Christoph Friedrich Nicolai
Freuden des jungen Werthers
Christoph Friedrich Nicolai

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Goethe und Schiller Xenien

Einführung

Fort jetzt ihr Musen! Fort Poesie! Du Göttin des Marktes,
Deutliche Prosa, empfang deutlich den deutlichen Gast.

Nicolai

Nicolai reiset noch immer, noch lang' wird er reisen,
Aber ins Land der Vernunft findet er nimmer den Weg.

Der Wichtige

Seine Meinung sagt er von seinem Jahrhundert, er sagt sie,
Nochmals sagt er sie laut, hat sie gesagt, und geht ab.

Polyphem auf Reisen

Bücher und Menschen verschluckt und ganze Provinzen der Unflat,
Aber wie roh er sie fraß, lehret das Reisegefäß.

Buchhändler-Gewerbe

Meine Reis' ist ein Faden, an dem ich drei Lustra die Deutschen
Nützlich führe, so wie formlos die Form mirs gebeut.

Die zwei Sinne

Fein genug ist dein Gehör, auf Anekdoten zu horchen,
Aber die Farben laß, Blinder, uns andere sehn.

Formalphilosophie

Allen Formen macht er den Krieg, er weiß wohl, zeitlebens
Hat er mit Müh und Not Stoff nur zusammengeschleppt.

Der Todfeind

Willst du alles vertilgen, was deiner Natur nicht gemäß ist,
Nicolai, zuerst schwöre dem Schönen den Tod!

Das Kennzeichen

Was den konfusen Kopf so ganz besonders bezeichnet
Ist, daß er alles verfolgt, was zur Gestalt sich erhebt.

Philosophische Querköpfe

Querkopf! schreiet
ergrimmt in unsere Wälder Herr Nickel,
Leerkopf! schallt es darauf lustig zum Walde heraus.

Empirischer Querkopf

Armer empirischer Teufel! du kennst nicht
einmal das Dumme
In dir selber, es ist ach! a priori so dumm.

Der Quellenforscher

Nicolai entdeckt die Quellen der Donau! Welch Wunder!
Sieht er gewöhnlich doch sich nach der Quelle
nicht um.

Derselbe

Nichts kann er leiden was groß ist und mächtig, drum, herrliche Donau,
Spürt dir der Häscher solange nach, bis er seicht dich ertappt.

N. Reisen XI. Band S.177

A propos Tübingen! Dort sind Mädchen, die tragen die Zöpfe
Lang geflochten, auch dort gibt man die Horen heraus.

Polizeitrost

Gutes Jena, dich wäscht die Leutra zweimal die Woche.
Leutra, nimm nur den Kot gleich auch des Kritikers mit.

Der bunte Stil

Die französischen Bonmots besonders, sie nehmen sich herrlich
Zwischen dem deutschen Gemisch alberner Albernheit aus.

Der Glückliche

Sehen möcht ich dich, Nickel, wenn du ein Späßchen erhaschest,
Und, von dem Fund entzückt, drauf dich im Spiegel besiehst.

Überfluß und Mangel

Manches Seelenregister enthalten die Bände, doch wahrlich
Was die Seele betrifft, diese vermißt man durchaus.

Verkehrte Wirkung

Rührt sonst einen der Schlag, so stockt die Zunge gewöhnlich,
Dieser, solange gelähmt, schwatzt nur geläufiger fort.

Keine Rettung

Lobt ihn, er schmiert ein Buch euch zu loben, verfolgt ihn, er schmiert eins
Euch zu schelten, er schmiert, was ihr auch treibet, ein Buch.

Pfahl im Fleisch

Nenne Lessing nur nicht, der Gute hat vieles gelitten
Und in des Märtyrers Kranz warst du ein schrecklicher Dorn.

Derselbe

Nahe warst du dem Edeln und bliebst doch der Alberne? Näher
War ihm der Stuhl, wo er saß, aber er blieb nur ein Stuhl.

Verdienst

Hast du auch wenig genug verdient um die Bildung
der Deutschen, Fritz Nicolai, sehr viel hast du dabei doch verdient.

Die Horen an Nicolai

Unsre Reihen störtest du gern, doch werden wir wandeln,
Und du tappe denn auch, plumper Geselle, so fort!

Fichte und Er

Freilich tauchet der Mann kühn in die Tiefe des Meeres,
Wenn du, auf leichtem Kahn, schwankest und Heringe fängst.

