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Der ist allzuverzagt,
Der alles das will lassen,
Was man ihm untersagt!
Volker der Degen
in den Nibelungen.
Im Saale des Herrn von Boissieux zu Toulouse war, aber nur für ihn, als Erben, eine seltene Kunstausstellung zu sehen. Die Diener hatten aus allen Zimmern, Schränken, Gewölben und Kistchen und Kästchen hunderterlei Dinge reingeputzt, vorsichtig auf die lange Tafel gestellt, die mit großen dunkelgrünen, einst kostbar und mühsam ausgenähten Decken behangen war. Endlich hatten sie alles zusammengetragen und nur Mr. Coquart, der Kammerdiener des Herrn von Boissieux, und Mademoiselle Sarotte, die Kammerfrau der unlängst verstorbenen guten alten Ménehoult, befanden sich noch allein im Saale und erwarteten den Herrn.
Mr. Coquart betrachtete sich die reiche Verlassenschaft, das Silbergeschirr, die vielen kunstreichen Terrinen und Schüsseln, die vergoldeten Arm- und Handleuchter, das goldene Dessertgeschirr, die Schmuckkästchen mit den Ringen, die Perlenhalsbänder, die Armbänder, die Diamanten und Edelsteine, beschaute sich dann die auch schon ältliche Sarotte und fragte sie:
– Wäre das Zeug nun wol werth, daß ich dich heirathete, Sarotte, wenn du es besäßest? Was meinst du?
– Ich denke, du kennst mich besser, versetzte Sarotte, und nimmst mich meiner Vergangenheit wegen! Und verkenne die gute Alte nicht: sie hat mir für die bei ihr verlorenen Jugendjahre so viel vermacht, daß du dich darüber freuen wirst. Und daß wir nicht gerade verheirathet waren, weil das unsere Gnädige nicht wollte – was verlieren die Menschen an Namen, wenn sie nur das Leben gewinnen.
– Aber unser gnädiger Herr hat die reiche Alte nur ihrer Vergangenheit wegen, ihres Alters wegen geheirathet; sprach Mr. Coquart; er hätte sie noch lieber genommen, wenn sie noch älter gewesen wäre, und am liebsten: den Tag vor ihrem Tode! Aber da sie ihn so lange ausschließlich mit ihrer bloßen Hand beglückt, die nicht allein ohne den ganzen Leib sterben wollte oder konnte, so hat der arme Herr ganzer dreißig Jahre seines schönsten Lebens vergeblich auf den heutigen Tag gewartet, und ist im Grunde aus lauter Liebe der Seligen schrecklich und schändlich betrogen!
– So sagen nur gemeine Leute, die an einander und mit einander Nichts haben, als Leib und Leben; sprach Sarotte. Aber du laß doch einer alten guten Frau bis in ihr achtzigstes Jahr für alles ihr Geld das Vergnügen, ja die Seligkeit: in ihren Mann verliebt zu sein, da sie ihn in ihrem funfzigsten Jahre nur seiner Schönheit wegen geheirathet, und wegen seines vornehmen alten Namens. Ich gönne ihr nun die Ruhe, und wünsche ihr weiter nichts, als was sie sich immer selber wünschte: im Himmel die schönste Houri zu werden! Das Glück, einen Mann so recht glücklich zu machen, steckte ihr immer im Kopfe.
– Sage das nicht weiter, Sarotte! sprach Mr. Coquart; denn da ist sie etwas türkisch, ja so türkisch als möglich gestorben! Du weißt, es ist noch nicht so lange her, daß die Pfaffen bei uns in Toulouse noch ausgegrabene Todte verbrannt. Wir schreiben zwar 1707, aber was hilft das Schreiben! Sie würden es wenigstens an ihr versuchen, um unsern Herrn bis auf das Blut zu schröpfen. Sie hat so der Kirche nichts vermacht; und in solchen traurigen Fällen kamen dann sonst die geistlichen Herren, machten zur Strafe des Vergeßlichen selber das Testament; und wenn es Herr von Boissieux nicht zufrieden wäre, würde er ganz enterbt und bekäme im Tode nicht Absolution und Begräbniß – wenn er in Paris am Hofe nicht so mächtige Freunde hätte, vor denen sich selber der Bischof fürchtet, und wenn der fromme Gebrauch mit dem Testamentmachen für Andere nicht anfinge einzuschlafen. Und wir wünschen ihm alle wohl zu schlafen und niemals aufzustehen!
