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Nur einen kleinen Teil von eurer großen, schönen Stadt
beansprucht Plautus jetzt als Platz,
wohin er ohne Architekt – Athen euch hinverlegen will.
Was nun? Wollt ihr ihn geben – oder nicht?
Sie nicken, stimmen zu. Es wundert mich,
daß ich so ohne weiteres von euch erhalten soll,
was ich begehre.
Doch wenn von eurem Eigenen ich mir etwas erbitte?
Aha, da schüttelt ihr den Kopf, jetzt heißt es Nein!
Beim Herkules, in euch sind alte Sitten noch lebendig:
Abzuschlagen eine Bitte, braucht ihr eure Zunge schnell.
Doch nun zu dem,
wozu wir eigentlich hierher gekommen sind:
Den Platz da, den versetz' ich von Athen hierher,
so daß er unsre Bühne bildet, wenigstens solange,
bis unsere Komödie zu End' gespielt ist.
Hier, in diesem Haus, wohnt eine Frau:
Phronesia heißt sie. Sie hat – und übt –
die Sitten dieser Zeit: Nie fordert sie von dem Verliebten
– was sie schon hat. Und was das übrige betrifft
– sorgt sie dafür, daß gar nichts übrig bleibt.
Sie fordert, schleppt hinweg,
wie das der Frauen Brauch ist; alle machen das,
sobald sie merken, daß ein Mann sie liebt.
Hier die gibt vor,
sie hätte einem Söldner einen Sohn geboren,
nur, um schneller abzustauben, was er hat,
bis auf das kleinste Stäubchen. Wozu viele Worte?
Seht und hört es selbst!
Diniarchus tritt auf
Diniarchus: Ein ganzes Leben reicht dem Liebenden
nicht aus, zu lernen, auf wieviele Arten er
zugrunde gehen kann. Nicht einmal Venus selbst,
die doch Register über alles führt, was Liebende betrifft,
vermöchte Rechnung abzulegen,
wieviele Möglichkeiten sind, den Liebenden zu narren,
wieviele Wege ihn in sein Verderben führen,
wieviele Mittel sind, durch Bitten,
schmeichelndes Erbetteln ihn dahin zu bringen,
daß er gibt und gibt und gibt.
Wieviele Schmeicheleien, Zornausbrüche
kommen da zum Zuge! Welche Sühnegelder
sind zu zahlen, ihr getreuen Götter, hui!
Was muß man zu den üblichen Geschenken
noch hinzutun! Erst einmal die Jahrestaxe:
Der erste Fischzug, dafür werden dir –
drei Nächte dann gestattet. In der Zeit hast du
zu liefern: Geld, Wein, Öl und Weizen;
so erprobt sie, ob du sparsam,
haushälterisch mit Geld umgehst,
ob du verschwenderisch, großzügig bist.
Dann geht es haargenau so zu,
wie wenn man Fische fängt:
Das Wurfnetz in den Fischteich:
Ist es auf den Grund gesunken,
zieht man die Schnur;
wenn sich ein Fisch darin gefangen hat,
sorgt man dafür, daß er nicht mehr entkommen kann.
Man dreht das Netz bald so, bald so, umschlingt,
umwickelt so die Fische,
bis man sie aus dem Wasser ziehen kann.
Gradso ergeht es dem Verliebten.
Hat er gegeben, was sie wollte, hat er nicht als sparsam,
als verschwenderisch sich so erwiesen,
werden weit're Nächte zugefügt:
Den Angelhaken schluckt er. Hat er
den unvermischten Trank der Liebe ganz genossen,
ist dieser tief ins Herz gedrungen,
dann geht alles ihm zugrunde:
er selbst, sein Hab und Gut,
und sein Kredit noch obendrein.
Ist die Hetäre ihrem Freier böse,
geht es ihm doppelt schlecht:
Er leidet Not an seiner Seele,
dazu muß noch sein Beutel büßen.
Und wenn auch eins dem anderen
von Herzen zugetan ist:
Er hat in jedem Fall zu leiden.
Sind die gewährten Nächte selten, leidet seine Seele,
kriegt er mehr, hat er zwar seine Lust,
sein Hab und Gut jedoch, das schwindet ihm dahin.
So geht es zu im Hause der Verführerin:
Bevor du einen Wunsch erfüllt,
heckt sie schon hundert neue aus.
Sie hat den Schmuck verloren, Kleidchen ist zerrissen,
eine Magd gekauft, die Silberschale muß sie haben,
das Gefäß aus Bronze, alt und wertvoll, dann das Bett,
geschnitzt und reich verziert, das Kästchen
modisch, griechisch,
dann – ja, und so weiter und so weiter,
was immer der Verliebte der Hetäre, die ihm angehört,
zu leisten hat, was er, so meint sie, schuldig sei.
Wir aber sind mit Fleiß bestrebt,
das alles zu verheimlichen,
damit es Eltern und Verwandte nicht erfahren,
wenn wir auch Hab und Gut, Kredit,
uns selbst zugrunde richten.
Ließen wir es, statt es zu verheimlichen,
die wissen, welche unsrer Jugend
Zügel noch zur rechten Zeit anlegen würden,
(schon deswegen, daß Erworbenes auch denen noch
erhalten bliebe, welche nach uns kommen) –
dann, das kann ich euch versichern,
gäb' es weniger Hetären, Kuppler –
und auch weniger Verschwender, als es heute gibt.
Denn Kuppler und Hetären hat es mehr
als Fliegen in der Sommerhitze.
Wenn sie nirgends sonst zu finden sind:
Die Dirnen wie die Kuppler sitzen jeden Tag
rund um die Wechelstuben, ihre Zahl ist unermeßlich.
