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Vier harmlose Schreibebriefe des seligen
Zacharias Zinnober,
weiland Scholarch und Chorregent in Trippsdrill.
Elysion, November 1873.
Als ich noch lebte, das heißt, im christlichen »Jammerthal« wandelte, und die Welt durch meine brennenden Hühneraugen ansah, erschien mir selbige so schwarz in schwarz gemalt, daß ich zweifelhaft war, ob ich aus Desperation unter die Schoppenstecher oder aber unter die Schopenhauer gehen sollte. Darüber verstarb ich und der Leichenprediger, einer jener zeitgemäßen homöopathischen Theologen, welche ein Hunderttausendstel Dogmaessenz in einem Eimer rationellen oder gar »spekulativen« Phrasenwassers auflösen, bedeckte meine Zweifel, Mängel und Fehler mit dem bekannten Mantel der christlichen Liebe, dessen Wärme ich bei dieser Gelegenheit zum ersten- und zum letztenmal zu verspüren bekam. Maßen ich im übrigen seit der Zeit, allwo ich erkannt, daß das Einmaleins eine unanfechtbare Thatsache und ich demzufolge weder mit den ehrwürdigen Koncilsvätern von Nikäa glauben konnte, dreimal eins sei eins, noch mit dem ehrwürdigen Doktor Luther, zwei und fünf seien nicht sieben, sondern acht, »wann die Obrigkeit es sage« – ja, maßen ich seit dazumal mir nie mehr geschmeichelt hatte, ein Christ zu sein, und also auch nicht nöthig befunden, mir das »Bekenntniß« des ehrwürdigen Doktor Strauß anzuschaffen, worinnen des breiteren das Geheimniß der Komödie, daß und warum wir keine Christen mehr seien, geoffenbart worden – maßen fernerweit ... (uff! wie komm' ich nur mit dieser verhaspelten Periode zu Ende?) ... mir in gähnkrampfhafter Erinnerung stand, was der Kardinal Damiani, dann Dante, Milton, Swedenborg, Klopstock, item Pater Kochem und noch verschiedene andere heilige Seher und Langweiler vom christlichen Himmel gesagt und gesungen haben, so konnte es, sag' ich, meinem Heidenthum nur wohlthun, daß es mit mir aus dem vorhin erwähnten Jammerthal nicht auf-, sondern abwärts ging, ins homerisch-virgil'sche Elysion, dessen Schwelle überschreitend ich die Verse Hölderlins citirte:
»Zu euch,
Ihr Theuren, komm' ich, die mich leben
Lehrten und sterben, zu euch herunter.
Wie oft im Lichte dürstet' ich euch zu sehn,
Ihr Helden und ihr Dichter aus alter Zeit!
Nun grüßt ihr freundlich den geringen
Fremdling und brüderlich ist's hier unten.«
In Wahrheit, verehrte Freundin, an welche ich diesen Brief und vielleicht noch weitere adressire, Sie können überzeugt sein, daß man »hier unten« nicht allein recht »brüderlich« lebt – es haben ja nur wissende und anständige Menschenseelen Zutritt zu den elysischen Gefilden – sondern auch bequem und behaglich. Die hinterwäldlerischen, so zu sagen pfahlbäuerlichen Zustände, welche obwalteten zu den Zeiten, als Reineke Odysseus und Mucker Aeneas diese Gegenden bereisten, sind längst abgethan und unser Haushofmeister Sir John Komfort hat es verstanden, unserm Etablissement alle Vortheile und Vorzüge der modernen Technik und Aesthetik anzueignen. Hier wird fortwährend des alten Ben Jonson » Every man in his humour« aufgeführt, das heißt, man lebt nach Bedarf und Wunsch thätig oder träge, lustig oder traurig, gesellig oder einsam; denn hier kann in der That »jeder nach seiner Façon selig sein«. Der, welcher vor Zeiten dieses berühmte Toleranzedikt ausgehen ließ, ist es in der seinen, indem er draußen am Ufer des Styx die frisch anlangenden Vilmare, Kliefothe und Knaacke, die römisch-rothen und lutherisch-schwarzen Bonzen tutti quanti, item alle die Kultusminister à la Raumer und Mühler mit seinem welthistorischen Krückstock gehörig abpr–edigt, bevor sie in den Tartaros nebenan abgeliefert werden. »Noch immer nicht müde, über Sklaven zu herrschen, Majestät?« fragte ich im vorbeigehen neulich den königlichen Stockprediger. »Müde oder nicht« – brummte der Einzige – »man muß seine Pflicht und Schuldigkeit thun; vollends jetzo, wo ältester und jüngster Unsinn und Fanatismus sich mit einander alliiren.« Und er wies mit dem Ende seines Stockskepters hinüber zum Tartaros, in dessen Vorhof sich gerade ein großes Publikum versammelte, weil die Insassen eine ihrer nicht allzu spärlich zugemessenen Frei- und Erholungsstunden hatten.
Ich muß hier, verehrte Freundin, die Zwischenbemerkung machen, daß die tartarische Anstalt nicht christlich-grausam à la Dante, Pater Kochem oder Kalvin eingerichtet ist, sondern hellenisch human. Nur die allerärgsten Sünder sind zu der Strafe verdammt, täglich zehn Stunden lang die Protokolle römischer Koncilien und lutherischer Synoden lesen zu müssen. Neuestens hat der gute Mephisto, wieder einmal von einer Kunstreise nach der Oberwelt zurückgekehrt, im Verwaltungsrathe des Tartaros vorgeschlagen, an die Stelle der Koncilien- und Synodenprotokolle zur Abwechselung, beziehungsweise Verschärfung, die » Philosophie positive« von Comte oder »Das Kapital« von Marx oder die Schiebkarren voll Studien und Plänehefte treten zu lassen, aus welchen der arme Otto Ludwig selig seine Trauerspiele und Novellen so mühsälig herausquetschen musste. Die Beschlußfassung hierüber schwebt noch, dagegen hat Mephisto – der, nebenbei bemerkt, im Sinne von Göthe's Faust (Thl. 2, Akt 3) die Antike mit der Romantik, den heidnischen Dis mit dem christlichen Teufel vermittelt – ja, er hat es durchgesetzt, daß verschiedene berühmte deutsche Autoren seu Reklamatoren unserer Tage, welche die freie Kunst des Selbstbelobigungsschwindels zur höchsten Potenz erhoben haben, nach ihrem Tode im Tartaros als Litfaßsäulen verwendet werden sollen.
Wohl also, folgte mit meinen Augen dem deutenden Stockskepter und sah, daß die Herren und Damen da drüben sich an einem echttartarischen Schauspiele erlustigten. Näher getreten, bemerkte ich, daß es eine Art von improvisirtem Ballet war. Inmitten eines ungeheuren Zuschauerkreises tanzten Monsignore Syllabus und Madame Phalanstère mitsammen den von irgend einem gegenwartslosen Zukunftsmusikanten komponirten Kankan der Wahlverwandtschaft. Unter den lebhaft angemutheten Zuschauern, welche möglichst international aussahen, bemerkte ich den weiland Jesuitengeneral Pater Rothaan, und zwar, wie er Arm in Arm mit dem Socialistenpapst Feist Löb das Jahrhundert herausforderte. Die Vertraulichkeit zwischen den beiden war augenscheinlich groß. Die wilde Ehe zwischen Schwarz und Roth ist demnach in der Hölle geschlossen. Wie schmutzig das Braun der Sprösslinge dieses Konkubinats, werdet ihr in der Oberwelt bald sattsam wahrnehmen können.
Da ich aber von Ehen spreche, so will ich Ihnen, verehrte Freundin, gerade auch noch meine eigene Verehelichungskarte zusenden. Sie brauchen jedoch nicht aufzufahren und auszurufen: »Was, der Mensch hat sich noch beikommen lassen, zu heiraten?« Sparen sie die Interjektionen, Verehrteste. Meine Ehe ist keine wilde, sondern eine so zahme, wie sie nur irgendwo im Buche steht. Die Sache ist, ich traf hier im Elysion, also im Himmel, wo ja bekanntlich mitunter auch Ehen geschlossen werden, wieder mit einer Dame zusammen, der ich schon in meiner Jugend zeitweise sehr beflissen den Hof gemacht hatte, nämlich mit einer alten – Verzeihung! ich wollte sagen, mit einer nicht mehr ganz jungen Freundin von Ihnen, mit Fräulein Hagia Eironeia. Sie war, wie Sie sich erinnern werden, zur Zeit, als die romantische Schule bei uns in Deutschland grassirte, die hochgefeierte Theetischmuse und Ballkönigin. Nachmals kam sie etwas in Verstoß, wie ein vielsagender und mehr verschweigender terminus technicus des östreichischen Kanzleistils lautet. Sie selbst meint, der Graziens........l, der Heine, habe sie kompromittirt. Das verleidete ihr den Aufenthalt im christlichen Jammerthal und sie begab sich auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Wege der Cyankalisation hierher ins Elysium, welches ja auch von rechtswegen ihre eigentliche Heimat war und ist. Uebrigens hat sie sich wundersam konservirt, so wundersam, wie sich eben nur die Hagia Eironeia in Person konserviren kann. Wir erneuerten unsere alte Bekanntschaft, unsere schönen Seelen fanden sich, was mit um so weniger Umständen geschehen konnte, als uns ja die Leiber auf der Reise zur Unterwelt abhanden gekommen waren, und wir gingen eine obligatorische Civilehe ein, auf eigene Faust so zu sagen, sintemalen wir nicht so lange warten wollten, bis der betreffende Gesetzesvorschlag durch das preußische Herrenhaus gedrangsalirt wäre. Gewiß, liebe Freundin, es wird Sie freuen, zu vernehmen, daß mir die gute Laune meiner Eheherrin – denn die Herrinnen seid und bleibt ihr doch alle in der Ehe, falls ihr es auch nur halbwegs gescheid anstellt – mein geistweises Dasein so zu sagen himmelblau und rosenroth austapezirt hat, so daß meine Seele – sit venia verbo – vor lauter Wohlbehagen eine Art Bauch angesetzt hat. Ich bin nach Ueberwindung aller möglichen und unmöglichen Standpunkte jetzo glücklich auf dem, wenn ich so sagen darf, Pfifferlingsgipfel angelangt. Tief unter mir liegt nicht nur Sansara, sondern auch Nirwana, nicht nur das Bewusste, sondern auch das Unbewusste, der dumme Weltschmerz hat sich mir aufgelös't in eine lustige Scherzwelt und Hand in Hand mit meiner Herrin ruf' ich: Vive la bagatelle!