Da trat der junge Chevalier, George von Goran, in seiner prächtigen Offizieruniform in den Saal. Im Paradies der Jugend wandelnd, aller menschlichen reizenden Hoffnungen voll, in blühender Schönheit und strotzender Gesundheit athmend, warf er, selbst überglücklich und reich, kaum einen Blick über die aufgehäuften Schätze und Beutel voll Gold, grüßte Sarotte artig, doch leicht, und fragte den Kammerdiener: Mein Oheim zu sprechen?
– Er schreibt noch einen wichtigen großen Brief, antwortete Coquart; dann erwarten wir ihn hier.
– Ich bin im Garten, gab er zur Auskunft und war verschwunden.
Der arme schöne junge Mann! seufzte Sarotte ihm nach; so versöhnlich und gut wie ein Bettler! Immer kommt er wieder zum Bruder seiner Mutter als braver Neffe! Und der Oheim, der seinem Vater Geld auf die Güter geborgt, hat es zur Unzeit und streng von der Witwe zurückverlangt, nicht erhalten können .... und die Güter ihr weggenommen ....
– Ihrer giftigen Zunge wegen, die leider die Wahrheit sagt, also unwehrbar ihn trifft; übrigens ganz vollkommen nach dem Gesetz; aber vollkommen schändlich! Denn das verträgt sich; versetzte Coquart leiser. Alter Adel fußt nur auf alten Einrichtungen und Gesetzen, darum verläßt sich unser Herr auf Prozesse, gibt nur heraus, wozu ihn der Parlementsspruch zwingt, und hält das Recht für eine Ehrensache; hat er aber gewonnen, so schämt er sich, ein so harter Mann gewesen zu sein, und – besteht auf seinem Gewinn! Nun hat unsere gute Frau, wie sie meinte, nur zum Schein alle ihre nahen, sogar die armen Verwandten enterbt, oder ihnen das Erbtheil nicht versichert, um ihrem geliebten Boissieux die Ehre, das Verdienst und den Dank zu verschaffen, daß Er ihnen das Erbtheil gewährt, was sie blos auf die Bedingung gestellt: Wenn und wann es dem Herrn von Boissieux gefällt: es ihnen zu geben oder nicht! Die gute Seele! Aber da hat sie sie alle betrogen! Auch ihren schönen Liebling, den jungen Herrn von Goran, um das ihm von ihr vermachte Schloß, das unser Alter gnädigst behält. Denn wer Ihm überlassen hat: ob er etwas geben will, der hat die Maus der Katze vertraut! Ich erhalte gewiß mein Legat auch nicht, damit ich mir Zeit seines Lebens noch seine Gunst verdiene, und mir es abverdienen soll. So treibt er Handel mit seinen und anderer Gnaden, nach Weise der Großen, die keine Miene umsonst ziehen, noch anders als aus und zu ihrem Interesse, als wären sie selbst gleichsam die zur Marionette gewordene Provinz oder Stadt, oder das in einen Prinzen oder eine Prinzessin verwünschte Schloß. Unser lieber Herr will nun ein neues Leben anfangen, oder das erste junge rechte Leben nun erst an der Schwelle des Alters; denn höre und erstaune: Er will heirathen!
– Jetzt geht mir ein Licht auf! sprach Sarotte. Darum hat er mich nach dem schönsten jüngsten Mädchen in der Stadt gefragt! Der alte Schelm!
– Und welche hast du ihm als die liebenswürdigste genannt?
– Ohne Wahl: die Génévion!
– Des reichen Parlementspräsidenten de Lafaille Tochter?
– Sein einziges Kind, sechzehn Jahr jung.
– Da wirst du Kinderfrau!
– Ohne Zweifel! alle Jahre sicherer!
– Er will dich, zum Schein vor der Welt, zu ihrer Hüterin machen. Deine Stelle wird einträglich und interessant.
– Die arme verrathene Génévion! seufzte Sarotte.
