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Garten. Im Hintergrunde Reimer Groths Wohnhaus mit Tür. Vor demselben ein Tisch, an dessen Enden rechts und links je ein Stuhl. Etwas weiter nach vorn an der Kulisse rechts ein kleiner Stall mit Tür. In der Nähe des Stalls ein blühender Rosenstrauch. Links eine Laube mit Bank oder Stuhl. Im Hintergrunde rechts und links Abgänge, die ins Dorf führen. Wenn der Raum es gestattet, an passender Stelle ein kleines Staket oder eine Pforte, eventuell auch Blumenbeete, Gesträuch und Bäume. Auch kann vor dem Hintergrunde ein Staket oder eine Mauer stehen mit Durchgang in der Mitte, und hinter dem Staket oder der Mauer, darüber hervorragend, Reimer Groths Wohnhaus, so daß der Durchgang in der Mitte auch für das Haus gilt.
Abel. Lena.
Beide tragen eigengemachte Wollröcke, doch verschieden von Muster und Farbe, weiße Schürzen, Sammettaillen mit kurzen Ärmeln, Pantoffeln von lackiertem Leder und kleine holsteinische Dreistückmützen mit zu der Farbe der Röcke passenden Bändern, die unterm Kinn zu einer Schleife zusammengebunden sind. (Beide aus dem Hause tretend. Lena voran mit einem hölzernen Eimer)
Abel (spöttisch) Na, hüt gifft't denn wul mal wedder en lustigen Dag!
Lena. En lustigen Dag? Wa meenst du dat?
Abel Wenn de Bur sin Ogappel ehrn Geburtsdag fiert! – Un Detlef Buhmann ward sin Königin vun't letzte Ringriden her doch ock wul ni vergeten!
Lena Sin Königin?! Dat di dat noch immer argert!
Abel Argert? Bild' di doch nich in, dat ick mi doröwer argern schull!
Lena Warum kummst du denn immer damit?! Ick harr di de Ehr geern laten!
Abel Na, warum neehm he di denn? Weer in de neegste Nawerschap denn man de een?! – Un wakeen is de Öllste vun uns beiden, un an'n längsten hier!
Lena Dat büst du!
Abel Un ni mal danzt hett he mit mi! – Awers dat makt nix! – Wenn he un sin Vader nu als Hund un Katt mit enanner levt, so freut mi doch man eben, dat ick ni Schuld daran bün.
Lena Du büst all wedder mal häßlich gegen mi! Ick will di leewer ut'n Wegen gahn!
Abel En jeder geiht den Weg, de em de leevste is! – Ick will di ni daran hinnern! (ab ins Haus)
Lena Wat se dochen ümmer gegen mi hett?! Ehr kiekt de Neid ut beide Ogen! – un ick arm Menschenkind heff doch noch so heel vel weniger als all de annern! Ick bün doch wahrlich ni to beneiden! (ab mit dem Eimer in den Stall)
Reimer (Von rechts kommend. Langer Rock, Kniehose, Schuhe mit Schnallen oder lederne Pantoffeln, rote Weste, Halstuch, Zipfelmütze oder Hut. Mit einem Blumenstrauß in der linken und einigen Nelken in der rechten Hand) Süh so! Nu noch en paar Nelken und denn is't gut! – (fügt die Nelken zum Strauß) Un hier mank de Rosen verstek ick dat denn, (nimmt einen in Papier gewickelten Gegenstand aus der Tasche und steckt ihn in den Strauß) Awers wo stickt se denn op ehrn Geburtsdag? – (ruft nach rechts hin) Lena! Lena! Kumm gau mal her!
Lena. Reimer.
Lena (aus dem Stall kommend) Hier uns' Bur! – Ick heff man eben dat lüttje Kalb noch mal börnt! –
Reimer. Süh, ick heff en Strusch för di! (Gibt ihr den Strauß)
Lena. Ah ne! – All de smucken Blom!
Reimer. Na, wakeen hett se denn sei't un plant't?! – Awers kiek noch mal en beten deeper! Dar, süh! mank de Rosen!
Lena. (Das Paket entdeckend und den Inhalt herausnehmend) Ah ne! wat för'n smucke Ked! Dat heff ick ni verdeent!
Reimer. Mit di keem Segen in min Hus! Kumm, giff mi de Hand!
Lena. De Hand? (sie ihm gebend) Vun Harten geern! – Vel'n Dank denn ock! Uns' Bur is so gut!
Reimer (bewegt) Gut seggst du? Bün ick gut?! Un mi düch immer, ick weer so slecht!
Lena. Slecht?! Wakeen weer denn wul de Best' in't Dörp?! – O, wenn se doch man all so weern!
Reimer. Un doch, wat wull ick geben, weer ick't we'n, wat du meenst!
Lena. Is He 't denn nich? Weer He 't denn nich?! Un Persepter, min ole, gude Persepter, harr lagen?! – –
Reimer (erregt, schnell) Persepter? Wat hett he seggt?
Lena. Du kriggst en guden Burn, hett he seggt. Do din Plicht als en brave Deern gegen em! In 't ganze Kaspeel is keen betern! –
Reimer (erregt) Un doch, un doch!
Lena. Un doch hett uns' Bur wat, wat em drückt! – Uns' Bur is ni glücklich!
Reimer (bewegt) Kind, wat sprickt din Mund!