Schade nur, daß selbst das Glück eines Elysionärs kein ungetrübtes oder wenigstens kein ununterbrochenes ist. Ich bin nämlich bei meinem Herabkommen vor dem bekannten Schöffengericht, welches den mehr oder weniger armen Seelen ihre Plätze anweis't, nicht ganz schlecht, aber auch nicht ganz gut bestanden. Der advocatus diaboli entrollte vor den Herren Todtenrichtern ein erschrecklich langes Sündenregister. Ich wusste mich indessen ganz leidlich aus demselben herauszubeißen, blieb aber doch an einem Haken hängen. In dieser »schwebenden Pein« packte mich nun die Anklage mit aller Macht und ich musste mich schließlich als der Schuld, auch nach erreichtem Schwabenalter mitunter noch an die Menschen geglaubt zu haben, überwiesen bekennen. » C'est bien pis qu'un crime, c'est une faute«, runzelte Schöffe Rhadamanthys mich an – »Dummheit ist aller Laster Lotterbett.« Schöffe Aeakos dagegen, welcher, wie ich seither erfuhr, den Humanitätsdusel vieler deutschen Juristen, daß man die Verbrecher nur noch mit Glacéhandschuhen anfassen und Räuber, Brandstifter und Mörder nur als »verirrte Brüder« betrachten und behandeln solle, mitduselt, sagte etwas von mildernden Umständen und in anbetracht derselben gab Präsident Minos schließlich das Verdikt: »Arme Seele hat für die nächsten zwanzig Jahre allmonatlich auf drei Tage in das irdische und christliche Jammerthal zurückzukehren, um die erwähnte Dummheit abzubüßen und abzuthun. Im übrigen steht Elysion ihr offen.« Natürlich dankte ich höflich für diesen »sanften Spruch aus des Todtenrichters Munde« und auf mein Befragen erklärte mir der Herr Präsident mit der Artigkeit eines geborenen Gentleman, daß ich die drei Monatstage immer nach eigenem Belieben wählen könnte und bei meinen Bußwanderungen auf Erden aller Vortheile reisender Geister theilhaft sein sollte. Nach meiner Heirat habe ich auch noch die Erlaubniß nachgesucht und herausgeschlagen, daß meine theure Eironeia, falls es ihr gefiele, mich auf meinen Besserungsreisen begleiten dürfte.
Vor etlichen Tagen sind wir nun von unserem ersten Ausfluge heimgekehrt, nichts weniger als erbaut oder auch, wenn Sie wollen, Verehrteste, sehr erbaut. Denn was wir bei euch droben gesehen und gehört, entspricht ja ganz unserer Philosophie der Urnichtserei und Bagatellerie. Spräche ich nicht zu einer Dame und hielte ich überhaupt nicht darauf, parlamentarischer Ausdrücke mich zu bedienen, so würde ich keinen Anstand nehmen, freisam zu sagen, ich hätte es nur in der Ordnung gefunden, daß der ganze alte Erdenkohl noch immer gewohntermaßen im Topfe der Narrethei schmort, über einem Feuer, das wie allzeit vom Hunger und von der Liebe genährt wird, obzwar die Hypothesenjäger diese Brennstoffe im jetzunder modischen Jägerlatein »Kampf ums Dasein« und »Zuchtwahl« nennen.
Hatten unsern Gang oder Flug, wenn Ihnen das geistermäßiger klingt, zuerst nach Frankreich gerichtet. Sie wissen ja, ich war bei Lebzeiten weder ein verbörnter noch ein vermenzelter Patriot und habe selbst arndtisch vernagelten Eichelnkostgängern gegenüber allzeit offen bekannt, daß mir an den Franzosen dies und das gefiele. Und vollends an den Französinnen! Erinnern Sie sich, liebe Freundin, wie wir eines Tages mitsammen die Boulevards entlang gingen und ich immer wieder stehen blieb, um den Pariserinnen nachzugucken? Sie sagten zuletzt etwas ungeduldig: »Was haben Sie denn nur an den koketten Dingern zu bewundern?« Vor allem ihren Gang, Verehrte, entgegnete ich. Auch der ist Koketterie, ich weiß es, aber er ist doch allerliebst und verhält sich zu der Gangweise unserer vortrefflichen Landsmänninnen genau so, wie sich das französische Kunsthandwerk zum deutschen verhält: leicht, luftig und graziös – schwer, solid und plump. Sehen Sie doch hier, was für ein Rhythmus in den Bewegungen dieser zierlich beschuhten Füßchen! Mir kommen wahrhaftig die Donaunixen im Nibelungenlied in den Sinn, wie sie dem grimmen Hagen erschienen: »Si swebeten sam die vogele vor im uf der fluot.«
Nun, die Ganggrazie der Französinnen ist die alte geblieben und sie wissen damit noch immer so virtuosisch zu kokettiren, daß man geneigt ist, die Kunst für Natur zu nehmen. Auch bei den jetzo in die Mode gekommenen Wallfahrten und Processionen wissen sie ihre Füßchen und noch etwas mehr gar niedlich sehen zu lassen, zur nicht geringen Erbauung der Herz-Jesu-Träger vom Militär und Civil. Diese Wallfahrten und Processionen! Das dickste Mittelalter! Ich sah mich überall nach Peter dem Eremiten um. Und doch merke man bei näherem Zusehen sofort, daß diese ganze Mittelalterei auch nur eine Komödie. Noch dazu eine jämmerlich inscenisirte und schlecht gespielte. Die Jesuiten waren früher viel geschicktere Regisseure. Wie sehr ließ bei allen den Erscheinungen der verschiedenen Müttergottes das Arrangement die berühmte französische »Mache«, den geschmackvollen pariser Schnitt und Schick vermissen! Frau Eironeia bemerkte: »Man sollte meinen, die Franzosen hätten ihre Fünfmilliardenschuld an die deutschen Sieger statt in Gold, Silber und Papier in lauter Esprit bezahlt, alldieweilen letztere Münzsorte ganz aus dem Lande verschwunden ist.« In Wahrheit, hinter allen Revanchegrimassen, Muttergottespossen und Herz-Jesuschwindeleien, hinter allen den Republik- und Monarchiephrasen, hinter allen den so oder so maskirten Personen- und Parteiegoismen tritt eine so flagrante Geistesarmuth hervor, ein so notorischer Kapacitätenmangel, daß man, so das Frankreich von 1793 ein Pandämonium heißen konnte, finden muß, das Frankreich von 1873 habe die bedenklichste Aehnlichkeit mit einem Pankretinium.
Aber, ach, verehrte Freundin, wie Krähwinkel und Flachsenfingen auch im neuen deutschen Reiche noch immer sehr zerstreut liegen, so wuchert das Kretinische keineswegs nur in Frankreich. Wir nahmen unsern Weg von dort nach Deutschland über die Schweiz und lasen unterwegs – in Paranthese gesagt und vom »Kretinischen« einstweilen abgesehen – die in Straßburg gekaufte Novelle »Ultimo« von Spielhagen. Ich meinestheils ergötzte mich an der Brandmarke, welche der Autor mittels seiner Zeichnung der Familie Goldheimer dem herzlos-gemeinen Geldjudenthum aufgedrückt hat; meine Mitleserin jedoch meinte mit etwas niedergezogenen Mundwinkeln, die Dampfgeschwindigkeit, womit der Herr Doktor Wild von dem hohlen Grasaffen Melanie zu der braven Christiane sich zurückbekehrte, sei eben keine poetische Hexenmeisterei ... In Schaffhausen hatten wir Gelegenheit, wieder einmal ein sehr erweckliches Kapitel der Religionsgeschichte zu lesen, im Gerichtssale, allwo ein frommes Geschwisterpaar auf der Anklagebank saß. Und siehe, der Bruder hieß mit Namen Albert und die Schwester war da genennet Ida. Und hatten die beiden gewohnet auf einem Landgute unweit der Stadt und war selbiges Landgut benamset der Bohnenberg und war seit erklecklicher Zeit für die Erweckten weitum gewesen das Gezelt Israels und ein Berg Zion und eine Stiftshütte und das Allerheiligste darinnen. Und es war geschehen, daß schon im Jahre des Herrn 1868 aus bemeldeter Stiftshütte ein sonderbarlicher Ruch ausgegangen in die Welt, ein Wohlgeruch in den Nasen derer, so da drinnen, aber ein Skandalruch in den Nasen derer, so da draußen. Und hatte sich erhoben ein großes Geschrei unter den Gojim, daß der Bohnenberg eigentlich ein Venusberg, worinnen geräuchert werde nicht vor dem Baal, wohl aber vor der Baaltis. Aber siehe, die Aeltesten und Schriftgelehrten von Schaffhausen verabredeten sich unter einander und sprachen: Lasset uns ersticken den Rauch und den Ruch in der Stille, auf daß unser Land nicht stinkend werde in den Nasen der Fremden. Und sie thaten so. Doch siehe, die Erstickung vergeckte und das Feuer brannte fort und schlug schließlich zu Ungeheuerlichem und zu einem Gräuel aus dem ff aus. Denn wieder einmal wurde im Bohnenberge die alte Geschichte neu, daß Unzucht und Grausamkeit Zwillingsschwestern seien und daß der Veitstanz der Muckerei in Koth- und Blutlachen zu endigen pflege. Und also geschah es, daß ein richtiger Syllogismus des frommen Blödsinns sich vollzog, und hießen die Prämissen: fanatisches Judenchristenthum und orthodoxer Teufelsglaube, und waren die Konsequenzen: geistlicher Hochmuth, Blutschande und Kindesmord.
