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Sephardis erster Weg am Morgen nach dem Besuch in Hilversum war zu dem Gerichtspsychiater Dr. Debrouwer gewesen, um Näheres über den Fall Lazarus Eidotter zu erfahren.
Daß der alte Jude der Mörder nicht sein konnte, stand für ihn zu fest, als daß er es nicht für seine Pflicht gehalten hätte, als Glaubensgenossen ein Wort für ihn einzulegen, zumal Dr. Debrouwer als ein selbst unter Irrenärzten ungewöhnlich talentloser und vorschneller Beobachter galt.
Obwohl Sephardi Eidotter nur einmal im Leben gesehen hatte, war dennoch seine Teilnahme an ihm sehr rege. –
Schon der Umstand, daß er als russischer Jude einem geistigen Kreis ausgesprochen christlicher Mystiker angehörte, ließ vermuten, daß er ein kabbalistischer Chassid sein mußte, – und alles, was diese sonderbare jüdische Sekte betraf, nahm Sephardis Interesse in hohem Grade in Anspruch.
Er hatte sich in seiner Annahme, der Gerichtspsychiater werde den Fall falsch beurteilen, nicht geirrt, denn kaum gab er seiner Überzeugung, Eidotter sei unschuldig und sein Geständnis auf Hysterie zurückzuführen, Ausdruck, als Dr. Debrouwer, der schon äußerlich durch den blonden Vollbart und den "gütigen, aber durchdringenden" Blick den wissenschaftlichen Posseur und Hohlkopf verriet, mit sonorer Stimme einfiel: "Ein abnormer Befund hat sich keineswegs ergeben. Ich habe den Fall zwar erst seit gestern unter Beobachtung, aber soviel steht fest, daß jegliches Krankheitssymptom fehlt."
"Sie halten also den alten Mann für einen bewußten Raubmörder, und sein Geständnis für einwandfrei?" fragte Sephardi trocken.
Die Augen des Arztes nahmen den Ausdruck übermenschlicher Schläue an; er setzte sich geschickt gegen das Licht, damit das Blitzen seiner kleinen ovalen Brillengläser das Imposante seines Denkerantlitzes womöglich noch erhöhte, und sagte, eingedenk des Sprichwortes, daß auch die Wände Ohren haben, mit plötzlich geheimnisvoll gedämpfter Stimme:
"Als Mörder kommt dieser Eidotter nicht in Betracht, aber es handelt sich um ein Komplott, dessen Mitwisser er ist!"
"Ah. – Und woraus schließen Sie das?"
Dr. Debrouwer beugte sich vor und flüsterte: "Sein Geständnis deckt sich in gewissen Punkten mit den Tatsachen; folglich kennt er sie! Er hat es lediglich aus dem Grunde abgelegt und sich selbst als Täter bezeichnet, um den immerhin möglichen Verdacht der Hehlerschaft von sich abzulenken und zugleich Zeit zur Flucht für seinen Spießgesellen zu gewinnen."
"Kennt man denn die näheren Umstände des Mordes bereits?"
"Gewiß. Einer unserer fähigsten Kriminalisten hat sie aus dem Befund hergestellt. – Der Schuhmacher Klinkherbogk hat in einem Anfall von – von dementia praecox" (Sephardi horchte auf und unterdrückte ein Lächeln) "seine Enkelin unter Zuhilfenahme einer Schusterahle erstochen, wurde gleich darauf, als er das Zimmer verlassen wollte, von dem eindringenden Mörder getötet und durchs Fenster hinab in die Gracht geworfen. Eine ihm gehörige Krone aus Goldpapier hat man auf dem Wasser schwimmen gefunden."
"Und das alles hat Eidotter genauso angegeben?"
"Das ist's ja eben!" – Dr. Debrouwer lachte breit. – "Als der Mord im Hause ruchbar wurde, wollten Zeugen den Eidotter in seiner Wohnung wecken, fanden ihn aber vollkommen bewußtlos. Er simulierte natürlich. Wäre er in Wirklichkeit an der Tat unbeteiligt gewesen, hätte er doch unmöglich wissen können, daß der Tod des kleinen Mädchens infolge Erstechens durch eine Schusterahle eintrat. Trotzdem hat er es in seinem Geständnis ausdrücklich erwähnt. Daß er sich selbst auch als Mörder des Kindes ausgab, – nun, das ist sehr durchsichtig. Es geschah, um die Behörden zu verwirren."
"Und auf welche Weise will er den Schuster überfallen haben?"
"Er behauptet, an einer Kette, die vom Giebel des Hauses ins Wasser herabhängt, emporgeklettert zu sein und dem Klinkherbogk, der ihm mit freudig ausgebreiteten Arme entgegengetreten sein soll, das Genick gebrochen zu haben. – Alles Unsinn natürlich."
