Johann Kaspar Riesbeck
Briefe über das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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Zwölfter Brief.

Den 29ten. May. 1770.

Ich komme wirklich von Hrn. Gutmann nach Hause, und finde deinen Brief, der mir so angenehm als beruhigend ist. Wie ich sehe, so bist du mit mir, was unsere Obere und den Mönchen=Despotismus betrift, in gleichen Umständen. Allein, Gott hat dich mit ererbten Mitteln, und bessern Amtseinkünften, als mich, gesegnet. Du hast bereits eine zahlreiche Bücherversammlung, und Gelegenheit genug, dich mit vernünftigen Leuten zu besprechen. Ich aber habe mit allem meinem guten Willen noch keine Stunde zur Besserung meines rohen Verstandes anwenden können, als seit dem glücklichen Augenblick, der mich zur Bekanntschaft mit meinem so wohlthätigen alten Hofmeister geführt. Dieser rechtschaffene Mann fährt fort, sich meiner Unwissenheit zu erbarmen. Ich bin in seiner Gesellschaft nichts als Ohr, und, wenn mich nicht die Bescheidenheit zurückhielte, so würde ich ihm den ganzen Tag über dem Hals sitzen. Er nennet mich immer seinen pythagorischen Schüler, weil ich schweige, lehrbegierig zuhöre, und seiner Redlichkeit unbedungen glaube.

Heute zwar bin ich nicht so stumm als gewöhnlich gewesen; denn ich erzählte ihm alle meine Abentheuer mit dem Dechant und beyden Franciscanern. Wie liebreich hat er sich nicht geäussert, daß er meine Nothlügen zu Wahrheiten machen, und bey seinem ersten Ausfahren in die Stadt dem Dechant einen Besuch geben wolle. Wenn ich dadurch nur so viel zuwegebringe, sagte er, daß er ihnen, Herr Pfarrer, den Umgang mit mir zu keinem Laster aufrechnet, so habe ich gewonnen genug. Da sie mein pythagorischer Lehrling sind, so wollen wir, nach dieses friedliebenden Weltweisens Grundsäzen, den Krankheiten des Staatskörpers und der Unwissenheit des Geistes vorzüglich den Krieg erklären. Den Herrn Dechant werden die sieben Weisen aus Griechenland nun nicht mehr bessern: Seine Art zu denken ist mit in seine schon steife und bejahrte Natur verwebt:

Expellas furca, tamen usque redibit.

Man muß ihm also nur ein Kerzgen anzünden, ne noceat. Das will ich gerne ohne alle Niederträchtigkeit thun. Daß sie ihm aber gar viel von meiner Hochachtung gegen ihn vorgesagt haben, ist ein wenig zu weit gegangen gewesen. Ueber ihre Franciscanergäste habe ich nichts zu sagen. Erasimus pflegte die Mönche mit dem Ausdruck zu bezeichnen, quibus mundus caruit, quando fuit optimus.quibus ... – sie verzichten gern auf den ganzen Erdkreis, wenn sie nur auf ihrem Platz die Tüchtigsten sind. Sie werden nun aus eigner Erfahrung gefunden haben, daß ich letzthin diesen heiligen Männern nicht zuviel gethan, als ich ihnen a priori ihre Eigenschaft geschildert habe. In Bethörung des gemeinen Volks durch Aberglauben, Andächtlereyen, Intriguen, Geschwätz, Heyrathsstiftungen und Fuchsschwänzen bestehet ihr ganzes Geheimniß. Dieß ist ihr Gewerb, ihr Acker und Pflug: Zu allen Zeiten war dieses ihr Geschäfte. Die eigene Erfahrungen überheben uns der Mühe, Beweise für unsere Tage aufzusuchen; aber ein paar ältere Zeugnisse, da es ihnen an Büchern fehlet, müssen sie sich doch aufzeichnen. Ludovicus Thomasinus führet in seinem Buch T. III. part. 3. libr. 2. c. 57. n. 3. an, daß Mattheus Paris auf das Jahr 1246. erzähle: In Engelland wären zwey Archidiaconi, ohne ein Testament gemacht zu haben, in einem unglaublichen Reichtum an Geld und Mobilien verstorben. Ihre Erbschaft sey also Laien, ihren Anverwandten vermuthlich, anheim gefallen. Der Pabst, welcher freylich eine so schöne Baarschaft in die Augen gestochen haben wird, forderte, daß dergleichen Verlassenschaften von Geistlichen, die ohne ein Testament verstorben, dem Apostolischen Stuhl verfallen seyn sollen, und setzet hinzu: Id ut expugnaret, Dominicanorum & Franciscanorum opera usus est. Sed invictissime restitutum à Rege est.d ... – Auch wenn es erpreßt ist, wie bei Dominikanern und Franziskanern üblich, so ist es unbedingt dem Schatzhaus des Papstes einzuliefern. Noch mehr, solche Geschichten können sie bey Hericourt Loix Ecclesiastiques Part. I. col. 105. und in dem Leben Stanislaus I. Königs in Polen T. I. p. 61. lesen. Sie wissen aber nur die Unwissenheit des grossen Haufens, mit sinnlichen Anthropomorphosien künstlich zu unterhalten; der kluge weiß freylich, was er davon zu denken hat. In unterschiedenen Landen fängt ihr Reich an zu wanken. – Vielleicht sind sie so glücklich es noch zu erleben, daß dieser Mönche Nachkömmlinge einst noch dem gemeinen Wesen nützlich werden. Aber freylich muß man sie erst ganz umschaffen – und das kömmt mir gar nicht unmöglich vor.

Projecte machen ist zwar meine Sache gar nicht. Gott soll mich und meine alte Tage bewahren, daß, wenn es auch nur ein Gedanke wäre, von mir etwas dergleichen in das Publicum käme. Vestigia terrent. Es soll mir so bald nicht entfallen, wie übel es im vorigen Jahre dem patriotischen C*** bekommen, da er mit den reinsten Absichten, wie ich glaube, aber in einem noch mit Vorurtheilen und knechtischer Unterwürfigkeit für die Mönche eingenommenen Freystaat, etwas zu ernsthaft solche Wahrheiten vertheidigt hat. Nolite tangere – – soll sich ein jeder zu seinem Morgengebet als einen Vorsatz für den ganzen Tag beschliessn: Und wem seine Gemüths- und Leibesruhe lieb ist, wer seine Tage in Ruhm und Ehre hinzubringen gedenket, der enthalte sich die Kutten zu beunruhigen, die unser Volk noch blind verehret.

