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Dat drüdde Kapittel |
Drittes Kapitel |
Worüm Fritz Sahlmann 'ne Mulschell kriegt un de Uhrkenmaker de ganze Nacht mit Mamsell Westphalen ehr Gardinenbeddstell in de Stuw' herümmerführt, un worüm de französche Oberst in 'ne rode Beddeck bi den Uhrkenmaker taum Besäuk kümmt. |
Warum Fritz Sahlmann eine Maulschelle kriegt, und der Uhrmacher die ganze Nacht mit Mamsell Westphals Gardinenbettstelle in der Stube herumfährt, und warum der französische Oberst in einer roten Bettdecke beim Uhrmacher zu Besuch kommt. |
As de Möller den Sloßweg dalführt was, gung de Herr Amtshauptmann nah sin Stuw' tau, kihrt äwer wedder üm, gung up Herr Droin los un frog: »Wat bün ick Sei schüllig, min leiw' Droz?« – Na, de säd nu so gaud as hei kunn: hei hadd dat girn dahn, denn die Allemange sei nun seine Patrie un hei wir tuh för de Patrie. – »Dat mein ick nich«, säd de oll Herr, »ick mein för min Taschenuhr, de Sei mi t'recht makt hewwen.« – Dat wir allens betahlt, säd Herr Droz, die kleine Garßong, die Fritz Sahlmann, hadd allens richtig makt. – »Dat weit ick woll«, säd de oll Herr, »äwer min leiw' Droz, einen Uhrkenmaker möt einer nich blot dorför betahlen, dat hei an de Uhr wat makt hett, ne, ok dorför, dat hei dor nicks an makt hett, un wil Sei dit nich dahn hewwen, dorüm hir, min leiw' Droz«, un drückt ein twei Daler in de Hand un gung in't Hus. »Na«, säd Mamsell Westphalen, »lat em gahn! Hei is en ollen wunderlichen Heiligen; äwer hei meint dat gaud. Äwer Herr Droi, nu kamen S' mit rin un däuen S' sick en beten up in min Stuw', denn bi dit oll grusig Weder kann einen de Seel in'n Liw friren warden.« Herr Droi gung ok mit, un as sei sick knapp dal set't hadden, kamm Fritz Sahlmann herin mit den Franzosen sinen Pirdswanz up den Kopp un den blanken Säbel in de Hand un hadd sick in alle Geswindigkeit en Snurrbort mit en Lichtäsel makt. Swabb! hadd hei einen von Mamsell Westphalen ehr Ort an de Uhren: »Uhlenspeigel!«, un sei ret em den Blackpott von den Kopp un den Säbel ut de Hand un stellt sei achter ehr Bedd: »Uhlenspeigel! An so'n Abend, wo wi all in Nöten sitten, willst du din Hanswurstenstreich maken? – Gah leiwerst runne nah Herr Droin sine leiwe Fru, un en Kumpelment von mi, sei süll sick nich ängsten, Herr Droi wir bi mi in min Stuw' un Gefohr hadd dat hir gor nich.« |
Als der Müller den Schloßweg hinuntergefahren war, ging der Herr Amtshauptmann auf seine Stube zu, kehrte aber wieder um, kam auf Herrn Droz los und fragte: »Was bin ich Ihnen schuldig, mein lieber Droz?«
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Fritz Sahlmann geiht, un nu sitten sei dor un vertellen sick von ollen un nigen Tiden; dat heit, wat Herr Droi vertellt, dat versteiht Mamsell Westphalen man sihr slicht, un wat Mamsell Westphalen vertellt, dat versteiht Herr Droi nich recht. »Er sein bong!« seggt Droi un klimpert mit de beiden Dalers in de Hand herüm. – »Ja woll«, seggt Mamsell Westphalen, »sünd sei gaud. – Meinen Sei, dat de Herr Amtshauptmann Sei falsch Geld gewen ward?« – »Ah, nicks falsch Geld! Ick meinen ihn lüi mehm«, seggt Herr Droi un wis't mit den Finger nah baben. – »Ach so, Sei meinen den Herrn Amtshauptmann! Ja woll is hei bong, äwer je öller hei ward, je wunderlicher ward hei, denn hei makt de Nacht taum Dag, Herr Droi. Seihn S', dor möt ick nu sitten un möt braden un rösten in de Nacht herin, denn hei ett sin Abendbrod irst nachts Klock elwen, un't ward ok woll twölw; un wenn dat leiw' Eten verdrögt un verbradt is, denn schellt hei, un de Fru Amtshauptmannen is man sihr weikmäudig un kriggt denn dat Rohren. Denn segg ick: ›Fru Amtshauptmannen, wat hulen S'? Känen wi dörför, dat hei lewt as en Unchrist? – Laten S' dat Hulen, wi hewwen en gaud Gewissen!‹ Äwer, Herr Droi, dat is en swor Stück för mi, hir tau sitten as 'ne einsame Person un tautauhüren, wo de Stormwind üm dat Sloß rümme brus't, de Regen ankloppt an de Finstern, de Ulen schri'n un de Togwind dörch de Gäng' hult, as wiren de bösen Geister los. – Nu hüren S' blot, wat is dat wedder för en' Weder! – Herr Droi, Sei grugen sick woll gor nich?« – »Ah, nong«, seggt Herr Droi, sitt äwer still un horkt nah dat Weder rut un seggt endlich: »Attangdeh, dü Tonnähr!« – »Wat Pommdetähr?« fröggt Mamsell Westphalen, »wat hett dat Weder in dese Johrstid mit de Tüften tau dauhn?« – »Ick meinen nich die kleine Garßong mit die graue Jack, ick meinen« – un hei rückt mit den Finger krüz un quer in de Luft – »ick meinen der helle Szik-Szak mit Rumpel, Pumpel, Rattetetah.