondern (namentlich den Schlußworten von Körner's Brief an Schiller vom 20. April 1788 zufolge) gewiß, daß Manches, was in dem Briefwechsel dem Raphael zugetheilt ist, unmittelbar von Körner herrührt. Die nicht zu Ende geführte Absicht dieses Versuches war, den Entwicklungsgang eines strebsamen Geistes vom naiven Glauben an bis zur Gewinnung einer philosophischen Ueberzeugung und vom Dogmatismus bis zur höheren Freiheit des Geistes zu zeichnen. Worin die letztere bestehen, wie sie sich äußern und bethätigen soll, wird freilich nicht gesagt und in dem ganzen Versuch ist überhaupt mehr Wortnebel als Gedankenlicht. Der Dichter mußte seine Denkergabe erst in die strenge Schule Kant's schicken, bevor sie ihm Früchte bringen konnte. Vorerst hatte er sich zu begnügen, in der Beschäftigung mit der Geschichte eine neue Stufe des Vor- und Emporschreitens gewonnen und durch den umgeschmolzenen Don Carlos den Beweis geleistet zu haben, daß er aus der Region eines sturm- und drangvollen Naturalismus sich heraufgearbeitet habe und auf der Schwelle zur freien und bewußten Künstlerschaft stehe.

Sein erster Gang in Weimar galt Charlotten. Er sah die Freundin noch am Abend seiner Ankunft und dieses Wiedersehen hatte etwas »Betäubendes«. Ihm kam vor, als hätte er sie erst gestern verlassen: so einheimisch war ihm Alles an ihr, so schnell knüpfte sich der zerrissene Faden ihres Umgangs wieder an Briefw. zw. Sch. u. K. I, 96.. Zwei Tage darauf gelangte er im Hause Wieland's »durch ein Gedränge kleiner und immer kleinerer Kreaturen von lieben Kinderchen« zu seinem berühmten Landsmann, welcher ihn mit unverkennbarer Achtung und Theilnahme empfing. Im raschen Hinüber und Herüber des literarischen Gespräches zeigten sich die Vorzüge und Schwächen von Wieland's Wesen und er sprach die Hoffnung aus, mit Schiller »dahin zu kommen, daß Einer zu dem Anderen wahr und vertraulich rede, wie man mit seinem Genius redet.« Auch das erste Zusammentreffen mit Herder, welcher damals durch seine Völkerstimmen, sein Buch über die Poesie der Hebräer und die ersten Bände seiner Ideen zur Philosophie der Geschichte den Höhepunkt seiner schriftstellerischen Wirksamkeit erreicht hatte, fiel befriedigend aus. Seine Unterhaltung fand Schiller voll Geist, Stärke und Feuer, aber seine Empfindungen zwischen Liebe und Haß scharf getheilt. Unser Dichter mußte ihm von Schubart und von seiner eigenen Geschichte mit dem Herzog von Würtemberg erzählen, welchen Herder mit »Tyrannenhaß« haßte. Wie sehr übrigens Herder's Theilnahme an der literarischen Bewegung der Zeit schon damals erkaltet war, zeigt der Umstand, daß er Schiller's Schriften nicht kannte und mit diesem umging »wie mit einem Menschen, von dem er weiter Nichts wußte, als daß er für Etwas gehalten würde.« Es zeugt aber nicht wenig für unseres Dichters Bescheidenheit, daß ihm trotzdem Herder »sehr behagte« Ebenda, S. 100-104.. Auch an sonstigen Bekanntschaften fehlte es ihm schon in den ersten Tagen seines Weimarer Aufenthalts nicht. So lernte er die Schwester der Frau von Stein, Frau von Imhof, den Kammerherrn von Einsiedel und andere mehr oder weniger vorragende Persönlichkeiten kennen. Während er darüber an Körner Bericht erstattete, hatte er eine »gar liebliche Unterbrechung«. Es wird an seiner Thüre geklopft. »Herein!« Es erscheint eine kleine dürre Figur in weißem Frack und grüngelber Weste, krumm und sehr gebückt. Sie sagt: »Habe ich nicht das Glück, den Herrn Rath Schiller vor mir zu sehen?« – »Der bin ich, ja.« – »Ich habe gehört, daß Sie hier wären, und konnte nicht umhin, den Mann zu sehen, von dessen Don Carlos ich eben komme.« – »Gehorsamer Diener. Mit wem habe ich die Ehre?« – »Ich werde nicht das Glück haben, Ihnen bekannt zu sein. Mein Name ist Vulpius.« – »Ich bin Ihnen für diese Höflichkeit sehr verbunden und bedaure nur, daß ich im Begriffe war, auszugehen.« – »Ich bitte sehr um Verzeihung. Ich bin zufrieden, daß ich Sie gesehen habe.« Damit empfahl sich die Figur, d. h. Christian Vulpius, nachmals durch seine Schwester Christiane der Schwager Göthe's und Verfasser des Rinaldo Rinaldini (1799), jenes »edlen« Räubers, dessen Unsterblichkeit in den Leihbibliotheken nahezu ein halbes Jahrhundert gewährt hat. Wir erhalten aus dieser Begegnung den Beitrag zur Geschichte des Costüms, daß im Jahre 1786 junge Literaten grüngelbe Westen und weiße Fräcke trugen.

Am 27. Juli fuhr Schiller mit Wieland nach Tieffurt, wohin er von der Herzogin Amalia eine Einladung erhalten hatte. Unterwegs sagte ihm sein Begleiter, er hätte nie daran gezweifelt, daß Schiller ein großer Schriftsteller werden würde. Er besitze starke Zeichnung, große Composition und lebhaftes Colorit, aber noch fehlten seinen Producten Reinheit, Geschmack, Delicatesse und Feinheit. Die Fürstin empfing ihn mit Güte und ohne alles Ceremoniell. Trotzdem und ungeachtet ihm auch die witzige Göchhausen durch Ueberreichung einer Rose ihre Sympathie bezeugte, war er von dem Besuche nicht sehr erbaut. Er vermißte an der Herzogin den idealen Seelenschwung und sprach dies in einer Weise gegen Körner aus, die ihm bei näherer Bekanntschaft mit der trefflichen Dame gewiß unverzeihlich erscheinen mußte. Mit naiver Verwunderung bemerkte er, daß er sich auf dem Hofparkett nicht ungeschickt bewegte und es »mit seinen Manieren in Weimar überall wagen dürfte.« Doch fand Frau von Kalb, mit welcher zusammen er einige Tage später einer Abendgesellschaft bei der Herzogin in Tieffurt anwohnte, sein Betragen etwas zu frei und gab ihm einen hierauf bezüglichen Wink. In den sich erweiternden Kreis seiner Bekannten traten Frau von Stein, die einen höchst günstigen Eindruck auf ihn machte; Corona Schröter, deren Schönheit ihre »vierzig Jahre noch nicht ganz verwüsten konnten«; Knebel, an welchem er neben viel »Sattem und Hypochondrischem« die vielen Kenntnisse und den hellen Verstand zu rühmen fand; endlich Reinhold, der Schwiegersohn Wieland's, welcher eben im Begriffe war, seine Professur in Jena anzutreten, wo er für die Verbreitung und Geltendmachung der Kant'schen Philosophie so Bedeutendes wirken sollte. Der Umgang mit diesem Philosophen, welcher für seinen Meister so begeistert war, daß er behauptete, »nach hundert Jahren müsse Kant die Reputation von Jesus Christus haben« Ebenda, S. 162., griff in Schiller's Entwicklung kräftig ein, sofern Reinhold unserem Dichter ein lebhaftes Interesse für Kant einzuflößen und ihn zum Studium der Werke des Königsberger Denkers anzueifern wußte. Mit Frau von Kalb und Reinhold fuhr Schiller im August nach Jena hinüber, wo er Hufeland, Döderlein, Griesbach und Schütz, den Redacteur der Allgemeinen Literaturzeitung, kennen lernte und sich in diesem Kreise mehrere Tage lang so behagte, daß Reinhold's Andringen, er möchte sich um eine Stellung an der Hochschule bemühen, nicht ganz auf unfruchtbaren Boden fiel. Die alte Universitätsstadt, damals durch Karl August's und Göthe's Vorsorge im fröhlichsten Aufblühen begriffen – sie zählte 700 bis 800 Studenten – brachte einen eigentümlichen Eindruck auf den Dichter hervor. »Daß die Studenten hier was gelten – schrieb er am 29. August an Körner – zeigt Einem der erste Anblick, und wenn man sogar die Augen zumachte, könnte man unterscheiden, daß man unter Studenten geht; denn sie wandeln mit Schritten eines Niebesiegten. Abends, wenn es dunkel wird, hört man fast alle vier Minuten die ganze lange Gasse hinunterschallen: Kopf weg! Kopf weg! – welches menschenfreundliche Wort den fliehenden Wanderer vor einem balsamischen Regen warnt, der über seinem Scheitel loszubrechen droht. Im Ganzen aber sind die Sitten der hiesigen Studenten um sehr viel gebessert.« Das war nicht überflüssig, denn Jena theilte, wie ein bekannter Studentenreim aussagte, von Alters her mit Leipzig und Halle den Ruhm, der Sitz »flottester«, zu deutsch rohester oder auch »galantester« Burschensitten zu sein Wer von Tübingen kommt ohne Weib,
Von Halle mit gesundem Leib,
Von Jena ohne Wunden,
Von Helmstädt ohne Schrunden,
Von Marburg ungefallen,
Hat nicht studirt auf allen.
Uebrigens war Jena von jeher unter der studentischen Jugend ein Name vom besten Klange und so hat denn diese echte Studentenstadt zu Anfang des 18. Jahrhunderts die studentische Muse zu der Aeußerung begeistert: –
Leipzig schweig', schweig' Wittenberg und Halle,
Mir gefalle
Nur das schönste Saal-Athen.
Hier kann man sich in den besten Freuden
Immer weiden
Und auf steten Rosen geh'n.
.

