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Zweites Kapitel.
Aug' um Auge, Zahn um Zahn!

Ein grauenhafter – schrecklicher Kampf hatte sich dort entsponnen, um so schrecklicher, als er schweigend von beiden Teilen geführt wurde, und der einzige Zeuge, außer Gott – war stumm. Der riesige Klephte warf sich auf die Türkin – den ersten ungehört verhallenden Aufschrei der weiblichen Angst – den Ruf: »Nikolas, herbei!« benutzte er, um ihr den seidenen Knebel zwischen die Zähne zu pressen ... Von dem Augenblick an sprachen nur ihre Augen – eine furchtbare, jeden andern als den wilden Sohn des Taygetos zurückschreckende Sprache ... Der Kampf des gefesselten Mädchens, während die rohe Hand des Mainis ihre Kleider in Stücke riß, war lang und schrecklich! Die Brust keuchte in dem vergeblichen Widerstand unter der riesigen Kraft des Mannes, verdoppelt durch die wilde Erregung aller Nerven und Sehnen. Dann unterlag sie endlich – ruhig, still – mit der Gleichgültigkeit der Verzweiflung. Nur in den dunkeln, krampfhaft starren Augen lag es wie ein furchtbarer Schwur.

*

Zu den fünf Gefährten, die mit ihren Yatagans das Grab des erschossenen Mainis gruben, trat Demetri-Bey und nickte schweigend mit grauenhaft frechem Blick Georg Zanet zu, indem er ihm den Yatagan aus der Hand nahm und selbst zu schaufeln begann. Der Mainot Georg Zanet hatte elf Augen geworfen. Er war der nächste zum Gange nach der Kula.

*

Nach Georg Zanet kam Hassan Stavro – acht Würfelaugen! Ihm folgte der Vetter des Erschlagenen, Konstantin Comouro – Sechs! Ohne ein Wort zu sprechen, lösten sich die sechs Mainoten an der Gruft ab ... Als der letzte – Panagotti Zanetacchi – zurückkehrte, war das Grab fertig ... Jetzt entfernten sich alle sechs nach dem Turm, den Toten zu holen. Sie warfen keinen Blick nach dem Opfer der furchtbaren Rache, sondern faßten stumm den Körper und trugen ihn hinaus.

An der Wand lag die Türkin, der Knebel war längst aus dem Munde gefallen – aber kein Laut hatte mehr die grimmige Resignation unterbrochen, mit der sie nach dem erschöpfenden Kampf alles geduldet. Gleich einer Toten lag sie da – das Auge geschlossen, geisterhafte Blässe auf dem Antlitz, und ihr langes, dunkles Haar floß wirr auf den Boden. Die mitleidige Hand des letzten hatte die leichte Decke ihres Mantels auf die Unglückliche geworfen – darunter lag sie, und nur ein krampfhaftes Zucken, das von Zeit zu Zeit über ihre Glieder schauerte, verkündete das Leben in der sonst regungslosen Gestalt ... Mit demselben eintönigen Gesang, der den Tod des Kriegers begleitet, begannen sie jetzt ihn in sein Grab zu legen ... Da scholl der Ruf des Generals von der Plattform des Turmes, und Nikolas Grivas sprang von seinem Posten auf der Höhe des Walles herunter in die Umringung ... In demselben Augenblicke zischte es durch die Luft, zwischen die Erde und die Steine des Walles; ein schwerer Stein traf die Leiche, gleich dem rächenden Donnerstrahl des Himmels, und warf sie aus den Händen der Träger kopfüber in das Grab.

Alle sechs waren von Splittern leicht verwundet – Schrammen nur – wenige Blutstropfen, die kein Mann achtet, am wenigsten der wilde Krieger der Maina ... Doch – sie waren »gezeichnet« ... – »Zu den Waffen, Kameraden, an eure Posten!« befahl der General, von der Stiege des Turmes herabeilend. »Die Feuer angezündet und dann deckt euch hinter den Wällen.«

Zwei schon vorher bereitete Feuer von Reisig und Geröhr im Innern des Zugangs, und möglichst gedeckt, qualmten alsbald empor. Um dieselben lagen Bündel von trockenen Zweigen, Laub, Binsen, Gras, mit Streifen leichten Zeuges durchwunden, in welche der Mantel und Schleier der Verkleidung des jungen Griechen zerrissen worden war. Kugel auf Kugel schlug jetzt in kurzen Pausen an Turm und Wall und endlich, als die Artilleristen das Ziel gefunden, in die Stein- und Holzbarrikade des Eingangs. Nach einer halben Stunde war die dort am klaffenden Felsenspalt errichtete Barrikade zerrissen. Dann schwieg das Feuer und von der Höhe des Turmes tönte der Ruf der Wache: »Sie kommen.«

Die Griechen sprangen hervor aus ihren Verstecken und sammelten sich um den Führer, der bereits jedem seinen Anteil am Kampf bezeichnet hatte. Nur einer – Panagotti Zanetacchi – wurde als Wache auf den Turm zurückgesandt, die andern machten sich zum Kampf bereit; jeder untersuchte sorgfältig das Schloß seiner Flinte und der langen Pistolen und lüftete den Handjar ... Frische Reisigbündel wurden auf die Feuer gelegt, die andern näher zur Glut geschoben; dann nahm jeder seinen Posten am Wall ein, so gut gedeckt wie möglich und doch mit freiem Blick auf den nahenden Feind ... Und er kam heran – diesmal waren es die Arnauten Selim-Beys, geführt an Stelle des Paschas von Abdallah, dem jungen Emir. Auf dem Felsenwall und zu beiden Seiten desselben drängte es wieder heran in dichten bunten Haufen, jeder Mann vor sich ein paar große Reisigbündel tragend, die seinem Körper zugleich Schutz gewährten gegen die Kugeln der Griechen. Aber deren Kugeln blieben aus; der General hatte ihnen streng befohlen, den Schuß zu sparen, bis der Feind in größter Nähe und jede Kugel ihres Zieles sicher war.

Als die Anrückenden etwa die Hälfte des Dammes zurückgelegt hatten, gab der Emir, den Säbel schwingend, mit dem arabischen Kampfruf: »Allah Akhbar!« das Signal zum Angriff und die ganze Masse, etwa dreihundert an der Zahl, von denen die Hälfte in dichten Gliedern den Damm einnahm, stürzte in wildem Lauf vorwärts bis auf etwa zwanzig Schritt vom Felsspalt, als die Büchse des Generals das Zeichen zur Salve gab. Fast gleichzeitig knallten die sechs Flinten und die Kugeln warfen die vordersten zu Boden oder hinab vom Felskamm auf ihre Kameraden. Über Tote und Verwundete weg drängten die Krieger zum Rande des Felsenspaltes, auf dessen Grund zu beiden Seiten bereits die Kameraden ihre Reisigbündel emportürmten ... Zugleich warfen sie die ihren in den Grund, und viele Leiber, von den Pistolenkugeln der Mainoten in dieser Nähe durchbohrt, halfen den Spalt füllen ... In wenig Augenblicken war die Füllung bis auf einen Rest von Mannshöhe geschehen, und die wilden Krieger stürzten sich, von den Folgenden gedrängt, reihenweise hinab und begannen an der andern Wand emporzuklimmen, an den Zacken des Gesteins sich haltend oder einer auf des andern Schultern.

