Plautus
Die Kriegsgefangenen (Captivi)
Plautus

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Zweiter Act.

Erste Scene.

Die beiden Kriegsgefangenen Philokrates und Tyndarus. Der Gefangenwärter und andere Sklaven.

Der Gefangenwärter. Wenn euch die Götter auserseh'n, daß ihr erdulden sollt die Schmach,
Müßt ihr gefaßt es tragen; thut ihr das, so wird die Bürde leicht.
Zu Hause wart ihr, glaub' ich, frei.
Kommt jezt die Knechtschaft, schickt ihr euch in sie; so schickt es sich für euch;
Und waltet selbst ein strenger Herr, so macht sie sanft durch euren Sinn.
Was euer Herr thut, müßt ihr gut aufnehmen, selbst Unwürdiges.

Philokrates. O weh uns! O weh uns!

Der Gefangenwärter. Was soll das Heulen? Euer Anblick schon erweckt Mitleid genug.
Wenn man im Unglück guten Muth behält, das hilft.

Philokrates. Wir schämen uns, weil wir in Ketten sind.

Der Gefangenwärter.                                                   Und später grämte sich
Unser Herr, ließ' er euch eurer Haft ledig zieh'n,
Daß ihr frei sprängt umher, die er um's Geld gekauft.

Philokrates. Von uns – was kann er fürchten? Wir
Kennen schon unsre Pflicht, wenn er uns ledig läßt.

Der Gefangenwärter. Ja, ihr denkt durchzugeh'n; was ihr wollt, ahn' ich wohl.

Philokrates. Wir entflieh'n? Wohin entflieh'n?

Der Gefangenwärter.                                     Nach Hause.

Philokrates.                                                                         Pfui! Das wäre schimpflich,
Wollten wir Ausreißer werden.

Der Gefangenwärter.                     Geht es an, verarg' ich's euch nicht.

Philokrates. Eines nur, bitt' ich euch, Eins gewährt uns!

Der Gefangenwärter.                                                     Und was?

Philokrates. Daß ihr uns, fern von euch, ohne die Zeugen hier,
Unter uns gönnt ein Wort.

Der Gefangenwärter. Sei es drum! Tretet fern!
    (zu den anderen Sklaven)                             Ziehen wir uns hieher!
    (zu den beiden Gefangenen)
Aber kurz fasset euch!

Philokrates.                         O, von selbst thun wir das.
    (zu Tyndarus)
Tritt hieher!

Der Gefangenwärter. (zu den Sklaven)
                    Lasset ihr
Diese nun ganz allein.

Tyndarus.                           Beide wir schulden euch
Großen Dank, daß ihr uns Alles, was wir gewünscht,
Sonder Arg gern gewährt.

Philokrates. (zu Tyndarus)
Weiter noch tritt zurück, wenn's gefällt, und so fern,
Daß keines fremden Lauschers Ohr auf unsre Worte lauschen kann;
Unsre List würde sonst aller Welt offenbar.
Kein Betrug ist Betrug, wird er nicht schlau gepflegt,
Nein, ein groß Ungemach, wird er kund vor der Welt.
Denn wenn du mein Herr bist, ich als deinen Sklaven
Mich stellen soll, ist nöthig, daß wir überall
Mit großer Umsicht, ganz geheim,
Mit Sorgfalt, mit Fleiß und Gewandtheit zu Werk geh'n.
So groß ist das Wagniß: es will nicht im Schlafe
Vollbracht sein.

Tyndarus.                 Ich bin, was du wünschest.

Philokrates.                                                         So hoff' ich.

Tyndarus. Du siehst mich bereit hier: für dein theures Leben
Biet' ich mein theures Haupt willig als Opfer dar.

Philokrates. Das weiß ich.

Tyndarus.                           Doch vergiß es auch nicht, daß du's weißt,
Wenn du, was du willst, erreichtest.
Denn die Menschen haben fast alle den schlimmen Brauch:
Nur so lang sind sie gut, bis erkämpft ist, wonach
Sie gestrebt; wenn sie dann ihren Wunsch seh'n gekrönt,
Werden selbst Gute nichtswürdig, voll Lug und Trug.
Aber jezt sag' ich dir, was du mir werden sollst.
Andern Rath weiß ich nicht, wärst du mein Vater selbst.

Philokrates. Ziemte sich's, wahrlich, gern nennt' ich selbst Vater dich;
Denn nach ihm bist du mir Vater, bist nächster Freund.

