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2. Kapitel
Die Schulen des Tees

Der Tee ist ein Kunstwerk und braucht Meisterhände, um seine edelsten Eigenschaften zur Geltung zu bringen. Es gibt guten und schlechten Tee, wie es gute und schlechte Bilder gibt -- meistens schlechte. Es gibt kein bestimmtes Rezept für die Bereitung vollkommenen Tees, wie es ja auch keine Normen für die Erschaffung eines Tizians oder Sessons gibt. Jede Art, die Teeblätter herzurichten, hat ihre Individualität, ihr besonderes Verhältnis zu Wasser und Wärme, hat ihre Erbschaft an Erinnerungen und weiß höchsteigen ihre Geschichte zu erzählen. Aber das wahrhaft Schöne muß ihr stets innewohnen. Wieviel müssen wir nicht leiden durch das fortgesetzte Unvermögen der Gesellschaft, dieses einfache Grundgesetz von Kunst und Leben zu erkennen. Der Sung-Dichter Li Chih-lai hat einmal traurig gesagt: »Drei Dinge auf dieser Welt sind höchst beklagenswert: das Verderben bester Jugend durch falsche Erziehung, das Schänden bester Bilder durch gemeines Begaffen und die Verschwendung besten Tees durch unsachgemäße Behandlung.«

Wie die Kunst, so hat auch der Tee seine Perioden und seine Schulen. Seine Entwicklung läßt sich kurzerhand in drei Hauptabschnitte einteilen: In die des gekochten Tees, in die des geschlagenen Tees und in die des gebrühten Tees. Wir Menschen von heute gehören zur letzten Schule. Diese verschiedenen Methoden, das Getränk zu würdigen, sind charakteristisch für den Geist der Zeitalter, in dem sie herrschten. Denn Leben ist ein Sich-Ausdrücken, unser unbewußtes Handeln ist ein dauerndes Aufdecken innerster Gedanken. Konfuzius sagt einmal, »Menschen können sich nicht verbergen«. Vielleicht offenbaren wir uns viel zu viel im Kleinen, weil wir im Großen nichts zu verbergen haben. Die winzigen Alltagsbegebenheiten des Lebens sind nicht minder Ausdruck der Rassenideale als die höchsten Flüge von Philosophie und Dichtung. So wie die verschiedenen Lieblingsgetränke die Eigenheiten der verschiedenen Zeitläufte und Nationalitäten Europas kennzeichnen, so sind auch die jeweiligen Tee-Ideale bezeichnend für die Gefühlsperioden der östlichen Kultur. Der Teekuchen, der gekocht wurde, der Pulvertee, der geschlagen wurde, und der Blättertee, der gebrüht wurde, bringen die scharf voneinander geschiedenen Gefühlsimpulse der T'ang-, der Sung- und der Ming-Dynastie zum Ausdruck. Wollten wir für unsere Zwecke die vielgeschmähte Terminologie der Kunstklassifizierung entlehnen, so könnten wir sie als klassische, romantische und naturalistische Schule des Tees bezeichnen.