« – »Denn hewwen Sei recht, Herr Droi«, seggt Mamsell Westphalen, »denn bute geiht dat würklich: Rumpel, Pumpel, Rattetetah.« – »Ah«, seggt Herr Droi, »das sein deh Tambur, das sein meine Kamerad, die Grenadier«, un sprung up un marschiert up un dal mit de Borenmütz up den Kopp, denn hir was't hoch naug dortau, un stunn denn wedder still: »Hork! Sie marschier auf die Marsché, auf die Markt!« un »Hork! Das sein die grang Kanong, die swere Geßütz!« Un Mamsell Westphalen sitt dor un hett de Hän'n in den Schot un kickt em an un schüddelt den Kopp un seggt: »Wo dat doch einmal insitt! Hei 's süs en orndlich Minsch, üm wat stellt hei sick denn nu so wütig an? 't is as mit de ollen Fuhrlüd', wenn sei nich mihr führen känen, mägen sei noch ümmer klappen.« |
Fritz Sahlmann geht, und nun sitzen sie da und erzählen von alten und neuen Zeiten; das heißt: was Herr Droz erzählt, das versteht Mamsell Westphal nur sehr schlecht, und was Mamsell Westphal erzählt, das versteht Herr Droz nicht recht. »Er sein
bon!« sagt Droz und klimpert mit den beiden Talern in der Hand. »Jawohl sind sie gut!« ruft Mamsell Westphal. »Meinen Sie, der Herr Amtshauptmann werde Ihnen falsches Geld geben?« – »Ah, nix falsch Geld! Ich meinen ihn
lui-méme,« sagt Herr Droz und zeigt mit dem Finger nach oben. – »Ach so, Sie meinen den Herrn Amtshauptmann! Jawohl ist er
bong, aber je älter er wird, desto wunderlicher wird er, denn er macht die Nacht zum Tage, Herr Droi. Sehn Sie, da muß ich nun sitzen und muß braten und rösten in die Nacht hinein, denn er ißt sein Abendbrot erst nachts um elf, und 's wird auch wohl zwölf; und wenn das liebe Essen vertrocknet und verbraten ist, dann schilt er, und Frau Amtshauptmann ist so sehr weichmütig und kriegt dann das Weinen. Dann sag' ich: ›Frau Amtshauptmann, was heulen Sie? Können wir dafür, daß er lebt wie ein Unchrist? Lassen Sie das Heulen, wir haben ein gutes Gewissen!‹ ... Aber, Herr Droi, das ist ein schweres Stück für mich, hier zu sitzen als 'ne einsame Person und zuzuhören, wie der Sturmwind ums Schloß 'rum braust, der Regen anklopft an die Fenstern, die Eulen schreien und der Zugwind durch die Gänge heult, als wären die bösen Geister los ... Nun hören Sie bloß, was ist das wieder für 'n Wetter! ... Herr Droi, Sie graueln sich wohl gar nicht?« – »Ah,
non!« sagt Herr
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Un't wohrt nich lang', dunn kümmt Wewer Stahlsch in de Dör rin – dat was Mamsell Westphalen ehr dägliche Aportendräger un Apostel, de drog ehr dat Nige ut de Stadt tau, un för jeden Mund vull Niglichkeiten, den sei rup drog up't Sloß, drog sei ein Henkelpott vull Eten wedder raf –, hadd den Rock äwer'n Kopp namen un leckt as 'ne Dackrönn, schüddelt sick irst en pormal un säd dunn: »Brr, wat is't för'n Weder!« – »Dat ist dat, Fru Meistern«, säd de Mamsell – sei nennt sei ümmer »Fru Meistern«; »nich üm Stahlsch ehrentwillen«, säd sei, »ne, üm minentwillen, denn wat würden de Lüd' dortau seggen, wenn ick mi mit en gewöhnlich Frugensminsch afgew – ne! ick heww ok minen Stolz!« – »Mamselling«, säd de Fru Meistern, »ick kam ruppe: up de Mark grimmelt un wimmelt dat vull Franzosen, un hewwen en groten Hümpel Kanonen mitbröcht, un de Burmeister hett nah minen Mann schickt, de sall in dit Weder un in de düster Nacht up de Dörpe rümlopen un sall de Buren un de Häw tau Fuhrwark bestellen up morgen middag, un passen S' up, Sei krigen ok Inquartierung.« – »Dat weit de leiw' Gott!« seggt Mamsell Westphalen un geiht an de Dör un röppt Korlin un Fik, sei sälen Füer in de blag' Stuw' maken neben ehr an un sälen twei Bedden uprichten, denn de Düwel würd bald so'n grotmüligen französchen Obersten un so'n ßawwerig Krät von Adjudanten den Sloßbarg rup karen, un dreiht sick üm tau ehr Gesellschaft un seggt: »Dor känen sei liggen; un wenn dat Späuk in de blag' Stuw' en christlich Späuk is, denn warden sei just nich vel Rauh finnen in de Nacht, un dat günn ick ehr. Denn, Herr Droi«, seggt sei, »hir neben an späukt dat, glöwen Sei ok an Späuk?« – Herr Droi seggt: »Ne«, un't ward mitdewil buten en Upstand, un as Mamsell Westphalen rute kickt, kümmt richtig en französchen Oberst mit sinen Adjudanten rinne in de Husdör, un en por Ordonnanzen folgen achter drin. Sei warden in de blag' Stuw' bröcht, wo sei sick drög antrecken, un gahn dunn rup nah'n Herrn Amtshauptmann un eten dor Abendbrod. |