"Das mit der Ahle, sagen Sie, könne er unmöglich gewußt haben? – Ist es wirklich ganz ausgeschlossen, daß er es von irgend jemand erfahren hat, ehe er sich selbst bei der Polizei stellte?"
"Ausgeschlossen."
Sephardi wurde immer nachdenklicher. Seine anfängliche Vermutung, Eidotter habe sich als Täter bezeichnet, um einer eingebildeten Mission als "Simon der Kreuzträger" gerecht zu werden, hielt nicht Stich. Vorausgesetzt, daß der Irrenarzt nicht log, – woher konnte Eidotter die näheren Umstände mit der Ahle gewußt haben? Eine Ahnung beschlich Sephardi, als müsse ein schwer erklärlicher Fall unbewußten Hellsehens bei dem Alten mit hereinspielen.
Er öffnete den Mund, um den Verdacht, der Zulu sei vielleicht der Mörder, auszusprechen, aber ehe er es noch über die Lippen bringen konnte, fühlte er von innen heraus einen heftigen Ruck, der ihn sofort schweigen machte.
Es war fast wie eine körperliche Berührung gewesen. Trotzdem maß er der Sache keine weitere Bedeutung bei und fragte nur, ob es erlaubt sei, mit Eidotter zu sprechen.
"Eigentlich dürfte ich es nicht zugeben", meinte Dr. Debrouwer, – "gar wo Sie, wie man ja bei Gericht weiß, mit ihm noch kurz vor dem Geschehnis bei Swammerdam beisammen waren, aber wenn Ihnen soviel daran liegt – und da Ihr Ruf als Gelehrter in Amsterdam ja unantastbar ist" – setzte er mit einem Anflug von Neid hinzu, "so will ich gern meine Machtbefugnis überschreiten." –
Er klingelte und ließ Sephardi durch einen Wärter in die Zelle führen. – – –
Der alte Jude saß, wie man durch die Beobachtungsluke in der Mauer sehen konnte, vor dem vergitterten Fenster und blickte in den sonnendurchfluteten Himmel.
Als er die Tür öffnen hörte, stand er gleichmütig auf.
Sephardi ging rasch auf ihn zu und drückte ihm die Hand.
"Ich bin gekommen, Herr Eidotter, erstens, weil ich mich dazu verpflichtet fühle als Ihr Glaubensgenosse – –"
"Gloobensgenosse", murmelte Eidotter ehrerbietig und machte einen Kratzfuß.
"– und dann, weil ich überzeugt bin, daß Sie unschuldig sind."
"Unschuldig sind", echote der Alte.
"Ich fürchte, Sie mißtrauen mir", fuhr Sephardi nach einer Pause fort, da der andere stumm blieb, "– seien Sie unbesorgt, ich komme als Freund."
"Als Freund", wiederholte Eidotter mechanisch.
"Oder glauben Sie mir nicht? Das täte mir leid."
Der alte Jude fuhr sich langsam über die Stirn, als erwachte er erst jetzt.
Dann legte er die Hand aufs Herz und sagte stockend, Wort für Wort bemüht, sich so dialektfrei wie möglich auszudrücken: "Ich – hab' – keinen Feind. – Auf was herauf? – Und ibber den, als Sie mir sagten, Sie kümmen als Freund, woher soll ich nehmen die Chuzpe, an Ihren Worten zu zweifeln?"
"Schön. Das freut mich; ich werde infolgedessen ganz offen mit Ihnen reden können, Herr Eidotter"; – Sephardi nahm den angebotenen Stuhl und setzte sich so, daß er das Mienenspiel des Alten genau studieren konnte –, "wenn ich Sie jetzt verschiedenes fragen werde, geschieht es nicht aus Neugierde, sondern vor allem, um Ihnen aus der verhängnisvollen Lage, in die Sie geraten sind, zu helfen."
"Zu helfen", brummte Eidotter in sich hinein.
Sephardi schwieg absichtlich eine Weile und betrachtete aufmerksam das greisenhafte Gesicht, das fest und unbeweglich und ohne eine Spur von Erregung auf ihn gerichtet war.
Er erkannte auf den ersten Blick an den tief eingemeißelten Leidensfurchen, daß der Mann Furchtbares im Leben mitgemacht haben mußte, – dennoch lag, als seltsamer Kontrast dazu, in den weit offenen tiefschwarzen Augen ein Glanz von Kindlichkeit, wie er ihn noch nie an einem russischen Juden wahrgenommen hatte.
In dem spärlich beleuchteten Zimmer Swammerdams war ihm all das nicht aufgefallen. Er hätte in dem Alten einen Sektierer vermutet, der unter der Wirkung eines übertriebenen Frömmigkeitsgefühls zwischen Fanatismus und Selbstqual hin- und hergeworfen wurde; – der Mensch, der jetzt vor ihm saß, schien ein völlig anderer zu sein.