Ich weiß wohl, liebe Freundin, daß es sich für einen Elysionär nicht schickt, »von der Menschheit ganzem Jammer angefasst« zu werden. Dennoch war ich es beim herausgehen aus dem Gerichtssal, wo dieses grauenhafte Stück von Wahntragik vorgeführt worden. Meine kühlere Begleiterin bemerkte es und sagte: »Was hast du denn? Du solltest doch nachgerade alt genug geworden sein, um zu wissen, daß die Dummheit währet ewiglich.«
Elysion, December 1873.
»
Ich nahm den Stab zu wandern,
Durch Deutschland ging die Fahrt – «
und darum, verehrte Freundin, werden Sie es ganz in der Ordnung finden, daß uns hart hinter dem Gränzstein schon ein Buch begegnete. Ein »Buch in Hosen« diesmal. Wir erkannten in dem eiligst daherkommenden einen Mitelysionär und berühmten Gelehrten, welchem vor Zeiten der gottlose Ruge das Epitheton ornans » poëseos teutonicae podex« angehängt hatte, vermuthlich in der Meinung, besagtes Buch in Hosen habe seine große Geschichte der deutschen Poesie im verwegensten Sinne des Wortes ersessen. Jedenfalls hatte das fünfbändige Sitzen einen bedauerlichen Einfluß auf die Gehirnsekretionen des Mannes geübt, denn es ward kläglich offenbar, daß der Kanal der logischen Gedankenabsonderung gänzlich verstopft worden. Daraus erklärte es sich, daß der Gute, nachdem er viele Jahre lang die deutsche Einheit gepredigt hatte, aus Gram verstarb, weil dem König von Hannover seine Krone, dem Kurfürsten von Hessen seine Kurfürstenmütze und dem Herzog von Nassau sein Herzogshut gelegentlich abhanden gekommen.
Wir begrüßten uns und es ereignete sich folgender Trilog.
Ich: Was thun denn Sie hier oben, Verehrtester?
Buch in Hosen: Davon nachher. Sagen Sie mir, die Sie wohl geradenwegs von unten kommen, was macht der göttliche Shakspeare?
Ich: Der göttliche Shakspeare hat sich vorgestern Abend am Theetische der Madame Staël den Buckel voll gelacht über die Einfälle seiner Aus- und Unterleger. Besonders gaudirte ihn die angeblich shakspeare'sche Aesthetik, welche der kürzlich bei uns angelangte Otto Ludwig entwickelte. Der Dichter goß sehr viel Ruhm in seinen Thee und rief, nachdem der gute Ludwig einen Abschnitt seiner »Shakspearestudien« vorgetragen hatte, lachend aus: »Beim Bauche Falstaffs, jetzt erst weiß ich, was für ein Kreuzschockschwerenöther ich eigentlich gewesen bin!«
B. i. H.: Ach, ich weiß, mein Bester, Sie gehören zu den Profanen und Publikanen, die – die – entschuldigen Sie, ich habe Eile ...
Ich: Nun, so sagen Sie doch, auf was Sie aus sind und woher des Landes?
B. i. H.: Komme von Leipzig. Sie wissen, es ging vor etlichen Tagen bei uns im Elysium die bedenkliche Sage, ein Dilettant, ein Bönhase, ein Komödienschreiber habe es gewagt, ein Buch – was sag' ich, ein abscheuliches Pamphlet, ein infames Libell zu verfertigen, betitelt »Die Shakspearomanie«, worin er mir – merken Sie wohl, mir und nebenbei auch andern Kennern und Verehrern des göttlichen Briten den Krieg machen zu wollen sich unterstand. Was sagen Sie zu dieser Ungeheuerlichkeit?
Eironeia: Es ist allerdings ein schauderhaftes Attentat. Der Zunftzopf muß sich darob von rechtswegen himmelan bäumen.
B. i. H.: Alles, was sich bäumen kann, muß es thun. Dieses monströse Machwerk von Libell –
»Es ist ja wie ein Riß in der Natur,
Wo Untergang vernichtend einzieht ...«
und um nun, wo immer möglich, den Untergangsriß zu verstopfen –
Eir.: Ich glaubte, Sie hätten mit Verstopfungen ohnehin schon mehr als genug zu schaffen.
B. i. H.: Gnädige Frau belieben spitz zu sein.
Eir.: Bitte, parodiren Sie einem anständigen Frauenzimmer gegenüber nicht die Auslassungen Hamlets gegen Ophelia.
Ich: Sie müssen meine Frau entschuldigen: sie ist heute nicht ganz rosiger Laune. Sonst hätte sie sicherlich nicht gewagt, einen der edelsten der Edlen vom anno 1848 zu unterbrechen. Also Sie wollten den erwähnten Riß zustopfen?
B. i. H.: Ja, nahm für etliche Tage Urlaub drunten und eilte nach Leipzig, um dem schnöden Attentäter den Kopf zurechtzusetzen. Er war aber, mir zum Possen, gerade vor meiner Ankunft mit Tod abgegangen.
Ich: Und ist bereits im Elysion angelangt.
B. i. H.: Was? Nun, da hört alles aus! Aber ich fürchtete es bei der herrschenden Begriffeverwirrung und eilte daher, um noch rechtzeitig vor dem Todtengericht als Belastungszeuge auftreten zu können. Leider machte ich einen kleinen Abstecher nach Kassel, um daselbst dem mit der frevelhaften Vertreibung des kurfürstlichen Fußtrittegebers besiegelten Untergang der deutschen Freiheit eine patriotische Thräne nachzuweinen. Und inzwischen ist der Bönhase in die Seligkeit gerutscht? Aber ich werde ihn an seinen Platz stellen, ich!
Ich: Was wollen Sie denn thun?
B. i. H.: Noch ein Buch schreiben, natürlich, und zwar ein Buch von respektabelster Dicke, worin ich mit erschöpfender, mit erschöpfendster Gründlichkeit erörtern, darthun, beweisen will, nicht allein, daß Shakspeare gerade so der Dichter der Dichter wie Händel der Musiker der Musiker, sondern auch, daß der Weltgeist unmittelbar als Dicht- und Tonkunst in diesen beiden sich geoffenbart habe.
Eir.: Bombax!
B. i. H.: Ja, darthun und beweisen, unwidersprechlich, sonnenklar beweisen will ich – was ich übrigens bereits bewiesen und festgestellt habe – daß zum Shakspeare und zum Händel die sämmtlichen übrigen Dichter und Musiker sich verhalten, wie zum Koriander der Mäusedreck sich verhält.
Eir.: Bombalobombax!
B. i. H.: Diese Schwachmattiker und Schmachtlappen, diese Lessing, Göthe und Schiller, was sind sie, verglichen mit Shakspeare dem Größten, Einzigen, Göttlichen? Nichts, rein nichts. Als die Vorsehung den Shakspeare und den Händel geschaffen, konnte sie sich füglich zur Ruhe setzen; denn ...
Eir.: Bombombalobombax!
Damit hatte das Gespräch ein Ende. Denn der gefeierte Shakspearomane warf, als stände er auf seiner Kathedra und diese mindestens auf der Spitze des Montblanc, einen zerschmetternden Blick auf meine Begleiterin herab und ging ohne Abschied eilends davon.
Ich gestehe, verehrte Freundin, es gefiel mir baß und machte mir großen Spaß, daß meine Eheherrin den Associé der besten und edelsten Biedermaierfirma von 1848 mit einem aus dem Aristophanes bezogenen Hausmittel so hübsch und artlich abgeführt hatte. Wissenden – und Sie sind ja sehr eine Wissende – braucht man nicht zu sagen, daß dem Shakspeare gegeben werden soll, was dem Shakspeare gehört. Item, daß der Schöpfer des Macbeth, des Lear und Hamlet groß genug ist und bleibt, um die Kritik vertragen zu können. Gerade darum verdient die Fehde, welche früher schon Rümelin und jetzt wieder Benedix gegen die Shakspearenarren begonnen hat, alle Beachtung und verdient die Tapferkeit, womit die Fehde geführt wurde und wird, den Dank aller Verständigen. Freilich überspannt Benedix sehr oft seinen Bogen ebenfalls und schießt demzufolge gar häufig über das Ziel hinaus. Aber er sowohl als Rümelin haben doch manchen Zweckschuß gethan und haben die neuestens durch Gervinus proklamirte und durch Otto Ludwig zur höchsten Potenz der Narrheit erhobene Vergötzung Shakspeare's ins Herz getroffen. Von einer höchsten Potenz der Narrheit zu sprechen, ist man sicherlich berechtigt, wenn man die Shakspearenarren faseln und fistuliren hört, die »Fehler« ihres Götzen seien eigentlich »Vorzüge«, ja seine »Missgriffe« seien wirkliche »Meistergriffe«.
