Paul Rebhun
Ein Geistlich spiel von der Gotfurchtigen vn keuschen Frawen Susannen
Paul Rebhun

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Actus primi     scena prima.

Resatha.   Ichabot.
 

Resatha:
            Ein guten tag euch Gott woll geben!
 
Ichabot:
70   Und euch viel guter jar daneben!
 
Resatha:
Wie sol ich das von euch verstehen,
Das yhr so traurig ytzt thut sehen
Und euren kopff last nieder hangen,     5
Als het euch unglueck ubergangen?
75   Ist euch was boeses widerfaren,
So wolt mir auch das offenbaren!
Odr seind euch sonst so schwere sachen
Ytzt kumen fuer, die euch so machen     10
Bekuemert und so gar erschlagen,
80   Wolt mir die selben auch fuertragen:
Villeicht ich etwo rath moecht finden
Und euch des kuemmernus entbinden!
 
Ichabot:
Die ding, so mich ietzt traurig machen,     15
Seind nicht der gleichen richtersachen,
85   Wie fuer uns kumen von der gmeyne:
Dann diese sach mich trifft alleine
Und mich derhalb dest mehr thut plagen,
Das ich sie niemands wol darff klagen, 110     20
Noch mich zu iemands des vorsehen,
90   Das er des orts mir bey werd stehen
Und helffen mein betruebnus wenden,
Das mir ist ytzund under henden.
 
Resatha:
Wer weys, was euch moecht widerfaren, 25
Wenn yhr mir das thet offenbaren!
95   Ich trag auch selbs jnn meinem hertzen
Eynn heymlichen, verborgnen schmertzen.
Wenn yhr mir nu eur noht thet sagen,
Wolt ich auch euch von meiner klagen 30
Und eures rahts darüber pflegen:
100   Dann stets ein ander mir kan geben
Einn bessern raht und mehr ersehen,
Denn ich hett selber moecht verstehen;
Drumb last uns einr dem andern sagen, 35
Was yeder thut ym hertzen tragen.
105   Ists sach, dass dann ist solche note,
Die keiner mit seim guten rhate
Dem andern kan und weis zu wenden,
So woll wir dann mit gleichen henden 40
Die buerde unsers leydes tragen
110   Und mit einander mitleydn haben.
 
Ichabot:
Weil das dann ja ist eur begehren,
Euch mein anligen zu verkleren,
Wil ich eurn raht auch nicht ausschlagen 45
Und euch mein not on scheu auffsagen:
115   Doch wist zuvor, ynn solcher massen,
Das yhrs bey euch wolt bleyben lassen!
 
Resatha:
Yhr dorfft desfals kein sorg nicht tragen:
Thut mir eur not nuer kuenlich sagen! 50
Ja, wenn yhr thet jm ehebruch ligen,
120   Sols doch bey mir wol bleibn verschwigen! 111
 
Ichaboth:
Habt freundlich danck der lieb und trewe!
Wil wider schawn, dass euch nicht rewe.
Wolan, ich wils euch offenbaren: 55
Yhr habt on zweyffel wol erfaren,
125   Nachdem jn Jochems haus wir haben
Zuweylen klag und sach vertragen,
Die uns daselbst fuer bringt die gmeyne,
Wie wir habn gsehen offt alleine 60
Susann in yhrem schmuck und zieren
130   Im garten hin und her spatzieren;
Die weil ich nu darauf geachtet
Und yhren zarten leib betrachtet,
So hat sie mir mein hertz besessen, 65
Das ich yhr schlechts nicht kan vergessen:
135   Ich sitz odr steh, ich schlaff odr wache,
Ich eß odr trinck, odr was ich mache,
Ich sitz zu gricht, odr geh von dannen,
So denck ich an die fraw Susannen! 70
Vor yhrer lieb kein rhu nicht habe,
140   Zu tisch, zu bett, bey nacht noch tage:
Al meine synn seind mir verrucket
Und in yhrn zarten leib verzucket;
Mein hertz das schmiltzt mir itzt zusammen, 75
Als leg es mitten in der flammen.
145   Von solcher flam und grosser brunste
Mir steyget under augn die dunste,
Das, wenn ich soll die warheit iehen,
Ich schir kan weder hoern noch sehen. 80
Das ists, das mich ßo sehr thut nagen,
150   Davon ich niemands hab doerfft klagen.
Die weil yhr aber habt begehret,
Das ich euch meine not verkleret,
Hab ich sie euch nicht wolln verhalten, 85
Als meinem lieben herrn und alten.
155   So yhr nu durch eur kluge sinnen 112
Mir hulf und rhat kundt gebn hierinnen,
Wie ich mich fug nach meinem willen
Der liebe brunst bey yhr moecht stillen, 90
So helffet mir zu diser farte,
160   Die weil ich werd gequelt ßo harte:
Dann mir mein brunst nicht wird gestillet,
Ich habe dann meinn willn erfullet!
Mein will abr der ist, und kein ander, 95
Nur, das ich mit Susann selbander
165   Der liebe spil mit lust soll pflegen.
Wo das nicht gschicht, kan ich nicht leben!
 