Die in Südchina heimische Teepflanze war schon von altersher der chinesischen Botanik und Medizin bekannt. Sie wird von den Klassikern mit den verschiedensten Namen als T'u, Sheh, Ch'uan, Kia und Ming bezeichnet und war hochgeschätzt wegen ihrer Eigenschaften, Mattigkeit zu lindern, den Willen zu stärken und Sehkraft wiederzugeben. Sie wurde nicht nur als innere Medizin, sondern häufig auch äußerlich angewandt in der Form von Pasten gegen rheumatische Schmerzen. Die Taoisten erklären sie sogar für einen wichtigen Bestandteil des Elixiers der Unsterblichkeit. Die Buddhisten bedienen sich ihrer in ausgiebiger Weise als Mittel gegen Schläfrigkeit in den langen Stunden ihrer Meditation. Mit dem vierten und fünften Jahrhundert wurde der Tee Lieblingsgetränk der Bewohner des Yang-tze-kiang-Tales. Etwa um diese Zeit wurde auch das moderne Ideogramm Ch'a geprägt, offenbar in Korrumpierung des klassischen »T'u«. Die Dichter der südlichen Dynastien haben uns eine Reihe von Fragmenten hinterlassen, die von ihrer glühenden Verehrung für den »Schaum vom flüssigen Nephrit« zeugen. Damals pflegten auch die Kaiser ihre hohen Minister zum Dank für hervorragende Verdienste mit seltenen Rezepten der Teeblätterbereitung zu belohnen. Dennoch war die Art des Teetrinkens um diese Zeit noch äußerst primitiv. Die Blätter wurden gedämpft, im Mörser zerstoßen, zu einem Kuchen geformt und zusammen mit Reis, Ingwer, Salz, Apfelsinenschalen, Gewürzen, Milch und mitunter sogar Zwiebeln gekocht! Dieser Brauch hat sich bis auf den heutigen Tag bei den Tibetanern und einzelnen mongolischen Stämmen erhalten, die sich aus diesen Bestandteilen einen seltsamen Sirup brauen. Auch der Gebrauch von Zitronenscheiben bei den Russen, die das Teetrinken in den chinesischen Karawansereien lernten, scheint ein Überrest dieser alten Sitte zu sein.

Es bedurfte des Genies der T'ang-Dynastie, um den Tee aus diesem rohen Zustand zu befreien und ihn seiner schließlichen Idealisierung entgegenzuführen. In Luh Yü -- um die Mitte des achten Jahrhunderts -- finden wir den ersten Apostel des Tees. Er wurde zu einer Zeit geboren, da Buddhismus, Taoismus und Konfuzianismus ihre gemeinsame Synthese suchten. Der pantheistische Symbolismus der Zeit drängte darauf hin, das Allgemeine im Besonderen zu spiegeln. Luh Yü, der Dichter, erkannte in der Teebereitung die gleiche Harmonie und Ordnung, die in allen Dingen herrscht. In seinem berühmten Werk, dem »Ch'a-king«, der Heiligen Schrift vom Tee, schuf er sein Gesetzbuch. Seither wird er denn auch von den chinesischen Teehändlern als ihre Standesgottheit verehrt.

Das »Ch'a-king« besteht aus drei Bänden und zehn Kapiteln. Im ersten Kapitel spricht Luh Yü von der Natur der Teepflanze, im zweiten von den zum Sammeln der Blätter erforderlichen Geräten, im dritten von ihrer Auslese. Nach Luh Yü muß die beste Sorte Teeblätter »Falten zeigen wie die Lederstiefel der tartarischen Reiter, sich zusammenrollen wie die Wamme eines gewaltigen Stiers, sich entfalten wie Nebel, die einer Schlucht entsteigen, leuchten wie ein vom Zephirhauch berührter See, und feucht und weich sein wie feine, eben erst vom Regen bespülte Erde«.

Das vierte Kapitel ist der Aufzählung und Schilderung der vierundzwanzig Teile des Teegerätes gewidmet. Es beginnt mit der dreibeinigen Kohlenpfanne und endet mit dem Bambusschränkchen, das alle diese Utensilien enthält. Hier offenbart sich Luh Yüs Vorliebe für den Symbolismus der Taoisten. In diesem Zusammenhang ist es interessant, den Einfluß des Tees auf die Keramik zu beobachten. Die Porzellankunst Chinas geht aus von dem Versuch, den wundervollen Ton des Nephrits nachzuschaffen, und vollendet sich zur Zeit der T'ang-Dynastie in der blauen Glasur des Südens und der weißen Glasur des Nordens. Luh Yü hielt Blau für die ideale Farbe der Teetasse, da es das Grün des Getränkes noch verstärke, während Weiß den Trank bläßlich rot und abstoßend erscheinen lasse. So sah er es, weil er sich noch des Teekuchens bediente. Später, als die Teemeister der Sung-Periode den gepulverten Tee gebrauchten, zogen sie schwere blauschwarze und dunkelbraune Schalen vor. Die Ming mit ihrem gebrühten Tee dagegen liebten das leichte, weiße Porzellan.

