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Fünfzehntes Kapitel.

Von dem erbitterten Kampfe der acht Ritter um die Freiheit der Königin; und wie die Königin frei kam und die Maurenritter den Tod fanden. Und anderes mehr, was sich ereignete.

 

Trauer und schwankender Zweifel waren in Granada; denn die Frist war verstrichen, welche man der schönen Königin gesetzt hatte, um vier Ritter zu ihrer Verteidigung zu stellen. Und da der Tag zur Küste ging, suchten viele Ritter zu verhindern, daß die Sache darüber hinaus betrieben würde, weil die Königin keine Verteidiger gestellt hatte, und viele der vornehmsten redeten dem Könige zu, sich mit der Königin auszusöhnen und den Worten der Zegri nicht weiter zu glauben. Aber so sehr sie sich bemühten, vermochten sie doch beim Könige nichts auszurichten, denn die Ankläger wichen nicht von seiner Seite, um ihrer Verleumdung den Schein der Wahrheit zu geben. So gab der König zur Antwort, daß die Königin den ganzen folgenden Tag über sich Verteidiger suchen solle, und wofern sie keine fände, solle sie verbrannt werden; und waren bei aller Mühe nicht imstande, ihn auf bessere Gedanken zu bringen. Solcher Art wurde alsbald auf sein Geheiß ein großes Holzgerüst auf dem Bivaramblaplatze errichtet für die Königin und die Richter, welche über ihren Fall zu befinden hatten. Von diesen war der eine Musa, ob es schon sein Bruder nicht gewünscht hatte; und mit Musa saßen zwei vornehme Ritter zu Gericht, der eine ein Azarque, ein Aldoradin der andere, und waren einer wie der andere der Königin geneigt und entschlossen, sie in allem und jedem zu begünstigen. Das Gerüst wurde mit schwarzen Tüchern verhangen. Die Richter selbst aber begleitete die Blüte der Ritterschaft von ganz Granada. Sie stiegen hinaus zur Alhambra, um die schöne Königin in die Stadt zu geleiten und auf das Gerüst, von dem ihr gehört habt. Um dieser Dinge willen hub die Stadt an unruhig zu werden. Viele waren entschlossen, hinauszuziehen und die Königin zu entführen und zu befreien, den König Chico aber um des offenbaren Frevels willen, den er beging, zu ermorden, sich seiner Schätze zu bemächtigen und seinen Palast in Brand zu setzen. So dachten alle Almoradi und Mazin, und zu ihnen gesellten sich die Alabez, die Aldoradin, die Gazul und Vanega. Aber sie ließen sich ihre Absicht ausreden, denn ob die Königin so schon der Gefahr entronnen wäre, würde sie doch Einbuße an ihrer Ehre und schlimmere Schmach als zuvor erlitten haben; denn es würde immer heißen, daß man sie befreit habe, und habe es nicht zum Kampfurteil kommen lassen, damit die Wahrheit im Dunkel bliebe. Solches aber würde für ihre Ankläger gesprochen und ihnen die Ehre gelassen haben, und ihre falsche Anklage würde gerechtfertigt erscheinen. Aus diesem Grunde ließen sie von ihrem Vorsatz ab und vertrauten auf Gott, daß er die Königin frei und mit aller Ehre aus dem Gerichte würde hervorgehn lassen. Als nun die Richter von zahlreicher Ritterschaft begleitet zur Alhambra kamen, wollte sie der alte König Mulehazen nicht einlassen und sagte, daß die Königin ihnen nichts schulde, und würde nicht zugeben, daß sie sie mit sich nähmen. Der edle Nusa und die andern Ritter sprachen darwider, daß es gut wäre für die Königin, sich dem Gerichte zu unterwerfen, denn am Ende würde sie frei werden und ihre Ehre wieder hergestellt und reiner denn zuvor; wenn sie sich ihm aber nicht unterwürfe, behielten die Ankläger ihre Ehre. Dieses und anderes mehr sagten sie dem Könige Mulehazen, damit er darein willigte, daß die Königin mit ihnen ginge und sich dem angesetzten Kampfurteil unterwürfe. Der König fragte sie, ob die Königin schon Ritter hätte, die sie verteidigen würden; und Musa antwortete ja, und wenn es an ihnen fehlen sollte und fände sich kein Ritter zu ihrer Verteidigung, so wolle er selbst für sie einspringen. Damit ließ der König sie eintreten; und es gingen hinein Musa und die anderen Richter; und alle andere Ritterschaft blieb zurück vor der Alhambra und wartete auf die Königin. Wie Musa in das Gemach der schönen Königin kam, fand er sie im Gespräche mit Zelima und ohne Furcht vor dem, was ihrer wartete; denn ob sie schon wußte, daß an diesem Tage ihre Frist ablief, verließ sie sich doch darauf, daß Don Juan Chacon ihr sein Wort halten würde, und war voll Trost und unbedrückt, weil sie sich in diesem völlig schuldlos wußte. Hatte gleichwohl ihre Rechnung abgeschlossen, daß sie sterben wolle, wofern Don Juan Chacon ausbliebe und sie keinen Ritter zu ihrer Verteidigung finden würde; und wenn sie als Christin stürbe, so wäre solches nicht ein Ende ihres Lebens, sondern der Anfang: in diesen Gedanken fand sie Trost und Zuversicht, mehr als ein anderes Weib auf Erden. Als sie aber Musa mit den Richtern, die ihn begleiteten, kommen sah, vermutete sie alsogleich wozu sie kamen; und es übermannten sie nun doch Angst und Schmerz, aber mit männlichem Herzen nahm sie sich zusammen, so sehr sie es imstande war, um keine Schwäche zu zeigen. Als der edle Musa mit den anderen vor die Königin und die schöne Zelima trat, erwiesen sie jener die gebührende Ehrfurcht, und Musa hub an zu sprechen: Ein schweres Versäumnis hat Eure Hoheit begangen, da sie nicht Ritter benannte und ausersah, welche heut an diesem Tage, mit dem die Frist abgelaufen ist, für sie eintreten. – Bekümmert Euch nicht um deswillen, Herr Musa, antwortete die Königin, denn es wird nicht an Rittern fehlen, die mich verteidigen, und ich vertraue auf Gott und seine jungfräuliche Mutter, daß ich meine Feinde heute überwunden und am Boden sehen werde. Solcher Art mag der König beginnen, was ihm gut dünkt. Und wenn sie ausblieben und ich den Tod erlitte und durch ihn Leben und Königreich verlieren sollte, werde ich dem böswilligen Könige und meinen giftgeschwollenen Feinden zum Trotz leben und herrschen in einem besseren Reiche als dieses ist, und dort ein schöneres Leben haben als hier. – Verwundert über ihre Worte entgegnete Musa: Alles Gute, was Euere Hoheit zufällt, wird mich und alle anderen von Herzen freuen. Für die Gegenwart aber ist es erforderlich, daß Euere Hoheit einigen Verdruß und Schimpf über sich ergehen läßt, damit die Ehre hinterdrein glänzender und reiner strahle; wie Gold in Feuer getan wird, um aus ihm schöner und geläuterter hervorzugehn. Zu diesem sind wir, ich und diese Ritter, gekommen, um Euere Hoheit in die Stadt zu geleiten, wo heut das Gold der Ehre zu reinster Kostbarkeit geläutert werden soll. Und wenn Euere Hoheit keinen Ritter haben sollte, so weiß ich, daß vier und sechs und tausend und zweitausend da sind, die Euere Unschuld verteidigen werden, und ich zu allererst. Dazu mag Euere Hoheit wissen, daß ich einer der Richter bin, und die Ritter hier, die mit mir gekommen sind, sind die andern und werden alle tun, was ich tue und will und gebiete. So verschleiere sich Euere Hoheit und komme mit uns; denn am Tore des Palastes wartet eine Sänfte auf Euere Hoheit und Zelima, die Euch begleiten mag. – Brechen wir denn freien Herzens auf, sagte die Königin, und mit mir nehmen will ich noch meine Dienerin Esperanza, die ich sehr liebe, und wünsche, daß sie mich an diesem Tage mit Zelima zusammen begleite. – Sprach es und erhob sich und Zelima und Esperanza mit ihr, und gingen in ein anderes Gemach und kleideten sich alle drei in Schwarz, daß es ein Jammer war, sie in ihrem Elende zu sehen, besonders die Königin. Kamen aus dem Gemache, und die Königin sprach zu Musa: Herr Musa, tut mir die Liebe an und nehmt den Schlüssel zu diesem Gemache an Euch; und wenn ich zum Tode verurteilt werden sollte und sterben müßte, so gebt alles, was darin ist, meiner Dienerin Esperanza und laßt sie frei, denn ich schenke ihr die Freiheit, weil sie eine Jungfrau ist, die sie verdient, und hat mir viele und gute Dienste erwiesen. – Solches vermochte die Königin nicht zu sagen, ohne in strömende Tränen auszubrechen, und mit ihr weinten Musa und die anderen Ritter, ohne es verbergen noch verhindern zu können. Vermochten kein Wort weiter zu sagen, nahmen sie am Arme und führten sie so unter Tränen aus dem Palaste, vor welchem eine Sänfte für die Königin bereit stand, die innen und außen die Farbe der Trauer zeigte. Die Königin und Zelima und Esperanza stiegen hinein; und nachdem die Fenster verhüllt waren, brachen sie auf und stiegen hinab von der ruhmvollen Alhambra, vor deren Toren viele vornehme Ritter warteten, unter ihnen die Alabez und Gazul, die Aldoradin und