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Der Reichtum ist da zur Erheiterung des Lebens, nicht das Leben zum Sammeln des Reichtums. Ein Verständiger, den man fragte, wer glücklich sei und wer unglücklich sei, antwortete: Glücklich ist, wer genießt und aussät, unglücklich, wer hinterläßt und von hinnen geht.
Für den Nichtswürd'gen bete nicht, der nichts zu tun begehrt:
Gesammelt hat er immer nur, vom Vorrat nichts verzehrt.
Moses, ihm sei Heil! gab dem Karun den guten Rat: »Tue Gutes, wie dir Gott Gutes getan hat.« Aber er hörte nicht, und sein Ende hast du gehört.
Wer mit allem Gold und Silber sich nichts Gutes hat erworben,
Legte bloß auf Gold und Silber seines Strebens Ende an.
Willst du dieser Erde Güter auf die rechte Art genießen,
Tu' an den Geschöpfen Gutes, wie es Gott an dir getan.
Der Araber sagt: »Tue Gutes und halte nicht vor, so wird der Wohltat Einkommen auf dich zurückkommen«, das heißt, du sollst geben und schenken ohne durch Vorrücken zu kränken, daß der Nutzen davon zu dir zurückkehre.
Wo der Baum der Großmut Wurzel faßte,
Wird sein Wipfel bis zum Himmel reichen.
Hoffst du seine Früchte zu genießen,
Triff den Fuß nicht mit des Vorwurfs Streichen.
Dem Höchsten sage Dank, daß er dir gnädig war,
Daß seiner Gaben Heil dich niemals noch verlassen.
Verdienstlich ist es nicht, daß du dem Sultan dienst,
Für dich ist's eine Gunst, daß du zum Dienst gelassen.
Zweierlei Leute gibt es, die vergebliche Mühe ertragen und sich mit unnützer Anstrengung plagen: die einen, welche Schätze gewinnen und sie nicht verwenden, die andern, welche Wissenschaft erwerben und sie nicht anwenden.
Schwingst du dich zu des Wissens Thron empor,
Und handelst nicht darnach, bleibst du ein Tor.
Glaubst du, ein Tier, dem Bücher aufgeladen,
Das werde zum Gelehrten je geraten?
Gewiß ist, daß sein leeres Hirn nicht weiß,
Ob Bücherkram es trägt, ob dürres Reis.
Die Wissenschaft ist da, um die Religion zu pflegen, nicht um die Weltlust zu hegen.
Wer will Wissenschaft und Frömmigkeit verkaufen,
Häuft sich Korn auf und verbrennt den ganzen Haufen.
Ein Wissender, der keinen frommen Sinn hegt, ist ein Blinder, der eine Fackel trägt: »er führt und ist selbst nicht geführt.«
Wer nutzlos weggespielt sein ganzes Leben,
Hat nichts erkauft und doch sein Geld vergeben.
Das Reich erhält durch weise Männer seine Herrlichkeit und die Religion durch fromme Männer ihre Vollkommenheit. Den Königen ist der Rat der Weisen nötiger, als den Weisen das Vertrauen der Könige.
O König, höre meinen Rat!
Nichts Beßres kann ein Buch dir weisen:
Dem Weisen übergib das Amt,
Ist es auch nicht das Amt des Weisen.
Drei Dinge haben keinen Bestand: Reichtum ohne Erwerb, Wissenschaft ohne gelehrten Streit, Regierung ohne Gerechtigkeitspflege. Der Bösen sich erbarmen, ist Ungerechtigkeit gegen die Guten, und den Unterdrückern verzeihen, ist Gewalttätigkeit gegen die Armen.
Behütest du den Bösen und hast mit ihm Geduld,
So förderst du den Frevel und trägst auch seine Schuld.
Auf die Freundschaft der Fürsten kann man sich nicht verlassen, und durch die schöne Stimme des Knaben darf man sich nicht verführen lassen, denn jene verwandelt sich durch einen Verdacht, und diese verändert sich in einer Nacht.
Was von Tausenden geliebt, dem schenke nicht dein Herz;
Schenktest du es, sei gefaßt stets auf den Trennungsschmerz.
Jedes Geheimnis, das du hast, teile nicht deinem Freunde mit, weißt du denn, ob er nicht einst dein Feind wird? und alles Böse, was du dem Feinde zufügen kannst, tue ihm nicht, es ist ja möglich, daß er einmal dein Freund wird.
Ein Geheimnis, das du verborgen halten willst, darfst du keinem, auch nicht dem Vertrautesten, mitteilen, denn keiner wird das Geheimnis treuer bewahren als du selbst.
Besser ist, verschweigen seines Herzens innerste Gedanken,
Als sie einem sagen und ihm sagen: Sage nicht ein Wort.
Guter Mann, du mußt sogleich das Wasser an der Quelle stopfen,
Nicht vermagst du mehr den Fluß zu hemmen, strömt es einmal fort.
Es ziemt nicht, daß man insgeheim ein Wort nur sagt,
Das man nicht jedem öffentlich zu sagen wagt.
Ein ohnmächtiger Feind, der sich unterwürfig geberdet und Freundschaft zur Schau trägt, hat keine andere Absicht, als ein mächtiger Feind zu werden; und das Sprichwort sagt: Auf die Freundschaft der Freunde kann man nicht bauen, wie soll man den Liebkosungen der Feinde vertrauen? Wer einen geringen Feind verachtet, gleicht dem, der ein kleines Feuer nicht beachtet.
O lösch' es heute aus, wo es noch möglich ist,
Denn wird das Feuer groß, geht eine Welt verloren.
Erlaube nicht dem Feind, daß er den Bogen spannt,
Wenn du's vermagst, den Pfeil ihm in den Leib zu bohren.
Wenn du zwischen zwei Feinden bist, sprich so, daß, wenn sie Freunde werden, du dich nicht schämen müssest.
Dem Feuer gleicht der Streit, den Feinde führen,
Der Hinterbringer müht sich, es zu schüren,
Und haben beide wieder sich versöhnt,
So steht er da verachtet und verhöhnt.
Ein Feuer zwischen zweien anzubrennen,
Das heißt, mit Unverstand sich selbst verbrennen.
