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Festspiel

mit Musik in einem Akt.
Musik von Baldamus, Witt, Prase, Magnus und Meyer.

Zur Feier der Vermählung
Sr. Königlichen Hoheit
des Prinzen Heinrich von Preußen
mit Ihrer Großherzoglichen Hoheit
der Prinzessin Irene von Hessen
und bei Rhein
am 24. Mai 1888.

Personen.

Neptun.

Nereus.

Kilia.

Alma mater.

Zwölf Matrosen der Kaiserlichen Marine (davon sechs Chargierte) .

Ein Holsteinischer Bauer und seine Frau.

Ein Hessischer Bauer und seine Frau.

Heinzelmännchen.

Vier Studenten (Holsate, Troglodyte, Teutone, Albertiner) .

Die Kanalfee.

Zwei Ellerbeker Fischer.

Eine Ellerbeker Fischerfrau.

Hymen.

Schleswich-Holstein.

Germania.

Borussia.

Dekoration:

Schloßgarten in Kiel. Auf dem Prospekt des Hintergrundes sieht man das Kriegerdenkmal, die dahinter stehenden Bäume und das aus ihnen hervorragende Königl. Schloß. Zu beiden Seiten der Kulissen etwas Gebüsch und ein paar hohe Alleebäume, welche oben über der Bühne mit ihren Kronen zusammengehen. Rechts und links immer vom Zuschauer aus.

1. Szene.

Nereus.

(Von links kommend).

So bin ich endlich hier nach langer Fahrt,
Tom Kyle, in der Holstenstadt,     und wo
Das Schloß sich spiegelt in der blauen Flut,
Dem Meer entstiegen,   wie Neptun befahl.    
Der Schritte wenige vom Strand' herauf,
Im Garten, also hier,   soll ich verweilen,
Bis er erscheint zu weiterem Befehl.
(Ferner Lichtschein in der Kulisse links. Schall des Triton-Hornes und Wogenrauschen, Nereus dahinsehend.)
Wie? Seh ich recht?   Es leuchtet aus der Flut
Wie heller Glanz?   Die Wogen hör' ich rauschen,
Und Tritons Horn erschallt!     Poseidon ist's!  
Sei mir gegrüßt, gewalt'ger Gott des Meeres!

2. Szene.

Nereus. Neptun.

Neptun.

(Von links kommend.)

Und du, mein alter Nereus, sei begrüßt
Nicht minder von Poseidon und hab' Dank
Um des Gehorsams willen, den du mir
So pünktlich zollst,   du, meiner Gattin Vater
Und König selbst!    

Nereus.

Es ist ja nur mein Reich
Ein kleiner Teil des großen Weltgebietes
Der Meere all', die dir gehören,     und
Auch über Nereus herrscht Poseidon, wie
Der Donnerer über ihn!

Neptun.

So wisse denn,
Wozu ich dich hierher befahl:     Es gilt
Der Allumfasserin des deutschen Reiches,
Germania,   und ihrer liebsten Tochter,
Borussia,   der Hohenzollern Mutter,
Den Festtag zu verherrlichen, an dem
Der deutschen Flotte künft'ger Admiral,
Prinz Heinrich, ihres teuren Kaisers Sohn
Und Deutschlands größten Kaisers teurer Enkel.
Die Braut führt zum Altare!   Sieh, du weißt,
Wie sehr ich diese Deutschen stets geliebt,
Zumal den einen, der, wie nie ein Held
Der Sterblichen, in deren Schicksal wir
Als Götter greifen, Größtes hat vollbracht
Mit seinem Heldensohn',   nun Deutschlands Kaiser,
Dem aller Götter Huld und Gunst verbleibe!
Und dessen völlige Genesung bald
Alldeutschlands Herzen und die Welt erfreue!

Nereus.

Und was befiehlst du, das ich soll?   Es hat
Sein Sohn Prinz Heinrich ganz mein altes Herz.

Neptun.

(Freudig.)

Dein Herz, sagst du?

Nereus.

Mein Herz, seit er dem Meer'
Sich anvertraut!   Und nimmer in, Gefahr
Hätt' ich vergeh'n ihn lassen, wenn auch jäh
Sie ihm gedroht, wo du den Dreizack schwangst,
Und meine Töchter um ihn buhlten!    
Ja!
Ein Prinz,   ein Hohenzollernprinz,   das wäre
Noch eine Königliche Beute!     Sieh',
Ich hatte meine Not!   Und hätt' ich nicht,
Auf dich hinweisend und mit deinem Zorn'
Den Nereiden, meinen Töchtern, drohend,
Das Unheil abgewandt,     sie hätten längst
Auch ihn hinabgezogen in die Tiefe!