Man sieht, der gute Herr ist ein Welt- und Weiberkenner durch und durch, und kennt sich selber bis auf das Haar! und auch dieses! Er hat Reitpferde zu satteln befohlen; ich habe ihn höchst sorgfältig anziehen und frisiren müssen, und so in Galla wird er nachher durch die Straßen der Stadt paradiren, um den schönen Edelfräulein zu zeigen: er lebe, er sei noch schön und rüstig; obgleich kein Mensch mit Pferdeverstand zweifeln wird, daß junge andalusische Rosse noch vortrefflich laufen und lançadiren können! Du lieber Himmel, so rede ich nur aus Bosheit darüber, daß ich selber alt werde; denn gegen mich ist der Herr so gut und dankbar, daß ich es ihm nie vergelten kann. Du bekommst an der neuen Jungefrau wieder zu gouverniren, und von uns Kammerdienern kennst du das Sprichwort: In England ist der Kammerdiener des Herren Sklave, in Deutschland sein Kamerad, in Italien seine ehrfurchtsvolle Schuhbürste, aber in Frankreich des Herren Herr!.... sodaß der König uns verbieten mußte: Stöcke zu tragen! Und wir sind ein Corps d'Esprits von 100,000 Mann im Lande!
Mr. Coquart schwieg, denn jetzt thaten die Diener die Thüren auf und Herr von Boissieux trat ein. Der große, wohlgestaltete, in neuester pariser Mode gekleidete Mann ging darauf langsam mit seinem Verzeichniß in der Hand um die Tafel. Deutlich stand auf seinem Gesicht: Wenn meine gute Frau nur ganz Frankreich besessen und alle Diamanten Indiens, so wären sie jetzt mein! Und er dachte wirklich: Eine gute Frau schenkt alles weg und ein schönes Weib kann sich kaum drei Tage für sich behalten, sie muß sich selbst wegschenken an den, der sie liebt. Das hoff' ich mir noch. Die Naturen der Natur verändern sich nicht. – Er spielte sich an der Lippe und sprach dann vor seinen beiden Vertrauten:
Ich habe die Livree des alten Todes nun abgelegt. Die schwarzen Trauerkleider zwingen uns beständig an den groben Herrn zu denken, bedrücken uns das Herz und schatten sich trüb auf das frische Leben um uns ab. Laß jeden trauern, der da traurig ist. Der morsche, faule Baum des Lebens trägt nun einmal schwarze Blätter, neben grünen und rosenrothen. Wir Alle wohnen wie verschiedene Färber am großen Todtenstrom; der Eine färbt heut grün, und grüne Farbe gießt er aus; der Andere färbt weiß, und weiße gießt er in die Wellen. Ich habe schwarz gefärbt und will nun wieder mir rosenroth die letzten Jahre färben! Man muß das Alter süß sich machen, muß es würzen und ein wenig stärker als die Jugend; muß die stillen Tage lebhaft machen und süß durchwacht die langen Nächte. Niemand bezahlt uns Darben und Entbehren; und Neid und Misgunst, lauter Tadel selbst hört sich mit Lächeln an im Arm des Glückes. Und bis auf diesen Tag noch weiß ich kein mir wünschenwertheres verdienter Glück, als eine schöne Frau, ein junges Kind, das ich durch Zärtlichkeit und tausend Gaben und unbescholtene Treue mir erziehe. Die jüngsten Mädchen lieben grad' am meisten den fertigen, den wohlgelungenen Mann. Nicht vornehm ist's: die Dummheit rügen. Und wer lebte nicht vom Unverstande der Welt? Sie klug zu machen, ist der Klugen Lohn. Es wäre großes Unrecht an den Heiligen, wenn wir den alten frostigen König David unnachgeahmt aussterben ließen! Wir hoffen auch noch warm zu werden.
Er lächelte selber. Denn er zog immer schlau alles Bedenkliche, was er ohne Widerspruch gern wollte, in's Heitere, Nichtsbedeutende, oder in eine Ansicht, wo es ihm die Andern belächeln mußten. Und dennoch setzte er zu mehrer Sicherheit hinzu: Und soll denn die Geschichte Frankreichs blos, wol gar das Wappenbuch nur, unsern Namen, den altberühmten, oft sehr lauten, erben? Soll nicht von allen Thaten aller Ahnen ein Lebender, ein Sohn, den Nutzen ziehen? Das ist des Adels Nutzen ja, auf Namen zu leben und daß Einer für sein ganzes Geschlecht geehrt wird! Selbst die Sonne würde »ihr Gestern« dumm nur aus den Händen geben!