Lena. Uns' Bur steiht so alleen op de Welt! Warum hett uns' Bur ock ni heirat't? So'n schön'n Hof un keen Fru! – Un keen Kinner, keen hartleeve Kinner! – (eine Träne in Reimers Gesicht gewahrend) Awers wat seeg ick? – Dar löppt em ja en Tran öwer de Back!
Reimer (bewegt, sich die Tränen abwischend) Nix, nix! Dat weer wul man en Daudrüppen vun de lüttjen Rosen dar! He bleev mi wul in't Gesicht behangen, als ick daran rüken de'! – – Awers nu lop rin, un stek den Strusch in't Water! Ick gah man noch eben mal na de Wisch hendal! (rechts abgehend)
Lena. Un de schull slecht we'n?! Un de schull nix hebbn, wat em drückt? – – (den Strauß und die Kette betrachtend) De ole, gude Mann, wat hett he mi dar nu all wedder för'n Freud makt! – Persepter hett Recht! In't ganze Kaspeel is doch keen betern! – (etwas seitwärts tretend und ihm nachsehend) Nu stiggt he öwer't Stegelsch! – – – (nach links sehend, freudig) Awers dar! dar! – De Strat to Höchd! wakeen kummt dar? Detlef! – – Nu versteck ick mi achter'n Rosenbusch! (versteckt sich, Musik intoniert, Detlef tritt auf)
Detlef, später Lena
Detlef (Schwarze Kniehose, dunkle Jacke mit blanken Knöpfen oder in Hemdsärmeln, blaue oder rote Weste, Tuch mit Schifferknoten, kleine blanke Stulpen, Strohhut, von links kommend, singt schon im Auftreten)
:,: O du, min Blom, so rosenrot,
Min Drom un min Gedanken! :,:
Un weer't de smuckste Edelsteen,
Din Angesicht is mal so schön!
Du Rosenknupp vun Melk un Blot
Mank kruse Luckenranken!
:,:O du, min Blom, so rosenrot,
Min Leevde un min Leben! :,:
Un geev mi ock de grote Eer
Vun all ehr Glück keen Handbreet mehr,
Bliffst du mi man, wat hätt't för Not,
Denn is mi alles bleben!
:,: För alles Gut, för alles Geld,
Ick kunn di nümmer laten! :,:
O du, min Blom, so rosenrot,
Wa bün ick doch so rik un grot!
Un hol mit di min ganze Welt
Un all min Glück umfaten!
Lena (zu Detlef hineilend, freudig rufend). Detlef!
Detlef (Lena umarmend). Lena! Min Lena! Wa is't doch schön, wenn twee sick so leev hebbt!
Lena. Weer din Vader man ni so bös! Ick bün ja so arm, un du so rik! –
Detlef. Un ick so arm!
Lena. Du?!
Detlef. Wenn ick di ni harr!
Lena. Du büst den Vullmacht sin Söhn, un ick – – –
Detlef. Lena! Lena! Büst denn ni den Vullmacht sin Söhn sin Brut?
Lena. Ick deen ja man! – Un dat's noch ni dat slimmste! – – Ach, Detlef, ick bün em likers gut! He is ja doch Din Vader!
Detlef. Un du – min Lena! – – Ick weet all, wat du meenst! – – – Du hest keen Vader un Moder! – Awers töf mal! (er nimmt etwas aus der Westentasche). Wo is din Hand? Din leewe, lüttje Hand? (er erfaßt sie). Nu heff ick se! Un dar! dar! (steckt ihr einen Ring an den Finger. Peter Buhmann tritt auf von links). Dar hest du din Vader und din Moder!
Peter Buhmann. Die Vorigen.
Vollmacht (Dunkler Rock mit blanken Knöpfen, dunkle Kniehose, rote Weste, Halstuch, große Stulpen, ziemlich großer, dunkler Filzhut. Unwillig rufend.)
Ah! ah!
(Detlef und Lena fahren auseinander.).
Lena (schnell). Herr Gott! Mi röhrt de Slag! (eilt ins Haus).
Vollmacht (ihr nachrufend). Ja wul, de Slag! Un een mit de Fust in din Melkgesicht, du herlopen Deern!
Detlef. Vader! Vader!
Vollmacht. Bün ick din Vader noch?! Büst du min Söhn?!
Detlef. Will's Gott!
Bollmacht. Denn kumm! – – Ick sprek mit di! (Beide links ab).
Lena (aus dem Hause tretend) Dat weern böse Wör! Un se dropen mi so swar, dat mi dat Hart noch bewert! – – Detlef! Detlef! Wat en Afgrund twischen di un mi! – – »Du herlopen Deern« hett he seggt, (weinend) Wat kann ick daför, dat ick keen Öllern heff?! – Dat sä din Vader, un du wullst mi se geben?! – – Wa leev möt wi uns hebbn, wenn du't kunnst! Un hier (die Hand aufs Herz legend) hier seggt mi en Stimm: Ja, he kann't! Denn he is ja min alles. –
(Vorspiel, sie singt)
Hell als en Steern in vulle Pracht,
So strahlst du in min Lebensnacht!
Un seeg ick di, un seeg ick di,
Wat fehlt mi noch op düsse Eer?
Mi is, als wenn ick selig weer,
So freu ick mi! So freu ick mi!
Di hört min Hart! Di hört min Sinn!
Na di tracht all min Denken hin!