Tyndarus. Wohl.

Philokrates.       Und deßhalb mahn' ich öfters, daß du dich daran erinnerst:
Ich bin nicht dein Herr, ich bin dein Sklave. Darum bitt' ich Eines:
Weil uns jezt die hohen Götter ihren Willen kundgegeben,
Daß ich, der zuvor dein Herr war, jezt dein Sklave bin, so fleh' ich,
Während ich nach meinem Recht dir sonst befahl, nunmehr dich an,
Bei des Glückes Wankelmuth, bei meines Vaters Huld für dich,
Bei der Knechtschaft, die zumal uns beide gab in Feindes Hand,
Ehre mich nicht minder jezt als da du noch ein Sklave warst,
Und bedenke, wer du warst und wer du jezt geworden bist.

Tyndarus. Nun, ich weiß, jezt bin ich du, und du bist ich.

Philokrates.                                                                       Bedenkst du dies
Wohlbedächtig, dann gelingt uns, so vertrau' ich, unsre List.

Zweite Scene.

Hegio kommt aus dem Hause. Philokrates. Tyndarus.

Hegio. (in der Thüre zu seinen Sklaven im Hause)
Gleich komm' ich wieder, wenn ich die ausfragte, was ich wissen will.
Wo sind die Bursche, die ich hier vor meine Thüre führen hieß?

Philokrates. Du hast dich vorgesehen, daß du uns nicht lange suchen darfst,
So wie wir hier in Ketten rings und Wachen eingemauert sind.

Hegio. Wer vor Betrug sich schüzen will, ist kaum geschüzt bei allem Schuz;
Und wenn er oft auch noch so sehr geschüzt sich glaubt, er wird berückt.
Wie? Hab' ich nicht gerechten Grund, streng über euch zu wachen, da
Ich euch mit schwerem Gelde, das ich baar bezahlte, mir erstand?

Philokrates. Nicht billig wär' es, wollten wir dir zürnen, daß du uns bewachst,
So wenig als du zürnen kannst, daß wir davongeh'n, wenn es geht.

Hegio. Wie ihr bei mir, ganz ebenso wird dort bei euch mein Sohn bewacht.

Philokrates. Er ist gefangen?

Hegio.                                     Ja.

Philokrates.                                 So waren wir doch nicht allein so feig.

Hegio. (zieht den Philokrates bei Seite)
Tritt her! Ich möchte Vielerlei von dir allein erkundigen;
Doch möcht' ich nicht, daß du mir Lügen sagtest.

Philokrates.                                                                 Lügen werd' ich nicht,
So weit ich's weiß, und weiß ich's nicht, so sag' ich dir, daß ich's nicht weiß.

Tyndarus. (bei Seite)
Im Baderstübchen sizt der Herr; nun sezt er ihm das Messer an,
Wirft nicht einmal ein Tuch ihm um, damit er nicht sein Kleid beschmuzt.
Doch ob er ihn bis auf die Haut, ob über'n Kamm nur, scheeren wird,
Das weiß ich nicht; ist er gescheidt, so richtet er ihn tüchtig zu.

Hegio. (zu Philokrates)
Du – wärst du lieber Sklave, wärst du lieber frei? Das sage mir.

Philokrates. Das, was dem Glück am nächsten steht und was dem Unglück möglichst fern,
Das wünsch' ich, wenn die Knechtschaft auch mir nicht besonders lästig war,
Und du mich niemals anders hielt'st, als deines Hauses ächten Sohn.

Tyndarus. (bei Seite)
Ei, ei! Den Thales von Milet kauft' ich hinfort um kein Talent;
Denn im Vergleich zu dem Talent (auf Philokrates deutend)
                                                      war seine Weisheit Pfuscherei.
Wie wizig hat er das Gespräch jezt auf die Sklaverei gebracht!

Hegio. Von welchem Hause stammt er ab – Philokrates?

Philokrates.                                                                     Von Reichmanns Haus,
Das dort in hohen Ehren steht, vor allen andern mächtig ist.

Hegio. Er selbst, wie wird er dort geehrt?

Philokrates.                                               Sehr hoch, von Männern höchsten Rangs.

Hegio. Nun, wenn er denn in Elis' Volk so gar beliebt ist, wie du sagst,
Wie steht sein Beutel? Ist er fett?

Philokrates.                                         Daß man daraus Talg sieden kann.