Nach Weimar zurückgekehrt, feierte Schiller am 28. August Göthe's Geburtstag in dessen Gartenhaus mit und leerte den Römer auf das Wohl des abwesenden Dichters, dem es in Italien »so gewaltig wohl zu sein schien und der die Gewalt über sich hatte, sich's nicht wohler sein zu lassen als sich's geziemte« Karl August an Knebel (1. April 1787).. An diesem Tage sah er auch zum ersten Mal die Herzogin Luise, aber nur im Vorübergehen und da fiel ihm ihre schöne und edle Figur auf. Um sich in Weimar wohl zu behagen, hat er ein einfaches Mittel ausfindig gemacht: – nach Niemand zu fragen, wie das dort Andere auch so machten. Der Ort sei ganz vortrefflich zum Privatisiren. Eine stille, kaum merkbare Regierung lasse da Jeden friedlich leben und das Bißchen Luft und Sonne genießen. Anfangs hätte er sich Alles zu wichtig, zu schwer vorgestellt, sich selbst für zu klein und die Menschen umher für zu groß gehalten. Er gesteht dem Freunde in Dresden, daß die nähere Bekanntschaft mit den Weimarer »Riesen« seine Meinung von sich selbst verbessert habe, und verschweigt ihm auch nicht, daß ihm von diesen großen Geistern mitunter »närrische Dinge« zu Ohren kämen. So, daß Herder und seine Frau in einer egoistischen Einsamkeit lebten und mitsammen eine Art von heiliger Zweieinigkeit bildeten, von der sie jeden Erdensohn ausschlössen. Aber weil Beide stolz und heftig seien, so stoße diese Gottheit zuweilen unter sich selbst an einander. Wenn sie also in Unfrieden gerathen seien, so wohnten Beide abgesondert in ihren Etagen und Briefe liefen treppauf und treppab, bis sich endlich die Frau entschließe, in eigener Person in ihres Ehegemahls Zimmer zu treten, wo sie eine Stelle aus seinen Schriften recitire und die Worte beifüge: Wer das gemacht, müsse ein Gott sein und auf den könne Niemand zürnen. Dann falle ihr der besiegte Herder um den Hals und die Fehde sei zu Ende Schiller an Körner (29. Aug. 1787). Briefw. I, 166.. Von den Weimarer Damen weiß Schiller zu sagen, daß sie alle gern Eroberungen machen möchten, daß sie »ganz erstaunlich empfindsam« seien und daß jede »eine Geschichte hätte oder gehabt hätte.« Man sieht, der Dichter hatte mehr als ein kleinwenig von der in Weimar wehenden Luft der Medisance eingeathmet. Und doch – wir haben Grund, zu glauben, daß sich hinter der Medisance nur die Wahrheit barg; aber auch, daß gerade zu dieser Zeit Schiller wenig berechtigt war, über die »Geschichten« der Weimarer Damen zu spotten. Steckte er doch selbst mitten in so einer Geschichte und es ist hier der geeignete Ort, die Richtigkeit der früher gethanen Aeußerung nachzuweisen, daß zu Ende des 18. Jahrhunderts die Verwirrung der sittlichen Begriffe selbst edelste Naturen zeitweilig befangen habe. Man nahm es mit Liebesverhältnissen erstaunlich leicht; ja noch mehr, man gab derartigen Beziehungen, auch wo sie mit Grundprinzipien der Gesellschaft in Zwiespalt geriethen, gewissermaßen die gesellschaftliche Sanction. Allerdings sagt uns Cäcilie, eine Weimarer Dame, in ihren Erinnerungen aus jener »harmlosen« Zeit: »Man wog nicht ängstlich ab, ob sich's auch vollkommen schicke und was die Nachbarn dazu sagen würden; es gab noch keine Klatschblätter ex professo, die in jedem Winkel von Deutschland es herumgebracht hätten, daß Herr N. N. dem Fräulein O. beim Nachhausegehen einen Kuß gegeben hätte« Weimars Album, S. 126.; allein es handelte sich doch wohl nicht immer nur um solche Harmlosigkeiten, sondern oft auch um Neigungen und Leidenschaften, welche tief in das Leben der Betheiligten einschnitten. Deß zum Zeugniß stehe hier ein Roman, aber ein Roman der Wirklichkeit, der Roman: Friedrich Schiller und Charlotte von Kalb, dessen Verlauf uns vorwiegend die eigenen Worte des Paares zeichnen sollen Nämlich Schiller's Briefe an Körner und an die Schwestern von Lengefeld und Charlotte's Erinnerungen bei Köpke a. a. O..

Gleich in dem ersten Briefe, welchen Schiller aus Weimar an Körner schrieb, findet sich die Stelle: »Charlotte ist eine große sonderbare weibliche Seele, ein wirkliches Studium für mich, die einem größeren Geiste, als der meinige ist, zu schaffen geben kann. Mit jedem Fortschritt unseres Umgangs entdecke ich neue Erscheinungen in ihr, die mich, wie schöne Partieen in einer weiten Landschaft, überraschen und entzücken. Herr von Kalb wird im September eintreffen und Charlotte hat alle Hoffnung, daß unsere Vereinigung im Oktober zu Stande kommen wird.« Am folgenden Tage schrieb der Dichter: »Hier ist, wie es scheint, schon ziemlich über mich und Charlotte gesprochen worden. Wir haben uns vorgesetzt, kein Geheimniß aus unserem Verhältniß zu machen. Einigemal hatte man schon die Discretion, uns nicht zu stören, wenn man vermuthete, daß wir fremde Gesellschaft los sein wollten. Charlotte steht bei Wieland und Herder in großer Achtung.« Unterm 28. Juli: – »Mein Verhältniß mit Charlotte fängt an, hier ziemlich laut zu werden und wird mit sehr viel Achtung für uns Beide behandelt. Selbst die Herzogin (Amalia) hat die Galanterie, uns heute zusammen zu bitten, und daß es darum geschah, habe ich von Wieland erfahren. Man ist in diesen Kleinigkeiten hier sehr fein und die Herzoginnen selbst lassen es an solchen kleinen Attentionen nicht fehlen.« Unterm 18. August: – »Herr von Kalb hat mir geschrieben. Er kommt zu Ende Septembers, seine Ankunft wird das Weitere mit mir bestimmen. Seine Freundschaft für mich ist unverändert, welches zu bewundern ist, da er seine Frau liebt und mein Verhältniß mit ihr kennt. Aber seine Billigkeit und seine Stärke dürfte vielleicht durch Einmischung fremder Menschen und eine dienstfertige Ohrenbläserei auf eine große Probe gestellt werden, wenn er kommt.« Diese Mittheilungen, deren aufrichtige Deutlichkeit durch keine liebedienerische Prüderie verwischt werden kann, geben das Resultat, daß die Berechtigung des Verhältnisses, in welchem Charlotte zu Schiller stand, in Weimar so zu sagen offiziell anerkannt war; ferner, daß auch der Gatte Charlotte's die Sachlage kannte, und endlich, daß die Dame auf eine Scheidung von ihrem Manne hinarbeitete, um sich dann sofort mit dem Dichter zu verheiraten.

Dieser war damit ganz unzweifelhaft völlig einverstanden, aber – nicht für lange. Scheint es doch, daß Schiller überhaupt nur sehr widerstrebend dem Entschluß der Freundin sich angeschlossen habe, denn unterm 8. August hatte er an Körner geschrieben: – »Kannst du mir glauben, daß es mir schwer, ja beinahe unmöglich fällt, euch über Charlotte zu schreiben? Und ich kann dir nicht einmal sagen, warum. Unser Verhältniß ist, wie die geoffenbarte Religion, auf den Glauben gestützt. Die Resultate langer Prüfungen, langsamer Fortschritte des menschlichen Geistes sind bei dieser auf eine mystische Weise avancirt, weil die Vernunft zu langsam dahin gelangt sein würde. Derselbe Fall ist mit Charlotte und mit mir. Wir haben mit der Ahnung des Resultates angefangen und müssen jetzt unsere Religion durch den Verstand untersuchen und befestigen. Hier wie dort zeigen sich also nothwendig alle Epochen des Fanatismus, Skepticismus, des Aberglaubens und Unglaubens und dann wahrscheinlich am Ende ein reiner und billiger Vernunftglaube, der der alleinseligmachende ist. Es ist mir wahrscheinlich, daß der Keim einer unerschütterlichen Freundschaft in uns Beiden vorhanden ist, er wartet noch auf seine Entwicklung. In Charlotte's Gemüth ist übrigens mehr Einheit als in dem meinigen, wenn sie schon wandelbarer in ihren Launen und Stimmungen ist. Lange Einsamkeit und ein eigensinniger Hang ihres Wesens haben mein Bild in ihrer Seele tiefer und fester begründet als bei mir der Fall sein konnte mit dem ihrigen.« Reflectirt ein leidenschaftlich Liebender in dieser Weise? Aeußert er sich so analytisch? Schwerlich! Der Umschlag Schiller's in seiner Stellung zu Charlotte kündigt sich auch bald genug an, wenn er, nachdem er einige Wochen von der Freundin getrennt gewesen war, unterm 8. Dezember schreibt: – »Hier in Weimar habe ich Charlotten und ihren (inzwischen eingetroffenen) Mann wiedergefunden. Er ist ganz der Alte, wie ich aus dem ersten Anblick urtheilen konnte. Sie ist gesund und sehr aufgeweckt. Ich weiß nicht, ob die Gegenwart des Mannes mich lassen wird, wie ich bin. Ich fühle in mir schon einige Veränderung, die weiter gehen kann.« Und sie ging weiter. Die projectirte Scheidung Charlotte's von ihrem Manne kam nicht zu Stande, weil, wie es scheint, Frau von Kalb wieder schwankend geworden war. Herr von Kalb ging an den Rhein zurück, während sie in Thüringen blieb. »Einige Monate darauf – erzählt Charlotte – erhielt ich ein Schreiben von Friedrich, in welchem er mit scharfem Ausdruck mir darstellte, wie es ein falscher Schritt, dies Verhältniß – (zu ihrem Gatten) – nicht ganz zu lösen; mit einem Schmerz sprach er sich darüber aus, den ich wohl mitempfinden konnte. Noch in der Jugend – schrieb er mir – ja in unvergänglicher Jugend des Geistes und Gemüthes, bedürfen Sie nur der Trennung von allem Ertödtenden, daß sich Ihre Seele wieder frei entfalten könne. Darf ich rathen, soll ich wollen? So kommen Sie in das Gebirge, wo auch ich jetzt wohne – (in Volkstädt). Ich irre wohl nicht, daß nur hier für Sie ein natürliches Wohl sich wieder gewinnen und erhalten könne. Es war ein kleines Heft, was er mir als Brief geschickt, und ein solches erhielt er wieder, denn meines Lebens Loose waren ja darin. Es vergingen Wochen, Monate und ich erhielt keine Antwort.« Das Letztere wird durch den Brief Schiller's an Körner aus Rudolstadt vom 20. Oktober 1788 bestätigt; aber gerade dieser Brief stellt es sehr in Frage, daß der Dichter über das Nichtzustandekommen der Scheidung wirklich so unzufrieden gewesen sei, wie Frau von Kalb will. Er schrieb: »Charlotten hab' ich diesen Sommer gar wenig geschrieben; es ist eine Verstimmung unter uns, worüber ich dir mündlich mehr sagen will. Ich widerrufe nicht, was ich von ihr geurtheilt habe: sie ist ein geistvolles, edles Geschöpf – ihr Einfluß auf mich aber ist nicht wohlthätig gewesen.«