In seinem fünften Kapitel schildert Luh Yü die Art der Teebereitung. Er verbannt alle Zutaten bis auf das Salz. Er verweilt auch bei der vielerörterten Frage nach der Wahl des Wassers und dem richtigen Grad, es zu kochen. Nach ihm ist das Quellwasser aus den Bergen das beste Wasser, dann folgen Flußwasser und das gewöhnliche Quellwasser. Beim Kochen nennt er drei Grade: den ersten, wenn kleine Blasen wie Fischaugen auf der Oberfläche erscheinen; den zweiten, wenn die Blasen wie Kristallperlen in einem Brunnen rinnen; den dritten, wenn die Wogen im Kessel sich wild aufbäumen. Der Teekuchen wird vor dem Feuer geröstet, bis er weich ist wie ein Kinderarm, und dann zwischen zwei Stücken feinen Papiers zerrieben. Salz wird bei dem ersten Kochgrad, der Tee beim zweiten hineingetan. Beim dritten Grad wird ein Löffel kalten Wassers in den Kessel geschüttet, damit der Tee sich setze und die »Jugend des Wassers sich erneuere«. Dann wird das Getränk in die Tassen gegossen und getrunken. Welcher Nektar! Das duftige Blättchen hängt wie eine schimmernde Wolke am heiteren Himmel oder schwimmt gleich einer Wasserrose auf smaragdgrünem Fluß. So war der Trank, von dem Lo Tung, ein Dichter der T'ang-Zeit, schrieb: »Die erste Tasse feuchtet mir Lippen und Kehle. Die zweite zerbricht meine Einsamkeit, die dritte dringt mir ins unfruchtbare Gedärm, um dort nichts als einige fünftausend Bände wunderlicher Ideogramme zu finden. Die vierte Tasse bringt mich leicht in Schweiß -- das ganze Unrecht dieses Lebens zieht durch die Poren ab. Bei der fünften Tasse ist die Reinigung vollzogen; die sechste Tasse ruft mich in die Regionen der Unsterblichkeit. Die siebente Tasse -- ach, ich kann nicht weiter trinken. Ich liebe nichts als den kühlen Windhauch, der meine Ärmel hebt. Wo ist Horai-san Das chinesische Elysium; chines. P'eng-lai-shan.? Laßt mich auf diesem lieblichen Winde fahren und dorthin entschweben.«

Die anderen Kapitel des »Ch'a-king« handeln von der Gewöhnlichkeit der üblichen Methoden des Teetrinkens. Sie enthalten einen historischen Überblick über die großen Teetrinker und die berühmten Teeplantagen Chinas, zählen die noch möglichen Variationen des Teezeremoniells auf und bringen Illustrationen der verschiedenen Teegeräte. Das letzte Kapitel ist unglücklicherweise verloren gegangen.

Das Erscheinen des »Ch'a-king« muß seinerzeit beträchtliches Aufsehen erregt haben. Luh Yü erfreute sich der Gunst des Kaisers T'ai-tsung (763-780), und sein Ruhm führte ihm zahlreiche Jünger zu. Von einigen Stutzern will man wissen, daß sie sogar den von Luh Yü bereiteten Tee von dem seiner Schüler zu unterscheiden vermocht hätten. Ja, es gibt einen Mandarin, dessen Name unsterblich geworden ist, weil er den Tee dieses großen Meisters nicht zu würdigen verstand.

In der Sung-Dynastie kam der geschlagene Tee in Mode und schuf so die zweite Schule des Tees. Die Blätter wurden in einer kleinen Steinmühle zu feinem Pulver zermahlen und mittels eines feinen Besens aus gespaltenem Bambusrohr geschlagen. Diese neue Prozedur führte zu einer Reihe von Veränderungen in den Luh Yü'schen Teegeräten und auch in der Wahl der Blätter. Das Salz wurde auf immer fallen gelassen. Die Begeisterung der Sungleute für den Tee kannte keine Grenzen. Die Feinschmecker wetteiferten miteinander in der Entdeckung neuer Teesorten. In regelrechten Turnieren wurde über ihre Güte entschieden. Der Kaiser Hui-tsung (1101-1126), der ein viel zu großer Künstler war, um ein braver Monarch zu sein, verschwendete seine Schätze in der Jagd auf seltene Teesorten. Er selbst schrieb eine Abhandlung über die zwanzig Arten des Tees, von denen er den weißen Tee als den seltensten und feinsten pries.