Seine Züge waren weder breit, noch hatten sie das Listige oder Abstoßende, das der Typus der russischen Juden aufzuweisen pflegt. Sie verrieten in jeder Linie eine ungewöhnliche Ideenkraft; trotzdem war ein geradezu erschreckender Ausdruck von Gedankenleere darüber gebreitet.
Sephardi konnte sich nicht zusammenreimen, wie dieses sonderbare Gemisch aus kindlicher Harmlosigkeit und greisenhaftem Verfall überhaupt fähig war, ein Branntweingeschäft in einem Verbrecherviertel zu betreiben.
"Sagen Sie mir", begann er sein Verhör in freundlicherem Tone, – "wie sind Sie nur auf den Einfall geraten, sich als Mörder an Klinkherbogk und seiner Enkelin auszugeben? Wollten Sie jemand damit helfen?"
Eidotter schüttelte den Kopf. – "Wem hätte ich denn helfen sollen? Ich hab' doch die beiden umgebracht."
Sephardi ging scheinbar darauf ein:
"Und warum haben Sie sie umgebracht?"
"Nu. Vün wegen die tausend Gulden."
"Und wo haben Sie das Geld?"
"Das haben mich doch die Gaônen" – Eidotter deutete mit dem Daumen auf die Tür – "auch schon gefragt. Ich weiß nicht."
"Bereuen Sie Ihre Tat denn gar nicht?"
"Bereuen?" – der Alte dachte nach. "Warum soll ich sie bereuen? Ich kann doch nix dafür."
Sephardi stutzte. Das war nicht die Antwort eines Wahnsinnigen. Er sagte leichthin:
"Gewiß können Sie nichts dafür. Sie haben die Tat eben gar nicht begangen. Sie haben im Bett gelegen und geschlafen und sich alles nur eingebildet. Sie sind auch gar nicht die Kette hinaufgeklettert, – das hat ein anderer getan; Sie wären zu so etwas in Ihren Jahren nie imstande gewesen."
Eidotter zögerte. "Sie meinen also, Herr Doktor, ich bin gar nicht der Mörder?"
"Natürlich sind Sie's nicht! Das ist doch sonnenklar!"
Wieder dachte der Alte eine Minute nach, dann brummte er gelassen:
"Nu. Das ist gescheit." – Keine Spur von Freude oder Erleichterung war in seinem Gesicht zu lesen. Nicht einmal Erstaunen.
Die Sache wurde Sephardi immer rätselhafter. Hätte eine Bewußtseinsverschiebung in Eidotter stattgefunden, würde es der Ausdruck der Augen, die nach wie vor gleich kindlich dreinschauten, oder ein Mienenspiel verraten haben. An absichtliche Verstellung war nicht zu denken: der Greis hatte die Erkenntnis der Tatsache, daß er unschuldig war, hingenommen wie etwas kaum Erwähnenswertes.
"Und wissen Sie auch, was mit Ihnen geschähen wäre", fragte Sephardi eindringlich, "wenn Sie die Tat wirklich begangen hätten? – Sie wären hingerichtet worden!"
"Hm. Hingerichtet worden."
"Jawohl. Erschreckt Sie das nicht?" –
Offenbar wirkte die Frage nicht auf das Gemüt des alten Mannes. Nur sein Gesicht wurde ein wenig nachdenklicher – so wie von einer Erinnerung erhellt. Dann zuckte er die Achseln und sagte: "Mir is im Leben schon Schrecklicheres passiert, Herr Doktor."
Sephardi wartete, was weiter kommen würde, aber Eidotter war bereits wieder in seiner totenhafte Ruhe versunken und schwieg.
"Waren Sie von jeher Branntweinhändler?"
Kopfschütteln.
"Geht Ihr Geschäft gut?"
"Ich weiß nicht."
"Hören Sie, wenn Sie so gleichgültig in Ihrem Beruf sind, kann's Ihnen eines Tages geschehen, daß Sie um alles kommen."
"Freilich. Wann mer nicht achtgibt", war die naive Antwort.
"Wer gibt acht? Sie? Oder haben Sie eine Frau? Oder Kinder, die achtgeben?"
Sephardi glaubte einen Weg zum Herzen des alten Mannes vor sich zu sehen: – "Denken Sie nicht zuweilen in Liebe an Ihre Familie zurück? Ich weiß ja nicht, ob es schon lange her ist, daß Sie sie verloren haben, aber glücklich können Sie sich doch unmöglich fühlen in Ihrer Einsamkeit! – Sehen Sie, ich habe auch niemand, der um mich wäre, und kann mich daher um so leichter in Ihre Lage versetzen. Wirklich, ich frage jetzt nicht nur aus Wißbegierde, um mir das Rätsel zu lösen, das Sie für mich sind", – unwillkürlich vergaß er, weshalb er gekommen war – "ich frage Sie aus reiner Menschlichkeit und –"
"– und weil Ihnen neebich so zu Mut is und Sie nicht anders können", ergänzte er zu seinem größten Erstaunen Eidotter, einen Augenblick ganz verändert; – in dem bisher leblosen Gesicht war etwas aufgeblitzt wie Mitgefühl und tiefes Verständnis. Eine Sekunde später erschien es wieder als das unbeschriebene Blatt, das es von Anfang an gewesen war, – "Rabbi Jochanan hat gesagt: Ein passendes Ehepaar unter den Menschen zusammenzubringen ist schwerer als das Wunder Mosis im Roten Meer", – hörte Sephardi ihn geistesabwesend murmeln. Mit einem Schlag begriff er, daß der Alte seinen Schmerz um den Verlust Evas, der ihm selbst momentan nicht klar zum Bewußtsein gekommen war, wenn auch vorübergehend mitempfunden hatte.
