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»Und das nun,« sagte der Großkämmerling, »soll Poesie seyn! Dies lockre Gehirnmachwerk das im Vergleiche mit den wolkenhohen und dauerhaften Monumenten des Genius sich ausnimmt wie die Gold-Filagranarbeit von Zamara neben Aegyptens ewiger Architectur!« Nach dieser prachtvollen Sentenz, welche, sammt einigen wenigen derselben Gattung, Fadladin für seltne und wichtige Gelegenheiten immerdar bey sich trug, fuhr er in der Zergliederung der eben vorgetragenen 127 kurzen Dichtung fort. Die freye und leichte Gattung des Versmaaßes, worin es geschrieben war, sey– versicherte er – als eine der Hauptursachen des ängstenden Anwuchses von Poesie in unserer Zeit anzuklagen. Stemme man dieser gesetzlosen Leichtigkeit nicht irgend einen Halt entgegen, so werde uns bald ein Sängergeschlecht überlaufen, zahllos und kleinlich, wie die hundert und zwanzig tausend Ströme von Basra.»Man sagt, in den Tagen des Belal ben Abi Bordeh seyen die Flüsse oder Bäche von Basra gezählt worden, und ihre Zahl habe sich auf hundert ein und zwanzig tausend belaufen.« — Eben Haukal. Wer sich diesem Styl ergebe, verdiene Strafe, selbst für günstigen Erfolg; – so wie man Kriegsleute wohl schon für Siege bestraft habe, welche sie sich die Freyheit nahmen, in einer unregelmäßigen oder unhergebrachten Manier zu erkämpfen. Was nun solle man vollends zu den Erliegenden sagen? Zu Leuten, die sich's herausnehmen, wie im vorliegenden betrüglichen Falle, die Freyheit und Bequemlichkeit der kühnern Söhne des Gesanges nachzuahmen, ohne irgend einen Theil der Anmuth oder Kraft zu besitzen, daraus sogar die Nachläßigkeit Würde empfanden möge! – Welche gleich Jenen, den Wurfspeer sorglos schwängen, aber nicht, gleich ihnen, das Ziel träfen! – »Und welche,« – fügte er hinzu, seine Stimme erhebend, um seine Hörer in den Zustand der Schlaflosigkeit zu versetzen, – »welche sich bemühen, in Mitten aller Bequemlichkeit, die sie sich vergönnen, schwer und gezwängt zu erscheinen, gleich einer von den jungen Heidinnen, die 128 bisweilen vor der Prinzessinn tanzen, wenn sie sich witzigerweise anstellen, als hüpften sie in gefesselten Gliedern einher, während sie der leichteste Flor von Masulipatnam umwallt!«
Kaum sey es – fuhr er fort – dem ehrwürdigen Gange der Kritik angemessen, dieser so eben dargestellten, phantastischen Peri durch all ihre Flüge und Abenteuer zwischen Himmel und Erde nachzufolgen, doch könne er nicht umhin, der kindischen Geziertheit jener drey Gaben zu erwähnen, welche sie himmelan tragen solle – ein Blutstropfen, wahrhaftig, und ein Seufzer, und eine Thräne! Wie der erste dieser Artikel in des Engels »Strahlenhand« überliefert worden sey, – er bekenne sich unfähig, es auszumitteln, – und was den richtigen Transport des Seufzers und der Thräne betreffe, so seyen freylich solche Peri's und solche Poeten allzu unbegreifliche Dinge für ihn, als daß er auch nur vermuthen könne, wie sie dergleichen Gegenstände behandelten. – »Doch in Kurzem,« – sprach er – »es wäre Zeit- und Geduldverschwendung, sich länger bey so unheilbar frivolem Zeuge aufzuhalten, – kleinlich selbst in seiner eigenen kleinlichen Gattung, und nur das Banyan-Spital für kranke InsectenEine Beschreibung dieses Spitals findet sich in: Parsons Travels, p. 262.Dieser Bericht erweckte mein Verlangen, das Banyan-Spital zu besuchen, da ich ohnehin von ihrem Wohlwollen gegen die Thiere aller Gattung vernommen hatte, die durch Alter oder Zufall krank, lahm oder schwächlich geworden seyen. Gleich wie ich ankam, zeigte man mir eine Menge von Pferden, Kühen und Stieren, in Einem Gemach; in einem andern Hunde, Schafe, Ziegen und Affen. Für alle gab es reines Stroh zur Lagerstätte. Im obern Stockwerk gab es Niederlagen von mannigfachen Sämereyen, wie auch ebne und weite Wassergefäße zum Gebrauche der Vögel und Insecten.« — Parsons.