In der Bresche standen jetzt Grivas, sein Neffe und drei der Mainis, mit Säbel, Kolben und Yatagan die Stürmer abwehrend, während Panagotti Schuß auf Schuß von der Höhe des Turmes in den dichten Haufen sandte. Das Allahgeschrei, der Kampfesruf der Stürmer, war furchtbar, sinnebetäubend; schweigend – jeden Atemzug zu einer Kraftanstrengung sparend, kämpften die Griechen. Herüber, hinüber knatterten die Pistolenschüsse und immer höher türmte sich die Füllung des Spaltes, Reihe auf Reihe stürzte sich hinab und klomm empor, und für den zerhauenen Schädel, die vom Arm getrennte Faust, die zerschossene Brust, drängten zehn andere empor! – »Allah Akhbar! Zum Kampf! zum Kampf!« Der wilde Ruf des Führers spornte sie zu immer neuen Anstrengungen.

Die Griechen waren sämtlich verwundet bis auf den jungen Grivas, der vergeblich im Handgemenge den Tod zu suchen schien. Demetri-Bey lag, zum Tode getroffen, am Boden; Georg Zanet kämpfte, an den Wall gelehnt, aus zwei Wunden Ströme von Blut vergießend, gleich dem sein Ende fühlenden Eber ... Zwölf Augen! – Elf Augen! Ein Teufel schüttelt die Würfel! – Da erscholl über das Toben des Kampfes hin ein schneidender Pfiff des Generals, der im Handgemenge wie jeder seiner Krieger focht. Die beiden Schützen am Wall sprangen zu den Feuern und rissen die flammenden Bündel heraus, mit dem Fuße neue hinein schleudernd. Wie qualmende, rauchende Ballen flogen sie im nächsten Augenblick hinunter in die Masse der stürmenden Türken.

Ein furchtbares Geschrei stieg zum blauen, wolkenlosen Himmel, eine Mauer von Rauch und Qualm wälzte sich aus der Felsspalte empor – in sie zurück warfen die Kolbenschläge und Yataganhiebe der Mainoten die Emporklimmenden ... Noch wenige furchtbare Augenblicke, dann verstummte der Kampfruf vor dem wahnsinnigen Geschrei des Schmerzes, und die Arnauten wandten sich auf allen Seiten zur Flucht. Vergebens waren alle Anstrengungen des jungen Führers. Die Flucht der orientalischen Völker ist nie zum Stehen zu bringen. Sie fühlten sich erst sicher im Schutz ihrer Kanonen; – zahlreich waren die Opfer an Toten und Verwundeten. Acht Griechen hatten den Sturm von dreihundert tapferen Kriegern abgeschlagen, die Palanka seit neun Stunden verteidigt. Aber sehnsüchtig wandte General Grivas von der Höhe der Kula den Blick nach Westen, wo seine fernen Tapfern gestanden und gefochten. Der Geschützdonner hatte aufgehört, und die Befürchtung lag schwer auf seiner Seele, daß der Angriff der Türken seine Schar gesprengt habe. Zum Wahrzeichen und als trotzige Herausforderung seiner Gegner ließ er auf einer Stange auf der Turmbrüstung eine aus Kleiderfetzen der Gefallenen roh zusammengeflickte blaue Fahne aufstecken, an die aus Fustanellenlappen die Form des griechischen Kreuzes geheftet war. Wildes Geschrei der Türken und wiederholtes Feuern aus ihren Kanonen antwortete auf diese Herausforderung.

In dem den Kugeln am wenigsten ausgesetzten Gefängnis Fatinitzas hatten Demetri-Bey und Georg Zanet, beide schwer verwundet, die Stelle des jetzt begrabenen Adunah eingenommen. Die Hilfe, die ihre Kameraden ihnen leisten konnten, war gering, der Krug mit Wasser, den die Mainis am Abend von der Quelle im Talgrunde geholt, längst erschöpft. Der Wall war von den Kugeln der Türken jetzt völlig demoliert und nicht mehr zu halten. Grivas zog seine verringerten Streitkräfte in das zweite Stockwerk und auf das flache Dach der Kula hinauf, nachdem die Steine und Balken, welche zur Barrikadierung des Wallzugangs gedient hatten, zur Befestigung der schmalen Pforte verwendet worden waren, die in das Innere des Turmes führte und zum Glück durch ihre Seitenrichtung nicht den Kugeln der Geschütze ausgesetzt war.

Zu wiederholten Malen hatte Nikolas Grivas versucht, sich zu dem verratenen Türkenmädchen zu begeben, doch immer wieder war er am Eingang zurückgekehrt, von dem niederdrückenden Gefühl seines Verrats und dem Gedanken an ihre verächtliche Behandlung zurückgetrieben. Fatinitza, von dem Kampfgetöse aus ihrer Erstarrung erweckt, saß jetzt, den Mantel um sich gezogen, aufrecht an der Mauer. Ihr Antlitz war noch immer totenbleich, doch ihre Züge waren jetzt finster und entschlossen wie die einer Medea! Die dunklen Augen, starr auf die beiden verwundeten Mainis gerichtet, glühten in dämonischem Feuer. Die wilden Söhne des Taygetos schauderten vor dem Auge des geschändeten Türkenmädchens und kehrten ihr Gesicht nach der Wand des Turmes, um ruhiger zu sterben.

Am Nachmittag gegen vier Uhr schlug über die Berge von Westen her von neuem der ferne Donner groben Geschützes an das Ohr der Mainoten – bald darauf konnten sie selbst die Salven des Kleingewehrs undeutlich hören – zugleich sahen sie, daß die Türken sich vor ihnen zu einem neuen Angriff rüsteten. – »Kameraden, Brüder des heiligen Kreuzes,« sagte der General zu den fünf noch kampffähigen Verteidigern – »die Freunde sind uns nahe; ob Sieger oder geschlagen, wir wissen es nicht; aber wir werden uns mit ihnen vereinigen können, wenn es uns gelingt, die Fahne dort oben aufrecht gegen den Sturm zu erhalten, der uns droht. Unsere Bedränger werden dann genug zu tun haben, sich selbst zu wehren. Laßt uns daher den Turm verteidigen bis zum letzten Blutstropfen: es ist die einzige Aussicht auf Rettung und unsere Pflicht als Söhne Griechenlands. Nur die Flinte kann uns in diesem letzten Kampfe nützen. Zielt fest und laßt keinen Schuß vergebens fallen.«

