Wilhelm Müller
Gedichte
Wilhelm Müller

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Schifferreigen

[Erster Schiffer]
        Es kömmt ein Fink geflogen
Des Morgens über Meer,
Der bringt mir Grüß und Lieder
Von meinem Liebchen her.

Wenn ich ein Vogel wäre,
Stellt' ich das Schiffen ein,
Und wenn ich wär kein Schiffer,
Ein Schwimmer müßt ich sein.

 
[Zweiter Schiffer]
Ich laß mein Schifflein treiben
Hinauf, hinab die Flut;
Ob Wind und Woge schlafen,
Das Schiff sich nimmer ruht.

Gib mir mein Ruder wieder,
Und laß das Spielen sein,
O Diebin, oder nimm mich
In deinen Nachen ein!

 
[Dritter Schiffer]
Es kömmt ein Schwan gezogen
Des Abends auf der Flut;
Ich will am Strande liegen,
Es träumt sich da so gut.

Es schwimmen auf den Wogen
Viel Schiffe groß und klein;
Ich kann nicht mit euch fahren,
Mein Nachen sank mir ein.

 
[Schifferin]
Ich bin zur Welt gekommen
In Wogen und in Wind,
Und Wind und Wogen wiegten
Mich als ein kleines Kind.

Dann bin ich Jungfrau worden,
Bekam ein Herz geschwind,
Und Herz und Jungfrau waren
Wie lauter Wog und Wind.

Bald klar und still zu schauen,
Bald wieder wild und kraus;
So lock ich manchen Nachen
Auf Klipp und Sand hinaus.

Ihr Schiffer, laßt das Singen!
Es geht in Wog und Wind.
Ihr solltet doch wohl wissen,
Was das für Dinge sind.

 


 


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