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Elfte Vorlesung

Es liegt sehr nahe, zunächst folgende Reflexion zu machen. Die verschiedenen Seienden oder, wie wir gewöhnlich sagen, die verschiedenen Dinge unterscheiden sich voneinander nicht durch das Sein selbst, an dem sie alle teilhaben, sondern nur durch die Art des Seins, was sich denn auch vollkommen einleuchtend machen läßt. Hieraus kann man dann durch einen umgekehrten Schluß herausbringen, daß das Seiende überall und in allen Dingen dasselbe und durchaus sich gleiche ist. Das ist nun der höchste Begriff, der auf diesem Wege liegt, und, wie schon Platon sagt, die unerfahrene Jugend insbesondere freut sich zuerst ausnehmend, wenn sie auf diesen Begriff des überall Einen gekommen ist, mit dem alle Unterschiede für sie verschwinden, sie betrachtet ihn als einen Schatz, an dem sie gleichsam wunder was zu besitzen meint, bis sie endlich durch die Folge erfährt, daß mit diesem Begriff schlechterdings nichts anzufangen ist, daß es kein Mittel gibt, von ihm hinweg – oder mit ihm weiter zu kommen, daß man sich mit ihm immer nur auf demselben Punkt herumdreht und zuletzt gleichsam schwindlicht wird, wie denn Aristoteles schon von der eleatischen Einheit (und eben jener Begriff des in allem sich selbst Gleichen, des Seienden, das in allem ein und dasselbe ist, bildet eigentlich das Prinzip des Parmenides und, wenn auch unter verschiedenen Modifikationen, der ganzen eleatischen Schule), von diesem also, oder vielmehr von der eleatischen Einheit, sagt schon Aristoteles, daß sie nur Schwindel errege und durchaus keine Hilfe gewähre, d.h. zu keinem wirklichen Wissen zu leiten vermöge. Dieser unfruchtbare Begriff des Parmenides, zu dem jeder Anfangende Neigung empfindet, wird nun aber gleich gänzlich beseitigt, wenn man zu der Einsicht gelangt ist, daß das Seiende unmittelbar oder prima determinatione nur das Seinkönnende sein kann, also schon nur eine Art des Seins, nicht das öde und wüste Sein, mit dem nichts anzufangen ist, so wie denn eben damit der tote Begriff des Seienden sich in einen lebendigen, ein Fortschreiten möglich machenden verwandelt. Parmenides kann dies schlechterdings nicht abweisen, daß das Seiende unmittelbar nur Seinkönnendes zu sein vermag; dadurch aber hat es schon aufgehört das leere absolute Eine zu sein. Auch Platon legt darum ein so großes Gewicht auf den Begriff des nicht Seienden, der selbst erst durch unsern Begriff des Seinkönnenden seine ganze Bedeutung erhält. Das Seinkönnende nämlich ist nicht nur als solches, inwiefern es dieses ist, das nicht Seiende, sondern es ist auch in das wirkliche Sein hervorgetreten ( wenn es sich in das Sein erhebt), auch dann ist es das nicht Seiende, denn es ist das an sich nicht zum Sein Bestimmte, das nicht sein Sollende, und erscheint also auch dann, wenn es Ist, stets nur als das zu Negierende, nicht aber als das zu Setzende. Damit wird also gleich anfänglich jene, alle Unterscheidung, aber eben darum die Wissenschaft selbst vertilgende Einheit gebrochen. Denn bei dem als das Seinkönnende bestimmten Seienden ist nun schlechterdings nicht stehen zu bleiben, wie ich hinlänglich gezeigt habe, indem ich den Übergang von demselben zu dem rein Seienden vermittelte. Ich werde auf dieses Verhältnis unserer Entwicklung zu der abstrakten Einheit: des Parmenides und der eleatischen Schule später noch zurückkommen. Ich habe durch diese Erwähnung vor jetzt nur aus dem allgemeinsten Gesichtspunkt darstellen wollen, was mit der von uns festgestellten Zweiheit (die übrigens eine Zweiheit in der Einheit ist) gewonnen sei. Jetzt habe ich aber noch insbesondere und