Neptun.

Der bleibt mir oben!

Nereus.

Nun, ich wüßt' es ja,
Weil du es mir befohlen!

Neptun.

Seinem Stern'
Ist auch mein Bruder hold, der Ägusschwinger!
Und was du meinem Willen hast getan,
Das tatest du dem seinigen!    
Nun geh'
Hinunter wieder in dein Element
Und komm' empor an jener Stelle, wo
Auf uns'rer Flut die stolzen Panzer ruh'n
Der jungen Deutschen Flotte,     klimm' an Bord
Und such' dir ihre besten Kinder aus!
Doch merk' es wohl: nur Sonntagskinder, die
Des Prinzen beide Reisen mitgemacht.
Führ' alle her,   es soll an dieser Statt,
Der deutschen Macht und Größe schönem Zeichen,
Dem Tag zu Ehren sich ein fröhlich Spiel
Gestalten hier im Freien,   aber nun
Laß mich allein und tu' nach meinem Wunsch'!

Nereus.

Wie du befiehlst, gewalt'ger Gott der Meere.

(Links ab.)

Neptun.

(Nach der Kulisse rechts sehend.)

Zwei Sterbliche!   Doch nein, es täuscht mich wohl
Der Ort, wo sie erscheinen!     Menschen sind
Es nicht!     In menschlicher Gestalt zwei Wesen,
Die zwischen uns und jenen steh'n     wenn auch
Dem ewigen Gesetze unterworfen
Des irdischen Vergeh'ns    
Zwei schöne Frau'n!  
Zeus, laß sie fort und fort, dem Orkus fern,
Des Sonnengottes gold'nen Lichts sich freu'n!

(Stellt sich hinter ein Gebüsch.)

3. Szene.

Kilia. Alma mater.

Kilia.

Ich bin die Erste der Provinz!

Alma mater.

Doch nur,
Wie man es nimmt!   In Schleswig-Holstein könnt'
Mit gleichem Rechte ich die Erste heißen!

Kilia.

Ich bin die Mutter dieser Stadt!

Alma mater.

Nun ja!
Und ich bin ihre Alma mater!   Und
Als solche doch geringer nicht!   Wer hat
Denn nun ein größeres Recht an dieses Fest,
Du oder ich?    

Kilia.

Doch ohne Zweifel ich!
In meinem Weichbild' steht das Schloß!   Und ist
Nicht Königliche Hoheit unser Prinz
Ein Bürger dieser Stadt?!    

Alma mater.

Und solltest du,
Die du dich ihre Mutter rühmst zu sein,
In deinem Eifer ganz vergessen können,
Daß Kilia doch eine Musenstadt,  
Und daß zu ihren Musensöhnen auch
Prinz Heinrich zählte, da er als Student,
Wie all die andern sein Kolleg belegte?    

4. Szene.

Neptun. Die Vorigen.

(Neptun vortretend.)

Kilia.

Ein Fremder?!

Alma mater.

Schlichte er den Streit!

Kilia.

Es sei!
Ehrwürdig ist sein bärtig Haupt!  

Alma mater.

Und fast
Der eines Gottes gleichet seine Größe!    

Neptun.

Ich weiß, was euch entzweit,   und gern bereit,
Hier zu entscheiden, schlichte ich den Streit!  

Kilia.

Sehr freundlich, edler Fremder!

Alma mater.

Habet Dank!

Neptun.

(Zur Kilia.)

Nicht du!  

Kilia.

(Enttäuscht.)

Wie?!

Neptun.

(Zur Alma mater.)

Und auch nicht du!

Alma mater.

(Enttäuscht.)

Wie?!

Neptun.

Hier kann allein
Die deutsche Flotte nur die Erste sein!

Kilia und Alma mater.

(Zugleich.)

Nimmermehr!  

Neptun.

Und doch, wie löblich eu'r Begehr,
Den Ausschlag gibt hier nur das Meer,
Des Prinzen schönes Ehrenfeld,  
Und sie, mit deren Hülfe er
Schon einmal reiste um die Welt,  
Die deutsche Flotte!