Das Tee-Ideal der Sung-Zeit unterscheidet sich von dem der Tangs genau so wie ihre Lebensauffassung. Die Sung suchten zu verwirklichen, was ihre Vorgänger zu symbolisieren trachteten. Dem Neo-Konfuzianismus spiegelt sich das kosmische Gesetz keineswegs in der Welt der Erscheinungen, sondern für ihn war die Welt das kosmische Gesetz selbst. Äonen waren nichts als Augenblicke, Nirvana stets handgreiflich nahe. Die Auffassung der Taoisten, daß Unsterblichkeit in ewigem Wechsel beruht, durchdrang all ihre Gedankenrichtungen. Der Vorgang, nicht die Tat selbst, war das Bedeutsame. Das Vollendende, nicht das Vollendete war das Lebenswichtige. Der Mensch sah sich so plötzlich Aug in Auge mit der Natur. Ein neuer Sinn bemächtigte sich allmählich der Kunst des Lebens. Der Tee hörte auf, nur mehr poetischer Zeitvertreib zu sein; er wurde zu einem Mittel der Selbsterkenntnis. Wang Yü-ch'eng pries den Tee, »der seine Seele unmittelbar wie eine Stimme überflute, und dessen feine Bitterkeit an den Nachgeschmack eines guten Rats erinnere«. Su Tung-p'o redete von der Kraft der unbefleckten Reinheit im Tee, die der Verderbnis ebenso wie der in Wahrheit tugendhafte Mensch zu trotzen wisse. Unter den Buddhisten bildete die südliche Sekte der Zen, die in sich so viele taoistische Lehren verkörpert, ein kompliziertes Tee-Ritual aus. Die Mönche pflegten sich vor dem Bildnis Bodhidharmas zu versammeln und nahmen den Tee aus einer einzigen Schale mit der ganzen Feierlichkeit eines heiligen Sakraments. Aus diesem Zen-Ritual entwickelte sich schließlich auch die japanische Tee-Zeremonie des fünfzehnten Jahrhunderts.

Leider vernichtete der Einbruch der mongolischen Stämme im dreizehnten Jahrhundert, der mit der Verwüstung Chinas und seiner Unterwerfung unter die barbarische Herrschaft der Yüan-Kaiser endete, alle Früchte der Sung-Kultur. Die eingesessene Ming-Dynastie, die um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts den Versuch einer nationalen Wiedergeburt unternahm, war durch innere Unruhen gestört, und China geriet im siebzehnten Jahrhundert wieder unter die Fremdherrschaft der Mandschu. Die Sitten und Gebräuche wechselten, so daß keine Spur der alten Zeiten übrig blieb. Der Pulvertee ist ganz vergessen. Wir sehen einen Ming-Kommentator außerstande, die Form des Schlägers, wie ihn die Sung-Klassiker erwähnen, zu beschreiben. Der Tee wird nunmehr getrunken, indem man die Blätter in einer Schale oder Tasse heißen Wassers aufbrüht. Der Grund, warum dem Westen die älteren Methoden des Teetrinkens fremd geblieben sind, liegt eben darin, daß Europa das Getränk erst am Ausgang der Ming-Dynastie kennen lernte.