2. zu zeigen, was für das Verhältnis oder für die Bestimmung des Seinkönnenden selbst gewonnen ist, indem wir sagen: eben das, welches unmittelbar das Seinkönnende ist, ist zufolge einer zweiten Bestimmung das rein Seiende. Der Erörterung dieser Frage will ich zu besserem Verständnis noch Folgendes vorausschicken. – Jene reine potentia existendi für sich gesetzt ist immer zuerst, wenn auch nur für einen Augenblick, zu denken im völligen Nichtwollen, und eben darum auch im Nicht wissen ihrer selbst. Denn wenn sie sich ihrer selbst annimmt, sich selbst will (und um sich zu wissen, müßte sie sich selbst wollen – sich sich selbst gegenständlich machen, was ohne ein Wollen nicht denkbar ist), sowie sie sich selbst wollte, hörte sie auf potentia pura zu sein, und würde ein Anderes, sich selbst Ungleiches; der für sich selbst gesetzten bliebe also nichts übrig, als entweder im sich nicht Wissen zu bleiben, oder sich selbst zu verlieren. Sie wäre wie gewisse menschliche Eigenschaften, die auch nur im sich selbst nicht Wissen bestehen. So hört die Unschuld auf Unschuld zu sein, wenn sie sich als Unschuld weiß, ebenso wie die Anmut, die Anmut sein will, nicht mehr Anmut ist, und nichts in der ganzen Welt z.B. ist widerwärtiger als eine affektierte Naivität. Aber gerade weil wir sie als nackte, bloße potentia existendi bestimmen müßten, könnte sie sich nicht als solche enthalten oder erhalten, denn jede unbedingte, durch nichts zurückgehaltene Potenz will von selbst oder naturâ suâ Aktus sein. Sie wäre also, wie gezeigt, als Potenz nicht festzuhalten. Aber wir haben jetzt nicht mehr mit dem Seinkönnenden und nicht mehr mit dem rein Seienden zu tun, sondern mit dem Einen, das ganz und also völlig ungeteilterweise jenes und dieses ist. Dieses Eine also – dadurch, daß es das rein Seiende ist – dadurch bekommt es sich als Seinkönnen in seine Gewalt, und befreit sich von dem Können als blindlings und unaufhaltsam in das Sein Vorstrebendem. Denn die Natur des Seinkönnenden ist, über sich selbst hinauszugehen; es ist die zweideutige Natur, oder was sich nicht festhalten läßt, das Unbestimmte und über seine Grenzen Hinausschweifende, weil es als das Seinkönnende ebensowohl auch das Gegenteil von sich selbst ist, nämlich das nicht nicht sein Könnende, das blindlings ins Sein Übergehende. Es wäre im wirklichen Sein das außer aller Grenze gesetzte Sein (die Grenze = Negation des Seins ist eben das Können) – außer dem Können gesetzt, ist es das von nichts mehr Gehaltene, Schrankenlose, das platonische apeiron. Aber es ist ein apeiron ebensowohl auch vor dem Sein, auch hier das nicht sich selbst begrenzen Könnende, das von sich selbst Unbegrenzte, das nur durch ein anderes begrenzt und in den Schranken des Könnens erhalten werden kann. Es ist das von sich selbst Unbegrenzte: insofern der größte Gegensatz der Philosophie, der besonnenen und daher durchaus auf Begrenztes und Festes gehenden Wissenschaft. Wenn es also das durch sich selbst nicht Begrenzte ist, so folgt um so mehr, daß es durch ein anderes begrenzt sein müßte. Quod non continere potest se ipsum, debet contineri ab alio; was nicht usw. Das Seinkönnende ist nicht se contentum, nicht das von sich selbst Enthaltene, von sich selbst Begnügte. Vgl. Philosophie der Mythologie, II, II, 50. A. d. O. Darum ist es auch für die Folge, inwiefern es nämlich für sich hervortritt und mit dem es Begütigenden in Spannung tritt, die Quelle alles Unwillens und Mißvergnügens – auch in dieser Hinsicht das Sinistre. Doch dies im Vorbeigehen! Eben weil das von sich selbst Unbegrenzte, muß es durch ein anderes begrenzt sein; dieses andere kann der Ordnung der Begriffe nach nicht wieder das unmittelbar, sondern nur das mittelbar Seinkönnende sein. Aus dem Begriff des bloß mittelbar Seinkönnenden läßt sich aber, wie ich gezeigt, der Begriff des rein Seienden herleiten. Also das Begrenzende des von sich selbst unbegrenzten Seinkönnenden wäre das rein Seiende. Aber dieses Seiende darf nicht außer dem Seinkönnenden, oder so gedacht werden, daß es das Seinkönnende als ein anderes von sich begrenzte, sondern eben das, was das Seinkönnende, ist auch das rein Seiende. Demnach ist es eigentlich nicht das rein Seiende, wovon das Seinkönnende begrenzt wird, sondern es ist jenes Eine und Selbe, das, inwiefern es das Seinkönnende ist, von sich selbst, sofern es das rein Seiende ist, begrenzt und in den Schranken des Könnens, des Nichtwollens erhalten wird. Hiermit erhebt sich uns also jenes Eine unmittelbar zum sich selbst Besitzenden, das sich selbst in seiner Gewalt hat, was es schlechterdings nicht sein könnte, wenn es nicht in seiner Einheit zugleich ein Doppeltes wäre. Deswegen ist z.B. das Eine des Parmenides, das nur ein unmittelbar oder substantiell Eines ist, auch an sich selbst das blinde, und ebenso ist auch jedes andere Prinzip, das sich von dem des Parmenides etwa dadurch unterscheidet, daß es eine Nötigung zum Fortgehen in sich hat (wiewohl dies eigentlich immer nur von dem Seinkönnenden gesagt werden kann), auch jedes solche Prinzip, wenn es nicht zugleich etwas in sich hat, das diesem Fortgehen widersteht, kann nur ein blindes Prinzip sein, das auch nur einer notwendigen, nicht einer freien Bewegung fähig ist. Durch jenen Fortgang von dem Seinkönnenden zu dem rein Seienden und durch die zwischen beiden gesetzte Identität haben wir also gewonnen, daß das Eine als das Seinkönnende sich selbst als das rein Seiende in seiner Gewalt hat. Wir können statt dessen auch sagen, das Eine als das rein Seiende hat sich selbst als das Seinkönnende zu seiner Grundlage, zu seinem Subjekt, dieses Wort im eigentlichen Sinn genommen – pro eo quod subjectum est alii.