Kilia und Alma mater.

(Zugleich.)

(Enttäuscht und mit Zeichen des Unwillens.)

Die deutsche Flotte?!

Neptun.

Nun wollt ihr noch die Ersten sein?
Ich denke nein!
Ihr räumt das Recht der deutschen Flotte ein!

Alma mater.

Nur ungern!

Kilia.

Wahrlich ja!

Alma mater und Kilia.

Was bleibt für uns?!

Neptun.

Es bleibt euch ja nicht unbenommen,
Nach besten Kräften mitzustreben,
Noch mehr die Szene zu beleben!
Gleich werden meine Leute kommen.  

Kilia und Alma mater.

Deine Leute?!

Neptun.

Meine Leute!   Schließt euch ihnen an,
Und was ihr habt, dem Fest zu geben,
Das ich für diesen Tag ersann,
Führt es nur her!   Willkommen jedermann!
Und jeder schaff', wie er's am besten kann!

(Links ab.)

Kilia.

Was sagst du nun?

Alma mater.

Wer war der fremde Mann?

Neptun.

(Hinter der Koulisse bei fernem Lichtschein', Meeresrauschen und dem Schall' des Triton-Hornes.)

Der Gott des Meeres war's!   Neptun!  

Kilia und Alma mater.

(Sehr erstaunt.)

Neptun?!  

Kilia.

Da müssen wir uns fügen!

Alma mater.

Leider ja!
Ich reiche dir die schwesterliche Hand,  
Und wie in frühern Zeiten schon so oft
Wir mit einander gingen, wenn der Stadt
Ein Tag der Freude nahte,   laß uns auch
Es diesmal tun!  

Kilia.

(Der Alma mater die Hand drückend.)

Wohlan, ich bin bereit!
Ich sorg' vor allem für die Stadt!   ich laß
Mit Flaggen und mit Kränzen sie behangen
Und abends sie im goldnen Lichtmeer' prangen!

Alma mater.

Und ich halt Rundschau unter meinen Söhnen
Und suche mir die besten aus;     es müssen
Gewandte, hübsche lust'ge Burschen sein,
Die aus dem Stegreif' flott zu reden wissen,
Und die zugleich, der edlen Kunst beflissen,
Sich gern einmal dem Spiel' der Musen weih'n,
Die greifen dann so nebenhin mit ein!

Kilia.

Und ich hab' auch noch meine Leute
Und heiß sie eiligst mit mir geh'n!  
Es gibt noch viel zu schaffen heute!

Alma mater.

So laß uns hier nicht länger steh'n!

Kilia.

Das mein' ich auch!
Leb' wohl! Auf Wiedersehn!

Alma mater.

Auf Wiedersehn!

(Beide durch verschiedene Kulissen rechts ab.)

5. Szene.

Zwölf Matrosen der Kaiserlichen Marine, sechs Gemeine und sechs Chargierte. Hinter der Szene Gesang der Matrosen: »Mein Schiff streicht durch die Wellen« mit leiser Orchesterbegleitung. Sobald die Strophe zu Ende ist, tritt von links kommend der erste Matrose auf.

Erster Matrose.

Ahoi! (In die Kulisse rufend.) All people on bord! Hier man her!
(Alle andern Matrosen, schon vor ihrem Erscheinen durcheinander redend, kommen durch die Kulissen links auf die Bühne.)

Zweiter Matrose.

Hurra! Hier is dat!

Erster Chargierter.

Aber was machen wir denn nun, bis der Alte kommt?

Zweiter Chargierter.

Gibt es nichts zu trinken?

Alle.

Nichts zu trinken?

Dritter Chargierter.

Getrunken wird nicht!

Dritter Matrose.

Nun, dann wird gesungen!

Alle.

Ja, ja, gesungen!

Erster Chargierter.

Müller vor!

Alle.

Müller vor!

Müller.

(Vortretend und die Mütze schwenkend.)

Hurra, unser neues Matrosenlied!

Alle.

Hurra!

Müller.

(Vorspiel.)

Wir Matrosen, wir sind ein gar lustiges Blut
Ja, ein lustiges Blut!
Und gar stattliche, mutige Leute!
Drum sind uns die Mädchen auch alle so gut.
Ja, auch alle so gut!
Und wir führen sie stolz an der Seite!
Und wir führen sie fröhlich zum Tanz',
Und ist dann erloschen der Glanz:
Gute Nacht!   Gute Nacht!   Schlaf' in Frieden!
Gar mancher ward schon ein Myrthenkranz,
Ja, ein Myrthenkranz!
Von uns lust'gen Matrosen beschieden!

