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»Mondbeglänzte Zaubernacht,
Die den Sinn gefangen hält,
Wundervolle Märchenwelt,
Steig auf in der alten Pracht.«
Andern Ton vernahm ich gestern,
Ein Geschrei war's, hässlich laut,
Unsere Sehnsucht zu verlästern –
Doch schon wieder ist sie Braut!
Schleppentragend, ihr Gewand
Küssen ihr die schlimmsten Richter,
Lilienstengel in der Hand,
Folgen ihrem Zug die Dichter.
B. R.
Es giebt Wörter, denen eine geheimnisvolle suggestive Gewalt innewohnt und die uns mit einem eigenen Schauer anmuten, gleich jenen Schleiern, die ein heiliges Mysterium, indem sie es zwar dem Auge vollständig verhüllen, dem innern Sinn erst zu verrathen scheinen. Besonders stark ist diese Wirkung wohl nur auf Dichter und dichterisch veranlagte Menschen; aber bis zu einem gewissen Grad hat sie wohl jeder schon erfahren.
Das Wort »Präraphaeliten« ist von dieser Art. Nicht nur Leute, die von Kunstgeschichte eben nur so einen Schimmer haben, sondern selbst besser Unterrichtete lassen sich bei dem Klang dieses Namens allerlei unbestimmte Ideenverbindungen suggerieren. Fromme Mystik und heilige Symbolik klingen leise mit an wie die Obertöne in der Musik, und etwas wie weisse Lilien und blutrote Rosen, oder wie die Eine blaue Blume steigt, allerdings wie hinter silbernen Schleiern, vor uns auf, und unser Ohr vernimmt ein Sausen wie von Engelsflügeln ...
Haben diese Ideenverknüpfungen einen Grund?
Sie haben ihn kaum, wenn man, wie gewöhnlich geschieht, unter Präraphaeliten ganz allgemein jene Engländer versteht, von denen der Name ausgegangen ist; aber sie haben einen sehr guten Grund in Bezug auf eine Reihe englischer Künstler, die mit der präraphaelitischen Bewegung zusammenhingen, und in gewissem Sinn auch in Bezug auf diejenigen deutschen Maler, die sich zwar selber nie als Präraphaeliten bezeichnet haben, es aber in höherem (oder engerem Sinn) waren als jene Engländer. Genannt wurden die deutschen bekanntlich Nazarener. Der Name rührte von ihren Gegnern her, es war ein Schimpfname.
Auch von dem Namen der englischen Präraphaeliten wird behauptet, dass die Bezeichnung zuerst von Widersachern im feindlichen Sinn gebraucht worden sei.
Die deutsche und die englische Bewegung liegen fast ein halbes Jahrhundert auseinander; sie sind sich verwandt, aber die Verschiedenheit im beiderseitigen Charakter ist grösser als die Verwandtschaft.
* * *
Die ältere Bewegung ist die deutsche. Sie fällt zusammen mit der romantischen Bewegung in der Litteratur und ist wie diese eine Reaktion gegen die Richtung des älteren Goethe, gegen die klassizistische Richtung.
Aber was hat reagiert?
Reagiert hat, um es zunächst ganz kurz zu sagen, der Geist des Mittelalters gegen den Geist des Altertums. Weil das Mittelalter aber, litterarisch betrachtet, überwiegend romanisch oder romantisch war, so nannte sich darnach die neue Richtung in der Litteratur. Darin liegt die Berechtigung oder wenigstens die Herleitung des Namens »Romantik«.
Aber nur sprachlich war das europäische Mittelalter romanisch, seinem Geist nach war es germanisch. Und nicht der romanische Geist war es, der in der Romantik, der deutschen und der französischen, das Haupt erhoben hat, sondern der germanische Geist, der sich wieder einmal, wie im Mittelalter, eins fühlte und solidarisch mit dem christlichen Geist. Eine christlich-germanische Reaktion war's, einerseits gegen den Hellenismus der Winkelmann und Goethe, andererseits gegen den, wenn auch nicht hellenischen, so doch durch und durch unchristlichen und ungermanischen Geist der französischen Kultur des 18. Jahrhunderts – eine Reaktion, der bereits dreissig Jahre früher ein kleines Vorspiel, der Göttinger Hainbund gegen Wieland, vorausgegangen war.
Also, es war eine nationale Bewegung. Und ein lebhafter Aufschwung nationaler Bestrebungen auf allen Gebieten des geistigen Lebens nahm seinen Ausgang von der romantischen Schule.
Es war eine durchaus deutsche Bewegung. In dem Garten der Romantik trieb der deutsche Patriotismus als solcher wieder die ersten Geistesblüten. Ich sage nicht der deutsche »Geist«, ich sage der deutsche »Patriotismus«. Und so überraschend farbig und stark im Duft waren zum teil diese neuen Wunderblumen, dass die Masse der Deutschen, gewohnt an die farblose Nüchternheit des deutschen XVIII. Jahrhunderts, sie als exotisch empfunden haben und eher von Schrecken als von Freude darüber erfüllt worden sind.
Und freilich standen exotische Blumen auch darunter.
Mit den mittelalterlichen Neigungen der Romantiker verknüpften sich katholisierende. Das erregte Anstoss. Katholisch wird von vielen Deutschen geradezu als antideutsch empfunden.
Eine Zeit lang jedoch standen alle freieren Geister mehr oder weniger im Banne der Romantik. Nur die Vertreter einseitig-protestantischer und engkonfessioneller Bestrebungen wehrten sich dagegen.
Und bald that es die ganze deutsche Wissenschaft, soweit sie die Sache berührte. Die Romantik kam in Misskredit auf allen deutschen Universitäten. Romantisch wurde eigentlich zum Schimpfnamen. Und man bekämpfte die Romantik, wie man gewisse Formen und Aeusserungen des Katholizismus bekämpfte.
Dem aber lag vielleicht ein tiefversteckter Irrtum zu Grunde. In Wahrheit, und ohne dass man sichs bewusst werden sollte, bekämpfte man vielleicht in der Romantik das Christentum als solches. Denn ein christentumfeindlicher Geist beherrschte damals und bis vor kurzem die deutsche Universität. Seitdem sich das geändert hat, seitdem eine neue christliche Reaktion auf der Universität ihren Einzug hält, schaut man auch die blaue Blume der Romantik mit freundlicheren Augen an.
Das ist nur folgerichtig. Denn die Seele der romantischen Bewegung ist der christlich-germanische Geist, der im Mittelalter in keinem Widerspruch stand zum Katholizismus. Dieser Widerspruch trat erst später ein. Er trat erst ein, als sich bei den Romanen das germanische Blut immer mehr verringert, immer mehr verdünnt hatte, und mit dem germanischen Blut der germanische Geist, und als Folge dessen der Katholizismus dieser Völker immer unchristlicher, immer heidnischer geworden war, was dann, im XVI. Jahrhundert, im Jahrhundert der Renaissance, die Germanen zur Reformation: d. h. zur Abtrennung von der Kirche bewog, deren paganistischer Geist den Germanen wider das Gewissen ging.
Und nicht diesen heidnischen, diesen spezifisch romanischen Katholizismus vertraten die deutschen Romantiker und Präraphaeliten, sondern den mittelalterlichen, den christlich-germanischen Katholizismus.