Ich bin sicher, Dirnen hat es mehr als Meßgewichte.
Wozu wohl Dirnen in den Wechselstuben
zu gebrauchen sind?
Vielleicht benützt man sie als Rechnungsbücher,
worin Zahlungen verzeichnet werden.
Einnahmen, wohlbemerkt: Ausgaben zu verbuchen,
eignen sie sich nicht. Ja nun,
in einem großen Volk mit vielen Menschen,
wo Friede herrscht und Ruhe,
da der Feind bezwungen ist, darf jeder lieben,
– wenn er hat, was er dafür bezahlen muß.
Zum Beispiel mir hat die Hetäre, die hier wohnt,
aus meinem Kopf entführt, wonach sie heißt:
Phronesia ist ihr Name, und auf Griechisch
heißt Phronesia »die Schlaue, mit Vernunft begabte«.
Ich gestehe,
ich war ihr engster, ihr vertrautester und bester Freund,
was allerdings für das Vermögen des Verliebten
das weitaus Schlechteste zu sein pflegt.
Einen andern hat sie nun gefunden,
der verschwenderischer ist als ich,
der mehr zu geben noch verspricht.
An meinen Platz hat sie ihn nun gesetzt, das Luder,
hn, von dem sie einst gesagt, sie hasse ihn.
Ein Söldner ist er, stammt aus Babylon.
Er komme aus der Fremde nun zurück, so sagt man.
Einen Streich hat sie ersonnen,
wie sie ihn betrügen könnte.
Sie tut, als habe sie ein Kind geboren,
setzt mich vor die Tür; dem Söldner aber gibt sie vor,
er sei der Vater dieses Knaben.
Sie will sich allein mit ihm vergnügen. Ich bin sicher:
Unterschieben will sie ihm den Knaben,
dieses Miststück! Glaubt sie, mich,
mich könne sie betrügen? Mir, so denkt sie, könne sie's
verheimlichen, wenn sie je schwanger würde?
Heut' ist der dritte Tag, seit ich von Lemnos
nach Athen zurückgekommen bin.
In öffentlichem Auftrag war ich dort.
Astaphia kommt aus dem Haus der Phronesia
Da kommt Astaphia, ihre junge Magd! Mit der stand ich
ja auch einmal in – sozusagen – geschäftlichem Verkehr.
Astaphia:
(ins Haus) Paßt an der Türe auf!
Bewacht das Haus, daß unser Kunde reicher nicht
das Haus verläßt, als er hereingekommen ist;
nicht leere Hände hat bei seiner Ankunft
und mit vollen Händen geht!
Ich weiß, wie diese Kerle sind.
Zur Zeit ist das der Trick der jungen Leute: Fünf, sechs
von diesen Spießgesellen suchen die Hetären auf,
und alles ist genau geplant. Sind sie ins Haus gelangt,
so bietet einer der Hetäre Kuß um Kuß,
als Diebe sind in dieser Zeit die andern tätig.
Merken sie, daß man sie überwacht,
so scherzen sie und treiben Schabernack,
um so durch Spaß und Spielerei uns abzulenken.
Oft zehren sie von dem, was uns gehört:
Die Säcke stopfen sie sich voll, grad wie der Metzger
seine Würste füllt. Ja, ja, so ist's! Ein Teil von euch,
die ihr da sitzt, weiß nur zu gut, daß ich nicht lüge.
Listig und verdienstvoll scheint es ihnen,
die Plünderer zu plündern. Aber wir, beim Kastor,
wir bedanken uns bei denen, die uns so bestehlen,
wiederum auf artige und hübsche Weise.
Sie sorgen selbst dafür, daß wir uns holen,
was sie nur besitzen,
ohne unser Zutun schleppen sie es selbst herbei.
Diniarchus: Mit diesen Worten trifft sie mich; denn wirklich,
was ich hatte, trug ich eigenhändig hier hinein.
Astaphia: (ins Haus zurück) Ja, ja, ich denk' dran! Ist er im Haus, bring' ich ihn gleich mit.
Diniarchus: He, du, Astaphia, nur einen Augenblick, bevor du gehst!
Astaphia: Wer ruft mich da zurück?
Diniarchus: Schau hierher; sogleich erfährst du's!
Astaphia: Wer ist's?
Diniarchus: Einer, der euch viele Güter wünscht!
Astaphia: Her damit, wenn du das wünschst!
Diniarchus: Ich sorge schon dafür. Doch jetzt schau endlich her!
Astaphia: Ah, du, wer du auch bist, du bringst mich Ärmste um!
Diniarchus: Du Schlechte, warte doch!
Astaphia: Mein Guter, was bist du lästig! Doch halt, ist das nicht Diniarchus? Ja, er ist's wirklich!
Diniarchus: Sei gegrüßt!
Astaphia: Auch du!
Diniarchus: Streck mir die Hand entgegen, lauf los, grad zu mir her!
Astaphia: Ich höre den Befehl und gehorche.
Diniarchus: Was machst du denn?
Astaphia: Ich bin gesund, halte mich wacker. – Da du aus der Fremde zurückgekehrt bist, steht dir eine Mahlzeit zur Begrüßung zu.
Diniarchus: Großzügig redest du, für die Einladung bedank' ich mich.
Astaphia: Nun bitte, laß mich gehen, wohin zu gehen meine Herrin mir befahl.
Diniarchus: So geh – aber, was ist nun?
Astaphia: Was willst du bloß?
Diniarchus: Sag mir, was hast du vor? Wohin geht dein Weg? Wer ist es, den du holen sollst?
Astaphia: Archilis, ihre Hebamme.