Uns Matrosen, uns schreckt auch nicht Furcht und nicht Grau'n
Ja, nicht Furcht und nicht Grau'n
Wenn das wogende Meer wir befahren!
Unsre Pflicht, uns're Treu', unser Gottvertrau'n,
Unser Gottvertrau'n,
Sie sind es dann, die uns bewahren!
Und erbrauste ein Taifun daher,
Wir setzten uns kühn ihm zur Wehr
Und beharrten im mutigen Ringen!
Ja, wir lassen, und wenn's auch der Teufel wär',
Ja, der Teufel wär'!
Uns von keinem der Feinde bezwingen!
(Neptun und Nereus treten unbemerkt im Hintergrunde links auf.)
Und ruft mal der Kaiser uns alle zum Streit',
Ja, uns alle zum Streit',
Für das Liebste das Leben zu wagen,
Seine Deutsche Flotte, gleich ist sie bereit,
Ja, gleich ist sie bereit,
Sich auf Tod und Leben zu schlagen!
Hurra! Dann an Bord allzumal!
Auch für uns auf den Panzern von Stahl
Grünt der Lorbeer im blutigen Kriege!
Und es führt uns Prinz Heinrich als Admiral,
Ja, als Prinz-Admiral!
Dann zur Schlacht und zum herrlichen Siege!
Und heut', wo die Hand er im blühenden Mai,
Ja, im blühenden Mai!
Reicht dem Liebsten zum ewigen Bunde,
Hurra! wir Matrosen sind all' mit dabei,
Ja, sind all' mit dabei!
Und versammelt zur festlichen Stunde!
Und es flutet der schäumende Wein
In die blinkenden Gläser hinein,
Daß sie leuchten in flammender Schöne!
Und es schallet empor aus den jubelnden Reih'n:
Ja, den jubelnden Reih'n!
Hoch Prinz Heinrich! Prinzessin Irene!

6. Szene.

Neptun. Nereus. Die Vorigen.

Neptun.

(Vortretend und seinen Mantel zurückschlagend.)

Hoch Prinz Heinrich! Prinzessin Irene!

Alle Matrosen.

(Die Mützen abreißend.)

Ha, Neptun!

Neptun.

Ich bin es, ja!   Nun aber hört!   Ihr wißt,
Warum ich euch hierher beschied;   ihr sollt
Das Fest verherrlichen durch euer Spiel!
Ihr habt des Prinzen Reisen mitgemacht,
Genug gehört, geseh'n, erlebt,   es kann
Nicht schwierig für euch sein, von dem Erlebten
Aus der Erinnerung manch ein buntes Bild
Heut' in die Wirklichkeit zurückzurufen.  
So geht und wählt, beratend und besprechend,
Euch die Personen selbst und wartet mein
Im alten Schloß da drüben, wo wir uns
Nach kurzer Unterbrechung wieder sehen!
(Neptun und Nereus links ab.)

Erster Matrose. Hurra! Ick weer mit op'n »Prinz Adalbert« bi de Reis' um de Welt!

Mehrere Matrosen. Wi ock!

Erster Chargierter. Und ich auf der »Olga« auf der Fahrt nach Westindien!

Mehrere Matrosen. Wir auch!

Erster Matrose. Hurra! Ick mak 'n Chinesen!

Erster Chargierter. Und ich mache einen Antillen-Neger!

Zweiter Matrose. Un ick den Mikado vun Japan.

Zweiter Chargierter. Und ich 'n Orinko-Indianer!

Dritter Matrose. Und ich mache den Maharadschah von Dschahore!

Dritter Chargierter. Und ich den König Kalakaua!

Dritter Chargierter. Aber nun vorwärts, Kinder!

Alle Matrosen. Vorwärts! Marsch! (Alle links ab.)

7. Szene.

Holsteinischer Bauer und seine Frau.

(Von rechts kommend.)

Holsteinischer Bauer. Na, Moder, wat seggst du nu? Lohn sick dat ni de Möchd', vundag mal to Stadt to fahr'n?

Holsteinische Bauerfrau. Ja, Vader,   awers so schön harr ick mi dat ock ni dacht!