Ganz bün ick din! Ganz bün ick din!
Min Glück is dar man, wo du büst!
Dat gifft keen Leevd, de gröter is,
Als din un min! Als din un min!
Doch wenn uns' Herrgott dat ni wull
Un wenn ick vun di laten schull!
In Leid un Not! In Leid un Not! – –
Un weerst du mi ock noch so feern,
Du bleevst ja doch min Steern, min Steern
Bit an min Dod! Bit an min Dod!
Reimer. Lena.
Reimer (von rechts kommend) Na, du lüttje Vagel, wat sungst du denn nu all wedder för'n Leed!
Lena. Ach, uns' Bur, Detlef weer hier!
Reimer. Ei süh! Ei süh! – Denn hett he di wull ock wat schenkt?
Lena. Veel to veel! – Wat mi sunst keen geben kann! (zeigt Reimer den Ring)
Reimer. Ei der Deutscher! Deern! Deern!
Lena. Wes' uns' Bur mi man ni bös'!
Reimer. Bös'?! Warum dat! Wil du'n braven Menschen geern hest? Un dat is he!
Lena (niedergeschlagen) Sin vader weer ock hier!
Reimer (verwundert) De Vullmacht?! – Wat wull de?!
Lena (weinend) Mi seggn, dat wi uns nümmer kriegt!
Reimer. Na, na, ween man ni! – Frilich, dat is wahr! He hett en stiven Kopp!
Lena (weinend) He sprok so harte Wör! Un dat de' mi so weh! – Wat kann ick daför, dat ick verlaten bün?!
Reimer. Verlaten? – Du büst doch ni verlaten! Du hest Persepter doch, de di en Vader weer, so lang als du denken kannst!
Lena (traurig) Ick heff keen Vader un keen Moder mehr.
Reimer. Dat is dursam! Awers wa veele hebbt dat ni mit di?!
Lena (weinend) Ick heff se nümmer hatt! – Un dar schimp he mi en herlopen Deern!
Reimer. Du arm lütt' Stackel! Wat kannst du daför? – Ja, ja, so sünd de Menschen! Wat de Öllern versehn, dat lat se an de Kinner büßen! – – Awers tröst di man, min lüttje Lena! Ahn Wehdag geiht dat nu eenmal ni af! – – De Leevd is en Ros', de dar Doorn hett, un dat kriegt se all to weten, de se plöcken wüllt! – – Wo hest din Ked? – Giff se mal her! – – (Lena gibt ihm die Kette) Süh, dar sitt ja ock noch en lüttjes Krüz daran! Wi Menschen hebbt doch all uns' Krüz to dregen!
Lena. Uns Krüz to dregen! Ja! Ja!
Reimer. Un sä'st du ni vorhin, ick weer ock ni glücklich?! – – Warum sitt dat lüttje Krüz denn wul daran? Dat schall uns hinwisen up den, de dat grötste drog, un de doch de Beste weer! Un dat schall di seggn: Tröst di man! Tröst di man! Den uns' Herrgott leev hett, den schickt he Kummer.
(Vollmacht von links auftretend)
Lena (schnell) Dar kummt he! Dar kummt he!
Reimer. Wakeen?
Lena. De Vullmacht! (eilt ins Haus)
Vollmacht. Reimer.
Vollmacht. Guden Dag, Reimer!
Reimer. Schön Dank, Vullmacht!
Vollmacht. Gut, dat ick di drap! – Du kunnst mi'n Gefall'n do'n!
Reimer. Wenn ick't kann, warum nich?
Vollmacht. Du kennst min Detlef!
Reimer. Is en degen Jung!
Vollmacht. He is min eenzig Kind und all min Freud', un de gröttste Hof in't ganze Kaspeel ward noch mal sin! – – (wütend) Dar sla mi doch de Deuwel 'rin!
Reimer. Na? wat denn, wat denn?
Vollmacht. Mutt dar so'n herlopen Deern (Reimer stummes Spiel) em den Kopp verdreih'n!
Reimer. Herlopen Deern? Meenst du Lena?!
Vollmacht. Jüst de! – – – – En Vullmachtssöhn un en Deenstdeern! – – En riken Bursöhn un een, de dar nix hett, als de paar Plünn, de ehr up'n Liev sitt! – – En, en, en utsett't Findelkind, dat vellicht en Schelm (Reimer stummes Spiel) to'n Vader, un en Rumdriwersche to en Moder harr!
Reimer (erregt) Will's Gott, will's Gott ni so slimm!
Vollmacht. Ick heff all sülbn mal en Reis' darum makt, un mit den olen Gudenrath daröwer spraken, awer ut den is nix rut to kriegen! He seggt: dat Kind wurr em in't Hus sett! – – – un wil he sülbn keen Kinner harr, hett he't denn beholen und optrocken!
Reimer. Dat hett sin Richtigkeit!
Vollmacht. Ja süh, un wil se doch man din Deenstdeern is, un noch darto en Findelkind, kunnst mi den Gefallen do'n (Reimer stummes Spiel), un se ut'n Deenst jagen!
Reimer (erstaunt) Wa?! Wat seggst du?! – Ut'n Deenst jagen?!
Vollmacht. En Vörwand is ja licht funn, un mit den olen Scholmeister ward wi wul' klar! – – Un in'n öwrigen kann't ja ock ni slimmer warrn, als 'n Viddelsjahr's Lohn un dat Kostgeld!