Resatha:
Wiewol ich auch in meinem hertzen
Itzunder trag einn grossen schmertzen, 100
Doch ists mir nicht ein kleine freude,
170   Das ich nicht trag allein soelch leide,
Dazu meins leids hab soelchen gsellen,
Wie ich yhn selbs hett wunschen soellen.
Drumb das euch auch nu werd enddekhet, 105
Was heimlichs in meim hertzen stekhet,
175   So wisset, das in dem spitale
Auch ich lig krankh und leid groß quale,
Davon yhr mir itz habt geklaget!
Das yhr darinn seyt hart geplaget: 110
Dann auch Susann, das zarte weibe,
180   Hat mir endzundt mein hertz im leibe,
Mit yhrer lieb ßo gar umgeben,
Das mich gantz dunkht, ich kunn nicht leben,
Wo ich sie teglich nicht solt sehen 115
Und ettwo nahend umb sie gehen.
185   Als offt wir da ein sach solln richten,
So thut mein hertz nichts anders tichten,
Denn nur wie mir wurd raum gegeben,
Mit yhr der liebe spil zu pflegen. 120
 
Ichaboth:
Ey, lieber herr, was hoer ich sagen?
190   Wo dem ßo wer, wolt ich nicht klagen! 113
Dann ob man gmeinklich wol thut sagen:
»Wenn an eim beyn zwen Hunde nagen,
Das sie nicht frid beysamen halten, 125
Besonder druber sich zweyspalten,«
195   So hoff ich da doch nicht der massen,
Das wir uns werdn zerteylen lassen,
Zu voraus, weil in diser sache
Ein yeder ist allein zu schwache, 130
Die außzufurn nach seim begehren.
200   So hoff ich, yhr werd euch nicht bschweren,
Mit mir zugleich zu hebn am wagen,
Das wir yhn aus der pfutzen tragen
Und diese sach zum ende furen! 135
 
Resatha:
Nicht anders yhr an mir solt spuren:
205   So vil ich kan mit wort und thaten
Zu diser sach uns helffen rhaten,
Solt yhr mich unverdrossen finden!
Wenn wir nur etwas schaffen kunden! 140
Denn yhr das selber wißt und sehet,
210   Wie es umb fraw Susannen stehet:
Sie ist ein frum, gotfurchtig weibe,
Kein unzucht ist in yhrem leibe;
Yhrn man sie helt in allen ehren, 145
Thut sich von seiner lieb nicht keren;
215   Auff ehr und tugnt sie zeucht yhr kinde,
Dazu yhr gantzes hausgesynde;
Vol erbarkeit seind all yhr sitten:
Drumb hab ich sorg, wenn wirs gleich bitten 150
Unnd yhr anmutten unsern willen,
220   Sie werd uns disen nicht erfüllen!
 