Wenn du mit den Freunden sprichst, so rede leise,
Daß des grimm'gen Feindes Ohr es nicht entdecke.
Was du vor der Mauer redest, das bedenke,
Daß nicht hinter ihr ein Lauscher sich verstecke.
Wer mit den Feinden seiner Freunde Freundschaft schließt, hat Lust, seine Freunde zu beleidigen.
Den Freunden mußt, Verständ'ger, du entsagen,
Die sich mit deinen Feinden wohl vertragen.
Wenn du bei der Ausführung einer Sache unentschlossen bist, so wähle die Weise, die am wenigsten Beschwerde bringen kann.
Wer freundlich mit dir ist, dem gib nicht harte Worte,
Nicht streite mit ihm, klopft er an des Friedens Pforte.
Kann eine Sache mit Gold gelingen, so muß man nicht seinen Kopf in Gefahr bringen.
Wann eines jeden Kunstgriffs man entbehrt,
Dann greift mit Recht man mit der Hand ans Schwert.
Mit der Schwäche des Feindes habe kein Erbarmen, denn wenn er mächtig wird, hat er auch mit dir kein Erbarmen.
Wenn du den Feind ohnmächtig siehst, nicht brüste dich, daß du so stark:
In jedem Kleide steckt ein Mann, in jedem Knochen ist ein Mark.
Wer einen Bösen tötet, befreit die Menschen von seiner Plage und ihn von der Strafe Gottes.
Vergebung ist zwar schön, allein die Wunde
Des Menschenquälers heilen, ist nicht gut.
Denn weiß nicht, wer der Schlange sich erbarmet,
Daß er den Menschenkindern Unrecht tut?
Den Rat eines Feindes befolgen, ist ein Fehler, aber ziemend ist es, ihn anzuhören, um das Gegenteil zu tun, denn dieses ist eben das Rechte.
Sei auf der Hut vor dem, was dir der Feind gesagt,
Sonst trifft dich bittre Reu' für deinen Unverstand.
Zeigt er dir einen Weg gerade wie der Pfeil,
So wende dich davon und geh' zur linken Hand.
Unmäßiger Zorn bringt Entfremdung und unzeitige Güte nimmt die Achtung; sei nicht so strenge, daß man deiner überdrüssig werde, und nicht so sanft, daß man gegen dich anmaßend werde.
Gut ist's, wenn Güte sich bei Strenge findet,
Wie Adern schlägt der Arzt und sie verbindet.
Nicht Strenge bloß braucht der verständ'ge Mann,
Nicht Nachsicht, die sein Ansehn mindern kann.
Nie wird er stolz sich selber überheben,
Noch in Erniedrigung sich gern ergeben.
O Verständ'ger gib mir einen Rat!
Sagte zu dem Vater einst ein Hirt.
Dieser sprach: Sei gütig, doch nicht so,
Daß der grimm'ge Wolf verwegen wird.
Zwei Leute sind Feinde des Reichs und der Religion: der König ohne Milde und der Werkheilige ohne Wissen.
Ein Fürst befehle nicht und herrsche nicht im Reich,
Der nicht als Knecht vollzieht die göttlichen Befehle.
Ein König darf seinen Zorn gegen die Feinde nicht so weit treiben, daß auch den Freunden kein Vertrauen zu ihm bleibe; denn das Feuer des Zorns fällt zuerst auf den Zornigen, und dann ergreift die Flamme den Gegner oder ergreift ihn nicht.
Es seien nicht die staubgebornen Menschen
Des aufgeblas'nen wilden Stolzes Raub.
Bei deinem hitz'gen Starrsinn müßt' ich glauben,
Daß du aus Feuer stammest, nicht aus Staub.
Ich ging in Beilekan zu einem frommen Mann,
Und sagte: Läutre mich durch der Belehrung Gaben!
Er sprach: Gelehrter, geh', sei duldsam wie der Staub,
Sonst magst du in den Staub, was du gelernt, vergraben.
Ein Mensch von bösem Charakter ist in der Hand eines Feindes gefangen, und wo er auch hingeht, kann er sich aus den Klauen seiner Pein nicht losmachen.
Wenn vor der Macht des Unglücks auch der Böse bis zum Himmel flieht,
Des eignen bösen Sinnes Macht wird ihm doch immer Unglück bringen.
Wenn du bei den Soldaten des Feindes Trennung siehst, so sammle dich, und wenn sie gesammelt sind, so hüte dich vor der Zerstreuung.
Geh' und setze ruhig dich zu deinen Freunden,
Wann im Feindesheere Zank und Streit erscheinen;
Siehst du aber alle eines Sinns und Mutes,
Nimm den Pfeil, die Brustwehr decke schnell mit Steinen.
Wenn der Feind mit allen seinen Anschlägen den kürzern zieht, so klirrt er mit der Kette der Freundschaft, und führt dann als Freund aus, was er als Feind nicht ausführen konnte.
Das Haupt der Schlange zerschmettre durch die Hand des Feindes, denn von zwei Vorteilen kann der eine nicht fehlen.
Wenn dieser siegt, so muß die Schlange sterben,
Wenn jene siegt, so muß der Feind verderben.
Am Tage der Schlacht sei nicht sorglos vor einem schwachen Feinde, denn er wird dem Löwen das Hirn ausschlagen, wenn er sich des Lebens entschlagen.
Wenn du weißt, daß eine Nachricht das Herz betrüben wird, so schweige und laß einen andern sie bringen.
Du Nachtigall magst Frühlingsbotschaft singen,
Die böse Nachricht soll der Uhu bringen.
Einem Könige gib von der Treulosigkeit eines Menschen nur dann Nachricht, wenn du versichert bist, daß er dir völligen Glauben schenkt, sonst arbeitest du an deinem eignen Verderben.
Den Versuch zu reden mache dann,
Wann du weißt, daß es auch wirken kann.
Wer einem Eigensinnigen einen Rat gibt, bedarf selbst eines Ratgebers.
Lasse dich nicht durch des Feindes List betrügen, und lasse dich nicht um Geld durch den Lobredner belügen, denn jener hat das Netz der Hinterlist zum Fang ausgebreitet, und dieser hat den Gaumen der Habgier zum Einschlucken bereitet.
Der Tor wird durch das Lob aufgeblasen, wie der Leichnam fett erscheint, dem man durch die Fußsohlen Wind eingeblasen.