Holsteinischer Bauer. Awers wakeen dat wul weer, de feine Dam dar in de Holstenstrat?!   Se keem mi so bekannt vör, ick heff ehr seker doch all faken mal sehn,   un wuß ehr likers doch ni hintobringen!

Holsteinische Bauerfrau. Un wat se ock wul egentlich darut harr, dat se mit uns an to snacken fung?

Holsteinischer Bauer. Ja, dat magst du wul man seggn!   Nu hett se uns hierher narrt,   un dar 's ja garnix los!   Dat kummt mi meist so vör, als weern wi in 'n April schickt!

Holsteinische Bauerfrau. (Nach der Kulisse rechts sehend.)

Still mal! Süh, ick glöv', dar kummt wat!

8. Szene.

Hessischer Bauer und seine Frau. Die Vorigen.

Hessischer Bauer und Frau (zugleich.) Griß Gott!

Holsteinischer Bauer und Frau. Schön Dank ock!

Holsteinischer Bauer. Na, och 'n beten in Kiel?

Hessischer Bauer. Jo, zum Vergnige! Seh, Mudder (nach dem Schlosse hinzeigend) do is des Sloß.

Holsteinischer Bauer. Ja, dat 's dat Sloß!

Hessische Bauerfrau. Seh mal aner a!   Herr Jesus ne! Kennt ma do mol 'nei! (Nach dem Denkmal hinzeigend) Seh, Vadder, wos is des?   Ah na! ne, wos e scheen Munument!

Holsteinischer Bauer. Ja, dat 's uns' Kriegerdenkmal!   Hebbt Se dat denn noch nich eenmal sehn?

Hessischer Bauer und Frau. Ne!

Hessischer Bauer. Awer, do in der Staadt kam e fein hibsche Fra un hot uns hieher g'schickt!   »Do is am scheenste« hot sie g'sagt,   un do treffde aach noch Bekannte.

Holsteinischer Bauer. Dat 's ja snacksch!   Dat is ja jüst akkerat ebenso, als mit uns!   Awers ick wüß doch ni, dat wi uns kennt!

Hessischer Bauer und Frau. Ne!

Holsteinischer Bauer. Na, un mit Verlöf to fragen, waneem sünd S' denn her?!

Hessischer Bauer. Ma sin aus Hesse!   Hesse-Darmstaadt, versteh'n Se, nit aus Kassel!

Holsteinischer Bauer. Na, un wi sünd ut Meimersdörp,   so 'n Stunnerwegs vun hier,   un egentlich blots mal to 'n Vergnögen hier, vunwegen unsen leewen Herrn Prinzen Heinrich sin Hochtidsfier!

Hessische Bauerfrau. (zu ihrem Mann). Jesus ne, Vadder, destowege sin ma ja aach hie!

Hessischer Bauer. Jo, des sin ma aach! Mei Mudder un ich, ma wollte doch emal seh, wo se mit unse kleine niedliche Prinzessin abgebliebe!

Holsteinischer Bauer. A, de kann sick freun!   Wat kriggt de för'n Mann! Vun de Pik op deent, un ock all mal sogar rund um de Welt segelt!   Un na Amerika un Brasilgien!

Hessische Bauerfrau. Ah ne! Un dobei doch'n Prinz!

Holsteinischer Bauer. Ja, un wat för een! Merrn in'n Taifun is he all mal we'n!   Dat is tom Verglik noch slimmer, als in de slimmste Slacht!   Un mank de Wilden un de Swatten is he ock mal we'n! Un een Mal ock all sogar merrn mank de Menschenfreters!

Hessische und Holsteinische Bauerfrau. Hu!

Holsteinischer Bauer. Ja, un wat ward dat noch mal för'n Admiral, de dar vundag sin Hochtid fiert mit Jüm ehr lüttj' nüdliche Prinzessin Irene!   O, harr uns' hochselige Herr Kaiser Wilhelm düssen Dag noch mit belevt!

Hessischer Bauer. Jo, jo! Awwer do kom des Schicksal, un do muß er sterbe! Der liwwe Gott, der tröste sein liwwe, gud' und fromme Fra Kaiserin Augusta!

Holsteinischer Bauer. Ja, un sin Fritz, wat nu doch uns' leev Herr Kaiser Friedrich is!

Hessischer Bauer und Frau. Jo, richdig, richdig!

