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Die Asuka-Periode

(550-700 n. Chr.)

Die erste buddhistische Periode in Japan Die Daten, die die japanische Geschichte in bestimmte Abschnitte teilen, sind in diesem kurzen Abriß etwas nach oben oder unten abgerundet. Darum ist es vielleicht angebracht, zur Information folgende genauere Übersicht anzuführen.
Die Asuka-Periode dauert von der Einführung des Buddhismus 552 n. Chr. bis zur Thronbesteigung des Kaisers Tenchi im Jahre 662. Dieses Zeitalter steht in Japan stark unter dem Einfluß des sich in China unter der T'ang-Dynastie mächtig entwickelnden Buddhismus.
Die Fujiwara-Periode, von der Thronbesteigung Kaiser Daigos 898 bis zum Sturz der Taira-Familie 1186. Dieses Zeitalter wird durch eine rein nationale Entwicklung buddhistischer Kunst und Philosophie unter dem Fujiwara-Adel charakterisiert.
Die Kamakura-Periode, 1186-1394, vom Aufstieg der Minamoto-Shôgune (Vizekönige) in Kamakura bis zum Ashikaga-Shôgunat.
Die Ashikaga-Periode, 1396-1587, so genannt nach einem in der Provinz Musashi gelegenen Ort, der ursprünglich die Residenz jenes Zweiges der Minamoto-Familie war, der seinerzeit das Shôgunat innehatte.
Die Toyotomi-Periode und ältere Tokugawa-Periode, von der Oberherrschaft Hideyoshis 1587 an bis zum Aufstieg des Shôgun Yoshimune 1711.
Die jüngere Tokugawa-Periode, vom Aufstieg des Shôgun Yoshimune 1711 bis zum Sturze der Shôgune 1867. In dieses Zeitalter fällt die Blüte des Mittelstandes und die von europäischem Einfluß unterstützte Geburt einer naturalistischen Kunst.
Die Meiji-Periode, von der Thronbesteigung des vorletzten Kaisers 1868 bis auf den heutigen Tag.
beginnt mit der Einführung des Buddhismus aus Korea, 552 n. Chr. Man nennt sie die Asuka-Periode, weil die japanische Hauptstadt bis zu ihrer Verlegung nach Nara im Jahre 710 in der betreffenden Provinz gelegen war. Ihr charakteristisches Merkmal ist die Weiterentwickelung jener abstrakt-idealistischen Strömung in Japan, welche durch die von Açoka und Kanishka geschaffene Einigung die Wasser des neuen Glaubens nach China hinüberleitete.

Es ist immerhin möglich, daß die Missionare Açokas bereits unter der Regierung des ersten Ts'in-Kaisers nach dem Reiche des Himmels hinüberkamen, dort aber nur geringe Spuren hinterließen. Die historischen Überlieferungen, die eine kritische Prüfung unsererseits zulassen, setzen um das Jahr 59 n. Chr. ein, wo ein Gesandter der damals aller Wahrscheinlichkeit unter Kanishkas Oberhoheit lebenden Geten dem chinesischen Gelehrten Ts'ai-Yin gewisse Übersetzungen buddhistischer Texte überreichte Dieselbe Begebenheit wird in chinesischen Quellen schon aus dem Jahre 2 v. Chr. berichtet, nur mit dem chinesischen Beamten Ts'in King als Empfänger, der dann auch als Mitglied der Gesandtschaft Ts'ai Yins nach Indien vom Jahre 65 n. Chr. genannt wird.. Im Jahre 64 n. Chr. träumte der Han-Káiser Ming-ti von einem riesigen Gotte ganz aus Gold. Beim Erwachen fragte er seine Höflinge nach der Bedeutung seines Traumes. Eben dieser Ts'ai-Yin, der als Gelehrter mittlerweile zu hohem Ansehen gelangt war, konnte ihm als einziger von der neuen Glaubenslehre des Westens erzählen. Im Jahre darauf wurde er mit einem Gefolge von achtzehn Mann zu den Geten geschickt und kehrte 67, von buddhistischen Götterbildern und zweien, angeblich aus Mittelasien stammenden Mönchen, Mâtanga und Hôran, begleitet, in die Heimat zurück. Es heißt, man habe die Fremden in dem für fremdrassige Untertanen bestimmten Palaste der Hauptstadt Loh-yang untergebracht, denn China nahm zur Han-Zeit die Herrschaft der Welt für sich in Anspruch. Dieser Palast wurde später in ein Kloster umgewandelt, in den sogenannten »Tempel des weißen Pferdes«. Der Ort, auf dem er gestanden hat, ist heute noch in der an alten Trümmern so reichen, jetzt so zusammengeschrumpften Stadt zu sehen. Es heißt, Mâtanga habe auf die Palastwände einen von tausend Wagen und Reitern umgebenen Stûpa gemalt, wodurch sofort der Gedanke an die damals in Mode stehenden, reichverzierten Stûpas und Geländer von Sânchî und Amarâvatî wachgerufen wird. Von den mitgeführten Bildnissen wissen wir aber nichts.