Diniarchus: Du schlechtes Frauenzimmer! Du zeigst, aus welcher Schule du stammst! Auf frischer Tat hab' ich dich beim Lügen ertappt.
Astaphia: Wieso das? Ich bitte dich!
Diniarchus: Weil du vorhin gesagt hast, ihn, nicht sie, wolltest du ihr ins Haus ihr bringen. Aus dem Mann hast du jetzt flugs eine Frau gemacht! Du bist eine schlimme Taschenspielerin. Doch sag jetzt, Astaphia, wer ist der Mann? Ein Neuer, der es mit ihr treibt?
Astaphia: Du hast wohl nichts zu tun und bist allzu müßig.
Diniarchus: Warum das?
Astaphia: Weil du bekleidet bist, zu essen hast, dich trotzdem um fremde Dinge kümmerst.
Diniarchus: Ihr habt mir diese Muße verschafft.
Astaphia: Ich bitte dich: Wieso denn?
Diniarchus: Ich will's dir erklären: Mein Vermögen hab' ich hier bei euch verloren, und damit habt ihr mir auch die Beschäftigung genommen. Hätt' ich mir Hab und Gut bewahrt, so wär' noch etwas da, was mir zu tun gäbe.
Astaphia: Hast du erwartet, du könntest das öffentliche Gut vom Staat der Venus oder Amors Dieser Vergleich bezieht sich wie die folgenden auf die römische Einrichtung der Staatspacht, wonach öffentlicher Besitz oder öffentliche Forderungen (Steuern) gegen einen festen Betrag an Private verpachtet wurden, die dann auf eigene Rechnung (und mit Gewinn) für die Verwertung zu sorgen, Steuern einzutreiben oder Weideland weiter zu vermieten hatten. zu anderer Bedingung in Pacht nehmen, als daß du die anderen Geschäfte verlierst?
Diniarchus: Sie ist es doch, nicht ich, die hier den Staatsbesitz der Venus verwaltet. Völlig falsch legst du das aus. Das Weidegeld hab' ich bezahlt, und nun konfisziert sie mir gegen alles Recht das Schaf auf ihrer Weide.
Astaphia: Was du jetzt tust, tun die meisten, wenn sie ihre Wirtschaft schlecht geführt haben. Können sie das Weidegeld nicht mehr bezahlen, soll der Pächter schuld gewesen sein.
Diniarchus: Daß ich bei euch geweidet habe, ist mir wahrlich schlecht bekommen. Doch nun hätt' ich den Wunsch, daß ihr mich zum Ausgleich bei euch ein wenig pflügen laßt, auf einem winzigkleinen Stück Ackerland, soviel ihr mir eben überlassen könnt.
Astaphia: Das Land ist nicht zum Pflügen da, es wird nur zum Weiden vermietet. Wenn du Acker suchst, der es gewohnt ist, bepflügt zu werden, gehst du besser zu den Knaben. Wir sind nur Staatspächter auf Weideland, doch jene verfügen über – öffentlichen Ackergrund.
Diniarchus: Ich habe beide Arten kennengelernt, zu gründlich nur.
Astaphia: Und darum eben hast du jetzt nichts mehr zu tun; denn dort wie hier hast du dich ruiniert. Doch was gefällt dir besser? Unsre Art? Die Art der Knaben?
Diniarchus: Unverschämter, frecher seid ihr, begehrlicher und verlogener sind jene. Was man den Knaben gibt, ist verloren, nichts davon kommt jemals wieder zum Vorschein. Was ihr euch holt, verpraßt ihr wenigstens beim Essen und Trinken. Schließlich : Sind jene falsch und lügenhaft, seid ihr nichtsnutzig, aufgeblasen und eitel.
Astaphia: Du solltest dir selber sagen, womit du uns beschimpfst, nicht den Knaben oder uns.
Diniarchus: Wie das?
Astaphia: Ich will es dir begründen: Wer andern Übeltaten vorwirft, sollte auch selber in Tugend erstrahlen. Du, so klug und weise, hast nichts in Besitz, was uns gehörte; wir dagegen, nichtsnutzig, wie wir sind, wir haben viel von dir.
Diniarchus: Ah du, Astaphia, früher, als ich selber noch besaß, was jetzt bei euch ist, hast du nie so mit mir geredet, nur geschmeichelt hast du.
Astaphia: Solang' er lebt, anerkennt man den Mann, wenn er tot ist, läßt man ihn besser ruhn. Als du noch lebtest, galtst du mir viel.
Diniarchus: So hältst du mich für tot?
Astaphia: Bitte – kann man es noch offensichtlicher sein? Du, den sie einst am meisten liebte, du, der ihr ein und alles war, kommst zu der Geliebten, um ihr Klagelieder vorzutragen.
Diniarchus: Nein, beim Herkules, ihr habt damals nicht richtig gehandelt, als ihr es so eilig hattet. Weitaus besser wär' es für euch gewesen, nur maßvoll zu rauben, so daß ich euch länger am Leben geblieben wäre.
Astaphia: Nein, der Geliebte gilt wie eine Stadt in Feindesland.
Diniarchus: Was willst du damit sagen?
Astaphia: Je schneller man sie erobern kann, umso besser ist es – auch für die Hetäre.
Diniarchus: Ja, das geb' ich zu; aber ein Freund zu sein, ist doch ganz etwas anderes als nur ein Buhler. Und der älteste ist auch der beste Freund. Auch bin ich noch nicht ganz am Ende: Schließlich hab' ich noch Haus und Land!
Astaphia: Warum stehst du wie ein Unbekannter, wie ein Fremder vor der Tür? Geh doch hinein! Ein Fremder bist du uns sicher nicht. Beim Kastor, keinen liebt sie mehr als dich, mit ganzer Seele, ganzem Herzen – wenn du doch Land und Haus als Eigentum hast!