Während Zanetacchi wieder als Wache zurückblieb auf dem Dache des Turmes, stieg der General mit den übrigen vier hinab in das zweite und untere Geschoß, ihnen Anweisungen zum Kampfe erteilend. Das obere Stockwerk ragte auf breiten steinernen Trägern etwa anderthalb bis zwei Fuß über das Erdgeschoß hinaus, und die Seitenwände waren mit schiefen, trichterförmigen Schießscharten versehen, so daß von hier aus die nähere Umgebung des Turmes unter wirksamem Feuer gehalten werden konnte. Der schmale Eingang der Kula war vollständig mit Steinen und Balken verrammelt und durch die Schießscharten über ihm gedeckt. Grivas beschloß daher, seine wenigen Verteidigungsmittel in dem zweiten Stockwerk zu konzentrieren, das den Wall und den innern Ring bestrich, und in dessen Schutz sie am wenigsten den Kugeln der Gegner ausgesetzt waren. Um die Verwundeten dorthin bringen zu lassen, betrat er die hintere Abteilung – Nikolas und die drei Mainis folgten ihm. Aber die Beschaffenheit ihrer Wunden war so gefährlich und der Blutverlust so stark, daß ein Transport in das obere Stockwerk ihnen unzweifelhaft große und nutzlose Schmerzen verursachen mußte; der General entschied daher, sie dort zu lassen, wo sie waren, da sie hier fast ebenso sicher sich befanden. »Auch die Türkin mag hier bleiben,« befahl er, »sie ist hier am wenigsten im Wege.« – Jetzt erst wagte Nikolas einen hastigen, verstohlenen Blick auf das Mädchen, aber so kurz er auch war, zeigte er ihm doch die Zerstörung in ihrem Äußern, und er sprang wie vom Blitz getroffen auf sie zu mit dem Ruf: »Fatinitza – was ist geschehen? – um der Panagia willen, sprich!«

Mit einer rachsüchtigen Gleichgültigkeit gegen das Heiligste des Weibes warf das Mädchen durch eine Bewegung den Mantel von ihren Gliedern, und die um Brust und Hüften hängenden Fetzen ihrer Kleidung zeigten, der Scham Hohn sprechend, den furchtbaren Kampf, den sie bestanden, und verrieten das schändliche Verbrechen, das an ihr verübt worden war ... Selbst der wilde Führer der Klephten schauderte zurück ... Die Stirnadern des jungen Mannes schwollen zu roten Strängen an, nachdem Todesblässe einen Moment lang sein Gesicht bedeckt. Dann drehte er sich wild zu dem Kreise seiner Gefährten, und seine Augen schienen Blitze zu sprühen, während seine Hand das Pistol aus dem Gürtel riß und den Hahn spannte ... »Verfluchte! – Ihr!« ... In diesem Augenblick vernahm er von den Lippen des Mädchens, seitdem er sie verraten, das erste Wort. Sie schnellte empor auf ihre gebundenen Füße und die gefesselten Arme von sich streckend, warf sie sich zwischen ihn und die Mainis, die bereits gleichfalls zu den Waffen gegriffen. Ihre Augen sprühten Haß und Verachtung; der Ton, mit dem sie ihm ihr: »Halt ein, Verräter!« zuherrschte, schien von den Steinmauern widerzugellen ... »Nicht du!« sagte sie mit bitterer Verachtung, »nicht du, meineidiger Christ! Dein eigen ist Fatinitzas Schande, und verflucht und verfolgt seist du dafür bis zum Ende der Tage, das dein Prophet verkündet hat!« – Dann sank sie zurück auf ihr Lager und blieb, finster vor sich hinstarrend, gleichgültig gegen ihren Zustand liegen.

Der junge Mann hatte das Gesicht in seinen Händen verborgen, ihm war das Pistol bei den vernichtenden Worten entfallen. Der General schaute finster auf die Mainis. »Wer hat das getan gegen meinen Befehl?« – »Wir alle,« sagte trotzig Comoduro. »Dein Befehl, General, lautete, uns nicht am Leben der Türkin zu vergreifen! Was wir getan, war das Vermächtnis unseres sterbenden Bruders – sein Tod ist gerächt worden an seiner Mörderin.« – Ein halb mitleidiger Blick des wilden, grausamen Häuptlings streifte die Unglückliche! Dann wandte er sich schweigend nach dem Eingang und führte seinen Neffen hinaus. – Zur selben Zeit klang von der Höhe der Alarmruf Panagottis: »Zu den Waffen! Die Moslems kommen!« und die Mainoten stürzten auf ihre Posten.

Fatinitza war mit den Verwundeten allein – mit wildem Frohlocken haftete ihr Blick auf der verschlossenen Tür, als immer drohender der Schlachtruf ihres Volkes, das »Allah il Allah!« wild an allen Seiten der Palanka emporgellte. Diesmal rückten die Türken von allen Richtungen gegen die kleine Feste, nur wenige zurücklassend zum Schutz des verwundeten Paschas und der Geschütze. Die Flintenschüsse der Araber, Arnauten und Nizams krachten vereint gegen den Turm, und von den vier Seiten her suchten die Moslems das Plateau zu ersteigen.

Kugel auf Kugel aus den Schießscharten der Kula traf unter die Stürmenden, – jede Kugel warf ihren Mann von der erstiegenen Felswand, aber den Stürzenden folgten andere und die sechs Flinten der Verteidiger konnten die Überzahl nicht zurückhalten, der jubelnde Ruf der Arnauten und der Ansturm gegen die Barrikade des Eingangs verkündeten bald der Türkin, daß die Ihren Meister des Plateaus geworden. Das wilde Schlachtgetümmel war der Augenblick, den die Wölfin von Skadar ersehnt hatte. Das mißhandelte Mädchen erhob sich auf die Knie, – auf den Knieen rutschte sie langsam den beiden Verwundeten näher – die Augen mit teuflischer Freude auf diese geheftet. Die sterbenden Mainoten blickten dem großen Würger furchtlos und trotzig ins Angesicht, aber sie begannen sich zu fürchten vor dem dämonischen Auge des rächenden Weibes. Vergeblich versuchten sie zurückzuweichen, – ihre Glieder waren machtlos, die Arme bleischwer vom Blutverlust; bei dem Bemühen, sich zu erheben, lösten sich die leichten Verbände, und der rote Lebenssaft quoll aufs neue aus den geöffneten Wunden ... Jetzt versuchten sie zu schreien, – der wilde Demetri-Bey rief angstvoll nach seinen Gefährten. Aber der schwache Ruf verklang unter dem Krachen der Flinten hoch vom Turm, rings um den Turm. Jetzt war das Türkenmädchen am nächsten – Demetri; – langsam, unter dämonisch befriedigtem Lächeln ihrer scharfen Züge, erhob sie die gefesselten Hände und faßte das Messer, das in dem Gürtel des Mainoten steckte ... Er vermochte nicht zu hindern, daß sie es hervorzog ... Dann beugte sie sich über ihn, das Auge des Dämons haftend auf dem bangen, starren Blick des Sterbenden ... Die gefesselte Hand stieß das Messer ihm zwischen die Zähne und bohrte es tief und immer tiefer bis zum Griff in den Hals des Mainis, die Zunge zerschneidend, die Röhren und Arterien des Lebens zerreißend ... Ein Strom dunklen Blutes quoll den zerschnittenen Hals herauf und floß über die Lippen; – auf diese bleichen und kalten Lippen, die frech und frevelnd die ihren entweiht, heftete der Dämon in Weibergestalt – der Wukoklak – die seinen und tränkte sie mit dem Blute.