Mâtangas Nachfolger, der Mönch Ansei, stammte aus Arsak, dem Lande der Parther; ihm folgten weitere Missionare aus dem benachbarten Lande der Geten. Es ist sogar von einer Gesandtschaft die Rede, die 159 über Cochinchina aus Indien herüberkam. Ihre Begleiter fertigten Übersetzungen der zu der ersten Stufe der nördlichen Schule gehörigen Texte an (Positiver Idealismus). Gegen Ende des dritten Jahrhunderts wurde dann die Übertragung der Amitâbha-Sûtra vollendet.

Amitâbha bedeutet unermeßliches Licht und ist eine Verkörperung des Unpersönlich-Göttlichen, jene Vision des in den indischen Upanishaden unter dem Namen Brahman bekannten, erhabenen Ewigen, im Gegensatz zu der persönlichen Gottheit Câkyamuni. Die Anerkennung dieses grundlegenden Unterschiedes trennt die nördliche Schule des Buddhismus von der südlichen. Diese strebt nach Nirvâna oder nach der Befreiung von der Welt des Relativen als Endziel, während jene Nirvâna als den Anfang einer neuen Herrlichkeit betrachtet. Die frühesten noch vorhandenen Auslegungen der Nirvâna-Idee verdanken wir Açvaghosha; sie stellen das gemeinsame Gedankenerbe dar, das uns von der ältesten indischen Philosophie, aus der sich der Buddhismus entwickelte, vermacht worden ist.

Der Baum des Buddhismus war im Begriffe, in China Wurzel zu schlagen, als eine Sturzwelle hunnischer Grenzvölker den Norden überflutete und sein Wachstum auf plötzliche und etwas gewaltsame Weise beschleunigte. Es waren die späteren Gründer der sogenannten nördlichen Dynastie, wilde Stämme, die in ihren Steppen bereits Anhänger von Buddhas Lehre geworden waren, wenn auch in einer von Aberglauben und Vorurteilen, wie sie dem barbarischen Zustande natürlich sind, getrübten Form. Ihre Lehre war in der Tat sehr verschieden von der des zivilisierten chinesischen Südens, die durch ihre starke philosophische Grundlage und ihre Verwandtschaft mit den Ideen der Konversationalisten dort und bei der einheimischen Dynastie so starken Anhang gefunden hatte.

