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Die Hexen Rußlands gehören der sonderbarsten, geheimnisvollsten, aber auch zugleich geringsten der mystischen Kasten an.
Eine Hexe wird zu ihrem dämonischen Beruf schon von Kind auf erzogen.
Der Mangel der heiligen Taufe ist eine für die Meisterin unbedingte Notwendigkeit, ohne diese Bedingung findet keines der Menschenkinder Aufnahme in die Teufelsschule.
Die alten Hexen suchen sich ihre Schülerinnen meist selbst. Irgend ein geschenktes oder gestohlenes, kaum geborenes Kindlein wird in ihren Unterschlupf, eine verfallene Hütte oder Waldhöhle, verschleppt, wo es großgezogen wird, ohne nur eines Menschen recht ansichtig zu werden.
Jeder Verkehr ist dem armen, gefangenen Kinde bei den furchtbarsten Strafen untersagt.
In so erdrückender Abgeschiedenheit werden ihm Beschwörungen und magische Formeln aller Art gelehrt, alle Gräser, Pflanzen und deren geheimnisvolle Kräfte lernt es kennen und es wird auch fortwährend in einem unaufhörlichen Zustand des Grauens und der Nervosität von seiner Hexenmeisterin gehalten.
Schwere Neurasthenie, ja Epilepsie sind die unausbleiblichen Begleiterscheinungen dieser Erziehung.
Vierzehn Jahre alt, wird das Kind dem Teufel vermählt und so zur Hexe geweiht.
In weißes, festliches Leinen gehüllt, mit einem Kranz aus Wasserlilien im Haar und die Stirne mit Beelzebubs magischen Zeichen bemalt, wird sie von der Hexenmeisterin an einen nur dieser bekannten Ort geführt, irgendwohin, in das dichte Röhricht eines Seeufers, in den Urforst, wo ihn noch kein Menschenfuß betreten, oder auch in die Wildnis nackter Felsen.
Ein zerbrochenes Christenkreuz, ein Krug voll mit dem Blute eines schwarzen Bockes, der Balg eines gehängten schwarzen Katers und die unvermeidliche Flasche Schnaps werden der Braut als Mitgift für den Teufel mitgegeben.
Im Kreise werden diese Gegenstände aufgestellt und mitten drinnen liegt gebunden das von der Hexe dem Teufel verschriebene Menschenkind.
Schreiend und heulend in grauenhafter Furcht, meist dem Halbwahnsinn verfallen, in epileptischen Krämpfen sich windend, zittert die Ausgesetzte dem Erscheinen des Satans entgegen.
Beim Dämmern des Morgens dann, da kommt die Hexenmutter wieder, bindet die Geopferte los, bringt sie mit Schnaps in das Leben zurück und begrüßt sie mit einer magischen Formel, die uralt ist wie wohl der Slawismus selbst.
Von dieser Stunde an ist das Kind nun selber Hexe und geht ihren eigenen Praktiken nach.
Die Alte hat beim Entfliehen der Gehilfin nichts mehr zu fürchten, denn wohin sollte sie auch, ist sie doch durch die Teufelsvermählung zum allüberall gemiedenen und verachteten Menschen gestempelt worden.
Würde sie sich unter die Gemeinschaft der anderen Menschen wagen, würde sie totgeschlagen wie ein toller Hund.
Der dem Teufel vermählten Hexe wird auch die Kunst des Fliegens gelehrt.
Die gerichtliche Medizin, die Geschichte der Kulte, die Forschungen der Kirchenväter und des großen Leonardo da Vinci haben Licht in dieses Hexenfliegen gebracht.
So ein Hexenfliegen vollzieht sich folgendermaßen:
Mit einer Salbe aus Fett und Kräutern aller Art wird von der alten Meisterin der Leib des neuen Hexleins, wenn es Nacht geworden, eingerieben.
Die Salbe zieht einen eigenen fieberhaften Schlaf nach sich und erwirkt Träume des Fliegens.
Von diesen Flügen weiß dann die Erwachte in der hingerissendsten und entzücktesten Art zu erzählen.
Die in tausenderlei Legenden lebende Hexenreiterei hat in diesen Traumflügen ihren Ursprung zu suchen.
Der Ruf solcher Hexen ist immer im weitesten Umkreise verbreitet und ihr Aufenthalt, den Bauern auch wohl bekannt, wird dem Popen und der Polizei stets sorgfältig verschwiegen.
Zumeist sind es Frauen, die die Kunst der Hexen suchen.
In ihren Liebesangelegenheiten kommen sie um Rat und Beistand.
Liebhaber zu erhalten, zu finden und zu entfernen macht das Hauptgeschäft der Hexe aus.
Es ist nicht einmal vorgekommen, daß eine enttäuschte Klientin die Hexe vor Gericht gebracht und da breiteten sich vor dem Richter oft die seltsamsten Zaubermittel aus.
Die Hexen sind alle sehr universeller Natur, sie betreiben Wahrsagerei, Totenbeschwörung, führen, wenn es verlangt wird, mit ihren magischen Kräften frühes Sterben herbei und treiben schwunghaften Handel mit Liebesamuletten.
Die Hexe weiß meisterhaft den Hypnotismus zu handhaben und ist in ihrem ewigen Kampf mit dem Pöbel, der Polizei und dem Popen zur ausgezeichneten Psychologin geworden.
Alle diese natürlichen Eigenschaften verbirgt sie unter der Maske von Dämonie, die überreich an den erfinderischesten Beschwörungsformeln ist.
Nur eine schwere Notwendigkeit vermag die Hexe zu zwingen, ihren Unterschlupf zu verlassen und die Nähe der Menschen aufzusuchen.
In der Nacht meistens suchen sie ihre Klientinnen auf, diese bittend, sie mit Lebensmitteln und dergleichen zu versorgen.
Der Hexe selbst ist es ja unmöglich gemacht, unter die Menschen zu gehen.
Dieser Mut wäre ihr Tod; würde sie nicht gleich von der Polizei aufgegriffen, würde sie bestimmt von den wutentbrannten Bauersleuten zu Tode gelyncht.
Im Bedarfsfalle ist die Hexe allen gut und es wird nicht mit Geld und Geschenken gespart, sie zu allerlei zu bewegen, aber auch alles Unglück, das über Dorf und Hütte kommen kann, wird ihr und ihrem Hexenfluche zugeschrieben.
Wehe dann der Hexe, wird sie aufgegriffen! Dann werden ihr die Haare vom Schädel gerissen, die Augen aus den Höhlen gekratzt, die Zähne zerschlagen, die Knochen gebrochen, ja selbst die Zunge aus dem Munde gerissen. Sie wird buchstäblich zerstückelt, zu Asche verbrannt und auf die fruchtlosen Felder und in die dürren Wälder ausgestreut. Manchmal wird sie auch, mit einem Stein um den Hals, in Flüssen oder Seen ertränkt.