Autorenseite

 << zurück 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

§ 16.

Das Ich setzt sich selbst schlechthin und alle Realität in sich. Es setzt alles als reine Identität, d.h. alles gleich mit sich selbst. Die materiale Urform des Ichs ist demnach die Einheit seines Setzens, insofern es alles sich gleich setzt. Das absolute Ich geht niemals aus sich selbst heraus.

Durch diese materiale Urform aber ist notwendig zugleich eine formale Form des Setzens im Ich überhaupt bestimmt. Das Ich nämlich ist als Substrat der Setzbarkeit aller Realität überhaupt bestimmt. Denn, wenn das Ich materialer Inbegriff aller Realität ist (§ 8), so ist es zugleich auch formale Bedingung des Setzens überhaupt, und so erhalte ich eine bloße Form der Setzbarkeit im Ich überhaupt, die aber durch jene materiale Urform der Identität des Ichs (mittelst welcher es alle Realität sich selbst gleich, d.h. in sich selbst setzt) notwendig bestimmt ist. Setzte nämlich das Ich nicht ursprünglich alles seiner Realität gleich, d.h. identisch mit sich, sich selbst aber als die reinste Identität, so könnte im Ich schlechterdings nichts identisch gesetzt werden, und es wäre möglich, daß A = nicht A gesetzt würde. Das Ich sei was es wolle (es ist aber nichts, wenn es nicht sich selbst absolut gleich ist, weil es nur durch sich selbst gesetzt ist), so ist, wenn es nur überhaupt identisch mit sich selbst gesetzt ist, der allgemeine Ausdruck des Setzens in ihm: A = A. Ist das Ich als identisch mit sich selbst gesetzt, so ist, abgesehen von allem dem, was das Ich ist, alles, was im Ich gesetzt ist, nicht als verschieden von sich selbst, so wie es gesetzt ist, sondern als in demselben Ich gesetzt bestimmt. Durch die reine Identität des Ichs, oder, da das Ich nur durch seine Identität ist, durch das Sein des Ichs überhaupt, wird also ein Setzen im Ich überhaupt möglich. Wäre das Ich nicht mit sich selbst gleich, so wäre alles, was im Ich gesetzt ist, zugleich gesetzt und nicht gesetzt, d.h. es wäre gar nichts gesetzt, es gäbe keine Form des Setzens.

Allein, da das Ich alles, was es setzt, seiner Realität gleichsetzt, so wird, insofern die Form des Setzens im Ich bloß durch das Ich bestimmt ist, das Gesetzte nur in der Qualität seines Gesetztseins im Ich, d.h. nicht als etwas dem Ich Entgegengesetztes betrachtet; das Ich bestimmt durch seine Urform der Identität nichts als Realität überhaupt, und schlechterdings kein Objekt als solches, insofern es dem Ich entgegengesetzt ist. Der Satz Ich = Ich ist also die Grundlage alles Setzens. Denn das Ich selbst heißt nur insofern gesetzt, als es nur für sich selbst und durch sich selbst gesetzt ist; alles andere aber, was gesetzt ist, ist es nur insofern, als das Ich zuvor gesetzt ist; was aber gesetzt ist, ist schlechthin gesetzt, nur insofern es dein schlechthin-gesetzten Ich gleich gesetzt, und also, da das Ich nur sich selbst gleich gesetzt sein kann, mit sich selbst identisch ist. A = A ist insofern die allgemeine Formel des schlechthin-Setzens, weil dadurch nichts ausgesagt wird, als das, was gesetzt ist, gesetzt sei.

Nun kann ich ins Ich setzen nach freier Willkür, ich kann nur das nicht setzen, was ich nicht setze. Ich setze also A, und, da ich es ins Ich setze, gleich irgend einer Realität = B, aber notwendig als etwas sich selbst Gleiches, d.h. entweder als B oder als – B = C. Würde es als B und als – B = C gesetzt, so wäre das Ich selbst aufgehoben. Insofern geht der Satz A = A als allgemeine Formel (des sich selbst gleich-Setzens) allen ändern formalen Grundsätzen voraus; insofern er ein besonderer Satz – (von besonderem Inhalt) – ist, steht er unter der allgemeinen Gattung der schlechthin gesetzten, durch ihn, insofern er bloße Formel ist, bedingten Sätze.

Alle unbedingt-gesetze, alle, deren Setzen bloß durch die Identität des Ichs bedingt ist, können analytische heißen, weil ihr Gesetztsein aus ihnen selbst entwickelt werden kann, besser noch, thetische Sätze. Thetische Sätze sind alle, die bloß durch ihr Gesetztsein im Ich bedingt, d.h. da alles ins Ich gesetzt wird, die unbedingt gesetzt sind. (Ich sage, gesetzt sind. Denn nur das bloße Gesetztsein gehört zur formalen Form.)

Eine einzelne Art thetischer Sätze sind identische Sätze, dergleichen A = A als besonderer Satz betrachtet ist (d.h. solche, in denen Subjekt und Prädikat dasselbe sind, deren Subjekt nur sich selbst zum Prädikat hat. So ist das Ich nur Ich, Gott nur Gott, alles aber, was in der Sphäre der Existenz liegt, hat Prädikate, die außer seinem Wesen liegen). Daß sie thetische Sätze sind, gehört zur formalen Form, daß sie identische sind, zur materialen. Identische Sätze sind notwendig thetische, weil in ihnen A schlechthin als solches, und, weil es A ist, gesetzt wird. Aber thetische Sätze sind nicht notwendig identische, denn thetische Sätze sind alle, deren Gesetztsein nicht durch ein anderes Gesetztsein bedingt ist. So kann A = B ein thetischer, obwohl kein identischer Satz sein, wenn nämlich durch das bloße Setzen von A, B, aber nicht umgekehrt durch das bloße Setzen von B, A gesetzt ist.

Die Form der thetischen Sätze ist bloß bedingt durch die reine Identität des Ichs. Da sie also überall nur die materiale, durchs Ich bestimmte Form der Unbedingtheit formal ausdrücken, so muß auch die formale Form derselben durchaus parallel sein der materialen Form des Ichs.

Das Ich ist bloß dadurch, daß es ist, d.h. daß es sich selbst gleich ist, also durch die bloße Einheit seiner Anschauung. Nun sind die thetischen Sätze bloß bedingt durch ihr Gesetztsein im Ich. Das Ich aber ist bloß durch Einheit seiner Anschauung. Mithin muß das im thetischen Satze Gesetzte bloß bedingt sein durch die im Ich bestimmte Einheit seiner Anschauung. (Wenn ich urteile, A = B, so urteile ich nicht von A, insofern es durch irgend etwas außer sich, sondern insofern es bloß durch sich selbst, durch Einheit seines Gesetztseins im Ich, nicht als bestimmtes Objekt, sondern als Realität überhaupt, als im Ich überhaupt setzbar bestimmt ist. Ich urteile also nicht, dieses oder jenes A in diesem oder jenem bestimmten Punkt des Raums oder der Zeit, sondern A, als solches, ist, insofern es A ist, durch eben die Bestimmung, durch die es A, d.h. sich selbst gleich ist, = B. – Alle numerische Bestimmung von A ist also eben dadurch ausgeschlossen, sei es nun numerische Bestimmung der Einheit oder der Vielheit. Numerische Einheit kann zwar im thetischen Satze vorkommen, aber nicht als zur Form desselben gehörig. So kann man z.B. urteilen: der Körper A ist ausgedehnt. Soll dieser Satz ein thetischer sein, so muß der Körper A bloß in der Einheit seines Gesetztseins im Ich, nicht als bestimmtes Objekt, in bestimmtem Raum, gedacht werden; oder vielmehr, insofern der Satz thetisch ist, wird A wirklich bloß in der Einheit seines Gesetztseins gedacht. Das, was ihn zum thetischen Satz macht, ist nicht der bestimmte Körper A, sondern das Denken desselben in seiner Einheit. – Das A im thetischen Satze überhaupt ist seinem bloßen Gesetztsein nach, also weder als Gattung, noch als Art, noch als Individuum bestimmt. Vielheit ist gesetzt, weil eins mehrmals, also nicht weil es schlechthin gesetzt ist.[)] Der Satz also, der eine Vielheit aussagt, ist nicht nur seinem Inhalt, sondern auch der bloßen Form seines Gesetztseins nach ein antithetischer Satz. Nur dadurch, daß dem Ich ursprünglich etwas entgegengesetzt, daß das Ich selbst als Vielheit (in Zeit) gesetzt wird, ist es möglich, daß das Ich über die Einheit des bloßen Gesetztseins in ihm hinausgehe, und z.B. dasselbe Gesetzte mehrmals setze, oder zwei Begriffe, die nichts miteinander gemein haben, die unter keiner Einheit denkbar sind, z.B. Körper und Schwere zugleich setze.