Auf des Schwätzers Lob sollst du nicht hören,
Wenn er einen Lohn von dir bezieht:
Wird sein Wunsch nur einmal nicht erfüllet,
Hundertfachen Tadel singt sein Lied.
Stellt niemand des Sprechers Fehler bloß, so wird seine Rede nicht tadellos.
Über deiner Rede Schönheit wirst du dich betören,
Willst du unverständ'ges Lob und eignen Stolz nur hören.
Ein jeder findet sein Urteil vortrefflich und sein Kind schön.
Ein Jude war im Streit mit einem Muselmann,
Und ihr Gezänk war so, daß ich darüber lachte.
Der Muselmann im Zorn rief: Wenn nicht richtig ist
Die Schrift hier, wollt' ich, daß mich Gott zum Juden machte.
Der Jude sprach: Ich schwör's bei dem Gesetz, ich werd'
Ein Muselmann wie du, ist recht nicht, was ich brachte.
Wenn aus der ganzen Welt verschwindet der Verstand,
Kein einz'ger ist, der sich für unverständig achte.
Zehn Menschen essen aus einer Schüssel, aber zwei Hunde kommen mit einem Leichnam nicht aus; der Habsüchtige ist im Besitz einer Welt hungrig, der Genügsame wird von einem Brote satt.
Ein einz'ges trocknes Brot erfüllt den engen Bauch,
Das enge Auge kann der Erde Gut nicht füllen.
Als meines Vaters Lebenslauf vorüber,
Gab er mir diesen Rat und ging hinüber:
Ein Feuer ist die Gier, sei auf der Hut,
Nicht schüre dir des Höllenfeuers Glut.
Du kannst der Flammen Hitze nicht ertragen:
Laß Wasser der Geduld sie niederschlagen.
Wer, wo er das Vermögen hat, nichts Gutes tut, dem wird es zur Zeit des Unvermögens übel gehn.
O unglückselig ist, wer Menschen quält,
Weil es im Unglück ihm an Freunden fehlt.
Das Leben steht unter dem Schutze eines Hauches, und die Welt ist ein Sein zwischen zwei Nichtseienden. Toren sind die, welche die Religion für die Welt verkaufen, denn sie verkaufen den Joseph, um was zu erkaufen? Gott hat gesagt: »Habe ich euch nicht geboten, ihr Adamssöhne, daß ihr dem Satan nicht dienen sollt?«
Auf das Wort des Feindes hast des Freundes Bund du aufgekündet:
Sieh', von wem du dich getrennt, und sieh', mit wem du dich verbündet.
Der Satan läßt sich nicht ein mit den Reinen und der Sultan nicht mit den Gemeinen.
Dem, der nicht betet, darfst du auch nichts leihen,
Mag er aus Not und Armut zu dir schreien;
Denn wer für seine Schuld bei Gott nicht sorgt,
Der denkt an das nicht, was du ihm geborgt.
Was zustande kommt in Eile, dauert eine kurze Weile, und die Weisen haben gesagt: Ein schnelles Glück hat keinen Bestand.
Im Morgenlande macht man, wie man mir erzählte,
Nur ein chinesisches Gefäß in vierzig Jahren,
In Bagdad macht man hundert wohl an einem Tage,
Allein du kennest auch die Preise beider Waren.
Das Küchlein ist kaum aus dem Ei, so sucht es seine Nahrung selber,
Indes das Menschenkind nichts weiß, Sinn und Verstand nicht mit sich bringt.
Doch jenes, das so schnell erwuchs, kann nachher doch nicht höher steigen,
Da dieses durch Verdienst und Macht sich über alles andre schwingt.
Das Glas, das aller Orten ist, ist darum auch von keinem Werte;
So hohen Preis hat der Rubin, weil man ihn nur mit Müh' erringt.
Durch Geduld kommt man zum Ziele, wer sich aber übereilt, fällt auf den Kopf.
Mit eignen Augen konnt' ich in der Wüste sehn
Am Hast'gen den Bedächtigen vorübergehn.
Ich sah das flücht'ge Roß am Wege liegenbleiben,
Den Treiber die Kamele langsam weitertreiben.
Für den Unverständigen ist nichts besser als Schweigen, aber wenn er verstände, was für ihn das Beste ist, wäre er nicht unverständig.
Wenn du Talent nicht und Verdienst besitzest,
So halte deinen Mund vom Sprechen fern.
Die Zunge, sie verrät des Menschen Schande,
Die Leichtigkeit die Mandel ohne Kern.
Einen Esel nahm ein Tor einst in die Lehre,
Und ließ sich dabei nicht Zeit und Mühe reuen.
Wozu, sprach ein Weiser, gibst du dir die Mühe?
Willst in deinem Eifer nicht die Spötter scheuen?
Von dir werden Tiere niemals sprechen lernen:
Lernest du von ihnen schweigen, wird mich's freuen.
Wer nicht bedenkt, bevor er spricht,
Meist taugt auch seine Rede nicht.
Kannst du dich nicht verständig zeigen,
So mußt du wie die Tiere schweigen.
Wer sich mit einem Verständigern in Streit einläßt, um seinen Verstand zu zeigen, zeigt nur, daß er keinen Verstand hat.
Wenn einer, der dir überlegen, vor dir spricht,
Wenn du's auch besser weißt, so widersprich ihm nicht.
Willst du mit Bösen gehn, wirst du nichts Gutes sehn.
Wenn sich der Engel zu dem Teufel setzt,
So lernt er Bosheit, List und Trug zuletzt.
Nichts Gutes lernen die mit Bösen gehen:
Beim Wolfe lernt man nicht die Pelze nähen.
Decke die verborgenen Fehler der Leute nicht auf, denn du raubst ihnen die Ehre und dir das Vertrauen.
Wer Wissenschaft gelernt und sie nicht in Ausübung bringt, gleicht dem, welcher den Acker gepflügt und keinen Samen ausgestreut. Von einem Leib ohne Geist kommt kein gottgefälliger Wandel, und eine Schale ohne Kern eignet sich nicht zum Handel.
Nicht jeder, der im Streiten witzig, ist im Arbeiten hitzig.