Man behauptet, daß alle Thiere die Banyanen kennen, daß die furchtsamsten sich ihnen nähern und die Vögel dichter zu ihnen kommen, als zu andern Leuten. – Siehe Grandpré. mag sich mit dergleichen befassen.
Umsonst versuchte Lalla Rukh diese schonungslose Kritik zu sänftigen; umsonst nahm sie Zuflucht zu ihren allerberedtesten Lieblingssprüchen, – ihn erinnernd, Dichter seyen doch immer ein scheues und sehr verletzbares Geschlecht, deren 129 Süßigkeit man nicht durch ein keckes Drüberhintrampeln hervorlocken dürfe, wie man es etwa mit dem duftigen Gras am Gangesufer anfange;»Ein sehr wohlriechendes Gras an den Gangesufern, bey Heridwar, welches an einigen Orten ganze Haufen bedeckt, und, wenn man es zertritt, einen starken Geruch verbreitet.« — Sir W. Jones on the Spikenard of the Ancients. – auch zerstöre die Strenge oft jede von ihr selbst begehrte Spur der Vollkommenheit; – und endlich vergleiche die Vollkommenheit sich dem Talismanberge, dessen Gipfel noch kein Sterblicher er stiegen habe.»Nahebey liegt ein merkwürdiger Hügel, der Talismanberg geheißen, weil – den Sagen des Landes zufolge – noch Niemand seinen Gipfel zu ersteigen vermochte.« — Kinneir. Aber weder diese anmuthigen Gründe, noch die weit anmuthigern Blicke, womit sie sich Bahn zu machen schienen, konnten auch nur für einen Augenblick den Schwung der Fadladinschen Augenbraunen abwärtsziehn, oder irgend ein Wort der Ermuthigung, oder auch nur der Duldung ihres Dichters aus dem Großkämmerling hervorzaubern. Duldung allerdings gehörte nicht zu den Schwachheiten Fadladin's; – er wußte einen und denselben Geist in die Angelegenheiten der Dichtkunst und seiner Religion überzutragen, und obgleich in Beyder Schönheit und Erhabenheit ein ziemlicher Fremdling, war er doch in Beyden ein vollkommner Meister der Verfolgungskunst. Auch trieb ihn gleicher Eifer in dem und jenem Geschäfte, mochte nun das Wild seiner Jagd aus Heiden oder Dichterlingen, aus Kuhanbetern oder epischen Sängern bestehen.
Man hatte nun Lahore, diese glänzende Stadt, erreicht, voll Grabmähler und Kapellen von endloser Pracht, wo Tod und Himmel gleiche Ehrenbezeugungen zu empfangen schienen, und 130 gewiß hätte sich Lalla Rukhs Einbildungskraft und Herz lebhaft davon entzündet, nur daß Gefühle, mehr dieser Welt angehörig, schon völligen Besitz von ihr genommen hatten. Sie fand hier Boten, von Kaschmir gesendet, und die Meldung bringend, der König sey im Thale angekommen, und habe selbst die Leitung des in den Säulen von Schalimar für sie bereiteten Empfanges übernommen. Der Schauder, der sie bey dieser Nachricht überlief, welche doch einer Braut freyen und leichten Herzens nur Bilder des Vergnügens und der Zuneigung hätte erwecken sollen, – er überzeugte sie, daß ihr Friede für immer verloren sey, und daß sie dem jungen Feramors mit Liebe, ja mit ganz unüberwindlicher Liebe angehöre. Der Schleyer, welchen diese Leidenschaft wohl Anfangs zu tragen pflegt, war abgefallen, und das Bewußtseyn, sie liebe, ward ihr nun eben so schmerzlich als ihr das Lieben früher ohne jenes Bewußtseyn süß gewesen war. Auch Feramors, – wie elend mußte er sich fühlen, wenn diese ihm so unvorsichtig vergönnten Stunden des holden Beysammenseyns eine gleich verhängnißvolle Bezauberung in sein Herz geströmt haben sollten, als in das ihrige; – wenn, ungeachtet ihres erhabenen Standes und der bescheidenen Verehrung, welche er demselben immer gezollt hatte, auch sein Gemüth dem Einfluß jener langen und glücklichen Zusammenkünfte erlegen wäre, wo Musik, Poesie, die ergötzlichen Bilder der Natur, – wo Alles sich vereinte, ihre Herzen einander zu nahen, und auf jede Weise die nur allzubereite Leidenschaft zu wecken, welche oft, der Brut des Wüstenvogels 131 gleich, schon allein aus dem Blick der Augen belebende Wärme schöpft!Die Araber glauben, der Strauß brüte seine Jungen durch seine Blicke aus. — P. Vanslebe, Relat. d'Egypte. Sie sah nur Einen Weg, sich vor der Gefahr zu hüthen, daß sie eben so schuldig als unglücklich werde, und diesen, wie schmerzlich es ihr auch fiel, beschloß sie einzuschlagen. Feramors mußte nicht mehr vor ihr zugelassen werden. Unrecht war es, schon so weit in das Labyrinth eingetreten zu seyn, aber Verbrechen wär' es geworden, mit dem Schlüssel in der Hand noch länger darin behaglich zu verweilen.