Bei seiner Zurückkunft nach Weimar am 12. November merkte Charlotte mit dem Instinkt der Leidenschaft dem Freunde an, daß während seines Aufenthalts in Volkstädt und Rudolstadt eine große Veränderung in seinem Innern vorgegangen sei. Als er viel von der Familie Lengefeld sprach, sagte sie ihm: »Mein Segen bleibt bei Ihnen, aber verschieden ist unsere Ansicht von der Zukunft und so muß sich ergeben, daß uns ferner Briefe überlästig sind.« Er verneinte das, wie sie erzählt, und der Umgang und Briefwechsel zwischen den Beiden dauerte fort; aber in welchen Mißklang das ganze Verhältniß mehr und mehr umsprang, zeigen die bezüglichen Aeußerungen in Schiller's Briefen an Körner und an die Schwestern Lengefeld deutlich genug. Unterm 9. März 1789 schrieb er: »Charlotte besuche ich noch am meisten; wir stehen recht gut zusammen, aber ich habe, seit ich wieder hier – (in Weimar) – bin, einige Prinzipien von Freiheit und Unabhängigkeit im Handeln und Wandeln in mir aufkommen lassen, denen sich mein Verhältniß zu ihr blindlings unterwerfen muß. Alle romantischen Luftschlösser fallen ein; nur was wahr und natürlich ist, bleibt stehen.« Hier erscheint also dem Dichter das Project einer Heirat mit Frau von Kalb schon nur noch als ein »romantisches Luftschloß« und seine ganze bisherige Stellung zu der Dame als unwahr und unnatürlich. Unterm 3. November 1789 äußerte er gegen Karoline von Beulwitz-Lengefeld: »Die Kalb ist doch ein seltsam wechselndes Geschöpf, ohne Talent, glücklich zu sein; wie könnte sie also geben, was sie selbst nicht hat? Vor ihrer Neugierde muß man sich hüten, vor ihrer Inconsequenz, die sie oft verleitet, sogar sich selbst nicht zu schonen, und auch vor ihrer Starkgeisterei, die sie leicht verführen könnte, es mit dem Besten Anderer nicht so genau zu nehmen.« Unterm 21. Dezember schrieb er: »Die Kalb hat mir heute geschrieben. Ich habe sogleich geantwortet. Lieber zehn Briefe schreiben als einmal selbst kommen.« Unterm 5. Februar 1790: »Leidenschaft und Kränklichkeit zusammen haben sie manchmal an die Gränzen des Wahnsinns geführt Um diese Aeußerung nicht zu hart zu finden, vergleiche man die Auslassungen Jean Paul's vom Jahre 1798 über die »Titanide«, bei Spazier a. a. O. IV, 115 fg.. Sie erhält jetzt von mir keine Antwort auf ihre Briefe mehr. Wie kann ich ihr schreiben!« Endlich unterm 12. Februar: »Sie drang in mich in ihren letzten Briefen, sie nur auf einen Augenblick zu besuchen, weil sie mir etwas sehr Wichtiges zu sagen habe. Sie war nie wahr gegen mich, als etwa in einer leidenschaftlichen Stunde. Mit Klugheit und List wollte sie mich umstricken. Sie ist jetzt nicht edel und nicht einmal höflich genug, um mir Achtung einzuflößen. Da ich ihr neulich schrieb, ich zweifle, ob sie jetzt die Stimmung schon gefunden hätte, worin eine Zusammenkunft für uns Beide erfreulich sein könnte, und ich dies aus einigen Vorfällen schlösse, antwortete sie mir: ›ich irre mich sehr, wenn ich ihr jetziges Betragen mit jener Tollheit, mit jenem ungeschickten Traum, der lange schon nicht mehr in ihrer Erinnerung sei, in Zusammenhang brächte.‹ Darauf schrieb ich ihr, die Versicherung, die sie mir gebe, daß das Vergangene in ihrer Erinnerung ausgewischt sei, erlaube mir endlich freimüthig mit ihr über das Glück zu sprechen, das meine nahe Verbindung – (mit Lotte von Lengefeld) – mir gewähre. Ich sprach dann mit vollem Herzen von unserer Zukunft und das hat sie nicht ertragen. Hat sie es nicht durch die Platitude verdient, womit sie ihre eigene Empfindung herabsetzt? Aber warum schreibe ich soviel von ihr? Ich hätte etwas Besseres thun können.« –

Doch nicht mit dieser grellen Dissonanz sollte eine bedeutsame Episode im Leben unseres Dichters enden. Wenn, wie der ganze Verlauf ihrer Beziehungen zeigt, Schiller und Frau von Kalb nur gewähnt hatten, auf die Dauer Liebende sein zu können, so folgte der Bitterkeit, welche in der Zerstörung dieses Wahns lag, doch bald das beiderseitige Gefühl, daß sie Freunde sein sollten, sein müßten. Im Frühjahr 1793 treffen wir sie wieder im Briefwechsel und damals empfahl ihr der Dichter seinen Landsmann Hölderlin zum Lehrer ihres Sohnes. Der letzte Brief Schiller's, welcher sich in Charlotte's Nachlaß vorgefunden, ist vom 21. Januar 1802. Er wünscht darin der Freundin, daß ihr Leben immer heiter und froh sein möchte, und versichert sie der Aufrichtigkeit und Beständigkeit seiner Freundschaft. Wenn wir nun in dieser Art, nicht ohne Befriedigung, das verworrene Verhältniß zu einem versöhnlichen Abschluß gelangen sehen, so erübrigt noch die Erledigung der Frage, wo denn eigentlich die Ursache zu dem raschen Absprung Schiller's von seinen ursprünglichen An- und Absichten über und mit Charlotte zu suchen sei. Daß die Wendung unmittelbar nach des Dichters Ausflug nach Meiningen, Bauerbach und Rudolstadt, den wir unten sofort berühren werden, eingetreten sei, darüber läßt seine Correspondenz mit Körner keinen Zweifel. Er war auf diesem Ausflug den Schwestern Lengefeld wieder begegnet, war ihnen nähergetreten und hatte die Sehnsucht nach einer »häuslichen Existenz« mit nach Weimar zurückgebracht. Aber eine solche, das fühlte er in jeder Fiber, war von einem Wesen wie Charlotte von Kalb – auch ihre Freiheit vorausgesetzt – durchaus nicht zu erwarten. Daher Schiller's Resignation nach dieser Seite hin, jetzt eine wirkliche, nicht bloß gedichtete Resignation. Ja, es klingt seltsam und ist doch wahr, daß der große Prophet des Idealismus über die Bedingungen einer glücklichen Ehe eine durchaus ruhig verständige Ansicht und Ueberzeugung hegte. »Bei einer ewigen Verbindung, die ich eingehen soll, darf Leidenschaft nicht sein,« schrieb er am 19. November 1787 an Körner. Dann unterm 8. Dezember: »Eine Frau, die ein vorzügliches Wesen ist, macht mich nicht glücklich, oder ich habe mich nie gekannt.« Und unterm 7. Januar 1788: »Ich muß ein Geschöpf um mich haben, das mir gehört, das ich glücklich machen kann und muß, an dessen Dasein mein eigenes sich erfrischen kann.« Er verlangte von einer Frau, daß sie ihm Ruhe, Frieden und ein gleichmäßig heiteres Behagen verschaffe, und das Alles konnte er nicht von Charlotte von Kalb erwarten, von der »Titanide«, die vielleicht die genialste und jedenfalls – das Wort ohne gemeine Nebenbeziehung genommen – die emanzipirteste Frau ihrer Zeit war Man glaubt George Sand's Lelia oder Tieck's Viktoria Accorombona sprechen zu hören, wenn Frau von Kalb unterm 16. Oktober 1796 an Jean Paul schreibt: »Keinen Zwang soll das Geschöpf dulden, aber auch keine ungerechte Resignation. Immer lasse der kühnen, kräftigen, reichen, ihrer Kraft sich bewußten und ihre Kraft brauchenden Menschheit ihren Willen. Aber die Menschheit und unser Geschlecht ist elend und jämmerlich und Gesetz, Kirche und Gesellschaft machen sie immer jämmerlicher. Alle unsere Gesetze sind Folgen der elendesten Armseligkeiten und Bedürfnisse und selten der Klugheit; Liebe bedurfte keines Gesetzes. Die Natur will, daß wir Mütter werden sollen; vielleicht nur, wie Einige meinen, damit wir euer Geschlecht fortpflanzen. Dazu dürfen wir nicht warten, bis ein Seraph kommt, sonst ginge die Welt unter; und was sind unsere stillen, armen, gottesfürchtigen Ehen? Ich sage mit Göthe und noch mehr als Göthe: Unter Millionen ist nicht Einer, der nicht in der Umarmung die Braut bestiehlt.« – Wie eine verspätete Antwort auf diese Auslassung lautet die Stelle in Jean Paul's Brief vom 15. Mai 1798 an Jacobi: »Ich kenne nun das Leben, besonders das auflösende bei genialischen Weibern, die zugleich verwirren und zersetzen und verspäten – nein, ich will ein einfaches, stilleres Herz.«.