Holsteinischer Bauer. Un de doch all de Slachten an sin hochseligen Herrn Vader sin Sit mitflagen un dat dütsche Rik mit em so grot un so schön makt hett!

Hessischer Bauer. Jo, des haad er, un die Siege midd g'wunne!

Holsteinischer Bauer.

Ja, un nu so swar krank! O, wat 'n Schicksal för em sülbn un sin hartleev' gude Fru Kaiserin   för sin Moder,   för unsen Kronprinz Wilhelm und sin Fru Kronprinzessin,   för unsen leev Herrn Prinzen Heinrich un sin Brut,   för all, de em so neeg staht,   un ock för all uns annern!

Hessischer Bauer.

Jo, jo, wos e Schicksal!   Unse liwwe Herr Kaiser!   Lasse uns für ihn bete! (Die beiden Bauern nehmen die Hüte ab, alle falten die Hände und blicken still nach oben.) Jo, jo, des Schicksal!   Unse Herr Großherzog un sei Fra Großherzogin selig hawwe es doch aach schon emol schwer trage misse!

Hessische Bauerfrau Jo, des hawwe sei aach, Vadder, do hastde Rechd!   Ach wor des 'n liwwe, gud' Fra, unse Fra Großherzogin Alice, wos der kleine Braut ihre Mudder is g'wese!

Hessischer Bauer. Un unsre Fra Kaiserin Victoria ihre Schwester!

Holsteinische Bauerfrau. Ehr Swester? Dat heff ick ja noch garni mal wüßt.

Holsteinischer Bauer. Dat stimmt.   Wat hebbt de awers ock för'n Vader hatt, den Prinzen Albert!   un wat hebbt se noch för 'n Moder!   de Königin Victoria vun Engelland!

(Musik der Heinzelmännchen.)

Hessischer Bauer. Hört emol!

Holsteinische Bauerfrau und Hessische Bauerfrau. Wat is dat? Ne, wos is des?

Holsteinischer Bauer. Na, war kummt dar nu?

9. Szene.

Heinzelmännchen. Die Vorigen.

(Die Heinzelmännchen aus der letzten Kulisse von rechts kommend
Sie schleppen mit vieler Mühe einige Büsten, die des Kaiser Wilhelm,
der Kaiserin Augusta, des Kaisers Friedrich, der Kaiserin Victoria,
des Prinzen Heinrich, der Prinzessin Irene, des Großherzogs und der Großherzogin Alice von Hessen, des Prinzen Albert und der Königin Victoria von England.)

Hessische Bauerfrau. (Sich etwas vorbeugend.   Zu ihrem Manne). Ah, ne seh mol do, Vadder!

Hessischer Bauer. Ei der Dausend! Des sin jo de Hanselmännerche!

Holsteinischer Bauer. Hanselmännerche? Wat schulln se wul!   Dat sünd ja de Ünnerirr'schen!

Holsteinische Bauerfrau. (ängstlich). De Ünnerirr'schen? Ach Gott! ach Gott!

Holsteinischer Bauer. (Zu seiner Frau.) Na, na! Nu wes' doch man ni bang, de ward uns nich opfreten!

Hessischer Bauer. Lasse se uns hold emol anrede! (Zu den Heinzelmännchen, den Hut abnehmend und mit Kratzfuß.) Wenn's erlabt is, ze frage    

Holsteinischer Bauer. (ihn wegdrängend). Ne, lat mi man leewer! (Zu den Heinzelmännchen, den Hut abnehmend, mit Kratzfuß). Gud'n Dag denn ock!

Alle Heinzelmännchen.

Schönen Dank auch, Bauer!

Holsteinischer Bauer. Nix to danken! De Ehr' is ganz op unse Sit!   Na, un wenn't erlaubt is, to fragen, waneem kamt Se denn her?

Erstes Heinzelmännchen. Vom Boden da des großen schönen Hauses hier unten im Garten, wo der Bruder Studio zur Schule geiht!

Holsteinischer Bauer. (nachsprechend). Aha, wo der Bruder Studio zu Schule geht?!   Na, denn sein Sie wohl auch so'n Art Studentens?!

Erstes Heinzelmännchen. Wir? Studenten?   (Lacht) Ha! Ha! Ha! Ha! Wie der Bauer doch dumm ist!

Alle Heinzelmännchen. (lachend.) Ha! Ha! Ha! Ha! Wie der Bauer doch dumm ist!