* * *
So sprachen sie es wenigstens aus. So lautete ihr Bekenntnis.
Und daran können sich alle die halten, die »christlich« und »germanisch« sich nicht anders als Synonyme denken mögen, und die eine so eminent nationale Bewegung, wie die romantische war, auch als eine gut christliche darstellen möchten.
Ich habe es ja selber eben gethan.
Aber der alte Römergott hatte zwei Gesichter, und die romantische Schule hatte sogar mehrere. Wenn man frivol genug ist, kann man sogar finden, dass darin ihr ganz besonderer Reiz liegt. Wackenroder und Novalis und der Tieck des »Sternbald« sind so ein Gesicht. Aber der spätere Tieck ist ein anderes. Der alte Tieck ist sogar wieder ein anderes. Die Brüder Schlegel sind für sich allein zwei verschiedene Gesichter. Und Brentano und Hoffmann schnitten gar jeden Tag eine andere Grimasse.
Novalis war jedenfalls ein Christ im Tiefsten seines Wesens. Ein Christ und ein Mystiker. Auch entbehrte er aller Sinnlichkeit, d. h. aller plastischen Gestaltungskraft. Ihm war es am meisten um den »Geist« des Mittelalters zu thun und nicht nur um seine Farben. Er scheute sich auch nicht, es auszusprechen:
Dass die christliche Religion in Opposition steht »mit Wissenschaft und Kunst und eigentlichem Genuss«.
Er unterstreicht selber die Worte. Sein Christentum liegt nur viel mehr in »Hoffnung und Liebe« als in dogmatisch-begrifflichem Glauben, und es schlägt daher jeden Augenblick in mystischen Pantheismus um.
Des Abendmahls
Göttliche Bedeutung
Ist den irdischen Sinnen Rätsel;
Aber wer jemals
Von heissen geliebten Lippen
Athem des Lebens sog,
Wem heilige Glut
In zitternden Wellen das Herz schmolz,
Wem das Auge aufging,
Dass er des Himmels
Unergründliche Tiefe mass,
Wird essen von seinem Leibe
Und trinken von seinem Blute
Ewiglich.
Das ist Pantheismus und ist zugleich die ächte christliche Mystik des Meisters Eckhard und des Angelus Silesius.
Dagegen war Friedrich Schlegel gewiss kein Christ als er die Lucinde dichtete und die Verse schrieb:
Meine einzige Religion ist die,
Dass ich liebe ein schönes Knie,
Volle Brust und schlanke Hüften,
Dazu Blumen mit süssen Düften.
Aber er hat sich später bekehrt, und seine Bekehrung war vielleicht aufrichtig; sie war nur vielen zu neukatholisch. Auch Görres, der Redakteur des »Roten Bluts«, nahm später die »Christliche Mystik« gewaltig ernst. Und Clemens Brentano wurde ebenfalls je älter je frömmer. Er war schon von Haus aus dazu veranlagt.
Bei andern dagegen, die mit dem katholischen Mittelalter liebäugelten, blieb es eben beim Liebäugeln, beim »Flirt«. Und ob man nun Katholizismus sage oder Christentum, sie verstanden beides in ihrem besondern Sinn. Sie hatten dazu kein ernstliches Verhältnis als Menschen, sondern nur als Künstler. Sie bemühten sich nicht um den christlichen Geist als solchen, ob man ihn dogmatisch oder bloss sittlich begreift, sondern es war ihnen nur um das Aeussere der Erscheinungen zu thun, um deren Sinnlichkeit, Farbigkeit und Poesie. Sie bewiesen damit ihr Künstlertum, um das es ihnen allein ernst war. Nur um Kunst war es ihnen zu thun, nicht um Religion und Sittlichkeit; ihr Drang nach sittlicher Ungebundenheit verführte sie sogar, vielleicht weil er noch so jung war, zur Willkür in der Kunst selber ...
Je mehr ich mir die Sache bedenke, desto mehr finde ich, dass die guten Christen, dass besonders protestantische Christen am Ende doch recht haben, wenn sie dem Christentum der Romantiker nicht trauen.
Ihr Christentum war jedenfalls kein specifisch-nordisches, wie es bei uns beliebt ist; es war nicht das Christentum der Leute, die heute nach der heiligen Lex Heinze schreien.
Angeregt haben sie viel christliches Leben; aber sie selber waren nur ästhetische Menschen, keine ethischen. Sie hatten sogar schon viel Gemeinsames mit den französischen Aestheten von heute ..., die sich ja auch gern einen mittelalterlichen Anstrich geben und mit denen die neupräraphaelitisch-symbolistische Bewegung in der Malerei zusammenhängt.
Die Romantiker hatten auch, für wirklich ernste Christen, viel zu viel Verehrung für Goethe. Und Goethe selber, wie sehr er sich gelegentlich über sie ärgerte, zeigte ihnen seinerseits viel Sympathie.
Mit den Präraphaeliten d. h. mit den Romantikern in der Malerei sympathisierte er nicht.
Ihr Gesicht war einfacher. Die Romantik war wohl ihre Mutter; aber sie glichen ausschliesslich ihren Vätern, und die hiessen Wackenroder und Franz Sternbald.
Als Niebuhr die Künstlerkolonie in Rom zur Taufe seiner Tochter einlud und mit Thorwaldsen anstiess »auf die Gesundheit des alten Jupiter«, da stimmten die frommen Maler vom Kloster San Isidoro nicht mit ein, sondern erschraken in tiefster Seele und nahmen den Scherz fast für eine persönliche Beleidigung. Dante hätte wohl mit eingestimmt, er, der für den Gott seiner göttlichen Komödie keinen würdigeren Namen weiss als den des alten Olympiers.
Der streitbare Reinhart war's, der den malenden Klosterbrüdern aus Norddeutschland den Namen Nazarener gab. Das hiess nicht einfach christlich. Das hiess judenchristlich. Das hiess vor allem antihellenisch, antirömisch.
Auch fand der Papst, der römische Pontifex, keinen Geschmack an den Nazarenern.
Am meisten aber ärgerten sie Goethe. Er war wenig »gerührt« von ihrem Bestreben, »die Frömmigkeit als alleiniges Fundament der Kunst festsetzen zu wollen«. Und darin war er nur in Uebereinstimmung mit den grössten Künstlern aller Zeit. Auch Michel-Angelo meint, die ächte Kunst sei nicht edel und fromm etwa dadurch, dass sie einen frommen und religiösen Stoff behandele, oder, dass der Künstler ein frommer Mann sei, sondern sie sei es an sich und besonders durch die Vortrefflichkeit der Ausführung. Denn für die, sagt er in seiner berühmten Unterredung mit Vittoria Colonna, für die welche es begreifen, macht nichts die Seele so fromm und rein, als die Mühe, etwas Vollendetes zu schaffen. Denn Gott ist die Vollendung, und der ihr nachstrebt, strebt dem Göttlichen nach.