Und es dauerte nicht lange, da kam Stahlsche, die Webersfrau, in die Tür hinein, – das war Mamsell Westphals Apostel und tägliche Rapportbringerin; sie trug ihr das Neue aus der Stadt zu, und für jeden Mund voll Neuigkeiten, die sie aufs Schloß hinaufbrachte, trug sie einen Henkeltopf voll Essen wieder herunter – hatte den Rock über den Kopf genommen und leckte wie eine Dachrinne, schüttelte sich erst ein paarmal und sagte dann: »Brr, was ist das für'n Wetter!« – »Das ist es, Frau Meistern,« sagt die Mamsell – sie nannte sie immer ›Frau Meistern‹; »nicht wegen Stahlsche,« sagte sie, »nein, um meinetwillen, denn was würden die Leute dazu sagen, wenn ich mich mit einer gewöhnlichen Frauensperson abgebe – nein! ich habe auch meinen Stolz!« – »Mamselling,« sagte die Frau Meistern, »ich komme 'rauf: auf dem Markt grimmelt und wimmelt es voll Franzosen, und haben einen großen Haufen Kanonen mitgebracht, und der Bürgermeister hat nach meinem Mann geschickt, er soll bei diesem Wetter und in der düstern Nacht auf den Dörfern 'rumlaufen, und soll die Bauern und die Hofpächter zu Fuhrwerk bestellen auf morgen mittag, und passen Sie auf, Sie kriegen auch Einquartierung.« – »Das weiß der liebe Gott!« sagt Mamsell Westphal und geht an die Tür und ruft Karline und Fiken, sie sollen in der blauen Stube neben der ihrigen Feuer machen und zwei Betten aufschlagen, denn der Teufel würde wohl bald so einen großmäuligen französischen Obersten und so eine spuckende Kröte von Adjutanten den Schloßberg hinaufkarren – und dreht sich zu ihrer Gesellschaft um und sagt: »Da können sie liegen; und wenn der Spuk in der blauen Stube ein christlicher Spuk ist, dann werden sie in der Nacht just nicht viele Ruhe finden, und das gönn' ich ihnen. Denn, Herr Droi,« sagte sie, »hier nebenan spukt es; glauben Sie auch an Spuk?« Herr Droz sagt: nein – und mittlerweile gibt es draußen einen Lärm, und als Mamsell Westphal hinaussieht, kommt richtig ein französischer Oberst mit seinem Adjutanten in die Haustür herein, und ein paar Ordonnanzen folgen hinterher. Sie werden in die blaue Stube gebracht, wo sie sich trocken anziehen, und gehen dann zum Herrn Amtshauptmann hinauf und essen da Abendbrot. |
Wildeß sitt Herr Droi deip in Gedanken, un hei seggt einmal äwer't anner: »Diabel!« un »Diangter!«, un as sei em fragen, kümmt hei endlich dormit rut: hei wir in grote Swulitäten un't künn sin Unglück sin, denn wenn hei mit sin Mondierung un de Borenmütz un Obergewehr un Unnergewehr ut de Stuw' güng un dörch de Straten, künn em de Ordonnanz seihn oder ein von de französchen Wachtposten oder so'n Ströper von Franzos', un sei kün'n em fragen: wo so? un woans?, un wenn hei denn nich Hals gewen künn, künn de Düwel sin Spill heww'n un de Geschicht von hüt nahmiddag künn rute kamen, un wat denn?« – Herr Droi«, seggt Mamsell Westphalen, »dat is en slimm Stück! Den Slüngel, den Fritz Sahlmann sin Tüg känen Sei nich antrecken, denn wenn Sei ok Ehr leiw' Middelstück dorinne premsen wullen, wo bliwen de En'n? – Un von den Herrn Amtshauptmann sin Tüg? Ne, Herr Droi, verlangen S' nich von mi so 'ne Undaht, denn dat wir jo, as süll ick mit eigne Hand dat Sloß anstecken. Un anner Mannslüd' hewwen wi, Gott sei Dank, nich hir. – Äwer Herr Droi, Sei hewwen uns hüt nahmiddag ut grote Not reddt, un dorüm redd ick Sei wedder. Ehr Fru weit, dat Sei hir baben unner Christenminschen sünd; Sei sälen des' Nacht in min Gardinenbeddstäd slapen, ick legg Sei frisch Laken up, un ick slap bi dat Stubenmäten. Fru Meistern, kamen S'!« Dormit geiht sei ut de Dör, un't wohrt nich lang', dunn kümmt sei wedder rin un deckt frisch Laken äwer dat Bedd un fröggt wedder: »Herr Droi, grugen Sei sick ok?« – Herr Droi seggt wedder: »Ne«, un sei seggt: »Dat is schön! Denn männigmal geiht dat hir nebenan up 'ne sonderbare Ort üm, ›tap! tap! tap!‹, äwer hir kümmt dat nich rinne, ick heww en Haufisen up min Dör nageln laten. – Nu hür mal einer! Nu hür mal einer! Nu gahn de Franzosen hir bian ok tau Bedd. Nu hür mal einer dat Gesnater! – Herr Droi«, fröggt sei lis', »känen Sei dat all verstahn?« – »Wui«, seggt Herr Droi. – »Ick glöw't«, seggt sei, »denn de Wand is sihr dünn. Dit was irst 'ne grote Stuw', nu sünd dor äwer twei ut makt worden. – Na, gun Nacht ok, Herr Droi! Fru Meistern, kamen S'!« – Herr Droi seggt ok sin gun Nacht up Französch, süht äwer ut, as hadd hei noch wat up den Harten, wat hei nich seggen künn oder nich seggen müggt, un Mamsell Westphalen seggt sachten tau de Fru Meistern: »Fru Meistern, Sei sünd 'ne verfrigte Fru, för mi paßt sick dat nich, seggen S' den Mann Bescheid«, un geiht. As sei furt is, geiht de Uhrkenmaker mit de Fru Meistern ok rut. |