Dann erhob sie sich blutig und finster wieder auf die Knie und kroch zu ihrem zweiten Opfer ... Andreas Zanet hatte mit stierem Auge das Ende seines Gefährten geschaut – Todesschweiß perlte auf seiner Stirn, denn er zweifelte keinen Augenblick, den bösen Geist, den Vampir vor sich zu sehen, der das Blut trinkt und die Seelen dem ewigen Pfuhl überliefert. Aller Aberglaube seiner Religion füllte seine Seele, und verzweifelnd sah er sich diesseits und jenseits verloren ... Die Wukoklak war über ihm – sein Schicksal erfüllt. – –

Lautlos, nur von den Schüssen der Stürmenden umdonnert, wiederholte sich die schreckliche Szene. Dann kroch sie zurück, die junge schöne Megäre, das Pistol, das der verräterische Geliebte von sich geworfen, unter ihrem Lager verbergend. Fort und fort hörte sie die Schüsse um sich her krachen – dann erhob sich plötzlich auf der Höhe des Turmes ein lautes, wildes Triumphgeschrei, das über den Lärm des Kampfes hinausgellte. Denn auf den Berghöhen im Westen zeigten sich starke Scharen griechischer Krieger und begannen herabzuströmen. In ihrer Mitte flatterte die blaue Fahne mit dem weißen Kreuze. Wie auf Verabredung schwieg minutenlang der Kampf an und aus der Kula. Man konnte jetzt in größerer Nähe über den Bergen die Salven eines heftigen Gefechts hören, das die auf dem Rückzug begriffenen Scharen des Generals Grivas gegen Abdi-Pascha lieferten. Immer neue Abteilungen quollen über die Bergkuppen, – von der Kula aus konnte man sehen, wie sie sich zum Angriff sammelten. Deutlich konnte der General durch sein Fernrohr die Seinen erkennen – Anastasius Caraiskakis, den Czernagorzen Bogdan.

Vom Schmerzenslager des Paschas her jagte Bote auf Bote, dem jungen Führer der Stürmenden den Befehl zum Rückzug zu bringen. Die steinernen Mauern der Kula trotzten seinem Zorn – die melancholischen Töne der gebogenen Hörner der Nizam gaben endlich das Signal zum Sammeln und zähneknirschend führte der Emir die Seinen zurück zum Lager des Beys, wo ihre Kolonnen gegen die anrückenden Griechen Position nahmen. An hundert Tote und Verwundete hatten die Türken in den drei Stürmen auf die Palanka verloren; zwölf Stunden lang hatte Grivas mit seinen acht Kriegern dieselbe gehalten! – –

Aus Ästen und Lanzen war schon früher eine Tragbahre gefertigt worden für den schwer verletzten Pascha. Auf dieser wurde er jetzt weitergeschafft, und langsam traten die Türken ihren Rückzug nach der Richtung des Sees vor den andrängenden Griechen an und waren bald im Rücken der Palanka. Jubelnd warfen sich die verwundeten Mainoten auf die Barrikade, die sie gegen die Feinde geschützt, und noch ehe ihre Befreier den Felsenaufgang erreicht hatten, waren die Balken und Steine fortgeräumt, war der Übergang über die Felsspalte hergestellt, in der noch die Leichen der Arnauten lagen, und Grivas mit den Mainoten eilte den Befreiern entgegen ... Es war wenig Zeit zu verlieren, denn Abdi-Pascha, der im Lauf des Morgens Verstärkungen aus Janina an sich gezogen, bedrängte hart den Rückzug der Griechen. Er hatte am Morgen den Posten des Capitano Caraiskakis angegriffen, als dieser eben erst durch den Knaben Mauro die Kunde von dem Leben seines Bruders und der Gefahr des Generals erhalten und eilig Boten nach dem Obersten Stratos gesandt hatte. Um so größer war der Jubel der Griechen, als sie die improvisierte Fahne von der Brustwehr der Kula wehen und zugleich die Bedrängnis der Ihren sahen, und Caraiskakis hatte alsbald zum Angriff gerüstet, während Oberst Stratos noch auf den Berghöhen die Türken in Respekt hielt. General Grivas übernahm nach einer kurzen, freudigen Bewillkommnung seines Neffen sofort den Oberbefehl; und als ihm Anastasius und Bogdan sagten, daß sein Stiefneffe Nikolas in Janina am Leben sei, teilte er ihnen zu ihrem Erstaunen mit, daß derselbe den Heldenkampf der Verteidigung der Palanka mitgefochten und in wenigen Augenblicken sie selbst begrüßen werde. Ein Wink von ihm jedoch wehrte sie von der Palanka ab mit dem Bedeuten, daß Nikolas dort noch ein Werk allein zu vollbringen habe.

*

Während der General und seine vier verwundeten Mainoten zu den Freunden eilten, trat der junge Grieche in das Gefängnis Fatinitzas. Ein kurzer Blick auf die Mainis überzeugte ihn, daß sie tot, und nähertretend, kniete er an ihrem Lager nieder und durchschnitt schweigend die Bande an ihren Händen und Füßen ... »Fatinitza,« sagte er dann weich und flehend zu ihr, »höre mich, denn wenige Augenblicke nur sind mir und dir zur Entscheidung vergönnt. Was ich getan – meine Flucht, die Warnung an die Meinen – ich will es jetzt verteidigen. Mein Bruder, mein Oheim waren unter den Bedrohten. Bei dem ewigen Gott, zu dem Christen wie Türken beten, ich konnte, ich durfte nicht anders; aber ich bin schuldlos an der Schmach, die dich betroffen hat, und bereit sie mit meinem Herzblut zu sühnen oder zu rächen.« – Das Mädchen verharrte in ihrem verächtlichen Schweigen, ihr Blick war von ihm abgewandt.

... »Höre mich, Fatinitza – wir sind beide jetzt frei und im Schutze meines Oheims – folge mir nach Chios, wo meine Mutter ein kleines Eigentum mir hinterlassen, fern von dieser Stätte und diesen blutigen Menschen. Folge mir und sei mein Weib!« – Dasselbe Schweigen ... »Fatinitza,« sagte er verzweifelnd, – »so laß mich dir folgen – ich will dein Sklave sein, – dich lieben – ich will den Glauben deines Propheten zu dem meinen machen, nur gegen mein Volk kann ich nicht kämpfen!« – Die Mirditin schaute ihn durchdringend an ... »Du brauchst den Glauben deines Kreuzes nicht zu verraten, meineidiger Christ,« sagte sie finster, »dein Weg geht dorthin, der meine dahin! Meine Seele hat nur Haß für dich und deine Christenbrüder! Sieh hin – nicht an den Kugeln der Meinen starben die beiden, Fatinitzas Hand sandte sie zur Hölle, ihre Lippen tranken ihr Blut, wie sie geschworen beim Grabe ihrer Mutter in furchtbarer Stunde. Geh'! – Vier leben noch – du bist der Fünfte, und wir sehen uns wieder!«

Er schauderte unter ihrem Auge und barg das Gesicht in den Händen. Endlich erhob er sich – überzeugt, daß jedes seiner Worte vergeblich wäre ... »So lebe denn wohl – Weib ohne Herz und ohne Vergebung – lebe wohl und möge Allah dir gnädig sein, wie Gott meine Schuld mir an dir vergeben möge. Ein Dämon hat mich in deine Arme geführt, und ein Dämon, du selbst, treibt mich von dir. – In dem Vorderraum der Kula steht das Pferd des Arabers, – Nikolas Grivas ist kein Dieb an fremdem Eigentum, – nimm es und kehre zu deinem Vater zurück! In einer Stunde ist der Weg frei – ich werde sorgen, daß bis zu unserm Abzug keiner den Turm betritt, denn Bogdan, dein Todfeind, ist unter den Meinen.«

Sie sah ihn kalt und verächtlich an und deutete nach der Tür, – noch einen Blick warf er auf sie, dann ging er ... Sie war wieder allein mit den Leichen.