Er erinnerte sich, daß unter den Chassiden die Legende ging, es gäbe in ihrer Gemeinschaft Menschen, die den Eindruck von Wahnsinnigen machten und es trotzdem nicht wären, – die zu Zeiten ihres Ichs entkleidet, die Leiden und Freuden der Mitwelt so deutlich am eigenen Herzen erführen, als wären sie selber die davon Betroffenen. – Er hatte es für eine Fabel gehalten; – sollte wirklich dieser sinnverwirrte Greis ein lebendiger Zeuge für die Wahrheit jener Behauptung sein? – Sein Benehmen, die Einbildung, Klinkherbogk ermordet zu haben, seine bisherige Handlungsweise, kurz alles bekam einen neuen Zusammenhang, wenn es sich tatsächlich so verhielt.
"Können Sie sich nicht entsinnen, Herr Eidotter", fragte er im höchsten Grade interessiert, "ob es Ihnen schon einmal passiert ist, daß Sie glaubten, irgendeine Handlung begangen zu haben, die sich später als die Tat eines andern herausstellte?"
"Ich hab' mich nix drum gekümmert."
"Aber daß Sie in Ihrem Denken und Fühlen nicht so beschaffen sind wie Ihre Mitmenschen – wie ich zum Beispiel oder wie Ihr Freund Swammerdam, werden Sie vielleicht wissen? Neulich, als wir uns bei ihm kennenlernten, waren Sie nicht so einsilbig und viel lebhafter. Hat Sie der Tod Klinkherbogks so angegriffen?" – Sephardi faßte voll Teilnahme die Hand des Alten. – "Wenn Sie Sorgen haben oder Erholung brauchen, so vertrauen Sie sich mir an, ich will alles tun, um Ihnen beizustehen. Ich glaube auch nicht, daß Ihr Geschäft am Zee Dyk das Richtige für Sie ist. Vielleicht ist es mir möglich, Ihnen einen andern und – würdigeren Beruf zu verschaffen. – Warum wollen Sie eine Freundschaft, die Ihnen angeboten wird, zurückweisen?"
Es war deutlich zu sehen, daß die warmen Worte dem Alten wohltaten.
Er lächelte glückselig wie ein Kind, das man belohnt, aber ein Verständnis für das, was ihm in Aussicht gestellt wurde, schien er nicht zu haben.
Ein paarmal öffnete er den Mund, als wolle er sich bedanken, aber er fand offenbar die Worte nicht.
"Bin – bin ich damals anders gewest?" fragte er endlich stockend.
"Gewiß. Sie sprachen ausführlich mit mir und der übrigen Gesellschaft. Sie waren menschlicher, sozusagen; Sie disputierten sogar mit Herrn Swammerdam über Kabbala. – Ich entnahm daraus, daß Sie sich viel mit Fragen über Religion und Gott befaßt haben." – Sephardi brach schnell ab, denn er bemerkte, daß eine Veränderung des Greises vor sich ging.
"Kabbala – Kabbala", murmelte Eidotter. "Ja, freilich, Kabbala, die hab' ich studiert. Lang. Und Babli auch. Und – und Jeruschalmi." – Seine Gedanken fingen an, in eine ferne Vergangenheit zurückzuwandern; er sprach sie aus, als stünden sie abseits von ihm – wie jemand, der auf Bilder zeigt und sie einem andern erklären will, bald langsam, bald schnell, je nachdem sie an seinem Gedächtnis vorüberzogen. – "Aber was drinn steht in der Kabbala – über Gott – is falsch. Es ist ganz anders in der Lebendigkeit. Damals – in Odessa –, da hab ich's noch nicht gewußt. – Im Vatikan im Rom hab' ich müssen übersetzen aus dem Talmud." –
"Sie waren im Vatikan?" rief Sephardi erstaunt.
Der Alte hörte nicht darauf.