Mein l. Herr Pfarrer, sagte er, denken sie immer auf das zurück, was ich ihnen vor mehrern Tagen bereits gesagt habe. Ich bin im Herzen ein guter catholischer Christ, und ehre einen rechtschaffenen Geistlichen, als den Diener unsrer Kirche, als den Nachfolger der Apostel, als den Beförderer meiner künftigen Wohlfahrt. Allein, indem ich sein Amt und seine Verrichtungen hoch schätze, so bleibt er mir immer in denen ausserkirchlichen Handlungen ein Mensch wie ich; d. i. er hat Leidenschaften, Temperamentsfehler, Schwachheiten, Vorurtheile, Erziehungsmängel und die ganze Zubehörde der an unsere Natur gehefteten Unvollkommenheiten. Lehret er mich nach der Vorschrift der göttlichen und Kirchengesetze, so thut er darinn eben so seine Schuldigkeit, wie z. Ex. der besoldete Professor einer Universität, welcher mich in philosophischen oder rechtsgelehrten Dingen unterrichtet. Er ist ein Diener des gemeinen Wesens. Ich fordere von ihm nicht, wie eine besondere Gattung Protestanten ihre Geistliche haben wollen, daß er nämlich die menschliche Natur ausziehen und eine engelreine dagegen annähmen müsse; denn das kann er nicht. Aber so lange er mein sündiger Mitmensch verbleibet, soll er mir weder etwas weiß machen wollen, noch von mir fordern, daß ich ihn, ausser seiner geistlichen Gewalt, die ihm die Weihung, aber nur in Dingen gegeben, die meine Religion erfordern, für einen Heiligenleib halten, für einen Tugendspiegel achten, und wenn ich ihn in Gesellschaft, etwan gar im Wirthshaus oder in noch fleischlichern Gelegenheiten, betrachte, dennoch in gebeugter Ehrfurcht vor ihm zittern soll. Ich muß auch gestehen, daß es der Status Petrinus, die Weltgeistliche und auch endlich der Mönch im eigentlichen Verstand, nämlich der Benedictiner, Bernhardiner, Norbertiner etc. gröstentheils nicht begehren. Aber der Mendicant ist um so eifersüchtiger auf seinen Bettelstaat. Und er entblödet sich nicht, von den Leuten zu fordern, daß er ihn desto mehr vergöttern soll, je weiter er sich von der gesitteten Lebensart der übrigen Menschen entfernet, und sich gleichsam als ein merkwürdiges Wunderthier aufführet. Er pranget mit seiner schmierigen geflikten Kutte, die er als eine unausstehliche Marter auf dem blossen Leib ausgiebt. Der männliche Weichling, das zärtliche Frauenzimmer glaubet es ihm auf sein Wort, und bedenket nicht, daß unsere Haut alles gewohnen lernet. Der Engelländer, der sich seiner Gesundheit wegen den Leib mit Bürsten reiben läßt, kann nach Verlauf eines Vierteljahrs fast keine mehr finden, die ihm nicht zu weich scheint. Ich selbst trage, gewiß nicht aus Andacht, sondern gegen mein Hüftweh, schon lange Jahre einen groben Flanell um meine Lenden. Die ersten acht Tage duldete ich das kaum erträgliche Zucken, aus Begierde meiner Schmerzen künftig überhoben zu werden. Das war bey mir der Enthusiasmus der mich bewog; und der junge Mönch hat den seinen zur Abtödung des Fleisches. Nun mag ich auch das gröbste Wollenzeug nehmen, so fühle ich es nicht mehr. Der Arme, der weder Schuhe noch Holz hat, ist viel schlimmer daran, als der Franciscaner und Capuciner der auf Sandalien gehet und im Refectorio den warmen Ofen genießt. Mit ihrem Geiseln pro forma & consuetudine hat sich noch keiner, er müßte denn stultus propter regnum caelorum gewesen seyn, eine Ribbe beschädiget. Der Soldat in dem Felde, der Gelehrte bey seiner Studierlampe, der Minister im Cabinet, der Wollüstling auf dem Ball und beym Nachtschwärmen, der Arme für sich und seine Kinder ums Brod besorgte Taglöhner, müssen sich weit mehr den Schlaf brechen, als der Mönch, der zu Bette gehen, und, wenn er es ausrechnet, seine wolgezählte sieben Stunden mit gewohnter, folglich ihm natürlich gewordener Unterbrechung ruhen kann. Des ersten rechnet man ihr Wachen zur Schuldigkeit, oder zu einem Laster; dem Mönchen aber zur seligmachenden Tugend. So unbillig sind die Vorurtheile! Das Gesang, ich mag es nicht Brüllen nennen, womit sie den allmächtigen Gott übertauben, wenn es möglich wäre, und die Nachbarschaft beunruhigen, wurde ehemals den heidnischen Pfaffen sehr übel genommen. Nun ist es als die Gottgefälligste Sache geheiliget. Sogar das Ungeziefer und der Gestank, womit der Bettelmönch ehrlicher Leute Häuser verunreiniget, das Eyergelb, womit sich St. Seraphin den Bart beschmiert, wird zum Beweis der in ihnen über andere Menschen gereinigten Seelen.

Indessen lebet ein einziges Kloster von 36 – 50 solcher Männer besser, und hat einen stärkern Aufwand, als 50 ehrbare Laien=Haushaltungen. Sie betteln kein Geld sondern nur Lebensmittel. Wer aber nicht Ehre und guten Namen verlieren will, der muß geben; und wer schon auf der Mönche vielvermögendes Vorwort bey Gott und seinen Heiligen zählet, wird ihnen nichts abschlagen. Man giebt also das Beste was man im Hause hat oder bekommen kann. Man thut sich selbst wehe; der eine, weil er es Gott selbst zu geben glaubet, der andere, weil er sich nicht mag ausrichten lassen, und auch wohl manchmal weil er nicht ohne Grund hoffet, daß es der Mönch erzählen und ihm damit ein Ansehen, ein Großthun und einen Nachklang von Reichtum verschaffen werde. Neben den Victualien ertragen die Messen eine beträchtliche Baarschaft. Und während der Zeit, da der Bauer dem Pfarrer Schuhnägelköpfe und geründeten Hammerschlag auf dem Altar opfert, trägt seine Frau 20. oder 30. gewaschene Kreuzer in das Kloster, und bittet um eine Zwingmeß, damit ihre Nachbarin, eine alte garstige Frau, die eben darum eine Hexe ist, weil ihr das Alter eine runzliche Haut und wunderlichen Humor gegeben hat, die Kuhe, welcher sie die Milch genommen haben soll, ferner unbehext lassen, und den Gänsen eine gute Brut verleihen möge. So betrüglich sind unsere bestgemeinte Urtheile und Handlungen, wann sie auf den falschen Grund des verjährten Altertums der Unwissenheit und mit dem Zeitverlauf geheiligten Aberglaubens gebauet werden. Ich muß ihnen hier, sagte er, eine Stelle zeigen, die ich erst vor ein par Tagen aus dem zwar protestantischen Buch des berühmten Abbts Jerusalems über die Betrachtung, daß Gott der allervollkommenste Geist sey, wieder gelesen habe, und sie hieher gar wohl passet. Sie ist vernünftiger, entscheidender und deutlicher als alles was ich ihnen sagen könnte. Sie dörfen das Buch nicht lesen, weil sie keine Licenz noch darzu erkauft haben; aber diesen kleinen Auszug mögen sie sich wohl merken, oder gar abschreiben.