Allgemeinheit ist empirische, d.h. durch Vielheit hervorgebrachte Einheit, also Form einer Synthesis. Allgemeine Sätze sind also weder thetische, noch antithetische, sondern synthetische Sätze.

Das Ich ist bloß dadurch, daß es alle Realität setzt. Sollen also thetische Sätze (d.h. solche, die durch ihr bloßes Setzen im Ich bestimmt sind) möglich sein, so müssen sie schlechthin etwas setzen (bejahen). Sowie sie verneinen, ist ihr Setzen nicht durchs bloße Ich, denn das enthält keine Verneinung, sondern durch etwas außer demselben (ihm Entgegengesetztes) bedingt. (Der bejahende Satz setzt überhaupt etwas in eine Sphäre der Realität – der thetisch-bejahende Satz nur in die Sphäre der Realität überhaupt. Der verneinende Satz setzt nur überhaupt nicht in eine bestimmte Sphäre; allein da er das, was er in der einen Sphäre wegnimmt, in keine andere setzt, so nimmt er es aus der Sphäre der Realität überhaupt weg. – Das thetisch-verneinende [sonst unendliche] Urteil nimmt A nicht mir aus einer bestimmten Sphäre weg, sondern setzt es zugleich in eine andere, jener entgegengesetzte. So z.B. der Satz: Gott ist nicht wirklich, nimmt Gott aus der Sphäre der Wirklichkeit, ohne ihn in eine andere zu setzen; der Satz aber: Gott ist nicht – wirklich, setzt ihn zugleich in eine andere, der Sphäre der Wirklichkeit widersprechende Sphäre. Es kommt aber, um ein thetisch-verneinendes Urteil hervorzubringen, nicht nur darauf an, daß man die Negation mit dem Prädikat willkürlich verbindet, sondern darauf, daß das Subjekt schon durch sein bloßes Setzen im Ich in eine dem Prädikat entgegengesetzte Sphäre gesetzt werde. So kann ich z.B. den verneinenden Satz: ein Zirkel ist nicht viereckig, in kein thetisch-verneinendes Urteil verwandeln; denn das Subjekt Zirkel ist nicht schon durch sein bloßes Gesetztsein in eine der Sphäre des Viereckigen schlechthin entgegengesetzte Sphäre gesetzt; der Zirkel könnte eben auch fünf- oder vieleckig sein. Dagegen ist der Satz: ein Zirkel ist nicht süß, notwendig ein unendliches Urteil; denn das Subjekt Zirkel ist schon durch sein bloßes Gesetztsein außer der Sphäre des Süßen, also in eine jener Sphäre geradezu entgegengesetzte Sphäre gesetzt. Deswegen auch im thetisch-verneinenden Urteil die Negation nicht bei der Kopula, sondern beim Prädikat steht, d.h. das Subjekt wird nicht nur aus der Sphäre des Prädikats hinweggenommen, sondern in eine ganz andere, jener entgegengesetzten Sphäre von Prädikat gesetzt. – Maimon war, soviel ich weiß, bis jetzt derjenige, der am bestimmtesten auf diese Unterscheidung des unendlichen Urteils vom bejahenden und verneinenden gedrungen hat.)

Das Ich ist bloß durch sich selbst. Seine Urform ist die des reinen Seins. Soll etwas im Ich gesetzt werden, bloß weil es gesetzt ist, so muß es durch nichts außer dem Ich bedingt sein; denn es ist bloß durch sein Gesetztsein im Ich bedingt, und das Ich enthält nichts außer der Sphäre seines Wesens Liegendes. Thetische Sätze setzen also ein Sein, das bloß durch sich selbst bedingt ist (keine Möglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit, sondern bloßes Sein).

Die Bestimmung der Formen der Modalität ist bisher noch nicht ganz ins Reine gebracht. Die Urformen des Seins und des Nicht-Seins liegen zwar allen ändern Formen zugrunde. Denn in ihnen ist Thesis und Antithesis (der Widerspruch zwischen Ich und Nicht-Ich) ganz allgemein und bloß formal enthalten: sie müssen also, wenn dieser Widerspruch durch Synthesis vermittelt wird, diese Synthesis ebenfalls ganz allgemein, und bloß formal, ausdrücken. Eben deswegen aber gehört materiale (objektive) Möglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit, gar nicht zu jenen ursprünglichen, aller Synthesis vorhergehenden Formen; denn sie drücken das, was jene bloß formal ausdrücken, material, d.i. in bezug auf schon vollbrachte Synthesis, aus. Also sind sie, da Kategorien eigentlich diejenigen Formen sind, durch welche die Synthesis des Ichs und Nicht-Ichs bestimmt wird, keine Kategorien, sondern sie enthalten alle zusammen die Syllepsis, aller Kategorien. Denn da sie selbst das bloße Setzen ausdrücken, durch die Kategorien aber (der Relation, der Quantität und der Qualität) die Setzbarkeit des Nicht-Ichs im Ich vermittelt ist, so können sie nicht mehr selbst Bedingungen dieser Setzbarkeit, sondern nur Resultat der Synthesis, oder sylleptische Begriffe aller Synthesis sein.

Reines Sein nämlich ist ursprünglich nur im Ich, und es kann nichts unter dieser Form gesetzt werden, als was dem Ich gleich gesetzt ist; weswegen auch einzig und allein in thetischen Sätzen reines Sein ausgedrückt wird, weil nämlich in diesen das Gesetzte gar nicht als etwas dem Ich Entgegengesetztes, als Objekt, sondern nur als Realität des Ichs überhaupt bestimmt ist.

Die eigentliche Formel für thetische Sätze ist diese: A ist – d.h. es hat eine eigne identische Sphäre des Seins, in die nun alles gesetzt werden kann, was bloß durch das Sein von A, durch sein Gesetztsein im Ich bedingt ist. Dagegen muß es ebenso eine allgemeine Formel für die Antithesis geben, die, weil A das Sein überhaupt ausdrückt, diese sein muß; A > – A. Dadurch nämlich wird, da A im Ich gesetzt ist, – A notwendig außer dem Ich, unabhängig vom Ich, unter der Form des Nichtseins gesetzt. Wie nun die erstere Formel eine ursprüngliche Thesis möglich macht, so macht diese eine ursprüngliche Antithesis möglich.

Nun ist aber eben diese ursprüngliche Thesis und Antithesis das Problem der gesamten Synthesis der Philosophie Unter den Kategorien jeder einzelnen Form ist jedesmal die erste Ausdruck der Urform des Ichs, die zweite Ausdruck der Urform des Nicht-Ichs, die dritte endlich die Synthesis, in welcher die beiden ersten vereinigt werden, und nun erst Sinn und Bedeutung in bezug aufs Objekt erhalten. Beiläufig zu sagen bezieht sich die Form der Qualität auf die der Modalität, die Form der Quantität auf die der Relation, also sind die mathematischen Kategorien durch die dynamischen, nicht umgekehrt, bestimmt und so, wie die reinen Formen der Modalität die Form der Thesis und Antithesis ursprünglich und allgemein ausdrücken, müssen sie auch die Form möglicher Synthesis ursprünglich und vor aller Synthesis enthalten. Diese Form ist Bestimmung des Nichtseins durch das Sein, und diese liegt als ursprüngliche Form der Bestimmung aller möglichen Synthesis zugrunde.