Unterdessen sitzt Herr Droz tief in Gedanken und sagt einmal übers andere: » Diable!« und » Diantre!« – und als sie ihn fragen, kommt er endlich damit heraus: er wäre in großen Schwulitäten, und es könnte sein Unglück sein, denn wenn er mit seiner Montur und der Bärenmütze und Obergewehr und Untergewehr aus der Stube ginge und durch die Straßen käme, dann könnte ihn die Ordonnanz sehen oder einer von den französischen Wachtposten oder irgend ein herumstrolchender Franzos, und sie könnten ihn fragen: »Wie und wer? und woher und wohin?« Und wenn er dann nicht Rede stehen könnte, dann möchte vielleicht der Teufel sein Spiel treiben und die Geschichte von heute nachmittag könnte herauskommen, und was dann? »Herr Droi,« sagt Mamsell Westphal, »das ist ein schlimmes Stück! Des Schlingels, des Fritz Sahlmanns Zeug können Sie nicht anziehen, denn wenn Sie auch Ihr liebes Mittelstück hineinpressen wollten, wo bleiben die Enden? – Und von des Herrn Amtshauptmanns Zeug? Nein, Herr Droi, verlangen Sie nicht von mir solche Untat, denn das wäre ja, als sollte ich mit eigener Hand das Schloß anzünden! Und andere Mannsleute haben wir, Gott sei Dank, nicht hier. – Aber Herr Droi, Sie haben uns heute nachmittag aus großer Not gerettet, und darum rette ich Sie wieder. Ihre Frau weiß, daß Sie hier oben unter Christenmenschen sind; Sie sollen diese Nacht in meiner Gardinenbettstelle schlafen, ich lege Ihnen frische Laken auf, und ich schlafe beim Stubenmädchen. Frau Meistern, kommen Sie!« Damit geht sie aus der Tür, und es dauert nicht lange, da kommt sie wieder herein und deckt frische Laken über das Bett und fragt wieder: »Herr Droi, graueln Sie sich auch?« – Herr Droi sagt wieder: »Nein,« – und sie sagt: »Das ist schön! denn manchmal geht es hier nebenan auf eine sonderbare Art um: ›Tap, tap, tap!‹ – Aber hier kommt es nicht hinein, ich habe ein Hufeisen auf meine Tür nageln lassen. – Nun höre mal einer! Nun höre mal einer! Nun gehen die Franzosen hier nebenan auch zu Bett. Nun höre mal einer das Geschnatter! Herr Droi,« fragt sie leise, »können Sie das alles verstehen?« – » Oui,« sagt Herr Droz. – »Ich glaub's,« sagte sie, »denn die Wand ist sehr dünn; dies war früher eine große Stube; nun sind aber zwei daraus gemacht worden. – Na, gute Nacht auch, Herr Droi! Frau Meistern, kommen Sie!« – Herr Droz sagt auch seine gute Nacht auf Französisch, sieht aber aus, als hätte er noch etwas auf dem Herzen, was er nicht sagen könnte oder nicht sagen möchte, und Mamsell Westphal sagt leise zu der Frau Meistern: »Frau Meistern, Sie sind eine verheiratete Frau – für mich paßt sich das nicht; sagen Sie dem Mann Bescheid,« und geht. Als sie fort ist, geht der Uhrmacher mit der Frau Meistern auch hinaus. |
As sei all rut sünd, dunn wutscht wat äwer den Gang, wo de Nachtlamp brennt, in Mamsell Westphalen ehr Stuw' herin, dat is de Spitzbauben-Jung', de Fritz Sahlmann, un hett unner'n Arm en groten Klupen Is as en Hauttöppel grot, un as 'ne Katt springt hei up de Beddlad von Mamsell Westphalen ehr grot Gardinenkutsch in de Höcht un leggt den Isklumpen baben up den Himmel von dat Beddgestell un seggt tau sick: »Täuw, du olle Racker! Dit is för de Mulschellen, de ik kregen heww; dit sall di de upstigende Hitz woll käuhlen«, un dormit wutscht hei wedder rut ut de Dör. |
Als sie alle draußen sind, da witscht etwas über den Gang, wo die Nachtlampe brennt, in Mamsell Westphals Zimmer hinein – das ist der Spitzbubenjunge, der Fritz Sahlmann, hat unterm Arm einen großen Klumpen Eis, wie einen Hutkopf groß, und wie eine Katze springt er auf die Bettlade von Mamsell Westphals großer Gardinenbettstelle, legt den Eisklumpen oben auf den Himmel des Gestells und sagt zu sich: »Warte, du alter Racker! dies ist für die Maulschellen, die ich gekriegt habe; dies soll dir die aufsteigende Hitze wohl kühlen!« Und damit witscht er wieder aus der Tür. |