Vanega und viele andere edle Geschlechter, die Almoradi, Verwandte der Königin, und die Mazin. Alle trugen Trauergewänder, und es war ein klägliches Schauspiel, so edle Ritterschaft in solcher Betrübnis zu sehn. Aber unter den schwarzen Wamsen und Mänteln trugen sie alle gute und starke Waffen und gedachten, an diesem Tage mit den Gomel und Zegri und Naza abzurechnen, wenn es nötig werden sollte. Und sicherlich wäre an diesem Tage, wofern es nicht um die Ehre der Königin gegangen wäre, Granada zugrunde gegangen, so entschlossen waren sie. Desselbigengleichen trugen die Zegri und Gomel und Maza mit allen, die zu ihnen hielten, voll Argwohn unter ihren Wämsen und Mänteln gute Waffen, um ihren Frevel durchzuführen und bereit zu sein, falls die Gegner sie angreifen sollten. Niemals war Granada in allen seinen Zwistigkeiten und inneren Kriegen und Feindschaften dem völligen Untergange so nahe, wie an diesem Tage. Aber es war Gottes Wille, daß er ohne Unheil und Aufruhr enden sollte, wie wir erzählen wollen. Als die Sänfte, in welcher die Königin saß, die Alhambra verließ, umgaben sie alle Ritter voller Trauer und begleiteten sie und bezeigten tiefen Schmerz und weinten aus Mitleid, solcher Art, daß es schmerzlich war, ein so klägliches Schauspiel anzusehen. Als aber die ganze Ritterschar durch die Gomelstraße kam, drängten sich die Frauen und Mädchen an den Fenstern und weinten bitterlich über das Unglück der Königin, so daß das Schluchzen der Weiber und Kinder die ganze Stadt erfüllte und aufbrachte; und fluchten laut dem Könige und verwünschten die Zegri. Solcher Art gelangte die Königin in den Zakatin, und die Trauer und das Weinen und Schluchzen nahmen zu, und war nichts weiter in Granada als Jammer und Klagen und Unwillen. So kam die Königin auf den Bivaramblaplatz, und die Sänfte wurde nahe an dem Gerüst niedergesetzt und ihre Türen und Fenster geöffnet. Und führten die bejammernswerte unglückliche Königin und die schöne Zelima und Esperanza de Hita und brachten sie durch die Fenster eines Hauses hinauf auf das Gerüst. Oben aber war ein erhöhter Platz, mit schwarzen Tüchern verhangen; dort nahm die arme Königin Platz und neben ihr die schöne Zelima und ihre Dienerin Esperanza de Hita zu Füßen der Königin, wer vermöchte den Jammer zu beschreiben, der auf dem ganzen Platze sich erhob, als man der schönen Königin in schwarzem Trauergewande, vom Unglück so bitterlich verfolgt, ansichtig ward. Alle Fenster und Balkone und flachen Dächer waren gedrängt voll Volkes. Und gab keinen unter ihnen, der nicht aus tiefem Mitleid weinte. Am Ende des Gerüstes auf einer anderen Erhöhung nahmen die Richter Platz, um über den Fall der Königin zu befinden. Nach einer Weile vernahm man aus einer Straße Kriegstrompeten, und da man aufmerksam hinsah, was es sein möchte, waren es die vier Ankläger der Königin, und kamen wohl bewaffnet und zum Kampfe gerüstet auf kräftigen Pferden. Ueber der Rüstung trugen sie prächtige grüne und maulbeerfarbene Mäntel und Büsche und Federn von gleicher Farbe. Sie führten als Abzeichen auf den Schilden ein blutiges Schwert mit einer Umschrift, welche lautete: Für die Wahrheit vergossen. Solcher Art kamen die vier Platzhalter des Frevels, von allen Zegri und Gomel und Maza und den übrigen, die zu ihnen hielten, begleitet; gelangten an einen geräumigen abgeschränkten Platz nahe am Gerüste, der war so groß, wie eine gute Rennbahn für Pferde, so lang als breit; und nachdem eine Tür auf diesen Platz geöffnet war, ritten die vier hinein, nämlich Mahomad Zegri, der Hauptanstifter des Frevels, ein Vetter väterlicherseits von ihm, namens Hamete Zegri, und Mahardon Gomel und sein Bruder Mahardin. Und während sie einzogen, erscholl bei den ihren laute und mannigfache Musik von Hörnern und Flöten. Alle aber, die zu ihnen standen, stellten sich zur linken Hand des Gerüstes auf; denn zur anderen sammelten sich die Almoradi zornig und voll Erbitterung und brannten darauf mit ihren Feinden abzurechnen; aber um der angeführten Gründe willen hielten sie sich ruhig und warteten ab, was das Schicksal in diesem Falle beschließen möchte. Dieses war um die achte Stunde des Morgens; und schon war es die zweite nach dem Mittage, und war kein Ritter erschienen, um für die Königin einzutreten. Und alle nahmen es als ein schlimmes Zeichen und wußten nicht, was die Ursach war, und entsetzten sich für die Königin, weil sie sich nicht nach Rittern umgesehen hatte zur Verteidigung ihrer Sache. Desgleichen ward auch die Königin selbst sehr traurig, weil Don Juan Chacon so lange verzog, auf welchen sie nächst Gott ihre Hoffnung gesetzt hatte; und wußte nicht, wem sie die Schuld an seinem Ausbleiben zuschreiben sollte. Sah, daß er nicht kam, und machte sich auf den Tod gefaßt, denn sie gedachte als Christin zu sterben. Unter diesem traten der kühne Malique Alabez und ein ruhmvoller Maure namens Aldoradin und zwei andere seines Geschlechts an das Gerüst heran und sagten mit lauter Stimme, so daß die Königin und die Richter es hören konnten, sie wollten, wofern die Königin einwillige und ihre Zustimmung, gäbe, den Kampf für sie bestehen. Die Königin gab zur Antwort, daß ihre Zeit noch nicht abgelaufen sei, und wolle noch zwei Stunden warten; wenn dann die Ritter noch nicht gekommen seien, auf die sie rechne, wäre sie es froh, daß sie den Kampf für sie aufnähmen. Der kühne Malique Alabez und die andern, die sich erboten hatten, kehrten auf ihren Platz zurück und warteten der Dinge, die kommen sollten. Aber es verging keine halbe Stunde, da vernahm man vom Bivaramblatore einen Aufruhr und wirren Lärm; und alles Volk wandte den Kopf, um zu sehn, was es sein möchte, und sahen, wie fünf Ritter, trefflich bewaffnet in türkischer Tracht auf starken Pferden, durch das Bivaramblator einritten, vier in türkischer Tracht und einer in maurischer, in welchem alle alsbald den mutigen Gazul erkannten. Die vier Türken kannte keiner, denn man hatte sie niemals gesehen; und alles Volk auf dem Platze lief zusammen, um sie zu betrachten. Alle staunten über ihre gute Haltung und kühne Miene und sprachen, untereinander, daß sie in ihrem Leben niemals Ritter von besserem Aussehen erblickt hätten. Und um zu hören, was sie wollten, und zu erfahren, ob sie zur Verteidigung der Königin kämen, eilten alle auf sie zu.

Alle Ritter, die zur Königin hielten, gaben dem herzhaften Gazul Willkomm, am fröhlichsten seine Verwandten, welche zahlreich waren, und fragten ihn, ob er jene Ritter kenne, die mit ihm gekommen wären. Der antwortete nein, sondern habe sie in der Ebene getroffen. Damit kamen sie zum Gerüste, wo die Königin war und die Richter, welche sich verwunderten, als sie die türkischen Ritter kommen sahen, und wünschten die Ursach ihres Kommens zu erfahren. Als die Türken an das Gerüst gekommen waren, betrachteten sie es aufmerksam und erblickten die Königin in solcher Not, daß sie ein Mitleid und herzliches Erbarmen ankam. Wandten den Blick nach allen Seiten und sahen den ganzen Bivaramblaplatz gedrängt voll Volkes und wurden des großen Platzes gewahr, den man zum Kampfe hergerichtet hatte, und der vier Ankläger der Königin in den Schranken. Als sie dieses alles gesehen hatten, trat Don Juan Chacon, erstaunt über die Volksmenge, nahe an das Gerüst heran und fragte die Richter auf türkisch, ob er zwei Worte mit der Königin sprechen dürfe. Die Richter antworteten, sie verstünden ihn nicht, er solle Arabisch sprechen. Da wiederholte Don Juan Chacon seine Worte auf Arabisch und fragte abermals, ob er mit der Königin sprechen dürfe. Der edle Musa aber, welcher der Königin alles Gute wünschte, antwortete mit ja, er möge getrost heraufkommen. Der wackere Don Juan Chacon stieg, ohne zu zaudern, auf das Gerüst hinauf über eine Treppe, welche dort angebracht war. Stand oben und verbeugte sich vor den Richtern, ging zur Königin und sprach laut, daß die Richter ihn verstanden, zu ihr folgendermaßen: Vom Seesturm, königliche Frau, an die Küste des spanischen Meeres verschlagen, nahe bei dem benachbarten Hafen Malagas und von dort gekommen mit dem Wunsche, die Schönheit dieser hoch berühmten Stadt Granada zu sehen, zogen wir heut morgen durch die liebliche Ebene und erfuhren dort von dem herben Geschick, welches Euch betroffen hat, und daß Ihr keine Ritter hättet, Euch zu verteidigen. Desselbigengleichen vernahmen wir, daß Ihr nicht gerne seht noch zugeben wollt, daß Mauren für Euere Sache eintreten, sondern vielmehr Christen.