"Und dann is mir verdorrt die Hand." – Er hob den rechten Arm, an dem die Finger die Wurzeln verkrümmt waren von Gichtknoten. – "In Odessa hat mer geglaubt bei die Griechisch-Orthodoxen, ich bin ä Spion, daß ich verkehr mit die römischen Gojim, – – und auf emol hat's gebrennt in unserm Haus, aber Elias, sein Nam' sei gepriesen, hat's abgewendet, daß mir sind bloß auf der Gass' gesessen: – meine Frau Berurje und ich sind die Kinderlich. – Dann später is gekommen Elias und hat an unserm Tisch gegessen nach dem Lauberhüttenfest. Ich hab' gewußt, daß es is Elias, wenn Berurje auch hat gemeint, daß er heißt: Chidher Grün." – Sephardi zuckte zusammen. Derselbe Name war gestern in Hilversum gefallen, als Baron Pfeill für Hauberrisser das Wort geführt und dessen Erlebnisse erzählt hatte! –
"In der Gemeinde hat mer gelacht ibber mir und wenn sie von mir gesprochen haben, hat's immer geheißen: Eidotter? Eidotter is ä Nebbochant; er läuft ohne Verstand herüm. – Sie haben nicht gewußt, daß mich Elias unterweist in dem doppelten Gesetz, das Moses dem Josua überliefert hat von Mund zu Ohr", – ein Glanz von Verklärung belebte seine Züge – "und daß Er die zwei verhüllenden Lichter der Makifim in mir umgestellt hat. – Dann war ä Judenverfolgung in Odessa. Ich hab' mein Kopf hingehalten, aber es hat die Berurje getroffen, daß ihr Blut is über den Boden hingeflossen, wie sie hat wollen die Kinderlich beschützen, als eins nach dem andern is erschlagen worden." –
Sephardi sprang auf, hielt sich die Ohren zu und starrte entsetzt Eidotter an, in dessen lächelndem Gesicht keine Spur von Erregung zu bemerken war. –
"Ribke, meine älteste Tochter, die hat geschrien zu mir um Hilfe, wie sie sich haben ibber ihr gestürzt, aber mer hat mich festgehalten. – Dann haben Sie mei Kind mit Petroleum begossen – und angezündt."
Eidotter schwieg, blickte sinnend an seinem Kaftan herunter und zupfte kleine Fältchen aus den zerschlissenen Nähten. Er schien vollkommen bei Sinnen zu sein und trotzdem keinen Schmerz zu empfinden, denn nach einer Weile fuhr er mit klarer Stimme fort: "Wie ich dann später hab' wieder wollen Kabbala studieren, hab' ich nicht mehr können, denn die Lichter der Makifim waren in mir umgestellt."
"Wie meinen Sie das?" fragte Sephardi bebend. "Hat das furchtbare Leid Ihren Geist umnachtet?"
"Das Leid nicht. Und auch bin ich nicht umnachtet. Es is so, wie man sagt von die Ägypter, daß sie haben än Trank gehabt, der wo vergessen macht. – Wie hätt ich's denn sonst überleben können! – Ich hab' damals lang nicht gewußt, wer ich bin, und wie ich's dann doch wieder gewußt hab', hat mir gefehlt, was der Mensch zum Weinen braucht, aber auch so manches, was mer zum Denken braucht. – Die Makifim sind umgestellt. – Von da an hab' ich, ich möchte' sagen: das Herz im Kopf und das Gehirn in der Brust. Besonders manchmal."
"Können Sie mir das näher erklären?" fragte Sephardi leise. "Aber bitte, nur wenn Sie es gerne tun. Ich möchte nicht, daß Sie glauben, ich forschte aus Neugier."
Eidotter faßte ihn am Ärmel. "Schauen Sie, Herr Doktor, wenn ich jetzt in das Tuch zwick, haben Sie doch kan Schmerz? – Ob's dem Ärmel weh tut, wer kann wissen? – So is es bei mir. Ich seh, es is einmal was geschehen, was eigentlich hätt schmerzen müssen; ich weiß es genau, aber ich spür's nicht. Weil mein Gefühl im Kopf is. – Ich kann aber auch nicht mehr zweifeln, wenn mir jemand irgendwas sagt, so wie ich's in meiner Jugend in Odessa noch gekonnt hab'. Ich muß es glauben, weil mein Denken jetzt im Herzen is. – Ich kann mir auch nichts mehr ausgrübeln wie früher. Entweder es fallt mir was ein, oder es fallt mir nix ein; fallt mir was ein, dann is es auch in Wirklichkeit so, und ich erleb's so deutlich, daß ich nicht unterscheiden könnt': War ich dabei oder nicht? Deshalb probier' ich's gar nicht erst, drieber nachzudenken."
Sephardi begriff jetzt halb und halb, wie es zu dem Geständnis vor Gericht gekommen war.
"Und Ihre tägliche Beschäftigung? Wie sind Sie imstande, ihr nachzugehen?"