Reines Sein ist nämlich nur im Ich denkbar. Das Ich ist schlechthin gesetzt. Das Nicht-Ich aber ist entgegengesetzt dem Ich, mithin ist es seiner Urform nach reine Unmöglichkeit, d.h. schlechterdings nicht im Ich setzbar. Nun soll es aber doch im Ich gesetzt werden, und dieses Setzen des Nicht-Ichs im Ich vermittelt nun die Synthesis dadurch, daß sie die Form des Nicht-Ichs selbst mit der Form des Ichs zu identifizieren, d.h. das Nicht-Sein des Nicht-Ichs durch das Sein des Ichs zu bestimmen strebt.

Da nun reines Sein Urform aller Setzbarkeit im Ich ist, die Setzbarkeit des Nicht-Ichs im Ich aber nur durch Synthesis vermittelt wird, so ist die Form des reinen Seins, insofern sie dem Nicht-Ich zukommen soll, nur als Angemessenheit zur Synthesis überhaupt denkbar (nach kantischer Sprache: objektive Möglichkeit, d.i. Möglichkeit [Setzbarkeit im Ich], die einem Objekt, als solchem, zukommt, ist nur in der Angemessenheit zur Synthesis enthalten). Das Nicht-Ich nämlich ist ursprünglich für das Ich logisch unmöglich; denn für das Ich gibt es keine als thetische Sätze, das Nicht-Ich aber kann nie Inhalt eines thetischen Satzes werden, sondern widerspricht der Form des Ichs geradezu. Nur insofern das Nichtsein des Nicht-Ichs durch das Sein des Ichs bestimmt, d.h. insofern eine Synthesis des Seins und Nicht-Seins vorgenommen wird, wird das Nicht-Ich setzbar im Ich, also kann seine Möglichkeit nur als Angemessenheit zur Synthesis überhaupt vorgestellt werden: mithin wird die logische Möglichkeit des Nicht-Ichs durch die objektive, die formale durch die materiale bedingt.

Problematische Sätze sind daher solche, deren logische Möglichkeit durch die objektive bedingt ist, stehen aber in der Logik selbst nur unter der reinen, aller Synthesis vorangehenden Form des Seins, und können unmöglich selbst als besondere Gattung aufgestellt werden. Denn da sie bloß eine Aussage der durch objektive Möglichkeit vermittelten logischen Möglichkeit sind, logische Möglichkeit aber überall dieselbe ist, so gehören sie nur in Rücksicht auf das, wodurch sie problematische Sätze sind, zur Logik. – Ich will die objektive Möglichkeit, insofern sie die logische vermittelt (Schema der logischen ist), objektiv-logische Möglichkeit, Sätze, die bloß reines Sein, reine Möglichkeit Man sollte das Wort logische, reine Möglichkeit untergehen lassen: der Ausdruck veranlaßt notwendig Mißverständnis. Es gibt eigentlich nur reale, objektive Möglichkeit; die sogenannte logische Möglichkeit ist nichts als reines Sein, sowie es in der Form des thetischen Satzes ausgedrückt ist. Wenn man z.B. sagt, der Satz: Ich ist Ich, habe die Form reiner Möglichkeit, so ist dies leicht mißzuverstehen, nicht so, wenn man sagt: seine Form sei die des reinen Seins (im Gegensatz gegen Dasein, oder gegen logische Möglichkeit, die nur durch objektive Möglichkeit bedingt ist). ausdrücken, Essentialsätze, solche aber, die eine objektiv-logische Möglichkeit ausdrücken, problematische nennen. Die problematischen Sätze kommen also in der Logik nur insofern vor, als sie zugleich Essentialsätze sind.

Existentialsätze sind durch die ursprüngliche Entgegensetzung des Nicht-Ichs bestimmt, bekommen aber nur erst durch die Synthesis Möglichkeit. Sie sind also bedingt durch objektiv-logische Möglichkeit, obgleich sie nicht bloße Möglichkeit aussagen. Durch objektiv-logische Möglichkeit nämlich wird das Nicht-Ich nur in Synthesis überhaupt gesetzt, ein Existentialsatz aber setzt es in bestimmte Synthesis. Nun soll aber das Nichtich, als zur Form des Ichs erhoben, nur durch das Schema des reinen Seins, durch seine bloße Möglichkeit, d.h. durch Synthesis überhaupt, gesetzt sein, so wie das Ich durch Thesis überhaupt gesetzt ist (denn wo Thesis ist, da ist Ich, und wo Ich ist, da ist Thesis). Allein die Urform des Objekts ist Bedingtheit. Mittelst dieser, insofern sie durch das Schema der Zeit darstellbar ist, bekommen die Objekte nur dadurch Dasein, daß sie einander wechselseitig ihre Stelle in der Zeit bestimmen; ihr Dasein überhaupt ist nur bestimmt durch ihre Wirklichkeit, d.h. durch ihr Dasein in einer bestimmten Synthesis. Mithin muß hier eine neue Synthesis eintreten, die, so wie Sein und Nichtsein ursprünglich nur dadurch vermittelt werden konnten, daß das Nicht-Sein durch das Sein bestimmt wurde, nun hinwiederum objektive Möglichkeit (das Resultat jener Synthesis) mit Wirklichkeit nur dadurch vermittelt, daß sie diese durch jene bestimmt. Nun ist objektiv-logische Möglichkeit Gesetztsein in der Synthesis überhaupt, Wirklichkeit Gesetztsein in bestimmter Synthesis: also muß das Nicht-Ich nur insofern in bestimmter Synthesis gesetzt sein, als es zugleich in Synthesis überhaupt gesetzt ist, d.h. es muß in aller Synthesis gesetzt sein, denn alle Synthesis ist gleich der Synthesis überhaupt sowohl als der bestimmten Synthesis.

*

Ich glaube, daß der ganze Fortgang dieser Synthesis, in einer Tafel vorgestellt, dem Leser deutlicher wird.

Hier ist eine

Tafel aller Formen der Modalität

I.

1. Thesis.

Absolutes Sein, bloß in und durch das Ich ursprünglich bestimmte absolute Setzbarkeit.

2. Antithesis.

Absolutes Nicht-Sein, absolute Unabhängigkeit vom Ich, und nur im Gegensatz gegen dasselbe bestimmbare, absolute Nichtsetzbarkeit.

3. Synthesis.

Bedingte, durch Aufnahme ins Ich bestimmbare Setzbarkeit, d.h. Möglichkeit des Nicht-Ichs. Das Nicht-Ich ist in der ursprünglichen Entgegensetzung (Antithesis) absolute Unmöglichkeit, nun erhält es in der Synthesis zwar Möglichkeit, aber nur unbedingte, also tauscht es bedingte Möglichkeit gegen unbedingte Unmöglichkeit ein. »Entweder keine Möglichkeit, dafür aber Unbedingtheit, oder keine Unbedingtheit, dafür aber Möglichkeit! – Sollte das Nicht-Ich das Unbedingte im menschlichen Wissen sein, so könnte es dieses nur in der ursprünglichen Entgegensetzung, d.h. insofern es schlechthin Nichts ist, sein.« (Zusatz in der ersten Aufl.) (Diese Möglichkeit heißt, weil das Nicht-Ich nur durch Aufnahme ins Ich Objekt wird, objektiv-logische Möglichkeit, und weil jene Aufnahme ins Ich nur durch vorangegangene Synthesis [mittelst der Kategorien] möglich wird, Angemessenheit zur Synthesis [den Kategorien] überhaupt, Dasein in der Zeit überhaupt.)

II.

1. Thesis.

Bedingtsein durch die Synthesis überhaupt, d.h. durch die objektive Aufnahme ins Ich. Objektiv-logische Möglichkeit, Dasein in der Zeit überhaupt.

2. Antithesis.

Objektives, nicht bloß durchs Ich bestimmtes Bedingtsein, Dasein in bestimmter Synthesis (Zeit), d.h. Wirklichkeit.