Indem es aber sich als das Seinkönnende als Subjekt, d.h. als Grund von sich selbst als dem rein Seienden, setzt, macht es eben damit auch sich als das Seinkönnende zur Potenz von Sich als dem rein Seienden, so daß es aufhört die Potenz, die Möglichkeit von sich selbst, d.h. seines eignen Seins, zu sein. Das Seinkönnende absolut gesetzt, könnte allerdings nur die Möglichkeit seiner selbst oder seines eignen Seins – es könnte nur das im transitiven Sinn Seinkönnende sein. Insofern wäre es schon als Seinkönnendes außer sich – außer sein Wesen gleichsam gezogen. Aber indem das Eine es zum Subjekt, d.h. zum Können, zur Möglichkeit von Sich als dem rein Seienden macht, wird das Seinkönnende eben dadurch von sich als seiner eignen Möglichkeit oder als Möglichkeit seines eignen Seins abgezogen und entbunden; indem es als Möglichkeit eines andern Seins gesetzt wird, hört es auf die Möglichkeit des eignen zu sein.

Ich behandle hier den Begriff Subjekt und den Begriff Potenz oder Möglichkeit als völlig gleichgeltende. Die wirkliche Einerleiheit beider Begriffe wird aus folgender kurzen Überlegung einleuchten. – Was in irgend einem Verhältnis das bloße Subjekt ist, ist eben darum das in diesem Verhältnis nicht selbst sein Sollende. Das nicht selbst Seiende aber, das darum doch nicht nichts ist, kann nur als die Potenz oder Möglichkeit von einem andern sein. Das Seinkönnende soll nicht mehr das Subjekt oder, wie wir auch sagen können, die Voraussetzung seiner selbst (seines eignen Seins), es soll die Voraussetzung (das Subjekt) des Seienden sein. In diesem Fall ist es gleichsam selbst nicht mehr. Es selbst, es verschwindet ganz als für sich Seiendes, und wenn wir es daher jetzt aussprechen wollen, müssen wir sagen: das Seinkönnende ist nicht das Seinkönnende, sondern es ist das rein Seiende. Denn dieses ist, wie ich schon in einer früheren Entwicklung gezeigt habe, Vgl. Philosophie der Mythologie, II, II, 53. A. d. O. der Sinn des Ist (der Copula) in jedem wirklich etwas aussprechenden (nicht tautologischen) Satz. A ist B heißt: A ist Subjekt von B. Darin liegt zweierlei: 1. A ist für sich etwas, auch ohne B, es könnte also auch etwas anderes sein als B; nur sofern es auch eines Seins für sich, und also auch des nicht = B seins, fähig ist, sagen wir cum emphasi: es ist B. Z.B. diese Pflanze macht sich mir sichtbar oder fühlbar am Ende nur dadurch, daß sie Materie ist, denn ohne Materie gibt es weder Farbe noch Geruch noch etwas Palpables. Indem ich also sage: das, was ich hier sehe, ist z.B. ein Geranium, so ist das Subjekt der Aussage eigentlich die Materie der Pflanze. Diese Materie ist nun etwas auch ohne die Pflanze, die Pflanze kann zerstört werden und die Materie bleibt, die Materie ist gegen die Form gleichgültig, sie ist in ihrer Art auch ein apeiron, d.h. sie ist an sich fähig, auch nicht diese Pflanze, sondern eine andere, oder überhaupt keine Pflanze zu sein. Nur darum kann ich cum emphasi sagen: sie ist diese und keine andere Pflanze. In der Aussage: A ist B, oder A ist Subjekt von B, liegt also: 1. A könnte auch etwas anderes sein oder ist des nicht Bseins fähig. Aber 2. eben darum, weil es auch etwas anderes sein könnte als B, so macht es dieses sein – ein »Anderes- sein-Können« gegen B zur bloßen Potenz oder Möglichkeit von B, und nur so oder nur auf diese Weise ist es B.