Plato sagt, daß die Götterbilder der Egyptier auch zu seiner Zeit noch nicht schöner hätten gemahlet werden dürfen, als sie es 1000. Jahre vorher gewesen; und diese unförmliche Abbildungen hatten in den Augen der Egyptier schon allein so was heiliges, daß sie auch gleich kein Bedenken mehr hatten einen infamen Antinous unter ihre Götter aufzunehmen, sobald er nur eben so steif wie die übrigen gezeichnet war. Ein merkwürdiger Beweis wie die Vernunft, bey allem übrigen Wachstum in Geschmack und Scharfsinnigkeit, an die unsinnigsten Begriffe, sich gewöhnen, und, wenn sie erst durch das Alter ein ehrwürdiges Ansehen bekommen haben, und in Pomp eingekleidet sind, sie vergöttern kann, ohne daß die Philosophie ohne Hülfe ausserordentlicher Revolutionen es wagen dürfte sie angreifen zu wollen. Ohne solche Hülfe, die die Vorsehung jedes Mal selbst veranstalten und bereiten muß, ist alle Vernunft nicht hinreichend eine allgemeine Erleuchtung zu befördern. Sie ist ein Licht das nur einen Mann erleuchtet, aber mit demselben auch in Gefahr ist zu verlöschen. Socrates sahe die Ausschweifungen des Aberglaubens seiner Vaterstadt; er sahe sie; aber weil er sich es merken ließ, mußte er den Giftbecher trinken. Plato sahe sie auch; aber, durch das Exempel seines Lehrmeisters gewarnet, sprach er mit Fleiß zweydeutiger, und opferte den Göttern mit allem Pöbel. Die Philosophie, sagt Herr d'Alembert, wagt es allein nicht, die Schranken des Aberglaubens zu zerbrechen; sie wartet bescheiden bis die Zeit sie öffnet; und wenn sie es eher wagt, so sind ihre Versuche sehr mißlich. Alle angegriffene Herrschsucht ist rachgierig; und was kann rachgieriger seyn als herrschende Irrtümer, die vom Pöbel angebetet, und von der Politik unterstützt werden? Der Tod von einem Sokrates hilft zu ihrer Bekämpfung nichts. Hierzu wird das Blut vieler Heiden erfordert; und viele solche Heiden macht die Philosophie nicht. Ein einziger drohender Befehl, so schwört der Verfasser seinen Esprit eben so niederträchtig, als er ihn stolz und zuversichtlich vorher bekannt gemacht. Selbst der große Geliläi, der Vater der wahren Naturlehre, der zuerst die Vernunft mit der Natur recht bekannt gemacht, muß, um dem Zorn des H. Officii zu entgehen, seine Einsichten verläugnen.« Sie werden, fuhr Herr Gutmann fort, was sie da gelesen haben, unläugbar wahr finden, wenn ich ihnen die darinnen vorkommende historische Anspielungen von Socrates, Plato, Helvetius und Galiläi, erläutere. Socrates war – – – Doch ich mag sie dir nicht wiederholen, Herr Bruder; du bist gelehrter als ich, und weist es schon.

Wir finden uns, sagte mein gutmeynender Lehrer, noch wirklich in dem Fall vorgedachter Egyptier. Das ausserordentliche der Kutten, der Strick, das geschorne Haar, die Sandalien, der runde Capuz des Franciscaners, und, wenn etwa jemand wie bey Samson die Stärke in den Haaren sucht, auch der Bart und die spitzige mit langem Proceß erfochtene Capuz des Capuciners, dienen dieser Gattung geistlicher Sonderlinge zu Beweisen der Heiligkeit. Ihre vilen Erzählungen und Wundermährlein stellen sie dem gemeinen Haufen des Pöbels als besondere Lieblinge des Himmels dar. Und wenn, daß ich nur einige Exempel anführe, so ein Mann, der täglich Meß lieset, mithin im Stand der Gnaden seyn muß, zu welchem sich keine Lüge passet, mit einer dreisten Mine versichert, daß alle Geistliche der drey Orden Francisci, samt denen so St. Franzens Strickgürtel tragen, täglich alle Ablasse erwerben, welche in ganz Rom und Jerusalem, sind; wenn er zu der Bürgers- oder Bauernfrau (und wollte Gott, man dürfte den höhern gesittetern Stand des schönen Geschlechts nicht auch mitbeyzählen) mit unbegreiflicher Kühnheit spricht, die H. Margaretha habe vor ihrer Marter von Gott erlangt, daß alle Weiber, welche ihr Gedächtnis begehen und sie anrufen würden, mittelst eines Gebets das sie der Pater lernet, eine glückliche Geburtsstunde haben, und einer gesunden Frucht genesen müßten; wenn er sagt, er wisse eine Litaney, durch welche die H. Coletta allemal in ihren Nöthen eine schleunige unfehlbare Hülfe erlanget habe; wenn es aus den Offenbarungen der H. Brigitta erzählet, daß durch gewisse ihm bekannte Seufzer ein grosser Sünder verdient habe, daß die Mutter Gottes sich seiner angenommen, und ihn vor Gottes Gericht beschützet habe; wenn er dabey etwas von der H. Mechtildis vorplaudert; das Leben der in Schwaben und Bayern hochgepriesenen Crescendia und alle ihre Wunderwerke herzupreisen weiß, und Amulete, Segen und Mittel wieder Hexen, Unholden und Gespenster austheilet, so ist diese geistliche Charlatanerie ein stets erneuerter Zufluß auf ihre Mühle; und man darf wohl sagen, daß sie eigentlich an dem Fegfeuer die fettesten Suppen kochen.

Sie wissen so gut als ich, Herr Pfarrer sagt er, daß ich nicht ein einziges übertriebenes Wort rede. Aber man muß doch billig seyn. Mehrere hunderttausend Mendicanten wollen leben. Sie dürfen keine Güter haben und müssen der Arbeit abschwören. Wann sie wie Weltpriester gekleidet wären, und eben so, bloß nach dem Evangelio und nach den Kirchensatzungen lehreten und predigten, mithin keine gemeine Brandsalben gegen das Fegfeuer, keine Specialcataplasmata über verschwollene Gewissen, keine besondere resolvierende und stärkende Tincturen wider die Hexerey, keine Fumigatoria wider den Teufel und seinen Anhang auszutheilen hätten; so würde man sie eben so wie die arme Weltpriester und Dorfpfarrer in Hunger und Kummer schmachten lassen. Denn es gehet hierinnen wie mit andern Profeßionen; der Quacksalber und Wurmschneider hat allemal mehr Credit und Verdienst als der geschickteste promovierte Medicus. Der Landesfürst (denn dem Pabst kann man nichts zumuthen) der eine Mendicanten=Armee in seinen Staaten beherberget, hat also keine andere Wahl; entweder muß er ihnen das Hausieren mit ihrer geistlichen Waare gestatten, und die reine, die ächte, die geheiligte, die vernünftige Religion preißgeben; oder er muß sie aus seinen Domainen ernähren; oder er sollte bedacht seyn, den allzugrossen Haufen bis auf eine dem Staat nützliche Zahl zu mindern. Einen von diesen drey Wegen mußte er einschlagen; ich glaube nicht, daß ein vierter möglich wäre.

Aus den fürstlichen Domainen, wird der Cameralist sagen, können wir nichts abgeben; wir sind ja vielmehr durch die gegenwärtige Staatsbedürfnisse gezwungen, selbst die geistliche bis daher gleich der Arche des Bundes unantastbar gewesene Immunität zu verletzen, und den Kirchendiener als ein Mitglied des ganzen Staats für den geniessenden gemeinen Schutz mit Steuern und Abgaben zu belegen. Wie soll man also unnütze Brodesser sich auf dem Hals lassen, wann die eingehende Renten kaum und oft gar nicht einmal hinreichen, die nützlichen und unentbehrlichen zu besolden? Dem Unterthan ist seyn Beytrag schon bis zur äusserten Möglichkeit auferlegt. Und, wohl zu merken, wann man die Contribuenten berechnet, so wird auf jenes was die Mönche von ihm bettelnd erpressen, und das in manchen Ländern oft einem Hagelschlag gleich kommt, kein Rabbat calculieret. Hat nicht schon Erasmus Roterd. in seinem Brief an Albertum Brandenb. 1519. den 1. Nov. den grossen Schaden berechnet, welchen die Kirche und der Staat von der gar zu grossen Anzahl der Bettelmönche hat? Mundus oneratus est tyrannide Fratrum Mendicantium, qui cum sint fatellites Sedis Romanae, tamen adeo potentiae & multitudinis evadunt, ut ipsi Rom. Pontifici atque ipsis adeo Regibus sint formidabiles.Mundus ... – Die Tyrannei der Bettelmönche ist dem ganzen Erdkreis eine Last, was selbst der römische Papst erkannt hat, es sind ihrer zu viel, selbst in der großen Stadt Rom. Sogar den Päpsten ist ihr Regiment furchtbar.