Wie mancher Wuchs scheint schön und schlank, vom Schleier wohl versteckt:
Ein altes Mütterchen ist's nur, wenn man ihn aufgedeckt.
Wenn alle Nächte die Wundernacht wären, so wäre die Wundernacht kein großes Wunder.
Wenn ein Rubin Bedachschans wäre jeder Stein,
Rubin' und Steine würden gleich an Werte sein.
Nicht jeder, der gut aussieht, hat einen löblichen Wandel, denn die Seele handelt, nicht die Haut.
Du kannst an einem Tage wohl, aus Sitten und aus Lebensart,
Wie weit es in des Wissens Kunst ein Mann gebracht, erfahren.
Doch auf sein Innres baue nicht, gib dich nicht eitler Täuschung hin:
Des Herzens Bosheit kennt man nicht, auch selbst nach vielen Jahren.
Mit Großen streiten heißt sein eignes Blut vergeuden.
Der Schielende sieht zwei für eines,
Drum siehst du dich als einen Großen.
Schnell ist dir deine Stirn zerschmettert,
Willst du mit einem Widder stoßen.
Die Hand gegen den Löwen und die Faust gegen das Schwert, ist nicht die Sache der Verständigen.
Den Kampf und Streit mit dem Betrunknen mußt du fliehn,
Die Hand vor Starken unter deine Achsel ziehn.
Ein Schwacher, der gegen einen Starken seinen Mut zeigen will, unterstützt seinen Feind zum eignen Verderben.
Wer im Schatten aufgewachsen, der vermag
Nicht den kampfgeübten Streiter anzufallen.
Töricht ist der Schwacharm, wenn er wagt, die Faust
Anzulegen an den Mann mit Eisenkrallen.
Wer auf guten Rat nicht hört, will Tadel hören.
Willst du zu meinem Rat das Ohr nicht neigen,
So mußt du dann, wenn ich dich schelte, schweigen.
Leute ohne Verdienst können die Verdienstvollen nicht sehen, gleichwie die Markthunde, wenn sie einen Jagdhund sehn, anfangen laut zu bellen, aber nicht wagen, sich vor ihn zu stellen.
Wenn der Niedriggesinnte es durch Verdienst nicht mit jemand aufnehmen kann, so fällt er ihn durch Bosheit an.
Stets redet Böses hinterher der schwache Neider,
Vor dem Beneideten ist seine Zunge stumm.
Wenn des Bauches Qual nicht wäre, würde kein Vogel in das Netz des Jägers geraten, ja der Jäger selbst würde kein Netz aufstellen.
Gekettet ist der Fuß vom Bauch, die Hand gebunden;
Der Sklave seines Bauchs wird selten fromm erfunden.
Die Weisen essen so spät als möglich, die Werkfrommen essen sich halb satt, die heiligen Männer, um den letzten Lebenshauch zu erhalten, die Jünglinge, bis man die Schüssel wegnimmt, die Greise, bis sie in Schweiß geraten, aber die Bettelmönche so lange, bis kein Atem mehr in ihrem Leibe und kein Bissen mehr auf dem Tische bleibt.
Zwei Nächte findet, wer dem Bauche als Sklave dienet, keinen Schlummer,
Die eine wegen Magendrücken, die andre wegen Herzenskummer.
Mit Weibern beratschlagen ist Verderben, und gegen Wüstlinge freigebig sein ist Verbrechen.
Wer mit dem Tiger Mitleid fühlen kann,
Ist für die armen Schafe ein Tyrann.
Wer den Feind in seiner Gewalt hat und ihn nicht tötet, ist sein eigner Feind.
Ist in der Hand ein Stein, auf einem Stein die Schlange,
Wer Witz hat und Verstand, der zaudert da nicht lange.
Manche haben aber das Gegenteil für geraten gehalten und gesagt: Ehe man diejenigen tötet, die man in seiner Gewalt hat, ist Überlegung besser, weil ja immer die freie Wahl bleibt, und man töten kann oder loslassen kann; wenn man aber ohne Überlegung tötet, so ist es möglich, daß dadurch ein Vorteil verloren geht, den nachher wieder einzuholen unmöglich ist.
Mit leichter Mühe raubt man Lebenden das Leben,
Getötete vermag man nicht mehr zu beleben;
Der Schütze von Verstand wird sich zuerst bedenken,
Den abgeschoßnen Pfeil kann er zurück nicht lenken.
Ein Weiser, der unter Toren gerät, darf von ihnen keine Ehre erwarten, und wenn ein Tor durch sein Geschwätz einen Weisen zum Schweigen bringt, so ist es kein Wunder: es ist der Kiesel, der den Edelstein zerschlägt.
Was Wunder, wenn der Rabe sein Gekrächze angestimmt,
Daß man der Nachtigall Gesang im Käfig nicht vernimmt.
Wird von einem Taugenichts ein Trefflicher beleidigt,
Sei er nicht darob erzürnt und gräme sich nicht sehr:
Wenn der schlechte Kieselstein zerschlägt die goldne Schale,
Ist das Gold nicht wen'ger wert und auch der Stein nicht mehr.
Wenn ein Verständiger unter einem Haufen ungeschliffener Leute nicht zum Worte kommen kann, so wundere dich nicht darüber, denn der Ton der Zither kann bei dem Getöse der Trommel nicht aufkommen, und der Geruch der Ambra wird von dem Gestanke des Knoblauchs überwältigt.
Wenn schamlos einen Klugen niederwarf der Tor,
So richtet er geschwätzig seinen Hals empor.
Weiß er nicht, daß die sanften, süßen Hedschastöne
Verstummen macht der Kriegestrommel laut Gedröhne?
Wenn der Edelstein in den Kot fällt, ist er darum nicht weniger edel, und wenn der Staub zum Himmel aufsteigt, ist er darum nicht weniger unedel.
Fähigkeit ohne Erziehung ist traurig, und Erziehung eines Unfähigen ist vergeblich.
Die Asche hat zwar eine hohe Abstammung, denn das Feuer ist ein himmlischer Stoff, aber weil sie durch sich selbst keinen Wert hat, so ist sie dem Staube gleich. Der Zucker ist nicht um des Rohres willen teuer, sondern wegen seiner eigenen Trefflichkeit.