Diniarchus: Eure Rede ist süß wie Honig, was ihr tut und denkt aber herb wie Galle und scharf wie Essig. Ihr redet mit süßer Zunge, aber dann handelt ihr mit gallenbitterem Gemüt.
Astaphia: Das, mein Lieber, solltest du nicht sagen, großherzig, wie du bist! So reden Leute, die immer im Krieg mit sich selbst sind, sich niemals etwas gönnen.
Diniarchus: Wie immer bist du schlimm und zugleich verführerisch.
Astaphia: Nun bist du wieder da, aus fremdem Land zurückgekehrt; wie sehnlichst wurdest du erwartet! Wirklich, wie wünschte meine Herrin dich zu sehen!
Diniarchus: Nein, wirklich?
Astaphia: Dich liebt sie vor allen anderen!
Diniarchus: Wie schön! Ja, Haus und Land, ihr seid mir zur rechten Zeit in den Sinn gekommen! Aber sag, Astaphia –
Astaphia: Was denn?
Diniarchus: Phronesia, ist sie im Haus?
Astaphia: Wenn sie's für andre ist, dann ganz sicher auch für dich.
Diniarchus: Geht es ihr recht?
Astaphia: Ich hoffe, es geht ihr augenblicklich besser, sobald sie dich vor Augen hat.
Diniarchus: Ja, das ist unser schlimmstes Übel: Wenn wir lieben, verlieren wir vor Liebe gleich den Verstand. Sagt man uns, was wir nur allzu gern hören, so glauben wir's, obwohl die Lüge offensichtlich ist, und wir geraten nicht einmal in Zorn, wie es doch eigentlich geschehen sollte.
Astaphia: Heia! So ist's doch nicht!
Diniarchus: Sie liebt mich wirklich, sagst du?
Astaphia: Ja, wahrhaftig, dich ganz allein!
Diniarchus: Wie ich hörte hat sie ein Kind geboren?
Astaphia: Diniarchus, bitte, rede nicht davon!
Diniarchus: Warum denn nicht?
Astaphia: Redet man auch nur von dieser schrecklichen Geburt, so schaudert's mich Ärmste. Wie wenig fehlte, und Phronesia wäre dir verloren. Geh jetzt nur hinein, daß du sie selber siehst. Aber warte noch! Sie wird gleich fertig sein. Sie hat nämlich gebadet.
Diniarchus: Was erzählst du da? Wie kann sie geboren haben, da sie niemals schwanger war? Ich weiß es doch: Nie hab' ich gespürt, daß sie zugenommen hat an Leibesumfang.
Astaphia: Sie hat dir's verheimlicht: Sie fürchtete, du würdest sie überreden, abzutreiben und das Kind zu töten.
Diniarchus: Dann ist also wirklich dieser Soldat aus Babylon der Vater des Kindes, der, auf dessen Ankunft sie jetzt so sehnlich wartet?
Astaphia: Gewiß; und wie man uns berichtet hat, soll er hier jeden Augenblick erscheinen. Mich wundert, warum er noch nicht da ist.
Diniarchus: Dann geh' ich jetzt ins Haus?
Astaphia: Warum denn nicht? So unbeschwert, wie in dein eignes Haus; schließlich gehörst doch immer noch zu uns, Diniarchus.
Diniarchus: Und du? Wielange bleibst du fort?
Astaphia: Ich bin gleich wieder da. Es ist ganz in der Nähe, wo ich hin muß.
Diniarchus: Komm nur wirklich gleich zurück! Ich warte dann hier in eurem Haus – auf dich!
Diniarchus geht ab
Astaphia: Ha, nun hab' ich meine Ruhe: er ist drinnen,
dieser Unausstehliche. Allein bin ich nun endlich
und kann frei und nach Belieben reden,
was ich will und wie es mir gefällt.
Dem heißverliebten Gecken hat die Herrin schon
für Hab und Gut den Grabgesang gesungen:
Haus und Land, verpfändet sind sie,
sind nun Amors Pfandbesitz. In Wahrheit: Jetzt eröffnet
meine Herrin ihm in aller Offenheit
den kecken Anschlag, den sie vorhat.
Er ist dabei mehr beratender als tätiger
und hilfsbereiter Freund.
Solang' er jemand war, solange gab er.
Jetzt besitzt er nichts: Was er einst hatte, haben wir,
dagegen er hat das, was wir zuvor besessen, nichts.
Das ist der Lauf der Welt.
Schnell ändern die Geschicke sich,
das Leben zeigt sich launisch wechselhaft:
Wie reich er war daran erinnern wir uns,
er denkt jetzt an unsre Armut:
Ihren Platz vertauschten die Erinnerungen:
ein Dummkopf, wer sich wundert.
Ist er in Not jetzt, müssen wir es nehmen, wie es ist:
Er hat geliebt; was ihm geschah,
ist nichts als recht und billig.
Mitleid mit Menschen, die ihr Hab und Gut
so wenig achten, wär' für unsresgleichen eine Übeltat.
Wer Männer anlockt und die Sache gut versteht,
hat jedem zuzulächeln, hat ein freundliches Gesicht
zu zeigen, wer auch kommt,
ihm schmeichelnd zuzureden, angenehm zu plaudern,
dabei Schlimmes doch im Sinn zu haben.
Eine Dornenhecke
muß die Hetäre sein, muß Schlimmes tun,
muß jedem Mann, mit welchem sie sich einläßt,
Schaden bringen. Und keinen Einspruch des Verliebten
muß sie gelten lassen,
wenn die Hetäre ihn, der nichts mehr bringt,
aus ihrem Dienst wie einen Fahnenflüchtigen entläßt,
mit Schimpf und Schande ihn nach Hause schickt.