Konnte sie dem Könige der Bucharey auch nur ein kaltes und gebrochenes Herz darbringen, – ein reines Herz doch mindestens sollte es bleiben, und so mußte ihr ganzes Streben dahingehn, zu vergessen, daß es für sie eine kurze Vision der Glückseligkeit gegeben hatte, – jenem Arabischen Hirten gleich, der die Wüste durchziehend, einen Lichtblick der Gärten von Irim gewann, um sie dann auf immer wieder zu verlieren!Siehe Sale's Koran, II. Theil S. 484 in der Anmerkung.
Die Ankunft der jungen Braut zu Lahore ward mit hohem Jubel gefeyert. Die Raja's und Omra's in ihrem Gefolge – sich während der Reise in einer gewissen Entfernung haltend, und niemals näher an den Zelten der Prinzessinn lagernd, als es die Sorgfalt für deren Schutz durchaus nothwendig machte – ritten jetzt in glänzendem Zuge durch die Stadt, und streuten köstliche Geschenke über die Menge aus. Maschinen, 132 auf allen Straßen errichtet, warfen Regengüsse von Confect unter das Volk, während die Gewerke in vielen Wagen,Oriental Tales. mit Zindel und fliegenden Flaggen geschmückt, die mannigfachen Wahrzeichen ihres Gewerbes durch die Gassen führten. Ein glänzendes Entfalten von Leben und Pracht auf den Palästen und Tempeln und vergoldeten Minareten Lahores gestaltete die Stadt beynah zu einem Orte der Bezauberung; – vorzüglich an dem Tage, wo Lalla Rukh ihre Reise fortsetzte, während sie in Begleitung schöner Knaben und Jungfrauen dahinzog, die Gold- und Silberblumen im Gehen über den Häuptern schwangenFerischta werden solche Blumen genannt.»Oder vielmehr« – sagt Scott bey Gelegenheit der Stelle des Ferischta, aus welcher dies genommen ist, – »kleine Münzen, mit der Gestalt einer Blume geprägt. Man braucht sie noch immer in Indien zu wohlthätigen Vertheilungen, und bey ähnlichen Gelegenheiten streuen sie die Beutelträger der Vornehmen unter das Volk.«, und sie dann von sich warfen, um von der Menge aufgelesen zu werden.
Manchen Tag indeß nach dem Abzuge von Lahore blieb ein tiefes Dunkel über die ganze Reisegesellschaft verbreitet. Lalla Rukh, die ein kränkelndes Gefühl nur vorschützen wollte, um den jungen Sänger nicht anzunehmen, fühlte bald, daß es dazu keiner Verstellung bedürfe; Fadladin empfand die Entbehrung der guten Landstraßen, auf denen man bisher gereist war, und hätte fast das gesegnete Andenken Jehan-Guirs verwünscht, weil er nicht seine ergötzlichen BaumgängeDie schöne Landstraße, welche Kaiser Jehan-Guir von Agra bis Lahore anlegte, und auf beyden Seiten mit Bäumen bepflanzte.Diese Straße beträgt 250 Stunden in die Länge, sie hat kleine Piramiden oder Thürmlein, – sagt Bernier, – die auf jeder halben Stunde zu Wegeweisern dienen, wie auch Brunnen um die Reisenden zu tränken und die jungen Bäume zu wässern. bis mindestens zu den Gebirgen von Kaschmir fortgeleitet habe; – während die Damen, denen für den ganzen langen Tag nichts übrigblieb, als sich mit Pfauenfedern fächeln zu lassen und 133 Fadladins Reden anzuhören, ihrer Lebensweise herzlich müde schienen, und allen Kritiken des Großkämmerlings zum Hohn, geschmacklos genug waren, den Poeten zurückzuwünschen. Eines Abends, als man sich dem nächtigen Ruheplatze nahte, hatte die Prinzessinn, um freyere Luft einzuathmen, ihren Arabischen Lieblingszelter bestiegen, und während sie an einem Wäldchen vorüber ritt, tönten ihr aus dessen Blättern Lautenklänge entgegen, und eine nur zu wohlbekannte Stimme sang folgende Worte:
»Sagt mir nicht von Himmelslust,
Wenn es dort nicht Freuden gibt,
Treuer segnend unsre Brust,
Als was man auf Erden liebt!