In der arabischen Sprache wird das Ist (der Copula) durch ein Wort ausgedrückt, das ganz unser deutsches Kann (Können) ist. Dies erhellt daraus, daß eben dieses Wort in den verwandten Dialekten der arabischen Sprache zugleich die Bedeutung des Subjekts, der Grundlage, des Begründenden, Feststellenden hat. Ferner erklärt sich nur aus dieser Bedeutung, daß im Widerspruch mit allen wenigstens mir bekannten Sprachen, in welchen das Verbum sum den Nominativ nach sich hat, die Araber allein es mit dem Akkusativ konstruieren. Der Araber sagt nicht: homo est sapiens – dies drückt das eigentliche Verhältnis insofern nicht genau aus, als man es auch verstehen kann: der Mensch ist ganz und gar nur weise, er hat keine entgegengesetzte Potenz, keine Potenz des nicht- weise-Seins in sich, was doch, wie wir alle wissen, nicht der Fall ist, und weil es außerdem den Satz zu einem bloß tautologischen machen würde. Ohne Voraussetzung einer dem Prädikat entgegengesetzten Potenz in dem Subjekt wären alle Aussagen nur tautologische. Denn daß z.B. das Helle hell ist, bedarf keiner Versicherung. Was kann hell sein als das seiner Natur nach Dunkle, d.h. was ohne Anziehung des an sich Hellen dunkel sein würde? Wovon kann man sagen, daß es wissend ist, als eben von dem Unwissenden? Denn das Wissende selbst, das gar nichts anderes (keine entgegengesetzte Potenz), also das rein Wissende ist, kann ebendarum nicht im eigenschaftlichen Sinne wissend, d.h. ein Wissendes sein, wie wir von dem, was das Seiende ist, sagen, es sei eben, weil es dies ist, nicht ein Seiendes, nicht seiend im eigenschaftlichen (oder anzüglichen) Sinn. Der Araber sagt gegen alle sonstige Grammatik: homo est sapientem. Dieser Akkusativ zeigt, daß bei ihm das Ist so viel als potest bedeutet, denn das Verbum possum regiert der Natur der Sache nach, und darum in allen Sprachen, den Akkusativ. Der Sinn ist also: der Mensch trägt, er ist mir Träger, nur Subjekt des weise-Seins, er ist nur insofern weise, als er die Potenz des entgegengesetzten Seins in sich als bloße Potenz gesetzt hat, er vermag auf diese Art das weise-Sein, er zieht es sich an als Prädikat, hat Gewalt über dasselbe; denn alles, was sich zu einem andern als Potenz oder Subjekt verhält, hat auch eine gewisse Gewalt über das, was es anzieht, nämlich eben die Gewalt, es anzuziehen und so es zu sein, und es nicht zu sein, d.h. es auszuschließen, zurückzustoßen. Dies zur Erklärung des Ausdrucks: das Seinkönnende ist nicht mehr Es selbst, sondern es ist – das rein Seiende. Seine Besonderheit, oder besser: seine Eigenheit (nach dem griechischen idiotês gebildet), seine Eigenheit ist gleichsam untergegangen oder aufgehoben, und kommt nicht mehr zur Sprache. Es ist also durch dieses Verhältnis von seiner Eigenheit, d.h. von sich selbst, erlöst und befreit. Nicht daß es völlig nichts wäre, denn es wird nur befreit von dem Anteil seines Wesens, der es außer sich selbst herausziehen würde, in dem zugleich allein seine Selbstheit, seine Eigenheit, sein es Unterscheidendes liegt, das, wodurch es für sich sein könnte. Es wird also durch dieses Verhältnis zu dem rein Seienden vielmehr von dem Zufälligen, dem nur nicht Auszuschließenden seiner Natur befreit. Denn sein Wesen ist, lauteres Seinkönnendes zu sein, aber nicht um seiend, sondern eben um sein Könnendes zu sein. Seinem Wesen nach, insofern es als Wesen besteht, ist es intransitives, in sich selbst bleibendes Seinkönnendes. Aber von diesem intransitiven ist das transitive nur nicht auszuschließen; insofern eigentlich das nicht Gewollte, das Zufällige. Von diesem nur nicht Auszuschließenden, also Zufälligen seines Wesens, wird es befreit durch das Verhältnis zu dem rein Seienden. Also es wird durch dieses Verhältnis vielmehr in sein wahres Wesen versetzt. Es ist jetzt lauteres Seinkönnendes, nicht im Gegensatz von Sein (wie in seiner Zweideutigkeit), sondern so, daß das Seinkönnen ihm selbst das Sein ist, daß es dieses Seinkönnen selbst sich zum Sein macht, oder es als Sein achtet. Durch das Seiende wird also das Seinkönnende in sein Wesen zurück oder in sich selbst geführt, sich selbst gleichgesetzt (der erste Anfang zur Gewißheit – zur Sicherheit), da es von Natur das sich selbst Ungleiche sein würde. Keine höhere Wonne für ein der Abweichung von sich selbst ausgesetztes Wesen, als sich selbst zurückgegeben, in sich selbst zurückgeführt zu werden. Wonne ist es jedem besseren Menschen, in sein eignes Inneres geführt zu werden; die wahre Freundschaft ist die, welche uns dieses gewährt. In dem herrlichen Monolog von Goethes Faust, wo dieser den höchsten Geist anruft und von diesem sagt: er habe ihm alles gegeben, warum er gebeten, und namentlich sagt:

Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich.
Kraft, sie zu fühlen, zu genießen;

und dann ferner jene Worte hinzufügt, mit denen jeder der vergleichenden Zootomie Beflissene sich begeistern sollte:

Du führst die Reihe der Lebendigen
Vor mir vorbei und lehrst mich meine Brüder
Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen –

nachdem also Faust aller dieser Herrlichkeiten erwähnt, welche zu genießen der Schöpfer ihm Geist und Kraft verliehen, so ist es der schönste Zug dieses Selbstgesprächs, daß Faust über alle die Wonne, welche die Natur ihm gewährt, jene setzt, die er im eignen Inneren findet – indem er fortfährt:

Du zeigst
Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust
Geheime tiefe Wunder öffnen sich.