(Ed Basil. 1540. Libr. XII. ep. 10.)

Der Cameraliste wird also ganz gerne rathen, man soll lieber das Land von diesen unfruchtbaren Saugästen befreyen, damit der Baum den unnützverschwendeten Saft den übrigen Tragsprossen desto würkender zuführen könne. Allein das hiesse eben so viel, als nach Art der Cherokesen in America den Baum gar umhauen, damit man ein duzend Aepfel desto gemächlicher abpflüken könne.

Damit wäre ich nun nicht zufrieden. Denn man muß in einem Staat für allerley Gattungen Krankheiten Spitäler haben. Es sind zwar wenige, aber doch giebt es solche Enthusiasten, deren Krankheit in einem übertriebenen Wahn und in einem seltsamen Begriff von dem Weg zur Seligkeit bestehet. Diese Art Leute wollen sich nicht bereden lassen, daß ein Weltmann auch damit selig werden könne, wenn er Gott, nach den Grundsätzen der geoffenbarten Religion, und seinem Nebenmenschen mit treuen Herzen dienet, besonders aber, wenn er durch die Freude eines liebreich gesegneten Ehestandes dafür sorget, daß die Welt nicht aussterbe; und wenn er ein leinen Hemd, Strümpfe und Schuhe trägt, sich nicht dreymal wochentlich geisselt, und täglich eine bestimmte Anzahl mystischer Worte hersagt. Diese Gattung hypochondrischer Temperamente würde unter den geschäftigen Bürgern eben so wenig Nutzen schaffen, als ein Engelländer, wann er seinen Anfall von Splie bekömmt. Da gleichwohl ihre Absicht gut ist, und sie ihre Melancholie dem l. Gott, wie eine Frau auf dem Todbette ihren Unglauben, aufopfern wollten, so gehören sie, als mit dem – – behaftet, in eine heilsame Absonderung, also in ein Kloster. Da sollen sie fasten, ihren Leib casteyen, mit Meßlesen ihren Unterhalt verdienen, und für die sündliche Welt beten. Wobey ich aber die Einrichtung also treffen würde, daß diese in dem Kloster nichts zu befehlen haben dürften, und nicht zum Beichthören gebraucht würden. Denn ihr Enthusiasmus gehet gar leicht in einen Fanatismus über, und dann wird er gefährlich.

Eine andere Art Menschenkinder werden mit einer guten Anlage zu Studien, aber mit einem schwächlichen Körper geboren. Ihre Aeltern sind arm, und mit vielen Kindern beladen. Mein Candidat hat den Trieb etwas in den Wissenschaften zu thun, und in der Welt weiß er nicht fortzukommen. Er ist zu einem Soldaten entweder zu klein, oder es mangeln ihm die Einschneidzähne, oder sonst eine Kleinigkeit, daß ihn der Commissarius bey der Assenta ausmustern würde. Zum Handwerk ist er zu schwach, und das Bauernwesen nicht gewohnt. Da ist es alsdann eine Erleichterung für den arbeitsamen Haufen, wann dieser sonst wackere Mensch in einem Kloster seine Versorgung findet. Diesen dispensire ich vom Fasten und Geisseln. Der darf nur fromm seyn und beten, quantum fatis. Ich schaffe ihm Bücher nach seiner Neigung; und dieser soll dem Nächsten damit nützlich werden, daß ich durch ihn und seines gleichen freye Schulen für die Jugend errichte.

Ich finde auch, daß es nützlich sey, wenn eine mäßige Anzahl wohldenkender, gesunder, und dem Geiste nach arbeitsamer Männer sich in den Klöstern befinden. Aber hier, sagte Herr Gutmann, muß ich mich etwas weitläufiger erklären. Haben sie Geduld, und denken sie immer, daß es nur ein Traum ist. Wann sie auch ein bisgen dabey schlummern mea pace.

Ich bin schon vor einigen Augenblicken in das Schloß zu meiner l. Mutter gerufen worden; und da ich keine bequemere Gelegenheit mehr bekommen könnte abzubrechen, so überschicke ich dir diesen Brief. Die Fortsetzung soll bald folgen.


Alle Staatslehrer predigen die zu mehrende Bevölkerung eines Landes als die gröste Glückseligkeit des bürgerlichen Verhältnisses und des Staats.

Ich habe nicht das allergeringste wieder diese Predigt einzuwenden, die der allgemeine Ton ist, auf den alle Philosophen, Moralisten und Theologen gestimmt sind. Er ist um so löblicher, als er unserer Natur überaus angemessen ist, und dem menschlichen Herzen Ehre macht. Aber sind in den meisten Staaten von Europa nicht schon Menschen genug, die ihren Unterhalt kaum noch finden können? Es lohnet sich der Mühe, diese Frage einer genauern Prüfung zu unterwerfen. Ich will es nur in abgekürzten Säzen thun, um Gelegenheit zum Nachdenken darüber zu geben. Die unten angeführte süßmilchische Berechnungen überzeugen uns, daß von Zeit zu Zeit mehr Menschen geboren werden, als sterben. Die neue Heilungsart der Hrn. Aerzte, wenn es mit derselben so beschaffen ist wie sie uns bereden wollen, und wenn es nichts als die Inoculation der Blattern wäre, dienet darzu, dem guten Charon sein Stück Brod ansehnlich zu schmählern. Gleichwol will die Handlung in den meisten Staaten im Reich nicht viel sagen, und die hier und da zerstreute Kaufleute sagen, daß sie keinen Verdienst haben. Die Künste ernähren ihren Mann nur sehr schlecht. Die Handwerker sind meistens übersetzt und geben kaum das trokene Brod. Der Landmann bedarf um so weniger einer weitern Vermehrung, als seine Güter ihn noch kaum ernähren, und wenn er sie unter seine Kinder theilen muß, so geben sie ihnen nicht wohl halb Brod. Taglöhner können sie nicht werden, weil, wenn manche Gegenden keine heilsame Aderläße bekommen, ohnehin alles beynahe Taglöhner seyn wird. Fruchtbare Gegenden können sie nicht suchen; denn wo sind sie? Wenn die, welche noch eine Bevölkerung leiden können, ihre Bewohner ernähreten, so würden sie schon vorlängst bevölkert seyn. Die Auswanderungen sind so übel nicht als sie ausgeschrien werden wollen. Aus einem Dorf, wo der Hausvater mit den Seinen sein Brod findet, gehet sicher keiner. Sollte auch jezuweilen einer, in der Hoffnung es besser zu bekommen, abreisen, so ist es fast desto besser, weil andere seine Güter an sich kaufen und sich einen hinreichenden Unterhalt verschaffen können. Ich bin von mehr als einer Auswanderung ein Augenzeuge gewesen, und habe gefunden, daß jedesmal nur diejenigen wanderten, welche, wo nicht in sich, doch in ihren Kindern gewiß dem gemeinen Wesen mit der Zeit zur Last gefallen wären. Aus einem Ort von 1500. Seelen giengen 100. auf einmal, und ich kann versichern, daß dasselbe so wenig über diese Wanderung zu klagen hatte, als ein Vollblütiger über den Abgang etlicher Unzen Bluts. Ich denke, diese Betrachtungen, die mir meine eigene Erfahrung an die Hand gegeben, sollten immer auch neben dem Ernst, womit man die Vermehrung der Menschen treibet, beherziget werden. Man wende mir nicht ein, daß, wenn schon die Zahl der Gestorbenen sich zu den Gebornen verhalte wie 10. zu 12. so seyen doch auch die Kriege da, welche diese Ersparniß gewiß auffressen! so daß man also eigentlich nicht sagen könne, es sterben weniger Menschen als geboren werden: Dieses kann von den Ländern, in denen Krieg geführt wird, wahr seyn; aber die wo Friede herrscht, empfinden nichts davon. Würde Sachsen, Preussen, Schlesien und Böhmen sich sobald nach dem letzten Krieg erholet haben, wann die Menschen nicht vorher dünner gemacht worden wären? Man will durchgehends behaupten, daß die Armeen der damals kriegenden Mächte wirklich schon wieder vollzähliger seyn sollen als jemals.