Buddhochinga soll ein indischer Mönch und Lehrer gewesen sein, der einen großen Einfluß auf die wilde und unruhige hunnische Soldateska ausübte. Man glaubte ihn im Besitze übernatürlicher Kräfte, weshalb ihn das Volk in höchstem Ansehen hielt und niemals in der Richtung, wo er sich befand, ausspuckte. Kraft seines persönlichen Einflusses gelang es ihm, viel Grausamkeit und Blutvergießen unter der nördlichen Chou-Dynastie zu verhindern. Sein Schüler Doan wanderte südwärts und half, zusammen mit Yeon, den Glauben an Amitâbha, oder das Streben nach dem Heile durch Kontemplation und Gebet zum idealen Buddha des westlichen Himmels, zu verbreiten. Kumârajîva, der angeblich aus Korsar gebürtige Sohn eines getischen Vaters und einer indischen Mutter, war seinerzeit so berühmt, daß ein Kaiser des Nordens eine ganze Armee nach ihm ausschickte, um ihn als Lehrer nach China zu bringen, wo er 401 anlangte. Er übersetzte zahllose buddhistische Texte und legte damit den Grund zu jener buddhistischen Gelehrsamkeit, die gegen Ende des sechsten Jahrhunderts in Chi-kai von den Tendai (T'ien-t'ai)-Bergen gipfelte. Die Geschichte dieser langen Reihe bedeutender Lehrer läßt auf einen ständigen Zustrom wandernder Mönche aus Indien nach China schließen und regt die interessante Frage nach den Verkehrsmöglichkeiten der damaligen Zeiten an. Es scheint außer dem Seewege von der bengalischen Küste über Ceylon nach der Mündung des Yang-tse-kiang noch zwei große Landrouten gegeben zu haben, die beide von Tun-huang in China an der Grenze der Wüste Gobi ausgingen, sich vor dem Oxus teilten, in die nördlichen und südlichen Pässe des T'ien-shan übergingen und so nach dem Indus führten. Die Gesandtschaften wählten wohl meist den Seeweg. In diesen Tatsachen liegt auch der Schlüssel zum Verständnis einer gewaltigen Epoche, in der Nordwest-Indien der Mittelpunkt zweier großer Reiche war und dank einer stets in Bewegung befindlichen Welt von Reisenden, Pilgern und Handelsleuten der Träger einer gemeinsamen Kultur wurde. Wahrscheinlich müssen wir dann in der mohammedanischen Eroberung Indiens, die diesen großartigen Handel an beiden Ausgangspunkten brachlegte, die geheime Ursache jenes Vorgangs sehen, der den ganzen Orient seines Ansehens beraubte und die Völker des Mittelmeeres und der Ostsee veranlaßte, den gesamten Osten als das Opfer einer »gehemmten Entwickelung« zu betrachten.

Die Kunstwerke dieser Zeit sind sehr zahlreich, einige darunter von riesenhaftem Maßstabe. Das Hauptziel eines Volkes, das buddhistische Götterbilder bereitwillig in das taoistische Pantheon aufnahm, scheint gewesen zu sein, die indische Religion in das chinesische Kunstgewand der Han-Zeit zu kleiden. Es fand ein ähnlicher Vorgang statt wie bei den christlichen Tempeln und Götterbildern, die sich den Stil der römischen Architektur und Plastik aneigneten.

Die Architekten jener Zeit wandelten, wie bereits erwähnt, die chinesischen Paläste in einer Aufwallung von Resignation sofort zu buddhistischen Tempeln um. Nur solche Veränderungen wurden vorgenommen, die für den neuen Zweck erforderlich waren. Der Stûpa hatte infolge seiner Entwickelung aus der Baumform schon zu den Zeiten Kanishkas mehrere Stockwerke aufgesetzt, und nachdem er auf chinesische Verhältnisse übertragen und den Bedingungen eines hölzernen Baustiles angepaßt war, wurde er zu der auch heute noch in Japan überall bekannten Pagode. Von ihm gibt es zwei Arten: den rechteckigen und den kreisförmigen, der die ursprüngliche Kuppel noch beibehalten hat.