Darauf gab er dem Kammerdiener den Auftrag, seinen Neffen Goran aus dem Garten zu holen, sich in Galla zu werfen und den Staatswagen anspannen zu lassen, um, nach dem Gebrauche der Stadt, die Auffahrt vor das Haus des Parlementspräsidenten von Lafaille zu halten und, gleichfalls dem Gebrauche gemäß, seinen nächsten lebenden Anverwandten, also seinen Neffen, das große Anhaltungsschreiben um seine einzige Tochter, Génévion von Lafaille, dem Vater Parlementspräsidenten eigenhändig überreichen zu lassen.
Vor der Abfahrt fiel noch ein kurzer Auftritt vor, zu dem Goran heraufkam und demselben stillschweigend beiwohnte. Wie verabredet ließen sich drei Parteien melden, um nach ihrem Erbe von der guten Ménehoult zu fragen. Alle drei erschienen zugleich. Frau von Choiseul, seine Anverwandte, trat mit ihren beiden jungen verwaiseten Töchtern ein und stammelte nach den Verneigungen: Man hat mich berichtet, daß Ihre gute Frau mir und meinen armen Töchtern in unserer Noth ein Vermächtniß ausgesetzt hat. Dürfte ich mich erkundigen .....
– Das hat die gute Seele gethan, entgegnete Herr von Boissieux; aber auf meine Kosten! Sie sind nur halb berichtet; sie hat es mir überlassen: ob ich und wann ich es auszahlen will!
– O, die Hoffnung hält schon den Elenden hin und führt ihn selber durch Dornen willig in den besseren Tag! sprach Frau von Choiseul.
Madame, ich heirathe! Ich selber brauche Alles, was ich habe. Hier lesen Sie die Adresse: An Wen! – Dabei hielt er sie ihr hin, was er zugleich aus der Absicht that, daß seine Bewerbung sogleich in der ganzen Stadt bekannt würde; und wenn sie bekannt wäre, Herr von Lafaille ihn nicht heimlich vor den Kopf stoßen könne und öffentlich es zu thun nicht wagen möchte.
Frau von Choiseul drückte die Augen davor zu, wünschte ihm tausend Segen und Erben auf tausend Jahre; doch harrte sie immer noch auf andere Antwort.
Doch Herr von Boissieux machte ihr mit der Hand das vornehme Zeichen der Entlassung.
Da brach sie in Thränen aus; ihre beiden kinderhaft jungen Töchter fielen ihm zu Füßen.
Er blieb ruhig stehen, lange genügliche Zeit ganz ruhig, bis sie von selbst wieder aufstunden, die Mutter umarmte sie, trocknete ihnen die Thränen ab, ward ganz wie betäubt und sie führten die Mutter hinaus.
Jetzt ließ sich der alte blinde Schweizerbaron, der arme Herr von Pfeuler, ein naher Anverwandter der Verstorbenen, durch einen Knaben bis in die schickliche Nähe von Herrn von Boissieux führen. Das letzte alte Hofkleid auf dem Leibe, an den Aermeln papierne Handmanschetten, den Degen an, den Hut unter dem Arme, setzte er seine außerordentlich ehrbaren Worte höchst ehrbar.
Dieselbe Frage.
Dieselbe Antwort.
Aber da der alte blinde Mann auch nicht wohl hörte, so bat er ceremoniös um Erlaubniß, daß ihm sein kleiner Valet à tout sie noch einmal laut sagen dürfe. Aber der durchtriebene Junge schrie sie so, daß sich Herr von Boissieux die Ohren davor zuhielt.
Der alte Herr glaubte dennoch nicht recht gehört zu haben, wiederholte den Ausruf: Unmöglich, unmöglich! hörte noch einmal, fragte dann nur, ob er wirklich die Ehre hätte, vor Herrn von Boissieux zu stehen? und als ihm Sarotte das versichert, hob er das alte blasse Gesicht mit den rollenden Augen zum Himmel, stand eine Weile stumm, und auch dann noch höflich, empfahl er sich dankbar für die offene Auskunft und ließ sich von seinem kleinen Valet à tout hinausführen. Goran half dabei, aber nur um dem Knaben heimlich die zwei Louisd'or aus seinem Beutel »für den alten Edelmann« in die Hand zu stecken.
