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So oft auch auf die hohe Bedeutung der eßbaren Pilze als Nahrungsmittel hingewiesen worden ist, so wird doch diese von der Natur so reichlich und mannigfaltig dargebotene Speise vom Volke noch lange nicht genügend geschätzt. Das hat wohl zum größten Teile seinen Grund in der mangelhaften Kenntnis der wahrhaft nutzbaren Arten. Fragt man die Leute, welche Sorten sie kennen, so zählen sie in den meisten Fällen vier bis fünf Arten auf. Das ist ihre gesamte Pilzkunde. Nach diesen ihnen bekannten Arten fahnden sie nun ausschließlich, während zahlreiche andere nutzlos im Walde verderben.
Nachstehend finden sich 30 Arten, welche als die vorzüglichsten zu betrachten sind, beschrieben und abgebildet. Wer wenigstens diese kennt, kann sicher sein, von jedem Waldgange nicht ohne Ausbeute zurückzukommen.
Es sei gestattet, zuvor einiges Allgemeine über die Schwämme zu sagen.
Was gewöhnlich als Pilz bezeichnet wird, das hut-, kugel- oder keulenförmige Pflanzengebilde, ist der Fruchtkörper, der teils unter dem Hute, teils im Innern, teils auf der ganzen Oberfläche fortpflanzungsfähige Zellen oder Sporen trägt. Der wesentliche Teil des Pilzgebildes ist das Mycelium oder Pilzlager. Es ist ein wurzeliges Geflecht, welches an geeigneten Bodenstellen da entsteht, wo sich reife Sporen, vom Winde hingetragen, niedergelassen haben. Diese Sporen nehmen Schlauchform an und bringen oft mehrmals nacheinander Fruchtträger hervor. Das Mycelium muß mithin stets in der Erde belassen werden. Nach der Gestaltung des Fruchtkörpers gruppieren sich die aufgezählten Arten wie folgt:
Hutpilze (Blätter-, Röhren-, Löcher-, Stachelpilze) Nr. 1-21, Keulenpilze Nr. 22-24, Bauchpilze Nr. 25 und 26 und Schlauchpilze Nr. 27-30.
Es ist viel über Nützlichkeit und Schädlichkeit der Pilze gestritten worden. Einige Stimmen sind geneigt, sämtliche Schwämme für mehr oder minder gefährlich auszugeben. Andere unterscheiden zwischen giftigen, verdächtigen und nützlichen Arten. Es fehlt auch nicht an solchen Leuten, die behaupten, alle Pilze seien nach geeigneter Behandlung genießbar. Ich halte die erste und die letzte Ansicht für falsch; die Wahrheit liegt in der Mitte. Es giebt in der That, wie Versuche sattsam ausgewiesen haben, äußerst gefährliche und verdächtige Arten, die man am besten unbeachtet läßt, dagegen auch unbedingt nützliche Pilze, die nahrhaft und wohlschmeckend sind.
Es wird nun allerdings durch die Erfahrung bestätigt, daß selbst nach dem Genusse von solchen Schwämmen, deren Brauchbarkeit über jeden Zweifel erhaben ist, sich üble, ja verhängnisvolle Folgen einstellen. Allein die Gründe hierfür sind unschwer anzugeben. Es giebt eigentümlich organisierte Menschen, die Pilze absolut nicht vertragen. Andere genießen Schwämme, die schon am Standorte durch Witterung, Alter u. a. eine Zersetzung erfahren haben, welche genügt, Störungen im Organismus des Genießenden hervorzurufen. Ebenso kann das Aufwärmen eines Pilzgerichtes die Ursache einer solchen Zersetzung sein. Nicht minder schadet eine Übersättigung beim Genusse, die natürlich wie jede Unmäßigkeit Störungen in den Organen der Verdauung und des Blutlaufes zur Folge hat. Bei dem Reichtum an Eiweißgehalt, Phosphorsäure und Nährsalzen sind die Pilze ja nicht gerade leicht verdaulich und sollten daher nie ohne Zuspeise genossen werden. Brot und Kartoffeln machen jedes Pilzgericht besser bekömmlich. Alles in allem kann man wohl sagen, daß bei einer sorgfältigen Auswahl der Arten und Exemplare, bei Vorsicht in der Bereitung und bei Mäßigkeit im Genusse die Klagen und das Mißtrauen gegen die Pilze schwinden müßten.