*

Allein war sie noch am Abend, als die ersten Sterne am Himmel zu funkeln begannen, denn Nikolas hatte sein Wort gehalten und jede Annäherung an die blut- und fluchbedeckte Kula verhindert. Ohnedies blieb den Griechen wenig Zeit dazu, denn General Grivas setzte eilig den allgemeinen Rückzug nach Metzowo hin fort, wo er die Führer in Thessalien an sich zu ziehen und so verstärkt aufs neue den Türken die Spitze zu bieten hoffte, die ihn noch eine Strecke weit verfolgten. – – Von der Höhe der Kula hatte sie den Abzug der Griechen und der Ihrigen verfolgt. Mit jenem raschen Übergange des Tages zur Nacht, den die südlichen Länder bieten, wölbte sich über ihr bereits der dunkle Himmelsdom mit tausend blitzenden Sternen. Sie führte das Roß des Arabers hinaus aus dem Turm und über den Felsendamm, auf dem noch die Leichen der Ihren der bergenden Erde harrten, ins Freie. Dort stand sie, an der Kruppe des Pferdes gelehnt, und schaute hinauf in die helle, schöne Nacht, gleich als suche sie da mit den großen, brennenden Augen Trost und Frieden; aber in ihrem Gemüte herrschten die Eumeniden, deren grauenvoller Altar einst wenig Meilen davon im pelasgischen Tempel von Paleassa, dem Palaste der Alten, an der akrokeraunischen Küste stand.

Einsam war sie und allein – sie wußte wohl, daß keine Heimkehr war zu den Ihren und daß selbst die Liebe des Vaters ihr nicht verzeihen durfte gegen die Sitten des Volkes, die streng und unnachsichtlich jeden Fehltritt des Weibes mit dem Tode bestrafen. Einsam und allein – verraten von dem Geliebten, die dämonische Glut – allen dämonischen Haß allein im Busen tragend – kein Wesen auf der weiten Welt, das jetzt zu ihr stand, der Verlassenen, das teilnahm an ihrem Kampfe. – Und dennoch irrte sie sich! – Was raschelte durch die Oleander- und Myrtenbüsche und kam daher in langen Sprüngen und koste mit der lechzenden Zunge ihre Hand? – Scheitan, der Molosserhund, die treue Dogge, die den Wolf ihr ersetzt hatte, den Nikolas Grivas im Kampf für den Milchbruder ihr erschlagen. Als sie zu ihren Füßen sich schmiegte, mit jenem schmeichlerischen Zeichen der Treue und Anhänglichkeit, da wurde es zum erstenmal wieder warm um das Herz des verratenen und geschändeten Mädchens, und sie beugte sich über den Hund und erwiderte seine Liebkosungen. Dann bestieg sie das Roß und ritt langsam, von der Dogge gefolgt, das Tal entlang in der Richtung, wohin ihre Krieger gezogen. –

Die Truppen des Paschas von Skadar und Janina hatten die Griechen noch eine kurze Strecke auf dem Wege nach Gozista und Metzowo hin verfolgt und sich dann nach Dervendzista zurückgezogen. In der Nacht erreichte Fatinitza die Nähe des Dorfes und an den weißen Gewändern erkannte sie, daß die Araber des Emirs die äußersten Posten hielten. Sie näherte sich dem einen, und auf seinen Anruf antwortete sie, ohne sich zu erkennen zu geben, und verlangte, den Emir zu sprechen. – »Bist du ein Kind des Propheten,« sagte der Araber, »so bleibe an jenem Feigenbaum und versuche nicht, dich zu nähern, denn unsere Befehle sind streng. Der Emir wird in einer Stunde hier vorüberkommen, denn sein Haupt kennt den Schlaf nicht, wenn er auf den Fersen der Feinde ist, und seine Seele ist traurig um den Verlust seiner geliebten Stute Eidunih.« – »Ich kann sie ihm wiedergeben.« – »Gesegnet sei alsdann deine Hand! Aber bleibe, wo du bist.«

Die Mirditin verweilte, in ihren Mantel gehüllt, stumm an der angewiesenen Stelle. Nach einer Stunde erschien in der Tat Abdallah ben Zarugah, und als ihm der Araber verkündete, daß ein Bote in der Nähe, der ihm seine Stute zurückbringe, eilte er hastig dahin ... Im ersten Augenblicke erkannte er Fatinitza nicht, die ihr Antlitz nach türkischer Sitte verborgen, und die Freude über das Wiederfinden seines geliebten Pferdes beherrschte ihn ganz ... »Du gehörst sicher zu den guten Geistern dieses Landes, Frau,« sagte er, »daß du mir zurückgibst, was ich verloren glaubte für immer. Wie kann Abdallah dir danken dafür?« – »Sage mir, Sohn der Wüste,« entgegnete leise Fatinitza, »wie es Selim-Bey, meinem Vater, ergeht?« – »Fatinitza?!« rief der Krieger erstaunt, denn auch er hatte mit den andern in der Ferne die Gestalt Aphanasias, der Frau des Primaten, unter den abziehenden Griechen für Fatinitza gehalten. – »Still, Araber – der Name sei tot für deine Lippen! Ich gab dir dein Pferd, beantworte meine Frage.« – »Unglückliche,« sagte der junge Mann, »ein Zauber hat deine Sinne verwirrt und dich in die Arme der Christen geführt. Dein Vater ist zwar noch am Leben, aber tödlich verwundet von jenem unglücklichen Sturz. Wir haben ihn nach Janina gebracht und ihn einem weisen Hakim übergeben. Aber er hat einen Eid getan bei seinem Bart, daß sein Auge die Reuige nie wieder schauen wolle.« – Das Mädchen lachte grell auf. – »Die Reuige? – Kennt Selim-Bey die Tochter seines Fleisches so wenig? – Ich erwartete den Fluch meines Vaters und dennoch hätte Selim nicht also handeln sollen an seinem Blut. Lebe wohl, Araber, und wenn du den Pascha noch lebend wiedersiehst – sage ihm: Fatinitza, die Wölfin von Skadar, Selims Tochter, habe das Toskenblut ihrer Mutter in den Adern und werde leben, um sich und ihn zu rächen.«

Sie wandte sich zu gehen, doch der Araber hielt sie am Mantel zurück; als er fiel, stand im Mondlicht das Mädchen im Männergewande der griechischen Krieger; die Toten in und vor der Palanka hatten ihr Kleidung und Waffen zur Genüge geliefert. – »Harre noch einen Augenblick,« sagte der Emir. »Kann Abdallah ben Zarugah etwas tun für dich? Sein Herz ist bei deinem Unglück.« – Sie nickte verneinend, dann, sich besinnend, deutete sie auf den Hund ... »Nimm Scheitan zu dir,« sagte sie, »und bewahre ihn mir, bis ich ihn fordern lasse. Er ist treu, aber mir hinderlich auf dem Wege, den ich jetzt gehe. Werdet Ihr die Christen verfolgen?« – »Wir erwarten die großen Büchsen von Janina,« berichtete der Emir. »Wenn die Sonne zum zweitenmal über jene Berge kommt, werden wir auf ihren Fersen sein. Nimm diesen Ring, Mädchen, er ist geweiht an der schwarzen Kaaba von Mekka und ein Kleinod der Zarugah. Wenn du ihn einem meines Stammes zeigst, wird er dir beistehen bis zum Tode.«