Ichaboth:
Die selbig sorg mich auch anfichtet,
Es sey mit gut nichts außgerichtet:
Drumb mussen wir uns unterstehen 155
Einr andern hinderlist und sehen, 114
225   Ob wir durch unser gwalt sie biegen
Und unsern willen moechten kriegen.
Wie rhatt yhr aber, wann das were,
Zu thun, das unß nicht brecht gefere? 160
 
Resatha:
Da dörfft wir zu wol cluger synnen,
230   Das wir uns sehen fur hierinnen;
Dann ßo wir da die schantz versehen,
Wurd es mit uns sehr ubel stehen.
Vor allem aber wer am besten, 165
Das wir die zeit und stunde westen,
235   Wenn gar alein sie ettwo were:
So hett es nicht ßo groß gefere.
 
Ichaboth:
Da weis ich zwar einn rhat zu geben!
Ich hab darauff gemerket eben: 170
Gemeinklich, wenn warm scheint die sunne,
240   So gehts inn garten zu dem brunne
Und badet sich alda alleine;
Der meid bey yhr sie lesset keine.
Drumb acht ich das nicht unbequeme, 175
Das wir der warmen tag geremen
245   Und uns zu weil verbergn inn garten
Und heimlich yhrer zukunfft warten:
Vileicht uns yrgnt ein mal wirt bscheret,
Was unsers hertzens lust begehret. 180
 
Resatha:
Eur rhat der gfelt mir aus der massen!
250   Drumb ichs dabey auch bleibn wil lassen,
Und soll also darauf beruhen:
Wie yhr geredt, ßo wolln wir thuen!
 
Ichaboth:
Got geb, das nur ein warmer tage 185
Bald kum, sonst ich kein rhue nicht habe! 115
 
Resatha:
255   Das wetter zwar sich fein thut schikhen!
 
Ichaboth:
Wolt got, das unß solt heut gelükhen!
 
Resatha:
Wir wolln zu yhr ins haus jtzt gehen,
Das wirs doch nur die weil mugn sehen! 190
Ey secht, ich halt, yhr herr woell wandern:
260   O glukh, schikh dich auch mit dem andern!

 

Actus primi     scena secunda.

Joachim.   Abdi.   Ichaboth.  Resatha.
Susanna.   Beniamin.   Jahel.

Joachim:
          Knecht Abdi, mach dich auff mit mir,
Zu gehn ein meil drey oder vier!
 
Abdi:
Ja, herr, es soll kein saumnus han:     195
Ich wil mich rusten auff die ban
265   Von stundt und euch geleitten recht,
Wie zugezimt eim treuen knecht!
 
Ichaboth:
Her Jochem, wo sol das hin sein?
Wolt yhr eur haußfraun lahn allein? 200
 
Joachim:
Ich hab ein gschefft zu richten aus!
270   Liebn herrn, secht auch mit auff mein haus,
Wenn yhr pflegt aus und ein zu gehn,
Das mir nicht unfal moecht zustehn! 116
 
Resatha:
Wir wolln euchs gern zu gfallen sein 205
Und schaun, das niemd nichts trag herein!
275   Werdt yhr nicht widerkumen bald?
 
Joachim:
Ich weiß nicht, wies noch hat ein gstalt.
 
Susanna:
Ach, herr, wo denkht yhr aber aus,
Das yhr wolt ziehen aus dem haus 210
Und mich in trauren sitzen lahn?
280   Dann ich kein freud im hertzen han,
Wo yhr nicht nahend seit umb mich,
Und ich euch teglich hoer und sich!
 
Joachim:
Wie kem das, liebe frawe mein, 215
Das yhr darumb solt traurig sein,
285   Und habn kein freud, denn wo ich bin
Bei euch? trag ichs doch nicht mit hin!
 