Man gehe nur bei trockenem Wetter auf die Suche. Zur Ausrüstung dabei gehört ein Sack oder Netz und ein Messer. Man durchstreife den Wald kreuz und quer, indem die Augen unausgesetzt auf den Boden gerichtet sind, versäume auch nicht, zeitweilig rückwärts zu schauen. Mancher gute Schwamm wird diese geringe Mühe lohnen. Alte, von Insekten angegriffene und wasservolle Exemplare lasse man unbeachtet; sie verderben im Sacke die guten und nützen in der Pfanne erst recht nichts. Sie mögen bleiben, wo sie sind, und durch ihr Verwesen der kommenden Brut Dienste erweisen. Mittlere und junge Pilze schneide man sorgfältig über der Erde ab, das Mycelium schone man also im Hinblick auf seine Bedeutung für den Nachwuchs. Will man etwas Übriges thun, so bedecke man den Stumpf mit etwas Erde. Man bewahrt ihn dadurch vor dem Schicksale, eine Brutstätte von allerlei Würmern und Maden zu werden, die den Nachwuchs schädigen. Es ist vielleicht ratsam, schon beim Sammeln die Pilze, die man zum sofortigen Genusse bestimmt, von denjenigen zu trennen, die man zu dörren beabsichtigt. Man versehe sich daher entweder mit zwei Säcken oder teile einen durch eine Mittelnaht oder einen Zug in zwei Hälften.
Um Schwämme zu dörren, bediene man sich eines Trockengestelles, wie es nachstehend beschrieben ist. Zwischen einem Holzrahmen mit vier Füßen spanne man ein Drahtgeflecht aus, auf dem die Pilze ruhen. Zum Schutze derselben gegen Insekten, die gern Eier darauf ablegen möchten, stelle man eine Drahtglocke oder einen Kasten aus Drahtgeflecht darüber. Die abgeputzten und geschnittenen Pilze breite man dünn auf dem Rahmen aus, setze sie der freien Luft oder gelinder Ofenwärme aus und wende sie mehrmals um, bis sie sich nicht mehr feucht anfühlen.
Man kann die Pilze auch nach dem Putzen und Schneiden auf Fäden reihen und sie an der Luft oder am Ofen trocknen. Ist man sicher, daß sie trocken sind, so fülle man sie, vielleicht jede Sorte getrennt, in irdene oder gläserne Einmachbüchsen, die man mit Pergamentpapier verschließt und zur besseren Orientierung mit den Namen der betreffenden Arten versieht.
Obwohl jedes gute Kochbuch darüber die besten Ratschläge erteilen kann, sei es doch erlaubt, wenigstens auf eine dreifache Zubereitung hinzuweisen.
1. Pilzsalat: Man schneide geputzte Steinpilze, Champignons, Rothäuptchen und andere festere Pilze in feine Scheibchen, gieße nach Belieben Essig und Öl zu und gebe Salz und etwas Pfeffer daran. Man kann diesen Salat auch mit Gurken- oder Staudensalat vermischen.
2. Pilzmus: Zerstoße Pilze beliebiger Art, trockene oder frische, im Mörser, koche diese Masse mit einem Löffel Mehl, mit Schoten, Möhren und Kohlrabi als Gemüse in Bouillon. Die Pilze dürfen natürlich auch in Würfel geschnitten werden.
3. Gedämpfte Pilze: Man nehme alle Sorten Pilze, harte und weiche, putze sie sauber ab und schneide sie in Scheiben in eine Pfanne (irden, nicht metallen!). Nun gieße man etwas Wasser zu, thue Butter daran, stäube etwas Mehl darüber und füge eine Prise Pfeffer, entsprechend Salz und vor allem gut gewiegte und zarte Petersilie dazu. Mit einer Zuspeise giebt dies ein delikates Gericht. ( NB. Ich rate nicht, die Brühe abzugießen und die Pilze darauf im Tiegel nochmals in Butter zu braten. Denn mit der Brühe werden zwar etwaige schädliche Stoffe, aber auch alle die entfernt, die den Genuß der Pilze wünschenswert machen. Man beachte nur die oben angeführten Regeln beim Auswählen und Sammeln der Schwämme.