Zu dieser Höhe und Weite, zu diesem Liberalismus des Begriffs von Frömmigkeit vermochten sich allerdings die Nazarener nicht zu erheben. Und Goethe war gegen sie im Recht. Er war es wenigstens in diesem Punkt. Aber er wehrte sich auch gegen eine andere Strömung, die sich in der romantischen Litteratur sehr stark und in der romantischen Malerei wenigstens schwach bemerklich machte, gegen die Forderung einer nichteklektischen, sondern einer national-eigentümlichen, einer individualistisch lebendigen Kunst. Und das war sein Unrecht. Er war hier im Widerspruch mit sich selber, mit seiner eigenen Jugend, mit seinen besten Schöpfungen.
* * *
Die romantische oder christliche Bewegung war demnach in der Malerei enger und ängstlicher als in der Litteratur. Darüber wird man sich nicht verwundern, wenn man in's Auge fasst, welche Leistungen auf beiden Gebieten unmittelbar vorausgegangen waren, und wie viel günstiger, in diesem Sinn, die Romantiker daran waren, als die Präraphaeliten.
Die Romantiker hatten als Vorgänger Goethe und Schiller, um nur diese beiden zu nennen. Schiller lehnten sie ab und ebenso eine gewisse Phase der Entwicklung in Goethe. In dieser Ablehnung lag ihr reaktionärer Charakter.
Aber viel mehr als ihre Aesthetik ablehnte, erkannte sie an, so vor allem den jungen und den mittleren Goethe, den Goethe des Werther und des Wilhelm Meister, des Götz und des Egmont, den Goethe des Faust und den ganzen Goethe als Lyriker.
Ihre Aesthetik stammte eigentlich aus Goethe, war von Goethe abstrahiert. Und sie hatten dessen kein Hehl. Sie gruben wohl auch das Nibelungenlied aus und die alten deutschen Volksbücher; aber ihre Theorie von Dichtung und Dichter war im wesentlichen aus Goethe geschöpft.
So waren sie reiche Erben.
Im Theoretischen beerbten sie sogar den missachteten Schiller, dessen Definition von Genie und naiver Dichtung sie zu der ihrigen machten. Und noch viele andere Quellen flossen ihnen. Ueberall konnten sie hernehmen: von Bürger die Leonore und die Sonette, von Hamann den Mysticismus, von Herder die Begeisterung fürs Volkslied, von Reinhold Lenz den Kultus des Genies, vom Maler Müller die Genovefa.
Und also war die romantische Schule nur in einem äusserst beschränkten Sinn eine Reaktion. In der Hauptsache war sie eine Fortsetzung.
Besonders war sie die Fortsetzung des Goethe'schen Weges, ehe derselbe in den Klassizismus einlenkte.
Ich weiss in der ganzen deutschen Litteratur keinen so reinen Anklang an Goethe'sche Lyrik als das Hardenberg'sche
Hätten die Nüchternen
Einmal gekostet,
Alles verliessen sie,
Und setzten sich zu uns
An den Tisch der Sehnsucht,
Der nie leer wird.
* * *
Was hatten aber die Präraphaeliten fortzusetzen? Einfach nichts. Ihre Vorgänger waren eben die, die es zu überwinden galt.
O ja, auch für sie gab es einen Goethe. Er hiess Albrecht Dürer. Aber seine Werke lagen nicht um drei Jahrzehnte zurück, sondern um drei Jahrhunderte. Das war für sie zu fern. Der Weg war zu weit. Sie fanden ihn nicht. Und Wackenroder und Franz Sternbald, die kunst- und frömmigkeitstrunkenen Schwärmer, konnten zwar Sehnsucht wecken; aber zu sichern praktischen Wegweisern waren sie doch nicht ganz tauglich.
Diesen Weg wenn sie gefunden hätten! Dürer wenn sie hätten begreifen können, Dürers Werk in seinem Realismus der Form, in seiner Wahrheit der Empfindung, Dürers Werk als Spiegel eines besondern Volkes, einer besondern Landschaft, einer besondern Erfassung der Religion, nämlich des deutschen Volkes, der deutschen Landschaft, des deutschen Christentums!
Er wurde gefunden, dieser Weg, aber viel später.
Zunächst schlugen die Suchenden einen andern Weg ein. Und scheinbar war's ein weiterer Weg. Denn man sollte meinen, dass es zu den Italienern des Quattro Cento weiter wäre als zu Albrecht Dürer. Aber das ist ein Irrtum. Wenigstens für jene Maler war dieser Weg viel näher. Bei Michel-Angelo und Raphael stand ja die ganze Welt, besonders die deutsche. Sie bildete sich's wenigstens ein, und Carstens und Mengs, was man auch von ihnen halten mag, waren jedenfalls viel weiter entfernt von Albrecht Dürer als von Raphael.
Und die jungen Reaktionäre selber, die man dann Nazarener nannte, hatten doch eigentlich dasselbe Schönheitsideal wie jene, an dem sie nur die Frömmigkeit vermissten.
Frömmigkeit, Gemütsinnigkeit, Keuschheit, mit einem Wort eine christliche Seelenverfassung wollten sie wieder mit der Schönheit verschwistern, mit der Schönheit, die sich im Grossen und Ganzen auch für ihre Augen kaum in andern Linien zeichnete als für Raphael Mengs, nämlich in Raphael'schen Linien.
War also nur das kleine Schrittchen zu thun vom Schüler zum Lehrer, vom sinnlich weichen und gelegentlich üppigen Raphael zum frommen und gemütsinnigen Perugino. Der Fra Angeliko und sein Schüler Benozzo Gozzoli standen dann auch nicht mehr fern.
Es ist aber charakteristisch für die Brüder von San Isidoro, dass der Peruginer sie vor allen anzog, der Süsslichste von allen, der am meisten Schablonenhafte, in der Composition wie in der Ausführung, der am wenigsten Strenge, der seine zahlreichen Tafeln keineswegs immer mit jener frommen Hingabe und innerlichen Versenkung gemalt hat, die ihm die Nazarener zuschrieben – der oft geradezu ein handwerksmässiger Virtuos war im »Herunterhauen« seiner frommen Heiligen. Aber er wich am wenigsten von Raphael ab, und Raphael war auch den Nazarenern am vertrautesten.
Und sie suchten bei ihren Meistern und Vorbildern nicht sowohl handwerklich künstlerische als vielmehr sittlich-religiöse Verdienste. Sie hielten die Frömmigkeit und was damit zusammenhängt für die conditio sine qua non eines christlichen Malers. Sie hatten den Vasari kaum gelesen, der sie, gerade in Bezug auf ihre präraphaelitischen Lieblinge, eines bessern oder wenigstens eines andern belehrt hatte.
Und sie machten den Carstens, Mengs und Genelli nicht den Vorwurf der handwerklich-malerischen Unfähigkeit, der berechtigt gewesen wäre, sondern den, dass ihre Formen »heidnisch« seien. Sie warfen ihnen auch nicht vor, keine Originale sondern blosse Nachahmer zu sein; im Gegenteil, sie stellten sich selber in Rom keine höhere Aufgabe als kopierend nachzuahmen.