Sag' vom Houriblick mir nicht!
Fern sey mir sein drohend Sprühn,
Wenn die Augen dort im Licht
Tödtlich, wie die ird'schen, glüh'n!
Wer, der hier schon Lieb empfand,
Ihren Trug, ihr Mißgeschick, –
Wünscht' auch in Elysiums Land
Sich den schlimmen Traum zurück?
Wer, der in der Wüste Reich
Bäche sah im Sand vergehn,
Stürbe wohl nicht lieber gleich,
Als nochmal die Bäche sehn?«
Der Ton wehmüthigen Trotzes, in welchem diese Worte gesungen wurden, drang durch Lalla Rukh's Seele; – und als sie zögernd von hinnen ritt, konnte sie nicht umhin, sich die trübe, doch 134 süße Ueberzeugung zu bekennen, Feramors sey vollkommen so liebend und unglücklich, als sie selbst.
Der Lagerplatz für diesen Abend war die erste anmuthige Stätte, welche sie seit ihrem Abzuge aus Lahore gefunden hatten. Auf einer Seite desselben befand sich ein Hain, mit kleinen Hindutempeln erfüllt, und aus den anmuthigsten Bäumen des Ostlandes angepflanzt, so daß die Tamarinde, die Kassia und Ceylons Seiden-Platanus sich im reichen Gegensatze mit dem fächergleichen Laube der Palmyra mischte, diesem Lieblingsbaume des prachtliebenden Vogels, welcher die Zimmer mit seinem Neste voll Feuerfliegen erleuchtetDer Baya, oder Indische Kreuzvogel. — W. Jones.. Mitten im Waldgrunde, wo sich das Gezelt erhob, gab es einen Teich, von schlanken Mangobäumen umringt, auf dessen hellem und kühlem Gewässer eine Menge von rothen Lotosblüthen spielte,»Hier befindet sich eine große Pagode bey einem Teich, auf dessen Wasser eine Menge des schönsten rothen Lotos schwimmt. Die Blüthe ist breiter, als die der weißen Wasser-Lilie, und ist die lieblichste aller Nymphäen, die ich jemals sah!« — Mss. Grahams Journal of a residence in India. während fernher die Trümmer eines seltsamen und ehrwürdigen Thurmes emporragten, alt genug, wie es schien, um einer längst verhallten Gottesverehrung zum Tempel gedient zu haben, und in Mitten all dieser blühenden Lieblichkeit Zerstörung mahnend. Das Staunen und die Muthmaaßungen Aller, richteten sich auf die seltsame Ruine. Lalla Rukh sann und spähte vergeblich, und der Alles sich anmaaßende Fadladin, welcher bis zu der gegenwärtigen Reise die Umgränzungen Delhi's niemals überschritten hatte, war eben damit beschäftigt, auf eine höchst gelehrte Weise auseinander zu setzen, daß er durchaus nichts von dem vorliegenden Gegenstande verstehe, als eine der Damen anfragte, 135 ob nicht etwa Feramors die allgemeine Neugierde befriedigen könne. Man nahe sich ja nun seinen väterlichen Gebirgen, und vielleicht sey dieser Thurm ein Ueberbleibsel jenes dunkeln Aberglaubens, der in den hiesigen Gegenden herrschte, bevor das Licht des Islams darin empordämmerte. Der Kämmerling, welcher in der Regel seine eigene Unwissenheit den besten Kunden vorzog, die irgend Jemand ihm zu ertheilen vermocht hätte, war auf keine Weise mit dieser dienstfertigen Anmerkung zufrieden, und selbst die Prinzessinn stand im Begriffe, ein leises Wort der Einwendung auszusprechen; aber noch ehe Jemand von ihnen zu Worte kam, hatte man bereits einen Sclaven nach Feramors abgesendet, welcher auch in wenigen Minuten erschien, – so bleich und unglücklich vor Lalla Rukh's Augen sich zeigend, daß sie schon die Grausamkeit bereute, womit sie ihn so lange von sich entfernt gehalten hatte.