Frau Eironeia guckt mir über die Schulter und sagt: »Wie du dich nur so ereifern magst! Als ob Narren nicht närrisch schwatzen sollten! Und du könntest doch wissen, daß der fürchterlichste aller Narren der deutsche Philister ist, wenn er sich glücklich dazu gebracht hat, für etwas zu schwärmen oder gar zum Fanatiker sich aufzublähen. Uebrigens ist die Shakspearomanie im Grunde ganz ungefährlich. Der große Brite wird niemals im besseren und besten Sinne des Wortes populär werden; denn die Frauen werden und können ihn nicht liebgewinnen. Wie soll eine gebildete und sittsame deutsche Frau des 19. Jahrhunderts – von den Mädchen gar nicht zu reden – einen Poeten wirklich liebgewinnen können, welcher nur für das englische Publikum des 16. und des beginnenden 17. Jahrhunderts geschrieben hat? Und nur für das Theaterpublikum von damals, wohlverstanden! Ueberhaupt für eine Zeit, wo auch am Hofe der »jungfräulichen« – lucus-a-non-lucendo-jungfräulichen, warf ich ein – »Königin Beß Sankt Zotologos der am häufigsten angerufene Heilige war und zarteste Hoffräulein zum Frühstück Häringe aßen und tüchtig Bier tranken, item wohl auch gelegentlich in die Wochen kamen«.
Das ist's ja eben, entgegnete ich, daß die Shakspearenarren, welche charakteristischer Weise in England selbst nur ganz sporadisch vorkommen, in Deutschland dagegen grassiren, ihren Götzen beharrlich unserer Zeit als größten nicht nur, nein, als einzigen Dichter aufschwatzen, aufzwingen wollen. Und um das zu bewerkstelligen, scheuen sie nicht vor der Unverschämtheit zurück, uns weismachen zu wollen, unsere Lessing, Göthe und Schiller seien, mit Shakspeare verglichen, eigentlich nicht der Rede werth. Als ob Lessing in der Kunst dramatischer Komposition und Charakterzeichnung den Briten nicht weit überträfe! Als ob irgend eine Tragödie Shakspeare's an tiefdurchdacht-planmäßiger Fundamentirung und künstlerisch-meisterlichem Aufbau mit den Tragödien Schillers sich messen könnte! Was Göthe betrifft ...
»Hm«, meinte Frau Eironeia, »dem Göthe geschieht ganz recht, wenn ihn die Shakspearenarren in die zweite Linie stellen, hat er doch selber das Signal zur Shakspearomanie in Deutschland gegeben.«
Wahr, aber nicht minder wahr, daß der Göthe den Shakspeare, wie an Umfang und Vielseitigkeit des Genius, so auch an Kunst weit, weit hinter sich lässt. An Schöpfungen wie der Faust, wie die Iphigenie, wie Hermann und Dorothea hätte Shakspeare's Dichtergeist selbst in seinen höchsten Aufschwüngen gar nicht zu denken vermocht, weil er eben ein Stockengländer des 16. Jahrhunderts war. Summa: Die Dichtung Göthe's und Schillers steht für uns Deutsche ebenso über der shakspeare'schen wie die Kultur unserer Zeit über der Bildung des Zeitalters der Elisabeth und Jakobs des Ersten. Der Unsinn und die Frechheit der Vergötzung Shakspeare's namentlich auf Kosten Schillers wurden bekanntlich zuerst durch die Herren und Damen der romantischen Schule bei uns aufgebracht. Diese Insassen von Impotenzheim und Nullingen sind eben vor Neid auf Schiller, dessen ungeheure Macht ihnen die eigene Ohnmacht so erdrückend zum Bewusstsein brachte, ganz grüngelb angelaufen und alle ihre Auslassungen gegen den großen Meister sind so recht gelbsüchtige. Ganz widerlich vollends wird das antischiller'sche Genörgel der Romantiker in den Mäulern von emancipirten Weibern jener Zeit, von Weibern wie die Dorothea Mendelssohn-Veit-Schlegel und die Karoline Böhmer-Schlegel-Schelling, deren unsaubere Geschichte man besser in dem romantischen Halbdunkel ließe, statt dieselbe mit breiter Geschwätzigkeit auf den Markt zu bringen und in die Tageshelle zu stellen ...
Derweil hatten wir unsere Schritte der bekannten großen »Pfaffengasse« des deutschen Reiches zugelenkt, an deren Eingang wir uns die Nasen zuhalten mussten: ein so infamer Kuttenduft schlug uns entgegen, noch dazu ein so zu sagen komplicirter; denn es stank mit vereinten Kräften von westphälischer Junkerei und rheinprovinzlicher Bonzenschaft. Wir mussten aber vorwärts, maßen ich eine Bestellung von dem Socialistenpapst Feist Löb an den Bischof von Dingsda auszurichten übernommen hatte. Wir in der Unterwelt sind nämlich gescheid genug, uns um einer oder auch um verschiedener »Hekubä« willen nicht persönlich anzufeinden. Darum leben wir mit unsern Nachbarn vom Tartaros auf dem Fuße des comment sus-pendu, wie die Studenten sagen, und verkehren auf der großen, zwischen unsern Wohnstätten gelegenen Asphodeloswiese friedsam und freundlich, gentleman- und ladylike mit ihnen. Wohl, hatte also einen Auftrag an den Hochwürdigsten von Dingsda, der es so sinnreich und charakterfest verstanden hat, seine Inful zu einem Topfe zu machen, in welchem je nach den Umständen eine Fallibilitätssuppe gekocht oder ein Infallibilitätsbraten geschmort werden konnte.
Von meinen Begegnissen in der bischöflichen Pfalz und in sonstigen rheinländischen cameris obscuris jedoch ein andermal. Denn das, verehrte Freundin, erfordert wohl einen eigenen Brief. Der heutige scheint mir ohnehin schon länglicht genug. Aber zweierlei muß ich doch noch erwähnen.
In Bonn hörten wir ein großes Koncert mit an, welches nur moderne, modernere, modernste und allermodernste Musik vorführte. Schauder! Wir sahen vor lauter Bäumen den Wald nicht, das heißt, wir hörten vor lauter Tönen keine Musik. Die Zuhörer und Zuhörerinnen langweilten sich, daß sie vor verhaltenem Gähnen kinnbackenkrämpfig wurden, klatschten aber doch wüthend, wahrscheinlich, um sich den Frost aus den Gliedern zu treiben. Für Frau Eironeia war es, weil ihrer Weltanschauung entsprechend, sehr erfreulich, wahrnehmen zu können, daß die Damentoilette jetzt mehr und mehr zum Pompadourstil und zur Dubarrymanier zurückgekehrt sei. »Denn die Dummheit währet ewiglich.« Meine Eheherrin machte auch noch die Bemerkung: »Hast du beachtet, daß besonders modisch aufgebaute Damen Ohrenringe tragen, welche den Durchmesser eines kleinen Tellers haben? Ganz wie Tanit, die große Göttin von Karthago. Es fehlt jetzt nur noch der Nasenring der ostindischen Götzenbilder, und auch der wird kommen.« – Aber, Liebste, bedenke doch unser Klima mit seiner monatelangen Schnupfenzeit! – »Ja, die wird allerdings die Nasenringemode etwas unbequem machen; doch das thut nichts, die Siegerin Mode besiegt alles und: Je häßlicher, desto schöner! lautet ihr Feldgeschrei. Im übrigen ist es mit unsern Damenmoden gerade wie mit der Shakspearomanie. Beide Narrheiten erfließen aus der schon vom alten Herder gegeißelten »gutmüthig-trägen Eselei« unserer mehr oder weniger lieben Landsleute, alles Fremde schön zu finden, weil es fremd. Wären die shakspeare'schen Stücke im 16. Jahrhundert deutsch in Deutschland geschrieben worden, so würde es bei uns keine Shakspearenarren geben.« – Da sprichst du ein großes Wort gelassen aus und noch dazu ein wahres, welches auch beispielsweise an das Beifallsgeschrei erinnert, womit bei uns die elsässischen Dorfgeschichten der Messieurs Erckmann-Chatrian bedacht worden sind. Es existiren Dutzende von deutschen Dorfnovellen, welche mindestens ebenso gut erzählt sind wie jene, von denen aber zu sprechen oder gar bewundernd zu schreien keinem Menschen einfiel: sie waren ja nur von Deutschen, nur deutsch geschrieben. Schon zu Anfang der vierziger Jahre, noch vor dem Erscheinen der auerbach'schen Dorfgeschichten, veröffentlichte der Elsässer Alexander Weill einen Band ganz vortrefflicher Dorfnovellen aus seiner Heimat. Aber sie fanden keine Beachtung, denn sie hatten ja den Fehler, in deutscher Sprache geschrieben zu sein. Der Herr Erckmann dagegen, dieser freche Verleumder und Verlästerer seiner eigenen, der deutschen Nationalität, brauchte nur französisch zu schreiben, um diesseits des Rheins bis an die Wolken erhoben zu werden. Es ist eben immer das alte Lied von der deutschen Michelei, welches nie ausgesungen wird. – »Nie ausgeschrieen, willst du wohl sagen«, versetzte Frau Eironeia. »Hast du denn nicht vorhin im Koncertsale sattsam erfahren, daß die allermodernste Musik nicht mehr gesungen, sondern nur noch geschrieen sein will? Vokal- und Instrumentalmusik nur noch ein Geschrei, Gerase, Gerasaune! Lebte ich noch und wäre auf Broterwerb angewiesen, so würde ich vor den Eingängen der Koncertsäle Buden mit gegerbten Eselsohren zum kaufen oder miethen anlegen. Ein Paar simpler menschlicher Ohren hält diese Musik in die Länge nicht aus.« – Liebes Kind, sagte ich, du fällst aus deiner Charakterrolle, denn du ironisirst nicht, sondern skandalisirst dich, und zwar nach Noten. – »Thut nichts«, sagte sie achselzuckend. »Gibt es doch dermalen zwischen Himmel und Erde Dinge, von welchen nicht nur die Schulweisheit des Horatio, sondern auch die Lebensweisheit des Horatius sich nichts träumen ließ. Der Ironie selber könnte darob wohl die Ironie vergehen. Da sieh' dir einmal das Ding an!«
Sie deutete auf ein kolossales, im reinsten Fabrikstil erbautes, aber noch nicht unter Dach gebrachtes Haus, welches im fahlen Mondlicht – wir reisten bei Nacht – unweit von Frankfurt aus der bekannten dürren Theoriehaide sich erhob, lächerlich und unheimlich, närrisch und drohend zugleich anzusehen. Aus der Ferne erschien es völlig wie ein Luftschloß oder wie eine Luftkaserne vielmehr. Näher gekommen, bemerkten wir, daß der gespenstige Bau doch nicht völlig in der Luft hing, sondern eine Art von Pfahlbau vorstellte. Das Ding war nämlich auf Makulaturpfählen, freilich auf bedrohlich dünnen Makulaturpfählen errichtet, welche verschiedene Inschriften trugen: z. B. Platons »Πολιτεια« Morus' » Utopia«, Harringtons » Oceana«, Kampanella's » Civitas solis«, Babeufs »Tribun du peuple«, Saint-Simons » Oeuvres«, Fouriers » Théorie des quatre mouvements« u. dgl. m. Wir ersahen daraus, daß wir die richtige Wolkenkukuksburg vor uns hatten, und wäre uns noch ein Zweifel geblieben, so musste derselbe schwinden beim Anblick einer großen, über der Hauptpforte angebrachten Plakattafel, worauf in Lapidarschrift zu lesen war:
Die Vereinigten Kommunen des Weltalls.