Die erste von Ryoken im Jahre 217 erbaute hölzerne Pagode hat zweifellos die vielstöckigen Türme der Han-Zeit zu Vorbildern, mit Ausnahme der Türmchen, die ursprünglich eine Nachbildung des Schirmes oder Emblems der Herrschaft waren. Ihre Zahl bezeichnete den hierarchischen Rang der Pagodengottheit. Drei standen für einen Heiligen, neun für den obersten Buddha. Die zu Beginn des sechsten Jahrhunderts errichteten Pagoden, von denen uns glücklicherweise Beschreibungen erhalten geblieben sind, scheinen dagegen in wachsendem Maße indischen Schmuckformen nachgebildet zu sein. So lesen wir zum Beispiel von einer großen Vase an der Pagodenspitze, was auf eine auffallende Ähnlichkeit mit den von Hüan-tsang geschilderten Verzierungen des Buddhagayâ-Stûpas deutet, der im gleichen Jahrhundert von Amarasinha, einer der sogenannten neun Leuchten der Wissenschaft am Hofe Vikramâdityas, gebaut wurde.

Die Plastik scheint sich parallel entwickelt zu haben. Der indische Typus mußte die Chinesen anfänglich fremd anmuten, und Bildhauer, wie der im vierten Jahrhundert lebende Taiandô, setzten es sich daher zur Aufgabe, einen neuen Typ zu schaffen, indem sie ständig die Proportionen veränderten. Taiandô war so sehr auf scharfe Kritik erpicht, daß er sich drei Jahre lang hinter einem Vorhang hinter einer seiner Figuren verborgen hielt, um die Bemerkungen des Publikums zu belauschen. Daß es eine feste Schule der chinesischen Bildhauerkunst gab, geht aus den Berichten des Pilgers Hôken (Fah-hien) einwandfrei hervor, der die Plastik eines bestimmten Grenzlandes als von ausgesprochen chinesischem Charakter schildert, im Gegensatz zu dem anderwärts herrschenden indischen Typ. Die Entstehung dieses Stiles schreibt er dem Einfluß eines chinesischen Generals zu, der das betreffende Gebiet besetzt hatte. Wir sind allerdings der Ansicht, daß dies höchstens eine Verstärkung des Stiles zur Folge haben konnte, der eher von den pundschabischen Geten herrühren dürfte, dessen Spuren wir bis Mathurâ hineinverfolgen können. In Wahrheit sind die plastischen Überreste dieser Zeit, soweit unser Wissen reicht, in Porträt, Typus, Gewandung und Ornamentik, vornehmlich dem Han-Stil nachgearbeitet.

Das charakteristischste Beispiel hierfür sind wohl die Felsfiguren von Lung-men-shan bei Loh-yang. Sie bilden einen Teil der Felsentempel, die die Kaiserinwitwe Hu 516 errichten ließ. Die Ruinen von Lung-men-shan üben auch heute noch die stärkste Wirkung aus. Sie sind nicht nur Denkmäler ihrer Zeit, sondern ein Museum für sich mit über zehntausend Statuen Buddhas, einige aus der T'ang-Zeit, andere noch bis in die Sung-Zeit hinreichend und mit authentischen Daten versehen, wodurch sie für uns von höchster Bedeutung sind. Grotte reiht sich an Grotte, alle von spitzen Türmen überdacht. Die Skulpturen sind sowohl in Hoch- wie in Flachrelief und die Hauptfiguren so weit aus dem Stein gehauen, daß sie fast freistehen.

Ein chinesischer Dichter hat beim Besuch dieser Grotten die Inschrift hinterlassen: »Die Steine selbst sind alt geworden und haben Buddhaschaft erreicht.« Schon der Ort an sich ist wunderschön: unterhalb der Schroffen, aus denen die Buddhas ausgehauen sind, strömt das reißend schnelle I-shui, und am gegenüberliegenden Ufer steht der kleine, unter dem Namen Hiang-shan-sze bekannte Tempel. Die Stelle, an der unser geliebter T'ang-Dichter Peh Loh-tien sein Haus erbaute, ist auch heute noch zu sehen.