Eidottter deutete wieder auf den Ärmel. – "Das Kleid schützt Sie vor der Näss', wenn's regnet, und vor der Hitz', wenn die Sonn' scheint. Ob Sie sich darum sorgen oder nicht: – Das Kleid macht's von selber. – Mein Körper kümmert sich um das Geschäft, nur weiß ich nichts mehr davon wie früher. Hat doch schon Rabbi Simon ben Eleasar gesagt: 'Hast du je einen Vogel ein Handwerk treiben gesehen? – und doch ernährt er sich ohne Müh' – und ich sollt mich nicht ohne Müh' ernähren?" – – Natürlich, wenn die Makifim nicht in mir umgestellt wären, könnt' ich mein Körper nicht allein lassen und wär' an ihn angenagelt."
Sephardi, durch die klare Rede aufmerksam gemacht, warf einen prüfenden Blick auf den alten Mann und sah, daß er sich anscheinend in nichts mehr von einem normalen russischen Juden unterschied: er gestikulierte beim Sprechen mit den Händen, und seine Stimme hatte etwas Eindringliches bekommen. Die so überaus verschiedenen Geisteszustände waren lückenlos ineinander übergegangen.
"Freilich, aus eigner Kraft kann der Mensch so was nicht vollbringen", – fuhr Eidotter versonnen fort –, "da hilft alles Studieren nix und ka Gebet, und auch die Mikwaôth – die Tauchbäder – sind umsonst. Wenn nicht einer von drüben die Lichter in einem umstellt – wir können's nicht."
"Und Sie glauben, es ist einer von 'drüben' gewesen, der es in Ihnen vollbracht hat?"
"Nu ja: Elias, der Prophet, wie ich Ihnen schon gesagt hab'. Wie er eines Tags is in unser Zimmer gekommen, da hab' ich schon vorher an seinem Schritt gehört: Er is es. – Früher, wenn ich mir gedenkt hab', es könnte sein, daß er einmal unser Gast is, – Sie wissen doch, Herr Doktor, wir Chassidim hoffen beständig auf ihm –, da hab ich immer gemeint, ich müßt' zittern an allen Gliedern, wenn er vor mir steht. Aber es war ganz natürlich; so, als wenn ä ganz gewöhnlicher Jud zur Tür hereintritt. Nicht emol das Herz hat mir schneller geschlagen. Bloß zweifeln hab' ich nicht daran können, daß er's is, soviel ich mir auch angestrengt hab'. – Wie ich ihn dann nicht mehr aus den Augen gelassen hab', is mir sei' Gesicht immer bekännter und bekännter vorgekommen, und ich hab' plötzlich gewußt, daß nicht ä einzige Nacht in meinem Leben gewesen ist, wo ich ihn nicht im Traum gesehen hätt'. Und wie ich weiter und weiter in meinem Gedächtnis zurückgegangen bin (denn ich hätt' doch gern herausgebracht, wann ich ihm zum allererstenmal begegnet bin), – da is meine ganze Jugend an mir vorübergezogen: ich hab' mich als kleines Kind gesehen und dann noch viel früher, in äm frieheren Leben, als ä erwachsener Mensch, von dem ich vorher gar nicht geahnt hab', daß ich's gwest bin, und dann wieder als Kind und so fort und so fort, – aber jedesmal war Er bei mir, und immer war Er gleich alt und hat genauso ausgesehen wie der fremde Gast am Tisch. – Ich hab' natierlich scharf aufgepaßt auf jede von seine Bewegungen und auf alles, was er machen wird; – wenn ich nicht gewußt hätt', es is Elias, wär' mir auch dran nichts besonders aufgefallen, aber so hab' ich gespürt, daß alles, was er getan hat, ä tiefe Bedeutung gekriegt hat. Dann, wie er im Gespräch die zwei Leuchter am Tisch miteinander vertauscht hat, is es mir ganz deutlich geworden, und ich hab' gefühlt, daß er in mir die Lichter umstellt, und ich bin von da an ä anderer Mensch gewest – meschugge, wie mer in der Gemeinde gesagt hat. – Zu was für än Zweck Er die Lichter in mir umgestellt hat, das habe ich später gewußt, als meine Familie is geschlachtet geworden. – Auf was herauf' Berurje geglaubt hat, daß er Chidher Grün heißt, wollen Sie wissen, Herr Dokter? – Sie behauptet, er hätt's ihr gesagt."
"Ist er Ihnen später nie mehr begegnet? Sie erwähnten doch, er hätte Sie in der Mercaba unterrichtet", – fragte Sephardi – "ich meine damit: in dem geheimen zweiten Gesetz Mosis?"
"Begegnet?" wiederholte Eidotter und strich sich über die Stirn, als müsse er sich erst langsam klarwerden, was man von ihm wolle. "Begegnet? – Wo er einmal bei mir war, wie hätt' er denn wieder fortgehen sollen? Er is doch immer bei mir."
"Und Sie sehen ihn beständig?"
"Ich seh' ihn überhaupt nicht."