1) Es gibt zwar keinen Gott, aber Feist Löb ist doch sein Prophet.
2) Abschaffung des Staates, aber Staatshilfe für alle.
3) Abschaffung des Eigenthums und der Ehe, aber ein hübsch eingerichtetes Haus mit mindestens einer hübschen Frau darin für jeden Bürger von Utopien.
4) Organisation der allgemeinen Schlaraffei.
5) Unbedingte Fühl-, Denk-, Schwatz-, Schreib-, Druck-, Lug- und Lästerfreiheit; aber wer sich untersteht, anders zu fühlen, zu denken, zu reden oder zu schreiben, als wir dekretiren, und wer es wagt, von gesundem Menschenverstand, vom Rechte der Persönlichkeit, von der Familie, vom Vaterland, von der Wissenschaft, von der Kunst und von andern dergleichen überwundenen Standpunkten zu sprechen, der ist ein Bourgeois und muß eine Petroleuse heiraten, um zur Erleuchtung zu gelangen.
6) Freiheit, Gleichheit, Bruderschaft und Communauté oder – Keile!
Car tel est notre plaisir.
Der Wohlfahrtsausschuß der Weltkommune:
Gredin, Bummel, Rabblebag,
Gaglioffo, Picaro, Krapulicki, Schubiabskoi.
Elysion, Januar 1874.
In einer meiner früheren Episteln habe ich vergessen, Ihnen, verehrte Freundin, mitzutheilen, daß wir unsere Anwesenheit in Paris benutzten, um dem hochwürdigen Abbé Lamazou eine Huldigungsvisite abzustatten. Dieser Franzose und Priester comme il faut hatte unsere Aufmerksamkeit und Dankbarkeit erregt durch den, wenn ich so sagen darf, geweihwässerten Humor, womit er in seinem Buche » La place de Vendôme et la Roquette« seine Erlebnisse während der pariser Kommunewirthschaft erzählt. Allerdings ist dieser Humor nicht sowohl ein bewusster als vielmehr das unwillkürliche Ergebniß der Ingredienzien, aus welchen Monsieur l'Abbé seine Erzählungen zusammensetzte. Daß er lügt, wie alle seine Landsleute von 1870-71 logen, ist selbstverständlich; aber seine Lügen haben etwas drolliges, weil unter dem Chrisam, womit er sie angestrichen hat, die Nationalfrivolität bisweilen ganz ungenirt hervorkichert. So z. B. S. 75 der 12. Ausgabe des Buches, wo erzählt wird, daß ein »frommer Mann« aus dem Quartier Saint-Sulpice auf dem linken Seineufer in das Quartier der Madeleine auf dem rechten sich geflüchtet habe, nachdem das deutsche Bombardement drei Tage und drei Nächte gedauert hatte. Lamazou wünschte dem Flüchtlinge Glück zu seiner klugen Entschließung und erhielt die spassige Antwort ( plaisante réponse): » En vérité, je ne pouvais pas raisonnablement passer toutes mes nuits à recommander mon âme à dieu!« Sie werden mir zugeben, Verehrteste, daß ein »frommer« Mann germanischer Rasse nie auf einen solchen Einfall gekommen wäre. Die französische Frömmigkeit ist eben auch nur ein Theil der großen » comédie française« ... Unser hochwürdiger Vikar von der Madeleine hat übrigens der humoristischen Historik ganz erkleckliche Dienste geleistet. Insbesondere durch seine salbungsvolle Lösung des Kommuneproblems. Natürlich war diese richtige Offenbarung des gallischen Tigeraffenthums, diese Kommunewirthschaft, eigentlich eine preußische Machenschaft. Die Lehrmeister der Kommunisten waren Bismarck und Moltke, letzterer namentlich als Professor der Petrolik [ c. pag. 104: » Ils (les politiques et les chimistes de la commune) empruntent à M. de Bismarck et M. de Moltke deux procédés dont le seul nom inspire aujourd'hui l'horreur, le système des ôtages et l'usage de pétrole«]. Zur Vernichtung der Vendomesäule wurde die Kommune getrieben »durch einen wilden Haß und durch das Gold Preußens« ( p. 82). Der Delegirte der Kommune, welcher die Umsturzprocedur der Säule commandirte, war eigentlich ein » délégué de la Prusse« ( p. 92). Die Beziehungen der Kommunisten zu den Preußen waren von der freundschaftlichsten Art (» du caractère le plus amical«, p. 102) und jene behandelten diese ganz offen als » confrères«, um nicht zu sagen als » compères« ( p. 38). Die Kunst endlich, die Monumente und Häuser von Paris in Asche zu verwandeln, haben die Citoyens von der Kommune bei den preußischen Ingenieuren gelernt (» à l'école des ingénieurs prussiens«, p. 105). Dem Buche des Abbé voran steht ein Empfehlungsbrief des Bischofs von Orleans, eines der giftigsten Feinde Deutschlands, und es hat, wie schon erwähnt worden, zwölf Auflagen erlebt, ist demnach wohl so ziemlich von allen Franzosen gelesen worden, die überhaupt lesen können.
Und die Moral von alledem, fragen Sie? Nun, die Moral ist, daß erstens auch dieser Gallier wie alle seine Landsleute überzeugt ist oder wenigstens überzeugt thut, die Unfälle seines Landes annis 1870-71 seien keineswegs von den Franzosen selbst verschuldet, und daß zweitens der gallische Priester neben seinen dankenswerthen Leistungen als Hannswurst auch das Verdienst hat, uns eine klare Anschauung von der Thatsache zu geben, französische Kleriker ließen sich von dem römischen Schwindel doch nie so weit beschwindeln, daß sie ihr Franzosenthum über ihrer Bonzenschaft vergäßen oder diese gar über jenes stellten. Wie ganz anders ringen und streben unsere deutschen Kleriker der Verwirklichung des loyolaitisch-römischen Priesterideals nach! Was Vaterland? »Das Vaterland bin ich!« bullisirt der Unfehlbare und »Amen« sagt der deutsche Episkopat.
Der französische gab uns eins seiner bekannten Beileids- und Trostschreiben an den deutschen mit. Inmitten der »neronischen« oder »diokletianischen« Verfolgung, deren Martyrium die deutschen Bischöfe sammt ihrem Klerus und allen Gläubigen dermalen, wie weltbekannt, zu bestehen haben, ist es ihnen eine balsamische Labung, von ihren französischen Kollegen, welche bei jeder gebotenen oder auch gemachten Gelegenheit Deutschland, die Deutschen und alles Deutsche in den Abgrund der Hölle verlästern und verfluchen, um ihrer Rebellion gegen Staat und Gesetz willen glorificirt zu werden. Das Behagen, womit die hochwürdigsten Herren diesen gallischen Balsam augenscheinlich hinunterschlürfen, ist ein weiterer Beweis, daß sie dem vorhin erwähnten Ideal schon sehr nahe gekommen sind. Sie werden es erreichen, falls sie sich, wenn das große kirchlich-politische Drama der gallischen »Revanche« in Scene geht, so aufführen, wie Rom und Frankreich es mit Bestimmtheit hoffen und erwarten. Da sollen, wenn die »Rächer« unter Vortragung vom »allersüßesten« Herz Jesu heranmarschiren, die deutschen Bischöfe die ganze Heerde ihrer Gläubigen den Franzosen entgegentreiben, aber nur behufs der Vereinigung mit denselben. Denn diese besagte Heerde soll ja den Vortrab des heiligen Kreuzzuges bilden, welcher – » Dieu le veut« – dermalen emsig organisirt wird zur Zerstörung des Ketzerreiches deutscher Nation. Werden die Hirten wirklich in der angegebenen Richtung treiben? Wird die Heerde folgen?