Herr Droi kümmt nu ok wedder rin, treckt sick ut, leggt »la grang Nationg« vör't Bedd up den Staul, pust dat Licht ut un leggt sick dal, reckt sick in dat schöne, weike Bedd lang ut un seggt: »Ah! Szeh bong!«, horkt nu up den Storm buten un up den Regen, wo de dal gütt, un up dat Resonnieren von de beiden Franzosen nebenan, doch endlich hürt dat Szackerieren up, un Herr Droi is grad so twischen Slapen un Waken, dunn geiht dat: tap – tap – tap. »Haha«, denkt Herr Droi up Französch, »dat is dat Späuk hir nebenan!« un horkt nu, wat sin Landslüd' woll dortau seggen warden. De liggen ganz still; äwer tap – tap – tap, geiht dat ruhig wider, un nu is det Herr Droin, as wenn't in sin Stuw' is. Ja, in sin Stuw' is't, un wenn't in sin Stuw' is, denn is't in de Dör rinne kamen, wo süll't süs rin kamen sin? Hei grippt also nah einen von sin Schauh un smitt nah de Dör hen, bautz! fohrt de Schauh gegen de Dör, un up den Gang bullert dat, as wenn't Gewitter inslagen hadd. De Franzosen nebenan fangen an sick tau rögen un reden mit enanner. Bald is dat indes wedder still; äwer tap – tap – tap, geiht dat wedder dicht bi Herr Droin sin Bedd. Herr Droi richt sick in En'n un bögt sick vöräwer, üm beter hüren tau känen – klatscht föllt em en Druppen up den kahlen Kopp – un klatsch! – noch ein up de krumme Näs', un as hei vör sick hengrippt, dunn fäuhlt hei, dat sin Äwerbedd so bi Lütten anfangt dörchtauweiken. »Diangter!« seggt hei, »dat Dack is nich dicht, un dat leckt dörch den Bähn. Wat nu?« Hei verföllt natürlich glik up dat vernünftigste Mittel, up wat en Minsch in so'n Ümstän'n verfallen kann, hei will mit sin Bedd ümtrecken; hei steiht also up un fangt mit de olle swere Beddlad t'Ens den Kopp an tau schurren, denkt äwer nich an den Franzosen sin Kaskett un Säbel, de in de Eck stahn, un – hest nich geseihn – schurrt dat an de Wand entlang un klappert un rummelt up den Fautbodden dal. Herr Droi verfirt sick nich slicht un steiht un horkt, un – richtig! – de beiden Franzosen sünd upwakt von den Spektakel un schellen un futern. Hei denkt äwer, dat mag jo woll hulpen hewwn, un krüppt in't Bedd. Nu was de oll Isklumpen äwer all schön dörchdäu't, un dat pirrt natürlich in dat Bedd herin; hei liggt 'ne Wil, äwer dat löppt ümmer düller, dat ward em all so käuhlhaftig, dat Water sleiht all dörch, un hei denkt – natürlich up Französch –: »Nu slapen s' woll. Wenn du dat Fauten'n nu so nahbringen künnst, denn müggst du jo woll von de Leck loskamen«; steiht up un rückt dat Fauten'n los, – bautz! – föllt sin Obergewehr de Wand entlang up den Fautbodden, un hett dat irst nicht knallt, denn knallt dat nu. |
Herr Droz kommt nun auch wieder herein, zieht sich aus, legt › la grande nation‹ vor das Bett auf den Stuhl, pustet das Licht aus und legt sich nieder, streckt sich in dem schönen weichen Bett lang aus und sagt: » Ah! c'est bon!« – horcht nun auf den Sturm draußen und auf den Regen, der vom Himmel herniedergießt, und auf das Räsonnieren der beiden Franzosen nebenan; doch endlich hört das Sackerieren auf, und Herr Droz ist gerade so zwischen Schlafen und Wachen, da geht es: Tap–tap–tap. »Aha,« denkt Herr Droz auf Französisch, »das ist der Spuk hier nebenan!« – und horcht nun, was seine Landsleute wohl dazu sagen würden. Die liegen ganz still; aber tap–tap–tap – geht es ruhig weiter, und nun ist es Herrn Droz, als wäre es in seiner Stube ... Ja, in seiner Stube ist es, und wenn's in seiner Stube ist, dann ist's zur Tür hereingekommen – wo sollte es sonst hereingekommen sein? Er greift also nach einem von seinen Schuhen und schmeißt nach der Tür. Bauz! fährt der Schuh gegen die Tür, und auf dem Gang bullert es, als wenn das Gewitter eingeschlagen hätte. Die Franzosen nebenan fangen an sich zu rühren und reden miteinander. Bald ist es indessen still; aber tap–tap–tap– geht es wieder dicht bei Herrn Droz' Bett. Herr Droz richtet sich empor und beugt sich vorneüber, um besser hören zu können – klatsch! – da fällt ihm ein Tropfen auf den kahlen Kopf – und klatsch! – noch einer auf die krumme Nase, und als er vor sich hingreift, da fühlt er, daß sein Oberbett so bei kleinem anfängt durchzuweichen. » Diantre!« sagt er, »das Dach ist nicht dicht, und es leckt durch den Boden. Was nun?« Er verfällt natürlich gleich auf das vernünftigste Mittel, worauf ein Mensch in solchen Umständen verfallen kann: Er will mit seinem Bett umziehen. Er steht also auf und fängt an das Kopfende der alten schweren Bettstelle abzurücken, denkt aber nicht an des Franzosen Helm und Säbel, die in der Ecke stehen, und – hast du nicht gesehen! – schurrt es an der Wand entlang und klappert und rasselt auf den Fußboden nieder. Herr Droz bekommt keinen schlechten Schreck und steht und horcht, und – richtig! – die beiden Franzosen sind von dem Spektakel aufgewacht und schelten und futern. Er denkt aber: Das mag ja wohl geholfen haben – und kriecht ins Bett. Nun war der alte Eisklumpen aber schon schön durchgetaut, und natürlich läuft es in einem seinen Strahl ins Bett hinein. Er liegt eine Weile, aber es läuft immer mehr, es wird ihm schon so kühl, das Wasser schlägt schon durch, und er denkt – natürlich auf Französisch: – »Nun schlafen sie wohl. Wenn du nun auch noch das Fußende nachbringen könntest, kämest du ja wohl von dem Leck los« – steht auf und rückt das Fußende ab, – bauz! – fällt sein Obergewehr an der Wand entlang auf den Fußboden, und hat es erst nicht geknallt, dann knallt es jetzt. |