Es ist moralisch betrachtet schon recht, daß man die Vermehrung der Menschen auf alle Weise zu befördern suchet. Die Frage aber: Woher nehmen wir Brod, daß sie alle essen, ist auch nicht die geringste, die ausgemacht werden muß. Ich weiß wol, daß man sich über diesen Punct mit allerley Betrachtungen behilft: Man berechnet die Erde nach Quadratmeilen und Schuhen. Man bestimmt die Zahl der Menschen so genau als möglich. Man behauptet, 9100. Quadratschuhe treffen einen Menschen seinen Unterhalt darauf zu suchen. Man gehet weiter und sagt, 25. erwachsene Personen können 100. andern den nothdürftigen Unterhalt verschaffen. So rechnet der Gelehrte auf seiner Studierstube; aber er muß aus derselben herausgehen, und sich in der Welt umsehen, wenn er ein richtiger Beobachter seyn will; alsdann werden ihm folgende Betrachtungen nicht entgehen können: Der von dem höchsten Stand bis zum niedrigsten sich ausbreitende Luxus erlaubet uns nicht mehr, nur von dem zu Fortsetzung unsers Lebens erforderlichen Unterhalt zu reden. Unsere Erziehung und die allgemeine Lebensart hat uns viel zu viel Bedürfnisse gegeben. Wir sind nicht mehr in denen Zeiten, da eine ganze hochadeliche Familie bey einer Pfanne voll Haberbrey das Mittagsmal gehalten und die gnädige Frau sich auf den Wagen gesetzt, wenn sie Aepfel zum Verkauf in die Stadt führen lassen. Wer kann es aber ändern? Es kann gar nicht gedacht werden, daß selbst dem Landvolk die Güter in einer Proportion erhalten werden. Ein jedes Dorf hat einen oder ein paar, Hechte welche die kleine Fische fressen. In den Städten wohnen mehr Menschen als auf dem Lande. Wann eine jede Haushaltung daselbst nur noch einmal so viel jährlich verbrauchte, als eine auf dem Land nöthig hat, so könnte noch eine Gleichheit gefunden werden; aber sie müssen ungleich mehr haben. Die Personen von hohem Rang, welche sich daselbst aufhalten, erfordern, einen jeden einzelnen gerechnet, für ihre Bedürfnisse eine größre Summe, als ein ganzes Dorf. Ich rede von den Monarchen und Fürsten nicht; davon ein jeder täglich mit seinem Hofstaat so viel verzehrt, als 10. Dörfer in einem ganzen Jahr zum Unterhalt nöthig haben. Und dieses alles muß der so sehr verachtete Pöbel anschaffen, theils an Interessen für Capitalien, die im Grund betrachtet viel weniger seinen als seines Darleihers Nuzen befördern. Man seze die grosse Anzahl Klöster bey, so werden die Schwierigkeiten vermehret. So wenig der Engelländer mit 7. Pfund, und der Franzos mit 100. Livr. auskommen kann, so wenig reichen dem Deutschen seine 30. Thlr. hin, die ihm diese philosophische Vorschneider zutheilen. Diejenigen, welche dieses behaupten, kennen die Umstände des ärmsten Landmanns eben so wenig als des Kaisers von China. Sezet man noch hinzu, daß der Gebrauch so vieler ausländischer Waaren zur Nahrung und Kleidung das Geld aus Deutschland hinausschleppt, und so viele Herren kleiner Stücke Landes nicht auf ihren Gütern leben, so glaube ich, nach genauerer Betrachtung dieser Sätze wird sich niemand mehr eine zahlreichere Vermehrung von Menschen unter uns wünschen. Denn in der That, sie könnten sich an vielen Orten nicht ernähren.
Der Herausgeber

Es sind darüber ein Haufen Bücher von vernünftigen Männern geschrieben, und mit landesfürstlichen Verordnungen begünstiget. Alle Geistliche, insonderheit aber die Mönche, predigen entgegen, und lehren, daß die Keuschheit im unverehelichten Stand, mithin die Entvölkerung, die vorzüglich gottgefällige und den Seelen angemessenste Tugend sey. Ihre Ursachen sind mystisch; aber es gebühret uns nicht, solche, weder zu untersuchen, noch darüber einen Zweifel zu haben. Denn es ist in der allgemeinen Kirchenversammlung zu Trident in der 14. Seßion Can. X. schon zum Gesetz gemacht: »Daß derjenige verdammt seyn soll, der sagen würde, daß der Ehestand dem jungfräulichen oder ledigen Stand vorzuziehen sey, und daß es nicht besser und seliger sey in diesem jungfräulichen und ledigen Stand zu verbleiben, als sich zu verheyrathen.« Wenn es mir nicht befohlen wäre so zu glauben, sollte es mir vor 40. Jahre schwer angekommen seyn; nun ich aber ein kränklicher Sechziger bin, begreife ich gar leicht, wie es den klugen und betagten auch unverehelichten Kirchenvätern zu Muth gewesen seyn mag, als sie eben gedachten Canonem aufgesetzt haben. Vielleicht kömmt einmal ein anderes Concilium, wozu es aber freylich der römische Hof nicht leicht kommen lassen darf, und ändert diesen Satz, wenn es den Fürsten recht Ernst ist die Bevölkerung durch alle dienliche Mittel zu befördern, und dem vor Zeiten mit Strafen verfolgten Hagenstolziat wieder den Krieg anzukünden. Ich läugne indessen nicht, daß doch die Welt, wann Kriege und Pesten ausbleiben, immer mehr anwächst. Man darf nur unser hiesiges und einige benachbarten Dörfer ansehen. Es haben noch deren viele den Namen Weiler oder Hof, zum Zeichen, daß sie ursprünglich nur aus einem oder wenigen Häusern bestanden, und nun 60. bis 80. Familien enthalten. Probst Süßmilch, dieser fleissige und unermüdete Menschenzähler, beweiset uns, daß in den meisten Staaten mehr Menschen geboren werden als sterben. Und, wie gesagt, wir sehen es ja selbst in unsern Gegenden. Alle diese Menschen wollen in der Jugend einen getreuen Unterricht zum Glauben und Gottesfurcht; in dem männlichen Alter eine oft wiederholte Vorpredigung ihrer Pflichten; tröstlichen Vortrag der G duld [Geduld] bey einem mühseligen Nahrungsstand; ermunternde Mahnungen zur Tugend und Abscheu des Lasters; Gelegenheit zu erbaulicher Ausübung der äusserlichen Religionsgebräuchen, und einen kernhaften Beystand in tödtlichen Krankheiten haben. Dieses sind beynahe die pfarramtlichen Schuldigkeiten alle. Allein wie die Zahl der Menschen, der Pfarrkinder zunimmt, so sollten auch die Seelsorger vermehret werden. Und dieses geschiehet nicht. Warum? weil man nicht ausfündig machen kann, woher ihnen das Einkommen, die Besoldungen geschöpft werden sollen. Die meisten Pfarrer, in unserm wie in mehrern Ländern, haben kaum so viel, daß sie mit Wohlstand leben können. Der Landesfürst braucht alle seine Intraden. Und der Bauer muß ohnehin gar oft mehr geben als er erschwingen kann. Der Pfarrer kann sich also keinen geistlichen Gehülfen halten, der die Arbeit mit ihm theilet. Und wann er sich von seinem eigenen Munde so viel abbricht, daß er in kränklichen Umständen auf einige Zeit einen Cooperatorem oder Capellanen hält, so ist dieses ein junger noch unerfahrner Mensch, der alle Stricke anspannet, um bald zu einer eigenen Versorgung zu gelangen. Man betrachte ihn wie man will, so ist er ein schlecht besoldeter Mietling, von dem man weder fordern noch erwarten kann, daß er diesen kleinen Wartdienst sich so sehr angelegen seyn lassen soll. Dieser Sache wollte ich nun dadurch abzuhelfen suchen; daß ich meine Anzahl woldenkender, gesunder und dem Geist nach arbeitsamer Mönche zu Pfarramtsgehülfen, unter völliger Abhängigkeit des Bischofs und gehorsamer Folge der pfarramtlichen Befehlen, hinverwendete. Sie lachen, mein l. Herr Pfarrer; ich weiß was sie damit sagen wollen. Aber erinnern Sie sich, daß mein Hirngespinst nur ein Traum ist, und daß, wie ich schon oft gesagt, meine Mönche ganz umgeschaffen werden müssen. Und die Abschaffung der unerhörten Freyheiten von der Bischöflichen Aufsicht, wie sie Paris nennet, ist auch keine unmögliche Sache. Lesen sie hier diese Verordnung des Senats zu Venedig, welcher allen Vorstellungen des Pabsts ungeachtet, dennoch alle Religiosen und Mönche den Bischöffen unterworffen hat: Es sind fünf unterschiedene Stücke, welche die Streitigkeiten des Pabsts mit dem Senat darüber enthalten, und es wird Sie nicht reuen sie gelesen zu haben. Nur erinnern Sie sich, das dasjenige, was in dem einen Staat möglich gewesen, in einem andern auch wird ausgeführet werden können.