»Ah bah«, meinte meine Begleiterin, als ich unterwegs diese Frage aufwarf, »die Sache ist lange nicht so gefährlich, wie sie aussieht. Daß es einzelne oder meinetwegen etliche Hunderte von Fanatikern und Betschwestern gibt, welche lieber heute als morgen die lieben Herz-Jesu-Franzosen in den Rheinlanden hätten, ist richtig, wie ja in Deutschland auch Afterdemokraten vorkommen, welche des Dafürhaltens sind, die wahre Freiheit müsse schlechterdings rothe Krapphosen anhaben. Allein gefährlich könnte das vereinte Geziefer nur werden, falls die Reichsregierung in die unqualificirliche Schwäche zurückfiele, deren sich die preußische Regierung zwanzig und mehr Jahre dem Pfaffenthum gegenüber schuldig gemacht hatte, bevor ihr endlich am 18. Juni von 1870 der Staar gestochen wurde. Alles zusammengehalten, sollten denkende Patrioten eigentlich den ultramontanen Treibern ein warmes Dankvotum widmen. Denn diese Herren thun alles mögliche, um die Deutschen vor einem Rückfall in die alte Bärenhäuterei zu bewahren. So ein Rückfall war nach 1870-71 sehr möglich, sogar sehr wahrscheinlich. Dem nationalliberalen Vertrauensdusel musste naturgemäß ein tiefer und langer Schlaf folgen. Allein die Herren vom Schlüsselbanner brachten dem deutschen Kaiser, welcher nicht nach Kanossa gehen und nicht den päpstlichen Sbirrenkapitano machen wollte, eine so geräuschvolle Katzenmusik, daß der Liberalismus das Einnicken zu vertagen sich veranlasst fand. Die Katzenmusikanten schlugen in ihrer heiligen Inbrunst so wüthend auf ihre alten Töpfe und Pfannen los, daß die preußische Regierung schon aus Gründen des öffentlichen Anstandes dem Rummel und Skandal zu Leibe gehen musste, und sie kann sich jetzt schlechterdings nicht mehr den Anschein geben, zu glauben, die Katzenmusik sei eigentlich eine d'Accord-Serenade. Damit ist jedenfalls so viel gewonnen, daß der Fistulir-Pio im Vatikan sich aufs verfluchen wird beschränken müssen, weil ihm zum verbrennen der ›weltliche Arm› gebricht.«
Halt, Schatz, dein Fistulir-Pio erinnert mich an einen guten Schwank, welchen ich neulich drunten bei uns im Weinhause zum » Honny soit qui mal y pense« den alten Rabelais erzählen hörte. Aristophel, Cervantes, Swift, Molière, Fischart, Heine und andere gute Gesellen lachten herzlich darüber.
»So? Hm, man kennt eure langwierigen Kneipereien.« – Die aber sehr kurzweilig sind, Liebste, obzwar leider auch der Nektar die Einwirkungen der erschrecklichen Chemievorschritte bedenklich zu verspüren beginnt. – »Nun heraus mit deiner Geschichte, falls nämlich Damenohren sie hören können. Ich traue dem Vater Gargantua's und Pantagruels nur halb.« – Sei nur ruhig, ich will die Geschichte aus dem Rabelais'schen ins Englisch-Missliche übersetzen. Also: Der gute Pio bekam etliche Tage nach seiner Dalai-Lamasirung Gewissensskrupel. Man könnte meinen, der neugebackene Gott habe vor seiner eigenen Gottheit Angst gekriegt. Was thut er nun zu seiner Beruhigung? Er nimmt seine Himmelsschlüssel, schließt die dreimal heilige Pforte auf und bedenkt im vorbeigehen den Thürsteher Petrus, welcher ja nur ein armer Teufel von Fischer gewesen, mit einem gnädigen Kopfnicken. Ohne Ceremonie bei der Ersten Person eingetreten, bringt er sein Anliegen vor. Der alttestamentliche Herr, zu dessen Schwächen bekanntlich die Leutseligkeit niemals gehört hat, war eben im Begriffe, Siesta zu halten, und demnach durch die Störung nicht sehr erbaut. » Reverendissime domine collega«, begann der vergötzte Pio. – »Kollege? Kollege? Wie? Wo so? Was will Er?« – »Das und das.« – »Geht mich nichts an, Er Dummrian! Hätte Er, statt Seine Zeit damit zu vertrödeln, daß Er Flüche aus allen Poren schwitzte, sich auf das Studium der Kirchengeschichte verlegt, so müsste Er wissen, daß ich seit der Einführung des christlichen Kalenders mit eurem ganzen Erdenkrähwinkelkram nichts mehr zu thun habe, sintemalen ich dieses Geschäft mit allen Aktiven und Passiven der Zweiten Person übergab. Weg mit Ihm!« Durch diesen unkollegialischen Empfang etwas gestoßen, begab sich der Unfehlbare in die Gemächer der Zweiten Person hinüber, welche ihn mit großer Artigkeit empfing. Als er nun aber die Frage, wie denn eigentlich seine auf Erden am 18. Juli von 1870 proklamirte Vergottung im Himmel genommen und angesehen werde, vorgebracht hatte, gab die Zweite Person nachdenklich zur Antwort: »Das ist ein sehr heikler, schwieriger Kasus, welcher, wie mir scheint, nicht so fast in meinen als vielmehr in den Ressort der Dritten Person gehört. Gehen Sie doch diese fragen.« Gut, der also höflich Abgewiesene ging um eine Thüre weiter und ließ sich bei der Dritten Person melden. Musste da jedoch mehrere Stunden vorzimmern, weil der hohe Herr gerade den Altkatholicismus unter dem Mikroskop hatte, um in demselben einen Reformkeim zu entdecken. Aergerlich, daß er das Gesuchte nicht gefunden, kam er dann ins Vorzimmer heraus, und als er seines Pseudokollegen ansichtig wurde, stieg ihm die Zornröthe ins Gesicht und er runzelte denselben ohne alle Umstände also an: »Du kommst mir gerade recht! Für dich hab' ich schon lange einen Schuß im Rohr. Wie kannst du dich unterstehen, mir vor die Augen zu treten?«
Hier unterbrach mich meine bessere Hälfte, indem sie meinen Arm fasste und hastig sagte: »Bst, bst! Merkst du nicht das Muckerarom in der Luft? Siehst du nicht hinter dem Busche dort den Pressesbirren horchen und lauern? Weißt du nicht, wie es im neuen deutschen Reiche mit der angeblichen Pressefreiheit eigentlich bestellt ist? Weißt du nicht, daß heutzutage für ›;Gotteslästerung‹ gilt, was auf der mittelalterlichen Mysterienbühne ohne weiteres vor allem Volke tragirt wurde und was die Humanisten des 15. und 16. Jahrhunderts, z. B. ein Heinrich Bebel in seinen ›Facetien›, ihren Zeitgenossen lachend erzählten? Still! sag' ich. Oder willst du etwa mit dem frommen Stadtoffiz von Be–nares Bekanntschaft machen?«
Das wollt' ich begreiflicher Weise nicht. Darum musste ich die Spitze meiner rabelais'schen Geschichte abbrechen und einstecken und konnte und kann nur noch sagen, daß Seine Heiligkeit sehr verblüfft und niedergeschlagen in das Diesseits und in ihre vatikanische »Gefangenschaft« zurückkam. Dem Jesuitengeneral Beckx jedoch gelang es, die Seelensaiten des Unfehlbaren bald wieder auf den richtigen Syllabus- und Fluchton zu stimmen, namentlich mittels des Arguments: »Es verschlägt gar nichts, ob die Dritte Person da droben Eure Heiligkeit inspirirt oder nicht. Die ganze heilige und profane Geschichte bezeugt ja, daß die Welt recht wohl ohne Geist regiert werden kann.«
»Hör' mal« – sagte Frau Eironeia, nachdem ich meine Relation beendigt hatte – »mich dünkt, dein Rabelais meidingert ...«
Unter solchen Gesprächen hatten wir die Bischofsstadt erreicht und eilten, unsere verschiedenen Aufträge auszurichten. Seine bischöfliche Gnaden empfing uns mit ausgesuchter Höflichkeit, wie denn bekanntlich die römischen Hierarchen überhaupt weit mehr Weltton besitzen als die lutherischen, welche häufig meinen, es machte sie ehrwürdiger, wenn sie die Rüpelhaftigkeit ihres Propheten kopirten. Wir verbrachten als Gäste in der bischöflichen Pfalz, die zwar nicht gerade mit apostolischer Armuth, aber in ganz gutem Geschmack eingerichtet war, recht angenehme Stunden. Bei Tische waren die Gerichte fein und die Weine ausgesucht. Das Gespräch bewegte sich zwanglos und buntwechselnd, immer jedoch in den Formen der besten Gesellschaft. Es waren außer Eironeia noch verschiedene Damen da. Mein Nachbar, ein jovialer Domherr, machte mich auf eine aufmerksam, welche früher ziemlich hübsch gewesen sein musste, und flüsterte mir zu: »Sie suchte vor Zeiten mit der Laterne der Diogena in der ganzen Männerwelt den Rechten und wähnte auch verschiedene male, selbigen gefunden zu haben. Jetzt ist sie eine richtige Heilige, die schon mehr als 100,000 Gulden an Peterspfennigen zusammengebracht hat.« Nach Tische fuhr die ganze Gesellschaft zur Villa des Prälaten hinaus, wo wir uns bis zum Abend in dem schönen Park ergingen. Dann hatten wir ein kleines Koncert, hierauf trug der berühmte Konrad von Bolanden die neueste seiner Erzählungen vor, worin die Tagesfragen nicht unappetitlich zu richtigen » Diavolini romani« verarbeitet werden, und endlich beschloß ein heiteres Souper in dem hohen und kühlen Gartensale den Tag.