Dor stunn nu de arm Uhrkenmaker un bet sick up de Lipp un kau't sick up de Nägel un höll de Luft an, as wenn sin Atenhalen de Franzosen upwecken künn, de nebenan all ludhals' schimpfen un schandierten un »Szilangz« repen un an de Wand kloppten. »Kö fähr?« säd hei up Französch vör sick hen. »De irste Not möt kihrt warden, as dat oll Wiw säd, dunn slog s' den Backeltrog intwei un makt dat Sürwater dormit heit«, krop in dat Bedd un säd: »Gott sei Dank! Nu bün ick ut de Leck.« Hei was äwer ut den Regen in de Drupp kamen, denn – strull! – göt dat runner von den Bähn – strull! – göt dat in dat Bedd herin. Em würd ganz kolt un waterig tau Maud', as wir hei' ne Pogg in Frühjohrstid. – Dat hülp em allens nich, hei müßt wedder rut un müßt wedder ümtrecken; äwer lising, dat hei nicks ümstöten ded. Hei treckt in de ein Eck, dor was't doch vörher drög west, hei treckt in de anner Eck, dor was't doch ok drög west, un so führt hei de schöne lange Nacht mit de Gardinenkutsch in de Stuw' ümmer rund herüm, lising, ganz lising, äwer wo hei henkamm, was ok de Leck. |
Da stand nun der arme Uhrmacher und biß sich auf die Lippen und kaute an den Nägeln und hielt die Luft an, wie wenn sein Atemholen die Franzosen aufwecken könnte, die nebenan schon aus vollem Halse schimpften und fluchten und › Silence!!‹ riefen und an die Wand klopften. » Que faire?« dachte er auf Französisch; »der ersten Not muß abgeholfen werden, wie das alte Weib sagte, da schlug sie den Backtrog entzwei und machte damit das Säuerwasser heiß,« – kroch ins Bett und sagte: »Gott sei Dank! nun bin ich aus dem Leck.« Er war aber aus dem Regen in die Traufe gekommen, denn – strull! – goß es vom Boden herunter, – strull! – goß es ins Bett hinein. Ihm wurde ganz kalt und wässerig zumute, als wäre er ein Frosch zur Frühjahrszeit. Es half ihm alles nichts, er mußte wieder heraus und mußte wieder umziehen; aber ganz, ganz leise, um nichts umzustoßen. Er zog in die eine Ecke, da war's doch vorhin trocken gewesen; er zog in die andere Ecke, da war's doch auch trocken gewesen – und so fuhr er die schöne lange Nacht mit der Gardinenkutsche in der Stube immer rund herum, leise, ganz leise – aber wo er hinkam, war auch der Leck. |
So stunn hei denn nu in'n blanken Hemd midden in de Stuw' un sünn un sünn, wo dit woll wir un wo dat woll wir, un slog sick endlich up Französch mit de Hand vör'n Kopp un säd: »Ick Schapskopp!«, denn em was en Licht upgahn. Dat heit in'n Kopp, denn in de Stuw' was't düster, un Licht müßt hei doch hewwen. Hei slek sick also lising rut up den Gang, un – richtig! – dor brennt ok de Lamp noch; hei stek sin Licht an, gung t'rügg, lücht nah den Beddhimmel rup, sach dor wat baben liggen, säd: »Ah, Cannalje!«, steg up de Beddlad, kunn't äwer nich langen. Hei reckt sick nah Mäglichkeit un grawwelt up den Isklumpen rüm, de was äwer tau gliwwerig, hei let sick nich faten. Parblöh! Einen halwen Toll länger! Hei leggt sick mit aller Gewalt in't Geschirr – knack! seggt de Himmel, un Himmel un Isklumpen un Droi, allens föllt gegen de Franzosen ehr Wand, un dor liggt Herr Droi unner de unschülligen witten Gardinen un ampelt mit de nakten Beinen in de Luft herüm, as künnen de vertellen, wo ehren Herrn tau Maud' was. |
So stand er denn nun im blanken Hemd mitten in der Stube und sann und sann, wie dies wohl wäre und wie das wohl wäre – und schlug sich endlich auf Französisch mit der Hand vor den Kopf und sagte: »Ich Schafskopf« – denn ihm war ein Licht aufgegangen. Das heißt im Kopf, denn in der Stube war es dunkel, und Licht mußte er doch haben. Er schlich sich also leise nach dem Gang heraus, und richtig – da brannte auch die Lampe noch. Er steckte sein Licht an, ging zurück, leuchtete nach dem Betthimmel hinauf, sah dort oben etwas liegen, sagte »Ah, Canaille«, stieg auf die Bettlade, konnte das Ding aber nicht erreichen. Er streckte sich nach Möglichkeit und grabbelte auf dem Eisklumpen herum; der war aber zu schlüpfrig, er ließ sich nicht fassen. Parbleu! Einen halben Zoll länger! Er legt sich mit aller Gewalt ins Geschirr – knack – sagt der Himmel, und Himmel und Eisklumpen und Droz, alles fällt gegen die Wand der Franzosen an, und da liegt Herr Droz unter den unschuldigen weißen Gardinen und strampelt mit den nackten Beinen in der Luft herum, als könnten die erzählen, wie's ihrem Herrn zumute ist. |