Reimer. Ne! ne! – wa kunn ick dat?!
Vollmacht. Selbstverständlich, – ick dreeg de Kosten! – Un noch mehr! – Wat wullt du hebbn?
Reimer. Ne! ne!
Vollmacht. Hunnert Daler! – Twee! – Dree! –
Reimer. Ick harr noch nümmer een, de beter weer!
Vollmacht. Un wenn't ock veer sünd! – und fief! –
Reimer. Wat kunn ick ehr sowat ando'n!
Vollmacht. Ick gah bit dusend! –
Reimer. Vullmacht, Vullmacht, wat sinnst du mi an?! – – Un bö'st du mi din ganzen Hof un all din Riekdom, – nümmermehr müch ick min Hart doch mit so en Sünn belasten!
Vollmacht. Denn bün ick fertig mit di! – – Ja, dat is wahr, du büst ja sülbn en groten Bur, un ick Narr bo' di min Geld an! – – – Awers noch bün ick Vullmacht in' t Kaspeel! Un wat ick will, dat sett ick dör! – Vun enanner schüllt se! un een mutt reisen! – Entweder se, oder min Detlef! (erregt nach links ab)
Reimer. (ihm nachrufend) Ja, noch büst du Vullmacht n't Kaspeel, – un ick bün Reimer Groth! – – Un twischen uns staht twee, de sick geern hebbt! – Grip du man rin mit din Fust in ehr Glück! – De Leevd, de kummt vun baben! – Un öwer uns all, dar is en Hand, de alles lenkt! Un weerst du noch so stark, du muß di vör ehr bögen! (Man hört im Hause zanken) Na, na, – wat is dat?
Reimer. Abel. Lena.
Abel (aus der Haustür stürzend) Ick heff keen Schuld, uns' Bur.
Lena (ihr nachstürzend) Se hett anfung'n!
Reimer. Wat hebbt ju denn?
Lena. Als ick den Strusch in't Water steken wull, hett se mi em wegreten!
Abel. Wat will se ock all wedder mit all de Blom?! – Se plöckt sick alle Ogenblick welke!
Lena. Ick sä, ick harr se schenkt kregen!
Abel. Und dat sünd doch vun unse Blom! Dar sä ick: denn harr Detlef Buhmann se ehr wul schenkt un uns se stahln!
Lena. Detlef!
Reimer (zu Abel) Swig still! – Wat hest denn all wedder to sticheln? Ick heff ehr se geben!
Abel. So?! na! Dat's wat anners! – Un dar weer ja wul ock noch wat blankes darbi?!
Lena. Se meent de Ked'!
Reimer. Nu sla mi doch en Deutscher darin! – Wat geiht di dat an, wat ick ehr schenken do'?!
Abel. Ne, gar nix! gar nix! – Wat geiht mi dat an?! – – – Ick bün ja man eerst fief Jahr hier, – un se all een! – Un ick heff ja man den Burn sin Husstand föhrt, – un se, – un se, – – – – –
Reimer. Un se hett mi in dat eene Jahr mehr Freud makt, als mennig annere in – – –
Abel. Dat is schändlich! – Awers ick müß ja ock mit Blindheit slagen we'n! –
Reimer. Dat büst du ock! – Wat denn?
Abel. Wenn ick't ni lang all markt harr, wat för'n Narrn de Bur in ehr freten hett! –
Lena. Uns' Bur!
Abel. In alle Pütt kiekt se mi rin! – Ick bruk keen Puttenkieker! – Ick bün ehrliche Lüd ehr Kind!
Lena. Uns' Bur!
Abel. Un ick bliv bi minsgliken! – Ick verdreih keen Vullmachtssöhn den Kopp! – Un wenn ick ock de glatten Wör ni heff, un de schöne Stimm! –
Lena. Uns' Bur! Uns' Bur!
Abel. Un de Witte Näs', un de glönigen Ogen! –
Reimer. (schnell) Un dat lose Mul! –
Abel. So heff ick doch min Döpschien, un weet, wakeen ick bün! –
Lena. Dat is to veel!
Reimer. Ja wul, – dat is to veel! – Un dat mutt en Enn hebbn! (zu Abel) Um veertein Dag schrievt wi den Eersten un wenn tonacher din Tid um is, denn kannst du gahn!
Lena. Nich um mi, uns' Bur! Nich um mi!
Reimer. Jüst akkerat um di! – – – – Awers nu kummst du mit, dat se di ni noch mehr beschimpt! (ab ins Haus)
Lena (zu Abel) Dar is min Hand.
Abel. Ick dank för de Fründschap!
Lena. Ick will di ni verdrieben!
Abel. Dat süht man ja!
Lena. Ick gah, – und du schast blieben! (ab ins Haus)
Abel. »Um veertein Dag schrievt wi den Eersten« hett he seggt! – – Denn weet ick ja, woran ick bün! – Dat heff ick ehr to verdanken, ehr, de dar rumlöppt mank uns annern to Schimp un Schann, als en utsett Findelkind, dat vellicht achter'n Tun op de Landstrat to Welt keem! (weinend und etwas nach rechts gehend) Und vun so een mutt ick mi verdrieben laten!
Vollmacht. Abel.