Zur Asuka-Periode, als der Buddhismus zum ersten Male nach Japan hinübergelangte, spielte das Geschlecht der Soga die erste Rolle im Staate, ähnlich den Fujiwara und Minamoto in späterer Zeit. Die Soga waren eine Macht im Reiche seit den Tagen ihres Urahnen Takeshi-uchi-no Sukune, des Ratgebers und Premierministers der Kaiserin Jingô zur Zeit ihrer berühmten Eroberung Koreas. Auf späteren Bildern ist er als ehrwürdiger, bärtiger Greis mit dem kleinen Kaiser auf dem Arme dargestellt. Von dieser Zeit an waren die Mitglieder seines Hauses erbliche Minister für auswärtige Angelegenheiten; und, den Traditionen ihres Geschlechtes folgend, liebten und verehrten sie fremde Kultur und fremde Einrichtungen, während die anderen inländischen Fürsten zur strengen Beobachtung der einheimischen Sitten neigten. Denn die verantwortliche Regierung lag zumeist in den Händen der mächtigen, den Thron umgebenden Adelsgeschlechter, die mit kaiserlicher Genehmigung ihre Mandate ausübten. Dieser hierarchische Aufbau stellt die letzten Überreste jener »Götterversammlung« dar, die in Takama-ga-hara den obersten Gott beraten haben soll.

Die Unruhen im Staate, die der Buddhismus im Gefolge hatte, werden so allmählich zum Rivalitätskampf zwischen den Soga und den Mononobe, den erblichen Oberbefehlshabern der einheimischen Armee, die ihrerseits von den Nakotomis, den Vorfahren der Fujiwara, unterstützt wurden. Die Nakotomi waren als Oberpriester, oder besser gesagt »Hüter des urväterlichen Ritus«, zähe Anhänger der alten Idee und boten der neuen Religion Trotz. Die erblichen Oberbefehlshaber der japanischen Flotte, die Ôtomo, fuhren mittlerweile zwischen ihren Stationen an der koreanischen Küste hin und her und neigten wieder auf die Seite der Soga; zum mindesten blieben sie in diesem Streite neutral. Dieses verderbliche, mit dem Siege der Soga endende Ringen um Macht hatte überdies das ewig unvergeßliche Verbrechen des Kaisermordes und eine Reihe von Entthronungen im Gefolge, – eine Tat, die selbst dem Japaner von heute noch Kummer bereitet. Im übrigen hat diese Epoche viel Ähnlichkeit mit der Meiji-Restauration unserer Tage, wo Fortschrittler und Konservative ihre Meinungsverschiedenheit, wenn auch auf versöhnlichere Art, zum Austrag brachten.

Die von dem oligarchischen Übergewicht geschwächte kaiserliche Gewalt sah sich außerstande, gegen die Ansprüche der einen oder anderen Partei ihr Veto einzulegen. Als zum Beispiel der König von Korea, Syöng-myöng, dem Kaiser Kimmei im dreizehnten Jahre seiner Regierung (552) eine vergoldete Bronzestatue Çâkyamunis samt Baldachin und Gehängen und einer Reihe buddhistischer Schriften durch seine Gesandten überreichen ließ, mit den Worten: »Myöng, König von Pekche, dein Vasall, sendet voll Ehrfurcht diesen Vasallen deines Vasallen, Nu-ri Sa-cchi, um dieses Standbild hier in dein Reich zu tragen, auf daß die Lehre weiterfließen und alle deine Grenzen überfluten möge, laut Buddhas Befehl, der da befahl, daß sein Gesetz ostwärts ströme«, – freute sich der Kaiser natürlich über diesen Tribut, war aber gezwungen, die Annahme reiflich zu überlegen. Er unterbreitete daher die Frage seinen Ministern, und Iname von den Soga schlug vor, das Buddhabild unter dem geziemenden Ritus anzubeten; während Okoshi von den Mononobe, der Vater Moriyas, ein von den Buddhisten gefürchteter Name, und andere der Ansicht waren, daß man es samt der begleitenden Gesandtschaft zurücksenden möge.