Sie nahm den Ring. »Lebe wohl!« – als er von dem letzten Gruß aufschaute, war sie verschwunden. –

*

Am nächsten Mittag stand Grivas mit seiner stark geschmolzenen Schar, die kaum noch zweitausend Mann zählte, vor den Toren Metzowos. Hier hatte nach längerem Streit der türkisch und griechisch gesinnten Parteien die letztere die Oberhand behalten und öffnete dem General die Tore, der sich alsbald zum Oberherrn der Stadt machte und der Bevölkerung eine Steuer von 200 000 Piastern (30 000 Mark) auferlegte, die auch willig bezahlt wurden. Die größeren Opfer jedoch, die Grivas nach zwei Tagen für die Sache des Freiheits-Kampfes forderte, indem er von den Notabilitäten und Reichen der Stadt die Darbringung ihrer silbernen und goldenen Luxusgegenstände als freiwillige Gabe verlangte, erregten Unzufriedenheit unter den Vornehmen. Unterdes rückte Abdi-Pascha auf die Nachricht von der Besetzung Metzowos mit frischen Truppen und einer ziemlich zahlreichen Artillerie gegen die Stadt, und die Uneinigkeit unter den griechischen Führern sowohl in Albanien als Thessalien machte es dem General unmöglich, diesen Knotenpunkt der Straßen nach dem Epirus, Makedonien und Thessalien zu behaupten.

Am 18. April kam es vor Metzowo zu einem harten Treffen. Grivas wurde vollständig geworfen und gewann kaum Zeit, sich nach der Stadt zurückzuziehen, der für den nächsten Tag schon ein ernster Angriff drohte. Der General, da er sich hier nicht länger halten konnte, beschloß die Verwüstung des bisher blühenden und wohlhabenden Platzes und den Rückzug gegen die Quellen des Aspropotamos und auf Radartzi. Am Abend des Schlachttages ließ der General das Schicksal der Stadt in den Straßen verkünden; die Einwohner sollten sich in der Hauptkirche versammeln, die zugleich zur Aufnahme der Verwundeten, über 200 an der Zahl, gedient hatte. In der Zeit von einer Stunde waren mehr als 4000 Personen in der Kirche und deren Umgebung versammelt, mit bleichen, angsterfüllten Gesichtern des Kommenden harrend. In der Kapelle der Kirche, auf den Stufen des Altars lag in den Armen einer Frau ein schwerverwundeter Krieger, Anastasius Caraiskakis, der tapfere Capitano des Postens am Kloster der armen Heiligen. Eine Kanonenkugel hatte ihm im Treffen des Tages ein Bein unter dem Knie zerschmettert, und bei dem Mangel an ärztlicher Hilfe war die Amputation des Beines, die allein ihn hätte retten können, unterblieben. In seiner Nähe lagen zwei der tapferen und wilden Mainis, die den Turm von Protopapas verteidigt: Hassan Stavro und Georg Mauromichalis; im Kreise umstanden ihn seine tapfern Kämpfer, an seiner Seite Grivas und der junge Czernagorze, der mit Löwenmut die Schlacht mitgeschlagen hatte.

Kummer und Schmerz lagen auf dem strengen Antlitz des Führers, als er sich niederbeugte zu dem verwundeten Neffen ... »Deine Krieger, Anastasius,« sagte er leise, »haben mich um Erlaubnis gefragt, dich auf ihren Schultern mit fortzutragen, wenn wir aufbrechen.« – »Wozu?« fragte ruhig der Kranke, »hast du Tiere und Karren genug aufgetrieben, um alle unsere verwundeten Brüder mit fortzuführen?« – »Du weißt, daß ich nicht den zehnten Teil unserer Maroden fortschaffen kann. Unser Rückzug muß eilig sein und in spätestens zwei Stunden beginnen.« – »Du kennst alsdann, was wir beschlossen,« sagte der Verwundete ernst, »und du wärest nicht würdig, der Führer freier Männer zu sein, wenn du schwanken wolltest in diesem Entschluß, weil Anastasius Caraiskakis, dein Neffe, unter denen ist, die euch vorangehen.« – Der General schaute ihn schmerzlich an. »Dein Bruder Nikolas hat mich verlassen, nachdem die Jungfrau ihn uns kaum zurückgegeben. Er weigerte sich, in unseren Reihen zu kämpfen, und ich ließ ihn ziehen. Du bist der letzte meiner Anverwandten, die stets zu mir gestanden, und ich kann dich nicht missen. Es ist noch Rettung für dich, wenn wir den fränkischen Arzt erreichen, der den Capitano Chatzi begleitet.« – »Kann ich gehen?« fragte der Kranke. – »Nein.« – »Ist ein Krieger des Kreuzes besser, denn der andere?« – »Nein – aber –« – »Willst du mich lebend in die Hände der Moslems fallen lassen, die ihre Schmach von Protopapas zu rächen haben?« – »Bei der Panagia – eher will ich selbst sterben.« – »So geh, Oheim Grivas, und tue, was wir beschlossen. Diese elenden Feiglinge von Metzowo, die, wenn sie und die verräterische Schar von Hadschi-Petros tapfer zu uns gehalten, uns den Sieg verschafft hätten, mögen wenigstens die Mittel geben, den heiligen Kampf des Kreuzes fortzuführen. Geh!«

Der General erhob sich; in den Falten seiner Stirn lag jener kalte Entschluß, der vor nichts mehr zurückbebt und dem ebenso die richtende Stimme der Mitwelt gleichgültig ist. Er trat in die Kirche auf die Stufen des Hochaltars, nachdem er einigen Capitanis Befehle gegeben. Ohne daß sie es merkte, wurde die in und vor der Kirche versammelte Menschenmasse von einer Chaine griechischer Krieger umgeben. Mit wenigen Worten verkündete er den ängstlich harrenden Einwohnern, daß er in zwei Stunden die Stadt verlassen werde, daß es aber seine Sicherheit erfordere, dieselbe zum Teil zu zerstören. Dabei wiederholte er das Verlangen der Auslieferung alles Goldes und Silbers, weil der Kampf für die Freiheit ein solches Opfer auf dem Altare des Vaterlandes fordere. Zugleich wurden Tücher und Teppiche auf den Stufen ausgebreitet zur Empfangnahme der Gaben. Die Beute war ungeheuer. Bei der Fingerfertigkeit und Übung der Klephten war dieser erste Akt des furchtbaren Dramas in einer Stunde abgespielt. Dann begann der zweite, blutige.