Vollmacht (von links kommend, Abel nicht gleich bemerkend) Wat bi Reimer dat Geld ni kann, deiht't vellicht bi ehr! – Se hett ja nix – un de ol' Persepter hett't ock wul nödig, – un so do' ick denn likers ock noch en gudes Wark (nähert sich Abel) Gudn Dag, min Kind!
Abel (sich umsehend) De Vullmacht!
Vollmacht. Ah! de annere! – un se weent! (zu Abel) Ick sök Lena, un sinn di!
Abel. Lena!
Vollmacht. Se mutt weg vun hier! (Abel stummes Spiel) wedder darhin, wo se herkeem! – In uns' Dörp paßt se ni!
Abel. Dat seggt He?! – Un sin Detlef is ehr Frier?!
Vollmacht. Ehr Frier? – Wakeen seggt dat?! – Is dat noch immer dat ole Gered' vun't Ringriden her?! – Nimmt de Sluderkram denn nich endlich mal en Enn? – Frilich, dat is wahr! – Vun damals her is dat Unglück kam'n! – Awers so een un min Söhn?! – Nümmermehr! Un just akkerat darum mutt se weg, – un dat je eher, – je leewer! – – – Wat hest hatt, warum weenst du?
Abel. De Bur hat mi künnigt.
Vollmacht. Künnigt? – Di? – warum dat? Büst doch all so lang bi em in'n Deenst –
Abel. Um ehr! – Se hett mi verdreben!
Vollmacht. Denn verdriev du se wedder! – In de Bibel steiht: Og um Og, – un Tähn um Tähn! – Un in'n öwrigen deihst ja ock nix wider als di wehrn!
Abel. Wenn ick't kunn! Wer wüß, wat ick de'!
Vollmacht. Kunn! Kunn! – Wat kann man ni, wenn man will?! – – – (mit besonderer Betonung) Un um dat annere quäl di man ni! – Wenn du bi Reimer afgeihst, kannst du bi mi wedder ingahn. (ab nach links)
Abel. »Og um Og« hett he seggt, un »Tähn um Tähn«! – – Ha! wat blitzt mi da dör'n Kopp? – – – Nu verstah ick em eerst ganz! – – – Awer wat denk ick denn? – Wat sinn ick? – Wat will ick? – – – Wat ick will?! – – – – Wehrn will ick mi! – – För twee is keen Platz mehr in't Hus! Un en jeder is sick sülb'n de Neegste! (ab ins Haus)
Gudenrath.
Gudenrath. (Reisemantel von grauer Farbe, oder dunkler, altmodischer Rock, dunkle Kniehose, Strohhut, kleine Reisetasche mit Riemen über die Schulter, Brille, Stock. Von rechts kommend, sich mit dem Taschentuch Kühle fächelnd) Süh so! – dar bün ick endlich! Bi so'n Hitten is't doch an'n besten in'n Schatten! – Un weer't nich um ehr un Reimer we'n, denn harr ick mi schön bedankt för den prallen Sünnschien op de Landstrat – – – denn seet ick nu wul to Hus mit de lange Piep ünner de ol'n Linn vör't Scholhus, un drunk min Kaffee! – – Hier is't ja rein als utstorben! – Am Enn slapt se noch to Middag – – Ick mutt mi ock eerft en beten verpusten, (fächelt sich) Ick bün ja rein als brad't! – Wanem sett ick mi man, dat se mi ni seht? – Töf, dar in de Luv! – (geht in die Laube) Wakeen mi nu wul toeerst in'n Rachen löppt?! – Wenn Lena dat weer! – Na, de ward sick freun! – – – (Lena tritt aus der Tür) Dar kummt een! – Se is't! Wat'n Spaß! Nu will ick ehr dochen eerst mal belurn! – Un tonößen, ja tonößen denn – denn fang ick an to piepen, un piep so lang, bit se mi funn hett!
Lena. Gudenrath.
Lena. Detlef! Detlef! Se riet mi weg vun di, – un ick heff di doch so leev!
Gudenrath (bei Seite) Wat is dat?
Lena. Un di ock, du ole gude Mann! Awers hier bün ick öwer!
Gudenrath (bei Seite). Dat is ja dursam!
Lena. Ach, wenn man doch keen Heimat hett! un keen Vader un keen Moder mehr! – – – Awers still, min Hart, un poch ni so! – Du heft se ja!
Gudenrath (bei Seite). Min arm lütt' Kind!
Lena. Dar, dar, – wit öwer de Heid, – in dat lüttje Hus ünner de hogen Böm, – dar is noch een, den sin Hus mi apen steiht to jeder Tid, wenn ick wedderkam! –
Gudenrath (bei Seite). Ja, ja! to jeder Tid! (Musik intoniert.).
Lena (singt).
Wit öwer de Heid',
Wo de Klockenthorn steiht,
Wo de Windmöhl sick dreiht
In de Feern,
Kunn ick't fin'n, kunn ick't fin'n,
Dar dat Hus mank de Linn,
Müch dahin, müch dahin,
O, wa geern!
Heff dar speelt, heff dar sungn,
Heff dar lopen un sprungn,
Un de Klocken, de klungn
Öwer't Feld!
Leeg in'n Grashoff to drömn, –
Un de Wisch mit de Blöm,
Un dat Holt mit de Böm,
Weer min Welt!
Ach, wa anners dat ward,
Kamt de Sorgen, so swart. –
Deelt de Welt eerst dat Hart,
Wo's dat Kind?