Dem Chinesen unserer Tage ist der Tee zwar ein köstliches Getränk, keineswegs aber ein Ideal. Die langen Leiden seines Vaterlandes haben ihm das inbrünstige Verlangen nach dem Sinne des Lebens genommen. Er ist modern, will sagen, alt geworden und entzaubert. Er hat den göttlichen Glauben an die Illusion verloren, der die ewige Kraft und Jugend der alten Dichter und Weisen darstellt. Er ist ein Eklektiker und nimmt höflich, wie in allem, die Traditionen der Welt an. Er spielt wohl mit der Natur, läßt sich aber nicht dazu herab, sie zu erobern oder anzubeten. Sein Blättertee ist oft wunderbar in seinem blütengleichen Duft, aber von der Romantik des Tang- oder Sung-Zeremonials ist in seiner Schale nichts verblieben.

Japan, das der chinesischen Kultur dicht auf den Fersen folgte, hat den Tee in allen seinen drei Perioden kennen gelernt. Bereits im Jahre 729 steht geschrieben, daß der Kaiser Shomu in seinem Palaste in Nara hundert Mönche mit Tee bewirtete. Die Blätter wurden wahrscheinlich von unseren Gesandten am Tang-Hofe nach Japan eingeführt und, wie es damals Mode war, hergerichtet. 801 brachte der Mönch Saicho einigen Teesamen mit und pflanzte ihn in Hiei-zan an. In den folgenden Jahrhunderten erfährt man von einer ganzen Reihe von Teegärten und von dem Entzücken, das der Adel und die Priesterschaft am Teetrinken hatte. Der Tee der Sung-Periode kam 1191 mit der Rückkehr Eizai-zenjis nach Japan hinüber, der zum Studium der südlichen Zen-Schule dorthin gegangen war. Die neuen Sorten, die er nach Hause brachte, wurden mit Erfolg an drei verschiedenen Stätten angepflanzt. Eine von ihnen ist der Uji-Distrikt bei Kyoto, der noch heute den Ruf genießt, den besten Tee der Welt hervorzubringen. Die südlichen Zen verbreiteten sich mit erstaunlicher Schnelligkeit und damit auch das Tee-Ritual und -Ideal der Sung-Periode. Im fünfzehnten Jahrhundert erfolgte unter dem Schutze des Schoguns Ashikaga Yoshimasa die vollständige Aufrichtung des Tee-Rituals und seine Umwandlung zur Weltlichkeit. Seither ist der Teeismus in ganz Japan heimisch. Der Genuß des von dem neueren China übernommenen gebrühten Tees ist bei uns erst verhältnismäßig jüngeren Datums. Er ist erst seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts bekannt. Im täglichen Gebrauch hat er den Pulvertee bei uns ersetzt, wenn auch diese Form des Tees nach wie vor als der Tee aller Tees gilt.

Gerade in dem Tee-Zeremoniell Japans sehen wir das Tee-Ideal seinen Höhepunkt erreichen. Der erfolgreiche Widerstand, den wir 1281 der mongolischen Invasion entgegensetzten, setzte uns instand, die in China selbst durch den Nomadeneinfall so verhängnisvoll abgeschnittene Sung-Bewegung weiter zu entwickeln. Bei uns ist der Tee mehr geworden als eine Idealisierung der Form, ihn zu trinken. Er ist Religion der Kunst des Lebens. Das Getränk wurde allmählich zum Vorwand für einen Kult der Reinheit und Verfeinerung; es wurde eine heilige Handlung, bei der sich Gast und Wirt für den Augenblick zu höchster weltlicher Glückseligkeit vereinten. Der Teeraum bildete eine Oase in der öden Wüstenei des Daseins, wo müde Wanderer sich begegnen konnten, um sich an dem gemeinsamen Quell des Kunstgenusses zu erquicken. Das Zeremoniell stellte ein improvisiertes Drama dar, dessen Handlung sich um den Tee, die Blumen und die Bilder flocht. Kein Farbenklang durfte den Ton des Zimmers stören, kein Geräusch den Rhythmus der Dinge unterbrechen, keine Gebärde die Harmonie auflösen, kein Wort die Einheit der Umgebung zerstören. Alle Bewegungen sollten einfach und natürlich sein. Das waren die Ziele des Tee-Zeremonials. Und -- seltsam genug -- sie wurden oft erreicht. Eine tiefe Philosophie lag hinter alledem. Teeismus war Taoismus in Verkleidung.


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