In vollen Pontificalibus, mit den Diakonen voran, bleich und zitternd vor dem schrecklichen Auftrag, der ihm geworden, aber gezwungen von den ihn mit den geladenen Gewehren umgebenden Kriegern trat der Bischof von Metzowo aus der Sakristei und schritt zum Hochaltar. Hinter ihm drein wurden der verwundete Caraiskakis und die beiden Mainoten getragen und auf die Stufen zwischen die Haufen von Kostbarkeiten niedergelegt ... Eine lautlose Stille trat ein, dann sprach der General mit fester, tiefer Stimme: »Brüder des Kreuzes, die heute mit mir in der Schlacht gestanden gegen die ewig verfluchten Moslems, und verwundet in diesen Hallen liegen, ich fordere alle auf, die Kraft genug in sich fühlen, unserm Ausmarsch sich anzuschließen, die Kirche zu verlassen und sich an das Tor von Larissa zu begeben.«

Mehrere, die leichter verwundet, oder von einer bangen Ahnung getrieben waren, erhoben sich und schwankten den Türen zu. Die Reihen öffneten sich vor ihnen, ohne ihnen Hilfe zu leisten; einhundertfünfundsechzig Verwundete blieben zurück. Auf einen Wink des Generals wurden sie sämtlich im Halbkreis um den Hochaltar gelegt. Dann begann der Bischof eine Messe zu lesen – viele schauten sich befremdet an – es war eine Totenmesse ... Mit feierlicher, leiser Stimme sprach der Geistliche, ein ehrwürdiger Greis im Silberhaar, mit langem weißem Bart, am Schluß den Segen über die Versammlung. – »Brüder!« sagte hierauf der General mit dumpfer, zitternder Stimme, »unsere Zeit ist gekommen! Es ist unmöglich, euch fortzuschaffen, mit blutendem Herzen verkünde ich's euch – ihr müßt hier zurückbleiben.«

Ein tiefes, schmerzliches Ächzen ging durch die traurige Versammlung ... »Wollt ihr den Feinden eures Glaubens, den Tyrannen eures Vaterlandes lebendig in die Hände fallen?« – »Nimmermehr!« rief mit festem Tone Caraiskakis. »Niemals!« wiederholten die beiden Mainoten an seiner Seite und »Niemals!« klang es von verschiedenen Seiten. – »Was wollt ihr denn? – sprecht – meine Augenblicke sind gezählt!« – »Den Tod! – Den Tod von Bruderhand! – Den Tod für die Freiheit statt der Martern der Barbaren!«

Keine Stimme wagte den festen, stolzen Worten des sterbenden Capitano zu widersprechen, – der Stolz des Kriegers unterdrückte bei vielen die bleiche Furcht ... »So sei es denn, und mögen euch Gott und die Jungfrau gnädig sein und eure unsterblichen Seelen in das Himmelreich aufnehmen. Amen!«

Und wiederum winkte er mit abgewandtem Gesicht dem Bischof, und der Greis stieg herab, das Allerheiligste in der Hand, und begann mit seinen Diakonen die Reihen der Verwundeten zu durchwandeln und die Sterbesakramente auszuteilen. An der Seite seines Neffen kniete der General, Abschied von ihm zu nehmen für dieses Leben. An dessen anderer Seite war Aphanasia, die Griechin, bleich und ruhig, die Hand des dem Tode sich weihenden Helden in der ihren. Mit Befremden blickte der General sie an, als sie nach dem General gleichfalls die Hostie aus der Hand des Priesters empfing und ihre Lippen das heilige Blut berührten ... »Was tust du, Frau? es ist Zeit, daß du scheidest von dieser furchtbaren Szene. Entferne dich – ich werde für deinen Schutz Sorge tragen.« Die Frau sah ihn trübe lächelnd an. »Das heilige Sakrament,« sagte sie ruhig und ernst, »das uns einst für das Leben vereinigen sollte, hat uns wenigstens zum Tode verbunden. Trenne die nicht nochmals von dem Manne ihrer Liebe, Grausamer, die du von dem Manne ihrer Pflicht getrennt hast. Aphanasia Delanyi hat keine Wahl mehr, als zu sterben mit Anastasius Caraiskakis!« – »Wahnsinnige! denkst du nicht an dein Kind?« – »Du nahmst ihm den Vater – möge es auch die Mutter vergessen lernen! Bring' es an meiner Statt den Meinen und möge die Jungfrau es segnen.« – »Vertraue mir das Mädchen, Frau,« sagte eine jugendliche Stimme an ihrer Seite, »ich werde es schützen mit meinem Leben, wie ich es auf dem Wege hierher geschützt.« Es war Bogdan, der junge Czernagorze, und die unglückliche Griechenfrau nahm eine Perlenschnur von ihrem Hals und reichte sie ihm. – »Gib sie dem Kinde, und Gott lohne dir, was du an der doppelten Waise tust.« – »Bei dem Haupte meines Vaters, das auf den Wällen von Skadar bleicht,« schwor der junge Mann, »Dein Kind soll einst das Weib des Hauptes der Martinowitsch werden, wenn mein Haus ihr genügt!« – Die Griechin nickte ihm freundlich zu und schloß den kranken Freund dann in ihre Arme, sich und ihn mit der Chlamys umhüllend, und deutete dann nach dem Bischof ... »Unsere Zeit ist gekommen,« sagte sie, »mögen die Heiligen für euch bitten, wie sie es für uns tun.«

Der greise Bischof wankte zurück nach der Sakristei, nochmals die Hände gegen den General ausstreckend ... Vergeblich! – »Lebe wohl, Anastasius! lebt wohl, meine Brüder!« – Noch einmal stürzte er an seine blutende Brust, dann riß er sich empor ...

Die dunklen Schatten der Nacht hatten sich während der heiligen Handlung auf das Gewölbe gesenkt; nur die ewige Lampe brannte in ihren silbernen Ketten, und von dem Hochaltar leuchteten matt die heiligen Kerzen. Dicht zusammengedrängt in Gruppen hatten sich die dem Tode Geweihten ... »Griechenbrüder,« fragte die helle Stimme des verwundeten Capitano, »seid ihr bereit?« – »Wir sind es!« – Die Worte klangen dumpf und hohl. – »Heilige Jungfrau, erbarme dich unser! Kreuz und Griechenland – Feuer!« ... Die Salve der Klephten donnerte durch das Gewölbe der Kirche und zersprengte die Fenster – dreimal wiederholte sie sich – dann war alles still – der letzte Schrei des Schmerzes war verstummt – einhundertsechsundsechzig Leichen mit der toten, ihrer Liebe gestorbenen Frau deckten die Marmorfliesen der Kirche von Metzowo ...

Aus dem Pulverdampf, der das weite Gewölbe erfüllte, schlich eine einzelne Gestalt vom Altare her, ein junger Krieger in griechischer Tracht mit krausem, entstellendem Bart, die Flinte in der Hand. – Die ewige Lampe warf ihren falben Schein auf ihn, als er unter ihr hinschlüpfte, und wurde zurückgespiegelt von dem blitzenden dunklen Auge. – Seine Lippen waren rot von Blut.