Da ohnehin im Vorstehenden der Zeit schon bedeutend vorgegriffen wurde, so ist nur billig, daß wir die Titanide ihren dornenvollen Lebensweg vollends hinabbegleiten. Nachdem ihr Verhältniß zu Jean Paul in den Jahren von 1796-1800 eine noch glühendere Färbung als das zu Schiller angenommen, aber diesem frappant ähnlich geendigt hatte, erlebte sie in einem und demselben Jahre (1804) den Tod ihres Mannes und den gänzlichen Verlust ihres Vermögens. Ueberdies halberblindet, weilte sie unstät und dürftig in Berlin, Frankfurt, Würzburg – nach Weimar wollte sie nie mehr zurück – dann wieder in Berlin, wo aber Hufeland's Beistand sie nicht vor gänzlichem Erblinden zu bewahren vermochte. Die Gutherzigkeit einer Prinzessin gab der Greisin Dach und Fach im königlichen Schlosse. Die Vielbewegte, Vielgeprüfte, in ihren schönsten Hoffnungen Betrogene, in ihren besten Wünschen Gescheiterte behielt bis zuletzt die titanische Energie des Fühlens und Denkens, welche vordem Schiller und Jean Paul angezogen, entzückt und – erschreckt hatte. »Unter allen Frauen, die ich je gekannt habe – schrieb Rahel Levin 1828 an die Fürstin Carolath – ist Frau von Kalb die geistvollste; ihr Geist hat wirklich Flügel, mit denen sie sich in jedem beliebigen Augenblick, unter allen Umständen, in alle Höhen schwingen kann.« Die Erscheinung von Jean Paul's gedrucktem Briefwechsel stürmte die leidenschaftlichsten Erinnerungen in der greisen Blinden auf und sie hatte die seltsame Laune, durch Vermittlung Varnhagen's eine Art Verleugnung ihres Liebesverhältnisses zu dem großen Humoristen an Göthe gelangen zu lassen, – gerade wie sie früher versucht hatte, ihre Liebe zu Schiller hinterher vor sich selbst zu verleugnen – und zwar zur nämlichen Zeit, wo sie die beiden Büchlein »Charlotte« und »Cordelia« dictirte, in welchen jedes kundige Auge die Bestätigung jener zweimaligen Liebesglut findet. In ihren letzten Lebensjahren übte die Erscheinung der Hochbetagten mit den großen schwarzen todten Augen unter den weißen Haaren, die hohe Gestalt aufrecht tragend, orakelhafte Geistesblitze sprechend, die häufig von einem halb unheimlichen Lachen begleitet wurden, auf Alle, welche ihr nahe kamen, eine eigenthümliche, fast sphinxartige Wirkung. Einer Sibylle soll sie da geglichen haben. Die Summe ihres Daseins zog sie zuletzt in der stoischen Sentenz: »Wer denkt, darf nie klagen, und wer erkennt, weiß, daß Unvermeidliches ihn getroffen!« So starb die Zweiundachtzigjährige am 12. Mai 1843.

Zu unserem Dichter zurückkehrend, finden wir ihn Ende Novembers 1787 zu Pferde, den von Spätherbstnebeln belasteten Thüringerwald durchziehend. Die Reise ging nach Meiningen und Bauerbach. Schiller's ehemalige Beschützerin, Frau von Wolzogen, hatte sehnlich verlangt, den Dichter zu sehen, um dessen Ansicht über das Project der Verheiratung ihrer Tochter mit dem Herrn von Lilienstern zu vernehmen. Mit ihrem Wunsche hatte sich der von Schwager Reinwald und Schwester Christophine vereinigt und so war denn Schiller zu Pferde gestiegen. Der Ausflug währte sechszehn Tage, während welcher »von einem edelmännischen Gute zum andern herumgezogen wurde«. Auf diesen Fahrten sah der Dichter interessante Contraste der Zeit. Im Dorfe Hochheim war er der Gast einer adeligen Familie, die fünf Töchter und zusammen zehn Personen zählte und im besten Styl altpatriarchalischen Landjunkerthums lebte. Die Fräulein spannen und woben wie »die Prinzessinnen aus der Bibel oder in den Zeiten des Ritterthums«, Alles trug selbstgemachtes Zeug und alle Bedürfnisse des Lebens wurden auf dem Gute selbst erzeugt und zubereitet. Zwei Stunden davon lebte ein Kammerherr von S. auf »hochtrabendem, fürstlichem Fuß«, in Sprache, Sitte und Einrichtung ganz französirt. Eigen erging es dem Dichter mit den vertrauten Umgebungen von Bauerbach, wo er »von 1782-83 als Einsiedler gelebt hatte und so zu sagen schwindelnd an der Schwelle der Welt gestanden war.« Sie hatten ihre Magie verloren und sprachen nicht mehr zu ihm. »An dieser Verwandlung sah ich – schrieb er an Körner – daß eine große Veränderung mit mir selbst vorgegangen war. Und mußte sie nicht? Wie viele neue Gefühle, Schicksale und Situationen lagen nicht in diesem Zwischenraume! Eure Erscheinung, unsere Freundschaft, ganz Mannheim mit seinen Freuden und Leiden, Charlotte, Weimar, eine ganz neue Epoche meines Denkens!« Briefw. zw. Sch. u. K. I, 219. In Bauerbach war er mit Wilhelm von Wolzogen zusammengetroffen, welcher damals, nachdem er 1784 aus der Karlsschule getreten, dem Namen nach Offizier im Regiment Augé, der Sache nach aber Hofarchitekt des Herzogs von Würtemberg war und sich jetzt auf Urlaub bei seiner Mutter befand. Mit diesem Freunde trat er am 5. Dezember gemeinschaftlich die Rückreise nach Weimar an. Der Ritt ging über Rudolstadt, wohin den jungen Wolzogen das Herz zog. Der 6. Dezember, wo die Freunde den letztgenannten am Ufer der Saale anmuthig gelegenen Ort erreichten, war ein rechter Schicksalstag für Schiller.

In Rudolstadt lebte mit ihren beiden Töchtern Frau Luise Juliane von Lengefeld, welche wir unserem Dichter schon in Mannheim flüchtig begegnen sahen. Die Lage ihres frei an einem Berge stehenden Hauses bot alles Erfreuliche und Unbeschränkte des Landlebens und gewährte die Aussicht auf die sanfte Krümmung des Flusses, in drei frische Thalöffnungen hinein, auf nahe waldumkränzte Anhöhen und ferne großgezeichnete Gebirge. Wie zur Mutter, so standen die beiden Schwestern Karoline und Charlotte auch unter sich in dem Verhältniß innigsten Vertrauens, welchem dadurch kein Eintrag geschehen war, daß die ältere im Jahre 1785 eine Convenienzheirat mit dem rudolstädtischen Legationsrath von Beulwitz geschlossen hatte, die »zufriedenstellend« verlief, aber dem vom Idealismus des Jahrhunderts vollen Herz der jungen Frau keine Befriedigung gewährte. Frau von Lengefeld selbst war eine auf Formen haltende, durch häufigen Hofverkehr an die Schätzung des Ceremoniels gewöhnte, auch mit einem frommen Tic ausgestattete, aber dabei seelengute Dame. Die Stellung einer Hofdame war ihr weibliches Ideal, dessen Verwirklichung sie für ihre jüngere Tochter Lotte – in der Familie vertraulich-zärtlich Lottchen oder Lolo oder Lolochen genannt – anstrebte und zwar gerade damals am Weimar'schen Hofe, wo die Herzogin Luise ihr wohlgeneigt war. Auch die bescheidenen Vermögensverhältnisse des Hauses mochten die Erlangung einer solchen Versorgung räthlich machen. Aber diese Bescheidenheit der Glücksumstände hatte die Lengefeld'sche Familie nicht verhindert, an dem humanen Bildungsstreben, welches die Aristokratie von damals durchschnittlich so rühmlich auszeichnete, mit regstem Interesse und Verständniß theilzunehmen. Der Hausherr – für das Glück der Seinigen viel zu frühe gestorben, als die 1763 geborene Karoline dreizehn und ihre Schwester Lotte zehn Jahre alt war – hatte seine Töchter selbst unterrichtet und in der Abgeschiedenheit ihres Thales, durch welches damals noch keine Kunststraße führte, hatten sich die beiden Mädchen an der klaren und weiten Weltansicht des Vaters heraufgebildet, besonders Karoline, welche der jüngeren Schwester zugleich Lehrerin und Freundin wurde. Herr von Lengefeld, ein Bewunderer Friedrichs des Großen und von diesem geschätzt, war den Grundsätzen der Aufklärung entschieden zugethan gewesen. Er hatte wie die psychischen, so auch die physischen Kräfte seiner Mädchen sorgsam geübt, hatte den Natursinn, wie den Geschmack an geistigen Freuden in ihnen entwickelt, hatte sie zeitig fühlen gelehrt, was sie suchen sollten, und hatte schon durch seine eigene Persönlichkeit, welche die Prinzipien der Ehre und schönen Sitte repräsentirte, die Einsicht in den wahren Werth der Menschen ihnen eröffnet und die Achtung vor männlicher Würde in ihnen begründet Karoline v. Wolzogen, Sch. L. I, 233.. So in geweihter Stille herangewachsen, nährten die Schwestern Geist und Gemüth mit ernster Lectüre, wie Plutarch und Rousseau sie boten, und erweiterten ihren Gesichtskreis durch die Reise nach der Schweiz, wo neben der großen Natur auch Lavater bedeutend auf sie wirkte. Nach der Heimkehr fühlten sie sich in Rudolstadt doppelt einsam, die Heirat Karoline's mit Beulwitz änderte wenig oder nichts in ihrem Gehaben und so wurden nur mit um so mehr Antheil die Beziehungen gepflegt, welche die Familie mit den Weimar'schen Kreisen verbanden. Charlotte von Stein und Charlotte von Kalb waren dem Lengefeld'schen Hause befreundet, in welchem Göthe so innig verehrt wurde wie nur in irgendeinem andern und das Geistige mehr als Alles galt Ebenda, I, 237..

An einem trüben Dezembertage des Jahres 1787 saßen die beiden Schwestern im elterlichen Hause mitsammen am Fenster. Indem sie in das traurige Nebelgeriesel hinaussahen, kamen sie sich, wie oft schon, vielleicht gerade wieder als verwünschte Märchenprinzessinnen vor, der Erlösung aus dieser Einsamkeit harrend Ebenda, I, 236. Karoline irrt übrigens, wenn sie diesen Tag in den November setzt. Es war der 6. Dezember. Vgl. Alfred v. Wolzogen, Deutsches Museum für 1857, S. 358. Schiller und Lotte, S. 2.. Da trabten zwei Reiter die Straße herunter, in ihre Mäntel eingehüllt. Scherzend versteckte der Eine sein Gesicht halb unter den Mantelkragen, allein die Schwestern erkannten trotzdem ihren Vetter Wilhelm von Wolzogen, dessen innige Neigung für Karoline durch ihre Heirat nicht zerstört worden war. Der zweite Reiter war den Damen unbekannt oder schien es wenigstens und erregte ihre Neugier, welche bald befriedigt wurde; denn Wolzogen kam und bat um die Erlaubniß, seinen Reisegefährten Schiller für den Abend in das Haus seiner Verwandten einführen zu dürfen. Die Bitte wurde natürlich gerne gewährt, aber als die beiden jungen Männer kamen und die Schwestern ihnen den Willkommen boten, hatten sie sicherlich keine Ahnung, daß sie in ihren Gästen ihre künftigen Gatten begrüßten … Zwei Tage darauf wieder in Weimar, schrieb unser Dichter an Körner: »In Rudolstadt habe ich eine recht liebenswürdige Familie kennen gelernt. Eine Frau von Lengefeld lebt da mit einer verheirateten und einer noch ledigen Tochter. Beide Geschöpfe sind, ohne schön zu sein, anziehend und gefallen mir sehr. Man findet hier viel Bekanntschaft mit der neuen Literatur, Feinheit, Empfindung und Geist. Das Clavier spielen sie gut, welches mir einen recht schönen Abend machte. Die Gegend um Rudolstadt ist außerordentlich schön.« Mit noch mehr Wärme äußerte er sich über die neue Bekanntschaft in einem Schreiben vom 20. Dezember an Frau von Wolzogen: – »Wir sind glücklich nach Rudolstadt gekommen, wo ich eine sehr hochachtungswerthe und liebenswürdige Familie fand. Ich kann nicht anders, als Wilhelm's guten Geschmack bewundern; denn mir selbst wurde so schwer, mich von diesen Leuten zu trennen, daß nur die dringendste Nothwendigkeit mich nach Weimar ziehen konnte. Wahrscheinlich werde ich aber diese Nachbarschaft nicht unbenutzt lassen, und sobald ich auf einige Tage Luft habe, dort sein.«