Hett Öllern ni mehr,
Steiht alleen op de Eer,
Wünsch sick sülbn wul, dat't weer,
Wo se sünd!
Gudenrath (mit ausgebreiteten Armen aus der Laube stürzend). Lena! min Kind!
Lena (ihm in die Arme fallend) Persepter! min Vader!
Gudenrath. Ick muß di doch gratleern! – Awers so trurig! – Un ick dach di lustig un munter? – Wat hebbt se di da'n?
Lena. Weh hebbt se mi da'n! Heel weh! Un tomal een, denn ick ni bös' sin kann!
Gudenrath. Doch ni Reimer, din Bur?
Lena. He is de Gutheit sülben!
Gudenrath. Oder Detlef? – Unmöglich!
Lena. Detlef?! – Denn müss de Welt vergahn!
Gudenrath. Na, wakeen denn?
Lena. Sin Vader!
Gudenrath. De Vullmacht?! – Ja, ja! – So! so! He is rik, un du heft ja nix!
Lena. Nich mal en ehrlichen Namen! –
Gudenrath. Wat?! Hest denn ni min? Heetst du denn ni Lena Gudenrath?
Lena. Doch man to'n Schien! – un se weet dat all! (Reimer tritt auf, aus dem Hause kommend) Lat mi fort! Nimm mi mit, wedder darhin, wo min Heimat is! –
Gudenrath. Kind! Kind! – wat würr Reimer segg'n, din Bur un din Herr?
Reimer. Die Vorigen.
Reimer. Watt he segg'n würr?
Gudenrath. (läßt Lena los; eilt zu Reimer und erfaßt dessen Hand) Ah süh! Ah süh! Gud'n Dag, Reimer!
Reimer (ihm die Hand drückend) Gud'n Dag, Gudenrath, würr he segg'n, min Fründ un Broder!
Gudenrath. Ja, ja! dat sünd wi!
Reimer. Un din Lena blifft hier, würr he segg'n, denn hier heff ick to segg'n, und ni de Vullmacht!
Lena. Uns' Bur kann so hart ni we'n!
Reimer. Hart? Is dat denn hart, wenn ick di in Schutz nehm, wo't nödig dei't?
Gudenrath. Sühst du?! Sühst du?!
Reimer. Toeerst gegen den Vullmacht! – He wull hebbn, ick schull ehr wegjagen!
Lena und
Gudenrath (erstaunt) Wegjagen?!
Reimer. Un denn gegen de annere, de mi den Husstand föhrt. – De hett di swar beleidigt, un darum mutt se weg.
Lena. Kun ick't för ehr!
Reimer. Ach watt! –
Lena. Ick de't so geern!
Gudenrath. Awer Kind!
Reimer. Heff ick di ni meed't op'n ganz Jahr? – Heff ick ni, Persepter?
Gudenrath. Dat hest! – op'n ganz Jahr!
Reimer. Un is den Tid denn all um? – du bliffst! – un se schall reisen! un darmit basta! – – – Süh so! – un nu spring gau mal rin, un seeg mal to, wat du op'n Disch hest, – wie hebbt ja Fremm kregen!
Gudenrath. Doch man jo keen Umstänn!
Reimer. Un hier buten kannst decken!
Lena. Vun Harten geern! (ab ins Haus)
Reimer. Kumm, nu sett di, Persepter! (beide setzen sich)
Gudenrath. Ick heff di ock wat mitbröcht, Reimer. Töf mal! (nimmt einen Brief aus der Tasche und gibt ihn Reimer.)
Reimer (erregt) Vun ehr?! – wat makt se? Kummt se?
Gudenrath. Se is gesund un munter, und kummt, sobald se kann!
Reimer. Persepter, wat'n Freud!
Gudenrath. Ja süh, un dar is ock noch wat in! Giff mal her! (öffnet den Brief, nimmt eine Photographie heraus und gibt sie Reimer) Süh dar!
Reimer. Ehr Bild! (küßt es) Ja dat is se! (ruft) Lena! Lena!
Gudenrath (schnell) Wat nu! Wat wullt du?
Lena. Die Vorigen.
Lena (kommt aus dem Hause mit einem Teebrett, darauf Tischgedeck, Teller usw.) Ick kam all! Gliks is deckt (setzt das Teebrett auf den Tisch.)
Reimer. Kumm mal her! – Persepter hett mi wat mitbröcht! Süh (ihr das Bild zeigend) De kennst wul nich?
Gudenrath (schnell) Sch! – – Reimer!
Lena. (das Bild bewegt und staunend betrachtend) Mi – düch,– wa – sunnerbar!
Reimer (interessiert) Na, wat denn? Wat denn?
Lena. Als harr'ck ehr lang all kennt!
Reimer. Wat meenst, wakeen dat is?
Gudenrath (schnell) Sch, sch, Reimer!
Reimer. Min Swester is't!
Gudenrath (schnell) Ja, ja! – Sin Swester!
Lena. Ah ne! – Uns Bur sin Swester?! Uns' Bur hett noch en Swester?!
Reimer. Jüst akkerat! Awers darum harrst du likers Recht, wenn du meenst, ick stünn so allem in de Welt! – Se is wit vun hier! –
Gudenrath (schnell) In Amerika!