Hegio. Sein Vater aber – lebt er noch?

Philokrates.                                         Wir ließen lebend ihn zurück
Bei'm Scheiden: ob er jezt noch lebt, das weiß doch wohl die Hölle nur.

Tyndarus. (bei Seite)
Nun geht es gut! Jezt ist er nicht blos Lügner, er philosophirt.

Hegio. Wie hieß er denn?

Philokrates.                     Sie nannten ihn SchazgüldenkrallenharpagoSchazgüldenkrallenharpago, d. i. der goldene Schäze mit den Krallen zusammenrafft. Eine Zusammensezung in der Manier des Aristophanes. .

Hegio. Von seinem Reichthum wurde wohl ihm dieser Name beigelegt?

Philokrates. Ich meine, mehr von seinem Geiz, von seinem zähen Schmuze nur.

Hegio. Was sagst du da? Sein Vater ist so geizig?

Philokrates.                                                           Ja, noch etwas mehr.
Nur Eine Probe: wenn er je dem Genius sein Opfer bringt,
So nimmt er samisch Topfgeschirr als WeihgeräthAus Geiz, der ihn gegen seinen eigenen Schuzgott mißtrauisch macht, bedient er sich irdener Topfgeschirre, die aus der Thonerde der Insel Samos verfertigt sind, während sonst auch minder Begüterte sich bei Opfern goldener und silberner Gefässe bedienen. , damit der Gott
Selbst ihm es nicht entwende. Hier erkennst du, wie er Andern traut.

Hegio. (zu Tyndarus)
Nun komm du her. (bei Seite)
                              Ich will auch den ausfragen, was ich wissen will.
    (zu Tyndarus)
Philokrates, der hat gethan, wie's einem braven Menschen ziemt.
Durch ihn erfuhr ich, welches Stamms du bist; er hat es mir bekannt.
Willst du dasselbe mir gesteh'n, so wird es nicht dein Schade sein,
Obwohl du weißt, daß ich's von ihm erfuhr.

Tyndarus.                                                             Er that nur seine Pflicht,
Wenn er die Wahrheit dir gestand, wiewohl ich ernstlich mein Geschlecht
Und meinen Reichthum, meinen Stand verbergen wollte, Hegio.
Doch weil ich jezt mein Vaterland und meinen freien Stand verlor,
So find' ich's billig, daß er jezt nicht minder dich als mich verehrt.
Gewalt des Feindes hat mich ihm ganz gleich gemacht nach Rang und Stand.
Mit Worten wagt' er's früher nicht, jezt darf er kränken durch die That.
Hier kannst du seh'n, das Schicksal formt und modelt uns, wie's ihm gefällt;
Mich Freien macht's zum Knechte, stürzt mich tief hinab aus Glückes Höh'n;
Der sonst zu herrschen pflegte, fügt sich einem andern Herrscher jezt.
Doch wäre mein Gebieter, wie ich gegen mein Gesinde war,
Dann bangt mir nicht, daß er mich hart und ungerecht beherrschen wird.
Nur Eines sagt' ich gerne noch, wenn dir es nicht zuwider ist.

Hegio. Sprich's offen aus.

Tyndarus.                         Ich bin vordem so frei gewesen, wie dein Sohn,
Und mir so gut, als ihm, entriß die Freiheit nur des Feindes Hand.
Er dient bei uns als Sklave, wie ich's jezt in deinem Hause bin.
Doch lebt ein Gott, der Alles, was wir Menschen schaffen, hört und sieht.
Der wird an deinem Sohne thun, ganz wie du hier an mir gethan.
Vergelten wird er gute That, doch Uebelthat vergilt er auch.
Wie du nach deinem Sohne, sehnt mein Vater sich nach seinem Sohn.

Hegio. Das weiß ich; doch gestehst du mir das Gleiche, was der mir gestand?

Tyndarus. Ich läugne gar nicht, daß das Haus des Vaters reiche Schäze birgt,
Und ich von hohem Stande bin; doch, Hegio, beschwör' ich dich,
Laß meines Vaters Schäze doch dich nicht zur Habsucht reizen, daß
Ihm's nicht am Ende besser dünkt, obgleich ich nur sein Einz'ger bin,
Ich esse hier als Sklave satt, von dir gekleidet und genährt,
Als daß ich dort als Bettler mich hinschleppe, wo's ihm Schande sei.