Offenbar hatte Schiller von dem gemüthvollen, durch Bildung und edle Sitte erhöhten Familienleben, welches er im Lengefeld'schen Hause gesehen, einen tiefen Eindruck empfangen. Eine lebhafte Sehnsucht nach einem solchen Dasein erwachte in ihm. Schon am 7. Januar 1788 eröffnete er dem Herzensfreunde Körner seinen Entschluß, zu heiraten; denn, schrieb er: »Ich bedarf eines Mediums, durch das ich die anderen Freuden genieße. Freundschaft, Geschmack, Wahrheit und Schönheit werden mehr auf mich wirken, wenn eine ununterbrochene Reihe feiner wohlthätiger häuslicher Empfindungen mich für die Freude stimmt und mein erstarrtes Wesen wieder durchwärmt. Ich bin bis jetzt als ein isolirter fremder Mensch in der Natur herumgeirrt und habe Nichts als Eigenthum besessen. Alle Wesen, an die ich mich fesselte, haben Etwas gehabt, das ihnen theurer war als ich, und damit kann sich mein Herz nicht behelfen. Ich sehne mich nach einer bürgerlichen und häuslichen Existenz.« Wunderlich genug kam diesem Wunsche von einer ganz fremden Seite her der Zufall entgegen. Denn gegen das Frühjahr zu erging aus der fränkischen Reichsstadt Schweinfurt an den Dichter die Anfrage, ob er dort nicht eine Rathsherrnstelle mit leidlichem Gehalt, verbunden mit einer Frau von einigen Tausend Thalern, welche an körperlichen und geistigen Vorzügen seiner nicht unwerth sei, annehmen wolle Briefw. zw. Sch. u. K. I, 286.. Schiller nannte den Antrag einen Spaß und behandelte ihn als solchen, wie er auch den flüchtigen, zu Anfang des Winters gehegten Einfall, sich von Wieland die Hand von dessen zweiter Tochter zu erbitten, bald wieder aufgegeben hatte.

Die Frage, ob sich der Heiratsgedanke Schiller's schon damals wenigstens instinktartig auf Lotte von Lengefeld gerichtet habe, dürfte schwer zu verneinen und noch schwerer zu bejahen sein. Denn wenn Karoline sagt, daß den Dichter schon einige Wochen nach seinem Besuch in Rudolstadt eine lebhafte Neigung zu ihrer Schwester erfüllt habe, so ist aus Gründen, die später zur Sprache kommen werden, diese Aussage wohl nur als ein hochherziger Anachronismus zu betrachten. Was aber Lotte betrifft, so ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß Schiller's Erscheinung in ihrem elterlichen Hause ihr Herz noch unberührt gelassen habe, denn dieses hatte die schmerzlichen Nachwehen einer ersten und unglücklichen Liebe noch nicht verwunden. Sie war, am 22. November 1766 geboren, damals einundzwanzig Jahre alt. Mit liebender Hand hat die Schwester ihr Bild so gezeichnet: »Sie hatte eine sehr anmuthige Gestalt und Gesichtsbildung. Der Ausdruck reinster Herzensgüte belebte ihre Züge und ihr Auge blitzte nur Wahrheit und Unschuld. Sinnig und empfänglich für alles Gute und Schöne im Leben und in der Kunst, hatte ihr ganzes Wesen eine schöne Harmonie. Mäßig, aber treu und anhaltend in ihren Neigungen, schien sie geschaffen, das reinste Glück zu genießen und zu gewähren. Sie hatte Talent zum Landschaftszeichnen, einen feinen und tiefen Sinn für die Natur und Reinheit und Zartheit in der Darstellung. Unter günstigeren Umgebungen hätte sie in dieser Kunst Etwas leisten können. Auch sprach sich jedes erhöhtere Gefühl in ihr oft in Gedichten aus, unter denen einige, von der Erinnerung an lebhaftere zärtliche Herzensverhältnisse eingegeben, voll Grazie und sanfter Empfindung sind« Karoline v. Wolzogen, Sch. L. I, 242. Eine Auswahl der Gedichte Lotte's von Lengefeld steht in Hoffmeister's Supplementen zu Sch. W. III, 379 fg.. Damals, im Spätherbst und Winter 1787, war ihre Seele wund. Sie hatte ihr erstes jungfräuliches Gefühl einem trefflichen und liebenswürdigen Manne zugewandt, welcher diese Neigung leidenschaftlich erwiderte. Aber die Ungunst der äußeren Verhältnisse hatte eine Verbindung der Liebenden verhindert und den Geliebten in Militär-Diensten über das Meer hinweggeführt. Die schmerzlichen Nachklänge dieses Lebewohls auf immer zu lindern, wurde eine zeitweilige Ortsveränderung für Lotte passend erachtet und so kam sie zu Anfang Februars 1788 nach Weimar, wo sie in dem befreundeten Hause der Frau von Imhof zu Gaste war. Nebenbei sollte auch Lotte's Anwesenheit in Weimar die Herzogin Luise an die dem Mädchen in Aussicht gestellte Hofdamenstelle erinnern. Aber das Ideal der guten Frau von Lengefeld kam seiner Verwirklichung dadurch nicht näher; denn schon ging Lolo einer anderen Bestimmung entgegen.

siehe Bildunterschrift

21. Portrait: Charlotte von Lengefeld.
Originalzeichnung von G. Hartmann. Geschnitten von W. Aarland

Schiller's Zartgefühl verwehrte ihm, der jungen Dame seine Gegenwart aufzudrängen, doch begegnete er ihr da und dort, theils an öffentlichen Orten, theils in engeren Kreisen, bei Frau von Imhof, bei Frau von Stein. Sie erregte seine Aufmerksamkeit, seine Theilnahme mehr und mehr und Lotte ihrerseits konnte, so, wie sie war, die freundschaftliche Annäherung eines solchen Mannes nicht ohne stille Genugthuung bemerken. Ohne leidenschaftliche Regung und Erregung wob sich zwischen ihnen ein Band herzlicher Sympathie. Als die Heimkehr der jungen Dame bevorstand, wünschte sie von dem Dichter ein Stammbuchblatt, denn es war damals die Zeit der Stammbücher, und sagte ihm bei dieser Gelegenheit, daß sie sich zu ihren Bergen und Bäumen heimsehne. Er schickte ihr am 3. April 1788 jene Stammbuchverse, welche jetzt mit einigen Veränderungen in seinen Gedichten stehen, und schrieb ihr dazu: »Sie können sich nicht herzlicher nach Ihren Bäumen und schönen Bergen sehnen, mein gnädiges Fräulein, als ich, und vollends nach denen in Rudolstadt, wohin ich mich jetzt in meinen glücklichsten Augenblicken im Traume versetze. Ich habe nie glauben können, daß Sie in der Hof- und Assemblee-Luft sich gefallen; ich hätte eine ganz andere Meinung von Ihnen haben müssen, wenn ich das geglaubt hätte. Verzeihen Sie mir, so eigenliebig bin ich, daß ich Personen, die mir theuer sind, meine eigene Denkungsart unterschiebe.« In ihrer Antwort erinnerte Lotte den Freund an seine früher gegen sie geäußerte Absicht, im Sommer nach Rudolstadt zu kommen, und als sie ihm einige Tage später ihre Abreise anzeigte, schrieb sie: »Die Hoffnung, Sie bei uns zu sehen, macht mir den Abschied leichter. Kommen Sie, sobald als Sie können. Leben Sie wohl, recht wohl und denken Sie meiner. Ich wünsche, daß es oft geschähe.« Liegt in dieser reizend naiven Aeußerung nicht schon eine Andeutung, daß das junge Mädchen auf der »blumenvollen Flur«, welche von der Freundschaft zur Liebe führt, schon einige Schritte nach vorwärts gethan hatte? Daß auch Schiller's Gefühl bereits eine Steigerung erfahren, erkennt man an den Worten seines Antwortschreibens: »Sie werden gehen, liebstes Fräulein, und ich fühle, daß Sie mir den besten Theil meiner jetzigen Freuden mit sich hinwegnehmen. Lassen Sie das kleine Samenkorn der Freundschaft nur aufgehen; wenn die Frühlingssonne darauf scheint, so wollen wir schon sehen, welche Blume daraus werden wird.«

Es war zwischen Schiller und Lotte verabredet worden, daß sie dem Freunde in der Umgebung von Rudolstadt eine passende ländliche Wohnung für die Sommermonate ausmitteln sollte, und die Freundin beeilte sich nach ihrer Heimkunft, dem übernommenen Auftrage zu genügen. Sie dachte zuerst an das schön gelegene Haus des fürstlichen Gärtners in Kulmbach, Rudolstadt gegenüber, entschied sich dann aber für das Haus des Cantors Unbehaun in dem eine halbe Stunde von der Stadt entfernten Dorfe Volkstädt, wo sie am 22. April für den Dichter eine Wohnung bestellte. Auf diesem Gange wurde sie von einer Rudolstädter Freundin, Friederike von Holleben, begleitet, welche ein Jahr darauf den Freiherrn Heinrich von Gleichen heiratete und später die liebevolle Schwiegermutter von Schiller's und Lotte's jüngster Tochter Emilie geworden ist Schiller und Lotte, S. 21.. Der Dichter freute sich von ganzer Seele auf diese Villeggiatur. »Sobald der Frühling einmal dauerhaft sein wird – schrieb er am 25. April an Körner – ziehe ich in die Einsamkeit aufs Land; mein Kopf und mein Herz sehnen sich danach. Ich werde mich eine halbe Stunde von Rudolstadt niederlassen. Die Gegenden sind dort überaus ländlich und angenehm und ich kann da in seliger Abgeschiedenheit von der Welt leben. Das Lengefeld'sche Haus wird mir den Mangel an Gesellschaft hinlänglich ersetzen. Es sind dort sehr schätzbare Menschen beisammen, von sehr vieler Bildung und dem edelsten Gefühl. Sie sind auch schon in der Welt gewesen und haben eine glückliche Gemüthsstimmung daraus zurückgebracht. Alles, was Lectüre und guter Ton einer glücklichen Geistesanlage und einem empfänglichen Herzen zusetzen kann, finde ich da in vollem Maaße; außerdem auch viele musikalische Fertigkeit, die nicht den kleinsten Theil der Erholung ausmachen wird, die ich mir dort verspreche.« Wie aus den letzten Worten erhellt und wie wir schon früher, in der Herberge zu Oggersheim wahrgenommen haben, liebte Schiller die Musik sehr. Sie stimmte ihn productiv. Es liegt hierin einer der vielen Gegensätze seiner Natur zu der Göthe's. Die poetische Anregung, welche dieser bei den bildenden Künsten holte, verdankte Schiller gerne der Musik, während er sich, wenn auch vielleicht in zu schroffer Weise, das Interesse und den Sinn für die bildenden Künste absprach Brief an Wilhelm von Humboldt vom 17. Februar 1803. Briefw. zw. Sch. und H. S. 449..