Liebhaber ihr zu sein, ist der nur tauglich, welcher selbst
der Feind des eigenen Besitzes ist. Solang' er etwas hat,
solange mag er lieben; hat er nichts mehr,
soll er sich mit anderem beschäftigen.
Wer selbst nichts hat:
Gelassen räume er den Platz und überlass' ihn denen,
die etwas haben.
Nur der taugt uns, der gleich, nachdem er abgeliefert,
begierig ist, von neuem wiederum zu geben.
Wer gleich gelöscht hat im Gedächtnis, was er gab,
den lieben wir besonders. Der ist uns der rechte Freier,
der vertut, was er besitzt,
und nicht an eigne Interessen denkt.
Die Männer, sagen nun,
schlecht gingen wir mit ihnen um,
habgierig seien wir. Wieso?
Was ist denn schlecht daran, was wir mit ihnen tun?
Noch nie hat ein Verliebter der Geliebten
genug gegeben, niemals haben wir genug bekommen,
nie genug gefordert. Ist nun der Verliebte ausgemolken,
sagt er uns, er habe nichts mehr, was er bringen könne,
müssen wir auf Treu und Glauben, ohne Sicherheit
Kredit ihm geben, hat er nichts,
was er verpfänden könnte:
Dann ist's Zeit, daß man sich neue Gönner sucht,
die noch aus unverbrauchter Kasse zahlen können.
Zum Beispiel dieser Bauernsohn,
der in dem Haus hier wohnt,
ist wirklich allerliebst und wie kein anderer geeignet,
das Spenderamt zu übernehmen.
In der Nacht schleicht er zu uns,
ganz heimlich durch den Garten,
daß sein Vater nichts bemerken sollte.
Aufsuchen will ich ihn.
Doch ist ein Sklave da, ein Grobian, ein wilder Kerl,
der uns verjagen will, sowie von unserm Haus er eine
sich nähern sieht, grad wie man Gänse mit Geschrei
und Lärm verscheucht aus einem Weizenfeld.
Ein rechter Bauernlümmel das!
Doch klopf' ich an die Tür,
was immer auch geschehen mag.
(Sie schlägt gegen die Türe)
He, hütet hier jemand die Tür?
Kommt irgendwer heraus?
Truculentus kommt aus dem Haus des Strabax
Truculentus: Wer rennt da so unverschämt wie ein Schafsbock gegen das Haus?
Astaphia: Ich bin's; schau her, da bin ich!
Truculentus: Was heißt hier »Ich«?
Astaphia: Bin ich für dich kein »Ich«?
Truculentus: Was hast du dich dem Haus zu nähern, anzuklopfen, he?
Astaphia: Ich grüße dich, wünsche dir, daß es dir gut geht.
Truculentus: Pah, auf deine Grüße pfeif' ich; nichts liegt mir an ihnen, auch geht es mir nicht gut. Und außerdem: Ich wäre lieber krank, als daß dein Gruß mir Besserung verschaffen sollte. Aber ich will wissen, was du hier in unsrem Haus zu suchen hast.
Astaphia: Lass' deinen Zorn! Mußt du es so herrisch treiben?
Truculentus: Was? Mit deiner Herrin soll ich's treiben? Im lateinischen Text: As: comprime sis eiram. Tr: eram quidem hercle tu, quae solita's, comprime. Truculentus »mißversteht« im erotischen Sinn. Hier statt »eira« (altlateinisch für ira = Zorn) »era« = die Herrin; dazu kommt der Doppelsinn von comprimere: sowohl »beherrschen« als auch »beischlafen, vergewaltigen«. Treib es lieber selber mit ihr, wie ihr es gewöhnlich tut. Du Schamlose, die einfach so zum Spaß den Bauernsohn zu Schande und Unzucht verleiten willst.
Astaphia: Nicht Herrin, herrisch hab' ich doch gesagt!. Was für ein Gaukler du bist! Die Laute hast du mir vertauscht. Fürwahr ein rechter Grob-i-an!
Truculentus: Beschimpfst du mich noch immer? Schlechtes Frauenzimmer, du?
Astaphia: Beschimpf' ich dich denn?
Truculentus: Wie hast du mich genannt? Propf und lahm? Im lateinischen Text: As:nimi' quidem truculentust ...Tr: quia enim truncum lentum nominas. Wortspiel mit dem Namen des Sklaven, Truculentus = Grobian, das dieser wieder erotisch »mißversteht«; truncus = Stamm, Schaft, lentus = langsam, träge. Jetzt höre: Wenn du nicht augenblicklich verschwindest oder mir ganz schnell erklärst, was du hier suchst, dann, Mädchen, zerquetsch' ich dich, wie eine Sau ihre Jungen im Saustall manchmal zertrampelt mit den Füßen.
Astaphia: Oh, das unverfälschte, reine Land!
Truculentus: Du solltest dich wahrhaftig schämen, du Affenvieh! Hast du deinen dürftigen Leib mit Schmuck behängt und bist hergekommen, dich zu zeigen, weil du dein Mäntelchen mit einem wüsten braunen Fleck besudelt hast? Oder bist du etwa deshalb schön, weil du die Arme mit Kupferringen vollgehängt hast?
Astaphia: Ausgezeichnet steht dir das, wenn du so wüst auf mich los schimpfst.