Als wir uns von unserem gastfreien Wirthe verabschiedeten, hatte er die Gnade, meine Eheherrin zu fragen: »Nun, gnädige Frau, wie hat es Ihnen bei uns gefallen?« Worauf Frau Eironeia: »Oh, ganz gut, Hochwürdigster. Nur trage ich einen Zweifel mit mir weg.« – »Einen Zweifel? Das ist unstatthaft, ist sogar Sünde. Aber kommen Sie, beichten Sie mir Ihren Zweifel.« – »Recht gern, Hochwürdigster. Ich bin zweifelhaft, ob wir heute mitsammen einen Tag neronischer oder aber einen Tag diokletianischer Christenverfolgung durchgelitten haben.«
Elysion, Februar 1874.
Sie werden, verehrte Freundin, aus den Ihnen vorgetragenen Denkwürdigkeiten meines ersten Straf- und Bußganges in der Oberwelt unschwer die Schlußfolgerung gezogen haben, daß der Anblick des menschlichen Narrenspiels für die Augen eines Elysionärs nicht gerade wohlthuend gewesen sein könnte. Nun ja, es ist kein Spaß, alles das dumme Zeug, dessen man schon bei seinen Lebzeiten satt und übersatt geworden, geistweise abermalen mit ansehen und so zu sagen mitleben zu müssen. Maßen ich jedoch auch im Elysion die von unsern schwarzen Kosmopoliten und rothen Kraftstoffeln neuesten Stils so tief verachtete »Schwäche des Patriotismus« nicht ganz loswerden konnte, war es mir nicht unerwünscht, zeitweise mit eigenen Augen betrachten zu können, wie sich die Dinge im neuen deutschen Reiche fernerweit machten oder auch nicht machten. Derohalb rüstete ich mich denn mit leidlich guter Miene zu meiner zweiten Büßungs- und Läuterungsfahrt.
Am Vorabend unserer Aufwärtsreise – denn Frau Eironeia wollte wiederum mitgehen – spazirten wir noch auf der zwischen Elysion und Tartaros gelegenen neutralen Asphodelosmatte, deren ich in einem meiner früheren Briefe bereits erwähnt habe, und da wurden wir von drei Herren Tartarosiern angetreten und begrüßt. Der eine war kein geringerer als der zum jüdisch-christlichen Satan metamorphisirte persische Ahriman, der natürlich nicht in milton'scher Riesengestalt oder gar als dante'sch ungeheuerlicher Popanz auftrat, sondern so zu sagen als eine Interimsfigur von byron'schem Schnitt und darum auch in Sprache und Manieren den vollendeten Gentleman sehen ließ. Einen weit unangenehmeren Eindruck machten seine beiden Begleiter, Don Thomas de Torquemada und Sieur Jean Chauvin, gewöhnlich Kalvin genannt. Beiden Fanatikern sah man die stille Wuth an, daß es ihnen hier unten nicht mehr gestattet war, ihre lieben Mitmenschen vor eitel christlicher Liebe zu fressen, das heißt, auf den Scheiterhaufen zu befördern. Ich habe Ihnen, Verehrteste, schon früher gesagt, daß wir Elysionäre mit unsern Nachbarn, den Tartarosiern, auf dem Fuße der Toleranz und guten Lebensart verkehren, und darnach werden Sie das folgende Gespräch ganz in der Ordnung finden.
Satan: Schönen guten Abend der verehrten Dame und dem geehrten Herrn.
Ich: Schönen Dank, Domine Lucifer. Darf ich mich nach Ihrem teuflischen Befinden erkundigen?
Sat.: Sehr verbunden, Herr Scholarch. Es geht an. Doch spür' ich, wie man zu sagen pflegt, den Frühling in meinen nicht gerade mehr jungen Knochen. Sie wissen ja, bei Gelegenheit jenes unliebsamen Sturzes aus Himmelshöhen habe ich mir die rechte Hüfte jämmerlich gequetscht und hat sich da ein hartnäckiger Rheumatismus festgesetzt.
Frau Eironeia: Warum versuchen Sie es nicht mit einem Bad in der Wunderquelle von Lourdes?
Sat.: Ach, gnädige Frau, jeder Tropfen des wunderwirkenden Wassers ist durch die Firma Veuillot u. Komp. auf Jahre hinaus für den Gebrauch der grande nation monopolisirt.
Torquemada: (leise zum Kalvin): Was müsste das für ein süßer Ruch in unsern vier Nasenlöchern sein, wenn diese siebenmal siebenmal zu vermaledeiende Ketzerin auf dem Holzstoße schmorte!
Sat.: Ich vernehme, Herr Magister, daß Sie im Begriffe seien, wiederum einen Bußebummel dort oben zu unternehmen, und das – entschuldigen Sie meine Zudringlichkeit – veranlasst mich, eine gehorsame Bitte an Sie zu richten.
Ich: Ganz zu Ihren Diensten, soweit diese nämlich einem Elysionär anstehen.
Sat.: Natürlich. Die Sache ist diese. Die beiden hochwürdigsten Brandmeister da sind auf das in Berlin erscheinende Journal »Romaniora« abonnirt. Dasselbe hat die Güte, sich ziemlich oft und viel mit meiner Wenigkeit zu beschäftigen. Seine Mitarbeiter scheinen mich auch ziemlich gut zu kennen und zollen mir die gebührende Achtung und Rücksicht, das muß ich sagen.
Frau Eir.: Warum auch nicht? Die Schwarzen sind von jeher mit dem Schwarzen ein Herz und ein Horn gewesen.
Kalvin (leise zum Torquemada): Notirt die Blasphemistin, Domine Kollega. Wer unser spottet, der lästert bekanntlich Gott. Hinein mit ihr in der Santa Kasa heilige Register! Es könnte sich doch eines Tages fügen, daß wir die christliche Freude hätten, sie mitsammt ihrem Zacharias, der ohnehin nur in einer schnöden Civilehe mit ihr lebt, brennen zu sehen. Hab' ich doch vor Zeiten dem Miguel Serveto gehörig heiß gemacht, weil er sich unterstanden, das nicht genug zu verfluchende Einmaleins über das Mysterium der Dreieinigkeit zu stellen.
Sat.: Sie können sich leicht denken, Herr Magister, daß es mich bei der zwischen mir und den Inspiratoren der »Romaniora« herrschenden Intimität baß verwundern musste, in der Nr. so und so des sonst trefflichen Blattes zu lesen, ich, der Teufel, sei »in Berlin los«, während ich doch hier unten gerade angebunden war, nämlich durch besagten Rheumatismus an mein Bett, und mir durch die weltberühmte ehrwürdige Dame, meine liebe Großmutter, gewärmte Kleiensäckchen auflegen ließ. Das mir nachgesagte »Lossein« sah demnach akkurat wie Hohn und Spott aus und ärgerte mich nicht wenig. Anfangs dachte ich, es wäre möglich, daß etwa »einer der Kleinen von den Meinen« – wissen Sie? – in der Hauptstadt des deutschen Reiches sich mausig gemacht hätte. Allein der eingeholte Tagesrapport erwies, das keiner »von unsere Leut'« an jenem Tage in Berlin Dienst gehabt hatte. Es bleibt also nur die Annahme, der bezügliche Redakteur oder Reporter der »Romaniora« habe, als er in Berlin den losseienden Teufel zu sehen glaubte, in den Spiegel hineingeguckt, und da konnte es dann allerdings nicht fehlen, daß ein dummer Teufel herausguckte. Sie begreifen aber, Herr Magister, daß ich mit dieser Sorte nicht verwechselt sein möchte. Darum ersuche ich Sie, gelegentlich das Redaktionslokal der »Romaniora« aufzusuchen und den Insassen zu melden, daß ich mir für die Zukunft derartige Verwechselungen strengstens verbitte. Die Herren sollten, ließe ich ihnen sagen, ein andermal, wann sie den Teufel zu erblicken glaubten, die Augen aufthun und nach meinem Wappen und Zeichen sehen, welches ja jedem auch nur halbwegs gebildeten Menschen aus der pantomimischen Beschreibung desselben in der Hexenküche im Faust bekannt sein muß.
Ich: Gut, altes Haus, Ihr Auftrag soll ausgerichtet werden.
Sat.: Danke verbindlichst zum voraus. Uebrigens wird sich Ihr Gang nach besagtem Redaktionslokal wohl verlohnen, denn Sie werden dort allerhand Merkwürdigkeiten zu sehen kriegen.
Frau Eir. (zum Don Thomas und Sieur Jean): Und was haben uns denn die zwei feurigen Verkündiger der christlichen Liebe für da droben aufzutragen?