In diesem wesentlichen Punkt unterscheiden sie sich um kein Haar von ihren Gegnern. Wie jene wollten sie nicht von der Natur lernen, sondern von den Meistern der Vergangenheit, nicht an der Natur sich begeistern, sondern an Bildern. Jedem Naturstudium gingen sie ängstlich aus dem Wege. Sie fürchteten, die Wirklichkeit könnte ihre Begeisterung abkühlen, könnte die Hoheit und Reinheit ihrer innern Gesichte beeinträchtigen. Die sinnliche Seite der Kunst war ihnen verdächtig, sie wollten nur die geistige. Und so lebten sie nicht nur zusammen in mönchischer Gemeinschaft, sondern, wie die Mönche des Mittelalters, anerkannten sie nur ein einziges reines Weib, die Madonna, und nur Eine reine und heilige Beziehung zum Weibe, den Kultus der Madonna. Jedes andere Verhältnis empfanden sie als unrein und sündhaft. Und sie kehrten ihre Blicke hinweg vom Weib als von einer Gefahr.
Goethe beschreibt einmal eine Danaë, ich weiss nicht welche. »Freilich, unseren Meistern, fügt er hinzu, welche sich mit trauernden Königspaaren beschäftigen, ist dergleichen ein Aergernis, und den Schülern, die sich in heiligen Familien gefallen, gewiss eine Thorheit.«
Das war noch mild ausgedrückt im Hinblick auf die Nazarener.
Und dennoch waren die Gegner Overbecks und seiner Freunde in einer sonderbaren Lage, wenn sie über die »Klosterbrüder« spotteten. Sie spotteten damit eigentlich ihrer selbst und wussten nicht wie. Diese Schüler des grossen Heiden Winkelmann, diese norddeutschen Protestanten, der gewaltige Carstens vor allem, sie waren ihrerseits erst recht Asketen, in ihrer einseitigen Bevorzugung der Linie, als des geistigen, und ihrer protestantischen Verachtung der Farbigkeit, als des sinnlichen Elementes der Kunst. Sie waren Asketen, vielleicht nicht im sittlichen aber sicher im künstlerischen Sinn des Wortes. Und die grösste Ironie an der Sache ist die, dass dieser künstlerische Asketismus sich auf die zwei grössten deutschen »Heiden« stützte, auf Winkelmann, von dem er so recht eigentlich seinen Ursprung nahm, und auf Goethe, der ihn begünstigte ohne es zu ahnen.
Die Nazarener haben dann das asketische Kunstideal, (das wohl den Deutschen ein wenig im Blute lag), nur erweitert zu einem asketischen Sittlichkeits-Ideal.
Im Kunstbetrieb selber waren sie sogar weniger asketisch, sie strebten sogar nach der Farbe. Im Vergleich zu Carstens und Genelli waren ihre Bilder wirklich farbig.
Und hier liegt ihr erstes Verdienst. Hier liegt ihr Recht gegen die Classizisten.
In der Farbe sind die Nazarener ein Fortschritt. Ihre Farben sind zwar noch unbeholfen, kindlich naiv; aber es sind doch Farben, helle Farben, die fast wie Freilichtfarben wirken und die, wenn sie von vorneherein vollauf gewürdigt worden wären, verhindert haben müssten, dass noch durch länger als ein halbes Jahrhundert der konventionellbraune Atelierton unsere moderne Kunst verdüsterte und verfinsterte und unsere Augen blind machte gegen die strahlenden Wunder eines Arnold Böcklin.
Im Städel'schen Institut zu Frankfurt hat Overbeck den »Triumph der Religion in den Künsten« und Veit »die Einführung der Künste durch das Christentum in Deutschland« gemalt. Beide Werke sind schon oft recht abfällig beurteilt worden, besonders das von Overbeck mit seiner fast lächerlichen kompositionellen Abhängigkeit von Raphael, dessen Disputa und Schule von Athen es in eins zusammen komponiert. Aber diese Abhängigkeit in Linienführung und Composition teilt die klassizistische Kunst mit der nazarenischen. Diese jedoch verfügt über einen Reiz, den jene ganz und gar entbehrte, den Reiz der Farben.
Mit alten Italienern und alten Deutschen darf man die beiden Bilder in ihrem farbigen Wert freilich nicht vergleichen. Aber wenn man von diesen und einigen neueren absieht, sind jene die farbigsten in der ganzen Galerie. Alle nicht voreingenommenen Betrachter werden darin mit mir übereinstimmen. Auch ganz naive Landleute werden meiner Meinung sein, wessen ich mich keineswegs schäme.
Man kann mir entgegenhalten: was ich farbig nenne, sei nicht farbig sondern bunt. Ich möchte aber wissen, wie Buntheit ohne Farben entstehen sollte. Gewiss sind jene Bilder bunt, d. h. sie entbehren einer feineren Harmonie und Zusammenstimmung der Farben, die allein ein gebildetes Auge befriedigen kann. Gewiss ist es eine rohe Farbigkeit, wenn man so will; ich habe nichts dagegen. Aber das hat man auch lange lange Zeit von Böcklin'schen Bildern gesagt.
Und Overbecks Bemühen in Farben war eben ein erster Anfang, ein erstes Tasten. Das muss man natürlich im Auge behalten, um ihm gerecht zu werden.
Für mich liegt ein ungeheuerer Reiz in diesem ersten farbigen Stammeln. In diesem Sinn sind die Nazarener für mich Präraphaeliten, d. h. aufrichtig Suchende, Versuchende, dankbar Werdende, und also auch Versprechende. In diesem Sinn ist mir ihre Kunst eine solche, die trotz allem scheinbaren Gegenteil nicht in die Vergangenheit weist, sondern in die Zukunft, eine grüne Keime-Kunst, keine abwelkende, absterbende Zweig-Kunst.
Was haben denn die Leute in der Mitte unsers Jahrhunderts von der abgeklärten Farbenharmonie der grossen Mal-Künstler gelernt? Eine braune Sauce. Nicht indem man von dieser gedämpften vornehmen Fertigkeit und Abgetöntheit ausging, konnte man die verlorene Farbe wieder finden, sondern indem man die naiven und unbeholfenen Anfänge dieser Nazarener, mit Zuhilfenahme der Natur selber, bis zur Meisterschaft, bis zum wohlgestimmten klangreichen Akkord weiter bildete. Nicht ein Fertiges, nicht ein in seiner Art Vollkommenes, sondern ein Unfertiges hat zu aller Zeit zum Weiterschaffen gereizt. Wenn irgendwo, so hat das Wort Goethe's hier einen Sinn:
Was du ererbt von deinen Vätern hast,
Erwirb es, um es zu besitzen.
Glaube nicht, es von ihnen einfach übernehmen zu können!
Overbeck selber ist auch nicht immer so grell in den Farben wie in dem Frankfurter Bild; sogar sind fast alle seine übrigen Bilder feiner gestimmt. In ihrer Farbe liegt ihr besonderer poetischer Reiz. Die Linie konnte er dem jungen Raphael oder dessen Lehrer nachmachen, hier zwang ihn die Not nicht zur Originalität. Die Reproduktionen dieser Werke wirken desshalb auf uns nicht anders als Kopieen. In der Farbe dagegen fehlte es ihm an der Möglichkeit, ein Kopist zu sein. So wurde ihm hier die Not zu einer Tugend. So gab er in der Farbe ein Eigenes, wie unzulänglich es auch sein mag. Und noch in höherem Grade gilt dies von Eduard Steinle.