Ich und meine drei Gefährten sind Türken: Janitscharen, Söhne von Christen, und es jammert uns Eueres Unglücks, und voll Mitleid mit Eurer Unschuld kommen wir, Euch unsern Dienst anzubieten, und sind willens für Euch den Kampf mit den vier Rittern, die dort unten warten, aufzunehmen. Wenn es Euch zusagt, so gebt uns Erlaubnis und legt Euere Sache in unsere Hand, denn ich stehe für mich und meine drei Gefährten ein, daß wir alles tun werden, was möglich ist, bis zum Tode. – Während der edle Don Juan solches sprach, hielt er den Brief der Königin in der Hand und ließ ihn wie versehentlich in den Schoß der Königin fallen, ohne daß ein anderer es gewahr ward. Und Gott fügte es, daß der Brief mit der Aufschrift nach oben fiel. Die Königin aber senkte den Blick auf ihren Schoß, um zu sehen, was den Händen des Türken entglitten war, und erblickte den Brief, und sobald sie ihn sah, erkannte sie ihre Schrift, und daß dieses der Brief war, welchen sie an den Herrn von Cartagena geschrieben hatte. Und alsbald verfiel sie auf die Bedeutung und klug, wie sie war, verdeckte sie insgeheim den Brief, damit niemand seiner gewahr wurde. Blickte ihre Dienerin Esperanza de Hita an und bemerkte, wie die Don Juan aufmerksam betrachtete, denn sie hatte ihn allbereits erkannt; wandte sich zur Königin und gab ihr insgeheim ein Zeichen mir den Augen; und die, versichert und überzeugt, daß es Don Juan Chacon war, und voll Verwunderung über seine gute Verkleidung, antwortete ihm solchermaßen und hob die Augen ein wenig, um ihm ins Gesicht zu sehen, denn bislang hatte sie sie zu Boden gesenkt: Wahrlich, Herr Ritter, ich habe bis jetzt gewartet, ob einer für mich diese Aufgabe auf sich nehmen wollte, und gewisse Ritter, denen ich geschrieben hatte, sind ausgeblieben, und kenne den Grund ihres Zögerns nicht und sehe, daß der Tag sich neigt, ohne daß etwas zum Beweise meiner Unschuld geschieht. So lege ich denn meine Sache in Euere Hände und in die Euerer Gefährten, damit ihr mich verteidigt. Und seid versichert, daß Verleumdung ist, wessen man mich beschuldigt, und leiste darauf jeden Eid, den meine schwere Not erfordert. – Als er dieses gehört hatte, rief der edle Don Juan die Richter herbei, damit sie wohl verstünden, was die Königin sagte. Die Richter hörten es und ließen den Akt niederschreiben, und die Königin mußte ihn bekräftigen und setzte mit leichtem Herzen ihren Namen darunter. Dann stieg der edle Don Juan Chacon, nachdem er noch der Königin die gebührende Ehrerbietung erwiesen, von dem Gerüste und ging dorthin, wo seine drei Gefährten auf ihn warteten und mit ihnen der wackere Gazul, welcher ihm sein Pferd am Zügel hielt. Der schwang sich hinauf, ohne den Fuß in den Bügel zu setzen und rief: Ihr Herren, unser ist der Kampf! Nun laßt uns zusehen, daß er sogleich beginne, ehe es noch später wird! – Alle Ritter, die zur Königin standen, kamen herbei und umringten voll Freude die vier wackeren Gesellen mit tausend Angeboten und baten sie, im Kampfe alles aufzuwenden, was in ihrer Macht stünde; die kühnen Ritter versprachen es ihnen. Und die Schar begleitete sie über den ganzen Platz in großer Freude und ließen Flöten und Trompeten herbeikommen, und bei ihrem Schall wurden die türkischen Ritter durch ein anderes Tor als jenes, durch das ihre Gegner eingetreten waren, in die Schranken gelassen. Und als sie darinnen waren und einen Eid abgelegt hatten, daß sie ihre Schuldigkeit tun würden oder sterben, wurden die Schranken geschlossen. Während dieser ganzen Zeit hatte Malique Alabez die Augen nicht von Don Manuel Ponce de Leon abgelassen, denn ihn däuchte, als habe er ihn schon gesehen, aber vermochte sich nicht zu entsinnen, wo, und sprach zu sich selber: Hilf mir Gott, wie gleicht dieser Ritter dem Don Manuel Ponce de Leon! – Dem Gesichte nach schien er es ihm zu sein, aber die türkische Tracht beirrte ihn; er blickte das Pferd an, und es schien ihm Don Manuels, das er selbst ehemals in seinen Händen gehabt hatte. So trug sich der wackere Malique Alabez mit Zweifeln, ob es jener sein möchte oder nicht; trat an einen Ritter von den Almoradi, einen Oheim der Königin, heran und sprach zu ihm: Wenn jener Ritter auf dem schwarzen Pferde der ist, den ich vermute, wofern ich mich nicht irre, so glaubt mir, ist die Königin so gut wie frei. – Der Almoradi antwortete ihm: Wer ist es? Kennt Ihr ihn etwa! – Ich weiß es nicht, entgegnete Alabez, später will ich's Euch sagen. Sehen wir jetzt zu, wie es ihnen im Kampfe ergeht. – Sprach es und hatten acht auf die Ritter, welche dabei waren, ihre Schilde aus den Ueberzügen zu nehmen, in denen sie staken; und waren von einer bestimmten Form, wie sie bei den Türken üblich ist, dazu sehr stark und kostbar. Jetzt aber möchte es an der Zeit sein, zu erzählen, von welcher Farbe die türkischen Gewänder der vier Ritter waren, denn bislang haben wir nichts davon gesagt. Ihre vier Wämser waren blau, von der Farbe des Himmels, aus feinstem Tuche und mit Fransen aus feinem Silber und Gold und von prächtiger Arbeit besetzt. Desselbigengleichen trugen sie blaue Mäntel aus edler Seide. Die Ritter trugen jeder einen Turban aus kostbarem Haubenstoff mit einem Bande aus feinstem Golde und anderen aus feiner blauer Seide umwunden; und war keines dabei, das nicht ein gut Stück Geld gegolten hätte. Die Turbane waren von seltsamer Form, solcher Art, daß sie nicht aufgingen, auch wenn sie zu Boden fielen, und leichtlich aufgesetzt und abgenommen werden konnten, ohne sich zu öffnen. Ueber den Turban hinaus ragte eine kleine Spitze des Helms, auf dem er saß, und zierlich auf dieser befestigt ein kleiner goldener Halbmond. Jeder hatte einen prachtvollen Helmbusch aus blauen, grünen und roten Federn mit vielen goldenen Zieraten. Die Lanzenfähnchen waren blau und führten dieselben Wappenzeichen und Devisen, wie ihre Schilde. Es hatte Don Juan Chacon auf seinem Lanzenfähnchen eine goldene Lilienblüte und desselbigengleichen auf seinem Schilde im Wappenviertel einen Wolf in grünem Felde; der Wolf aber zerfleischte an diesem Tage einen Mauren. Ueber dem Wolfe stand ein blaues Feld, von der Farbe des Himmels, und darin eine goldene Lilienblüte. Um den Rand des Schildes lief eine Inschrift, die lautete: Um seines Frevels willen wird er verschlungen. Und besagte, daß jener Wolf den Mauren für seine Schlechtigkeit und seines falschen Zeugnisses halber verschlang, welches er gegen die Königin abgelegt hatte. Der heldenmütige Don Manuel Ponce führte auf seinem Schilde den reißenden Löwen seines Wappens in blauem Felde. Doch nicht den Balken von Aragonien hielt der goldene Löwe an diesem Tage, sondern hatte einen Mauren unter den Pranken und zerfleischte ihn. Und eine Inschrift lief ringsum, die lautete:

Schlimmres Schicksal sollte den verderben,
Der der Wahrheit frech die Stirne bot.
Ihm ist es ein allzu milder Tod,
Unter eines Löwen Pranken sterben.

Auf dem Lanzenfähnchen, welches desgleichen blau war, stand ebenfalls ein goldener Löwe. Der ruhmreiche Don Alonso de Aguilar wollte an diesem Tage kein Viertel seines eigenen Wappens führen, weil es zu bekannt war, sondern hatte auf dem Schild in rotem Felde einen schönen, prachtvoll gearbeiteten Adler mit ausgebreiteten Schwingen, als flöge er zum Himmel auf; und in den starken Fängen trug er das Haupt eines Mauren, und das Blut strömte aus den Wunden unter den Fängen des Adlers. Dieses Abzeichen führte Don Alonso um seines Namens Aguilar willen. Eine Inschrift lief ringsherum in schöner Arbeit, welche lautete:

Soll es bis zum Himmel tragen,
Daß es um so tiefer falle:
Und sein Schicksal treffe alle.
Die gleich ihm zu freveln wagen.