Reimer. Awers ick schrieb mi doch mit ehr, dat heet, min Fründ Gudenrath deit dat för mi, – wil ick'n beten swach in de Fedder bün!
Lena. Ah ne, – wa kunn ick ehr denn ock kenn'n?! Awers wil se uns' Bur sin Swester is, will ick ehr ock leev hebbn, ebn als ehr'n Broder!
Reimer (gerührt) Do't ock man! Do't ock man, min Kind! – Se ward di't hartlich lohn'n! un wenn mal wedder din Geburtsdag kummt, vellicht ock all fröher, – denn is se, will's Gott, ni mehr so wit! –
Gudenrath. Ne, will's Gott, ni!
Lena. Kummt se denn wedder!? Ah ne!
Reimer. Se kummt! Süh, un denn – denn kummt se to uns, – un ick denk, du un se, – ju ward sick wul verdregen! – Wat meent Persepter?
Gudenrath Se is als Reimer! Ehr Hart als sin! Reimer Na, wat seggst? – wuchst nu ni blieben?
Lena (erfreut) Als Jüm dat wüllt!
(Detlef tritt rasch auf von links).
Detlef, die Vorigen
Detlev (sehr erregt, stürzt auf Lena zu und umarmt sie). Lena, min Lena!
Lena Detlef! Um Gottes willen, wat hest?! Du sühst so bleek! Du bewerst!
(Reimer und Gudenrath stehen auf.).
Detlef Nix! Nix! – Frag mi ni! – dat is vöröwer!
Reimer (schnell). Nanu?!
Gutenrath Wat is?!
Lena O, Gott! – Doch ni mit din Vader?
Detlef (sehr erregt). Un doch mit em! Wat kann ick daför, dat he rik is, un ick sin eenzig Kind?! – – Twars, dat weet ick: – He is min Vader! – Un wat ick als sin Kind em schuldig bün, dat is min eerste un min höchste Plicht! Awer alles hett doch sin Maat un Grenzen! – un ock de Kinnerplicht ni minner als dat Öllernrecht! – – – He greep mi mit sin Hand na en Sted hin (die Hand aufs Herz legend). wo ick nix verdregen kann, in min Glück! Un als ick dar upschreeg, dat dat wul en Steen harr röhr'n kunnt, dar full desülwige Hand op mi dal, dat mi dat Für ut de Ogen flog!
Lena (rasch). O, Gott!
Detlef (mit besonderer Betonung). He hett mi slagen!
Lena (schnell). Min Detlef!
Gudenrath (schnell). Du arme Jung!
Reimer Ja, ja! dat süht em ähnlich! (Der Vollmacht erscheint links im Hintergrunde). Wat seeg ick? He kummt!
Lena (schnell). Um Gottes willen! Detlef!
Detlef (schnell). Ick blief!
Reimer (schnell) Ne, min Söhn! leever ni! Süh, he kunn de Sünn noch eenmal do'n, – Kumm, gah em ut'n Wegen!
Lena (schnell) Ja, ja, dat he di ni süht!
Reimer (schnell) Vellicht snackt Persepter un ick em wedder vernünftig! – Kumm!
Gudenrath (schnell) En hartlich Wort kann Wunner do'n!
Reimer (Detlef nach der Gartenpforte rechts drängend) Kumm! Kumm!
Detlef (schnell) Als Ju dat wüllt! – För em un mi to'n Besten! (schnell rechts ab)
Lena (schnell) Un ock för mi! (schnell ab ins Haus)
Vollmacht. Reimer. Gudenrath.
Vollmacht (von links kommend) Ick sök Detlef!
Gudenrath. Ah fühl – Gud'n Dag, Vullmacht!
Vollmacht. Is he hier?!
Reimer. Dat is Persepter Gudenrath! – Du kennst em doch!
Vollmacht. Gud'n Dag! – – He hett fik opsett gegen mi! awers kuschen schall he! – Ick will em bögen!
Gudenrath. An so'n schönen Summerdag, – un so ärgerlich?
Reimer. Kumm, eet en Mundvull mit!
Vollmacht. Woto? – Um mi noch mehr to argern? Wakeen deckt denn den Disch, woran ick eten schull?
Reimer. Lat't gut we'n! – Wat schall dat hier?! Wenn denn nich eten magst, kumm, sett di!
Gudenrath. Un lat uns doch mal hör'n, wa dat op'n Hof steiht. – Wi hebbt uns ja so lang ni seh'n!
Vollmacht. Un als ick bi em weer, weer't nich um datsülwige, warum ick hier bün?! Min Nawer Reimer hölt gude Nawerschap, – dat mutt ick em laten!
Reimer. Mit di is nix antofangen! Warum leggst du mi dat to Last, wat doch vun haben kummt?
Vollmacht (erregt und laut) Vun baben? – Wat kummt vun baben? – Dar baben swimmt de Wulken, und hier nerrn alleen is doch man fasten Grund!
Reimer. Uns' Herrgott sülben is doch de Leevde! – un he plant't se ock in uns' Menschenhart!
Vollmacht (erregt und laut) Leevde! – wat Leevde! – de den Söhn opsternatsch makt gegen sin olen Vader? – un de den Vader um sin eenzig Kind bedrüggt? Wenn't so wieder geiht, – – – kann't denn noch wieder gahn? – – Gott straf mi, wenn ick leeg, – awers hier stah ick (auf sich zeigend) Un so lang ick dar (auf die Erde zeigend) ni ligg, kriggt den Vullmacht sin Söhn keen nakelt Deenstdeern! – un ward de Vullmacht keen Vader to en utsett't Findelkind!