Da bös' und widerspenstig war des Kanaans Gemüt,
War er nicht besser, weil er dem Prophetenstamm entblüht.
Darum, vermagst du's, zeige mir die Tugend, nicht den Stamm:
Vom Dorne stammt die Rose ab, von Aser Abraham.
Den Moschus erkennt man durch seinen eignen Geruch, nicht durch des Gewürzhändlers Ausspruch.
Der Verständige ist wie des Gewürzhändlers Tafel, stillschweigend seine Trefflichkeiten vor Augen stellend; der Unverständige ist wie die Kriegstrommel, laut tönend, im Innern leer, mit eitelm Getöse gellend.
Von dem Verständ'gen mitten unter Toren
Sagt eines weisen Mannes Sprichwort aus:
Es ist der Schöne mitten unter Blinden,
Die heil'ge Schrift in eines Ketzers Haus.
Einen Freund, in dessen Erwerbung ein ganzes Leben verflossen, muß man nicht durch die Kränkung eines Augenblickes von sich stoßen.
In vielen Jahren wandelt sich ein Stein in ein Rubinstück;
Drum schlag es nicht im Augenblick mit einem Stein entzwei.
Der Verstand ist in der Hand der Leidenschaft gefangen, wie der schwache Mann in der Hand des gewaltigen Weibes.
An einem Hause schließe gleich der Freude Tor,
Ertönt des Weibes Stimme laut aus ihm hervor.
Klugheit ohne Kraft ist Lug und Trug, und Kraft ohne Klugheit ist Torheit und Tollheit.
Erst Scharfsinn, Klugheit und Verstand bedarf's und dann Besitz;
Besitz und Macht des Toren sind des eignen Krieges Waffen.
Ein fröhlicher Geselle, der genießt und genießen läßt, ist besser als ein heiliger Mann, der fastet und liegen läßt.
Wer der Lust entsagt hat, um den Menschen zu gefallen, ist aus der erlaubten Lust in die verbotne Lust gefallen.
Der Heil'ge, der nicht wegen Gott zurück sich in den Winkel zieht,
Was ist es, das der arme Tor in einem finstern Spiegel sieht?
Wenig und wenig wird ein Heer, Tropfen auf Tropfen wird ein Meer.
»Ein Bach ist es, wenn Tropfen sich mit Tropfen einigt,
Ein Meer, wenn mit dem Bache sich der Bach vereinigt.«
Das Wenige zum Wenigen macht einen Haufen aus,
Das Korn zum Korn erfüllt mit Brot das ganze Vorratshaus.
Ein Weiser soll die Dummheit eines gemeinen Menschen nicht mit Nachsicht vorbeigehn lassen, denn es bringt auf beiden Seiten Schaden: das Ansehn jenes wird verringert, und die Torheit dieses wird verstärkt.
Sprichst du gütig mit dem Kerl von grobem Holz,
Mehrt sich nur dadurch sein Übermut und Stolz.
Die Sünde, von wem sie auch begangen wird, ist verwerflich, wenn sie aber von gelehrten Männern begangen wird, ist sie noch verwerflicher, denn die Wissenschaft ist eine Waffe zum Kampfe wider den Satan, und wenn der Bewaffnete gefangen weggeführt wird, so ist die Schande desto größer.
Besser ist ein Unerzog'ner, der die Lebenszeit vergeudet,
Als ein Mann von hoher Bildung, der das Laster nicht vermeidet.
Jener ist in seiner Blindheit von dem Wege abgegangen,
Dieser mit zwei offnen Augen ließ sich in der Grube fangen.
Wer den Leuten im Leben nicht Brot gegeben, dessen Namen werden sie im Tode nicht erheben.
Joseph der Getreue wollte sich während der Dürre Ägyptens nicht satt essen, um der Hungrigen nicht zu vergessen. Die Süßigkeit der Traube kennt die Witwe, die in Armut sitzt, besser, als der den Weinberg besitzt.
Es weiß, wer sitzt in Ruh' und Überfluß,
Nicht was der Hungrige erdulden muß.
Nur der kennt recht des Unglücksvollen Klage,
Der selber schon gefühlt des Unglücks Plage.
O denke, wenn auf schnellem Rosse daher du trabst mit Windeseile,
Wie jener dornbelad'ne Esel in Schlamm und Kot steckt bis zum Bauch.
O gehe nicht zum Nachbarhause, vom Armen Feuer zu verlangen,
Denn was aus seinem Fenster dringet, das ist nur seines Herzens Rauch.
Den armen Bedürftigen frage in der Zeit der Hungersnot nicht nach seinem Befinden, es sei denn, daß du auf seine Wunde Salbe streichst und ihm das nötige Geld reichst.
Siehst du einmal einen Esel mit der Last im Kote stecken,
Magst du Mitleid mit ihm fühlen, aber geh' nicht zu ihm hin.
Bist du zu ihm hingetreten um nach seinem Fall zu fragen,
Fasse gleich das Tier am Schwanze, wacker es herauszuziehn.
Zwei Dinge sind unmöglich: mehr als das beschiedne Teil erwerben, und eher als die bestimmte Zeit sterben.
Anders wird doch nicht der Ratschluß, sind auch tausend heiße Seufzer,
Sei's zum Danke sei's zur Klage, aus dem Munde aufgestiegen.
Jener Engel, dem der Winde Schatz zur Obhut aufgetragen,
Ob verlischt der Alten Lampe, was kann ihm wohl daran liegen?
O der du nach dem täglichen Brote suchst, setze dich ruhig hin, es zu verzehren, und der du von dem Verhängnisse gesucht wirst, gehe nicht fort, denn du kannst dem Tode nicht wehren.
Ob um den Unterhalt du dich bemühst, ob nicht,
Wird der Allmächt'ge ihn zu senden nicht vergessen.
Und wärst du in des Löwen oder Tigers Schlund,
Ist dir es nicht verhängt, sie werden dich nicht fressen.
Was nicht bestimmt ist, kann die Hand nicht erreichen, und was bestimmt ist, wird sie überall, wo es auch sei, erreichen.
Du weißt, wie einst der Zweigehörnte gelangte zu den Finsternissen
Mit Müh' und Not, und dennoch durft' er vom Lebenswasser nicht genießen.