Hegio. Durch meiner Ahnen Kraft bin ich, Dank sei's den Göttern, reich genug;
Auch glaub' ich nicht, daß jeder Art Gewinn den Menschen Nuzen bringt.
Wohl weiß ich, schwang sich Mancher schon durch Wucher und Gewinn empor;
Doch gibt es Fälle, wo Verlust noch besser ist, als der Gewinn.
Das Gold veracht' ich: Manchen hat's zu manchem Argen oft verführt.
Jezt höre mich, daß dir genau kund werde, was mein Herz bewegt.
Bei euch in Elis dient mein Sohn, sizt dort als Kriegsgefangner fest.
Schaffst du mir ihn zur Stelle, fordr' ich keinen Heller sonst von dir.
Dich geb' ich frei und jenen dort; doch anders kommst du hier nicht los.

Tyndarus. Was du begehrst, ist edel und gerecht; du bist ein edler Mann.
Doch ist der Staat dort oder ist ein Bürger deines Sohnes Herr?Die Kriegsgefangenen, welche in Masse gemacht waren, wurden in den griechischen Städten als eine Beute des Staates angesehen, und entweder öffentlich verkauft, so daß das dafür erhobene Geld in die Staatskasse fiel; oder sie mußten zu öffentlichen Arbeiten dem Ganzen dienen, dessen Eigenthum sie waren. Der Kriegsgefangene hingegen, der von dem einzelnen Krieger gemacht war, gehörte diesem als Eigenthum, und es stand bei ihm, ihn entweder für ein Lösegeld frei zu geben, oder zu verkaufen, oder als Sklaven in seinem Hause zu behalten. Hatte der Kriegsgefangene Vermögen in der Heimat, so wählte er gewöhnlich das erste. Köpke.

Hegio. Ein Bürger, Arzt Menarchus.

Philokrates. (freudig bei Seite)           Das ist herrlich, der ist sein Client.
Das läuft dir in die Hände, wie der Regen, der zur Erde fällt.

Hegio. Mach, daß ich ihn auslöse.

Tyndarus.                                     Gern; doch Eines bitt' ich, Hegio.

Hegio. Sei's was es sei, ich thu' es, wenn's der Sache dient.

Tyndarus.                                                                               So höre denn.
Zwar daß du mich freilassen sollst, eh' er zurückkehrt, will ich nicht;
Doch überlaß mir jenen dort; (auf Philokrates deutend)
                                                ihn send' ich meinem Vater zu;
So wird dein Sohn frei.

Hegio.                                   Nein, da schick' ich lieber einen Andern hin,
Wenn endlich Waffenruhe wird, der dort mit deinem Vater spricht,
Und Alles, was du ihm befiehlst, nach deinem Wunsch bestellen kann.

Tyndarus. Ihm einen Fremden schicken, das ist nichts; verlorne Mühe wär's.
Nein, diesen mußt du schicken; der macht, wenn er hinkommt, Alles recht.
Auch kannst du keinen treuern Mann ihm senden, keinen, dem er mehr
Vertraute, keinen Sklaven, der so sehr nach seinem Herzen ist,
Und dem er dreister deinen Sohn befehlen kann. Sei ohne Furcht.
Für seine Treue will ich dir mit meinem Kopfe Bürge sein;
Auf ihn vertrau' ich; denn er weiß, wie sehr ich ihm gewogen bin.

Hegio. Auf deine Bürgschaft will ich ihn denn schicken, wenn du's willst.

Tyndarus.                                                                                                     Ich will's;
Nur, daß so schnell als möglich er sich auf den Weg dorthin begibt!

Hegio. Und willst du zwanzig Minen mir für ihn erlegen, wenn er nicht
Heimkehren sollte?

Tyndarus.                       Herzlich gern.

Hegio. (zu den Knechten)                         Löst ihm die Fesseln, oder gleich
Den Beiden!

Tyndarus.             O daß alle Götter alle deine Wünsche dir
Gewährten, weil du so mich ehrst, und aus den Banden mich befreist!
    (die Knechte lösen ihm die Fesseln.)
Wohl find' ich's gar nicht lästig, daß an meinem Hals die Kette fehlt.

Hegio. Das Gute, das man Guten thut, das bringt dem Thäter reichen Dank.
Jezt, willst du dorthin senden ihn, sag' ihm, bedeut' ihm, schreib' ihm vor,
Was er dem Vater melden soll. Darf ich ihn rufen?

Tyndarus.                                                                         Ruf' ihn nur!