Briefe über ästhetische Bildung

Dunkel sind sie zuweilen, vielleicht mit Unrecht, o Nickel!
Aber die Deutlichkeit ist wahrlich nicht Tugend an dir.

Modephilosophie

Lächerlichster, du nennst das Mode, wenn immer von neuem
Sich der menschliche Geist ernstlich nach Bildung bestrebt.

Das grobe Organ

Was du mit Händen nicht greifst, das scheint dir Blinden ein Unding,
Und betastest du was, gleich ist das Ding auch beschmutzt.

Der Lastträger

Weil du so vieles geschleppt und schleppst und schleppen wirst, meinst du,
Was sich selber bewegt, könne vor dir nichts bestehn.

Die Weidtasche

Reget sich was, gleich schießt der Jäger, ihm scheinet die Schöpfung,
Wie lebendig sie ist, nur für den Schnappsack gemacht.

Das Unentbehrliche

Könnte Menschenverstand doch ohne Vernunft nur bestehen,
Nickel hätte fürwahr menschlichsten Menschenverstand.

Apolog

Hast du jemals den Schwank vom Fuchs und vom Kranich gelesen?
Etwas ähnliches, Freund, hab ich vor kurzem erlebt.

Der Kranich beim Fuchse

Den philosoph'schen Verstand lud einst der Gemeine zu Tische,
Schüsseln sehr breit und flach setzt er dem Hungrigen vor.

Was geschah?

Hungrig verließ die Tafel der Gast. Nur dürftige Bißlein
Faßte der Schnabel, der Wirt schluckte die Speisen allein.

Der Fuchs beim Kranich

Den gemeinen Verstand lud nun der andre zu Tische,
Einen enghalsigen Krug setzt er dem Durstigen vor

Was geschah?

Trink nun, Bester! so rief er, und mächtig schlürfte der Langhals,
Aber vergebens am Rand schnuppert das tierische Maul.

Die Xenien

Was uns ärgert, du gibst mit langen entsetzlichen Noten
Uns auch wieder heraus unter der Reiserubrik.

Dem Buchhändler

Was uns belustigt, du mußt uns aus eigenem Laden verkaufen,
Und für ein Dritteil Rabatt stellst du an Pranger dich selbst!

Lucri bonus odor

Gröblich haben wir dich behandelt, das brauche zum Vorteil
Und im zwölften Band schilt uns, da gibt es ein Blatt.

Geschichte des dicken Mannes

(Man sehe die Rezension davon in der Neuen Deutschen Bibliothek)

Dieses Werk ist durchaus nicht in Gesellschaft zu lesen,
Da es, wie Rezensent rühmet, die Blähungen treibt.

Literaturbriefe

Auch Nicolai schrieb an dem trefflichen Werk? Ich wills glauben,
Mancher Gemeinplatz auch steht in dem trefflichen Werk.

Anekdoten von Friedrich II

Von dem unsterblichen Friedrich, dem Einzigen, handelt in diesen
Blättern der zehenmalzehntausendst sterbliche Fritz.

Nicolais Romane

Kennt ihr im Reinecke Fuchs die appetitliche Höhle?
Just so kommt er mir vor unter den Kindern des Geists.

Allgemeine Deutsche Bibliothek

Zehnmal gelesne Gedanken auf zehnmal bedrucktem Papiere,
Auf zerriebenem Blei stumpfer und bleiernder Witz.

Acheronta movebo

Hölle, jetzt nimm dich in acht, es kommt ein Reisebeschreiber,
Und die Publizität deckt auch den Acheron auf.

Der Höllenhund

»Scheusal! Was bellst du?« Mein Herr, es sind unserer zwei, die da bellen,
Spitz Nicolai versieht oben, ich unten das Amt.

Der junge Werther

Worauf lauerst du hier? »Ich erwarte den dummen Gesellen,
Der sich so abgeschmackt über mein Leiden gefreut

Nicolai

Zur Aufklärung der Deutschen hast du mit Lessing und Moses
Mitgewirkt? Ja, du hast ihnen die Lichter geschneuzt.

Nicolai auf Reisen

Schreiben wollt er und leer war der Kopf, da besah er sich Deutschland
Leer kam der Kopf zurück, aber das Buch war gefüllt.

Abschied von Nicolai

Unerschöpflich wie deine Plattheit ist meine Satyre,
Doch für das laufende Jahr nimm mit dem Hundert vorlieb.

(Xenien 1796. Nach den Handschriften hrsg. von Erich Schmidt und Bernhard Suphan. Weimar 1893)


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