Es gilt aber nicht in gleichem Masse von den übrigen Nazarenern, von Veit, von Schadow, von Schnorr, die alle in anderer Beziehung ja bedeutender sein mochten als Overbeck. Und es gilt im geringsten Masse von Cornelius, der, obwohl der bedeutendste Geist der Gruppe, vielleicht am wenigsten Maler war von allen, dessen spätere grosse Wirksamkeit übrigens nichts mehr mit dem Nazarenertum zu thun hat, womit er höchstens noch zusammenhängt durch den allgemein christlichen Gehalt seiner in Bildern vorgetragenen Philosophie.
Denn dieser merkwürdige Mann war vor allem ein Philosoph. Ja es scheint das sein grösster Stolz gewesen zu sein. Ganz Deutschland war damals philosophisch. Ganz Deutschland hatte sich berauscht an Hegel und seiner Philosophie. Sogar die Maler waren davon ergriffen, sie wollten nicht in erster Linie Bilder malen, sondern Ideen. Ein Bild hatte nach der damaligen Aesthetik nicht ein Ding darzustellen, sondern eine Idee hinter dem Ding. Die Kunst sollte nicht für die Sinne da sein, sondern für den Verstand. Das Abstrakteste glaubte man noch malen zu können.
Oder vielmehr, man hatte wohl eine Ahnung, dass es sich nicht malen lasse. Und was folgerte man daraus?
Antwort: Dass es sich mit dem Malen überhaupt nicht der Mühe lohne – da man ja doch das Malenswerteste, das Abstrakte, nicht malen könne!
Man vernachlässigte also das Handwerk der Malerei. Der grosse Cornelius gab das Beispiel dazu.
Durch ihn ging das naive koloristische Bemühen Overbecks wieder verloren. Das erste schüchtern farbige Blümchen im Jahrhundert der Farbenrenaissance erfror zunächst; es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht.
Nicht besser erging es einem andern Bemühen der Nazarener, demjenigen um die Freskomalerei. Mit geradezu erstaunlicher Kühnheit hatten sich die jungen Leute, Cornelius unter ihnen, an diese verlorene Technik herangemacht. Die Fresken der Villa Bartholdy zu Rom sind auch ihr ruhmreichstes Werk. Durch eine fleissige Fortführung dieser Anfänge, nach der Seite des handwerklich malerischen hin, hätte Deutschland Schule machen können für ganz Europa.
Nun sind unter Cornelius zwar genug Wände bemalt worden. Aber der Meister – wenn das Wort nicht zu gering für ihn ist – sah mehr auf die Idee als auf die Malerei.
Das war jedoch nirgends übler angebracht als bei solchen monumentalen Aufgaben. Bei Skizzen, bei Blättern für die Mappe, da mag immerhin die Conception, da mag der Gedanke die Hauptsache sein. Aber Wände mit Malerei bedecken, das heisst wirklich nicht, Steine redend machen, das heisst nicht, die Wände in Professoren der Geschichte oder gar der Philosophie verwandeln, sondern das heisst die Wände schmücken. Also muss die handwerklich solide und sinnfällig schöne Ausführung die Hauptsache sein.
Sie war aber für Cornelius und seine Schule die grosse Nebensache, und so wuchs zuletzt auch aus dieser vielversprechenden Blüte eigentlich eine taube Frucht.
Wackenroder in seinen »Herzensergiessungen«, wie auch Tieck in seinem »Sternbald«, wiesen nachdrücklich auf Nürnberg und Albrecht Dürer hin. Der seltsame Klosterbruder und Referendarius bei dem Kammergericht zu Berlin hatte für den deutschen Meister wirkliches Verständnis. Sein »Ehrengedächtnis Albrecht Dürers« enthält mehr als bloss schwärmerische Begeisterung und steht dem berühmten Aufsatz von Goethe über Erwin von Steinbach nicht unwürdig zur Seite. Wackenroder weiss das Charakteristische in der deutschen Kunst sehr gut hervorzuheben, wenn er an Dürer rühmt, von seinen Menschen sei ein jeglicher »aus der Mitte der Natur herausgenommen« und sei »so eigentümlich gestempelt, dass man ihn aus einem grossen Haufen heraus erkennen würde«. Kein Arm bewege sich »unnütz oder bloss zum Augenspiel und zur Füllung des Raums«, und nicht werde der Mensch vernachlässigt um der »artigen Farben willen und allerhand Künstlichkeit mit Lichtern«. Auch habe er (was Wackenroder liebt), seine Menschenfiguren »nur so bequem nebeneinandergestellt, ohne sie künstlich durcheinander zu verschränken, dass sie ein methodisches Gruppo bilden ...«
Man sieht, was der fromme Klosterbruder als Tugenden besonders betont und für nachahmungswürdig findet, sind nicht künstlerische Idealismen sondern Naturalismen. Wackenroder deckt sich hierin vollkommen mit den späteren englischen Präraphaeliten und er wies den einzig richtigen Weg, auf dem eine altgewordene und fast abgestorbene Kunst sich verjüngen und wieder ein lebendiges und treibendes Glied im nationalen Organismus werden konnte.
Dennoch hat keiner der genannten Nazarener, die doch auf sein Buch schwuren wie auf ein Evangelium, den Weg zu Dürer auch nur versucht.
Wenn sie es gethan hätten, hätten sie sich den weiten Weg nach Rom sparen können. Wir haben aber gesehen, dass allerdings der Weg nach Rom für sie der nähere Weg war, wenigstens der leichtere.
Ein wie grosser Umweg er für die deutsche Kunst war, konnte erst später begriffen werden.
Nicht nur die Herzensergiessungen und Sternbald wiesen auf Albrecht Dürer. Unausgesprochenerweise thaten es alle besseren Werke der romantischen Schule. Die erste Hälfte der »Kronenwächter« ist ganz im Stil des grossen Nürnberger Meisters. Man glaubt Dürer'sche Bilder und Holzschnitte vor sich zu sehen. Das Kölner Altarbild des Meister Stephan blickt uns auch daraus entgegen.
Und ähnliches gilt von den Elixieren des Teufels und den besten Sachen des Clemens Brentano. Alle diese Dichtungen zeichnen sich aus durch die tiefe goldgründige Farbigkeit altdeutscher Bilder.
Diese Romantiker in der Litteratur haben zwar oft, dem Eichendorff'schen Gebot zum Spott, »geklingelt, gegleist und gespielt mit Witz und Geist, und zur Sünde das Gedicht gemacht«; sie haben die Goethe'sche Idee der Weltlitteratur, nach meinem Dafürhalten eine der ganz unglücklichen, »ächtdeutschen« Ideen, im Sinne einer Allerweltslitteratur genommen, und sie haben in manchem ihrer Werke einen wahren Hexensabbat von fremden Formen und Maassen durcheinander tanzen lassen: aber sie haben auch eine schöne religiöse Kraft (die jedoch nichts mit dem Christentum zu thun hat), sie haben eine herrliche Urkraft ihres Volkes, sein tiefes Naturgefühl, sein pantheistisches Naturgefühl, in einer Weise zum Ausdruck gebracht, dass wir ihnen viele Sünden verzeihen müssen. Das Goethe'sche
O, könnt' ich doch auf Bergeshöhn
In deinem lieben Lichte gehn,
Um Bergeshöhlen mit Geistern schweben.