In sich selbst zurückgeführt, macht sich das Seinkönnende eben das nicht Sein, nämlich das nicht äußerlich Sein selbst zum Sein, aber eben, indem es sich selbst als Nichts empfindet (nämlich als ein Nichts, als jenen gänzlichen Mangel des äußeren Seins), ist es als dieses Nichts der Zauber (die Magie – dieses Wort ist nur eins mit unserem deutschen Macht, Möglichkeit, also mit Potenz) – als dieses Nichts ist es die Magie, die Potenz, die das unendlich Seiende an sich zieht, so daß es, ohne ein Sein für sich anzunehmen, in dem rein Seienden als in einem anderen Selbst sich selbst besitzt – nicht als ein Seiendes, sondern eben als das unendlich Seiende. Es muß selbst nichts sein, damit das unendlich, das überschwenglich Seiende ihm etwas werde. Gerade in der höchsten Ungleichheit ist die höchste Gleichheit, denn jedes ist – nur auf entgegengesetzte Art – das andere; in beiden ist, wie schon früher gezeigt, eine völlig gleiche Selbstlosigkeit oder Ledigkeit seiner selbst: in dem Seinkönnenden, inwiefern es sich nicht will, weil es überhaupt nicht will, sondern im Nichtwollen, in der reinen Substantialität bestehen bleibt; in dem rein Seienden, inwiefern es zwar will, ja reines Wollen ist, aber sich selbst nicht will, sondern nur das Seinkönnende will. Gerade, daß sie im reinen – nicht im teilweisen – Gegensatz miteinander stehen, daß jedes die reine Negation des anderen ist, das eine, indem es nicht außer, das andere, indem es nicht in sich ist, oder umgekehrt, jenes, indem es nicht Objekt, dieses, indem es nicht Subjekt von sich selbst ist, macht unmöglich, daß sie sich ausschließen. Denn z.B. zwei Seiende, deren jedes Subjekt und Objekt von sich selbst wäre, würden sich ausschließen, aber das reine Subjekt schließt das reine Objekt und das reine Objekt schließt das reine Subjekt nicht aus, und ein und dasselbe kann beide sein. Gerade aus dem reinen Gegensatz folgt hier (um mich dieses Ausdrucks wieder zu bedienen) die höchste gegenseitige Annehmlichkeit.

Wie das Eine sich als das Seinkönnende zum Subjekt seiner selbst als des rein Seienden hat, so hat eben dasselbe als das Seinkönnende sich selbst als das rein Seiende zum Objekt. Ja das Eine ist seiner zweiten Bestimmung nach das rein Seiende nur, inwiefern es sich selbst als das Seinkönnende zu seiner Voraussetzung hat, nur dadurch ist es als das rein Seiende, als in einem zweiten Selbst, über sich selbst gehoben, denn es ist das rein Seiende oder unendlich Wollende nur, inwiefern es etwas hat, dem es sich geben, das es, weggehend von sich selbst und darum unendlich, wollen kann.

Absichtlich habe ich mich bei diesem Verhältnis etwas länger verweilt, denn durch dieses Urverhältnis sind alle folgenden bestimmt. Setzen Sie oder nehmen Sie als möglich ein, daß jenes Seinkönnende irgend einmal zum Sein hervortrete (wie und auf welche Weise dies etwa geschehen könne, sehen wir freilich hier nicht – aber setzen Sie dies als möglich), so wird auch alsdann jenes Seinkönnende nicht aufhören Subjekt des rein Seienden zu sein, wie wir denn auch in einem andern Zusammenhang schon vorhergesagt haben, daß es auch im wirklichen Sein dennoch stets nur als das der Negation Unterliegende erscheinen werde.

Ein und dasselbe Wesen ist uns also jetzt von der einen Seite Seinkönnendes, von der andern Seite rein Seiendes. Nun müssen wir aber Folgendes überlegen. Als jedes von diesen ist es eine relative Negation des andern. Als Seinkönnendes ist es Negation des Seins, nicht absolute, sondern nur Negation des Seins in sich. Als das rein Seiende ist es ebenso relative Negation des Könnens. Es ist insofern – als jedes von diesen einzeln oder besonders betrachtet – eine Einseitigkeit, als Seinkönnendes, weil es das Sein, als rein Seiendes, weil es das Seinkönnen ausschließt. Indem es nun aber als das rein Seiende sich als das Seinkönnende zum Subjekt macht, oder – damit man sich dabei nicht etwa einen besondern Akt vorstelle – indem es als das rein Seiende sich als das Seinkönnende zum Subjekt hat, so ist es als Seinkönnendes abgehalten, selbst objektiv zu werden, indem es alsdann aufhört dem rein Seienden Subjekt zu sein. Aber eben dieses Verhältnis zeigt uns, daß in keinem von beiden das wahre Ende, d.h. das, bei dem wir stehen bleiben könnten, wirklich gegeben ist; wir sehen, daß es weder als das eine noch als das andere das ist, was es eigentlich sein soll. Denn als das Seinkönnende ist es vielmehr ausdrücklich gesetzt als das nicht selbst oder um seiner selbst willen Seiende, denn es ist gesetzt als Subjekt des rein Seienden. Als dieses aber ist es auch nicht das um seiner selbst willen Gesetzte, sondern es ist nur gesetzt, um das erste als Subjekt, in der Subjektivität oder Subjektion zu erhalten. Hier ist also offenbar nicht stehen zu bleiben. Denn weder als das eine noch als das andere können wir es ansehen als das um seiner selbst willen Seiende, als das eigentlich Ziel des Wollens sein kann oder sein soll. Indem wir von dem Seinkönnenden zu dem rein Seienden fortgehen, wollen wir eigentlich weder das eine noch das andere, wir wollen schon ein Drittes, oder genau gesprochen, das, was sein wird, als ein Drittes, nämlich als das, in dem es das um seiner selbst willen Seiende ist.