3. Synthesis.

Bedingtsein des (durchs Objekt bestimmten) Gesetztseins in bestimmter Synthesis durch das (durchs Ich bestimmte) Gesetztsein in der Synthesis überhaupt, Dasein Dasein ist die gemeinschaftliche Form, unter welcher Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit stehen. Der Unterschied bei diesen ist nur die Zeitbestimmung selbst, nicht das Setzen oder Nichtsetzen in Zeit überhaupt. Dasein überhaupt ist also Resultat der ersten Synthesis. In der zweiten wird es in der Thesis als Möglichkeit, in der Antithesis als Wirklichkeit, in der Synthesis als Notwendigkeit bestimmt. in aller Synthesis. Bestimmung der Wirklichkeit durch die objektiv-logische Möglichkeit – Notwendigkeit. (Mithin geht der ganze Progressus der Synthesis 1. von Sein und Nicht-Sein zu Möglichkeit, 2. von Möglichkeit und Wirklichkeit zu Notwendigkeit.)

[Da Zeit Bedingung aller Synthesis ist, und eben deswegen von der transzendentalen Einbildungskraft durch und in der Synthesis hervorgebracht wird, so kann man das Ganze auch so darstellen. Das Schema des reinen (außerhalb aller Zeit gesetzten) Seins ist Dasein in Zeit überhaupt (d.i. in der Handlung der Synthesis überhaupt). Objektive Möglichkeit ist also Gesetztsein in der Zeit überhaupt. Da das Dasein in der Zeit wechselt, so ist das Objekt, obgleich in der Zeit überhaupt gesetzt, doch zugleich setzbar und nicht setzbar. Um ein Objekt zu setzen, muß ich es in bestimmte Zeit setzen, was nur dadurch möglich wird, daß ein andres ihm seine Stelle in der Zeit bestimmt, und sich die seine wieder von ihm bestimmen läßt. Nun soll aber das Nicht-Ich bloß durch seine Möglichkeit, bloß durch das Schema des reinen Seins, gesetzt werden.

Diesem Setzen durch bloße Möglichkeit aber widerstrebt das Schema seiner eigenen Form, mittelst dessen es nur als in bestimmter Zeit gesetzt gedacht werden kann. Nun ist, so wie Zeit überhaupt Schema der gänzlichen Zeitlosigkeit ist, alle Zeit (d.h. die wirkliche ins unendliche fortgehende Synthesis) hinwiederum Darstellung (Bild) Das, was ein Schema mit seinem Gegenstand vermittelt, ist immer ein Bild. Schema ist das in der Zeit überhaupt Schwebende, Bild das in bestimmter Zeit Gesetzte, und doch für alle Zeit Setzbare, da hingegen der Gegenstand selbst für mich nur in bestimmte Zeit gesetzt ist. der Zeit überhaupt (d.i. der Handlung der Synthesis überhaupt), wodurch Dasein in der Zeit überhaupt mit Dasein in bestimmter Zeit vermittelt wird. Alle Zeit also ist nichts als Bild der Zeit überhaupt, und zugleich bestimmte Zeit, weil alle Zeit so gut bestimmt ist, als ein einzelner Zeitteil. Insofern nun das Nicht-Ich in bestimmte Zeit gesetzt ist, erhält es seine ursprüngliche Form (des Wechsels, der Vielheit, der Negabilität), insofern es in Zeit überhaupt gesetzt ist, drückt es die schematische Urform des Ichs aus, Substantialität, Einheit, Realität. Aber es ist in bestimmte Zeit nur insofern gesetzt, als es zugleich in Zeit überhaupt gesetzt ist) und umgekehrt. Seine Substantialität ist nur in bezug auf Wechsel, seine Einheit nur in bezug auf Vielheit, seine Realität nur in bezug auf Negation (d.h. mit Negation – aber ins Unendliche) denkbare.] Das Resultat dieser Deduktionen ist, daß nur die Formen des Seins, des Nichtseins und des durch Sein bestimmten Nicht-Seins, insofern sie vor aller Synthesis vorhergehen, aller Synthesis zugrunde liegen und die Urform enthalten, nach der sie allein entworfen werden kann, in die Logik gehören können, daß aber die erst durch schon geschehene Synthesis möglich gewordenen schematisierten Formen der Möglichkeit, der Wirklichkeit und der Notwendigkeit nur insofern in die Logik gehören, als sie selbst durch jene ursprünglichen Formen bestimmt sind. So gehören z.B. problematische Sätze nicht insofern in die Logik, als sie objektive Möglichkeit, sondern nur insofern als sie objektiv- logische Möglichkeit ausdrücken, nicht insofern als sie ein Gesetztsein in der Synthesis überhaupt ausdrücken, sondern nur insofern, als durch diese Synthesis ihre logische Denkbarkeit überhaupt vermittelt worden ist. Kurz, die drei Formen der problematischen, assertorischen und apodiktischen Sätze gehören nur insofern in die Logik, als sie zugleich die bloße formale Form der ursprünglichen Synthesis (die Bestimmung des Nicht-Seins durch das Sein, Dasein überhaupt), nicht insofern sie die materiale Form – das Dasein in der Synthesis überhaupt, in der bestimmten Synthesis und in aller Synthesis ausdrücken.

(Zusatz der ersten Aufl.:) Deswegen ist auch oben erinnert worden, daß Dasein Resultat der ersten Synthesis überhaupt sei, und der zweiten nur formal zu Grunde liege. In dieser nämlich wird es erst material bestimmt nach seinem Verhältnis zu der durch die Kategorien vermittelten Synthesis. Mithin können die Formen der zweiten Synthesis nicht, insofern sie material, sondern nur insofern sie formal bestimmt sind, d.h. die ursprüngliche Form der ersten Synthesis, Dasein überhaupt – gleichviel ob in Zeit überhaupt, in bestimmter Zeit, oder in aller Zeit – ausdrücken, in der Logik vorkommen.

Anmerkungen. 1. Das Ich setzt ursprünglich, und, da es die reinste Einheit ist, alles sich gleich, nichts sich entgegen. Der thetische Satz hat also eigentlich gar keinen ändern Inhalt als das Ich, denn was in ihm gesetzt ist, ist nur als Realität überhaupt als = dem Ich, in der Form seiner Identität mit dem Ich gesetzt, i – Die Vernunft geht im theoretischen sowohl als praktischen Gebrauche auf nichts als absolut-thetische Sätze, = dem Satz: Ich = Ich. Im theoretischen Gebrauche strebt sie, das Nicht-Ich zur höchsten Einheit zu erheben, also seine Existenz in einem thetischen Satze zu bestimmen, = dem Satze: Ich = Ich. Bei diesem nämlich fragt es sich nicht: Ist das Ich gesetzt? sondern es ist gesetzt, weil es gesetzt ist. Also strebt das Ich, das Nicht-Ich zu setzen, weil es gesetzt ist, d.h. es zur Unbedingtheit zu erheben. Diese materiale Form des Strebens der Vernunft bestimmt die formale im syllogistischen Regressus; beide gehen auf ein Streben nach thetischen Sätzen. Die theoretische Vernunft nämlich strebt in ihrem materialen Gebrauche notwendig nach einem material-thetischen Satz, dergleichen bloß der Satz Ich = Ich ist, und niemals ein andrer, der vom Nicht-Ich etwas aussagt, sein kann, weswegen auch jenes Streben auf Widersprüche führen muß; in ihrem formalen Gebrauche aber strebt sie nach formal-thetischen Sätzen, die eine ganze Reihe von Episyllogismen begründen. – Was der theoretischen Vernunft unmöglich war, indem sie durch ein Nicht-Ich beschränkt war, das tut nun die praktische, sie erreicht den einzigen absolut- (d.h. formal- und material-) thetischen Satz: Ich = Ich.