Truculentus: Und wie steht es damit: Diese Kupferringe trägst du wohl mit dir herum, damit du immer dein Stückchen Kupfer bei dir hast, wenn du ganz formgerecht Eigentum erwerben willst – he, Sklavin du? Beim formellen Kaufvertrag vor mindestens fünf Zeugen, die volljähjrig und römische Bürger sein mußten, schlug anstelle der Barzahlung der Käufer mit einem Kupferstück an die Wage. Astaphia stand als Sklavin ein solches Kaufrecht natürlich nicht zu. Truculentus verspottet sie also mit diesen Worten, weil sie Sklavin ist. Und – wetten wir? – Hübsch angemalt aus Holz sind die Victoriamünzen, die an dir hängen.
Astaphia: He, greif mich nicht an!
Truculentus: Vergreifen sollte ich mich an dir? Nein, bei meiner Harke: Lieber auf dem Landgut irgendeine liebestolle Kuh umarmen und auf dem Stroh die ganze Nacht mit ihr verbringen, als sich von dir hundert Nächte – samt den Abendessen – schenken lassen. Was? Daß ich vom Land bin, machst du mir zum Vorwurf? Ja, du hast wirklich einen vor dir, der sich wegen dieser Untat schrecklich schämt! Doch nochmals, Mädchen, sag mir, was du hier in unserm Haus zu suchen hast. Und was kommst du immer dahergelaufen, so oft wir in der Stadt sind?
Astaphia: Eure Mädchen will ich besuchen.
Truculentus: Mädchen? Was? Was redest du bloß von Mädchen, da hier im ganzen Haus nichts Weibliches zu finden ist, nicht einmal eine Fliege?
Astaphia: Was? Nicht eine Frau ist hier im Haus?
Truculentus: Aufs Land sind alle gegangen, sag' ich dir. Und jetzt ab! Verschwinde!
Astaphia: Warum schreist du denn, du Spinner?
Truculentus: Wenn du dich nicht beeilst, mit großen Schritten von hier wegzukommen, reiß' ich dir wahrhaftig die ganze Lockenpracht, gefärbt, gekünstelt, eingeschmiert, gekräuselt, wie sie ist, bis auf die Haut vom Kopf herunter!
Astaphia: Und warum das?
Truculentus: Weil du dich unterstehst, mit Salben vollgeschmiert hier an die Tür zu kommen, weil du deine zarten Backen gar zu schön mit Purpurschminke angestrichen hast.
Astaphia: Ich Arme wurde rot, weil du so wüst schreist, beim Kastor!
Truculentus: Wirklich, rot bist du geworden? Du? Du Schamlose! Wie wenn du deinem Leib die Möglichkeit gelassen hättest, überhaupt noch eine Farbe anzunehmen! Die Ba-cken hast du rot verschmiert, alles übrige in Kreideschminke eingetaucht. Bösartige, Verderbenbringende seid ihr!
Astaphia: Was fügen die Verderbenbringenden, Bösartigen euch denn Schlimmes zu?
Truculentus: Ich weiß mehr, als du denkst.
Astaphia: Bei allen Göttern, was denn? Was glaubst du zu wissen?
Truculentus: Daß Strabax, der Sohn unseres Herrn, bei euch in sein Verderben rennt, daß ihr ihn zu Übeltat, zu Betrug, zu schlimmer, schändlicher Verirrung verlockt.
Astaphia: Wärst du normal und erschienst du mir bei Verstand, ich würde sagen: Schmähung und Beleidigung ist das, was du sagst. Kein Mensch geht hier zugrunde. Sein Vermögen wohl; doch wenn er dieses losgeworden ist, steht es ihm frei, gesund und munter abzuziehen, wann immer er will. Doch euer junger Herr, der ist mir ganz unbekannt.
Truculentus: Wirklich? Ganz im Ernst? Was sagt wohl die Mauer dazu in unserm Garten? Die allnächtlich einen Ziegel nach dem anderen verliert, genau dort, wo jener seinen Weg in sein Verderben sucht?
Astaphia: Eure Gartenmauer ist alt. Kein Wunder, wenn die alten Ziegel mit der Zeit zusammenbrechen.
Truculentus: Was? Die alten Ziegel? Was? Du meinst, sie würden zusammenbrechen? Wahrhaftig, niemand soll mir auch nur zwei Dinge glauben, wenn ich euer Tun nicht sofort dem alten Herrn berichte!
Astaphia: Ob er genauso bissig ist wie du?
Truculentus: Er hat sich sein Vermögen doch nicht mit Sparsamkeit und harter Arbeit erworben, daß sich Hetären daran ergötzen sollen: Heimlich wird es zu euch hinüber aus dem Haus geschafft! Ihr miserables Pack! Nun verpraßt ihr es mit Fressen, Saufen, teuren Salben! Dazu soll ich schweigen? Nein, jetzt sofort geh' ich auf den Markt und berichte meinem Herrn, was sich hier tut, nicht daß sich der Schwarm von Übeln, der sich da zusammenbraut, ungerufen auf meinem Rücken entlädt.
Truculentus geht ab
Astaphia: Huh, wenn sich der Kerl von Senf ernährte,
er könnt' nicht schärfer sein, nicht grimmiger.
Doch ist er seinem Herrn gewogen
und ihm treu gesinnt.
Ich aber krieg' ihn trotzdem noch herum,
da bin ich sicher. Ist er jetzt auch grob und heftig:
Schmeicheleien, Bitten und die übrigen Hetärenkünste
liessen auch schon andre ungezähmte Bestien
zahm und folgsam werden.
Nun will ich wieder nach der Herrin schauen.
Diniarchus kommt aus dem Haus
Aber sieh, der Unausstehliche ist wieder da!
Mit finsterem Gesicht kommt er heraus; der hat wohl
die Phronesia noch immer nicht zu sehn bekommen.
