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Sinnend weil' ich hier und labe
Meinen Geist am Blumengeist,
An der deutungsreichen Gabe,
Die mir Seligkeit verheißt.
Mich umfächelt leis und linde
Eine süße tiefe Ruh',
Und die sanften Abendwinde
Sprechen mir wie Geister zu.
Fühlst du des Gottes Weben,
Der nie sich zarter regt,
Als wenn er Geist und Leben
Von Blüt' zu Blüte trägt?
Kannst du die Blumenchiffern
Des Orients entziffern
Und wecken Zephirs Spiele,
Verschwisterte Gefühle?
Dunkler wird die Nacht, und helle
Wird's im dichtenden Gemüt
Deines Sängers, das der Zelle,
Die ihn fesselt, kühn entflieht.
Engel kommen, ihn zu grüßen,
Aufgeschlossen ist sein Sinn,
Und in Melodien fließen
Seine Lebensgeister hin.
Wo ist er, der ihn deutet,
Den Geist, der ihn ergreift,
Der ihm den Busen weitet
Und rastlos strebt und schweift?
Wer mag die Flammen nennen,
Die hier und dort entbrennen,
Im Dichtergeist sich finden
Und ihn in Glut entzünden?
In dem ew'gen Himmelstaue
Badet sich mein Angesicht,
Und ich schweb' empor und schaue
Das azurne, milde Licht.
Mit des Adlers Fluge steiget
Meine Seele himmelan,
Und es tönt, wenn alles schweiget,
Mir Apollos heil'ger Schwan.
Schau', die Sterne sind entflogen,
Fest und ewig ist ihr Lauf,
Und am blauen Himmelsbogen
Blühen Ros' und Krokus auf!
Horch, die himmlische Aurore
Weckt belebend Memnons Ton,
Und im hohen Geisterchore
Grüßet sie der Harfensohn.
Wunderliebliche Gesichte,
Geisterspiele drängen sich,
Und im heiligsten Gedichte,
Demiurgos, künd' ich dich!
Geist der Liebe, Geist des Lebens,
Quell der Sternensympathie,
Herrscher alles Fliehns und Strebens,
Hohe Geistermelodie!
Liebe lebt im Weltenringe,
Dem sie sich zum Schöpfer bot,
Liebe hält das Band der Dinge,
Ohne Liebe nichts als Tod.
In dem großen Heiligtume
Wirkt sie, schafft sie, hegt und pflegt,
Wie sie dort den Geist der Blume
Zur verwandten Blume trägt.