2. Die Form der Identität bestimmt schlechterdings kein Objekt als solches. Der Grundsatz der Identität ist A = A. Nun könnte ja aber A auch gar nicht wirklich sein, also erhellt, daß A durch die Form der Identität gar nicht seinem Gesetztsein außer dem Ich zufolge bestimmt, sondern nur insofern es durch das Ich, d.h. gar nicht als Objekt gesetzt ist, betrachtet wird. Daß aber Leibniz, und alle die Männer, die in seinem Geiste dachten, das Prinzip der Identität als Prinzip der objektiven Realität ansahen, ist bei weitem so unbegreiflich nicht, als es viele seinwollende Kenner der Philosophie zu finden schienen, von denen man es schon gewohnt ist, daß sie nichts begreiflicher finden, als was ihr Meister sagt, und nichts unbegreiflicher, als was diejenigen sagen, auf deren Wort sie nicht geschworen haben. Die Form der Identität ist für die kritische, d.h. diejenige Philosophie, die alle Realität ins Ich setzt, Prinzip aller Realität des Ichs, eben deswegen aber kein Prinzip objektiver, d.h. nicht im Ich enthaltener Realität; Sie kann Prinzip auch der objektiven Realität werden, aber nur, insofern das Setzen derselben im Ich schon vermittelt ist, bestimmt aber alsdann diese doch nicht als objektive Realität, sondern nur in der Qualität ihres Gesetztseins im Ich. – Der Satz des zureichenden Grundes, sagt Kant, kann gar nicht in der übersinnlichen Welt gebraucht werden, um irgend ein Objekt derselben zu bestimmen – deswegen, weil in dieser alles absolut ist, und jener Satz nur die Form der Bedingtheit ausdrückt. Enthielte die übersinnliche Welt wirklich Objekte, und mehr als nur absolutes Ich, so würde dieser Grundsatz in ihr so gut als in der Welt der Erscheinungen anwendbar sein. Kant braucht also auch diesen Grundsatz im übersinnlichen Gebiet nur polemisch, oder dann, wann er seinem Akkommodationssystem zufolge von Objekten der übersinnlichen Welt spricht. dagegen dem Dogmatismus eben dieselbe Form gerade umgekehrt – Prinzip der objektiven, aber nicht der subjektiven Realität sein muß. Durch die Form der Identität bestimmt Leibniz das Ding an sich überhaupt) ohne Bezug auf ein Entgegengesetztes (das Ich), Kant hingegen die Realität des Ichs, ohne Bezug auf ein Entgegengesetztes, d.h. ein Nicht-Ich. Daß aber durch die Form der Identität zwar das Ding an sich überhaupt, die objektive Realität desselben, nicht aber die subjektive, d.h. die Erkenntnis des Dings an sich (das Herausgehen aus der bloßen Sphäre des Dings an sich überhaupt), bestimmt sei, erklärte Leibniz so stark und so auffallend) als Kant umgekehrt erklärte, daß durch die Form der Identität zwar die subjektive, d.h. die bloß im Ich gesetzte Realität, nicht aber die objektive, nur durch ein Herausgehen aus der Sphäre des Ichs bestimmbare Realität, bestimmt sei. Für den Dogmatismus müssen thetische Sätze nur durchs Nicht-Ich, antithetische aber und synthetische nur durchs Ich, für den Kritizismus umgekehrt thetische nur durchs Ich, antithetische und synthetische nur durchs Nicht-Ich möglich werden. Leibniz bestimmt die absolute Sphäre durchs absolute Nicht-Ich, hebt aber dadurch nicht alle Form synthetischer Sätze auf, sondern braucht sie, um aus seiner absoluten Sphäre herauszukommen, so gut als sie Kant braucht. Beide haben, um aus dem Gebiet des Unbedingten in das des Bedingten zu kommen, dieselbe Brücke nötig. Um aus der Sphäre des Dings an sich, des schlechthin Gesetzten, in die Sphäre des bestimmten (vorstellbaren) Dings zu kommen, brauchte Leibniz den Satz des zureichenden Grundes; eben diesen – (d.h. eine Urform der Bedingtheit überhaupt) – braucht Kant, um aus der Sphäre des Ichs heraus in die Sphäre des Nicht-Ichs zu treten. Leibniz hat also den Satz der Identität so gut verstanden als Kant, und ihn für sein System so gut als dieser für das seinige zu brauchen gewußt: das, worin beide uneinig sind, ist nicht der Gebrauch desselben, sondern seine höhere Bestimmung durchs Absolute im System unsers Wissens. Kant war der Erste, der nirgends unmittelbar, aber überall wenigstens mittelbar das absolute Ich als das letzte Substrat alles Seins und aller Identität aufstellte und zuerst das eigentliche Problem der Möglichkeit eines noch über die bloße Identität hinaus bestimmten Etwas fixierte – auf eine Art, die – (wie soll man sie beschreiben? – wer seine Deduktion der Kategorien und die Kritik der teleologischen Urteilskraft mit dem Geiste gelesen hat, mit dem alles von ihm gelesen werden muß, sieht eine Tiefe des Sinns und der Erkenntnis vor sich, die ihm beinahe unergründlich scheint) – auf eine Art, die nur einem Genius möglich scheint) – beinahe unergründlich scheint) – auf eine Art, die nur einem Genius möglich scheint, der, gleichsam sich selbst voraneilend, von dem höchsten Punkt aus nun über eben die Stufen herabsteigt, über welche andere allmählich emporsteigen müssen. (Zusatz der ersten Aufl.)

3. Für das absolute Ich gibt es keine Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit; denn alles, was das absolute Ich setzt, ist durch die bloße Form des reinen Seins bestimmt. Für das endliche Ich aber gibt es im theoretischen und praktischen Gebrauche Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit. Und da die höchste Synthesis der theoretischen und praktischen Philosophie Vereinigung der Möglichkeit mit der Wirklichkeit – Notwendigkeit ist, so kann auch diese Vereinigung als eigentlicher Gegenstand (wenngleich nicht als letztes Ziel) alles Strebens aufgestellt werden. Für das unendliche Ich nämlich würde, wenn es überhaupt Möglichkeit und Wirklichkeit für dasselbe gäbe, alle Möglichkeit Wirklichkeit, und alle Wirklichkeit Möglichkeit sein. Für das endliche Ich aber gibt es Möglichkeit und Wirklichkeit, mithin muß sein Streben in bezug auf dieselbe so bestimmt werden, wie das Sein des unendlichen Ichs bestimmt wäre, wenn es mit Möglichkeit und Wirklichkeit zu tun hätte. Also soll das endliche Ich streben, alles, was in ihm möglich ist, wirklich, und was wirklich ist, möglich zu machen. Nur für das endliche Ich gibt es ein Sollen, d.h. praktische Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit, weil nämlich das Handeln des endlichen Ichs nicht durch bloße Thesis (Gesetz des absoluten Seins), sondern durch Antithesis (Naturgesetz der Endlichkeit) und Synthesis (moralisches Gebot) bedingt ist. Also ist praktische Möglichkeit Angemessenheit der Handlung zur praktischen Synthesis überhaupt, praktische Wirklichkeit Angemessenheit der Handlung zur bestimmten moralischen Synthesis, praktische Notwendigkeit endlich – (die höchste Stufe, die ein endliches Wesen erreichen kann) – Angemessenheit zu aller Synthesis (in einem System des Handelns, in welchem alles, was praktisch-möglich ist, wirklich, alles, was wirklich ist, zugleich auch möglich sein muß Auf dem Begriff der praktischen Möglichkeit (Angemessenheit zur Synthesis überhaupt) beruht der Begriff des Rechts überhaupt und das ganze System des Naturrechts, auf dem Begriff praktischer Wirklichkeit aber der Begriff von Pflicht und das ganze System der Ethik. Nun ist für das endliche Wesen alles, was wirklich ist, auch möglich, mithin muß, wo Pflicht: eintritt, auch ein Recht zu handeln eintreten, d.h. was der bestimmten (moralischen) Synthesis angemessen ist, muß auch der Synthesis überhaupt angemessen sein, aber nicht umgekehrt. Hingegen ist im absoluten Ich gar keine Synthesis, also auch der Begriff von Pflicht und Recht nicht denkbar; allein das endliche muß denn doch so handeln, als ob es für das absolute Ich Recht und Pflicht gäbe, also seine Handlungsweise gerade so bestimmen, wie das Sein des Unendlichen bestimmt wäre, wenn es für dasselbe Pflicht und Recht gäbe. Nun würde im absoluten Ich Pflicht und Recht identisch sein, weil in ihm alles Mögliche wirklich, und alles Wirkliche möglich wäre. Also kann der eigentliche Gegenstand alles moralischen Strebens auch als Identifizierung von Pflicht und Recht vorgestellt werden. Denn, wenn jede Handlung, wozu das freie Wesen als solches ein Recht hätte, zugleich auch Pflicht wäre, so würden seine freien Handlungen keine andre Norm mehr voraussetzen als die des moralischen Gesetzes. Deswegen auch insbesondere das höchste Ziel, worauf alle Staatsverfassungen (die auf den Begriff von Pflicht und Recht gegründet sind) hinwirken müssen, nur jene Identifizierung der Rechte und Pflichten jedes einzelnen Individuums sein kann; denn woferne jedes einzelne Individuum nur durch Vernunftgesetze regiert würde, gäbe es im Staate schlechterdings keine Rechte, die nicht zugleich Pflichten wären, weil keiner auf irgend eine Handlung Anspruch machen würde, die nicht durch eine allgemeingültige Maxime möglich wäre, und das Individuum, wenn alle Individuen nur allgemeingültige Maximen befolgten, selbst nichts als seine Pflicht vor Augen hätte. Denn, wenn alle Individuen ihre Pflicht erfüllten, so würde kein einzelnes Individuum mehr fordern können, noch ein Recht haben, das durch die allgemeine Erfüllung der Pflicht nicht schon realisiert wäre. Recht aber hört sobald auf, als die Pflicht, die ihm entspricht, erfüllt ist; denn Möglichkeit überhaupt gilt nur so lange, als sie nicht von Wirklichkeit verdrungen ist, und, wer im Besitz der Wirklichkeit (der erfüllten Pflicht) ist, bekümmert sich nicht mehr um Möglichkeit (sein Recht). – Diese Idee lag auch der platonischen Republik zugrunde; denn auch in dieser sollte alles Praktisch-Mögliche wirklich, alles praktisch-wirkliche möglich sein; eben deswegen sollte in ihr aller Zwang aufhören, weil Zwang nur gegen ein Wesen eintritt, das sich der praktischen Möglichkeit verlustig macht. Aufhebung der praktischen Möglichkeit aber in einem Subjekt ist Zwang, denn praktische Möglichkeit ist nur durch Freiheit denkbar.). Dagegen beim absoluten Ich gar kein Sollen stattfindet, weil, was dem endlichen Ich praktisches Gebot ist, jenem konstitutives Gesetz sein muß, durch welches weder Möglichkeit, noch Wirklichkeit, noch Notwendigkeit, sondern absolutes Sein, nicht imperativ, sondern kategorisch, ausgesagt wird.

