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Alfred Thon

Begehrt nun der Leser noch weiteres zu wissen, als da ist: wie sich das Brautpaar heimgefunden? ob sie von Freunden und Neugierigen nicht unterwegs erdrückt, zerrissen und gefressen worden? was Mutter Kiderlen und was die Base sagte? wie es denn bei der gräflichen Tafel herging? auch was nachher der Graf mit dem Seppe besonders verhandelt und so mehr – so würde ich bekennen, daß meine Spule abgelaufen sei bis auf das wenige, das hier nachfolgt.

Am Markt gegen dem Adler über sieht man dermalen noch ein merkwürdiges altes Haus, vornher versehen mit drei Erkern, davon ein paar auf den Ecken gar heiter wie Türmlein stehn mit Knöpfen und Windfahnen, hüben und drüben unterhalb der Eckvorsprünge zwei Heiligenbilder aus Stein gehauen, je mit einem kleinen Baldachin von durchbrochener Arbeit gedeckt: Maria mit dem Kind samt dem jungen Johannes einerseits und St. Christoph, der Riese, andrerseits, wie er den Knaben Jesus auf seiner Schulter über das Wasser trägt, einen Baumstamm in der Faust zum Stab. Dies Haus – in seinen Grundfesten samt dem Warengewölb vermutlich noch dasselbige – gehörte von Voreltern her dem Grafen eigentümlich und ward von ihm auf jenen Tag unserem Schuster in Erkenntlichkeit für seine kostbare Gabe und zum Beweis besonderer Gnade als freie Schenkung überlassen, nebst einem Teil des inbefindlichen Hausrats, welchem der Graf schalkhaftigerweise noch einen neuen Schleifstein mit Rad beifügte. Die Vrone bekam von den gnädigen Frauen einen künstlich geschnitzten Eichenschrank voll Linnenzeug zu ihrer Aussteuer.

Am Hochzeittag gaben sich beide das Wort, ihre Glücksschuh zwar zum ewigen Gedächtnis dankbar aufzuheben, doch nie mehr an den Fuß zu bringen, indem sie alles hätten, vornehmlich aneinander selbst, was sie nur wünschen könnten, auch überdies hofften, mit christlichem Fleiß ihr Zeitliches zu mehren.

Der Seppe, jetzt Meister Joseph geheißen, blieb seinem Gewerbe getreu noch über achtundzwanzig Jahr; dann lebte er als ein wohlhabender Mann und achtbarer Ratsherr, mit Kindern gesegnet, seine Tage in Ruh mit der Vrone.

Unter seinen Hausfreunden war einer, man hieß ihn den Datte, der kam an jedem dritten Samstagabend auf ein Glas Wein und einen guten Käs zu ihm mit dem Beding, daß niemand sonst dabei sei als die liebwerte Frau und die Kinder (diese hatte er gern, und sie taten und spielten als klein mit ihm, wie wenn er ihresgleichen wäre). Da ward alsdann geschwatzt von Zunftgeschäften und von den alten Zeiten, ingleichen gern von einem und dem andern ein starker Schwank erzählt. Derselbe Hausfreund brachte den werten Eheleuten an ihrem goldenen Jubeltag ein silbernes Handleuchterlein, vergoldet, in Figur eines gebückten Männleins, so einen schweren Stiefel auf dem Haupte trägt und einen Laib unter dem Arm. Rings aber um den Fuß des Leuchters waren eingegraben diese Reime:

Will jemand sehn mein frazzengesicht,
ich halt ihm selbs darzu das licht.
mich kränket nur daß noch zur stund
mich geküßt kein frauenmund.
die mir allein gefallen hat
ein cron und schaufalt Schaufalt (der Falt, Schwäb.), die Falte an Tüchern, die nach außenhin, um besonders gesehen zu werden, gelegt wird; daher das Verzüglichste seiner Art, womit man prangt, z.B. eine Person in einer Familie. Aehnlich ist Ausbund: was im Zusammenbinden auswärts gerichtet wird, und ebenso das vormals gebräuchliche Ueberbund dieser stadt
hab ich vor funfzig jaren heunt
müeßen lassen meinem freund.
zum datte Datte, Vater (Kindersprache). In einigen Orten Wirtembergs war ehemals die Gewohnheit, daß Ehezwistigkeiten, ehe sie zu sehr überhand genommen, durch einen stattlichen, untadelhaften Mann im Dorfe, den man den Datte nannte, der aber unbekannt blieb, gerügt und bestraft wurden. Er klopfte nämlich, von zwei selbstgewählten Gehülfen begleitet, an dem Hause uneiniger Eheleute an, antwortete auf die Frage: wer da? bloß: der Datte kommt, und ging ohne Weiteres wieder weg. Hörte der Zwist nicht auf, so erschien er zum zweitenmale und beobachtete dasselbe. Blieb auch dieß ohne Erfolg, so kam er zum drittenmale vermummt, drang in das Haus und prügelte den schuldigen Theil tüchtig ab. Der Mißbrauch hob diesen vielleicht altgermanischen Gebrauch auf. hant sie mich erkorn
zu schlichten zwilauf Zwilauf, Zwist. »Peter Vngelter vf der Stette haissen gen Straßburg verritten von Irer zwilöff wegen dorvnter zu reden.« Aus e. Städterechnung hadder zorn.
deß gieng ich müeßig all die jar
mag es auch bleiben immerdar.


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