Ein Fischer, dem es nicht beschert ist, wird im Tigris keinen Fisch bekommen, und ein Fisch, dem es nicht bestimmt ist, wird auf dem Trocknen nicht umkommen.
Der arme Gierige durchläuft die ganze Erde,
Er läuft dem Brote nach, der Tod läuft hinter ihm.
Der gottlose Reiche ist ein Ziegelstein mit Gold verziert, und der fromme Arme ist ein schönes Gesicht mit Erde beschmiert; dieser ist Moses Rock mit Lappen geflickt, jener ist Pharaos Bart mit Perlen geschmückt.
Das Unglück der Guten hebt das Angesicht zur Freude, und das Glück der Bösen neigt das Haupt zum Leide.
Wer Rang und Glück besitzt und doch
Die wunden Herzen nicht gewahrt,
Sag' ihm, daß in der andern Welt
Nicht Rang noch Glück für ihn bewahrt.
Der Neidische geizt mit Gottes Wohltaten, und feindet den schuldlosen Menschen an.
Einst hört' ich, wie ein hochgestellter Mann
Verlästert ward von einem neid'schen Wicht.
O Herr, rief ich, daß du nicht glücklich bist,
Das ist die Schuld der Glücklichen doch nicht.
O wünsche du dem Neidischen kein Unglück an,
Unglück hat er schon selbst genug zum Überdruß.
Nicht nötig ist es, daß du an ihm Feindschaft übst,
Die Feindschaft hat er schon, sie folgt ihm auf dem Fuß.
Ein Lehrling ohne Lernbegierde ist ein Liebhaber ohne Gold, und ein Pilger ohne Erkenntnis ist ein Vogel ohne Flügel, und ein Wissender ohne Werke ist ein Baum ohne Frucht, und ein Werkheiliger ohne Wissen ist ein Haus ohne Türe.
Der Koran ist darum herabgesandt worden, damit man sich im Wandel schön betrage, nicht damit man einen Abschnitt schön hersage.
Der gemeine Mann, der sich guter Werke befleißigt, ist ein einherschreitender Fußgänger, und der Wissende, der träge und untätig lebt, ist ein eingeschlafener Reiter.
Der Sünder, der demütig die Hand erhebt, ist besser als der Fromme, der stolz den Kopf aufhebt.
Ein Kriegsmann güt'ger Sinnesart und freundlicher Gebärde,
Ist besser als der menschenpeinigende Rechtsgelehrte.
Man fragte jemand: Weißt du, wem der Wissende ohne gute Werke gleicht? Er antwortete: Der Biene ohne Honig.
Sprich zu der groben ungeschlachten Wespe:
Da du nicht Honig gibst, so stich auch nicht.
Unmännliche Männer sind Weiber, habsüchtige Frömmler sind Räuber.
Um der Menschen willen machst du weiß dein Kleid,
Schwarz wird in das Buch dein Name eingetragen.
Kurz sei immer für das Gut der Welt dein Arm,
Magst du lange oder kurze Ärmel tragen.
Zweierlei Leute befreien das gekränkte Herz nicht vom Grame und ziehen den getäuschten Fuß nicht aus dem Schlamme: der Kaufmann, dem das Schiff gebrochen und der Erbe, dem die Bettelmönche zugesprochen.
Bei den Kalenders bist du vogelfrei,
Willst du mit deinem Gut sie nicht bedenken.
Wenn du mit dem im blauen Hemde gehst,
Darf dich das Blau auf deinem Haus nicht kränken.
Sei nicht des Elefantenführers Freund,
Kannst du dem Tier ein passend Haus nicht schenken.
Ist auch das Ehrenkleid des Sultans herrlich, so ist doch der eigne abgenutzte Rock herrlicher, und ist auch der Tisch der Großen köstlich, so sind doch die Brocken aus dem eignen Ranzen köstlicher.
Kraut und Essig dargebracht durch eigne Not,
Schmeckt doch besser als beim Dorfherrn Lamm und Brot.
Es ist der gesunden Vernunft zuwider und der Einsicht der Verständigen entgegen, eine Arznei nach eignem Gutdünken einzunehmen und einen unbekannten Weg ohne Karawane zu wandern. Der hochwürdige Imam Mohammed Ghasali wurde einst gefragt, wie er zu einer so hohen Stufe in der Gelehrsamkeit gelangt sei? Er antwortete: Dadurch, daß ich mich nicht schämte, was ich nicht wußte zu fragen.
Erst dann erlaubt dir die Vernunft Genesung zu erwarten,
Wenn du dem vielerfahrnen Arzt des Pulses Schläge zeigst.
Was du nicht weißt, das frage nur, es weis't des Fragens Schande
Dich auf den Weg, auf dem du zu des Wissens Ehre steigst.
Wenn du weißt, daß du etwas auf jeden Fall erfahren wirst, beeile dich nicht darnach zu fragen, denn dieses schadet deinem Ansehn.
Als Lokman einst den David sah
Mit Eisen wie mit Wachs verfahren,
Fragt' er ihn nicht: Was machst du da?
Er wußt': Ich werd' es schon erfahren.
Zu den Erfordernissen des Zusammenlebens gehört dieses: Entweder räume das Haus, oder halte zusammen mit dem Herrn des Hauses.
Erzähle stets nach deines Hörers Fassung,
Weißt du, daß er dir ein geneigtes Ohr leiht.
Sitzt ein Verständ'ger an der Seite Medschnuns,
So spricht er nur von seiner Leila Schönheit.
Wer sich zu Bösen setzt, wenn er auch ihre Weise nicht annimmt, wird sich doch ihres Wandels verdächtig machen, gleichwie wenn einer in die Weinschenke geht, man nicht denkt, daß er sein Gebet verrichten, sondern daß er Wein trinken will.
Daß als ein Tor du giltst, das kann nicht fehlen,
Willst du den Toren dir zum Freunde wählen.
Einst bat ich einen weisen Mann um Lehre;
Er sprach: Der Toren Umgang nicht begehre:
Dumm wirst du, wärst der Klügste du auf Erden,
Und bist du dumm, so mußt du dümmer werden.