Er hatte sich den Winter über fleißig zur Arbeit gehalten. Die Fortführung der Thalia, die Mitwirkung am Deutschen Merkur gaben ihm zu thun. Im Vordergrunde seiner Thätigkeit standen die Geschichte der niederländischen Rebellion und der Geisterseher. Körner hatte aber an Alledem kein Wohlgefallen; denn er wollte, daß Schiller, statt seine Kraft zu zersplittern, dieselbe lieber wieder ganz und voll auf die Schöpfung eines großen poetischen Werkes wenden möchte, meinte tadelnd, der Freund habe in Weimar seiner hohen Ideen über Dichterberuf und Dichterwerth ganz vergessen, und fürchtete, die historischen Studien und Arbeiten würden den Dichter der Poesie abtrünnig machen. Schiller rechtfertigte seine schriftstellerische Beschäftigung mit der Historie vor den Einwürfen des Freundes vermittelst äußerlicher und innerlicher Gründe, indem er ihm zu bedenken gab, daß er von der Schriftstellerei leben und daher auf das sehen müsse, was einträglich sei; ferner, daß zu poetischen Schöpfungen Stimmung und Laune nöthig und über diese nicht willkürlich zu gebieten sei; endlich, daß historische Arbeiten doch wohl auch für seine dichterische Zukunft fruchtbar sein könnten. Freilich konnte der Dichter dabei nicht verschweigen, daß in der Nothwendigkeit, von seiner Feder leben zu müssen, sehr viel Niederschlagendes liege, und es muß wohl eine trübe Stunde für ihn gewesen sein, als er am 18. Januar 1788 die Worte an den Freund richtete: »Du wirst es für keine stolze Demuth halten, wenn ich dir sage, daß ich zu erschöpfen bin. Meiner Kenntnisse sind wenig. Was ich bin, bin ich durch eine oft unnatürliche Spannung meiner Kraft. Täglich arbeite ich schwerer, weil ich viel schreibe. Was ich von mir gebe, steht nicht in Proportion mit dem, was ich empfange. Ich bin in Gefahr, mich auf diesem Wege auszuschreiben« Briefw. zw. Sch. u. K. I, 242-247.. Gegen den Frühling zu, mit der Aussicht auf den Sommeraufenthalt in Volkstädt vor Augen, erhob sich jedoch der Dichter wieder über diese düstere Auffassung seiner Lage und in seinem Briefe vom 16. April ist er im Falle, auch hinsichtlich seiner pecuniären Verhältnisse dem Freunde die beruhigende Versicherung geben zu können, daß er jetzt mehr erwerbe als er brauche und daß es »auf dem Wege zur ökonomischen Genesung – d. h. mit dem Schuldenzahlen – zwar langsam, aber doch vorwärts gehe.« Wie nahe der Gränze völligen Mangels er übrigens zu dieser Zeit manchmal gekommen, erfahren wir daraus, daß er im Sommer 1795 an Göthe schrieb: »Ich erinnere mich, wie ich einmal vor sieben Jahren in Weimar saß und mir alles Geld bis auf etwa zwei Groschen ausgegangen war, ohne daß ich wußte, woher neues zu bekommen.«

Im Uebrigen reicht, glaube ich, schon »der Geisterseher« aus, uns zu überzeugen, daß Schiller seines Dichterberufes damals keineswegs uneingedenk war. Die Herbigkeit, womit er über dieses Werk noch während der Arbeit daran und unmittelbar nachdem er sie fallen gelassen geurtheilt hat, indem er es eine »Schmiererei« und eine »Farce« nannte Ebenda, I, 271. Schiller und Lotte, S. 249., zeugt wohl für die Strenge der Forderungen, die er an sich stellte, ist aber sicherlich unbegründet. Der Geisterseher ist ein ganz vortrefflicher Roman und wir haben nur zu beklagen, daß er unvollendet geblieben. Er ist so recht aus dem 18. Jahrhundert herausgeschrieben, nicht weniger als der Wilhelm Meister. Heutzutage würde man das Buch einen Tendenzroman nennen und zwar mit Grund; denn der Dichter ging von der ganz bestimmten Tendenz aus, die religiösen Verirrungen seiner Zeit zu zeichnen. Ob er als Vorbild seines zum Katholicismus bekehrten Helden, wie Einige wollen C. A. Menzel, Neuere Gesch. d. Deutschen, X, 219., den Herzog Karl Alexander von Würtemberg, den Patron des Juden Süß, oder, wie Andere meinen Biedermann, Deutschland im 18. Jahrhundert, II, 59-60., den Prinzen Johann Friedrich von Braunschweig-Lüneburg vor Augen gehabt, ist von keinem Belang. Genug, der Geisterseher ist ein poetisches Spiegelbild der großen Verschwörung des Obscurantismus gegen die Aufklärung des 18. Jahrhunderts, ein Spiegelbild der Zeit, wo die Bedürfnisse des Gemüthes und die Forderungen der Phantasie, von den Industrierittern von damals sofort zur Grundlage ihrer Operationen gemacht, gegen die Philosophie des gesunden Menschenverstandes reagirten und zwar mit einem Erfolg, welcher unbegreiflich wäre, wüßte man nicht, daß die Extreme überall sich berühren, weil die menschliche Natur, von dem einen Extrem abgestoßen, sich nur gar zu gerne dem entgegenstehenden überliefert. Machen wir hier einen kurzen Halt, um dieses dem 18. Jahrhundert so wesentliche kulturgeschichtliche Moment etwas näher ins Auge zu fassen.

Zu allen Zeiten haben die Menschen mit dem Räthselhaften zu spielen geliebt und der Faust'sche Drang, die Schranken der Endlichkeit der Menschennatur zu durchbrechen und aus dem Gebiet des Natürlichen in das des Uebernatürlichen oder Unnatürlichen phantastisch hinüberzuschwärmen, ist so alt wie die Kultur, wie das menschliche Bewußtsein. Durch die ganze Geschichte des Alterthums zieht sich die Fabel von einer mit magischen Kräften ausgestatteten Geheimlehre und das Christenthum konnte vermöge seiner mystischen Seite diese Mystik nur unterstützen. So finden wir denn in allen Jahrhunderten des Mittelalters eine von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzte Schule von tiefsinnigen oder, wenn man will, aberwitzigen Grüblern, die sich einer sogenannten »verborgenen Weisheit« rühmten und auch wohl mitunter im Besitze derselben zu sein wähnten. Die von den Träumen der Alchymie unterstützte Thätigkeit dieser »Adepten« war auf das »Magisterium«, die » Materia prima«, das »Geheimniß der Projection«, auf die Herstellung des » Aurum potabile«, des »philosophischen Steins«, der »Universalmedizin« oder des »Lebenselixirs« gerichtet und es gab gläubige Thoren genug, die Goldmacher und Verjüngungstinkturbrauer in Arbeit zu setzen. Diese im Grunde meist nur auf die gemeinsten Instinkte der Menschen, den Durst nach Gold und Sinnengenuß und die Furcht vor dem Tode, basirten Speculationen fanden in der Verwilderung des 17. Jahrhunderts einen neuen Anhaltspunkt an einer kecken literarischen Mystification, welche von Valentin Andreä ausging. Im Jahre 1615 erschien nämlich zu Frankfurt das Buch von der löblichen Brüderschaft des Rosenkreuzerordens Fama Fraternitatis, oder Entdeckung der Brüderschaft des löblichen Ordens des Rosenkreuzes ( roseae crucis), nebst der Confession oder Bekänntniß derselben Fraternität, an alle Gelehrte und Häupter in Europa geschrieben, auch etlichen Responsionen und Antwortungen von Herrn Haselmeyern und anderen gelehrten Leuten auf die Famam gestellt, sammt einem Discurs von allgemeiner Reformation der ganzen Welt. Frankfurt 1615., worin behauptet wurde, daß ein von einem Deutschen, dem 1388 geborenen Christian Rosenkreuz gestifteter Geheimbund, die »Fraternität der Rosenkreuzer«, existire, welche den » Lapidem philosophorum« besäßen und die » Transmutationem metallorum« verständen, die Handhabung dieser wunderbaren Kräfte übrigens nur als Nebensache betrieben, weil des Ordens Hauptzweck sei, die Menschheit einer höheren Gotterkenntniß und einer reineren Moral entgegenzuführen. Letzteres wurde die Lockspeise, wodurch auch edlere Gemüther dem Tische des Unsinns zugeführt worden sind. Vergebens deckte Andreä, erschreckt durch das wundersüchtige Scandal, welches sein Buch verursachte, schon drei Jahre später den ganzen Schwindel auf, vergebens machte er sich über die Schwachen an Verstand lustig, welche an derartige » inventiones« glaubten: – das Märchen von der Rosenkreuzerei blieb ein Hauptelement der Geheimnißkrämerei und wurde von dem 17. Jahrhundert getreulich dem 18. überliefert. Doch das 18. Jahrhundert, so lange der emanzipative Gedanke, der es beseelte und bewegte, in seiner Jugendkraft stand, modelte Alles nach seinem Geiste und so sehen wir es denn auch den Hang der Menschen zum Geheimnißvollen und den Geheimbundapparat seiner aufklärerischen Tendenz dienstbar machen. Im Jahre 1717 wurde zu London die erste Freimaurerloge eröffnet und mit so reißender Schnelligkeit verbreitete sich dieser Geheimbund über den Erdball, daß schon im Jahre 1730 nicht nur auf dem Continent, sondern auch in Ostindien und Nordamerika Logen existirten. Die erste deutsche wurde 1737 zu Hamburg aufgethan.