(Holsteinischer Bauer kratzt sich hinter den Ohren.)

Zweites Heinzelmännchen.

Wir sind ja doch die Heinzelmännchen, du dummer Bauer du!

Hessischer Bauer. (zum holsteinischen Bauer). Siehst' de, siehst' de?!   Hob ich des nidd g'sogt?

Drittes Heinzelmännchen. Oder die Unterirdischen, wenn du das besser verstehst!

Holsteinischer Bauer (zum hessischen Bauern). Na, wat seggst du nu? Nun heff ick doch noch Recht! (Zu den Heinzelmännchen). Na, un mit Verlöf to fragen, wo geiht de Reis' denn hin?

Erstes Heinzelmännchen. Ins Schloß! Wir ziehen wieder ein!

Zweites Heinzelmännchen. Als da gebaut wurde, mußten wir solange ausziehen, und da nahmen wir das Beste mit, daß sie es uns nicht entzwei machten.

Drittes Heinzelmännchen. Und da haben wir denn so lange auf dem Boden gewohnt in dem großen Hause hier unten im Garten.

Holsteinischer Bauer. Aha, bei die Studenten!   Na, un wenn ick so fri sin dörf, Se to fragen, (auf die Büsten zeigend) wat is denn dat Witte dar?

Erstes Heinzelmännchen. (lachend). Das?   Ha! Ha! Ha! Ha! Wie der Bauer doch dumm ist!

Alle Heinzelmännchen. (lachend). Ha! Ha! Ha! Ha Wie der Bauer doch dumm ist!

(Holsteinischer Bauer kratzt sich hinter den Ohren.)

Zweites Heinzelmännchen. Das sind die Büsten vom Kaiser Wilhelm und der Kaiserin Augusta!

Drittes Heinzelmännchen. Und von unserm Kaiser Friedrich und der Frau Kaiserin Victoria.

Erstes Heinzelmännchen. Und vom Prinzen Heinrich und der Prinzessin Irene!

Zweites Heinzelmännchen. Und vom Großherzog und der Frau Großherzogin selig von Hessen!

Drittes Heinzelmännchen. Und vom Prinzen Albert und der Königin Victoria von England!  

Erstes Heinzelmännchen. Aber nun müssen wir wieder fort, Kinder, frisch ans Werk!

Alle Heinzelmännchen. Frisch ans Werk! Wenn's nur nicht so schwer wäre!

(Bemühen sich, die Büsten weiter zu bringen).

Erstes Heinzelmännchen. (zu den Bauern). Na, was steht ihr denn da und rührt euch nicht, ihr dummen Bauern?!

Zweites Heinzelmännchen. Wenn der Bauer nicht muß,   rührt er weder Hand noch Fuß! (Lacht.) Ha! Ha! Ha! Ha!

Alle Heinzelmännchen. (Lachend). Ha! Ha! Ha! Ha!

Holsteinischer Bauer. So? Ah, dat wüllt wi doch mal seh'n! (Zum hessischen Bauern). Kumm, denn fat man mal mit an, Landsmann!   Dat hebbt wi ja gar nich in de Reken! (Hebt eine Büste auf, der hessische Bauer desgleichen, dann zu seiner Frau). Kumm, Moder, grip ock mal mit to! (Diese nimmt auch eine Büste.)

Hessischer Bauer. (zu seiner Frau). Un du aach, Mudder! (Hessische Bauerfrau nimmt auch eine Büste.)

Holsteinischer Bauer. Süh so!   Nu kann de Reis' losgah'n!   Na, op düsse Wis' kriegt wi denn ock ja wul noch dat Sloß mal to sehn!

Hessische Bauerfrau. (zu ihrem Manne). Jesus ne, Vadder, nu komme ma aach emol ins Schloß 'nei!

Erstes Heinzelmännchen (zu den Bauern). Ja, und da sollt ihr euch einmal wundern, wie wir es hübsch mache! (Zu den andern Heinzelmännchen) Na, vorwärts, Kinder!

Alle Heinzelmännchen. Vorwärts, Kinder!

(Musik der Heinzelmännchen. Alle links ab.)

10. Szene.

Kilia.

(Von rechts kommend).