Bekanntlich ist die Sanftmut des Kamels so groß, daß, wenn ein Kind dessen Zügel ergreift und es hundert Parasangen weit führt, es seinen Nacken dem Gehorsam nicht entzieht; aber wenn es an einen gefährlichen Pfad kommt, wo sein Untergang unvermeidlich wäre, und das Kind aus Unkenntnis dorthin gehn will, so reißt es den Zügel aus seiner Hand und gehorcht ihm ferner nicht mehr; denn zur Zeit wo Härte vonnöten, ist Nachgiebigkeit tadelnswert, und das Sprichwort sagt: Durch Nachgiebigkeit wird der Feind nicht zum Freunde bekehrt, sondern seine Begierde wird nur vermehrt.
Wer sich gütig dir erweiset, sei du Staub zu seinen Füßen;
Dem wirf Staub in beide Augen, der sich grob zu sein vermessen.
Rede nicht mit sanften Worten zu dem ungeschliffnen Menschen:
Nicht die weiche Feile glättet das, was von dem Rost zerfressen.
Wer andern in die Rede fällt, damit man den Vorrat seiner Weisheit kennen lerne, läßt nur den Grad seiner Torheit erkennen, und große Männer haben gesagt:
Nie gibt der Verständ'ge eine Antwort,
Außer dann, wenn jemand ihn befragt.
Wär' auch seine Rede lautre Wahrheit,
Würd' er doch des Unsinns angeklagt.
Ich hatte einmal eine Wunde unter meinem Kleide; der hochwürdige Scheich, Gottes Gnade mit ihm! fragte mich jeden Tag: Wie geht es mit deiner Wunde? aber er fragte nicht: Wo ist sie? Ich erkannte, daß er dieses darum vermied, weil die Erwähnung eines jeden Gliedes nicht anständig ist, und Verständige gesagt haben: Wer die Frage nicht gewogen fein, wird der Antwort nicht gewogen sein.
Weißt du nicht ob dein Wort vollkommne Wahrheit ist,
So bleibe stumm und laß den Mund verschlossen sein.
Wenn du die Wahrheit sprichst und in den Fesseln bleibst,
Weit besser ist's als dich durch Lüge zu befrei'n.
Die Lüge gleicht einem haftenden Schlage; wenn auch die Wunde heilt, so bleibt doch die Narbe. Als die Brüder Josephs, ihm sei Heil! sich durch Lüge gebrandmarkt, hatte man auch kein Vertrauen mehr zu ihnen, wo sie die Wahrheit sagten, darum spricht Gott: »Wahrlich, ihr habt euch die Sache leicht gemacht, o es bedarf einer schönen Geduld!«
Wer an Wahrheit sich gewöhnt, dem wird
Auch das Falsche das Vertrau'n nicht rauben;
Aber wer im Ruf der Lüge steht,
Dessen Wahrheit wird man selbst nicht glauben.
Bei dem, der stets der Wahrheit sich befliß,
Wird eine einz'ge Lüge keiner rügen;
Doch wer als Lügner aller Welt bekannt,
Wenn er die Wahrheit sagt, scheint er zu lügen.
Das erhabenste der Geschöpfe ist anerkanntermaßen der Mensch und das niedrigste der Wesen der Hund, und doch stimmen alle Weisen darin überein, daß ein dankbarer Hund besser ist als ein undankbarer Mensch.
Der Hund vergißt den einz'gen Bissen nicht,
Und wirfst du ihm auch hundert Steine nach.
Im Menschen, den du jahrelang gepflegt,
Wird durch ein Nichts Verrat und Feindschaft wach.
Wer seinen Leib pflegt, den wird man nie zu den Verdienstvollen zählen, und wem es an Verdienst fehlt, der darf andern nicht befehlen.
O schone den gefräß'gen Ochsen nie!
Je mehr es frißt, so träger ist das Vieh.
Füllst du als fetter Ochse deinen Magen,
So laß dich auch als faulen Esel schlagen.
Im Evangelium heißt es: O Adamssohn, wenn ich dir Reichtum gebe, so vergissest du meiner über deinem Gute, und wenn ich dich arm mache, so sitzest du da mit betrübtem Mute: wo willst du denn in der Süßigkeit meines Andenkens weilen, und wann willst du zu meinem Dienste eilen?
Bald im Reichtum undankbar und aufgeblasen,
Bald in Armut tief betrübt und sorgenvoll:
Weil in Freude wie in Leid dies dein Betragen,
Weiß ich nicht, was denn zu Gott dich führen soll.
Der Wille des Unvergleichbaren stürzt den einen vom Königsthrone herunter und erhält den andern im Walfischbauch munter.
Wer dein zu denken sich gewöhnt, lebt glücklich ohne Sorgen,
Und wär' er auch dem Jonas gleich im Walfischbauch verborgen
Wenn Gott das Schwert des Zornes herauszieht, müssen Prophet und Heiliger den Kopf einziehn; wenn er aber mit dem Wink der Güte blickt, so werden Böse mit Guten beglückt.
O richtest du mit Zorn am Auferstehungstage,
Steht selbst Propheten nicht der Weg der Gnade offen.
Vom Antlitz hebe auf den Schleier deiner Güte,
Daß die Verdammten auch noch auf Verzeihung hoffen.
Wer durch die Zucht dieser Welt geleitet nicht den rechten Weg ergreift, wird von der Züchtigung der andern Welt ergriffen. Gott spricht: »Wir wollen sie die geringern Strafen schmecken lassen, daß sie die größern Strafen vermeiden.«
Der Mächt'ge mahnt zuerst, eh' er mit Banden kommt;
In Bande legt man dich, wenn dir nicht Mahnung frommt.
Die unter einem glücklichen Gestirn Gebornen nehmen sich aus den Geschichten und Sprichwörtern ihrer Vorgänger eine Lehre, bevor ihre Nachkommen ihre eigenen Begegnisse zum Sprichwort machen.
Ein Vogel wird nicht zu dem Korne fliegen,
Sieht er im Netz den andern schon umgarnt.
Laß andrer Schicksal dir zur Warnung dienen,
Daß nicht dein eignes Schicksal andre warnt.
Der, dessen Ohr des Willens taub geschaffen ist, wie sollte der hören? und der, welcher in der Schlinge der Seligkeit fortgezogen wird, wie sollte der nicht gehen?