Woher die Freimaurerei? Was war sie? Was wollte sie? Sie ging von der freidenkerischen Bewegung in England aus und man hat mit Recht gesagt, die Freimaurer seien die »Ritter vom Geiste« des Jahrhunderts der Aufklärung, die Freimaurerei sei die »innere Mission« des Deismus, d. h. des Rationalismus und der Toleranz, gewesen Hettner, Literaturgesch. d. achtzehnten Jahrhunderts, I, 228.. In dem von James Anderson 1721 verfaßten Constitutionenbuch, der ältesten authentischen Urkunde des Ordens, heißt es: »Der Maurer ist durch seinen Beruf verbunden, dem Sittengesetze zu gehorchen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er weder ein stumpfsinniger Gottesleugner noch ein frecher Wüstling sein. Es wird für dienlich erachtet, die Maurer allein zu der Religion zu verpflichten, worin alle Menschen übereinstimmen, ihre besonderen Meinungen aber ihnen selbst zu überlassen: das ist, gute und treue Männer zu sein, Männer von Ehre und Rechtschaffenheit, durch was immer für Benennungen oder (religiöse) Ueberzeugungen sie unterschieden sein mögen. Hiedurch wird die Maurerei die Spitze aller menschlichen Vereinigung und das Mittel, treue Freundschaft unter den Menschen zu stiften.« Also die Bestimmung des Menschen aus dem Bereich der Dogmenformeln hinweg und auf das Gebiet der Sittlichkeit hinüber verlegen, unter Garantie der Freiheit der persönlichen Ueberzeugung in Glaubenssachen einen großen Freundesbund unter den Menschen aufrichten, innerhalb dessen die Unterschiede der Geburt, des Ranges und Reichthums verschwinden sollten, mit einem Worte, dem Prinzip des Individualismus das Prinzip der Brüderlichkeit zugesellen, dem vorurtheilsfreien Verstand die werkthätige Liebe vermählen, – fürwahr eine große, eine erhabene Idee! Aber die nackte Schönheit der Wahrheit wird stets nur von Wenigen gefühlt und verstanden. Die Menge, und zwar die gebildete nicht weniger als die ungebildete, verlangt nach bunten Hüllen und schimmerndem Tand. Die Begründer der Freimaurerei erwiesen sich als erfahrene Menschenkenner, als sie ihrer Stiftung durch Hindeutung auf uralten Ursprung derselben und geheimnißvollen Zusammenhang mit großen Epochen der heiligen und profanen Geschichte die Weihe einer ehrwürdigen Tradition verliehen. Aber indem man, angeblich von den Bauhütten des Mittelalters Symbolik und Ritual, sowie die Abstufung der Logenmitglieder in die drei Classen der Meister, Gesellen und Lehrlinge entlehnend, den Maurerbund mit dem Tempelbau Salomon's in mysteriöse Beziehung setzte, ja sogar seinen Ursprung um vier Jahrtausende vor Christus hinaufrückte, ermächtigte man auch die industrieritterliche Betriebsamkeit zur Ausbeutung dieser frommen Fabelei. So lange freilich der maurerische Gedanke in seiner ursprünglichen Reinheit mächtig blieb, gestattete er abenteuerlichen Mißbräuchen keinen Raum, und wenn auch die Logen schon frühzeitig das Ziel der Neugier des vornehmen Müssiggangs wurden, so waren sie doch zugleich die Sammelpunkte der intelligentesten, redlichsten und strebsamsten Männer aller gebildeten Classen. Man vergesse nicht, daß nicht nur eine Menge Fürsten und Prinzen sich in die Logen drängte, sondern daß auch der Prinz, welcher nachmals Friedrich der Große wurde, das maurerische Schurzfell umband – (er wurde in der Nacht vom 14. auf den 15. August 1738 zu Braunschweig eingeweiht) – und daß in Weimar, wohin Bode, einer der thätigsten Freimaurer des Jahrhunderts, den Orden gebracht, noch 1780 der Herzog Karl August, Herder und Göthe sich in den Bund aufnehmen ließen, welchem auch Wieland angehörte. Es kann keinem Zweifel unterliegen, die Freimaurerei, dieser über den ganzen Erdboden sich verbreitende Bund der religiösen Toleranz und der humanen Anerkennung der brüderlichen Gleichheit der Menschen, hat ganz wesentlich zur anhebenden Verwirklichung der demokratischen Ideen des 18. Jahrhunderts beigetragen. Insofern haben ihre Gegner von heute ganz recht, wenn sie die Freimaurerei ein revolutionäres Institut nennen.

Aber diese Ansicht von der Natur des Maurerbundes ist nicht erst von heute. Der Jesuitismus hatte sofort die Gefahr erkannt, welche von Seiten des maurerischen Prinzips dem seinigen drohte, und schlau und thätig, wie er war, unternahm er es, den Feind mit dessen eigenen Waffen zu bekriegen, d. h. er bemächtigte sich der maurerischen Formen, um unter denselben seine eigenen Aufgaben zu verfolgen. Dabei kam ihm zu statten, daß dem durch die encyklopädistische Freigeisterei abgeklärten Verstand in der Oede seiner Nüchternheit so unheimlich und beklommen zu Muthe wurde, daß er sich schon der Abwechslung wegen der tollsten Wundersucht vielfach widerstandslos anheimgab. Nachdem zu Paris im Palais Clermont, wo die aus England vertriebenen Stuarts wohnten, zu jakobitischen und jesuitischen Zwecken das Clermont'sche System erfunden und als eine angebliche Fortsetzung des Templerordens in die Maurerei eingeschmuggelt worden war, kam ein sogenanntes »inneres« System nach dem andern auf. Berüchtigt vor allen machte sich das der »stricten Observanz«, wo außer den ursprünglich maurerischen drei Johannisgraden noch eine Menge höherer Weihungen statuirt und mit rosenkreuzerischen Symbolen, mit Hieroglyphen, Eidschwüren und phantastischem Ceremoniel kurzsichtige Mysteriensüchtlinge geblendet und genasführt wurden. Zu strictem Gehorsam gegen ihre unbekannten »Oberen« verpflichtet, deren geheimnißvolles Haupt unter dem Titel des Ritters von der rothen Feder ( Eques a penna rubra) verehrt wurde, waren die Maurer der stricten Observanz nur Marionetten an den Drähten der obscurantistischen Kabale, welche sich insbesondere die Vernichtung des Protestantismus vorgesetzt hatte. Bei dieser Kabale war auch die unmittelbare oder mittelbare Direction von allen den Bunten Mysterienspielen, welche in den Logen der Rosenkreuzer, der afrikanischen Brüder, der Gesellschaft der deutschen Kette, der Ritter und Brüder Eingeweihten aus Asien, des Jerusalemsordens, des Ordens der höchsten Vorsehung, des Ordens der Sonnenritter, der Schwertritter, der Verbrüderung zum Herzen Jesu und wie sonst noch alle die Bastardschößlinge der Freimaurerei hießen, an der Tages- oder vielmehr an der Nachtordnung gewesen sind. Die Sucht der Geheimbündelei war so epidemisch, daß fast kein Stand von ihr verschont blieb. War doch auch das deutsche Studententhum ganz von dieser Epidemie inficirt, wie der Moselbund – 1771 zum Amicistenorden reformirt – der Concordienorden, Lilienorden, Schwertorden, Faßbinderorden und viele andere hinlänglich bewiesen. Das ganze Ordenswesen war ein ungeheures Gedränge von Betrügern, Betrogenen und betrogenen Betrügern geworden.

Der vorübergehend siegreiche Rückschlag gegen die Philosophie des » Common sense« war demnach erfolgt. Die Zeit der Mysterien, der Blendwerke, des Wunderrausches war da. Paris, dessen providentielle Bestimmung zu sein scheint, jeder Thorheit, von der kleiderkünstlerischen bis hinauf zur weltgeschichtlichen, den Stempel der Mode aufzudrücken, ging voran. Der Spott Voltaire's, der Skepticismus Diderot's hatte die Salons zu langweilen angefangen. Die Appellation Rousseau's an das Gemüth hatte in diesen Kreisen in eine Appellation an die unklare Fühlsamkeit und Phantasterei sich verkehrt. Man lechzte nach Wechsel, nach Neuem, nach Unerhörtem. Die Blasirtheit tastete krampfhaft nach irgend einem neuen Nervenreiz umher und nach bis auf die Hefen geleertem Becher des Unglaubens griff man zu dem Taumelkelch des Aberglaubens. Nachdem man im Kreise der Sinnenwelt Alles erschöpft, Alles mißbraucht hatte, erwachte ein krankhaftes Gelüste nach Uebersinnlichem: man wollte Geister beschwören, man wollte, nachdem man Gott geleugnet, den Teufel sehen. Nur wenige Jahre vor der Zeit, wo das Christenthum in Frankreich offiziell abgeschafft wurde, erzählte der Duc de Lauzun seiner Tante, der Marquise de Créguy, daß er mit anderen Grandseigneurs beim Duc de Chartres – dem nachmaligen Philipp Egalité – einer Beschwörung des Satans angewohnt habe. Da sei in einem Krystallgefäß eine Kröte geschwommen, welche alle Sacramente der Kirche erhalten hatte (!) und, von dem Ezorcisten als » Saint-Ange, mon cher Ange, mon belle Ange« beschworen, dann als leibhaftiger Satan erschien, in geschlechtslos unheimlicher Gestalt Souvenirs de Créquy, IV, 75. Selbst angenommen, diese Geschichte sei nur Salonsklatsch, beweist sie immerhin, mit welchen Vorstellungen die vornehmen Kreise damals sich trugen. Eine sehr fühlbare Zusammenkunft mit dem Teufel bereitete der Graf von Caylus den Ducs de Chartres, de Fronsac und de Lauzun in den Steinbrüchen des Montmartre, indem auf seine Veranlassung die vornehmen Teufelsbeschwörer von unsichtbarer Hand braun und blau geschlagen wurden.. Wie nur immer in den finstersten Zeiten der Vergangenheit, unterhielten sich die vornehmen Kreise jetzt wieder mit zauberischen Practiken, welche oft genug von verbrecherischer Tendenz waren. Als Marie Antoinette 1778 ihre ersten Wochen hielt, wurde ihr von einem Pfarrer in Paris ein Schächtelchen zugestellt, worin ihr Trauring lag. Ein Begleitschreiben des Priesters sagte aus, er habe unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses den Ring erhalten mit dem Bekenntniß, derselbe sei der Königin einige Jahre zuvor entwandt worden, um zu magischen Besprechungen benützt zu werden, welche sie verhindern sollten, Kinder zu bekommen Madame Campan, Mémoires, I, 208.. Man wird sich weniger darüber verwundern, daß die höfische Intrigue auf solchen Aberwitz verfallen konnte, wenn man erwägt, daß sogar gelehrte Leute, wie ein Duchanteau und ein Clavières, alles Ernstes an die Verwirklichung ihrer lächerlich unsauberen oder ruchlos grausamen Träumereien von der Herstellung des philosophischen Steins dachten Vgl. Bülau, Geh. Geschichten und räthselh. Menschen, I, 331 fg.. Solche alte, neu aufgewärmte Phantasmen erhielten durch Mesmer's Evangelium von dem »allgemeinen Fluidum« eine sehr bedeutende Stütze. Auch Mesmer gab ja den von ihm erfundenen »thierischen Magnetismus« für eine Universalmedizin aus, und nachdem es ihm, hauptsächlich vermittelst seiner Verbindungen in der entarteten Freimaurerwelt, einmal gelungen war, den Glauben an diese Art von »Magisterium« zu Paris in die Mode zu bringen, warfen sich die Menschen der Salons mit beispielloser Gier auf das neue Heil. Prinzessinnen und Herzoginnen saßen gläubig um die wunderthätige magnetische Wanne her und in neuem Gewande hielt ein alter Schwindel seinen Triumphzug durch Europa Bachaumont, Mémoires secrets, XXV, 252 seq. .