Reimer. Dat is stark!
Gudenrath. Ja, Gott in'n Himmel, wat för Wör!
Vollmacht (erregt und laut) Un dochen is't so! – Un noch eenmal, Gott straf mi, wenn ick leeg! (Man hört Lärmen hinter der Szene) (Reimer, Gudenrath und der Vollmacht wenden überrascht das Gesicht nach der Haustür)
Abel. Lena. Die Vorigen.
Abel (herausstürzend, Lena ihr rasch folgend) Ick arm Mensch! Ick arm Mensch!
Reimer Gudenrath Vollmacht |
(zugleich) |
Na nu? Wat'n Larm?! Wat is dat? |
(Der Dialog geht bis zum Abgang der Betreffenden ins Haus schnell und in erregter Weise weiter.)
Abel. Dar is'n Deev in't Hus!
(Reimer, Gudenrath und Vollmacht stummes Spiel).
Lena. Se is bestahln!
Gudenrath (erschrocken) Vollmacht |
(zugleich) |
Bestahln?! Bestahln?! |
Reimer (gleich darauf) Bestahln, seggst du? – Unmöglich!
Abel. Min ganzen Lohn hebbt se mi stahln!
Vollmacht (zu Abel) Weetst du ock, wat du seggst? Ick bün de Vullmacht hier, un ock de Polizei in't Dörp!
Reimer. Ja, ja Vullmacht! Dar schast du Dank för hebbn! Gott bewahr uns! En Deev in min Hus, wakeen schull dat wul we'n?
Vollmacht (zu Abel) Wo hest du't hatt?
Abel. In min Kommod'! Ick heff't hüt morgen noch tellt!
Vollmacht. Wa veel weer't?
Abel. Twintig preuß'sche Dahler!
Reimer. De hett se dat letzte mal vun mi kregen! – Hest ock genau tosehn? Vellicht hest du't annerswo hinleggt, besinn di mal!
Gudenrath. In een vun de annern Schufladen, un hest't vergeten!
Lena. Ne, ne, – ick heff sülbn mit nasehn!
Abel. Wie hebbt allns dörsöcht! – Ick arm Mensch!
Vollmacht. De Sak mutt unnersöcht warrn! – – Wakeen kummt mehr in de Stuv? –
Lena. Mehr in de Stuv? Ick!
Reimer. Se hebbt se beid'! – Un Lena ehr Kommod steiht dar ock!
Lena (zum Vollmacht, ihm einen Schlüssel gebend) Hier is min Slötel!
Vollmacht. Wat schall ick darmit?
Lena. Nasehn, wil min Kommod dar ock steiht!
Vollmacht. Gut! – Awers du hest doch nich?!
Gudenrath Lena |
(zugleich) |
Se?! Ick?! |
Reimer. Gott bewahr uns, Vullmacht!
Vollmacht. Awers nasehn, – ja datt mutt ick, dat bün ick di, – – datt büst du ehr schuldig! – Kumm! (ab ins Haus mit Lena und Abel, Reimer ihnen nachfolgend)
Gudenrath. Gah ick mit herin? – woto? – Se kann ruhig opslüten! – Dat ward sick ock wul wedderfinn! Wakeen schull hier wull stehl'n? – – Vellicht in ehr Kled, in en Kasten oder annerswo, – se hett't wul man vergeten! – – Min arm lüttj' Lena! – Sowat op ehr'n Geburtsdag! – Toeerst dat annere, un nu wedder dit! – Se hett ja heel rein gar keen Freud' mehr daran! (Man hört Lärmen im Hause)
Lena. Vollmacht. Reimer. Abel. Gudenrath.
Lena (stürzt aufschreiend aus der Tür hin zu Gudenrath. Vollmacht, Reimer, Abel ihr folgend) Hölp mi! Hölp mi, Bader! (fällt in Gudenraths Arme, und birgt ihr Haupt an seiner Brust) (Der Dialog geht schnell und in erregter Weise weiter.)
Gudenrath. O, Gott!
Vollmacht (den Beutel mit Geld zeigend) Dar is't!
Reimer (sehr erregt) Dat is ni wahr! Se hett't ni dahn!
Bollmacht Wakeen denn?! – Wo is't funn?
Lena (sich aufhebend) Ick ni! Ick ni!
Bollmacht Jüst du!
Lena (stößt einen lauten Schrei aus und sinkt wieder in Gudenraths Arme)
Detlef. Die Vorigen.
Detlef (durch die Gartenpforte hereinstürzend) Wat is dar los?! Lena, Lena!
Lena Min Detlef! (eilt auf ihn zu, er umarmt sie)
Vollmacht (Detlef von Lena reißend) Weg vun ehr, se hett stahln!
Lena (schreit auf, sinkt knieend vor Gudenrath nieder)
Detlef (erregt, laut) Stahln?! Geiht de Welt ünner?!
Reimer Gudenrath |
(zugleich) |
Se is unschullig. Glöb dat ni! Glöb dat ni! |
Lena (sich etwas aufrichtend, zu Gudenrath mit besonderer Betonung) Nimm mi mit! (die Hände vors Gesicht haltend, weinend.) Hier bün ick öwer!