Der dritte Mensch trat vor, ein Barfüßermönch.
Dieselbe Frage im Namen des Klosters.
Da besprach Herr von Boissieux sich mit Coquart; darauf nahm er ein Röllchen mit 100 Louisd'or aus einem der Goldbeutel, hielt es über der offenen Hand des frommen Bruders und sprach: Messen für die Seele meiner guten Ménehoult werde ich bei meinem Tode stiften; aber könnt Ihr frommen Herren des Geisterreiches und Herrn des Himmels und seiner Thür für Todte bitten, wie viel mehr könnt Ihr den Lebenden Heil und Glück erflehen! Bitten Euch doch arme Weiber mit wenigen Sous darum, ihrem Manne glückliche Reise zur Messe, gute Geschäfte und glückliche Heimkehr vom Herrn der Heerscharen zu erflehen; o so leset mir hundert Messen, daß ich Segen habe – denn ich will heirathen. Hier leset! – Dabei hielt er auch ihm die Aufschrift des Anhaltungsschreibens hin.
Der fromme Bruder las, dankte, versprach es und ging.
Jetzt rief Herr von Boissieux seinen Neffen Goran zu sich, gab ihm die bemerkten zwei Louisd'or wieder und sprach: Nimm! Ich bin nun zwar reich, endlich, sehr spät; aber einen Großalmosenier kann ich mir noch nicht halten! – Doch nun zum Ernst! Wie ich dir gesagt, fährst du nun heute, jetzt und übergibst dies Schreiben meinem künftigen Schwiegervater. Dabei betrage dich ritterlich, bieder und ehrlich, das heißt: nicht falsch und hinterlistig! Hier gib mir deine Hand darauf! So! Ich lebe ja doch noch und so entgeht dir jetzt meine Erbschaft nicht und künftig wahrscheinlich auch nur zum Theil; denn wer weiß, ob die Mutter leben bleibt oder das Kind; oder ob es gar erscheint. Nicht alle citiren Geister. Du kennst Demoiselle Génévion nicht – sei artig! Sage du ihr, warum du kommst. Du gerade, du wirst mich ihr doppelt empfehlen. Ich habe zwei Brüder gekannt; der Eine war sehr einfach, der Andere sehr geistreich. Der Einfache bat seinen Bruder, mit ihm auf die Heirath zu gehen, und gewann so richtig das schöne reiche Mädchen. Daß sie nach vier Wochen ihrem Manne entfloh und überall den Bruder suchte, das gehört nicht hierher. Aber alle Vortheile gelten. Nun geh! Und komme glücklich wieder!
Der Wagen fuhr vor. Goran ging. Daß er aber im Vorübergehen vor dem Spiegel auf einmal ganz verwundert stehen blieb, als erstaune er über sich selbst, oder erblicke sich zum erstenmale, wie ein Kind; das gefiel der Sarotte nicht. Er ist bildschön, sprach sie zu Coquart leise, das sagte schon unsere gute selige Frau, die dann immer hinzusetzte: Er könnte die treueste Frau bedenklich machen und auswurzeln aus allen ihren Gefühlen; aber das Bild seiner Gestalt in eine junge Mädchenseele gestrahlt, die hat keinen Willen mehr, keinen Funken Kraft in den Knien! Ihm die Haare ausreißen, ihm mit der Faust in's Angesicht schlagen, das könnten alle heiligen Weiber nicht! – Dabei hielt sie sich dennoch vor Angst die Hände über die Augen. – Unter allen Umständen – setzte sie dann noch hinzu.
O, es sind nicht alle verliebte – – –! versetzte Coquart. Oder meinst du?
Heute wird Eine mehr! prophezeite Sarotte. Die jüngeren Mädchen holen die älteren ein an Weisheit und Verstand; und unsere heutigen Frauen, die alle doch auch nur erst Kinder waren, sind hoffentlich alle jetzt gerade so klug, wie alle die zuvor Kinder, Mädchen und Weiber waren. Das sage Ich. Siehe, so eine kluge Frau bekommst du, Coquart!
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