Was kann es denn nun aber als dieses Dritte sein? Wir haben schon gezeigt, daß es als Jedes – als das Seinkönnende und als das rein Seiende eine Einseitigkeit ist. Dadurch nun, daß es ein und dasselbe Wesen ist, das das eine und das das andere ist, dadurch hebt dieses (das Eine nämlich) die Einseitigkeit in sich auf, es ist von seiner Einseitigkeit als das Seinkönnende dadurch befreit, daß es das rein Seiende ist, und von seiner Einseitigkeit als das rein Seiende dadurch, daß es auch das Seinkönnende ist. Das Eine kommt also dadurch in die Mitte zu stehen als das vom einseitigen Sein und vom einseitigen Können freie; da es aber von den beiden Einseitigkeiten nur frei ist, indem es beide voraussetzt, d.h. ebensowohl auch die beiden ist (denn nähmen wir sie in Gedanken hinweg, so würde daraus weiter nichts folgen, als daß wir wieder von vorn anfangen müßten; das, was sein wird, würde uns immer wieder zuerst das unmittelbar Seinkönnende sein), da es also das von beiden freie nur ist, inwiefern es beide voraussetzt, d.h. selbst auch beide ist, so ist es das von beiden freie nur als ein Drittes, und daraus folgt dann, daß es auch umgekehrt als dieses Dritte nur zu bestimmen ist als das vom einseitigen Können und vorn einseitigen Sein freie.

Dies ist aber vorderhand nur ein negativer Ausdruck. Uni den positiven zu finden, bitte ich Sie folgendes zu überlegen.

Das Seinkönnende ist ein einseitiges, weil es nicht in das Sein übergehen kann, ohne sich selbst als Potenz aufzuheben, weil also in ihm der Aktus die Potenz und die Potenz den Aktus ausschließt. Wir können sagen: absolut gesprochen ist es das – beides, Potenz und Aktus, sein Könnende so daß sein die Potenz oder das Seinkönnende Sein selbst wieder ein potentielles ist, denn es ist das Seinkönnende nicht so, daß es nicht auch das Gegenteil sein könnte, und so ist es das Seinkönnende selbst nur möglicher- oder hypothetischerweise, nämlich wenn es nicht in das Sein übergeht – (ich bitte, dies als bloße Nebenerläuterung anzusehen) – also absolut gesprochen ist das Seinkönnende das – beides, Potenz und Aktus, sein Könnende, aber wenn es Potenz ist, so kann es nicht Aktus sein, und wenn es Aktus ist, hört es auf Potenz zu sein. Darin besteht seine Einseitigkeit. Das rein Seiende aber ist sogar nur Aktus, d.h. es schließt die Potenz ganz von sich aus, es ist nicht wie das Seinkönnende natura anceps, es ist das entschieden, das rein und bloß Seiende, in dem keine Potenz ist, und darin besteht seine Einseitigkeit. Das Dritte also, welches nach unserer Bestimmung das von beiden Einseitigkeiten Freie ist, kann nur das sein, in welchem der Aktus nicht die Potenz und die Potenz nicht den Aktus ausschließt, nur dasjenige, das im Vergleich mit dem rein Seienden im Sein nicht aufhört Potenz zu sein, sondern Potenz bleibt, und im Vergleich mit dem Seinkönnenden nicht auf das Sein verzichten muß, um Seinkönnendes oder um Potenz zu bleiben – kurz das Dritte ist nur zu bestimmen, als das zu sein und nicht zu sein erst wirklich Freie, weil es im Wirken oder im Wollen nicht aufhört als Quelle des Wirkens, als Wille zu bestehen, und daher, um Potenz oder um Wille zu sein, nicht nötig hat reines nicht- Wollen zu sein. Oder – in einem andern Ausdruck – wenn wir das Seinkönnende als Subjekt, das rein Seiende als Objekt bestimmen, so ist das Dritte das, was weder bloß dieses, noch bloß jenes, sondern das unzertrennliche Subjekt-Objekt ist, das nämlich im Objektsein, wenn es ins wirkliche Sein übergeht, nicht aufhört Subjekt zu sein, und um Subjekt zu sein, nicht aufgeben muß Objekt, d.h. seiend, zu sein – das sich selbst nicht verlieren Könnende, das bei sich Bleibende, kurz das als solches seiende Seinkönnende. Und dieses erst ist das, was wir eigentlich wollen können, und daher auch schon ursprünglich wollen.