Die Einwürfe, die mir ein Vernünftiger wachend machen wird, weiß ich schon. Erstlich wird es heissen: Ich spreche immer von Abstellung des mönchischen Aberglaubens und Nebenlehren, die das reincatholische Christentum verunstalten; und nun wollte ich den Bock zum Gärtner machen. Man wird zweytens sagen, von wem soll dann der cooperierende Mönch abhangen? Wer soll ihn zum Pfarramt zuschneiden, und zu einem rechtschaffenen Christentum geschickt machen? Der dritte wird mir entgegensetzen: Wann der Pfarrer für sich nicht zu leben hat, wann der Fürst und der Bauer nichts geben kann, wann der Mönch nicht betteln und seinen geistlichen Kram nicht verhandeln darf, wer soll ihn dann ernähren?

Ich habe schon für die Beseitigung dieser scheinbaren Beschwerden gesorget. Denn fürs erste müssen sie wissen, daß ich nicht mehr wie bisher, einen jeden Buben von 17. Jahren, der gesund und stark ist, und weiter nichts als eine starke Dosin unverschämter Kühnheit statt des Berufs aufzuweisen hat, in meine Klöster aufnehmen, sondern, wie sie gleich hören werden, autore praetore meine Recruten wähle. Sie sollen mir nach der Regul des H. Vaters für ihre Person zwar leben. Sie können nach Belieben zu einer Secte, mit oder ohne Bart, zum runden oder spitzen Caputz sich entschliessen. Ich benehme ihnen weder Geissel noch Fasten. Arm sollen sie auch seyn, aber betteln sollen sie nicht, weil ich für ihren Unterhalt sorge. Und wann ich solchergestalt ihnen die Ursachen des Bettelns benehme; den frommen Betrug, d. i. die Fortpflanzung des Aberglaubens durch Mährlein, und ihre geistliche kurze Waare scharf verbiete; dabey ein recht gutcatholisches Gesetzbuch für Lehre und Wandel durch einsichtliche Geistliche vorschreiben lasse, so wollte ich wetten, daß nach und nach meine Mönche fromm, vernünftig und dem Staat nüzlich werden können und müssen.

Der zweyte Einwurf, von welchem der erste abhanget, kostet mich mehr Mühe. Es bleibet stets leichter Zweifel vorbringen, als sie heben. Man bauet leichter ein ganz neues Haus, als daß man ein altes, auf allen Seiten baufälliges dauerhaft zusammenflicket, und in wohnbaren Stand und Schein herstellt. Weil aber doch die Fundamente noch gut sind, ich auch noch viele Materialien brauchen kann, auch gerne das ursprüngliche Altertum verehre, so hören sie meinen Traum weiter. Wir leben in Zeiten, wo man mit starken Schritten von dem Wahn zurückkömmt, daß die ganze Welt im Grund und Boden, nebst allem was körperlich heißt, unserm heiligsten Vater als ein ererbtes Eigentum zugehöre. Ich habe zwar in dem Buch über die Bulla in Coenä Domini S. 35. I. Theil, eine Verzeichniß der päbstlichen Ansprüche gelesen, die recht seltsam lautet; und weil ich weder das Manuscript des Amonius Marcellus, noch den Genebrard habe, so kann ich für dessen Richtigkeit weniger Gewähr leisten als vielleicht der Verfasser. Aber das freuete mich doch, daß weder Franken, Bayern, noch Schwaben auf der Liste stehen. Wir dürfen also wohl eine Schuldistinction machen, weilen doch die päbstliche Uebermacht durch eben dieses Mittel seine stärkste Beweise in jenen Zeiten erhalten hat, wo niemand als die Geistlichkeit das atqui und ergo verstunde; und da wollen wir unsere dem heiligsten Vater zugehörige Seelen schlaffen lassen, und nur dem Leibe nach fortträumen.

Unser deutscher Fürst (denn ich rede von einem, und die andern können, wenn es ihnen gefällt, es immerhin nachmachen,) läßt sein Volk zählen. Er bestimmt durch seinen landesfürstlichen geistlichen Rath, nach dem Verhältniß seiner Ober- oder Vogtämter, die Anzahl Menschen, denen ein einziger Geistlicher wohl vorstehen kann.