Mit einmal geiht de Dör up, un herinne kümmt de französche Oberst un hett sick gegen de Verküllung 'ne rode wullin'tlinnen Beddeck ümnamen un höllt 'ne duwweltlöpig Pistol vör sick hen, un achter em steiht mit en blanken Degen un süs noch mit allerlei Blanks sin Adjudant. – Herr Droi rappelt sick ut den Himmel rut, stülpt sick de Borenmütz up den Kopp, richt sick steidel in En'n, leggt de Hand an de Mütz un seggt: »Bong Swar, mong Colonnel!« – De Oberst, de kickt em an, de Adjudant kickt den Obersten an, sei hüren, dat sei mit en Franzosen tau dauhn hewwen, sei seihn de swarten Stifeletten un de ganze »grang Nationg« vör dat Bedd liggen, sei seihn Obergewehr un Unnergewehr, un – wat düller is as dull – sei seihn den Säbel un den Pirdswanz von den Schassür. Wat heit dit? un wat sall dit? – Herr Droi stamert up sine Ort wat taurecht, Herr Droi fangt an, von Marengo un Jena tau vertellen, Herr Droi fangt an tau leigen, Herr Droi lüggt wunderschön, man schad, sei glöwen em nich. In de Stuw' un up den Gang ward dat en Höllenlarm, de Oberst schellt Herrn Droin für en Dissentür un en Marodür, de Adjudant röppt äwer de Ordonnanzen; de Ordonnanzen störten von de ein Sid von den Gang in Hast un korten Tüg' vör, as wir wer in't Water follen un sei wullen em nahspringen, ahn sick de Hosen natt tau maken; von de anner Sid rückt Mamsell Westphalen mit dat Stubenmäten un de Käksch vör un hett 'ne grote Stallücht in de Hand, süs äwer man in sihr bedrängten Kledungsümstän'n. Sei höllt sick de Hand vör de Ogen, as wir sei ganz blen'nt von de Stallücht, un äwer ehr Schuller kickt de Stubendirn un seggt tau de Käksch: »Herre je, doch! kik, Korlin...!« – »Schäm di wat«, seggt Mamsell Westphalen, »wat sall sei kiken? Wat hest du tau kiken? Un wat is hir tau kiken? – Wi sünd hir wegen dat unchristlich Wesen bi Nachtslapentid, un wil dat Herr Droin sin Stimm ut Ängsten un Nöten tau uns raupen hett. Un nu dreiht jug üm!« – De beiden Dirns un Mamsell Westphalen dreihn sick nu üm un wisen de Franzosen ehr Rüggsid, un de Mamsell seggt: »Herr französche Oberst, wat sall dit? wat is dit? un wat bedüd't dit? Wat laten Sei Herr Droin nich in min Stuw' ruhig slapen? Dit is en christlich Hus un en ruhig Hus, un so'n Upstand sünd wi hir nich gewennt.« Un set't halwlud för sick hentau: »Ein von't oll Takeltüg ward mi jo woll verstahn.« – De französche Oberst kickt sick an, wo hei dor steiht in sin rod Deck, un denn Herr Droin mit de Borenmütz up den Kopp un sinen spirrbeinigen Adjudanten, wo dei herümmer hüppen deiht in sinen Iwer, un Mamsell Westphalen ehr breide Achtersid, un dat Ganze kümmt em so nahrsch vör, dat hei lud anfangt tau lachen, un hei seggt up gaud Dütsch: sei süll man wider reden, hei künn ehr gaud naug verstahn, denn hei wir en Dütscher, hei wir en Westfal. – »So schriw ick mi ok!« seggt Mamsell Westphalen. – De Oberst lacht un seggt: hei wir blot en Westfal, heiten ded hei von Toll. – Mamsell Westphalen makt en deipen Knix von achter: »Um Vergebung tau fragen: sünd Sei villicht 'ne Fründschaft von den Herrn Postmeister un Gastwirt Tollen hir unnen in de Stadt?« – Dat nich! säd de Oberst; äwer em würd nahgrad friren; de Ordonnanzen süllen bi Herr Droin bliben, denn hei würd woll'n französchen Dissentür sin, un sei süllen ok nahforschen, wo de französche Schassür blewen wir, den Säbel un Kaskett hüren ded. – Herr Droi fung nu wedder an tau leigen, un Mamsell Westphalen schämt sick in sine Seel un dreiht sich in'n Arger rüm un seggt: »Schämen S' sick, Herr Droi, den Lehnstaul för't Öller mit Slichtigkeiten tau pulstern, dat giwwt en hart Küssen för't Gewissen. Un schämen S' sick, Herr Droi, wecke anstännig Mannsminsch set't sick irst de Mütz up un treckt sick nahst irst de Hosen an!« Dreiht sick üm, un as sei gewohr ward, dat dat Stubenmäten sick ok ümdreiht hett, giwwt sei ehr en lütten Fuck in de horten Ribben un seggt: »Dumme Dirn!« un makt wedder en deipen Knix von achter un seggt: »Mine Empfehlung, Herr Oberst von Toll!« un marschiert mit de beiden Dirns af. De annern gungen ok, un bald würd denn allens still, un de Herr Amtshauptmann hadd kein Ahnung dorvon, wat in sinen Hus' passieren ded, denn hei slep den Slap der Gerechten. |