"Aber Sie sagen, er sei immerwährend bei Ihnen. – Wie soll ich das verstehen?"
Eidotter zuckte die Achseln. "Mit dem Verstand läßt sich das nicht begreifen, Herr Dokter."
"Können Sie es mir nicht an einem Beispiel erklären? Redet Elias zu Ihnen, wenn er Sie unterweist, oder wie ist das?"
Eidotter lächelte. – "Wenn Sie sich freuen, ist da die Freude bei Ihnen? Ja. Natierlich. Aber Sie können die Freude doch nicht anschauen und nicht hören. – So ist es."
Sephardi schwieg. Er sah ein, daß sich eine geistige Kluft des Verständnisses zwischen ihm und dem Alten auftat, die sich nicht überbrücken ließ. Wohl deckte sich, wenn er es ausspann, vieles, was er soeben von Eidotter gehört hatte, mit seinen eigenen Theorien über die innere Weiterentwicklung der menschlichen Rasse; – er selber hatte immer der Ansicht zugeneigt und es auch ausgesprochen, – gestern erst in Hilversum – daß der Weg dazu in den Religionen und im Glauben an sie läge, aber jetzt, wo er an dem Greis ein lebendiges Beispiel sah, fühlte er sich durch die Wirklichkeit überrascht und enttäuscht zugleich. Er mußte sich eingestehen, daß Eidotter dadurch, daß er dem Schmerz nicht mehr unterlag, unendlich viel reicher war als alle seine Mitgeschöpfe, – er beneidete ihn um seine Fähigkeit, und dennoch hätte er nicht mit ihm tauschen mögen.
Ein Zweifel wandelte ihn so an, ob das, was er gestern in Hilversum in Bezug auf den Weg der Schwäche und des Wartens auf eine Erlösung verfochten, letzten Endes auch richtig sei.
Er hatte sein Leben, umgeben von einem Luxus, von dem er keinen Gebrauch gemacht, einsam, abgeschlossen von den Menschen und in Studien aller Art zugebracht, – jetzt schien es ihm, als hätte er dabei so manches übersehen und das Wichtigste versäumt.
Hatte er sich in Wahrheit nach Elias und seinem Kommen gesehnt, so wie dieser arme russische Jude? Nein; er hatte sich nur eingebildet, er sehne sich, und war sich durch Lesen darüber klargeworden, daß es für die Erweckung eines inneren Lebens nötig sei, sich zu sehnen. Jetzt stand einer leibhaftig vor ihm, der die Erfüllung seiner Sehnsucht erlebt hatte, und er, der große Bücherweise, Sephardi, mußte sich sagen: ich möchte nicht mit ihm tauschen.
Tief beschämt nahm er sich vor, bei der nächsten Gelegenheit Hauberrisser, Eva und Baron Pfeill zu erklären, daß er in Wirklichkeit so gut wie nichts wisse – daß er unterschreiben müsse, was ein jüdischer Schnapshändler, der seiner Sinne nicht mächtig war, über geistige Erlebnisse gesagt hatte: "Mit dem Verstand läßt sich das nicht begreifen."
"Es is wie ä Hiniebergehen ins Reich der Fülle" – fuhr Eidotter nach einer Pause fort, während der er selig vor sich hin gelächelt hatte, – "es is kei' Herieberkommen, wie ich früher immer geglaubt hab'. Aber es ist ja alles falsch, was ä Mensch glaubt, solang die Lichter in ihm noch nicht umgestellt sind, – so grundfalsch, daß mer's gar nicht erfassen kann. Mer hofft, daß Elias kommt, und dann, wenn er kommt und er is da, sieht mer, daß er gar nicht gekommen is, sondern: daß mer zu ihm gegangen is. Mer glaubt, mer nimmt, statt dessen gibt man. Man glaubt, mer bleibt stehn und wartet, statt dessen geht mer und sucht. Der Mensch wandert, und Gott bleibt stehen. – Elias is in unser Haus gekommen – hat ihn Berurje erkannt? Sie is nicht zu ihm gekommen, also is er auch nicht zu ihr gekommen, und sie hat gemeint, es is ä fremder Jud, der Chidher Grün heißt."
Sephardi blickte bewegt in die strahlenden Kinderaugen des Alten. "Ich verstehe jetzt sehr wohl, wie Sie es meinen, wenn ich's auch mit dem Gefühl nicht mitzuerleben vermag, – und danke Ihnen. – Ich wollte, ich könnte etwas für Sie tun. – Sie freizubekommen, kann ich Ihnen bestimmt versprechen; es wird nicht schwer sein, Doktor Debrouwer zu überzeugen, daß Ihr Geständnis mit einem Morde nichts zu tun hat. – Allerdings", setzte er mehr für sich hinzu – "weiß ich augenblicklich noch nicht, wie ich ihm den Fall erklären soll."
"Darf ich Ihnen um ä Gefälligkeit bitten, Herr Dokter?" – unterbrach Eidotter.