Der Großinquisitor von Spanien und der Kleininquisitor von Genf bewegten die Kinnbacken, als wollten sie die Fragerin herzlich gern aus lauter christlicher Liebe alsogleich auffressen. Dann sagte der hochwürdigste
Torquemada (zu mir gewendet): Da Sie ohne Zweifel die eine oder andere der Sitzungen des Reichstages besuchen werden, Herr, so sagen Sie den Brüdern vom Centrum, ich sei des entschiedenen Dafürhaltens, daß jetzo mit der Bestellung eines Großinquisitors für Allemannia ungesäumt vorgegangen werden müsste.
Kalvin: Auch ganz meine Meinung. Die beiden Kirchen müssen alle Differenz unter sich vertagen, um fest gegen den Antichrist von Liberalismus zusammenzustehen. (Beiseite: Später werden wir ja wohl in den Stand gesetzt sein, mit den römischen Ketzern abzurechnen.)
Torquemada: Gewiß. (Für sich: Später werden wir ja wohl den Rank finden, unsern nicht genug zu verfluchenden ketzerischen Alliirten ad hoc unser berühmtes » Ite in pace!« zuzurufen.) Die Verhältnisse liegen in Deutschland so, daß es sich, um unsern protestantischen Brüdern gerecht zu werden, empfiehlt, das sanctum officium nach Art der venetianischen Staatsinquisition zu gestalten, das heißt nicht mit einer, sondern mit drei Spitzen zu versehen, zwei katholischen und einer lutherischen. Das hochwürdige Centrum bietet, mein' ich, Holz genug, um zwei Großinquisitoren daraus zu schnitzen.
Ich: Freilich, freilich; im Nothfalle könnte sogar jedes Mitglied einen solchen vorstellen. Ein wahrer embarras de richesses, die Wahl wird schwer sein.
Torquemada: Den Windthorst verbitt' ich mir ausdrücklich, hören Sie? Ich traue der christlichen Liebe des Mannes nicht so ganz. Er hat eine moderne Ader in sich und wäre es auch nur die Spottader; alles und jedes Moderne aber – anathema sit!
Kalvin: Auf protestantischer Seite werden wohl die Herren von Senfft-Pilsach und von Kleist-Retzow Halme ziehen oder würfeln müssen, wer von ihnen der würdigste Kandidat.
Ich: Gut, meine Herren, ich werde Ihre Aufträge treulich bestellen. Empfehle mich Ihnen. Guten Abend! ......................................
Unterwegs von unserem in der Epikurosstraße gelegenen Wohnhause »Zum Lukretius« im Elysion bis nach Berlin hatten wir nur ein nennenswerthes Begegniß, falls es überhaupt als ein solches bezeichnet werden darf. In Leipzig sahen wir nämlich, was wir daselbst schon vor nahezu einem Vierteljahrhundert gesehen hatten: die bekannte Dame, welche am Ufer der Gentzpfütze stand und mit einem ungeheuren Winkelhaken aus der Officin von F. A. Brockhaus in dem schmierigen Wasser herumfischte. Die Erträgnisse der Fischerei wanderten und wandern zunächst unter die Pressen der genannten Officin (und unter die anderer, denn eine Officin ist nicht im Stande, all das Zeug zu bewältigen) und kamen und kommen sodann auf den Markt mit der Etikette: »Kondensirter Froschlaich aus dem unerschöpflichen Nachlaß der Natur des ungeschweigbaren Schmergelius Grabquaker, auf dem Wege zum Geheimerathsquartier stecken gebliebener Ex-Diplomat.«
Kamen gerade rechtzeitig in der Reichshauptstadt an, um am 18. Februar in freilich sehr gedrückter, ja gepresster Stellung im Zuhörerraume des Reichstagssals dem erwarteten großen, aber ziemlich klein ausgefallenen Protestspektakelstück anzuwohnen.
Das Possirliche daran war von vornherein, daß der französische Protest von einem ganz geläufig süddeutsch sprechenden Herrn mit dem ur-, urer-, urestdeutschen Namen Teutsch herdeklamirt wurde. Se. allerhöchstselige königliche Majestät, welcher ich übrigens im Elysion nie begegnet bin, Ludwig der Erste von Bajuwarien, hat bekanntlich nie anders als »teutsch« zu schreiben geruht. Bei der bloßen Nennung des Namens Teutsch muß einem altdeutschwäldlerisch, indogermanisch, urarisch, teutisch, theodiskonisch, kurzum ganz jakobgrimmig zu Muthe werden und wir haben ein Gefühl, als würden uns alle die schon vollendeten und in fernen Ewigkeiten noch zu vollendenden Wälzer des »Deutschen Wörterbuches« an den Kopf geworfen. Teutsch! Steckt da nicht ebensowohl das deutsche Gemüth als die deutsche Faust, ebensowohl Sauerkraut und Lagerbier als Nibelungenlied und der straßburger Münster, ebensowohl Landsknechtschaffenheit als Wertherei, ebensowohl die echternacher Springprocession als der lessing'sche Nathan, ebensowohl das Stockskepter des alten Fritz als Schillers Tell darin? Beim sonnenäugigen Wuotan und beim blitzrothbärtigen Donar, der Protestdeklamator hätte anstandshalber es machen sollen, wie es viele unserer christlichen und jüdischen Landsleute in Ungarn und Russland machen, allwoselbst bekanntlich aus einem deutschen Ochsen schon manch ein Ochsyanyi und aus einem deutschen Esel schon mancher Eselynski geworden ist. Jedennoch muß man, um gerecht zu sein, dem Monsieur oder Citoyen Teutsch oder Tötsch zugestehen, daß er sich, wenn auch nicht nominell, so doch substanziell entdeutscht und richtig verfranzöselt habe. Denn nur hieraus erklärt sich die unbefangene Schamlosigkeit oder die schamlose Unbefangenheit, womit der Monsieur dem Deutschen Reiche, welches sein ihm vordem gestohlenes Eigenthum im gerechtesten aller Kriege um hohen Blutpreis zurückerworben hat, zumuthen konnte, in Elsaß-Lothringen, um »den Schein zu retten«, eine elende Plebiscitposse à la Lügen-Louis, Pietri u. Komp. aufzuführen. Daß man unwillkürlich dazu kam, den Zumuther keiner Antwort zu würdigen, sondern blos mit »Heiterkeit« und Lachen abzufertigen, begreift sich, weil eben Grimassen, wie sie Monsieur Teutsch, um sich als in der Wolle gefärbter Gallier aufzuspielen, zum besten gab, im deutschen Reichstage schlechthin lächerlich sind. So was gehört in die Komödiantenbude zu Versailles, allwo sie von Tag zu Tag einander » La journée des dupes« vorspielen oder wenigstens vorspielen möchten. Wenn aber die Franzosen in ihren Journalen jubelnd sich brüsteten, Monsieur Teutsch habe sich am 18. Februar als echter Sohn der trotz alledem noch immer an der Spitze der Civilisation tanzenden » grande nation« erwiesen, so können die Deutschen auch zu diesem Armuthszeugniß, welches sich die besagte große Tanznation damit wiederum ausgestellt hat, zufrieden lächeln. Also dieses gehirnweiche, mit Lügen, falschen Citaten und Rohheiten gespickte Geplapper sollte echtes Franzosenthum vorstellen? Oh, Esprit Montaigne's, Voltaire's und Courier's, wie bist du auf den Tötsch gekommen!
Gewiß, dieser »Protest« verdiente keine andere Antwort als »Heiterkeit«. Eine andere Frage ist aber, ob sich an die etwas mysterienhaft-violette Erklärung des straßburger Bischofs nicht eine zeit- und zweckmäßige Debatte hätte knüpfen lassen. Sicherlich wäre es nicht übel gewesen, den Abgeordneten von Elsaß-Lothringen ein- für allemal den Standpunkt klarzumachen und sie vor allem zu fragen, warum sie denn, wenn sie Franzosen bleiben wollten, nicht für Frankreich optirt hätten. Vielleicht wäre es sodann auch durch die ganze Sachlage gerechtfertigt gewesen, die Herren Elsässer überhaupt einmal daran zu erinnern, daß es unter allen Umständen niederträchtig ist, seine Mutter zu verleugnen. Schon der Hinweis auf die ihrer doch wahrlich nicht sehr zärtlichen und fürsorglichen Mutter Polonia mit unzerstörbarer Pietät anhangenden Sarmaten hätte den Elsässern die Schamröthe auf die Stirnen treiben müssen. Aber freilich, Gesellen wie die Messieurs Erckmann und Zingerle (der sich zum Seinguerlet verwelscht hat) lieferten ja schon lange den Beweis, daß die Aneignung des französischen Stils die Austreibung deutschen Schamgefühls zur unumgänglichen Voraussetzung habe. Das ist überhaupt die dunkle Kehrseite des deutschen Universalismus und Kosmopolitismus, daß der Deutsche sogar halb- oder ganzbarbarischen fremden Nationalitäten bei jeder Gelegenheit knechtisch sich anzupassen eilt. Schmach über diese Molluskenhaftigkeit, über diese Anschmiegungsfeigheit! Sie hat schon frühzeitig, immer bedauerlicher aber vom 16. Jahrhundert an all unser nationales Unglück mitverschuldet ...
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Note des Herausgebers.
Es befindet sich noch eine hübsche Anzahl von zinnober'schen Episteln in meinem Besitze. Ich werde dieselben veröffentlichen, sobald im deutschen Reiche die Freiheit der Presse nicht mehr ein bloßer Verfassungsparagraph, sondern eine Thatsache sein wird.