Jener Begriff des Sollens aber und der praktischen Möglichkeit setzt einen ändern Begriff voraus, der zu den schwersten Problemen der ganzen Philosophie den Stoff hergegeben hat. Diese müssen hier wenigstens noch kurz berührt werden.

Gibt es nämlich für das endliche Ich eine praktische Möglichkeit, d.h. ein Sollen, so ist dies schlechterdings nicht ohne den Begriff der Freiheit des empirischen Ichs denkbar. Schon oben (§ 8) wurde dem absoluten Ich absolute Freiheit beigelegt, d.h. Freiheit, die bloß auf sein Sein selbst gegründet ist, die ihm nur insofern zukommt, als es Ich schlechthin ist, das alles Nicht-Ich ursprünglich ausschließt. Diese absolute Freiheit des Ichs ist nur durch sich selbst begreiflich. Denn ein absolutes Ich, das alles Nicht-Ich ausschließt, hat insofern absolute Freiheit, die so bald aufhört unbegreiflich zu sein, als das Ich aus der Sphäre aller Objekte, also auch aus der Sphäre aller objektiven Kausalität hinweggenommen ist. Aber das Ich in die Sphäre der Objektivität versetzen, und ihm doch noch Kausalität durch Freiheit zuschreiben wollen – dies scheint ein gewagtes Unternehmen zu sein.

Die Rede ist also hier nicht von der absoluten Freiheit des absoluten Ichs (§ 8), denn diese realisiert sich schlechthin selbst, weil sie dieselbe Kausalität des Ichs ist, mittelst welcher es sich schlechthin als Ich setzt. Das Ich ist aber nur insofern Ich, als es durch sich selbst, d.h. durch absolute Kausalität gesetzt ist. Also setzt das Ich, indem es sich selbst setzt, zugleich seine absolute, unbedingte Kausalität. Hingegen kann sich Freiheit des empirischen Ichs unmöglich selbst realisieren, denn das empirische Ich, als solches, existiert nicht durch sich selbst, durch eigne freie Kausalität. Auch könnte diese Freiheit des empirischen Ichs nicht, wie die des absoluten Ichs, absolut sein, denn durch diese wird schlechthin und zwar bloße Realität des Ichs gesetzt, durch die Kausalität jener aber soll erst die absolute Realität des Ichs hervorgebracht werden. Jene ist durch sich selbst, und absolut-unendlich, diese empirisch-unendlich, weil, eine absolute Realität hervorzubringen, eine empirisch-unendliche Aufgabe ist. Jene ist schlechthin immanent, denn sie ist nur insofern, als das Ich reines Ich, und nicht genötigt ist aus sich selbst herauszugehen, diese ist nur als transzendentale Freiheit bestimmbar, d.h. als Freiheit, die nur in bezug auf Objekte, obgleich nicht durch sie, wirklich ist.

Das Problem der transzendentalen Freiheit hat von jeher das traurige Los gehabt, immer mißverstanden und immer wieder aufgeworfen zu werden. Ja, selbst nachdem die Kritik der reinen Vernunft so großes Licht darüber verbreitet hat, scheint doch bis jetzt noch der eigentliche Streitpunkt nicht scharf genug bestimmt zu sein. Der eigentliche Streit betraf niemals die Möglichkeit absoluter Freiheit; denn ein Absolutes schließt schon durch seinen Begriff jede Bestimmung durch fremde Kausalität aus; die absolute Freiheit ist nichts anders, als die absolute Bestimmung des Unbedingten durch die bloßen (Natur-) Gesetze seines Seins, Unabhängigkeit desselben von allen nicht durch sein Wesen selbst bestimmbaren Gesetzen, von allen Gesetzen, die etwas in ihm setzen würden, was nicht schon durch sein bloßes Sein, durch sein Gesetztsein überhaupt, gesetzt wäre (Moralgesetzen). Die Philosophie mußte also entweder das Absolute überhaupt leugnen, oder, wenn sie dieses eingeräumt hatte, ihm auch absolute Freiheit beilegen. Der eigentliche Streit konnte also nie absolute, sondern nur transzendentale Freiheit, d.h. die Freiheit eines durch Objekte bedingten empirischen Ichs betreffen. Das Unbegreifliche ist nicht, wie ein absolutes, sondern wie ein empirisches Ich Freiheit haben, solle, nicht wie ein intellektuales Ich Kant bemerkt sehr richtig, daß sich der Ausdruck intellektual nur auf Erkenntnisse beziehe, was aber nur Gegenstand dieser Erkenntnisse sei, intelligibel genannt werden müsse. Diese Bemerkung gilt dem Dogmatismus, der, da er intelligible Objekte zu erkennen vermeint, allerdings von diesen Objekten den Ausdruck intellektual nicht gebrauchen sollte; für den Kritizismus aber (wenigstens den vollendeten) bedarf es dieser Unterscheidung nicht, da er gar keine intelligiblen Objekte zuläßt, und nur dem, was gar nicht Objekt werden kann, dem absoluten Ich, Intellektualität beilegt. Beim absoluten Ich nämlich, das nie zum Objekt werden kann, fällt das Principium essendi und cognoscendi zusammen; mithin muß man ebensowohl vom Ich als z.B. von seiner Anschauung den Ausdruck intellektual gebrauchen. Hingegen kann das empirische Ich, insofern seine Kausalität in der Kausalität des Absoluten befaßt ist, intelligibel heißen, weil es einerseits als Objekt, andererseits als durch absolute Kausalität bestimmbar betrachtet werden muß. intellektual, d.h. absolut-frei sein könne, sondern wie es möglich sei, daß ein empirisches Ich zugleich intellektual sei, d.h. Kausalität durch Freiheit habe.