Er läßt untersuchen, was und wie viel dieser jährlich und ständig Einkommen habe. Ich lasse keine bona laboriosa, Aecker, Weinberge, Zehenden und dergleichen zerstreuende Zankäpfel, die den Pfarrer mehr zum Bauern als Gelehrten machen, in meinem Pfarreinkommen; sondern ich vertheile alle Güter unter die Bauern gegen jährliche Gülten und Geldzinse. Finde ich, daß der Seelsorger für sich, aber ja nicht kümmerlich am Hungertuch nagen müsse, sondern recht honnet wie einer meiner weltlichen Räthe leben kann, so soll er mir so gut einen Caplanen als seine Köchin halten. Hat er aber kaum für sich alleine genug, so gebe ich (denn jezo bin ich der Herzog Michel und rede als ein Landesfürst) ihm einen meiner wohl unterrichteten Mönchen zum Gehülfen. Ich führe also dasjenige wirklich aus, worauf viele von den Vätern, welche auf der tridentischen Kirchenversammlung waren, durchaus bestunden, »daß nämlich den Klöstern ihre Freyheiten genommen und sie ihrer ersten Stiftung nach als auxiliares & subsidiarii der ordentlichen Pfarrer genähret werden sollen.« Damit ich aber diesen wohl unterrichteten Mönch bekomme, so mache ich es folgendergestalt. In meinem Lande studiret jährlich eine gewisse Anzahl junger Leute die Theologie, in der Absicht geistlich zu werden. Wann ich die richtige Listen meiner Pfarreyen habe; wann ich weiß, wieviel Seelen ich einem Pfarrer allein zu treuer Lehre und Besorgung geben soll; wann bestimmt ist, wie viel ich Capläne oder Cooperatoren brauche, und alsdann nach zwanzigjährigen Todten=Listen berechne, wie viel Seelsorger ein Jahr in das andere sterben, so lasse ich nicht mehrere geistlich studieren als ich glaube nach und nach versorgen und in meinem Land gebrauchen zu können. Alle diese jungen Leute müssen mir auf meiner eigenen Universität, neben der gereinigten Philosophie, die griechische und hebräische Sprache, eine gesunde Kirchen- und Landeshistorie, eine brunnenlautere Theologie, wenig Speculatives aber viel Moral, gar keine Contovers, und ein öconomisches Collegium hören. Wer dieses nicht eingehen will, den lasse ich nicht studieren, oder er bekömmt keine Pfarrey. Alle Jahre sollen meine Commissarii, bey denen ich es nicht auf den geschwornen Eid, sondern auf die Cassation ankommen lasse, meine jungen Leute streng prüfen. Welche sich am besten anlassen, und das Zeugniß eines unsträflichen Wandels haben, die bekommen ein silbern und vergoldetes Gnadenzeichen, und damit die Anwartschaft auf den nächsten offenen Pfarrdienst. In der andern Classe mache ich eine Unterabtheilung. Aus dieser sollen die besten wieder mit einem silbernen Pfennig zu Personaten, Frühmessern und dergleichen, jedoch allemal als schuldige Beyhelfer der Pfarreyen quoad curam Hofnung haben. Die andern aus dieser Ordnung müssen meine Mendicantenklöster aufnehmen. Will aber einer oder der andere aus der ersten Classe auch in ein solches Kloster gehen, so habe ich nichts darwider. Die übrigen Ochsenköpfe, die nur studiren, um nicht mit den Händen zu arbeiten, die nur Stolz und Faulheit, oder Hofnung des Wohllebens zum schwarzen Rok oder zur Kutte greifen macht, sollen verworfen, von fernern Studien ausgeschlossen, und zur Musquete, Handwerk, oder hinter den Pflug gewiesen werden. Und damit, wenn ich nur gelehrte und rechtschaffene Commissarien zu Prüfung auswähle, bekomme ich nach und nach gewiß einen Clerum in mein Land, der Gott und dem Staat wohlgefällig ist. Auf daß aber auch meine neuangehende Pfarrer und übrige Clerisey, meine Mendicanten nicht ausgeschlossen, wenn sie wirklich Brod haben, nicht auf die faule Seite oder Abwege sich lenken, so soll jeder im Jahr über einige biblische Texte, die mein geistlicher Rath vorschreibt, oder über sonntägliche Episteln, Evangelien und andere Materien, sechs Predigten und nicht mehr ausarbeiten, und zwey Specimina in Dialogen und catechetischen Unterweisungen einschicken, und also der Prüfung unterwerfen. Das beste Hundert davon werde ich mit dem Namen der Verfasser drucken, und allen Pfarrern im Land austheilen lassen. Auch sollen sie in einem sehr wohlfeilen Preis dem gemeinen Mann zu seiner Erbauung in die Hände geliefert werden. Sollten, aller Vorsichtigkeit ungeachtet, sich dennoch einige schlechte Pfarrer in mein Land einschleichen, so müssen dieselben angehalten werden, diese Predigten auswendig zu lernen und solche ihren Gemeinden vorzutragen. Da ich ohnehin nur alle vier Wochen höchstens einmal predigen ließe, und desto eifriger auf den Unterricht in den sogenannten Christenlehren dränge, wäre es keine so grosse Sache, des Jahrs zwölf Predigten zu lernen. Dadurch würde ich so viel gewinnen, daß nicht mehr so viel albernes und elendes Gewäsche aus dem Stegreif auf den Canzeln erschiene, der Unterthan und andere ehrliche Leute auf den guten Vortrag aufmerksam gemacht würden: und ich versichert bleiben könnte, daß eine reine Glaubenslehre und vernünftige Moral meinem Volk auf eine angenehme Weise vorgetragen, und endlich zu Fleisch und Blut würde. Wer drey Jahre nach einander die beste Arbeit einschikt, bekömmt die beste Pfarre sobald sie erlediget wird. Nichts als das Verdienst ist bey mir eine Empfehlung zu höhern und bessern Stellen. Meine helfende Mönche sollen nicht ganz leer ausgehen; es wäre unbillig. Ich mache aus ihnen Vorsteher der Klöster, Aufseher der Schulen, und was ich ihnen sonst Gutes thun kann, sollen sie haben. Nur müssen sie dem Land und der Religion nützlich und keine Ausländer seyn.

Man könnte mir einwenden, ich wolle Pfarreyen und Beneficien vergeben, worüber ich das Jus patronatus nicht habe; und, da Gerechtigkeit meine Pflicht sey, so könnte ich keinem Collatoren seine freye Wahl benehmen. Ich antworte: Wann Gerechtigkeit meine Pflicht ist, so muß ich sie meinen Unterthanen, deren Anzahl unendlich grösser als der Patronen ist, vorzüglich auf eine Art beweisen, die das unschätzbare Heil der Seelen derselben in Sicherheit setzet. Hier also, Herr Patrone, ist die Liste meiner tüchtigsten Leute, (Ausländer darf er mir gar keine nehmen,) wählen Sie darunter, so erhalten Sie Ihr Recht, ich meinen Zweck, und mein geliebtes Volk die Beförderung seiner geistlichen Glückseligkeit. Mit meinen Mönchen mache ich es ebenso. Und wenn ich sie sine aggravio Publici ernähre, so werden sie mir schon auf meinen bittlichen Ernst den Gefallen erweisen, und den Rechtschaffendsten unter vielen befördern. Habe ich nicht in meinen Anstalten schon dafür gesorget, daß sie alle wackere Männer werden. Ich versperre ihnen auch den Wechsel von einem Kloster in das andere nicht. Aber doch mache ich dabey die Einschränkungen, daß sie nicht aus dem Lande hinaus in ein Kloster, und von dorther keinen herein nehmen dörfen; auch sollen Sie mir keinen braven Mann, der gerne an dem Ort bleibt, auch Pfarrer und Gemeinde wohl mit ihm zufrieden ist, ohne Vorwissen meines geistlichen Raths, und auch dieser keinen ohne erhebliche Ursachen, hinwegnehmen. Hernach wird es noch darauf ankommen, daß eine so geschickte Eintheilung getroffen werde, daß der Mönch von seinem Kloster nicht weit entfernt sey, damit er bey seinen Ordensfesten, geistlichen Exercitien und regulmässigen Gelegenheiten zu Hause seyn kann.