Mit einem Mal geht die Tür auf, und herein kommt der französische Oberst; der hat sich zum Schutz gegen Erkältung eine rote wollene Bettdecke umgenommen und hält ein doppelläufiges Pistol vor sich hin, und hinter ihm steht mit einem blanken Degen und sonst noch mit allerhand Blankem sein Adjutant. Herr Droz rappelt sich aus dem Betthimmel heraus, stülpt sich die Bärenmütze auf den Kopf, richtet sich stramm empor, legt die Hand an die Mütze und sagt: »Bon soir, mon colonel!« – Der Oberst, der guckt ihn an, der Adjutant guckt den Obersten an; sie hören, daß sie mit einem Franzosen zu tun haben, sie sehen die schwarzen Stiefeletten und die ganze grande nation vor dem Bett liegen, sie sehen Obergewehr und Untergewehr und – was toller ist als toll – sie sehen den Säbel und den Pferdeschwanz des Chasseurs. Was heißt dies? und was soll dies? Herr Droz stottert auf seine Art sich was zurecht, Herr Droz fängt an von Marengo und Jena zu erzählen, Herr Droz fängt an zu lügen, Herr Droz lügt wunderschön – nur schade, sie glauben ihm nicht. In der Stube und auf dem Gang wird es ein Höllenlärm; der Oberst schilt Herrn Droz einen Deserteur und Marodeur, der Adjutant ruft nach den Ordonnanzen; die Ordonnanzen stürzen von der einen Seite des Ganges in Hast und kurzem Zeug vor, als wäre jemand ins Wasser gefallen und sie wollten ihm nachspringen, ohne sich die Hosen naß zu machen; von der anderen Seite rückt Mamsell Westphal mit dem Stubenmädchen und der Köchin vor und hat eine große Stallaterne in der Hand, ist sonst aber nur in sehr bedrängten Kleidungsumständen. Sie hält sich die Hand vor die Augen, als wäre sie ganz geblendet von der Stallaterne, und über ihre Schulter sieht das Stubenmädchen und sagt zur Köchin: »Herrjeh doch, herrjeh doch! guck, Karline ...« – »Schäm dich was!« sagt Mamsell Westphal: »was soll sie gucken; was hast du zu gucken; und was ist hier zu gucken? Wir sind hier wegen des unchristlichen Wesens bei nachtschlafender Zeit, und weil Herrn Droi seine Stimme aus Aengsten und Nöten zu uns gerufen hat. Und nun dreht euch um!« Die beiden Mädchen und Mamsell Westphal drehen sich nun um und zeigen den Franzosen ihre Rückseite, und die Mamsell sagt: »Herr französischer Oberst, was soll dies? was ist dies? und was bedeutet dies? Was lassen Sie Herrn Droi nicht in meiner Stube ruhig schlafen? Dies ist ein christliches Haus und ein ruhiges Haus, und solchen Aufstand sind wir hier nicht gewöhnt.« Und setzt halblaut für sich hinzu: »Einer von dem alten Takelzeug wird mich ja wohl verstehen.« – Der französische Oberst guckt sich an, wie er dasteht in seiner roten Decke, und dann Herrn Droi mit der Bärenmütze auf dem Kopf und seinen spindelbeinigen Adjutanten, der in seinem Eifer herumhüpft, und Mamsell Westphals breite Hinterseite – und das Ganze kommt ihm so närrisch vor, daß er laut herauslacht. Und er sagt auf gut Deutsch: Sie solle nur weiter reden, er könne sie gut genug verstehen, denn er sei ein Deutscher, er sei ein Westphale. – »So schreib ich mich auch!« sagt Mamsell Westphal. – Der Oberst lacht und sagt: er wäre nur ein Westphale; er hieße ›von Toll‹.–Mamsell Westphal macht einen tiefen Knix von hinten: »Um Vergebung – zu fragen: sind Sie vielleicht ein Verwandter von dem Postmeister und Gastwirt Toll hier unten in der Stadt?« – »Das nicht!« sagte der Oberst – aber er fing allmählich an zu frieren; die Ordonnanzen sollten bei Herrn Droz bleiben, denn der würde wohl ein französischer Deserteur sein, und sie sollten auch nachforschen, wo der französische Chasseur geblieben wäre, dem der Säbel und der Helm gehörten. – Herr Droz fing nun wieder zu lügen an, und Mamsell Westphal schämte sich in seine Seele und drehte sich in ihrem Aerger herum und sagte: »Schämen Sie sich, Herr Droi, den Lehnstuhl für's Alter mit Schlechtigkeiten zu polstern; das gibt ein hartes Kissen fürs Gewissen. Und schämen Sie sich, Herr Droi! Welcher anständige Mannsmensch setzt sich erst die Mütze auf und zieht sich nachher erst die Hosen an!« Damit dreht sie sich wieder um, und als sie gewahr wird, daß das Stubenmädchen sich auch umgedreht hat, gibt sie ihr einen kleinen Stoß in die kurzen Rippen und sagt: »Dumme Dirn!« und macht wieder einen tiefen Knix von hinten und sagt: »Meine Empfehlung, Herr Oberst von Toll!« – und marschiert mit den beiden Mädchen ab. Die andern gingen nun auch, und bald wurde denn alles still, und der Herr Amtshauptmann hatte keine Ahnung davon, was in seinem Hause passierte, denn er schlief den Schlaf des Gerechten. |