Auf Wiesen in deinem Dämmer weben ...
durchzieht, selber wie Geisterhauch, ihre Dichtungen und macht, dass uns aus dem Blonden Egbert oder dem Runenberg ein Schauer anweht, wie ihn sonst nur noch kleine Kinder vor ihren Ammenmärchen zu empfinden vermögen.
Mit dieser mystisch-pantheistischen Naturfrömmigkeit der Dichter wussten die Nazarener nichts zu machen; sie wurden von ihr nicht in tiefster Seele ergriffen und zu eigenen Gesichten, zu eigenem Schauen hingerissen. Sie waren keine Geisterseher. Ihnen ist der Erdgeist nicht erschienen, der Geist der irdischen Natur. Sie beteten nicht:
Wo fass ich dich, unendliche Natur,
Euch Brüste, wo, ihr Quellen alles Lebens ...
Sie glaubten nur an einen Geist über der Natur, ausser der Natur. Sie waren gute Christen. Sie waren wirklich Nazarener.
Aus ihren Bildern stieg zunächst nur ein verdünnter Weihrauchduft auf. Keine den Sinn gefangennehmende, den Sinn gefangenhaltende wunderbare Märchenwelt ist aufgestiegen in ihrer »neuen« Pracht.
Sie konnten eben die Sprache dieser Dichter noch nicht in ihre Sprache übersetzen; sie konnten die reichen Farben der Romantiker und des Schöpfers der Faustdichtung nicht mit ihren armen Pinseln wiedergeben. Er war noch nicht geboren oder war gerade daran geboren zu werden, der dies eines Tages können sollte: der das pantheistische Naturgefühl Goethes und der Romantiker aus dem ahnungsträchtigen Wort in sichtbare Bilder mit hellen Farben und Lichtern umsetzen sollte, dem in voller lichter Farbigkeit vor Augen aufgehen sollte, was in ihren weihevollsten Stunden die Dichter im Dämmer ahnten, und unter dessen Händen die deutsche Kunst eine neue Jugend in strahlender Schönheit erleben sollte.
Er, Arnold Böcklin, wurde erst die Erfüllung der deutschen Romantik in der Malerei, die Erfüllung der romantischen Märchenpracht-Sehnsucht und unbegriffenen Farbensehnsucht, die Erfüllung der ungeglaubtesten pantheistischen Träume. Denn seine Bilder sind wie eine Schelling'sche Naturphilosophie, die Kunst geworden wäre. Vor ihnen mehr als vor irgendwelchen Bildern zuvor hat der Mensch das Gefühl, als ob hier die Natur sich selber ausspreche, als ob hier die Natur sich eine neue Sprache erfunden habe, um ihr tiefstes Geheimnis zu offenbaren in neuen unerhörten weltüberraschenden Wunderblumen.
Die Nazarener waren davon weit entfernt und Rom entfernte sie noch weiter, als sie es schon von Haus aus waren.
* * *
Einer ging wenigstens zunächst nicht nach Rom, sondern folgte dem guten Wackenroder wirklich nach Nürnberg zu Meister Albrecht. Der Mann kam aber auch aus einem böhmischen Dorfe.
Aus Josef Führichs Zeichnungen zur Genovefen-Legende, von Tiecks Drama angeregt, weht zum erstenmal ein Hauch von Dürers Geist. In diesen Blättern hat ein ehemaliger Dorfknabe sein eigenes frommes Verhältnis zur Natur ausgedrückt. Das erbaut uns an ihnen.
Ich bin nicht darüber unterrichtet, wie diese Blätter zu ihrer Zeit in Deutschland gewirkt haben, ich kenne keine einzige direkte Aeusserung; aber ich weiss, dass Rossetti sie früh sah und mit Begeisterung sah, also dass sie es sind, die man als die Brücke betrachten muss, vielleicht als die einzige, zwischen dem deutschen und englischen Präraphaelismus.
Noch höher als Führichs Blätter zur Genovefa stehen seine spätem Zeichnungen zur Wendelin-Legende. Sie sind reifer und selbständiger. Die innerliche Naturfrömmigkeit des Künstlers spricht noch stärker aus ihnen.
Führich wird gewöhnlich auch zu den Nazarenern gezählt. In den genannten und noch vielen andern seiner zeichnerischen Werke ist er's nicht. In ihnen ist er, im besten Sinn des Wortes, ein Präraphaelit, einer der vielleicht nicht gerade über Raphael, aber über den Raphaelismus zurück gehen musste, zurück über die vielen falschen Raphaele, zurück zu solchen Künstlern, die noch nicht Raphael, sondern die noch unmittelbar die Natur zum Vorbild nahmen, und die ihn zu dieser Lehrmeisterin besser in Beziehung setzen konnten als jene andern, denen diese Beziehungen selber längst fremd waren.
Und so wollten auch die englischen Präraphaeliten aufgefasst sein.
Die eigentlichen Nazarener nahmen aus der romantischen Bewegung nur das christliche Element; aus Führichs Zeichnungen spricht zuerst jener Geist der Romantik, den wir loben vor allen guten Geistern, dem wir Unendliches verdanken – zunächst die Sammlung der Brüder Boisserée, die Sammlung der Brüder Grimm, die Sammlung Arnims und Brentanos – der Geist, der auch im Faust lebendig ist in Kraft, Macht und Herrlichkeit.
Und wenn wir auch die eigentliche schöpferische Leistung Führichs nicht allzu hoch anschlagen, eins macht ihn uns ausserordentlich wichtig. Wie er sich selber von dem deutschen Geist der Romantik befruchten liess, so wirkte er im Sinne dieses Geistes wieder befruchtend auf andere.
Wenn man Goethe und die Romantiker, was mir geboten scheint, zusammenfasst als Gegensatz zu Rokoko und Klassizismus, zu Orthodoxie und Rationalismus, so bezeichnet man damit die Erfüllung der deutschen Renaissance in der Litteratur. Und dieser gewaltige und reiche litterarische Frühling treibt auf dem Acker der bildenden Kunst sein allererstes Keimblatt in Führichs Zeichnungen.
Wenigstens ist es dieser Keim, der sich sichtbar weiterpflanzt. An Führich reiht sich Eduard Steinle an. Er ist ihm am verwandtesten. Doch ist er farbiger. Sein Geiger, sein Märchen vom Rhein und dem Müller Radlauf, seine Illustrationen zu Brentano's Chronika sind durchaus nicht nazarenisch, sondern präraphaelitisch, d. h. urdeutsch, ohne Beeinflussung der italienischen Renaissance. Noch reicher, noch farbiger, noch freier, in höherem Grad Dichter und Maler, stellt sich der dritte Oesterreicher zur Seite, Moritz von Schwind, dessen Bildern, in der Schack'schen Galerie, noch kein Poet gegenübergetreten ist ohne die Empfindung:
Ihm war's verliehn, aus den verworrnen Tagen,
Die um die andern sich wie Kerker dichten,
Zum blauen Himmel sich empor zu richten,
In Freudigkeit »Hie bin ich, Herr!« zu sagen.
oder:
Vom Berge gehts hinunter,
Das Posthorn schallt im Grund,
Mein' Seel wird mir so munter,
Grüss dich aus Herzensgrund.