Der Kaiser entschied die Angelegenheit im Geiste der Versöhnlichkeit dahin, daß er das Standbild Iname anvertraute, und es wurde eine Zeitlang in dessen Landhaus in Mukobara aufgestellt. Allein die im folgenden Jahre wütende Seuche und Hungersnot diente den Feinden der Soga zum willkommenen Vorwand, und sie erklärten, eine derartige Katastrophe rühre daher, daß man fremde Götter verehre. Sie erhielten denn auch vom Kaiser die Erlaubnis, die Beigaben des Götterbildes zu verbrennen und die Figur selbst in den benachbarten See zu versenken.

Trotzdem scheint es in Japan sowohl buddhistische Mönche wie Statuen gegeben zu haben, noch ehe sie bei Hofe offiziell zugelassen waren. Sze-ma Tah aus der Liang-Dynastie Südchinas, ein frommer Anhänger Buddhas und Großvater des berühmten Bildhauers Tori, der die hervorragendste Gestalt im Kunstleben jener Tage ist, war einunddreißig Jahre vor diesem Ereignis in Japan eingewandert. Seine Tochter wurde die erste Nonne, die zu den Bildern Buddhas betete. Die koreanischen Priester Donyei und Doshin kamen 554 nach Japan. Zehn Jahre später soll der Südchinese Chiso gleichfalls Bilder und Statuen herübergebracht haben, und trotz der Verfolgungen der Konservativen gewann die Lehre Buddhas täglich an Boden. Die koreanischen Könige von Kudara und Shiragi wetteiferten miteinander in Geschenken, und Umako, der Sohn Inames, der seinem Vater als Premierminister folgte, baute 584 verschiedene buddhistische Tempel. Das Jahr 573 ist als Geburtsjahr des gemeinhin unter dem Namen Shôtoku-taishi bekannten Prinzen Umayado von Bedeutung. Er ist der Heilige unter den Fürsten. In ihm sollte diese älteste Periode buddhistischer Erleuchtung ihren großen Vertreter finden. Er schrieb als Regent seiner Tante, der Kaiserin Suiko, die siebzehn Artikel der japanischen Verfassung. Dieses Dokument fordert die unbedingte Treue zum Kaiserhaus, ermahnt zur Befolgung der konfuzianischen Ethik und weist vor allem auf die Größe des indischen Ideales hin, von dem gewünscht wird, daß es alle erfüllen möge. Es stellt auf die nächsten dreizehn Jahrhunderte hinaus in bestimmter Formulierung das gesamte Leben der japanischen Nation dar. Umayados Kommentare zu den buddhistischen Sûtras zeugen nicht nur von außergewöhnlichen Kenntnissen des Chinesischen, sondern lassen auch durch ihre klare Zusammenfassung der Lehre Nâgârjunas (2. Jahrh. n. Chr.) einen meisterhaften Scharfblick und geniale Eingebungskraft erkennen. Das Buch wurde von den Koreanern und Chinesen wie ein Wunder angestaunt. Der Tod des Prinzen Umayado im Jahre 621 war das Zeichen zu allgemeiner Trauer und Verzweiflung: das Volk schlug sich an die Brust, als habe man die Nacht des Mondes beraubt, der sie erhellt. Er wird auch heute noch als der Schutzpatron der Gewerbe von allen Kunsthandwerkern und Mechanikern verehrt, insbesondere im Tennô-ji in Ôsaka.

588 fand der Streit zwischen den rivalisierenden Adelsgeschlechtern sein Ende. Jedes hatte versucht, den Anhänger seines Glaubens auf den Thron zu erheben. Er schloß mit der Niederlage Moriyas und Nakatomis und der späteren Ermordung des Kaisers, der sich der Diktatur Umakos zu widersetzen wagte. Umako setzte dann seine eigene Großnichte Suiko, die zugleich eine Enkelin des Kaisers war, auf den Thron. Ihre lange Regierung (593-628) mit dem Prinzen Umayado als Regenten fällt mit dem Höhepunkte der ersten buddhistischen Bewegung zusammen, die mitunter sogar nach ihr die Suiko-Epoche genannt wird. Ihre Residenz lag in der Provinz Asuka, etwa zwölf Meilen südlich von Nara, wo alle Kaiser seit den Tagen Kimmeis gewohnt hatten. Bedauerlicherweise haben sich in Asuka selbst keine Spuren ihrer Wirksamkeit erhalten, und seit der Verlegung der Hauptstadt nach Nara ist der ganze Ort in Verfall geraten. Ein paar vereinzelte Tempel und unter Maulbeerbäumen verstreut liegende Marmorblöcke sind die alleinigen Zeugen seiner einstigen Größe.