Denselben goldenen Adler, wie auf dem Schilde trug der edle Ritter auf seinem Lanzenfähnchen. Der wackere Pagenhauptmann führte als Abzeichen auf dem Schilde in weißem Felde ein Schwert mit blutigen Schneiden. Aus Gold war das Kreuz des Stichblatts, und auf der Spitze, die nach oben gekehrt war, stak das Haupt eines Mauren, und Blutstropfen schienen aus der Wunde zu fallen; und herum lief eine arabische Inschrift, welche lautete: Des Schwertes Schärfe wird die Wahrheit offenbaren und die Königin befreien. Sehr verwunderten sich alle Ritter ringsum, die der einen Seite, wie die der andern, über die kühnen Mienen der vier und mehr noch, als sie der Abzeichen auf ihren Schilden ansichtig wurden, denn unzweideutig war aus ihnen zu ersehen, daß jene vorsätzlich und mit festem Entschluß gekommen waren, denn die Devisen und Inschriften auf ihren Schilden bezeugten es, wie auch, daß die Königin sie im voraus zu ihrer Verteidigung ausersehen hatte. Aber sie verwunderten sich, wie jene in so wenigen Tagen aus so fernem Lande hatten kommen können; dachten indessen, daß es in jener Zeit zur See wohl möglich sein möchte, und sorgten sich nicht weiter darum, das wie zu ergründen, sondern warteten gespannt auf den Ausgang des Kampfes. Der edle Musa und die anderen Richter staunten über die Devisen, und Musa verließ das Gerüst, um sich ihres Anblicks besser erfreuen zu können, forderte ein Pferd von seinen Dienern, welches ihm alsbald gebracht wurde, und befahl dem einen, ihm sogleich Lanze und Schild zu holen und sich damit nahe beim Gerüste zu halten für den Fall, daß er ihrer bedurfte, denn mit allem anderen hatte er sich vorbedacht versehen. Die andern Richter blieben bei der Königin, die aber sprach zu ihrer Dienerin Esperanza: Sag mir' Freundin, hast du acht gegeben auf den Ritter, welcher heraufkam, um mit mir zu sprechen? Kennst du ihn vielleicht? – Wohl habe ich ihn erkannt, antwortete Esperanza, es ist Don Juan Chacon, von dem ich Euch gesprochen habe; und ob sie schon verkleidet gekommen sind, erkannte ich ihn doch sofort. – Jetzt darf ich sagen, antwortete die Königin, daß meine Befreiung und die Rache an meinen Feinden gewiß sind! – Der edle Musa aber saß schon zu Pferde und ritt an den Kampfplatz heran auf jener Seite, wo die vier Christenritter waren, um sich ihres Anblicks besser zu erfreuen. Bei ihm war der wackere Malique Alabez und der tapfere Gazul, und alle anderen Ritter drängten sich rings um die Schranken. Unter diesem hatten die vier unerschrockenen Christen, ohne von einem erkannt zu sein, die Ueberzüge von den Schilden genommen, wie ich erzählt habe, und ihre prächtigen Mäntel seitwärts auf dem Platze niedergelegt. Der edle Pagenhauptmann ritt sein Pferd über den Platz in so kühner Haltung, daß alle ihre Lust daran hatten und sicher waren, daß er im Kampfe wacker seinen Mann stehen würde. Zügelte sein Pferd und ritt Schritt vor Schritt auf die vier Ankläger zu und rief nahe bei ihnen mit lauter Stimme, so daß alle es vernahmen: Sagt, Herren Ritter, warum habt ihr so ohne allen Grund euere Königin verklagt und Schmach auf ihre Ehre geworfen? – Mahomad Zegri, welcher der vornehmste unter den Anklägern war, entgegnete: Wir haben es getan, weil es die Wahrheit ist und um der Ehre unseres Königs willen! – Der kühne Hauptmann antwortete ihm voll Zornes: Wer immer das sagt, lügt in seinen Hals hinein und ist ein Schuft und kein Ritter, und soll ihn keiner als solchen nehmen! Und da wir bereit sind, die Wahrheit ans Licht zu bringen, so macht euch alle fertig zum Kampfe, ihr Verräter, denn heute sollt ihr sterben und bekennen, daß ihr gelogen habt! – So rief der kühne Don Diego Fernandez von Cordova, nahm die Lanze quer und versetzte mit ihrem Ende dem Zegri einen wuchtigen Schlag auf die Brust, so daß der sich böse getroffen fühlte. Und hätte er ihn mit der Spitze getroffen, statt mit dem Ende, so würde er ihn ohne Zweifel durchbohrt haben, auch wenn er noch schwerer gerüstet gewesen wäre. Als der tapfere Zegri sich solcher Art Lügen strafen hörte und den heftigen Stoß verspürte, spornte er alsogleich als ein kraftvoller und beherzter Mann, denn das war er, obschon ein Verräter, wuchtig sein Pferd auf den Hauptmann und gedachte ihn zu treffen. Aber der wackere Hauptmann, geschickt im Waffenhandwerk und in Kampf und Scharmützel erfahren, hatte in Eile den notwendigen Raum gewonnen und tummelte sein kraftvolles Pferd über das Feld, wandte sich aufs neue gegen den Mauren, der auf ihn einsprengte, und begannen untereinander voll Kühnheit und Mut zu plänkeln. Als die Hornbläser dieses sahen, begannen sie zu blasen und gaben das Zeichen zum Kampfe. Und alsogleich ritten auch die anderen ungestüm und entschlossenen Herzens aufeinander ein. Dem heldenmütigen Ponce de Leon fiel Alihamete Zegri zu, ein wackerer Maure von großer Kraft; dem Don Alonso Mahardon, desselbigengleichen ein herzhafter und starker Ritter. Auf Don Juan Chacon kam Mahardin, Mahardons Bruder und war so tüchtig im Kampfe wie die anderen drei.

Und da nun ein jeder den Gegner vor sich hatte, mit dem er kämpfen sollte, huben sie untereinander heftig zu scharmützeln an, ritten aufeinander ein und trennten sich, um sich aufs neue anzugreifen, und bewiesen, daß sie zu solchem Geschäfte berufen waren. Die vier Mauren waren erlesene Helden; im ganzen Königreiche hatte man keine stärkeren und unerschrockneren Herzen finden können. Aber wenig half ihnen ihre Tapferkeit, denn sie hatten es mit der Blüte der christlichen Ritterschaft zu tun. So plänkelten sie lebhaft und brachten sich Lanzenstöße bei, wo sie nur konnten. Don Juan Chacon wurde am Schenkel böse verletzt; denn Mahardin war in dieser Kampfesart über die Maßen gewandt, wiewohl Don Juan auch nichts abging. Aber es traf sich, daß ihm der Maure, als er ihm sehr nahe war, mit solcher Schnelligkeit einen Stoß beibrachte, daß Don Juan ihn nicht mehr mit dem Schilde abzuwehren vermochte: so fuhr die Lanzenspitze unter dem Schilde fort und durchbrach das Panzerhemd und verletzte Don Juan am Schenkel. Als der sich so rasch verwundet fühlte und den Gegner frei ausgehen sah, entbrannte er in loderndem Zorne, wie ein Löwe; wartete als erfahrener Mann, bis der Maure sich aufs neue gegen ihn wandte, um alsdann und ohne, daß jener zu entrinnen vermöchte, mit aller Wucht über ihn zu kommen. Und wie er gedacht hatte, geschah es: denn der wackere Maure froh, seinen Gegner getroffen zu haben, wandte um und stürmte auf ihn ein, wie ein Raubvogel, unter lautem Kriegsgeschrei und rief: Dieses Mal, Türke, sollst du fürwahr erfahren, daß die Mauren Granadas im Kampfe ihren Mann stehen ebensogut und besser noch, als ihr Türken! – Sprach es und kam über Don Juan Chacon, um ihn abermals zu verwunden. Don Juan aber, der ihn erwartete, sah, wie jener gradeaus auf ihn einkam, und gab seinem Pferde die Sporen so wuchtig, daß es wie ein Pfeil dahinflog, wenn er von dem stählernen Bogen abgeschnellt ist, und rief mit lauter Stimme und sagte: Jetzt sollst du erfahren, schurkischer Verräter, ob du zu kämpfen verstehst! – Rief es und hob den Arm, die Lanze durch die Luft schwingend, trieb sein Pferd schnell, wie ein Sturmwind, und prallte auf den Gegner solcher Art, daß es war, als seien zwei schwere Türme zusammengestoßen. Des edlen Don Juan Pferd war stark und schwer und besser gebaut als das des Mauren, und der Zusammenstoß war so gewaltig, daß der Maure durch die von seines Feindes wuchtigem Arm geführte Lanze schwer verwundet wurde, welche durch die Stahlrüstung hindurchfuhr; sein Pferd aber stieß unter dem Anprall mit der Kruppe auf den Boden und sank dann seitwärts nieder zur Erde. Auch Don Juan wurde verwundet, denn der Maure hatte seine Lanze mit höchster Geschicklichkeit geführt; doch war seine Wunde nicht sehr gefährlich. Als nun aber das Pferd des Mauren vollends niedersank, ging das Don Juans in seiner ungestümen Wucht über jenes hinweg und fuhr darüber stolpernd mit den Nüstern auf den Boden, solcher Art, daß der Maure und sein Pferd und Don Juan und seines zu Falle kamen und über den Boden rollten. Don Juan, als ein gewaltig starker Mann und unerschrockenen Herzens, achtete den Sturz für nichts und sprang alsogleich wieder auf die Füße; doch hatte er beim Falle seine Lanze verloren. Der wackere Maure aber ließ, ob er sich schon in solcher Gefahr und sein