Hegio. (zu Philokrates, welcher vortritt)
So möge mir's und meinem Sohn gedeih'n und euch!
Dein neuer Herr will, daß du, was dein alter Herr»Dein neuer Herr,« Hegio, »dein alter Herr,« Philokrates.
Von dir bestellt wünscht, pflichtgetreu bestellen sollst.
Auf zwanzig Minen hab' ich ihm dich angesezt.
Er schickt von hier zu deinem Vater dich zurück,
Um auszulösen meinen Sohn, daß so ein Tausch
Mit unsern Söhnen zwischen uns zu Stande kommt.

Philokrates. Gleich sehr nach beiden Seiten ist mein Sinn gewandt,
Zu dir und jenem; als ein Rad gebraucht mich denn;
Ich rolle hierhin oder dort, wohin ihr wollt.

Hegio. So thut dir deine Sinnesart den größten Dienst,
Wenn du die Knechtschaft also trägst, wie sich's geziemt
Tritt her zu mir. (zu Tyndarus)
                          Hier ist der Mensch.

Tyndarus.                                                   Ich danke dir,
Wenn du mir Anlaß bietest und Gelegenheit,
Daß ich nach Hause schicken kann den Boten da,
Der, was ich hier beginne, was ich wünsche hier,
Dem Vater Alles ganz genau berichten kann.
    (zu Philokrates)
Ja, Tyndarus, wir wurden mit einander eins,
Daß du zu meines Vaters Haus nach Elis gehst,
Und daß ich zwanzig Minen ihm erlege, falls
Du nicht zurückkommst.

Philokrates.                         Ei, da habt ihr klug gethan.
Der Vater wird mich oder einen Boten sonst
Von hier erwarten.

Tyndarus.                     Darum merke dir's genau,
Und bring' es meinem Vater heim in's Vaterland.

Philokrates. Was ich that bis diese Stunde, thu' ich auch hinfort mit Fleiß.
Alles, was dir irgend Vortheil schaffen kann, Philokrates,
Das betreib' ich, führ' ich aus mit Herz und Sinn, mit aller Kraft.

Tyndarus. Was dir ziemt, das thust du da. Jezt achte wohl auf mein Gebot:
Meinem Vater und der Mutter bringe meinen Gruß zuerst,
Auch den Freunden und Verwandten, die du sonst vielleicht erblickst;
Daß ich wohl sei, hier im Dienste stehe bei dem besten Herrn,
Der mich stets in hohen Ehren hält und stets gehalten hat.

Philokrates. Brauchst mir das nicht vorzusagen; denk' ich doch leicht selbst daran.

Tyndarus. Denn ich würde frei mich achten, hätt' ich hier den Wächter nicht.
Sage dann, in welcher Art ich wegen seines Sohns mit dem
Mich verglichen.

Philokrates.               Was ich weiß, zu wiederholen, hält nur auf.

Tyndarus. Daß er ihn freiläßt und hierher schickt an unser Beider Statt.

Philokrates. Gut!

Hegio.                   Indeß, so schnell es sein kann; frommt es doch uns Beiden gleich.

Philokrates. Wohl ersehnst du deinen Sohn nicht heißer, als er seinen Sohn.

Hegio. Jedem ist der seine lieb, mir meiner.

Philokrates. (zu Tyndarus)                             Meld' ich sonst noch was
An den Vater?

Tyndarus.               Daß die Eintracht unter uns kein Streit getrübt,
Daß du niemals was verbrochen, noch ich dir mich widersezt,
Daß du, selbst in Noth und Drangsal, deinem Herrn willfährig warst,
Daß du nie von mir gewichen, nicht im Wort noch mit der That,
Bei Gefahren und in Mangel. Wenn der Vater dies erfährt,
Tyndarus, wie du gesinnt warst gegen seinen Sohn und ihn,
Wird er nimmerdar so karg sein, nein, er läßt umsonst dich frei.
Und er thut dies noch gewisser, (komm' ich heim,)s von mir bestimmt.
Deinem Eifer, deiner Treue, Männlichkeit, Entschlossenheit,
Dank' ich's ja, daß ich zu meinen Eltern wiederkehren darf,
Da du dem hier mein Geschlecht und meinen Reichthum offenbart.
Also machte deine Klugheit deinen Herrn der Bande frei.