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Das brennende Metzowo leuchtete dem Rückzug des griechischen Generals – viele Bewohner der unglücklichen Stadt, aus Furcht vor den siegreichen Türken, die entsetzlich wüteten in den christlichen Phistans des Gebirges, hatten sich ihm angeschlossen. Ein griechischer Krieger, am Fuß verwundet und außerdem den rechten Arm in ein Tuch gebunden, war zurückgeblieben vom Hauptzuge und schwankte, auf die Schulter eines jungen Kameraden gestützt, langsam hinterdrein. Schon am Tore von Metzowo hatte dieser sich zu ihm gefunden und ihn hilfreich unterstützt. Es war derselbe, der zuletzt die Kirche verlassen. Das Gehen hatte die Schmerzen der Wunde ärger gemacht, nur langsam kam das Paar vorwärts. Dennoch verließ der menschenfreundliche Helfer den verwundeten Mainoten nicht ... »Bei der Panagia,« schwor dieser, »ich wollte, ich läge bei den erschossenen Brüdern in der Kirche von Metzowo, so sehr schmerzt mein Bein und so sauer wird mir der Weg. Die Heiligen mögen deine Hilfe lohnen, Panagotti Zanetacchi aber wird ewig dein Freund sein.« – »Gib mir deine Waffen! sie belasten dich,« sagte der andere. Zugleich nahm er ihm die Flinte ab und hing sie um, ebenso das Pistol und den Handjar.

Wiederum wandelte das Paar längere Zeit dahin, nur von den einzelnen Schmerzenslauten des Verwundeten war das Schweigen unterbrochen. – »Wohin führst du mich? – wir sind von der großen Straße abgekommen, und keiner der Nachzügler ist mehr zu sehen. Wir werden den Türken in die Hände fallen.« – »Ich bin in diesen Gebirgen zu Hause, tapferer Maini, und dieser Pfad kürzt die große Straße und führt über jene Höhen uns wieder mit dem General zusammen. Stütze dich auf mich.« Eine halbe Stunde waren sie gewandert, dann warf der Mainote sich auf den Boden. »Du tust wohl daran; es ist Zeit, daß du ausruhst.«

Der Mond schien hell auf den Berghang zwischen den dichten Büschen von Thymian, wildem Wein und Oleander – durch eine Öffnung leuchtete in der Ferne noch immer das brennende Metzowo ... »Bis hierher,« sagte der Führer. »Es ist Zeit, zu enden.« – »Wie meinst du das? – Willst du mich hier verlassen?« – »Nicht ich, Mainote – aber du mich.« – »Ich verstehe dich nicht. Gib meine Waffen zurück!«

Der Führer lachte hell auf, dann schleuderte er behende Flinte und Handjar in die dichten Büsche und trat, das Pistol in der Hand, vor den Erschrockenen, der sich auf dem gesunden Arm aufrichtete ... »Kennst du mich?« – »Wer bist du? – sprich – bin ich in die Hände eines Verräters gefallen?« ... Wieder lachte der vermeintliche Grieche höhnisch auf, dann riß er mit einem Griff sich den falschen Bart von Lippen und Wangen, den Feß vom Haupt, und die schwarzen Flechten eines Weibes rollten hernieder, Fatinitzas dunkle, dämonische Augen blitzten schadenfroh den verwundeten Krieger an ... »Weib – Teufel – was willst du von mir?« – »Frage dein schwarzes Herz, Maini, und es wird dir Antwort geben. Ich habe geschworen, dein Blut zu trinken.« – »Dämon der Unterwelt – weiche von mir!« – »Du mußt sterben Maini, wie deine Brüder gestorben sind, von der Hand der Wölfin von Skadar. Zwei in jenem Turme von Protopapas, auf der Stätte meiner Schmach – einer im Schlachtgewühl vor Metzowo und zwei in der Moschee des Christengottes. Fluch über sie! – Du warst der letzte und bist der letzte – bereite dich zum Tode!«

Er wollte empor, doch sie hielt das Pistol ihm entgegen. »Du hattest wenigstens Mitleid mit meiner Schmach und warfst den Mantel über meinen entehrten Leib. Darum hab ich Mitleid mit dir und gönne dir ein Gebet zu deinem Propheten. Aber keiner darf leben, der sich rühmen darf der Schmach Fatinitzas. Eile jedoch, die Geister deiner Brüder erwarten dich.« Der Maini, jung und noch lebenskräftig und mutig, warf sich plötzlich empor und faßte die drohende Feindin. Einige Augenblicke dauerte das ungleiche Ringen, aber es gelang ihm nicht, ihre Hände zu erfassen. Während er ihren Leib noch umklammert hielt und sie zu Boden zu reißen suchte, fühlte er die kalte Mündung des Pistols an seiner Schläfe, – im nächsten Augenblick zerschmetterte der Schuß seinen Schädel, daß sein Gehirn das dämonische Weib bespritzte ... Diesmal schien sie selbst zu schaudern vor dem grauenhaften Anblick und wandte sich von ihm, ohne den Toten zu berühren ... »Sie sind dahin,« sagte sie dumpf, »und Fatinitzas Schmach ist gerächt! – Jetzt, Vater, der du bereits im Schoße des Propheten weilst, gilt es die Sühne deines Blutes und den letzten Kampf. Wehe dem Verräter!« – Sie wandte sich nach der Heimat.

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Der Verrat Tzavellas' an der gemeinsamen Sache und die Eifersucht Hadschi-Petros', von dem eine Schar von 1000 Mann nahe dem Kampfplatz von Metzowo untätig gestanden, weil sie sich dem Befehl des Generals Grivas nicht unterordnen wollte – rächten sich schwer. Am 25. April erlitt Tzavellas mit 3000 Mann durch Osman-Pascha bei Peta eine vollständige Niederlage und mußte sich nach Griechenland zurückziehen. Fuad-Effendi zog in Janina ein; 8000 Gewehre, die die russische Regierung in belgischen Fabriken hatte anfertigen lassen, und die bereits glücklich den größten Teil des Weges zurückgelegt, wurden an der sizilischen Küste von einem englischen Kreuzer aufgefangen und nach Malta gebracht; die albanesische Küste war von englischen Schiffen blockiert, im Golf von Volo an der thessalischen Küste schoß eine französische Dampffregatte mehrere mit Freiwilligen besetzte griechische Schiffe in den Grund, und Damoko wurde von Salim- und Schiakir-Pascha entsetzt. Theodoros Grivas mit 400 Kriegern hatte sich nach Agrapha zurückgezogen und gab den Kampf auf. Im ganzen Epirus waren die Türken Sieger.

Einen neuen Zuzug zwar erhielt der griechische Aufstand durch Griechen aus der Türkei, von denen allein 20 000 aus Konstantinopel und Smyrna ausgewiesen worden waren. Von Athen aus angefeuert und mit neuen Führern versehen, stand freilich ganz Thessalien bald wieder unter Waffen und mit 12 000 Kriegern dem neu ernannten Gouverneur, Ali Riza-Pascha, der über 16 000 Mann gebot, gegenüber. Aber alle Anstrengungen des kleinen Griechenlands scheiterten an der drohenden Stellung der Westmächte, die sich nicht entblödeten, selbst über die Abdankung des Königs Otto zu verhandeln. Fürst Danilo von Montenegro, der auf seine kühne Proklamation vom 16. März, von dem russischen Agenten, Oberst Kowalewski, angefeuert, 8000 Krieger des Hochlands in Cettinje versammelt hatte, und ebenso Serbien, das bereits in voller Rüstung stand, wurden von Österreich zur Neutralität gezwungen und auf diese Weise der ganze große Aufstand der slavisch-christlichen Völker südlich der Donau unterdrückt, der offenbar sonst der türkischen Herrschaft in Europa ein Ende gemacht und Rußland den Sieg gesichert hätte.


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