Jener ehrwürdige Thurm, berichtete er, sey der Ueberrest eines uralten Feuertempels, von den Ghebern – oder Persern, die dem ehemaligen Glauben anhingen – erbaut, und die – nun seit manchem Jahrhundert schon–vor ihren Arabischen Eroberern hierherflüchteten, Freyheit und eigene Altäre in der Fremde dem Abfalle und der Unterdrückung in der Heimath vorziehend.»On les voit persécutés par les Kalifes se retirer dans les montagnes du Kerman. Plusieurs choisirent pour retraite la Tartarie et la Chine; d'autres s'arrêtèrent sur les bords du Gange, à l'est de Delhi.« M. Anquetil, Memoires de l'Académie, tome 31, p. 346. Man könne sich unmöglich – fügte er hinzu – des theilnehmendsten Gefühls erwehren, wenn man der vielen glorreichen aber unbeglückten Kämpfe gedenke, welche diese Urbewohner Persiens bestanden, um das Joch ihrer frömmelnden Eroberer abzuwerfen. Gleich ihrem eigenen Feuer im Gluthfelde 136 Baku'sDer »Ager ardens«, welchen Kempfer beschreibt. Amoenitat. Exot., brachen sie, an Einem Orte zurückgedrängt, am andern in frischen Flammen hervor; und er – ein Eingeborner Kaschmirs, jenes schönen und heiligen Thales, welches auf dieselbe Weise Fremden zur Beute geworden sey, und seine alten Tempel und angebornen Fürsten vor dem Zug unduldsamer Eroberer versinken sah,»Kaschmir (sagen dessen Geschichtschreiber) ward durch eingeborne Fürsten 4000 Jahre lang regiert, bevor Akbar es im Jahre 1584 eroberte. Akbar würde Schwierigkeiten gefunden haben, dies Paradies von Indien zu unterjochen, da es zwischen so gewaltigen Bergvesten liegt, nur daß dessen Beherrscher, Yusef Kahn, schändlich durch seine Omrahs verrathen ward.« — Pennant. – er gestehe gern, daß ihn bey den Leiden jener verfolgten Ghebern, ein Mitgefühl durchdringe, welches ein Denkmahl, wie das vor ihren Augen, nur mächtiger noch hervorrufe.
Zum erstenmal hatte Feramors sich mit so vieler Prosa vor Fadladin herausgewagt, und man kann leicht denken, welche Wirkung eben solche Prosa auf diesen allerstrenggläubigsten Heidenhasser thun konnte. Er saß während einiger Minuten ganz erstarrt, nur in Zwischenräumen ausrufend: »frömmelnde Eroberer! – Mitgefühl für Feueranbeter!« – indessen Feramors, den beynah sprachlosen Schauder des Kämmerlings glücklich benutzend, fortfuhr zu berichten, er wisse eine schwermüthige Sage, den Schicksalen eben jener tapfer kämpfenden Feueranbeter Persiens gegen ihre Arabischen Zwingherrn verwandt, und falls der Abend nicht schon zu weit vorgerückt sey, werde er sich glücklich fühlen, wenn er sie der Prinzessinn vortragen dürfe. Es war unmöglich für Lalla Rukh, ihm Nein zu erwiedern; – nie vorher war er nur halb so begeistert erschienen, und bey seinen Reden vom heiligen Thale war ihr zu Sinne gewesen, als 137 funkelten seine Augen gleich den zauberkräftigen Schriftzügen auf dem Schwerte Salomons. Ihre Einwilligung war deshalb sehr gern bereit, und während Fadladin voll unaussprechlicher Bangigkeit da saß, Verrath und Abscheulichkeit aus jeder Zeile erwartend, hub der Dichter seine Sage von den Feueranbetern also an: –
'S ist Mondlicht über Oman's Meer!So wird bisweilen der Persische Meerbusen genannt, welcher die Ufer Persiens und Arabiens scheidet. Gerechter Alla! Wie entbrannt Nie hat Arabiens Gluthzorn noch Und schau, – wo auf dem Felsenblocke, O, welch ein heilig reines Wesen Schön sind bey Sommerabends Feye Den holden Engelbildern gleich So war das Mädchen, das zur Stunde, So hat's ihr Vater wohl gedacht, Sie liebt, – jedoch sie weiß nicht Wen, Doch heut schien diese Gluth geschwunden, »Wie lieblich,« – spricht die holde Braut, »Gefahr? – O lock' mich nicht zum Prahlen!« »O sprich! – Sie schlägt nicht nieder »Halt! Tod ist Dein Wort!« – Da starrt er schnell empor, |
Ende des ersten Theils.