Philokrates. Wie du sagst, so that ich, und es freut mich, daß du dessen so
Eingedenk bist. Was ich that, verdientest du, Philokrates.
Wollt' auch ich erzählen, wie viel Gutes du gethan an mir,
Ginge mir der Tag vorüber. Wärest du mein Sklave selbst,
Hätt'st du mir nicht treuer folgen können.

Hegio. (für sich)                                               Bei der Götter Treu!
Welche Menschen, welcher Edelmuth! Es preßt mir Thränen aus.
Wie sich die so herzlich lieben! Welches Lob gab hier der Knecht
Seinem Herrn!

Philokrates.           Und traun, er lobt mich nicht ein Hunderttheil von dem,
Was er selbst um mich verdient hat, laut von mir gelobt zu sein.

Hegio. Da du dich so wacker hieltest, ward dir heut Gelegenheit,
Dein Verdienst dadurch zu krönen, daß du dem dich treu bewährst.

Philokrates. Besser kann mein Wille nicht sein, als die That ihn zeigen soll.
Daß du's glaubst, ruf' ich den höchsten Zeus für mich als Zeugen an,
Daß ich dem Philokrates nicht ungetreu sein werde –

Hegio.                                                                                   Bravo!

Philokrates. Und für ihn hinfort nicht anders handeln will, als für mich selbst.

Tyndarus. Was du da gesagt, erprobe durch die That, durch Werke nun.
Doch ich will von dir noch Andres, was ich dir noch nicht gesagt.
Höre denn; der Worte wegen darfst du mir nicht böse sein.
Nein, bedenke wohl, du wirst auf mein gegebenes Wort von hier
Heimgesandt, ich habe selbst mein Leben eingesezt für dich.
Und vergiß mein nicht, sobald du meinem Auge dich entrückt,
Da du mich statt deiner hier als Knecht zurückgelassen hast,
Noch betrachte dich als Freien, laß dein Pfand hier nicht im Stich,
Und betreib' es, daß an meiner Statt zurückkehrt dessen Sohn.
Wisse, daß um zwanzig Minen du geschäzt von hinnen gehst.
Sei getreu dem, der getreu ist; achte nicht die Treue leicht.
Alles, weiß ich, thut der Vater, was ihm hier zu thun gebührt.
Bleibe stets mein Freund, und sei es diesem auch,
    (auf Hegio deutend)                                               dem neuen Freund.
Darum fass' ich deine Rechte, flehe dich bei dieser an,
Sei mir niemals ungetreuer, als ich dir's gewesen bin.
Thu das Deine: bist du doch mein Herr, mein Schuz, mein Vater jezt.
Dir befehl' ich all mein Hoffen, all mein Gut.

Philokrates.                                                           Genug davon!
Führ' ich aus, was du mir auftrugst, bist du dann zufrieden?

Tyndarus.                                                                                     Ja.

Philokrates. Komm' ich wieder, bring' ich, was ihr Beide wünscht, was Beide freut.
Willst du sonst was?

Tyndarus.                         Daß du recht bald wiederkehrst.

Philokrates.                                                                           Versteht sich doch.

Hegio. Folge mir zum Wechsler, dort empfängst du dann dein Reisegeld;
Und zugleich besorg' ich dir den Paß vom Prätor.

Tyndarus.                                                                     Welchen Paß?

Hegio. Den er gleich in's Lager mitnimmt, daß man heim ihn ziehen läßt.
Geh hinein!

Tyndarus. (zu Philokrates)
                    Nun reise glücklich!

Philokrates.                                         Lebe wohl!
    (Tyndarus geht in's Haus)

Hegio. (für sich)                                                       Jezt hab' ich's doch
Wahrlich wohl getroffen, als ich die Gefangnen hier gekauft.
Aus der Knechtschaft hab' ich meinen Sohn erlöst, wenn Gott es will.
Und doch säumt' ich lange noch, sollt' ich sie kaufen oder nicht.
    (zu den anderen Sklaven)
Drinnenden bewacht mir»Drinnen den bewacht mir.« Hegio meint den Tyndarus, den er für den Philokrates hält. , Bursche, daß er aus dem Hause mir
Keinen Schritt geht ohne Wächter! Werde bald zu Hause sein,
Will nur noch zum Bruder gehen, nach den andern Sklaven seh'n,
Dort erfrag' ich auch, ob Einer nicht den jungen Menschen kennt.
    (zu Philokrates)
Folge mir, damit du fortkommst: dies muß jezt mein Erstes sein.
    (geht mit Philokrates ab.)


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