Diniarchus: Fische baden, solang sie leben, aber damit baden sie immer noch nicht so lang, wie diese da, die Phronesia! Ach, wäre die Zeit, die eine Frau im Bad verbringt, doch das Maß, nach welchem sie ihre Liebe verschenkt. Alle, die sie lieben, würden sich nur allzugern um ihr Bad bemühen.
Astaphia: Kannst du nicht geduldig sein und eine kurze Zeit mit Warten zubringen?
Diniarchus: Ich bin ja schon erschöpft vor lauter Dulden, bräuchte vor Erschöpfung selber ein Bad, ich Armer. Aber bitte, geh hinein, Astaphia, und sag ihr, ich sei da. Red ihr zu, sie solle sich beeilen, lang genug hab' sie gebadet!
Astaphia: Gut, schon recht!
Diniarchus: Hörst du mich noch?
Astaphia: Was ist?
Diniarchus: Die Götter mögen mich verderben, daß ich dich zurückrief. Hab' ich dir nicht schon gesagt, du solltest gehen?
Astaphia: Was hältst du mich zurück, unsinnig, wie du bist, Taugenichts? Nur tausend Schritte Verzögerung hast du dir eingebrockt.
Astaphia ab in das Haus der Phronesia
Diniarchus: Was stand sie solang vor der Tür? Auf irgendjemand hat sie gewartet; wohl auf den Soldaten. Um ihn bemühen sie sich jetzt. Wie Geier ahnen sie schon drei Tage voraus, an welchem Tag sich ihnen reiche Mahlzeit bieten wird: Auf ihn starren sie schon alle mit gierig aufgesperrtem Maul, nach ihm geht ihr ganzes Trachten; mich beachtet niemand mehr, wenn er da ist. Als wär' ich seit zweihundert Jahren tot. Ach, wie angenehm das ist, sein Hab und Gut zu bewahren: Nun ist es geschehen, nun hab' ich verloren, was ich einmal ererbt habe, nun wandelt sich mein Sinn. Ganz sicher, fiele jetzt mir eine große, reiche Erbschaft zu, jetzt, da ich weiß, wieviel Süße und welche Bitterkeit vom Geld ausgeht: Jetzt würd' ich es hüten, würde so sparsam leben, daß – nun ja, ihr könnt mir's glauben, daß in ein paar Tagen schon – nichts mehr vorhanden wäre. Sonst hätt' ich die zum Schweigen bringen können, die mir jetzt selber Schuld an meinem Unglück geben. Doch ich sehe: Die heiß versengende, unheilvolle Tür öffnet sich, die alles einschlürft und verschlingt, was hinter ihre Riegel kommt.
Phronesia kommt mit zwei Mägden aus ihrem Haus
Phronesia: Geliebter! Glaubst du auf einmal, meine Tür beiße dich, daß du dich scheust, einzutreten?
Diniarchus: Sieh, der Frühling selbst! Wie das blüht und glänzt und duftet!
Phronesia: Was bist du derart ungehobelt: Gerade zurückgekehrt von Lemnos, hast du nicht einmal einen Kuß für die Geliebte übrig?
Diniarchus: Weh mir, jetzt geh' ich zugrunde, mein Verderben steht mir bevor!
Phronesia: Was wendest du dich ab?
Diniarchus: Phronesia, sei gegrüßt!
Phronesia: Auch ich grüße dich! Du wirst heute doch bei mir zu Abend essen? Zur Feier deiner heilen Rückkehr!
Diniarchus: Nein! Ich bin schon versprochen.
Phronesia: Und wo, wo wirst du essen?
Diniarchus: Wo du befiehlst!
Phronesia: Dann hier. Viel Vergnügen wirst du mir damit machen.
Diniarchus: Mir noch viel mehr! Phronesia, Geliebte, wirst du dann auch die meine sein?
Phronesia: Ich will, wenn es geschehen kann.
Diniarchus: Die Sandalen her, weg der Tisch, beeilt euch, Knaben!
Phronesia: He, bist du noch bei Verstand?
Diniarchus: Unmöglich kann ich trinken, mir schwinden die Sinne!
Phronesia: Warte doch! Das Gewisse, das du willst, wird geschehen. Geh nicht weg!
Diniarchus: Mit Wasser hast du mich besprengt. Ich komme wieder zu mir. Nimm die Sandalen wieder weg, gib mir zu trinken!
Phronesia: Beim Kastor, du bist doch immer der gleiche. Aber sag mir, hattest du auch eine gute Reise?
Diniarchus: Zu dir hin ganz gewiß, sie verschafft mir deinen Anblick!
Phronesia: Komm, umarme mich!
Diniarchus: Oh, noch so gern! Heia! Süßer als Honig ist das! Damit, Jupiter, ist mein Glück noch weitaus größer als deines!
Phronesia: Gibst du mir jetzt einen Kuß?
Diniarchus: Sicher, zehn sogar!
Phronesia: Und siehst du, drum bist du arm; denn du versprichst stets mehr, als ich verlange.
Diniarchus: Hättest du von Anfang an mein Vermögen so geschont, wie du jetzt auf meine Küsse verzichtest.
Phronesia: Was ich dir ersparen kann, will ich dir gern ersparen.
Diniarchus: Und bist du nun sauber?
Phronesia: Mir und meinen Augen schon. Komm' ich dir etwa schmutzig vor?
Diniarchus: Mir sicher nicht; doch früher, als ich dir noch etwas galt, da gab es eine wilde Zeit, in der es schon schmutzig zuging zwischen uns, da waren wir schmutzig, eins vom anderen. Doch wie ich ankam, was für einen Streich bekam ich da zu hören? Was hast du getrieben, als ich fort war? Was für neuen und seltsamen Geschäften bist du nachgegangen?