Pferd am Boden sah, um deswillen den Mut nicht sinken, wenngleich er schwer verwundet war, sondern, leicht wie ein Vogel, war er, als sein Pferd mit der Kruppe auf den Boden stieß, herabgesprungen, nahm den Schild fest am Arme und griff nach seinem scharfen Säbel und eilte mit schnellen Schritten auf Don Juan Chacon zu, um mit ihm ein Ende zu machen, und versetzte ihm auch einen solchen Hieb über den starken Schild, daß der ein gut Teil auseinanderklaffte. Don Juan aber, als er sich solcher Art angegriffen sah, vertraute auf die Kraft seines Armes und versetzte dem Mauren, sobald er ihn so nahe bei sich sah, daß er ihn zu treffen vermochte, einen Streich seitwärts mit solcher Wucht, daß der Schild, mit dem ihn jener auffing, fast ganz durchschlagen wurde und der Maure oben an der Schulter nahe am Halse eine tödliche Wunde erhielt. Und mit solchem Nachdruck war der Hieb geführt, daß jener von einer Seite zur anderen taumelte. Das sehend, kam Don Juan über ihn und versetzte ihm einen Stoß mit dem Schilde, so daß der Maure, seiner selbst nicht mächtig, kraftlos zu Boden sank. Kaum war er gefallen, da versetzte ihm der gewaltige Don Juan einen zweiten und ebenso schweren Hieb über das eine Bein und schlug es ihm glatt herunter. Das getan, sah er, daß ihm der Maure nicht mehr zu schaden vermochte, wischte sein gutes Schwert ab und steckte es in die Scheide; hob die Augen zum Himmel und dankte Gott aus Herzensgrunde für den Sieg, den er ihm über jenen ungestümen und tapferen Mauren verliehen hatte. Hob ein Lanzenstück vom Boden und stützte sich darauf, denn die Wunde am Schenkel schmerzte heftig, und verfolgte aufmerksam den Kampf zwischen seinen Gefährten und den Mauren. Kaum war Mahardin besiegt, da ließen die Anhänger der Königin Flöten und Hörner blasen aus Freude über den Sieg des wackeren Türken; den Christenrittern aber, welche noch kämpften, wuchs der Mut, während die Mauren an Zuversicht und Kraft verloren, zumal sie aus einem Fenster Jammergeschrei und klägliches Weinen hörten. Es war dieses aber das Weib des tapferen Mahardin und einige seiner Schwestern und Verwandten, welche ansahen, wie der Maure sich in Todesnot in seinem Blute am Boden wand. Die Zegri hießen die Weiber vom Fenster gehn und schweigen, damit den Rittern nicht um ihretwillen das Herz schwach würde. Das Schluchzen verstummte und desselbigengleichen der Hörnerschall bei den Anhängern der Königin, denn so hatten es die Richter befohlen. Um diese Zeit wurde der Kampf der Ritter, welche sich noch aufrecht hielten, so erbittert, daß es schien, als finge er jetzt erst recht an; und die Waffen klirrten, als kämpften dreißig Ritter gegeneinander. Don Juan Chacon aber, der dem Kampfe zuschaute, spürte großen Schmerz in seinen Wunden, welche auskälteten, am heftigsten in der am Schenkel und beschloß, aufzusitzen, damit man ihn, wofern etwas vorfiele, zu Pferde fände. Ging zu seinem Pferde, welches grimmig mit dem Mahardins kämpfte, und bissen einander und schlugen sich mit den Hufen und jagten sich wutschnaubend und wiehernd vor Kampflust über den ganzen Platz. Don Juan aber kam dazu und trennte sie mit seinem Lanzenstumpfe, nahm sein gutes Pferd am Zügel und schwang sich mit einem leichten Sprunge in den Sattel; hing seinen Schild an den Sattelbogen und richtete die Augen auf seine Gefährten, um zu sehen, wie es mit dem Kampfe stand. Wohl hätte er ihnen helfen mögen, doch unterließ er es um der Ehre willen und auch, weil sie seiner Hilfe nicht bedurften. Da nun die tapferen sechs Ritter untereinander im Kampfe lagen, wurde der kühne Mahardon, welcher Don Alonso von Aguilar zum Gegner hatte, gewahr, wie sein geliebter Bruder Mahardin zu Boden gestreckt und böse zugerichtet sich in seinem Blute wand, ließ voll bitteren Schmerzes über seinen Tod ab von Don Alonso, wandte sich gegen Don Juan Chacon und rief jenem zu: Laß mich gehen, kühner Ritter, und Rache nehmen an dem, der meinen Bruder erschlagen hat! Hernach mögen ich und du unseren begonnenen Kampf zu Ende führen. – Don Alonso aber vertrat ihm den Weg und entgegnete: Mühe dich nicht vergebens, bring den Kampf mit mir zu Ende, denn dein Bruder ist als ein tapferer Ritter gestorben und hat getan, was er vermochte. Und zweifle nicht, daß du gar bald dich in der gleichen Not befinden wirst um deines Frevels gegen die Königin und die Abencerragen willen, deren unschuldiges Blut zu Gott um Gerechtigkeit schreit gegen dich und die anderen Verräter! – Rief es und griff ihn gewaltig an und versetzte ihm einen wuchtigen Lanzenstoß und verletzte ihn in der Seite, wenn auch nicht sehr. Als der kühne Maure die Wunde fühlte, wandte er sich gegen Don Alonso wie eine Giftschlange, und ohne in seinem Grimm darauf zu achten, was der tat, schleuderte die Lanze auf ihn, die sausend aus seiner starken Hand durch die Luft fuhr. Don Alonso sah sie wuchtig kommen, wandte sein Pferd in Hast, um dem Stoße auszuweichen, vermochte es aber nicht geschwinde genug, so daß die Lanze des tapferen Mahardon sein wackeres Pferd in die Flanke traf, solcher Art, daß sie durch und durch drang, und das ganze Lanzenfähnchen fuhr auf der andern Seite blutgebadet heraus. Das Pferd aber begann in wilden Sätzen nach rechts und links zu springen, und der Zügel reichte nicht hin, es zu lenken und zur Ruhe zu bringen. Als Don Alonso de Aguilar die schreckliche und grause Wunde sah, die sein Pferd erhalten hatte, schmerzte es ihn, denn er hielt es gar hoch; sprang aus dem Sattel zur Erde aus Besorgnis, daß das Tier ihn gefährden könnte, obwohl er selbst sich so großer Gefahr aussetzte, da sein Gegner zu Pferde saß; aber vertraute zuversichtlich auf Gott und seine Güte und bot aller Gefahr die Stirne. Große Freude und Genugtuung erfüllte die Zegri und Gomel, als sie den Ritter zu Fuße sahen und seinen Gegner zu Pferde, denn sie achteten ihn schon für verloren. Der tapfere Mahardon aber ward froh, da er ihn zu Fuß erblickte, und ritt auf ihn ein und rief: Jetzt sollst du mir den Tod meines Bruders entgelten, der du mich nicht Rache nehmen lassen wolltest an dem, der ihn erschlagen hat! – Setzte sein Pferd in Galopp, um ihn über den Haufen zu reiten. Aber der wackere Don Alonso war hurtig und auf der Hut, tat, als wolle er ihn erwarten; als aber das Pferd dicht vor ihm war, sprang er weit zur Seite, solcher Art, daß das Pferd, ohne ihn umzustoßen, vorbeischoß. Mahardon wandte sich voll Wut aufs neue gegen ihn zu zwei und drei Malen, aber vermochte ihm nichts anzuhaben. Und Don Alonso rief ihm zu: Maure, wenn du nicht willst, daß ich dir dein Pferd ersteche, spring herunter! Sonst muß ich es erstechen und könnte sein, daß es dir schlimmer erginge, als du denken magst! – Der Maure bedachte Don Alonsos Worte, und leuchteten ihm ein; und da er sein Pferd hoch hielt, sprang er, wie ein Vogel, herab, um es nicht zu verlieren, nahm den Schild fest am Arme und stürmte, den Säbel schwingend, auf Don Alonso ein und rief: Den Rat gabst du mir wohl zu deinem Unheil! – Sogleich wirst du's erfahren, entgegnete Don Alonso, warf die Lanze beiseite, welche er noch in der Hand hielt und griff zu seinem guten Schwerte von slawonischer Arbeit, dem besten der Welt aus geschmeidigem Stahl mit scharfen Schneiden, und kam über Mahardon, welcher ihn allbereits angriff. Und begann unter den beiden ein hitziger und zweifelhafter Kampf, denn beide waren sie wackere und herzhafte Ritter. Eine halbe Stunde beinahe schlugen sie sich herum und verwundeten sich wechselseitig von allen Seiten, wo sie es nur imstande waren, und zerhieben einander die Schilde. Durch die Wämser blinkten schon hie und da die Rüstungen, wo sie unter den Hieben zerfetzt waren. Don Alonso aber, voll Verdruß und Scham, daß der Kampf mit dem Mauren sich so hinauszog, drängte sich nahe an ihn heran, soweit er konnte, hob den Arm mit dem Schwerte und tat, als wolle er einen Streich nach dem Haupte seines Gegners führen. Hastig deckte sich der Maure mit dem Schilde, um den Hieb abzufangen; aber es glückte ihm nicht, wie er gedacht hatte, denn als Don Alonso ihn solcher Art gedeckt sah, lenkte er mit unglaublicher Gewandtheit den Hieb zur Seite und traf ihn am Schenkel mit derartiger Wucht, daß das feine Panzerhemde glatt durchschlagen wurde; und das Schwert fuhr ins Fleisch und hielt nicht inne und spaltete noch zu einem guten Teile den Knochen.