Das empirische Ich existiert nur mit und durch Objekte. Aber Objekte allein würden niemals ein Ich hervorbringen. Daß das empirische Ich empirisch ist, muß es den Objekten, daß es überhaupt Ich ist, nur einer hohem Kausalität verdanken. In einem System, das die Realität der Dinge an sich behauptet, ist selbst das empirische Ich unbegreiflich; denn da durch das Setzen eines absoluten, allem Ich vorhergehenden Nicht-Ichs alles absolute Ich aufgehoben ist, so begreift man nicht, wie durch dieselben Objekte nun ein empirisches Ich hervorgebracht werden soll. Noch viel weniger aber kann von transzendentaler Freiheit eines empirischen Ichs in einem solchen Systeme die Rede sein. Wenn aber Ich als das Absolute, alles Nicht-Ich schlechthin ausschließende, gesetzt ist, so kommt ihm nicht nur ursprünglich eine absolute Kausalität zu, sondern es wird auch begreiflich, wie ein empirisches Ich, und in diesem transzendentale Freiheit wirklich sei.

Daß nämlich das empirische Ich Ich ist, verdankt es derselben absoluten Kausalität, durch welche das absolute Ich Ich ist; den Objekten aber verdankt es nichts als seine Schranken und die Endlichkeit seiner Kausalität. Also ist die Kausalität des empirischen Ichs von der des absoluten schlechterdings nicht dem Prinzip (der Qualität), sondern nur der Quantität nach verschieden. Daß sie Kausalität durch Freiheit ist, verdankt sie ihrer Identität mit der absoluten, daß sie transzendentale (empirische Es ist schon oben § 6, Anm. bemerkt worden, daß das Wort empirisch gewöhnlich in einem viel eingeschränktem Sinne genommen wird.) Freiheit ist, nur ihrer Endlichkeit; sie ist also im Prinzip, von dem sie ausgeht, absolute Freiheit, und wird nur erst, wenn sie auf ihre Schranken stößt, transzendental, d.h. Freiheit eines empirischen Ichs.

Die Freiheit des empirischen Ichs ist also nur durch ihre Identität mit der absoluten begreiflich, und kann demnach durch keine objektiven Beweise erreicht werden, denn sie kommt dem Ich zwar in bezug auf Objekte, aber doch nur insofern es in der absoluten Kausalität des absoluten Ichs befaßt ist, zu. Aber ebensowenig realisiert sie sich selbst, denn als transzendentale Freiheit ist sie nur im empirischen Ich wirklich, nichts Empirisches aber realisiert sich selbst. Da sie aber nur durch die absolute Kausalität möglich ist, so ist sie im empirischen Ich nur durch irgend ein Faktum realisierbar, durch welches sie als identisch mit der absoluten gesetzt wird. Allein das empirische Ich ist gerade nur durch Einschränkung des Absoluten, d.h. durch Aufhebung desselben als eines Absoluten wirklich. Insofern also das empirische Ich bloß in bezug auf Objekte als Schranken des absoluten betrachtet wird (theoretische Philosophie), kann seine Kausalität schlechterdings nicht als identisch mit der absoluten gedacht werden; soll dies geschehen, so muß die Kausalität des empirischen Ichs in bezug (nicht auf Objekte, sondern) auf Negation aller Objekte gedacht werden. Denn Negation der Objekte ist gerade dasjenige, worin beide, absolute und transzendentale Freiheit, zusammenstimmen können. Denn empirische Freiheit kann zwar nur auf empirische (empirisch-hervorzubringende), nicht auf absolute Negation der Objekte gehen, wie die Kausalität des absoluten Ichs, aber doch treffen beide in der Negation zusammen, und wenn sich eine solche Kausalität des empirischen Ichs aufzeigen läßt, so ist auch erwiesen, daß sie von der absoluten Kausalität nicht der Art, nicht dem Prinzip, sondern nur der Quantität nach (durch ihre Schranken) verschieden ist. Absolute Kausalität kann im empirischen Ich nicht kategorisch gesetzt werden, denn sonst hörte es auf empirisch zu sein, also kann sie nur imperativ in ihm gesetzt sein durch ein Gesetz, das Negation aller Objekte, d.h. absolute Freiheit fordert; denn absolute Kausalität kann nur von einer solchen Kausalität gefordert werden, die nicht selbst absolute Freiheit ist, aber doch von der absoluten nicht der Qualität, sondern nur der Quantität nach verschieden ist.

Transzendentale Freiheit ist also nicht bloß durch die Form des moralischen Gesetzes, sondern auch durch die Materie desselben realisiert. Denn das moralische Gesetz, das nur im endlichen Ich möglich ist, weil nur von diesem Identität mit dem Unendlichen gefordert werden kann, geht zwar nicht auf absolute Negation aller Objekte (konstitutiv), aber doch imperativ auf bedingte, d.h. empirisch- (progressiv-) hervorzubringende Negation derselben, also auf absolute Kausalität des Ichs, zwar nicht als auf etwas kategorisch Gesetztes, aber doch als auf etwas Hervorzubringendes. Solche Forderungen aber können nur an eine Kausalität gemacht werden, die von der absoluten bloß durch Schranken verschieden ist, weil sie das, was diese schlechthin setzt, in sich selbst hervorbringen, d.h. durch Aufhebung ihrer Schranken setzen, soll. Den Unterschied der obigen Darstellung von der Reinholdischen Theorie der Freiheit wird jeder von selbst einsehen, der dem Faden unserer Untersuchung bis hierher gefolgt ist. Reinholds Theorie hat sehr große Verdienste, aber in seinem System (das nur vom empirischen Ich ausgeht) ist sie unbegreiflich, und es würde ihrem scharfsinnigen Urheber selbst schwer fallen, seinem Systeme Einheit und seiner Theorie der Freiheit einen durch das oberste Prinzip (das nicht nur dem Ganzen zugrunde liegen, sondern durch alle einzelnen Teile des Systems hin durch herrschen soll) begründeten Zusammenhang mit seinem übrigen Systeme zu geben. – Die vollendete Wissenschaft scheut alle philosophischen Kunststücke durch die das Ich selbst gleichsam zerlegt und in Vermögen, die unter keinem gemeinschaftlichen Prinzip der Einheit denkbar sind, zerspaltet wird. Die vollendete Wissenschaft geht nicht auf tote Vermögen, die keine Realität haben und nur in der künstlichen Abstraktion wirklich sind; vielmehr geht sie auf lebendige Einheit des Ichs, das in allen Äußerungen seiner Tätigkeit dasselbe ist; in ihr werden alle die verschiedenen Vermögen und Handlungen, die die Philosophie von jeher aufgestellt hat, nur Ein Vermögen, nur Eine Handlung desselben identischen Ichs. – Selbst die theoretische Philosophie ist nur in bezug auf dieselbe Kausalität des Ichs möglich, die in der praktischen realisiert wird; denn sie dient nur dazu, die praktische Philosophie vorzubereiten und der durch diese bestimmten Kausalität des Ichs ihre Objekte zu sichern. Endliche Wesen müssen existieren, damit das Unendliche seine Realität in der Wirklichkeit darstelle. Denn auf diese Darstellung der unendlichen Realität in der Wirklichkeit geht alle endliche Tätigkeit; und die theoretische Philosophie ist nur dazu bestimmt, dieses Gebiet der Wirklichkeit für die praktische Kausalität zu bezeichnen und gleichsam abzustecken. Die theoretische Philosophie geht nur darum auf Wirklichkeit, damit die praktische Kausalität ein Gebiet finde, worin jene Darstellung der unendlichen Realität – die Lösung ihrer unendlichen Aufgabe – möglich ist.

Nun ist zwar eine transzendentale Kausalität des empirischen Ichs wohl begreiflich, wenn sie die unendliche selbst, nur unter den Bedingungen der Endlichkeit gedacht, ist; allein, da das empirische Ich selbst nur erscheinende Realität hat, und unter demselben Gesetze der Bedingtheit steht, unter welchem alle Erscheinungen stehen, so tritt die neue Frage ein: wie die transzendentale (durch absolute Kausalität bestimmte) Kausalität des empirischen Ichs mit der Naturkausalität desselben Ichs übereinstimmen könne?

In einem System, das die Realität der Dinge an sich behauptet, kann diese Frage schlechterdings nicht gelöst, ja nicht einmal aufgeworfen werden.