Phronesia: Was soll das sein?
Diniarchus: Zunächst: Ich freue mich, daß du ein Kind bekommen, daß du alles heil und unbeschadet überstanden hast.
Phronesia: (zu den Sklavinnen) Ihr zwei, verschwindet ins Haus und macht die Tür zu.
Die Mägde gehen ins Haus
Nun bist du der einzige, der meine Worte hört. Schon immer hab' ich dir anvertraut, was ich im geheimsten im Sinn hatte. In Wahrheit: Diesen Knaben hab' ich nicht geboren, war auch niemals schwanger. Dennoch tat ich so, als sei ich's: Das streit' ich nicht ab.
Diniarchus: Warum nur, mein geliebtes Leben?
Phronesia: Wegen dieses Söldners aus Babylon, mit dem ich vergangenes Jahr wie eine Ehefrau zusammenlebte, als er hier war.
Diniarchus: Das hab' ich wohl gemerkt. Aber wozu das alles? Was hast du davon, so zu tun, als hättest du ein Kind geboren?
Phronesia: Es soll ihm eine Schlinge, eine Kette um den Hals sein, um ihn aufs neue an mich zu binden, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. Als Antwort bekam ich neulich einen Brief, er wolle sich selbst überzeugen, wieviel er wirklich für mich bedeute: Wenn ich das Kind geboren hätte, es nicht töten würde, sondern es aufzöge als mein Kind, so sollt' ich sein ganzes Hab und Gut bekommen.
Diniarchus: Mit Vergnügen hör' ich das. Und ihr, was tatet ihr darauf?
Phronesia: Der zehnte Monat war schon nahe. Meine Mutter befahl ihren Mägden, überall nach einem Knaben oder einem Mädchen Ausschau zu halten, nach einem Kind, das man mir unterschieben könnte, dafür zu sorgen, daß man es uns – reserviert. Was verlier' ich viele Worte? Unsre Haareschneiderin, die Syra, kennst du doch?
Diniarchus: Die hier gegenüber wohnt? Die kenn' ich.
Phronesia: Als sie bei ihrer Tätigkeit so überall in den Familien herumkam, fand diese tatsächlich einen Knaben und bracht' ihn heimlich zu mir; man hab' ihn ihr einfach überlassen, sagte sie.
Diniarchus: Ein schlimmer Handel! Nun hat ihn nicht die geboren, welche ihn zuerst gebar, sondern du, die ihn sozusagen im Nachhinein geboren hat.
Phronesia: Genau hast du das ganze erfaßt. Wie er mir Nachricht gab, wird mein Soldat in Kürze hier erscheinen.
Diniarchus: Und du wirst dich inzwischen so pflegen, ganz als wärst du eine Wöchnerin.
Phronesia: Warum auch nicht, wenn sich die Sache so hübsch und ohne Beschwer machen läßt? Wenn es um Gewinn geht, darf jeder gerissen und schlau sein.
Diniarchus: Aber was wird aus mir, wenn der Soldat da ist? Muß ich dann ohne dich leben, von dir verlassen?
Phronesia: Nun – sobald ich habe, was ich von ihm will, fällt mir schon etwas ein, wie ich es zwischen uns zu Streit und Trennung kommen lasse. Dann, Geliebter, bin ich wieder dein, dann sollst du mich ganz und gar besitzen.
Diniarchus: Noch lieber wollt' dich – beliegen.
Phronesia: Aber nun will ich den Göttern etwas für den Knaben opfern – am fünften Tag, wie es sich gehört.
Diniarchus: Ja, das ist gut.
Phronesia: Und du – hast keine Lust, mir ein Geschenk zu machen?
Diniarchus: Oh du meine Lust! Gewinn ist es mir, wenn du etwas von mir verlangst.
Phronesia: Mir, wenn ich es kriege.
Diniarchus: Augenblicklich wird es hier sein, ich will dafür sorgen, meinen Sklaven schick' ich damit her.
Phronesia: Ja, tu das!
Diniarchus: Du sollst zufrieden sein, was er dir auch bringt.
Phronesia: Ich weiß, du wirst dafür sorgen, daß es mir keinen Verdruß macht, was du mir schickst.
Diniarchus: Willst du sonst etwas von mir?
Phronesia: Nur, daß du mich besuchst, sobald du Zeit hast. Leb wohl für jetzt!
Diniarchus: Auch du!
Phronesia geht ins Haus
Diniarchus: Ihr Götter, ihr Unsterblichen!
Sie hat mir anvertraut, was nicht einmal die Schwester
ihrer Schwester eignen Blutes anvertrauen würde,
diese Unterschiebung eines Knaben.
Nicht als Liebende, nein, als Verbündete, Vertraute,
hat sie gehandelt, die ein Herz und eine Seele
mit mir ist. Ihr Innerstes hat sie mir nun enthüllt:
Solang' sie lebt, wird sie mir niemals untreu werden.
Ich – ich sollte sie nicht lieben?
Ihr nicht wohlgesinnt sein?
Nein, ich will mich lieber selbst nicht lieben,
aber sie soll meine Liebe nicht entbehren müssen.
Ich soll das Geschenk nicht zu ihr senden?
Oh, vom Fleck weg will ich Sorge tragen:
Fünf Minen Silber werden ihr gebracht,
dazu noch Speis und Trank für eine volle,
abgezählte Mine. Ihr, die mir so wohl will,
soll es besser gehen als mir selbst,
der ich mir selber Übel nur bereite.
Diniarchus geht ab
*
Pause
*