Auch hier, im Fortgang zu dieser dritten Bestimmung, sind wieder verschiedene Erläuterungen nötig.

Ich bemerke also:

1. daß wir auch mit diesem Dritten noch immer über dem wirklichen Sein uns befinden (denn es wird auch hier von dem Sein noch immer als einem zukünftigen geredet). Wir haben das Dritte bestimmt als dasjenige, welches, wenn es seiend ist, nicht aufhört Quelle des Seins zu sein. Also sind wir auch mit ihm noch über dem Sein. Ich bemerke

2. daß auch das als solches seiende Seinkönnende nur wieder das Eine, eine dritte Bestimmung des Einen, nicht aber ein selbst-Seiendes ist. Wir haben mit den drei Begriffen nicht etwa drei außereinander Befindliche, deren jedes für sich ist, wir haben nicht 1+1+1, sondern immer nur eins gesetzt. Wir haben nicht drei Wesen, sondern nur Ein dreifaches Wesen, das nur drei Ansichten – oder vielmehr, um dies objektiv auszudrücken, wie es auch gemeint ist – Eines, das drei Angesichte, drei Antlitze gleichsam darbietet. Das bloß Seinkönnende und das als solches seiende Seinkönnende schließen sich nicht aus, das eine ist wie das andere, und da sich auch das bloß Seinkönnende und das rein Seiende nicht ausschließen (wie schon gezeigt), so schließen sich alle drei nicht aus, d.h. sie sind nicht drei für sich Seiende, sondern nur drei Bestimmungen Eines und desselben. Ein und dasselbe (numero unum idemque) ist das Seinkönnende, das rein Seiende und das als solches gesetzte Seinkönnende.

Das unmittelbar oder bloß sein Könnende haben wir in bezug auf das künftige Sein bestimmt als das nicht sein Sollende, das als solches seiende Seinkönnende aber als das sein Sollende, dem gebührt zu sein. Aber das nicht sein Sollende, solang es nur dieses und nicht wirklich ist, ist dem sein Sollenden nicht ungleich, sondern gleich, und daher im sein Sollenden verborgen, es macht sich ihm erst ungleich, wenn es zum wirklichen Sein übergeht, wie das Böse des Kindes noch im Guten verborgen ist und erst später aus diesem hervortritt, wobei ich jedoch bemerken will, daß dieses Beispiel nur analogisch zu verstehen ist, aber keineswegs berechtigen soll, das nicht sein Sollende etwa als ein Prinzip des Bösen zu denken. Denn solange es in statu potentiae bleibt, ist es, wie gesagt, wie das sein Sollende, tritt es aber aus diesem hervor, so ist es auch da noch nicht als das nicht sein Sollende erklärt. Zwar haben wir schon bemerkt, vermöge des ursprünglichen Verhältnisses würde es auch im wirklichen Sein der Negation unterliegen, und also negiert werden. Aber eben dadurch ist es erst als das nicht sein Sollende erklärt, und erst das als solches erklärte nicht sein Sollende, wenn es sich wieder ex statu potentiae erhebt, erst dieses ist das Böse zu nennen, woraus allein schon erhellt, daß das Böse als solches erst in der Kreatur möglich ist.

Eine dritte, unsern früheren Erläuterungen über das Verhältnis zwischen dem Seinkönnenden und dem rein Seienden entsprechende Bemerkung ist folgende. Wir haben das Seinkönnende als Subjekt erklärt und also das rein Seiende in das Verhältnis zu ihm gesetzt, in welchem das Prädikat zu dem Subjekt gedacht wird. Das Subjekt aber ist das Innere, das Prädikat das Äußere. Nun aber, wie das Seinkönnende Subjekt des rein Seienden, so ist das Eine, inwiefern es das Seinkönnende und (+) das rein Seiende (minus A + plus A) ist, Subjekt seiner selbst als des unzertrennlichen Subjekt-Objekts – dieses also ist gleichsam das Äußerste, Offenbarste des Wesens, das bloß Seinkönnende aber das Innerste, Verborgenste.

Die drei Begriffe sind nur Bestimmungen Eines und desselben, aber eben deswegen ist dieses z.B. als Objekt nur bestimmbar, inwiefern es zuvor als Subjekt bestimmt worden, und als Subjekt-Objekt nur, inwiefern schon als Subjekt und als Objekt. Auch hieraus erhellt, daß die Differenz des Subjekts, des Objekts und des Subjekt-Objekts nicht eine substantielle ist, sondern eine bloße Differenz der Bestimmung. Zwar ist das unzertrennliche Subjekt-Objekt eigentlich das, was wir wollen, aber es läßt sich nicht unmittelbar setzen, denn es ist nur darum das im Sein Potenz oder Subjekt Bleibende, weil es im Sein auch nicht sich wollen kann. Aber das Erste, das nichts vor sich hat, wenn es ins Sein übergeht, kann nur sich wollen, es ist das nur für sich sein Könnende, in beiderlei Sinn, nämlich das nur als Objekt seiner selbst sein Könnende, und das nur in der Abziehung von allem andern sein Könnende. Dies ist aber schon dem Zweiten und noch mehr dem Dritten unmöglich, die nicht für sich sein und von dem, was ihre eigne Voraussetzung ist, sich nicht trennen können.