Der Maure aber, da er sich überlistet und so bösartig verwundet sah, führte einen gewaltigen Hieb von oben nach unten, daß der gute Schild mit dem goldenen Adler bis zur Mitte zerbarst, und die Spitze des feinen und harten Säbels fuhr auf das Haupt und zerschnitt den ganzen Turban und traf auf den Stahlhelm, welcher desselbigengleichen auseinanderklaffte, und Don Alonso wurde am Haupte, wenn auch nicht gar schlimm, verwundet; wenn aber der Helm nicht so gut und aus so hartem Stahle gewesen wäre, würde ihm Mahardon das Haupt in zwei Teile gespalten haben. So wuchtig traf der Streich, daß Don Alonso wankend zwei Schritte zurückwich, und würde gefallen sein, wenn sein Herz minder stark gewesen wäre. Aber voll Scham versetzte der edle Don Alonso, wie er sich so böse zugerichtet sah und zu sich gekommen war – und das Blut floß ihm aus der Wunde über das Antlitz –, dem Mauren einen Schwertstoß so nachdrücklich und ungestüm, daß der harte Schild glatt durchbohrt wurde; und das Schwert stieß wuchtig auf die Brust des Mauren und fuhr durch Panzer und Fleisch und drang mehr als vier Finger breit in die Leibeshöhlung. Der Maure, welcher sich allbereits mit der grausen Wunde im Schenkel kaum aufrecht zu halten vermochte, stürzte unter dem gewaltigen Stoße rücklings zu Boden, und das Blut floß wogend aus den Wunden an Brust und Bein und überschwemmte den Erdboden, wie Don Alonso ihn aber so getroffen sah, kam er geschwind über ihn, ehe er sich zu erheben vermöchte, um ihm das Haupt abzuschlagen, und setzte ihm das Knie auf die Brust; ward gewahr, daß es mit ihm zu Ende ging, und ließ ab, ihm weiter zuzusetzen. Stand auf und wischte sein gutes Schwert ab und steckte es in die Scheide und dankte Gott von Herzen für den Sieg. Und da er sah, daß ihm das Blut reichlich aus der Wunde am Kopfe floß, wand er mit beiden Händen den Turban und drückte ihn fest auf und drehte den zerfetzten Teil nach der anderen Seite des Kopfes. Als solcher Art die Wunde verbunden und das Blut gestillt war, sah er sich um nach seinem Pferde und erblickte es an Todesenden auf dem Platze liegend; ging voll Mitleid zu ihm und zog die Lanze heraus, welche es durchbohrt hatte. Darauf nahm er das Pferd Mahardons, welches gut war und schwang sich leicht hinauf und ritt zu Don Juan Chacon. Der umarmte ihn und wünschte ihm Glück zu seinem Siege. Die Hörner und Flöten der Anhänger der Königin bliesen voll Freude über den Sieg, für die Zegri aber war es, wie der Tod. Als die Musik verklungen war, richteten alle ihr Augenmerk auf den Kampf zwischen den letzten vier Rittern, der erbittert und über die Maßen grimmig anhielt. Der heldenstarke Don Manuel Ponce de Leon und der kraftvolle Alihamete Zegri kämpften zu Fuße, denn ihre Pferde waren abgemattet, und vermochten nicht zu Ende zu kommen, wie sie wollten, schlugen sich voll heißen Mutes herum und trachteten einander zu verwunden, wo sie nur konnten, hatten sich allbereits mit den scharfen Schwertern Rüstung und Fleisch zerfetzt, und das Blut floß aus ihren Wunden zur Erde. Der kühne Ponce war zu zweien Malen verwundet und der Maure zu fünfen, aber um deswillen ließ der Maure keine Schwäche blicken, sondern nur um so grimmigeren Zorn; und fiel kühn und voll brennender Wut aus und traf Don Manuel oft, wo er nur konnte. Aber wenig half ihm seine Kühnheit, denn er hatte die Blüte Andalusiens im Waffenhandwerk vor sich, und keiner hätte sich rühmen können, in diesem ein Stück besser zu sein als Don Manuel. Als dieser gewahr ward, daß Don Juan und Don Alonso allbereits mit ihren Gegnern fertig waren und der Pagenhauptmann gewaltig kämpfte und desselbigengleichen daran war, seinen Gegner zu besiegen, überkam ihn ein heftiger Zorn, weil sein Gegner ihm so lange zu schaffen machte. Voll Grimm drang er auf Alihamete ein und versetzte ihm mit all seiner Kraft einen so gewaltigen Streich über den Schild, mit dem der Maure sein Haupt gedeckt hatte, daß er ein gut Teil davon herunterschlug, und das Schwert fuhr auf den Helm. Der barst ohne Widerstand auseinander, und der Maure empfing eine schwere Wunde am Haupte, solcher Art, daß der Tapfere betäubt unter dem gewaltigen Hiebe zu Boden sank. Aber sogleich sprang er wieder auf die Füße, als er sich in solcher Gefahr erblickte, voll Furcht, der Tod möchte in solcher Bedrängnis über ihn kommen, und dachte auf Rache für den Unbill. Hob seinen guten Sarazenensäbel und versetzte unversehens Don Manuel einen Hieb über die Schulter, so gewichtig, daß das starke Panzerhemd zersprang und er ihn böse verletzte. Aber dieser Hieb kostete dem tapferen Alihamete das Leben; denn Don Manuel brachte ihm einen zweiten bei über das ungedeckte Haupt, dicht bei der ersten Wunde, solcher Art, daß der Maure unter ihm halbtot zu Boden stürzte; und das Blut strömte aus seinen Wunden, welche sieben waren, am heftigsten aus den beiden tödlichen am Haupte. Die Hörner auf Seiten der Königin bliesen alsbald voll Freude, als der tapfere Maure besiegt war. Don Manuel aber nahm sein Pferd und schwang sich leicht hinauf und ritt zu Don Alonso und Don Juan Chacon, welche ihn fröhlich empfingen und sprachen: Gelobt sei Gott, der Euch vor den Händen dieses grimmen Heiden bewahrt hat! – Wer aber die schöne Sultanin angeblickt hätte, würde auf ihrem Antlitz die Freude ihres Herzens gefunden haben, da sie ihre bittersten Feinde so vernichtet sah. Wandte sich zu der schönen Zelima und sagte: wahrlich, Freundin Zelima, wenn Don Juan Chacon für einen Helden gilt und es ist, so seine drei Gefährten nicht minder als er, da sie so unerschrocken die Mutigsten und Stärksten im Königreich Granada besiegt haben. – Esperanza antwortete ihr und sprach: Sagte ich Euerer Hoheit nicht, daß Don Juan Chacon wackere Ritter zu Freunden hat! Seht selbst, Herrin, ob ich wahr gesprochen habe. – Lassen wir das jetzt, sagte Zelima, damit die Richter uns nicht hören, und sehen zu, wie es mit den beiden Rittern, die übrig sind, ausgehn wird, denn ich versichere Euch, sie stehn nicht hinter den andern zurück. – So richteten sie ihr Augenmerk auf den Kampf und sahen, wie die beiden erbittert und heftig einander zusetzten, denn beider Schilde waren zerspalten und lagen zerstückelt am Boden; sie selbst und ihre Pferde waren an mehreren Stellen verwundet; desselbigengleichen waren die Lanzen zersplittert und lagen zerstreut unter den Hufen der Pferde, und die Fähnchen waren völlig zerfetzt. Aber keine Ermattung war an ihnen zu erkennen, denn beide waren sie starken Herzens und erprobt in den Waffen. Der tapfere Maure kämpfte mit Trauer und Wut im Herzen, denn nahe bei sich sah er seinen Vetter tot und ein weniges weiter die beiden tapferen Gomel desgleichen und sich selbst in drohender Gefahr, aus welcher er für sich nichts mehr noch minder ersah als den Tod.