Der Zeichner Ludwig Richter ist nicht der geringste unter diesen »Sängern im schlichten reindeutschen Gemütston ohne erborgte Melodien«. Auch Alfred Rethel mit seinen Holzschnitten des »Todentanz« darf nicht vergessen werden. Er ist sogar am meisten »Präraphaelit« unter ihnen allen; denn er klingt am meisten unter ihnen, auch technisch, an die Alten an, an Altdorfer und Dürer. Sie alle aber überragt, sowohl an Mächtigkeit des schöpferischen Vermögens wie an handwerklichem Können, der Meister vom Schwarzwald: Hans Thoma.
Diese Maler sind eine Filiation von dem jungen Goethe und der Romantik her, gerade wie die Dichter Eichendorff und Lenau, Kerner und Mörike, Storm und Wilhelm Jensen. Sie alle haben das Beste der Romantik in sich ausgebildet, das, wodurch sich die deutsche Romantik von der französischen unterscheidet: nicht die Vorliebe zu mittelalterlichen Stoffen und Kostümen, noch zu dem frommen Weihrauchduft, der darin, zwischen den Falten, zurückgeblieben sein mag, noch zu allem möglichen unmotivierten grausigen Spuk; sondern ihr Erbe ist jenes tiefinnige Verhältnis zur Natur, jenes pantheistisch religiöse Sehnsuchtsgefühl nach der Natur, jenes von heiligen Schauern begleitete Empfinden der Natur als eines Geistiglebendigen, eines Beseelt-Geisterhaften. Sie alle liebten die Stimmung:
O, süsses Graun, geheimes Weh'n,
Als knieten viele ungeseh'n
Und beteten mit mir.
Sie alle liebten das andere, noch tiefere Motiv, das zuerst aus Novalis und Tieck dunkel anklingt, und das am häufigsten und reinsten bei Eichendorff wiederkehrt:
Kennst die Blume du, entsprossen
In dem mondbeglänzten Grund?
Aus der Knospe, halb erschlossen
Junge Glieder blühend sprossen,
Weisse Arme, roter Mund,
Und die Nachtigallen schlagen
Und rings hebt es an zu klagen,
Ach, vor Sehnsucht todeswund ...
Das ist, selbst bei dem frommen Eichendorff, keine christliche Frömmigkeit mehr und hat mit Mittelalter und Ritterkostüm nichts zu thun. Nur mit gewissen Mystikern berührt sich diese romantische Auffassung. Im Allgemeinen wird die Romantik immer nur nach groben Aeusserlichkeiten beurteilt, ihre letzte und feinste Innerlichkeit wird meist übersehen.
Nach dieser innerlichen Seite hin sind die genannten Maler ihre Söhne und sind in diesem Sinn und in einer weiteren Auffassung des Wortes Präraphaeliten, in dem Sinn, in dem es eben die romantischen Dichter selber sind, als Antipoden des antikisierenden ältern Goethe, des Klassizismus und des Rokoko, des Naturalismus und des Impressionismus – in dem Sinn einer geistigen Zusammenhänglichkeit, Zusammengehörigkeit und Zusammenfühligkeit mit der deutsch-volkstümlichen Kunst vor der antiken, vor der italienischen, vor der spanisch-niederländischen Ueberflutung, vor Winckelmann und Goethe dem Aeltern, vor Rubens und Raphael. Mit den Nazarenern aber sind die jüngsten unter ihnen höchstens noch hie und da verwandt.
Doch haben die Nazarener ebenfalls fortgewirkt bis auf den heutigen Tag. Der fromme Heinrich Steinhausen in Frankfurt ist ihr Sohn. Er wurde zwar in letzter Zeit stark von Thoma beeinflusst, aber das Nazarenische ist vorherrschend in ihm. Auch Eduard Gebhard ist aus dem nazarenischen Geiste hervorgegangen, so sehr er sich durch seinen derben Realismus von den Gründern der Schule unterscheidet. Er gehört auch nicht weniger zu ihnen, weil ein starker protestantischer Accent aus seinen Werken spricht. Am reinsten aber erhielt sich der Typus des deutschen Nazarenertums in den Werken der beiden Düsseldorfer Maler, Andreas und Karl Müller, die mit ihren frommen Bildern, besonders in England, viel Ruhm und Reichtum gewannen und deren Hauptwerk, die Ausschmückung der Apollinariskirche zu Remagen, den Fresken der Villa Bartholdy wohl zur Seite gestellt werden darf. Richard Muther hat die beiden Brüder in seiner Kunstgeschichte ganz übersehen; er wird sich darüber selber schon verwundert haben.
Die englische Bewegung des Präraphaelismus ging nicht, wie die deutsche, von der Litteratur aus, sondern allein von der Malerei. Sie selber wirkte, im Gegenteil, erst auf die Litteratur zurück. Sie war auch nicht, wie die deutsche, in erster Linie eine religiöse Bewegung, oder überhaupt eine geistige Bewegung, sondern ihr treibendes Element waren, besonders im Anfang, Fragen rein ästhetischer Natur, Fragen, die zunächst nur Künstler als solche beschäftigten.
Die Malerei selber befand sich in England in einem andern Zustand als in Deutschland. Hier war sie, durch Winckelmanns und Lessings Anregung, von der antiken Plastik beeinflusst, was zur Folge hatte, dass sie sich, als Malerei, zuletzt selbst aufgab, dass sie in Carstens und Genelli, in unglaublicher Selbstbeschränkung, nur noch Linie, nur noch Zeichnung geben wollte. Die reine Malerei und alles technische Können, das sie bedingt, war bei solchen Tendenzen nach und nach verloren gegangen. Es war so sehr verloren gegangen, dass auch die Nazarener, die dem Uebelstand entgegen arbeiten wollten, sich zuletzt ebenfalls wieder auf die Zeichnung beschränkten, in der sie denn auch, wie ihre Gegner, allein ihr Bestes zu geben vermochten.
Anders in England. Hier wirkte der Einfluss der holländischen Malerei, derjenigen unter allen Schulen der Welt, die es im reinen Mal-Handwerk am weitesten getrieben und die, von den Venetianern und Spaniern abgesehen – oder auch nicht abgesehen – das höchste Farbenbedürfnis entwickelt hatte, das höchste Bedürfnis und die feinste Empfindung, besonders in Rücksicht auf harmonische Abtönung.
Und man malte nicht schlecht in England.
Aber man malte konventionell. Man malte nicht nach der Natur. Man malte nach alten Bildern. Man malte nicht die Farben, wie wir sie im hellen Licht der Sonne in der Natur sehen, sondern man malte sie, wie es um ein Jahrhundert früher den Holländern beliebt hatte sie zu malen.
Alle Welt fand das selbstverständlich.
Gegen diesen tiefeingewurzelten Konventionalismus, der von niemand als solcher auch nur geahnt wurde, traten die Präraphaeliten auf.
Was jedermann als unverbrüchlich heiliges Gesetz hinnahm, empfanden vier, noch nicht ganz zwanzigjährige Jünglinge als überkommene Gedankenlosigkeit, als Unfreiheit, als Tod und Ende der lebendigen Kunst, und verlangten Rückkehr zur Natur. Und verlangten zugleich Rückkehr zu den alten Meistern, die, strebend und sich bemühend, an der Natur gelernt hatten und von denen also Spätere am sichersten absehen konnten, wie und was von der Natur zu lernen sein möchte.