Die einzige Ausnahme hiervon bildet die bronzene Kolossalstatue von Anko-in, an dem früheren Standorte des Asuka-Tempels, die der Überlieferung nach im fünfzehnten Regierungsjahre der Suiko gegossen sein soll. Ihre Ausmaße waren so ungeheuer, daß sie nicht durch das Tor des großen Tempels hindurch konnte. Dies war ein Beweis für das Können des Bildhauers Tori, so daß er für seine Mühe mit einem hohen Range bei Hofe und mit weiten Ländereien in der Provinz Afumi belohnt wurde. Die Statue hat indes durch Feuer und andere Unglücksfälle gelitten und ist zum wenigsten einmal schon dem Untergange nahe gewesen. Die an ihr vorgenommenen Restaurierungen stammen überdies unglücklicherweise aus der frühen Tokugawa-Periode, wodurch die Hauptmerkmale des Originales so verwischt worden sind, daß man heute nur noch an den Armen und der Armbekleidung sowie an Stirn und Ohren erkennen kann, wie dieses berühmte Götterbild in Wirklichkeit beschaffen gewesen ist.

Zum Glücke für uns wurde der Hôryûji-Tempel bei Nara in der Nähe von Prinz Umayados Residenz gebaut. Er ist reich an Überresten der Architektur und der übrigen Künste dieses Zeitalters. In dem Kondô oder »Goldenen Saal« ist die auf Befehl des Prinzen von Tori gegossene heilige Dreifaltigkeit Çâkyas mit der Datierung auf das Jahr 600 heute noch zu sehen; ebenso eine Dreifaltigkeit Yakushis aus dem Jahre 625. Jede ist einschließlich ihres Heiligenscheines ungefähr sieben Fuß hoch. In diesen Götterbildern finden wir den gleichen Han-Typus wieder, den die Felsentempel von Lung-men-shan über hundert Jahre früher zeigen.

In der gleichen Halle steht auch eine zehn Fuß hohe Kwannon Kwannon (Kwan-on, chines. Kuan-yin). – Das Wort ist eine Abkürzung von Kwan-ze-on, das bedeuten soll »der die Gebete der Welt ansiehet«. Die Gottheit entspricht dem indischen Avalokiteç »dem Herrn, der da herniederschaut«. Es ist dies eine der großen Bodhisattvas, die auf Nirvâna verzichten, bis die Welterlösung sich vollzogen hat. Kwannon wurde ursprünglich als Jüngling dargestellt, etwa der christlichen Auffassung der Engel entsprechend. Später nimmt er vorzüglich die Formen einer Frau und Mutter an. Jeder Schmerzensschrei, jeder mitleiderregende Anblick ist Emanation Kwannons. Kwannon besitzt dreiunddreißig Gestalten, die alle Stufen des Daseins darstellen. »Wo immer eine Eintagsfliege klagt, da bin auch ich zu finden«, kann als der Grundton der Lotos-Sûtra bezeichnet werden. Er (sie) stellt die Zufriedenheit dar, die aus dem Verzicht geboren ist. Er kann darum niemals der Geber von Nirvâna sein, sondern nur von dem letzten Schritt zur Erlösung; nicht der Buddha, sondern der Bodhisattva. Im indischen Buddhismus ist er als Padmapâni, der Lotosträger, bekannt, im Gegensatz zu Vajrapâni, dem Träger des Donnerkeils. aus Holz mit Lackarbeit, die das Geschenk eines koreanischen Königs gewesen sein soll. Möglich ist, daß sie in Korea angefertigt wurde; vielleicht stammt sie aber auch von einem der vielen koreanischen Handwerker, die in jener Zeit Japan überschwemmten. Eine andere Kwannon, die, jahrhundertelang dem Publikum verhüllt, ausgezeichnet erhalten ist, ist die Kwannon im Yumedono (»Saal der Träume«) des gleichen Tempels. Aus diesen beiden können wir auf jene ideale Reinheit des Ausdrucks schließen, die der buddhistischen Kunst vom Han-Typus eigen gewesen sein muß. Die Proportionen sind nicht gerade fein, – Hände und Füße zum Beispiel sind übermäßig groß, und das Gesicht weist fast die gleiche Starrheit auf wie die ägyptische Plastik. Trotz aller dieser Nachteile aber liegt dem Werke höchste Kultur und eine Reinheit zugrunde, wie sie nur aus einem tiefen religiösen Gefühl geboren wird. Denn das Göttliche war in dieser frühen Phase nationaler Selbstbehauptung ein abstraktes, unerreichbares und geheimnisvolles Ideal, das gerade durch seine Unerreichbarkeit dem Naturalismus in der Kunst einen ehrfurchtgebietenden Zauber verlieh.