Mit dieser Angst im Herzen kämpfte er wie ein Mann in Verzweiflung und dachte an seine Schande und an die seines Geschlechts, weil es ihnen mit ihrem Anschlage fehlgeschlagen war. Solcher Art führte er Streiche in die Kreuz und Quere und ohne alle Regel nach allen Seiten, um den Tod seines Verwandten und seiner Freunde zu rächen. Aber wenn er voll grimmer Tapferkeit kämpfte, so nicht minder der wackere Pagenhauptmann, welcher unzufrieden war mit sich selbst und Neid verspürte, weil seine Gefährten allbereits den Kampf beendet hatten und sich ihres Sieges freuten und er der letzte war. Bedachte, daß alle Welt auf ihn sah und ihn für schwachmütig halten möchte, da er mit dem Kampfe nicht zu Ende kam; und um etwas zu tun, was einem tapferen Ritter anstand, und müde, Streiche nach rechts und links auszuteilen und aufzufangen, beschloß er, alles dem Glücke anheimzustellen, damit es vollende, was das Schicksal beschlossen hatte. Mit diesem herzhaften Gedanken blickte er auf seinen Feind, zornigen Grimm in den Augen, weil sich der Kampf mit dem so hinauszog, gab seinem Pferde wuchtig die Sporen und kam über den tapferen Zegri, welcher nicht mehr noch minder als sein Gegner entschlossen war, sich auf seinen Feind zu werfen, um der Sache ein Ende zu machen und den Tod seines geliebten Verwandten zu rächen. Solcher Art stießen die beiden, von demselben Gedanken bewegt, voll ungestümer Wucht und unvorstellbarer Tapferkeit zusammen, Pferd und Pferd und Mann und Mann, so gewaltig, daß beide zu Boden stürzten, ohne sich verwunden zu können. Aber noch lagen sie nicht, da waren sie allbereits wieder auf den Füßen und stürzten sich aufeinander und begannen sich mit wilden Streichen zu verwunden und bewiesen ein jeder die Stärke seines Armes und die Festigkeit des Herzens. Wahr ist, daß der tapfere Zegri voll Feuers kämpfte, fiel aus und sprang zurück und setzte dem tapferen Hauptmann zu, so gut er vermochte. Aber die Streiche, die er jenem versetzte, schadeten ihm nicht gar sehr, denn er trug eine starke Rüstung; indes jeder Streich, den jener führte, traf und unter der Wucht seines Armes so nachdrücklich niederfuhr, daß er nicht zuschlug, ohne seinem Gegner eine größere oder kleinere Verletzung beizubringen; denn vor der scharfen Schneide seines Schwertes hielt nichts stand, so hart es auch sein mochte, sondern klaffte auseinander. Als der unerschrockene Zegri dieses gewahr ward, vertraute er in grimmem Zorne auf seine gewaltige Stärke, stürzte sich auf den wackeren Hauptmann und umschlang ihn mit seinen Armen. Der aber wich nicht zurück, sondern packte ihn desselbigengleichen, und mit verschlungenen Armen fühlte ein jeder, als ob sie zwei Berge wären, das Gewicht seines Feindes. Und alsbald begannen sie zu ringen, um einander zu Boden zu drücken, aber eitel war ihr Bemühen, denn jeder fand den Gegner fest wie eine Eiche. Der Zegri war hochgewachsen und von kraftvollem Gliederbau, groß und stämmig wie ein Riese; und mit seinen gewaltigen Kräften hob er wieder und wieder den wackeren Hauptmann vom Boden hoch und stieß ihn wuchtig nieder, um ihn zur Erde zu zwingen; aber sobald der Hauptmann mit den Füßen den Boden berührte, stand er unerschüttert wie ein Felsblock, solcher Art, daß der Zegri trotz allen Fleißes ihn nicht zu werfen vermochte, worüber er sich sehr verwunderte, wie aber der kühne Hauptmann bemerkte, daß der Zegri ihm an Kräften, wie an Körpermaß überlegen war, griff er zu einem spitzen Dolche, den er im Gürtel trug; und war poliert mit drei scharfen Kanten und gefertigt in Herzogenbusch in den Niederlanden und so spitz und scharf, daß er einen starken Harnisch durchstieß, mochte er immer hart sein wie Diamant. Mit dem versetzte er seinem Gegner zwei grause Stiche unterhalb des linken Armes, daß der Maure, welcher sich auf den Tod getroffen fühlte, laut aufschrie. Und alsogleich griff auch er nach einem Dolchmesser in seinem Gürtel und versetzte damit dem Hauptmann zwei Stiche; aber da das Messer breit war und nicht sehr spitz, schadete er ihm nicht viel, ob er ihn schon verwundete. Der wackere Diego aber stach zum dritten Male zu und traf den Zegri in der linken Seite, ein wenig tiefer als die beiden anderen Male; und mit diesem Stiche machte er dem zweifelhaften Kampfe ein Ende: denn solchermaßen und so tief getroffen, stürzte der herzhafte Maure alsogleich zu Boden und das Leben entwich allgemach aus den Wunden mit dem strömenden Blute. Und als er fiel, zog er den wackeren Hauptmann mit sich, welcher auf ihm zu liegen kam, denn er hielt ihn noch immer fest umschlungen, bis er niedergesunken war. Als der Maure aber am Boden lag, verließen ihn Mut und Stärke, und seine Arme wurden schlaff, solcher Art, daß der gute Hauptmann sich aufzurichten vermochte. Setzte dem Gefallenen das Knie auf die Brust, hob den kraftvollen Rächerarm und sagte: Gib dich für besiegt, Zegri, sonst mache ich deinem Leben alsogleich ein Ende! Und gesteh auf der Stelle die Wahrheit um deinen Verrat! – Der Zegri sah sich an Todesenden unter einem so furchtbaren Gegner und gab zur Antwort: Dessen bedarf es nicht, daß du mich noch öfter triffst, denn zum Tode genügen die Wunden, die ich erhalten habe. Du verlangst, tapferer Ritter, daß ich den Frevel gestehe. Das schmerzt mich bitterer als der Tod. Aber da ich unter den Händen eines so guten Ritters sterbe, muß ich es sagen. Wisse denn, daß alles Verrat war, von mir angezettelt, aus Neid auf die ruhmreichen Abencerragen; und um meiner Verräterei willen kamen sie schuldlos zu Tode. Die Königin aber ist rein und frei von allem, was ich, den Ehebruch angehend, gegen sie behauptet habe. Und das ist die Wahrheit. Ich aber bin am Aeußersten angelangt und reut mich bitter, was ich gefrevelt habe. – Alles, was der Zegri sagte, hörten zahlreiche Ritter von denen, sowohl die der Königin anhingen, wie auf Seiten der Zegri. Um aber die Königin vollends zu rechtfertigen, rief man die Richter herbei, damit sie sich überzeugten von des Zegri Geständnis. Sogleich kam der edle Musa, und die, welche auf dem Gerüste waren, stiegen herab und gingen auf den Kampfplatz und hörten, was der Zegri sagte, welches seine Gesellen desselbigengleichen bestätigten; denn sie waren noch am Leben. Aber es währte nicht lange, da starben sie alle vier. Alsbald wurden die Hörner und Flöten geblasen aus Freude über den großen Sieg, den die vier ritterlichen Helden errungen hatten, und hatten die Wahrheit ans Licht gebracht. Auf der einen Seite erschollen Trompeten, und auf der anderen vernahm man Jammergeschrei und Schluchzen unter den Verwandten und Angehörigen der Toten, sowohl der Männer wie der Weiber. Die siegreichen Ritter aber wurden vom Platz geleitet; und der größte Teil der Ritter Granadas, welcher zur Königin hielt, erwies ihnen große Ehre, so die Alabez und Gazul und Azarque, die Alarif und Almoradi und Mazin und viele andere edle Geschlechter Granadas. Kamen zur Königin, welche bereits in der Sänfte saß, in der sie gekommen war, und fragten, ob es mehr in dieser Angelegenheit zu tun gäbe. Die Königin dankte ihnen demütigen Herzens für das, was sie getan hatten, mit ergebenen Worten und bat sie, mit ihr in den Palast zu kommen, um dort ihre Wunden pflegen zu lassen. Am herzlichsten aber bat sie darum ein vornehmer Ritter und Onkel der Königin namens Morayzel. Die vier Ritter nahmen es an, denn auch der heldenmütige Gazul sagte ihnen: Gar gut könnt ihr, Herren Ritter, tun, um was die Königin euch bittet, und werdet dort ein Dach finden, wie ihr es verdient. Damit verließen sie den Platz, und die Hornbläser zogen vor ihnen her. Alles dieses war den Zegri und Gomel sehr zuwider, und unter jammervollen Klagen trugen sie die zerfetzten Leichen ihrer Verwandten und Freunde vom Platze und bestatteten sie nach ihren Sitten und Gebräuchen. Dachten auch oftmals daran mit der Gegenseite anzubinden und die fremden Ritter ums Leben zu bringen; kamen aber für jetzt zu keinem Beschluß, obwohl es in der Folge unter ihnen bitteren Zwist und Feindschaft gab als bisher, wie wir im weiteren erzählen wollen. Der Kampf aber, den ihr habt erzählen hören, währte von der zweiten und einer halben Stunde nach dem Mittage bis zur sechsten, als nur noch wenig fehlte bis zur Nacht.