Während in Frankreich alle diese Ausschreitungen einer wahnsinnig gewordenen Phantasie durch den »heiligen Dreiklang« der Mystik Saint-Martin's eine gewisse religiöse Weihe erhielten, war in Deutschland seit länger her, durch die pantheistische Schwärmerei Böhme's, den Swedenborgianismus, den pietistischen Gefühlsüberschwang, die sibyllinischen Orakeleien Hamann's, die liebseligen Missionsreisen Lavater's, dem gegen die exclusive und mitunter tyrannische Herrschaft des gesunden Menschenverstandes reagirenden Mysticismus Raum geschaffen worden. Auch hier stand die Geheimnißsucht in üppigem Flor, auch hier tollte die Maskerade der Rosenkreuzerei, auch hier wollte man Geister sehen und Wunder haben und – die Geisterbeschwörer und Wunderthäter fanden sich. Fast ganz zur gleichen Zeit führte in Schwaben der Pater Gaßner das Scandal seiner angeblichen Wundercuren auf und narrte in Sachsen der Leipziger Kaffeewirth Schrepfer vornehme Edelleute und reiche Bürger mit albernsten Geisterbeschwörungsfarcen. So war denn jenseits und diesseits des Rheines der Boden vorbereitet, auf welchem der »göttliche« Cagliostro die glänzendste Schwindlerrolle des Jahrhunderts spielen sollte. Giuseppe Balsamo – der »Sicilianer« in Schiller's Geisterseher – begann in Palermo und Rom seine Laufbahn, dort als Fälscher, hier als Verkuppler seiner Frau, und endigte sie in den Gefängnissen der römischen Inquisition als Denunciant der Aufklärung. Diesseits der Alpen trat er, nach Führung verschiedener Namen und Betreibung verschiedener unsauberer Gewerbe in verschiedenen Ländern, unter dem Namen eines Grafen Cagliostro als Mystagog im großen Styl auf. Ob er, wie Viele vermutheten, von Anfang an ein Werkzeug in den Händen der Jesuiten gewesen, steht dahin; gewiß aber ist, daß die obscurantistische Rückwärtsbewegung der Zeit in ihm gipfelte. Zu London in eine Freimaurerloge aufgenommen, beschloß er, den maurerischen Apparat zum Vehikel seines Glückes zu machen. Er erfand ein neues System, die »ägyptische Maurerei«, die abenteuerlichste Stoppelei von Absurditäten, die man sich denken kann, und fand Glauben und Gehorsam als Besitzer der Würde eines Groß-Kophta, zu welcher er sich selbst erhöhte. Es ist unglaublich und dennoch buchstäblich wahr, daß dieser gemeine, ungebildete, in kunterbuntester Phraseologie umhergaukelnde Abenteurer im vorletzten Jahrzehent des 18. Jahrhunderts der Aristokratie Europa's die Hebung ungeheurer Schätze, die Goldtinktur, den Umgang mit »Geistern«, die physische und psychische Wiedergeburt versprechen durfte; und es ist noch unglaublicher und dennoch buchstäblich wahr, daß seine Anhänger ihm glaubten, ihn als ein höheres Wesen betrachteten und unter seine Marmorbüsten schrieben: Divo Cagliostro. In Frankreich währte der Zauber des Schwindlers länger als in Deutschland, wo von Mitau aus seine frühere Jüngerin, Frau Elise von der Recke, seine Entlarvung unternahm. Selbst seine Verwicklung in die schmutzige Halsbandgeschichte konnte den Groß-Kophta bei den Franzosen noch nicht discreditiren. Diesseits des Rheines haben wohl gerade die Machinationen des Sicilianers zu einem heilsamen Gegenstoß in der Freimaurerei mitbeigetragen. Auf dem großen in Wilhelmsbad bei Hanau 1782 tagenden Maurerconvent errang die von Bode und Knigge geführte aufklärerische Opposition einen entscheidenden Sieg über das System der stricten Observanz und die Mehrzahl der deutschen Logen adoptirte von da ab das System der sogenannten eklektischen Maurerei, d. h. sie kehrte zu den ursprünglichen Grundsätzen des Freimaurerthums zurück. Von diesem war auch der von Weishaupt und Zwackh 1776 zu Ingolstadt gestiftete, durch Knigge maurerisch ausgebildete Orden der Illuminaten nur eine Abzweigung, und zwar im Sinne eines mehr aggressiven Vorschritts. Gerade deßhalb rief aber der Illuminatismus von Seiten der staatlichen und kirchlichen Gewalt eine Verfolgung wach, welcher er nach kurzer Blüthe erlag, den Hauptverursachern seines Falles, den Jesuiten, welche durch die 1773 erlassene Aufhebungsbulle Clemens des Vierzehnten zwar das Ordensgewand, nicht aber Einfluß und Macht verloren hatten, den Triumph bereitend, sagen zu können, daß es doch wohl ersprießlicher sei, » ad majorem Dei gloriam« als an der »Vervollkommnung der Menschen« zu arbeiten.

Auf dem im Vorstehenden umschriebenen Gebiete, wo sich der Kampf der widerstreitenden Gedanken und Interessen des Jahrhunderts inmitten phantastischer Versuche und lichtscheuer Ränke abspielte, bewegte sich Schiller, während er an seinem Geisterseher arbeitete. Plötzlich sehen wir ihn mit einem genialen Sprung in eine ganz andere Region sich versetzen. Am 17. März schrieb er an Körner, er habe sich auf etliche Tage wieder ins Gebiet der Poesie hineingeschwungen und bei dieser Gelegenheit die Entdeckung gemacht, daß seine Muse, ungeachtet er sie lange vernachlässigt hätte, noch nicht mit ihm schmolle. Wieland hätte für das Märzheft des Merkur auf ihn gerechnet und da habe er »in der Angst« ein Gedicht gemacht. Dieses Gedicht erschien denn auch wirklich in dem Märzheft der genannten Zeitschrift. Es war die berühmte Elegie »die Götter Griechenlands«, die beredte Apotheose jener Erscheinungsform der religiösen Idee, welche Hegel nachmals so treffend als die »Religion der Schönheit« charakterisirt hat. Aber mochte der Anreiz zu dieser Ausströmung zunächst immerhin ein äußerlicher sein, das eigentliche Motiv lag zweifelsohne tiefer. Im Umgange mit Wieland hatte unser Dichter zuerst eine nachdrücklichere Anregung zur Beschäftigung mit dem griechischen Alterthum empfangen, zu einem Studium also, welches von jetzt an sehr bestimmend auf seine Anschauungen und Schöpfungen einwirken sollte. Indem nun das hellenische Schönheitsideal vor seinen Blicken aufzuleuchten begann, mußte er sich von den fratzenhaften Mißbildungen der jüdisch-christlichen Idee, mit welchen er im Geisterseher zu thun hatte, heftig angewidert fühlen und es drängte ihn zu einem dichterischen Protest gegen diese Welt von Spukgestalten. So erklärt sich, glaube ich, am leichtesten die Entstehung jenes herrlichen Liedes zum Preise der griechischen Durchgötterung der Welt und der künstlerischen Schönheit des griechischen Cultus. Es konnte aber nicht ausbleiben, daß die Götter Griechenlands neben lebhafter Bewunderung auch lebhaften Tadel erfuhren. Vortretend unter den Tadlern war Graf Friedrich von Stolberg, welcher seine Hingebung an die katholische Kirche, zu welcher er später übertrat, schon jetzt zu manifestiren sich beeilte. Wir haben keinen Grund, an der Redlichkeit seiner Absicht zu zweifeln, aber was soll man dazu sagen, wie er sie ins Werk setzte? Im Augustheft des deutschen Museums von 1788 trat er mit dem Eifer eines Familiaren der Inquisition als Denunciant gegen Schiller auf, welchen er ohne Weiteres des Atheismus zieh, um den Heiden und Atheisten desto bequemer dem Haß unverständiger Zeloten überantworten zu können. Wieland wollte, daß der Dichter »den platten Grafen für seine selbst eines Dorfpfarrers im Lande Hadeln unwürdigen Querelen über die griechischen Götter ein wenig heimschicke« Brief Wieland's an Schiller vom 13. September 1788, wo der alte Schalk seiner im Text angeführten Aeußerung noch die Worte beifügte: »Ich hatte gehofft, der Mann (Stolberg) würde sich seines Herrgotts in einer tüchtigen Ode oder doch in archilochischen Jamben annehmen; aber er wird, wie es scheint, immer prosaischer, und es ist wirklich erbärmlich zu sehen, was er für Schlüsse macht. Aber so rächt sich die Philosophie an den Poeten, die von Jugend an ohne sie auszukommen sich gewöhnt haben.«, und Schiller hatte auch gute Lust dazu, verschob aber seine Rache, welche nicht ausbleiben sollte, auf eine gelegenere Zeit. Konnte er sich doch einstweilen mit dem Bewußtsein beruhigen, daß das Gedicht, gegen welches die beschränkte Zionswächterei ins Feuerhorn stieß, seinem Genius eine neue Entwicklungsphase verhieße. Er stand an der Schwelle derselben, wie Göthe's Iphigenie am Meeresufer – »das Land der Griechen mit der Seele suchend.«


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