Susanna:
Jo, herr, mein freud fast alle gar
Nemt yhr mit euch, sag ich furwahr, 220
Dann ia nach got dem herrn ist mir
290   Kein lieber ding auff erd, denn yhr,
So gar, das, wo yhr von mir seit,
So ists mein groestes hertzenleidt!
Dann eur ich sorg hab alle zeit, 225
Das euch nicht widerfahr ein leidt!
295   Drumb bitt ich, so es sache wer,
Das euch zu bleibn brecht kein gefehr,
Wollt dises wandern lassen stehn,
Das ich soelchs leids mug mußig gehn! 230
 
Joachim:
Nicht achts dafur, o frawe mein,
300   Das mir mit wandern wol kan sein, 117
So, das ich mich on noetig sach
Zu wandern auff den wege mach:
Dann wo die sach nicht wer darnach, 235
Wer mir zu wandern nicht so gach;
305   Weil aber ichs nicht kan umbgehn,
So wollet des zufriden stehn!
 
Susanna:
Die weils dann ia nicht anders kan
Gesein, und musset schlechts davon, 240
So bith ich, trauter herre mein,
310   Wolt ia zu lang nicht aussen sein!
 
Joachim:
Umb das bitt nicht, o frawe mein:
Ich wil des sonst gevlissen sein!
 
Susanna:
Yhr kinder, kumt zum vater vor: 245
Er wil itz wandern aus zum thor!
315   Bitt yhn, das er bald widerker
Und euch was schöns mit ihm bring her!
 
Beniamin:
Lieb vater, kumt herwider schir
Und bringt auch ettwas schoenes mir! 250
 
Jahel:
Mie auch, mie auch, lieb vate mein,
320   Bingt was, das gulden ist und fein!
 
Joachim:
Ja, lieben kinder, seit nur frum,
So wil ich, wenn ich wider kum,
Euch ettwas schönes bringen mit! 255
Secht, das yhr got auch fur mich bitt,
325   Auff das ich gsundt herwider kum!
 
Beniamin:
Wir wollen alle sein fein frum! 118
 
Joachim:
Nu spar euch got gesundt und frisch!
Ich wil herwider kumen risch! 260
Wolt guter ding die weilen sein:
330   Yhr solt nicht bleiben lang allein!
Und euch, yhr herrn, gesegn auch got!
 
Ichaboth:
Wolan, got bhut euch frue und spat!
 
Susanna:
Got helff euch gsund herwider schir, 265
Das yhr mit freuden kumt zu mir!
 
Resatha:
335   Got geb, das er ein jahr aussbleib,
Wenn uns nur wurd zu theil sein weib!
 
Chorus primus:
¶ Fraw Venus, groß ist dein gewalt
    Bey allen menschenkinden: 270
Vor dir bleibt weder iung noch alt,
340       Du bringst yhr vil zu ßunden!
Mit scharffen pfeiln dein blindes kind
Durchdringt der menschen hertzen schwindt
    Und nimt sie gar gefangen! 275
Wer da ein mal die schantz versicht
345   Und erstlich yhm nicht widerficht
    An dir muß er behangen, An dir &c.
 
¶ Wie wol nu iunge leut gemein
    Durch dich vil werdn betrogen, 280
So werdn doch offt an deinen reyn
350       Auch alte narrn gezogen,
Durch deine netz darnider gfelt,
Das sie kein erbarkeit aufhelt
    Von ßunden noch von schanden! 119 285
So bringst auch sonst die all zu spot
355   Vor aller welt und auch vor gott,
    So stekhen in deinn banden, So stekhen &c.
 
Proportio:
¶ Dagegen aber iung und alt,
    So deiner sich erwehren 290
Und widerstehn mit ernst und gwalt,
360       Die kumen recht zu ehren,
Als die vermeiden deine bandt,
Und gebn sich inn ehlichen standt
    Und thun daraus nicht schreiten, 295
An ander halten lieb und werdt,
365   Die werden auch von got geehrt
    Und hie von allen leuten, Und hie von &c.
 
¶ Denn was kan edlers sein auf erd,
    Denn so sich ehleut halten 300
Gegnander allzeit lieb und werdt
370       Und lassen sich nicht spalten
Durch unfal oder frembde lieb,
Noch klafferey und boess getrib
    Das ehlich bandt zureissen! 305
Soelch lieb kumpt nicht von Venus her,
375   Sant Paul gepeuts in seiner lehr;
    Darumb wirs billich preißen, Darumb &c.

 


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