Die christlichen Ritter kamen zum Palaste der Königin und stiegen vom Pferde, und die Königin verließ ihre Sänfte; die vier wackeren Freunde wurden in ein prächtiges Gemach geleitet und legten sich in vier Betten, wo sie mit Sorgfalt von geschickten Wundärzten verpflegt wurden. Sie aber legten aus Vorsicht ihre Waffen nahe bei sich, wofern ihnen etwas zustieße. Um Abend, nachdem sie gespeist hatte, besuchte die Königin mit der schönen Zelima und Esperanza de Hita die vier Christenritter. Und nachdem sie des breiten über ihre Leiden und über den Untergang der Abencerragen, die so schuldlos den Tod gefunden, gesprochen, näherte sich die Königin dem Bette des Don Juan Chacon und nahm Platz auf einem schönen seidenen Teppiche und einigen Kissen aus demselben Stoffe und begann folgendermaßen zu reden: Der hohe Schöpfer Himmels und der Erden und seine gesegnete Mutter, welche ihn durch göttliches Geheimnis jungfräulich gebar, sei mit Euch, Herr Ritter, und vergelte Euch die Wohltat, die Ihr einer unglücklichen und trostlosen Königin erwiesen habt, indem Ihr sie von einem schmachvollen Tode, der ihr so furchtbar drohte, befreitet. Aber Gottes Wille war, daß ich frei wurde, und Ihr wurdet das Werkzeug seiner Güte: so bin ich Euch denn auf mein ganzes Leben verpflichtet, das ich im Dienste Gottes und seiner gesegneten Mutter zu verbringen denke. Denn ich habe beschlossen, in Wahrheit, Christin zu werden, wie ich Euch in meinem Briefe schrieb. Dazu aber sollt Ihr wissen, daß der größte Teil der Ritter Granadas meiner Ueberzeugung sind und nur darauf warten, daß der König Fernando Granada und sein Königreich mit Krieg überziehe. Und dieses wurde abgeredet, seit die Abencerragen fortgezogen sind und mit ihnen der edle Abenamar und Sarrazino und Reduan, Ritter, welche viel gelten bei uns, und von denen wir Tag für Tag Briefe bekommen. Musa, des Königs Bruder, ist zu dem gleichen entschlossen. Um deswillen, Herr, denkt daran und besorgt bei dem allerchristlichen Könige, sobald Ihr zurückgekehrt seid, daß er den Krieg gegen Granada ins Werk setze. Ferner bitte ich Euch, Herr Don Juan, daß Ihr mir sagt, wer die Ritter sind, welche an diesem Tage zu Euch gestanden haben, denn ich werde mich gar herzlich freuen zu erfahren, in wessen Schuld ich stehe. – Hohe Herrin, antwortete Don Juan Chacon, die Ritter, welche mit mir gekommen sind, um Euch zu dienen, sind von den edelsten Andalusiens. Der eine nennt sich Don Alonso, aus dem Hause Aguilar, der zweite Don Manuel Ponce de Leon und der letzte heißt Don Diego Fernandez von Cordoba, Ritter von großem Rufe, die Ihr wohl schon vordem habt nennen hören. – Wohl habe ich von ihnen gehört, sagte die Königin, denn oftmals sind sie in die Ebene von Granada eingefallen und haben wunderbare Taten vollbracht. Und in ganz Granada wird von ihnen erzählt und sind sie bekannt durch Ruhm und Taten und Namen, wiewohl sie heute niemand erkannt hat um ihrer türkischen Verkleidung willen, welche die schönste und vollkommenste der Welt war. Da sie aber von solchem Werte sind, gebührt es sich wohl, daß ich mit ihnen spreche und ihnen für die Rettung danke, die ihr Kommen mir gebracht hat. – So sprach die schöne Morayzela, erhob sich von ihrem Sitze und ging zu den drei wackeren Helden. Sprach zu ihnen voll Anmut und Güte und dankte ihnen für ihr Kommen und für die Wohltat, die sie ihr erwiesen hatten. – Königin und Herrin, sprach der Hauptmann des Pagenkorps, dem Herrn Don Juan dort, gebührt der Dank, denn er ist alles in Euerem Geschäfte gewesen, und wenig haben wir andern getan, verglichen mit dem vielen, das wir für Euch zu tun wünschen. – Großen Dank, Herren Ritter, antwortete die Königin, für dieses neue Anerbieten: es verpflichtet mich euch für noch mehr, als was ihr bisher für mich vollbracht habt, und weiß nicht, womit ich es bezahlen sollte, anders als indem ich Gott bitte, mir Leben zu verleihen, damit ich in etwas gutmachen kann, was ich an Wohltaten von euch empfangen habe. Weil es mir aber Zeit scheint, Herren Ritter, daß ihr euch ruht und erholt, will ich mich in mein Gemach zurückziehen und für eure Sachen sorgen lassen. Also schlaft und ruht in Sicherheit, denn ich verspreche euch, daß das ganze Königreich Granada, hier wo ihr seid, euch nicht zu nahe treten soll. – Das bedarf keines Wortes, Frau Königin; denn unter Euren königlichen Händen, antworteten sie, sind wir sicher wie im eigenen Hause. – Damit verließ sie die schöne Königin und mit ihr die schöne Zelima und redeten noch über Dinge, welche sie anging. Aber die Königin traute, klug wie sie war, den Zegri und ihren Anhängern nicht, fürchtete, daß sie kommen möchten, um Rache zu nehmen an den vier Christenrittern, ob sie sich schon für versichert hielt, daß sie nicht als solche erkannt waren, sondern weil jene ihnen ihre Verwandten erschlagen hatten, konnten sie auf Unbill denken. Sprach mit ihrem Oheim Morayzel und entdeckte ihm ihre Besorgnis vor den Zegri und Gomel, welche dem guten Morayzel begründet schien; so gab er in aller Kürze dem edlen Musa einen Hinweis, der der Königin seiner Nichte günstig gesinnt war. Der wackere Musa aber stellte als Wache in jener Straße hundert Ritter von seinen Freunden aus, welche der Königin anhingen, das waren die Gazul und Alabez und Aldoradin. Und nicht umsonst war diese Vorsicht, denn schon hatten die Zegri und Gomel und die meisten ihrer Anhänger beschlossen, den Palast einzuschließen und die vier Christenritter ums Leben zu bringen. Als sie aber erfuhren, daß Wachen in den Straßen aufgestellt waren, und daß Musa sie aufgestellt hatte, hielten sie sich ruhig, das Herz voller Grimm, daß sie sich nicht an denen zu rächen vermochten, die ihre Verwandten erschlagen hatten. Don Juan Chacon und seine Freunde kamen überein, sich Tags darauf früh am Morgen aufzumachen, damit der König Fernando sie nicht vermißte noch die übrigen Ritter am Hofe. Als nun der Morgen gekommen war, sagten sie der Königin, welche sie alsogleich zu besuchen sich aufgemacht hatte, daß es sie drängte sofort von Granada aufzubrechen, und wollten sich auf den Weg machen. – Wie, ihr Herren, so schwer verwundet wollt ihr reiten, rief die Königin, dem stimme ich nicht zu. Geht euch vielleicht hier etwas ab zu eurer Bequemlichkeit! Habt ihr nicht, was nötig ist? – Ja, Herrin, antwortete Don Juan Chacon, aber wir haben euch bereits gesagt, daß wir notgedrungen fort müssen, damit wir im Palaste unseres Königs nicht vermißt werden, was in schweres Versehen verfallen hieße. – Wenn es so ist, sagte die Königin, kehrt zurück und laßt euch pflegen und reitet mit gutem Glück. Und um Gottes willen vergeßt meiner nicht, und drängt eueren König, daß er den Krieg gegen Granada beginne, damit allen, die Christen zu werden wünschen, ihr Begehren erfüllt werde. Die Ritter versprachen es ihr und hielten Wort; denn kaum waren sie in Andalusien angekommen, wurde alsbald Anstalt getroffen zur Einnahme Alhamas. Als die Königin aber die Ritter entschlossen sah, aufzubrechen, ließ sie die Wundärzte holen, damit sie verbunden würden, alsdann wurde jeder mit seiner Rüstung bewehrt, und darüber zogen sie ihre prächtigen türkischen Wämse, obwohl sie hie und da zerfetzt waren, und auf den starken Helm setzten sie den Turban, und nachdem sie ein wenig gegessen und einige wertvolle Geschenke von der Königin erhalten hatten, stiegen sie zu Pferde und nahmen Abschied von ihr und ihrem Oheim Morayzel und den Damen. Sie aber blieb zurück, weinend über den Abschied so wackerer Ritter. Der edle Musa und der wackere Malique Alabez und Gazul erfuhren, daß die Ritter Granada verließen, gaben ihnen, obwohl sie's nicht wollten, das Geleite mit mehr als zweihundert Mauren, alles vornehme Ritter, und begleiteten sie mehr als eine halbe Meile weit in der Richtung auf Malaga. Als aber die Mauren von ihnen Abschied genommen, drehten sie alsbald um und ritten zum Römerholze und kamen an, wo sie ihre Mantelsäcke gelassen hatten; nahmen ihre Christenkleider und schmückten sich mit ihnen und ließen die türkischen mitsamt den Schilden am Boden liegen. Brachen in Eile auf; und wie sie ins Land der Christen kamen, hörten sie, daß der König Don Fernando und die Königin Donna Isabel nach Ecija gegangen waren. Ritten nach Talavera, von wo sie ausgezogen waren und fanden dort ihre Diener und Leute, welche sie erwarteten. Dort blieben sie acht Tage und heilten in der Stille ihre Wunden aus. Und als die sich gebessert hatten, machten sie sich auf den Weg nach Ecija, wo der König war; und es hatte sie noch keiner vermißt. Von dort gingen der Königspagenhauptmann und der Herr des Hauses Aguilar und Don Manuel Ponce de Leon mit Urlaub vom Könige ein jeder in sein Land. Und sie und andere Ritter machten alsbald Anstalten zur Wegnahme Alhamas. Und sobald viele und vornehmlich Ritter zusammengekommen waren, schlossen sie es ein und bestürmten es; wo wir sie lassen wollen, um zu erzählen, was inzwischen in Granada vorfiel, auch weil es meine Aufgabe nicht ist, von diesem Kampfe um Alhama zu berichten.


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