Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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XV. Brief.

Antwort auf den vorhergehenden.

Ihr böses Gewissen, lieber Freund – verzeihen Sie mir diesen Eingang, spricht aus Ihrem ganzen Brief heraus. Wollten Sie mir Staub in die Augen werfen, daß Sie gleich damit anfangen, sich anheischig zu machen, bisher unwiderleglich geschienene Dinge zu beantworten? Ich habe viel erwartet. Sie haben sich auch wirklich mit einem langen Brief in Unkosten gesetzt. Desto kürzer aber, Ihnen zur Strafe, soll meine Antwort seyn. Ein gutes Gewissen bedarf wenig Worte. Nicht ausführlich, aber desto bündiger, will ich Ihnen vorlegen, was jeder, der nicht durch die Brille nach den Mönchen guckt, für solide Wahrheit halten wird. Ihren Lobserhebungen nach, die Sie dem Cölibat machen, sollten Sie heute noch sich von Ihrer lieben Hälfte scheiden lassen. Wissen Sie, daß dieses aus Ihren Deduktionen nicht nur für Sie selbst, sondern für jedermann folgt, und daß ein Landesherr nicht väterlicher für seine Unterthanen sorgen kann, als wenn er ihnen kurz und gut den Ehestand verbietet? Wenn der ehelose Stand für die Gesundheit der Mönche vortheilhaft ist, so ist ers auch für die Gesundheit aller Menschen. Denn die Mönche und Nonnen sind Menschen, wie andere. Ihre Aerzte und Arzneybücher fechten mich nicht an. Das kann kein vernünftiger Arzt sagen, was Sie sagen, oder er behauptet, Gott habe deswegen zweyerley Geschlechter erschaffen, damit sie einander fein gewiß um ihre Gesundheit , Leib und Leben bringen. Und was wollen Sie mit Ihrer Liste der alten Cardinäle? Sind das die Leute, die das ganze menschliche Geschlecht ausmachen? Aus Achtung für dieses heilige und ehrwürdige Collegium will ich erst meinen Hauptzweifel nicht vorbringen, der Ihr ganzes Gebäude nicht nur wankend machen, sondern gar stürzen würde. Der ehelose Stand soll ferner vortheilhaft für die Seele der Mönche seyn! Gott, was das für ein Ausfall wider deine Liebesabsicht ist, alle Menschen, nicht die Mönche und Nonnen allein, selig zu machen! Wenn es in einem ganzen Land 100 und 1000 unglückliche Ehen giebt, sind es denn alle? Geschwind, bekennen Sie mir, daß Sie sich da gröblich übereilt haben. Der Mann, den Sie durch ein böses Weib in Unordnungen und denn geraden Wegs in die Hölle hinein gerathen lassen, kann ja – wie viele Exempel hat man von diesem Fall, – sich eben diese Züchtigung zu einem ernstlichen Christenthum treiben lassen, und also erst selig werden, da er vielleicht sonst, wenn ihm alles nach Wunsch gegangen wäre, den Weg zur Hölle betreten hätte. Nun, was Sie weiter sagen, daß der Cölibat eine Wohlthat für die Mönche in Ansehung ihrer äusserlichen Verhältniß sey, ja – das ist so, daß ich zur Ehre der Mönche wünschte, daß Sie es nicht gesagt hätten. Denn es ruhet auf einem Felsengrunde – scilicet. Der Mönch hat also kein anderes Interesse, als das Heil seiner Seele? Er wandelt nur auf Erden, aber sein Herz ist im Himmel! Wenn das ein Mönch liest, so wird er sich des Lachens nicht enthalten können, und sich in seinen Busen hinein freuen, daß man von ihm und seines gleichen so viel Gutes Denkt, das er selbst nicht glaubt. Ihre Freyheit von äusserlichen Verbindungen wenden die Mönche ganz anders, als zum Besten der menschlichen Gesellschaft, an. Sie benutzen sie zur Vergrößerung der äußerlichen Macht des Pabstes, der ihnen ihre Dienste hinwiederum im Zeitlichen wacker zu vergelten weiß. Eine Hand wascht die andere. Das ist eben die Klage der Bestgesinnten in der katholischen Kirche, und ich hoffe, der Zeitpunkt sey nahe, daß ihr abgeholfen werde. Aber wissen Sie was, – ehe ich auf Ihr Entvölkerungssystem komme, muß ich vom Schaden des ehelosen Standes der Mönche für die menschliche Gesellschaft etwas sagen, das Ihnen gewiß einleuchten wird. Lebten die Mönche im Ehestand, und zeugten Kinder, was würden das für vortrefliche Geschöpfe seyn! Tugend und Gottseeligkeit brächten sie aus Mutterleibe mit. Ihre Erziehung könnte nicht anders, als ein Meisterstück der Erziehung seyn, worüber alle unsere Erziehungsmeister in diesen Tagen sich in ihr Herz hinein schämen müßten. Sie müßten natürlicher Weise auch Mönche und Nonnen werden, wie ihre Väter und Mütter, gerade, wie unter den Laien der Schuster seine Söhne auch zu Schustern macht. Was für ein auserwählter Saame zu einer Nachkommenschaft, der von den Engeln nicht viel unterschieden seyn würde! Erst neulich wollte mir zwar ein Spötter das Argument gerade umkehren. So wenig er für den Mönchsstand eingenommen ist; so lobte er doch die Verordnung der Kirche in Ansehung des Cölibats. Er mahnte mich an Aesops Fabel bey Gelegenheit der Hochzeit eines Diebs. Boshaft und ungerecht genug gegen die Mönche! Erlauben Sie mir nun, nur noch ein paar Worte über Ihre ausgesuchte Gedanken wegen der Entvölkerung. Sie kommen am besten weg, wenn Sie eingestehen, daß das Satyre war. Denn darauf kann Ihnen jedes Kind antworten. Schwätzen Sie mir von dem volkreichem und armen China vor, was Sie wollen; ich setze Ihnen das bevölkerte, von Natur arme, aber durch Fleiß und Arbeitsamkeit reiche Holland entgegen. Ist Spanien reich oder arm? Antworten Sie. Und das ist das Paradies der Mönche. Die Armuth hat dieses von der Natur so unvergleichlich geseegnete Königreich der Entvölkerung, und die Entvölkerung den Mönchen zu danken. Und so ists auch im Kirchenstaat. Ich schone Ihrer, daß ich hier abbreche. Schmidt hat in seiner Geschichte der Deutschen recht. Aber das haben die Mönche vor etlich 100. Jahren gethan. Jetzt geschiehet solches nicht mehr von Ihnen.

Leben Sie wohl.

Ende des I. Bändchens.

Im II. Bändchen sollen die Leser die Fortsetzung dieser Correspondenz inne werden.


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