Die finstre Nacht der Freunde Gottes
Ist glänzend wie der helle Tag;
Nicht kommt dies Glück durch eigne Stärke,
Solang' es Gott nicht schenken mag.
Du bist der einz'ge Richter, vor dir, Herr! klagt dein Knecht;
Kein höh'rer Spruch als deiner, dein Spruch nur ist gerecht.
Der, welchen du geleitest, kann niemals sich verirren;
Wen du in Irrtum führest, den führt niemand zurecht.
Erst Kummer und dann Fröhlichkeit
Ist besser als nach Freude Leid.
Die Erde wird vom Himmel mit dem Regen bedacht, und dem Himmel wird von der Erde der Staub gebracht. »Jedes Gefäß sickert das durch, was es enthält.«
Siehst du, daß meine Sitten mir nicht wohl anstehn,
Laß dir nur deine guten Sitten nicht entgehn.
Gott sieht und verhüllt, der Nachbar sieht nicht und schilt.
Gott! könnten auch die Menschen das Verborg'ne wissen,
Es würde jeder bald den andern fliehen müssen.
Aus dem Bergwerke erhält man das Gold, wenn man das Erz ausgräbt, aber aus der Hand des Geizigen erhält man es nicht, wenn man sein Herz ausgräbt.
Die Schmutzigen genießen nicht und warten,
Sie finden Hoffnung besser als Genuß;
Doch einstmals siehst du wie nach Feindeswunsche
Das Gold verbleibt, der Geiz'ge sterben muß.
Wer bei den Untergebenen nicht weiß zu gedulden, muß von den Vorgesetzten Härte erdulden.
Nicht jeder Arm, den Starke tragen,
Kann auch der Schwachen Hand zerschlagen.
Dem Schwachen schaffe keinen Harm,
Es schlägt dich sonst des Starken Arm.
Wo der Verständige Streit entstehn sieht, eilt er davon, und wo er Frieden sieht, wirft er den Anker aus, denn dort ist Sicherheit am Ufer, hier ist Anmut auf hoher See.
Dem Würfelspieler würden drei Sechser gefallen, während ihm nur drei Einer fallen.
Tausendmal ist ihm die Weide mehr wohl als die Rennbahn wert,
Aber nicht nach seinem Willen lenkt Gebiß und Zaum das Pferd.
Ein Derwisch sagte in seinem einsamen Gebete: O Herr, erbarme dich der Bösen, denn der Guten hast du dich schon erbarmt, indem du sie gut geschaffen.
Der erste, der ein Alem auf dem Kleid und einen Ring an der Hand trug, war Dschemschid; als man ihn fragte: Warum trägst du denn allen Schmuck und alle Zierde auf der linken Seite, da doch die rechte die vorzüglichere ist? antwortete er: Der rechten genügt es, daß sie die rechte ist.
Auf Feriduns Befehl ward von den Stickern Chinas
Rings um sein Zelt die Inschrift eingestickt:
Die Bösen, o Verständiger, behandle gut,
Die Guten sind schon durch sich selbst beglückt.
Ein Großer wurde gefragt: Bei dem großen Verdienste, welches die rechte Hand hat, warum steckt man den Siegelring an die linke? Er antwortete: Weißt du nicht, daß immer die verdienstvollen Leute zurückgesetzt werden?
Der, welcher Los geschaffen und Geschick,
Verleiht Verdienst entweder oder Glück.
Dem Fürsten guten Rat zu geben steht nur dem frei, der weder für seinen Kopf fürchtet, noch auf Gold hofft.
Dem Frommen magst du Gold vor seine Füße bringen,
Du magst das Ind'sche Schwert vor seinem Haupte schwingen,
Er wird durch Hoffnung nicht, wird nicht durch Furcht bewegt:
So ist zum Glauben erst der rechte Grund gelegt.
Der König ist da, um die Gewalttätigen im Zaume zu halten, und der Statthalter um der Totschläger willen, der Kadhi aber sucht den Vorteil der Beutelschneider, und niemals werden zwei Gegner, die nur das Recht im Auge haben, vor den Kadhi gehn.
Weißt du genau die Schuld, die zu bezahlen ist,
Bezahle willig, nicht mit Zank und Widerstreben.
Wenn du die Steuer nicht in Güte zahlen willst,
Mußt du sie mit Gewalt des Hauptmanns Leuten geben.
Andern Leuten werden die Zähne durch Saures stumpf, dem Kadhi aber durch Süßes.
Hast du zum Kadhi als Geschenk fünf Gurken nur getragen,
Dir werden zehn Melonenfelder von ihm zugeschlagen.
Wie sollte die alte Buhlerin nicht geloben, ferner nicht nach Buhlen zu jagen, und der abgesetzte Statthalter nicht mehr die Menschen zu plagen?
Der Jüngling, der sich einsam setzt, der ist ein Held auf Gottes Wegen:
Der Alte kann von selbst schon nicht aus seinem Winkel sich bewegen.
Mut und Kraft bedarf der Jüngling die Begierde zu bekämpfen,
Keine Mühe braucht der Alte um des Triebes Lust zu dämpfen.
Einen Weisen fragte man: Von so vielen trefflichen Bäumen, welche Gott geschaffen hat, mächtig und fruchtbar, wird keiner der Freie genannt, nur die Zypresse wird es, die keine Früchte trägt; was ist denn der eigentliche Grund davon? Er antwortete: Einem jeden Baume ist ein Ertrag angewiesen und eine Zeit bestimmt; bald ist er im Besitze dieses Ertrages grün, bald welkt er dessen beraubt; für die Zypresse aber findet nichts von allem diesem statt, sie ist zu jeder Zeit grün, und das ist die Eigenschaft der Freien.
Dem was vergeht, gib nicht dein Herz; es fließt noch lange
Nach dem Chalif der Tigris in Bagdad vorbei.
Wenn du es kannst, so sei großmütig wie die Palme,
Kannst du es nicht, so sei wie die Zypresse frei.
Zweierlei Leute sterben mit Herzeleid: wer gehabt und nicht genossen, und wer gewußt und nicht gewirkt.
Bei Männern von Verdienst, die geizig sind,
Wird gern ein jeder Fehler aufgedeckt;
Hat ein Großmüt'ger hundert Fehler auch,
Sie werden von der Großmut zugedeckt.
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