Nun auf dem dritten Punkt mache ich meinen Kirchenschatz auf. Da finde ich Reichtümer genug, um alle zu ernähren. Meine reiche Abteyen im Land, wo sechzig Männer wohl und besser als ein Edelmann leben, die nur für ihre eigene Seelen zu sorgen gewohnt sind, und mit dem ersparenden jährlichen Ueberschuß auf Gelegenheit passen, bald da bald dort ein Stück Gut dem weltlichen Haufen abzukaufen, diese sind schon so gütig, und für den Staat, der sie so reichlich ernähret, wohlgesinnet genug, daß sie zehn ihrer Patrum absterben lassen, und mir den für sie erforderlichen Unterhalt in einem gerechneten Quantum zum Behuf meiner wackern Religiosen geben.

Ich begreife nicht, warum Hr. Gutmann der Abteyen in seinem Vorschlag so schonet. Wann in einer Abtey sechzig Patres leben, die alle gleiche Rechte an die sie ernährenden Kirchengüter haben, so müßten mir für die zehn ausgestorbenen auch zehn Sechzigtheile des jährlichen Einkommens geliefert werden. Sollten allsdann nicht mehr Religiosen erhalten werden können; wenn man erwäget, daß viele solche Abteyen fürstliche Revenüen haben? Wollte aber auch dieses zu Ausführung meines Projekts noch nicht hinreichen, so ließ ich mehrere aussterben. Es kann der christlichen Kirche einerley seyn, ob in einer Abtey fünfzig oder dreißig Patres leben.

Denn ursprünglich sind ihrer doch nur zwölf oder fünfzehn gewesen, und doch keine einzige Seele mehr oder weniger in den Himmel gekommen. Zehn Abteyen ernähren mir also hundert meiner Pfarrgehülfen. Die viele Wallfahrten, die ich in meinem Land habe (ich möchte aber die auswärtige gar gerne wie die fremde Lotterien verbieten lassen, damit mir das Geld im Land bleibe) bekommen einen Haufen Opfer. Ihre Fabriken wachsen jährlich in Capitalien merklich an. Ich verlange nur fünf Procente davon zu meiner gottgefälligen Anstalt; der Fond kann immer der Wallfahrt bleiben. Oeffentliche Kirchenbussen, welche die Leute nicht bessern, und zu Kindermord Anlaß geben, widme ich meiner Mönchencasse. Alle Seel- und sonst aus Andacht verlangende Messen (nur die Zwing- und Bannmessen wollte ich mir abbitten,) bleiben auch den Klöstern zugedacht. Und dann lasse ich alljährlich auf den armen Seelentag eine Generalcollecte, aber freywillig, in allen meinen Kirchen auf dem Land und in den Städten, für meine heilsame Absicht vornehmen. Da habe ich gewiß zu vollem Unterhalt meiner klösterlichen Enthusiasten, meiner Schullehrer und Pfarrgehülfen, alles was ich bedarf. Den Ueberschuß lege ich zu Capital. Wenn es nöthig wäre, so wollte ich noch eine Lotterie zu diesem Behuf aufrichten lassen. Die Zahl meiner Mönche ist ohnehin bis zur Billigkeit und Erfordernis gemindert. Die Religion hat den augenscheinlichen Nutzen. Der Staat wird eines Ueberlastes befreyet. Der Eintritt zum geistlichen und Klosterstand bleibet dem Verdienst aller meiner fähigen Landeskinder offen. Mein Gewissen ist einer Sorge befreyet, die mich wegen dem Aber- und Irrglauben meines Volks sehr beunruhiget hat. – Und nun kann ich aufwachen; mein Traum ist zu Ende.

Ich weiß wol, daß noch eine Menge Vorbereitungen darzu gehören, und daß man noch viele Schwierigkeiten und Steine in dem Weg finden wird. Aber nehmen Sie meine Gedanken nur als eine unausgetragene Hirnfrucht an. Wenn der Entwurf jemals zu einer Reife gebracht werden sollte, so will ich schon Leute benennen, die diese Vorschläge gar bald in Ordnung gebracht und durchgesetzt haben würden.

Ich habe einen Bischof, einen Staatsminister, und ein halb Duzend gelehrter catholischer Räthe, Professores, und Leute, die in den vornehmsten Reichsdicasterie sitzen. Ich möchte Sie gerne, mein l. Herr Pfarrer, mit den vortreflichen Arbeiten dieser Männer bekannt machen; aber Sie dörfen ohne Licenz nichts dergleichen lesen. Und Gott wolle mich bewahren, daß ich Ihnen etwas zumuthen sollte, welches Sie auch nur von weitem in Verdrüßlichkeiten stürzen könnte. Wenn Sie aber wollen, so getraue ich mir von Rom, wo ums Geld alles zu haben ist, Ihnen eine wohlconditionirte Erlaubniß kommen zu lassen. Dann stehen Febronii beyde Theile; die nach und nach in einem Churstaat ergangenen Landesfürstliche Verordnungen; von Ikstatts academische Reden von dem Einfluß des Nationalfleisses; Briefe eines Bayern über die Macht der Kirche und des Pabsts; des verkappten Lochsteins geschickte Ausgaben; Gedanken eines Geheimenraths; der Weise im Mond etc. zu ihrem Befehl. Glauben Sie ja nicht, daß ich Ihnen hier Bücher vorschlage, die von Uncatholischen, folglich Glaubensfeinden, geschrieben worden wären. Es sind catholische Männer, die ich ihrer grossen Gaben und ihres Herzens wegen verehre. Drey davon kenne ich von Person, und ich darf sie unter meine Freunde zählen.

Die Absicht der sich noch täglich vermehrenden Schriften von der Art ist keine andere, als uns von der unthätigen Schlafsucht zu erwecken, in welche wir uns durch die gothische Vorurtheile des mittlern unwissenden und barbarischen Zeitalters haben einwiegen lassen. Man möchte gern das Stroh von den Kernern scheiden; die Heiligkeit unserer Religion, welche unter dem Haufen der Zusätze und Nebendinge mit einem fressenden Rost überzogen ist, wiederum scheuern, und ihr ihren alten Glanz wieder geben; die Gesetze der Kirche, mit denen des Staats zu des Leibs und der Seele Wohlfahrt vereinigen; dem wahren Priestertum die Hände bieten, sein apostolisches Amt zum Segen für Lehrende und Lernende auszuüben; zugleich aber auch unsern Mitbürgern, durch Bezäumung des von unwissenden Mönchen in den eben so unwissenden Pöbel gepflanzten eigennützigen Aberglauben, eine dem Worte Gottes und dem rechten Sinn der ursprünglichen Kirche angemessene vernünftige Denkungsart und Sittenlehre einprägen.

Es wurde ziemlich spät. Ich merkte daß der ehrliche Gutmann in dem Eifer, der ihn belebte, seiner Ruhe vergaß, und anfieng mit Mühe zu reden. Ich bat ihn also, nach einer gebührenden Danksagung, mir zu erlauben, daß ich einiger Geschäfte wegen, die ich vorschützte, nach Haus gehen, und andern Tags wiederkommen zu dürfen. Meine Bescheidenheit gefiel ihm recht wohl; denn er sahe ein,daß ich ihn in keiner andern Absicht, als seiner zu schonen, verließ. Nun habe für dieses Mal damit genug. Nächstens die Folge. Lebe wohl.


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