In dem Dritten, das als das unzertrennliche Subjekt-Objekt, als das nun wirklich zu sein und nicht zu sein Freie bestimmt worden, haben wir das, was wir wollen – also das wahre Ende, das, bei dem wir stehen bleiben können. Mit der dritten Bestimmung ist das, was sein wird, vollendet, mit dieser Bestimmung haben wir es also als das in sich selbst Beschlossene, das Absolute erreicht, das letzte Wort im eigentlichen Sinn genommen, als id quod omnibus numeris absolutum est. Denn der Begriff des Absoluten ist gleich entgegengesetzt dem Begriff der leeren Ewigkeit und der leeren Unendlichkeit. Leere Ewigkeit nenne ich, in dem nichts von einem Anfang und einem Ende ist: aber in jenen drei Bestimmungen sind vielmehr Anfang, Mittel und Ende gegeben, nur daß sie nicht außereinander, sondern ineinander sind. Von dem Begriff der leeren Unendlichkeit ist ebenso alte Endlichkeit ausgeschlossen; allein in jenen drei Bestimmungen ist das Absolute gegen sich selbst oder in sich selbst endlich, während es nach außen völlig frei oder unendlich ist; nirgends ein Unbegrenztes, sondern überall ein Begrenztes, ist es doch frei; denn es ist gefaßt und auch nicht gefaßt: gefaßt, inwiefern es ein durchgängig Bestimmtes, nicht gefaßt, inwiefern es keiner einzelnen Form oder Bestimmung so verpflichtet ist, daß es die anderen ausschlösse. Hier ist also auch der Begriff des einförmigen und leeren Seienden vollends gänzlich beseitigt, an die Stelle desselben ist das gegliederte, in sich selbst zugleich mehrfache und einfache Seiende getreten. Von dem Parmenideischen Einen wurde gleich anfangs abgelenkt, inwiefern das Subjekt des Seins gleich als das Seinkönnende bestimmt wurde, d.h. als Negation des Seins gesetzt, der dann eine gleiche Negation des Könnens notwendig entgegensteht. Das Eiste, das wir setzten, ist schon = Einem, nicht = Allem, was hier ebensoviel bedeuten würde als = 0. Das subjectum ultimum alles Seins ist freilich mehr als nur Eines (unum quid), aber nicht dadurch, daß es im gewöhnlichen Sinn unendliche oder allgemeine Substanz, sondern dadurch, daß es Allheit ist (denn jede geschlossene und in sich geendete Mehrheit ist = Totalität = Allheit). Das, was sein wird, das Subjekt alles Seins, ist notwendig Allheit, aber nicht in einem materiellen Außereinander, nicht als 1+1+1, so daß diese Elemente sich als Teile des Einen verhielten. Denn der Teil ist immer ein vom Ganzen Verschiedenes, inwiefern angenommen wird, daß das Ganze mehr ist als dieser Teil, daß es mehr enthält als dieser, nämlich auch die andern Teile, welche dieser von sich ausschließt. Teile sind nur, wo gegenseitige Ausschließung. Aber eine solche Ausschließung findet hier eben nicht statt, sondern jedes ist das Ganze. Das Seinkönnende ist nicht außer dem Seienden und nicht außer dem als solches gesetzten Seinkönnenden. Keines von diesen ist außer dem andern; was ich also betrachte, ist immer das Ganze. Der Teil, wenn man von einem Teil sprechen will, ist hier selbst das Ganze und nicht weniger als das Ganze, und umgekehrt ist das Ganze nicht mehr, als jeder Teil auch ist. Dies ist aber der Charakter der vollendeten Geistigkeit. Im Geistigen ist der Anfang nicht außer dem Ende, und das Ende nicht außer dem Anfang, der Anfang ist eben da, wo auch das Ende, und das Ende eben da, wo auch der Anfang, wie Christus den Geist beschreibt, indem er ihn mit dem Wellen des Windes vergleicht: Der Wind wehet, wo er will (d.h. jeder Punkt ist ihm gleichgültig), und du hörest sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, von wannen er kommt und wohin er fährt, d.h. du kannst in ihm den Anfang nicht von dem Ende trennen, er ist überall Anfang und überall Ende, jeder Punkt seiner Bahn kann als Anfang und kann als Ende betrachtet werden. Wenn demnach eine solche Einheit, als wir in »dem was sein wird« gesetzt haben, nur in einem Geist denkbar ist, so haben wir damit gewonnen, daß »das was sein wird« Geist ist, und zwar – als Allheit – der vollendete, in sich selbst beschlossene und in diesem Sinn absolute Geist.

Mit dem Begriff des Geistes tritt nun aber ein vollkommener Wendepunkt ein.


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