Es scheint jedoch, als sollte sich das japanische Gemüt mit seiner angeborenen Liebe zur Schönheit und dem Hang zum Konkreten nicht mit dem ihm als Vorbild dienenden abstrakten Typus der chinesischen und koreanischen Meister zufrieden geben. Neben ihm sehen wir daher eine andere Richtung emporkommen, deren Ziel es ist, die starren Umrisse zu beleben und richtigere Proportionen zu schaffen. Das typische Beispiel hierfür ist die hölzerne Kwannon von Chûgû-ji, einem Nonnenkloster, das von den Töchtern des Prinzen gegründet und mit dem Hôryû-ji-Tempel verbunden war. Diese Statue, von der man annimmt, daß sie gegen Ende der Asuka-Periode entstanden ist, ist von wunderbar zartem Ausdruck und reinsten Proportionen, wenn auch dem Typus nach den Han-Kunstwerken streng nachgebildet. Neben den Buddhas und Bodhisattvas gibt es auch noch den Göttertyp der Devarâjas, der »Hüter des Gesetzes und Stützen der vier Weltgegenden«, die uns in dem gleichen Tempel unter dem Namen der »Vier Schutzkönige« erhalten geblieben sind. Diese letztgenannten Figuren sind von Yamaguchi, Ôguchi, Kusushi und Toriko gezeichnet. Yamaguchi wird an anderer Stelle als ein um die Mitte des siebenten Jahrhunderts lebender, berühmter Künstler erwähnt. Bemerkenswert ist, daß an dem metallenen Kopfputz und an der Rüstung dieser Königsstatuen noch die alten Han-Ornamente der frühen Dolmen erhalten geblieben sind.

Das einzige Denkmal der Malerei dieses Zeitalters sind die Lackverzierungen eines Privatheiligtums der Kaiserin Suiko selbst, der ein vorzügliches Beispiel des Han-Stiles ist.

Eine Stickerei, die das »Reich unendlicher Wonnen« darstellt – man fühlte, daß der Geist des Prinzen Umayado den Weg in dieses Paradies genommen hatte, und die Prinzessinnen seiner Familie arbeiteten mit ihren Damen an dieser von einem koreanischen Künstler entworfenen Stickerei, um sein Andenken zu feiern –, wird noch im Chûgû-ji aufbewahrt. Sie bestätigt die in dieser Zeit vorherrschende Auffassung von Farbe und Linienführung, die uns bereits in dem Tempel des Suiko entgegentritt.

Für die baulichen Überreste dieser Zeit ist das Heiligtum selbst ein charakteristisches Beispiel, und auch der »Goldene Saal« oder Kondô ist im großen und ganzen dem Typus treugeblieben, obgleich er hundert Jahre später restauriert wurde. Die Pagoden der benachbarten Tempel von Hôrin-ji und Hôkô-ji sind ebenfalls Beispiele für den gleichen Stil.


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