"Selbstverständlich. Natürlich."
"Dann sagen Sie dem da draußen gar nix. Soll er glauben, ich war's; so wie ich es selbst geglaubt hab'. Ich möchte' nicht schuld sein, daß mer den Mörder findt. Ich weiß jetzt auch, wer's is. Ihnen gesagt: es war ä Schwarzer."
"Ein Neger? Woher wissen Sie das mit einemmal?" rief Sephardi verblüfft und einen Augenblick von Mißtrauen erfüllt.
"Das is so", erklärte Eidotter gelassen: "Wenn ich im traumlosen Schlaf ganz mit Elias vereinigt war und komm zurück so halb ins Leben in mein Spiritusladen, und es is inzwischen was passiert, so glaub' ich oft, ich bin dabeigewest und hab' mitgemacht. Wenn zum Beispiel jemand ä Kind geschlagen hat, glaub' ich, daß ich's geschlagen hab', und muß hingehen und es trösten; wenn jemand vergessen hat, sein' Hund zu füttern, glaub' ich, ich hab's vergessen und muß ihm sei' Fressen bringen. Nachher, wenn ich zufällig erfahr', daß ich mich geirrt hab', brauch' ich bloß für än Augenblick wieder ganz zu Elias zu gehen und gleich wieder zurückzukommen, dann weiß ich sofort, wie's in Wirklichkeit gewest is. Ich mach' so was selten, weil's kan Zweck hat und schon das halbete Weggehen von Elias so is, als ob mer blind wird, aber vorhin, wie Sie so lang nachgedenkt haben, Herr Dokter, hab' ich's doch gemacht, und da hab' ich gesehen, daß es ä Schwarzer war, der wo mein Freund Klinkherbogk umgebracht hat."
"Wie – wie haben Sie gesehen, daß es ein Neger war?"
"Nu, ich bin wieder im Geist auf der Kette 'eraufgeklettert, bloß hab' ich mich diesmal angeschaut, und da hab' ich schon äußerlich gesehen: ich bin ä Schwarzer mit än roten Lederstrick um en Hals, kane Stiebeln an und en blauen Leinwandanzug. Und wie ich mich innerlich angeschaut hab', hab' ich schon gar gewußt, ich bin ä Wilder."
"Das sollte man aber wirklich Dr. Debrouwer melden", rief Sephardi und stand auf.
Eidotter hielt ihn am Ärmel fest: "Sie haben mir versprochen, zu schweigen, Herr Dokter! Um Elias willen darf ka Blut nicht fließen. Die Rache is mein. Und dann –" – das freundliche Greisengesicht bekam plötzlich etwas drohend Fanatisches, Prophetenhaftes –, "und dann is der Mörder aner von unsere Leut! – Nicht ä Jud, wie Sie jetzt wieder meinen –" erklärte er, als er Sephardis verdutzte Miene bemerkte, – "aber doch aner von unsere Leut! Ich hab's erkannt, wie ich ihn soeben innerlich angeschaut hab'. – Daß er ä Mörder is?! – Wer soll richten? Wir? Sie und ich? Die Rache is mein. Er is ä Wilder und hat sein Glauben; Gott soll hüten, daß so viele so än gräßlichen Glauben haben wie er, aber sei Glauben is echt und lebendig. Das sind unsere Leut, die wo än Glauben haben, der im Feuer Gottes nicht schmilzt, – der Swammerdam, der Klinkherbogk und der Schwarze auch. Was is Jud, was is Christ, was is ä Heide? Ä Name für die, wo ä Religion haben statt än Glauben. Und darum – verbiet' ich Ihnen, daß Sie sagen, was Sie jetzt über den Schwarzen wissen! – Wann es sein soll, daß ich für ihm den Tod erleid', dürfen Sie mir so ä Geschenk wegnehmen?"
Erschüttert trat Sephardi seinen Heimweg an.
Es ging ihm nicht aus dem Kopf, wie seltsam es war, daß Dr. Debrouwer im Grunde genommen von seinem Standpunkt aus gar nicht so unrecht gehabt hatte, als er läppischerweise sagte, Eidotter sei im Komplott und wolle durch sein Geständnis Zeit für den wirklichen Mörder gewinnen. Jede einzelne Behauptung stimmte, und es war der nackte Sachverhalt, und dennoch hätte Debrouwer nichts Unrichtigeres annehmen und mehr im Irrtum sein können.
Jetzt erst begriff Sephardi in voller Klarheit die Worte Eidotters: "Alles, was ein Mensch glaubt, solang die Lichter in ihm noch nicht umgestellt sind, ist falsch, und wenn's noch so richtig ist – es ist so grundfalsch, daß man es gar nicht erfassen kann. Man glaubt, man nimmt, statt dessen gibt man; man glaubt, man bleibt stehen und wartet, statt dessen geht man und sucht."