Naturalisten wollten sie sein, die jungen Stürmer. Den Weg zur Natur suchten sie. Nach ihr ging ihr Sehnen. Die grosse Malerei der letzten Jahrhunderte war ihnen – ach, ein Schauspiel nur. Wo fass ich dich, unendliche Natur, war ihr Stossgebet. Zu den alten Meistern, Italienern und Deutschen, wollten sie sich wenden, nicht um sie nachzuahmen, sondern um an ihnen die Treue gegen die Natur zu lernen. An den Nachfolgern Raphaels, ja bereits an Raphael selber vermissten sie diese Treue. Hier sahen sie an Stelle der Natur so etwas wie Tradition, wie Virtuosität. Hier begann für sie bereits die Konvention. Diese Kunst war ihnen zu fertig. Das war ein Gipfel, über den hinaus es nur Fall gab, Fall und Verfall. Da konnte nicht angefangen und nicht weiter gegangen werden. Anfangen musste man bei den Aelteren, den Unfertigeren. Dann konnte man vielleicht zu einem neuen Gipfel kommen.
Aus diesem gesunden Gedankengang heraus entsprang der Name Präraphaeliten.
Und der Vater dieser folgenreichen und fruchtbaren Bewegung ist nicht Rossetti oder gar Ruskin sondern der grosse Naturalist Madox Brown.
* * *
Ein symbolistisch-mystisches Vorspiel hatte der englische Präraphaelismus in William Blake. Er war, wie später Rossetti, Dichter und Maler zugleich. Er war aber auch eine Art Geisterseher, der die Geister malte und zeichnete, wie sie sich ihm in seinen Gesichten vorstellten, und der also dem grossen Swedenborg, welcher die Geister bloss sah, bedeutend über war.
Von Blake hängen zwei Bildchen in der englischen National-Galerie. An sie wurde ich erinnert, als ich neulich im Pan die Reproduktionen der Werke des dänischen Bildhauers Willumsen sah. Aehnliche Klimate bringen eben immer wieder auch ähnliche Früchte hervor, und wie es in der Natur spezifische Südfrüchte giebt, die dem Süden ganz allein angehören, so giebt es in der Kultur spezifische Nordfrüchte. Peter Cornelius wollte Geistiges malen im Sinn von abstrakten Ideen; diese Blake und Willumsen wollen vollends die Geister selber in Farben und Formen darstellen.
Ich meine, man muss sich hüten, diese Leute ernster zu nehmen als sie es verdienen, und als es sich verträgt mit der Würde der Kunst.
Rossetti's Bruder erzählt, Blake's Songs of Innocence and Experience hätten den jungen Rossetti besonders begeistert. Doch erwähnt er nicht, ob die Begeisterung sich auf die Dichtung oder auf die Zeichnungen bezog, und jedenfalls ist in Rossetti's malerischem Werk ein Einfluss dieser Art kaum nachweisbar.
Mag aber immerhin, besonders durch die Brüder David und Bell Skott, dieses etwas fratzenhafte Vorspiel auf die Präraphaeliten nicht ganz ohne Wirkung gewesen sein, so muss doch daran festgehalten werden, dass die Revolution dieser jungen Künstler sich zunächst, und zwar in unzweideutig naturalistischem Sinn, gegen die herrschende konventionelle Malweise und gegen nichts anderes richtete.
Vorbereitet aber wurde diese Revolution vor allem durch Madox Brown.
Brown war eben nicht auf der Londoner Akademie gebildet worden. Er hatte vielmehr die Schulen von Brügge und Antwerpen besucht. Ob damals schon dem Jüngling ein Verständnis für die alten Niederdeutschen aufgegangen war? Man möchte es fast glauben; denn als er später nach Italien kam, da sah er zu Florenz die Fresken des Masaccio, des Benozzo Gozzoli und des Ghirlandajo bereits mit andern Augen an als alle seine Zeitgenossen; da schätzte er diese Werke schon im Sinn der spätern Präraphaeliten, als anregende Werke einer jungen, werdenden, die Keime alles Kommenden in sich tragenden Kunst, von der mehr zu lernen sei als von der spätern reifen und überreifen, aus welcher, weil sie eine Entwicklung abschloss, keine weitere Entwicklung abzuleiten sei. Und so ist gewiss in Rom, wo damals Overbeck auf der Höhe seines Ruhmes stand, auch der Geist des deutschen Nazarenertums, so weit er künstlerisch befruchtend sein konnte, von Brown als ein Evangelium, als eine erfreuliche Botschaft begrüsst worden.
Denn keine religiösen, nur künstlerische Präoccupationen beschäftigten und beunruhigten Brown. Er hatte vor allem ein künstlerisches Gewissen. Die Malerei war seine Religion. Wie eine Sünde bedrückte es ihn, dass er die Natur nicht so sah, wie alle Welt sie malte, oder vielmehr, dass er sie nicht malen sollte, wie er sie sah.
Das wollte er aber fortan. Ernstlich wollte er es. Er wollte nicht mehr »lügen« mit seinen Bildern. Mit der ganzen Welt wollte er den Kampf aufnehmen.
Er malte als Erster Bilder im freien Licht.
Und dieser Mann, der als Künstler in England eigentlich nie zu Anerkennung gekommen und in höchster Verarmung gestorben ist, dieser Naturalist, dieser englische Courbet, er hat, obwohl er der »Bruderschaft« nicht förmlich beitrat, die ganze präraphaelitische Bewegung veranlasst. Er hat wenigstens den ersten mächtigen Anstoss dazu gegeben.
Wie das gekommen ist, wird in einem spätern Essay wiederholt berührt werden. Denn wenn Madox Brown der Vater war des Präraphaelismus, so war Dante Gabriele Rossetti seine Seele. Und man wird von vornherein vermuten, dass es auf Rechnung dieser Seele kommt, wenn die ursprüngliche naturalistische Tendenz mit der Zeit eine starke Abbiegung erfuhr.
Und das ist geradezu die Formel für den englischen Präraphaelismus: es war ein junger Naturalismus mit einer mystisch-poetischen Seele, mit einer Seele voll religiöser Stimmungen, voll heimweh-kranker Sehnsucht nach der Schönheit. Das Wort des Dichters Keats »A thing of beauty is a joy for ever« wurde die Losung, und die Poeten spielten mit der Zeit keine geringere Rolle in dem Kreis als die Maler selber. Ja das Interesse für die Poesie überwog bisweilen und drückte der ganzen Bewegung ihren eigentümlichen Stempel auf.
Noch ein anderer Ausspruch von Keats wurde zum Lieblingswort: »The poetry of earth is never dead«. Und damit berührten sich die Präraphaeliten sogar wörtlich mit demjenigen deutschen Dichter, dessen dichterischer Stimmungsgehalt dem der Maler, die als die deutschen Präraphaeliten bezeichnet werden können, am meisten verwandt ist. Wie Keats meint auch Eichendorff:
Der Dichter kann nicht mit verarmen;
Wenn alles um ihn her zerfällt,
Hält ihn ein göttliches Erbarmen –
Der Dichter ist das Herz der Welt.