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I.
Zuversicht
O du, ich weiß, viel blond'res Haar
Könnt' ringeln sich ob meiner Brau,
Und sitz' ich in der Frauen Schar,
So bin ich nicht die schönste Frau.
Und meine Kleider, oh, ich weiß,
Sie sind nicht königlich geflickt,
Und meine Hände, klein und heiß,
Sind ungelenk und ungeschickt.
Doch meine Straße, weit und weiß,
Sie zieht dahin, wo deine zog,
Und meine Seele, du, ich weiß,
Sie fliegt so hoch, wie keine flog. 35
II.
Weihe
Weil wir ihn leuchten sahn vom Hügelhange,
Sollst du bei jedem Sonnenuntergange
Dich fühlen feierlich von mir gegrüßt.
Und bis in deine dunkle Sterbestunde
Soll wie ein Brandmal und wie eine Wunde
Die Stirn dir glühen, weil ich sie geküßt.
Und all dein Wesen soll dir heilig scheinen,
Weil du nach vieler Nacht voll Weh und Weinen
Mein trostvoll süßer Tag geworden bist. 36
III.
Ich bin ein roter Rosenstrauch
Ich bin ein roter Rosenstrauch,
Und du bist meine Erde.
Um meine Wurzeln liegst du warm,
Damit ich knospend werde.
Ich bin ein roter Rosenstrauch,
Und du bist meine Sonne.
Ich dehne näher mich zu dir
In meines Wachsens Wonne.
Ich wohn' in deiner Liebe Schoß
Mit meinen Wurzeln allen
Und werde blühen wunderbar
In deiner Liebe Strahlen. 37
Strom und Meer
Du bist ein Meer, umbrandend ferne Küsten,
Ich bin ein Strom und komm' vom Berge her.
Und ob sich täglich unsre Ufer grüßten
Und mündend meine Wellen deine küßten,
Treibt ewige Sehnsucht mich zu dir, du Meer.
Und ewige Unrast heißt mich vorwärtsjagen,
Ein ewiger Zweifel bricht sich Bahn zu dir: –
Ob, wenn an ferner Vorgebirge Ragen
In fremder Sonne deine Wellen schlagen,
In deinen Wassern noch ein Teil von mir?
Und geb' ich mich dir gleich im Überschwange,
Muß doch dein Sehnen fragend landwärts gehn: –
Ob, was vom Berg ich täglich neu empfange,
Durch Land und Sonne ganz zu dir gelange,
Der du mein Quellgebirge nie gesehn?
Und ewig wartend rauschen deine Wellen,
Und ewig stürzend kommt mein Strom zu dir;
Und hoch vom Dunkel meiner frühen Quellen
Hin zu den Küsten, die dich fern umstellen,
Kreist ewige Sehnsucht zwischen dir und mir. 41