Denn das System, das vor allem Ich ein absolutes Nicht-Ich setzt, hebt eben dadurch das absolute Ich auf, Es ist unmöglich, daß zwei Absoluta nebeneinander bestehen. Wird also das Nicht-Ich vor allem Ich absolut gesetzt, so kann ihm das Ich nur als absolute Negation entgegengesetzt werden. Zwei Absoluta können unmöglich als solche in einer ihnen vorhergehenden oder nachfolgenden Synthesis befaßt werden; weswegen auch, wenn das Ich vor allem Nicht-Ich gesetzt wird, dieses in keiner Synthesis als absolut (als Ding an sich) gesetzt werden kann., weiß also nicht einmal von einer absoluten Freiheit des Ichs, geschweige denn von einer transzendentalen. Wenn aber ein solches System inkonsequent genug ist, einerseits Dinge an sich, andrerseits eine transzendentale Freiheit des Ichs zu behaupten, so wird es niemals, selbst nicht durch eine prästabilierte Harmonie, die Zusammenstimmung der Naturkausalität mit der Kausalität durch Freiheit begreiflich machen; denn auch eine prästabilierte Harmonie kann nicht zwei schlechthin entgegengesetzte Absoluta vereinigen, was doch der Fall sein müßte, da einerseits ein absolutes Nicht-Ich, andrerseits ein empirisches Ich angenommen wird, das ohne ein Absolutes unbegreiflich ist.

Wenn aber die Objekte selbst nur durchs absolute Ich (als den Inbegriff aller Realität) Realität erhalten, und daher nur in und mit dem empirischen Ich existieren, so ist jede Kausalität des empirischen Ichs (dessen Kausalität überhaupt nur durch die Kausalität des Unendlichen möglich, und von dieser nicht der Qualität, sondern nur der Quantität nach verschieden ist) zugleich eine Kausalität der Objekte, die ihre Realität gleichfalls nur dem Inbegriff aller Realität, dem Ich, verdanken. Dadurch erhalten wir ein Prinzip prästabilierter Harmonie, das aber bloß immanent, und nur im absoluten Ich bestimmt ist. Weil nämlich nur in der Kausalität des absoluten Ichs eine Kausalität des empirischen möglich ist, und die Objekte gleichfalls ihre Realität nur durch die absolute Realität des Ichs erhalten, so ist das absolute Ich das gemeinschaftliche Zentrum, in welchem das Prinzip ihrer Harmonie liegt. Denn die Kausalität der Objekte harmoniert mit der Kausalität des empirischen Ichs nur deswegen, weil sie nur in und mit dem empirischen Ich existieren; daß sie aber nur in und mit dem empirischen Ich existieren, kommt bloß daher, daß beide, die Objekte und das empirische Ich, ihre Realität nur der unendlichen Realität des absoluten Ichs verdanken.

Durch eben diese prästabilierte Harmonie läßt sich nun auch die notwendige Harmonie zwischen Sittlichkeit und Glückseligkeit begreifen. Denn da reine Glückseligkeit, von der allein die Rede sein kann, auf Identifizierung des Nicht-Ichs und des Ichs geht, so ist, da Objekte überhaupt nur als Modifikationen der absoluten Realität des Ichs wirklich sind, jede Erweiterung der Realität des Ichs (moralischer Fortschritt) Erweiterung jener Schranken und Annäherung derselben zur Identität mit der absoluten Realität, d.h. zu ihrer gänzlichen Aufhebung. Wenn es also fürs absolute Ich kein Sollen, keine praktische Möglichkeit gibt, so würde, wenn das Endliche jemals seine ganze Aufgabe lösen könnte, das Freiheitsgesetz (des Sollens) die Form eines Naturgesetzes (des Seins) erhalten; und umgekehrt, da das Gesetz seines Seins nur durch Freiheit konstitutiv geworden wäre, dieses Gesetz selbst zugleich ein Gesetz der Freiheit sein. Hierdurch läßt sich auch die Frage beantworten, welches Ich denn eigentlich ins Unendliche fortschreiten soll? Die Antwort ist: das empirische, das aber nicht in der intelligibeln Welt fortschreitet; denn sowie es in dieser wäre, hörte es auf, empirisches Ich zu sein, weil in der intelligibeln Welt alles absolute Einheit, also kein Fortschritt, keine Endlichkeit gedenkbar ist. Das endliche Ich ist also zwar nur durch intelligible Kausalität Ich, aber als endliches Wesen, solange es endliches Wesen ist, seinem Dasein nach nur in der empirischen Welt bestimmbar. Nun kann zwar das endliche Wesen, da seine Kausalität selbst in die Linie der unendlichen fällt, die Schranken seiner Endlichkeit immer mehr erweitern; allein, da dieser Progressus die Unendlichkeit vor sich hat, ist eine immerfort größere Erweiterung derselben möglich, weil, wenn diese irgendwo aufhören könnte, das Unendliche selbst Schranken haben müßte. Also ist das letzte, worauf alle Philosophie hinführt, kein objektives, sondern ein immanentes Prinzip prästabilierter Harmonie, in welchem Freiheit und Natur identisch sind, und dieses Prinzip ist nichts anderes, als das absolute Ich, von dem alle Philosophie ausging.

Gibt es für das unendliche Ich keine Möglichkeit, Notwendigkeit und Zufälligkeit, so kennt es auch keine Zweckverknüpfung in der Welt. Gäbe es für das unendliche Ich Mechanism oder Technik der Natur, so wäre ihm Technik Mechanism und Mechanism Technik, d.h. beide fielen in seinem absoluten Sein zusammen. Demnach muß selbst die theoretische Nachforschung das Teleologische als mechanisch, das Mechanische als teleologisch, und beides als in Einem Prinzip der Einheit befaßt betrachten, das sie zwar nirgends (als Objekt) zu realisieren imstande, doch aber vorauszusetzen genötigt ist, um die Vereinigung der beiden widerstreitenden Prinzipien (des mechanischen und teleologischen), die in den Objekten selbst unmöglich ist, in einem über alle Objekte erhabenen Prinzip begreifen zu können. So, wie die praktische Vernunft genötigt ist, den Widerstreit zwischen Freiheits- und Naturgesetzen in einem höheren Prinzip zu vereinigen, in welchem Freiheit selbst Natur und Natur Freiheit ist, Hieraus erhellt auch, wie und inwiefern Teleologie das verbindende Mittelglied zwischen theoretischer und praktischer Philosophie sein könne. muß die theoretische Vernunft in ihrem ideologischen Gebrauche auf ein höheres Prinzip kommen, in welchem Finalität und Mechanism zusammenfallen Auch Spinoza wollte, daß im absolutem Prinzip Mechanism und Finalität der Ursachen als in derselben Einheit befaßt gedacht werden. Aber, da er das Absolute als absolutes Objekt bestimmte, konnte er freilich nicht begreiflich machen, wie teleologische Einheit im endlichen Verstande nur durch ontologische im unendlichen Denken der absoluten Substanz bestimmt sei, und Kant hat ganz recht, wenn er sagt, der Spinozism leiste nicht, was er wolle. – Vielleicht aber sind nie auf so wenigen Blättern so viele tiefe Gedanken zusammengedrängt worden, als in der Kritik der teleologischen Urteilskraft § 76 geschehen ist. (Statt »Finalität« Z. 1 und »Finalität der Ursachen« Z. 13 steht in der ersten Auflage »Teleologie«. A. d. O.) das aber eben deswegen schlechterdings nicht als Objekt bestimmbar sein kann.

Was für das absolute Ich absolute Zusammenstimmung ist, ist für das endliche hervorgebrachte, und das Prinzip der Einheit, das für jenes konstitutives Prinzip immanenter Einheit ist, ist für dieses nur regulatives Prinzip objektiver Einheit, die zur immanenten werden soll. Also soll auch das endliche Ich streben, in der Welt das hervorzubringen, was im Unendlichen Wirklich ist, und der höchste Beruf des Menschen ist – Einheit der Zwecke in der Welt zum Mechanism, Mechanism aber zur Einheit der Zwecke zu machen.

(vgl. Schelling-W Bd. 1, S. 2 ff.)


 << zurück