Kein Mensch?   Und ihrer vier glaubt' ich zu finden,
Wo stecken mir die Bauern denn? Es scheint,
Daß sie den Weg verfehlt,   vielleicht die zwei,
Das könnte möglich sein, weil unbekannt
Die Stadt für sie und dieser Platz,   allein,
Die andern beiden?!   Nein, das ist nicht möglich!

11. Szene.

Neptun. Kilia.

Neptun.

(Von links kommend.)

Kilia.

(Ihn erblickend.)

Neptun!

Neptun.

Ich bin's!

Kilia.

Und ich der Frauen eine,
Die hier vor kurzem sich an dich gewandt,
Dein schlichtend Wort zu hören,   Kilia,
Die Mutter dieser Stadt.  

Neptun.

Mir ja bekannt
Und, wie ich hoffe, meinem Urteil willig.

Kilia.

Wie könnt' es anders sein?! Die and're auch
Dem Gott' des Meeres folgsam!   Beide gern
Mithhelfend, wie du uns erlaubt.   Schon hatte
Ich ihrer vier an diesen Ort bestellt,
Ein mißlich etwas trat mir wohl dazwischen,
Und keiner kam.  

Neptun.

Und doch, sie kamen alle!

Kilia.

(Schnell und froh.)

Wie?!

Neptun.

Noch sah ich sie in lustiger Gesellschaft
Von dannen geh'n, bevor ich dich erblickte,
Dem Schlosse zu!  

Kilia.

Dem Schlosse zu?!

Neptun.

So ist's!
Um meinem Zweck zu dienen,   unbewußt,
Wie jene, denen sie,   darum ersucht,  
Sich helfend angeschlossen.  

Kilia.

Freude bringt
Die Nachricht mir!   Und wieder eil' ich fort,
Ein lieblich Schwesternpaar für dich zu werben!

(Rechts ab.)

12. Szene.

Neptun. Nereus.

Nereus.

(Von links kommend.)

Neptun.

Nun Nereus?

Nereus.

Gleich kommt lustiger Besuch
Von jenem Häuschen an der Brücke, wo
Zu lesen steht, wie gern die alten Deutschen
Noch immer einen tranken, eh' sie gingen!  
Ich sah im Gärtchen sie um einen Tisch,
Auf dem ein Faß, daraus sie wacker zechten,
Und hörte ihr Gespräch,   aus naher Flut
Das Haupt erhebend, lauschend,        
(Musik und Gesang in der Ferne: »Gaudeamus igitur.«)
Horch, sie sind's!

Neptun.

Schon gut!   Laß mich allein!  

Nereus.

Wie du befiehlst!  
Die wenigen Schritte bis zum Wasser hab'
Ich leicht getan, bevor sie mich geseh'n!

(Links ab.)

Neptun.

Ein lieblich Schwesternpaar wollt mir die eine
Der Frauen werben?   Diese sendet mir
Gewiß die andre!   Nun, ich bin gespannt,
Was sie erwählte, meinem Zweck' zu dienen!

(Stellt sich hinter ein Gesträuch.)

13. Szene.

Holsate. Teutone. Troglodyte. Albertiner.

(Alle in Wichs.)

Später Neptun.

(Die Studenten von links auftretend.)

Holsate.

Hurra! Da sind wir!   Wie es uns befahl
Das schöne Weib, an deren Brüsten wir
Die Weisheit saugen!   Aber festspielartig
Sieht's hier nicht aus, und Gott Poseidon, den
Man uns in Aussicht stellte, sitzt vielleicht
Mit Zeus und Mars in irgend einer Ecke
Des hoh'n Olymps als dritter Mann beim Skat,
Schon unserer vergessend!     (Mit dem Fuße stampfend.)
He, Neptun! Neptun!

Die Übrigen.

(Laut rufend.)

Neptun!

Troglodyte.

Wer nicht erscheint, ist der!   Am Ende trank er
Vom Nektar etwas mehr, als dienlich ihm,
Und jammert nun, weil ihn der Kater plagt,
Vor einem Harung über Schmerz im Bauch
Und Weh im Oberstübchen! (Mit dem Fuße stampfend.)
He, Neptun! Neptun!

Die Übrigen.

(Laut rufend.)

Neptun!

Teutone.

Und immer noch kein Gott?!     Vielleicht hat er
Sich zur Veränd'rung schnell einmal verwandelt
In einen Fünfundachtziger und schneidet
Hier, wo in's Grüne man die kleinen Babys
Spazieren führt,   gar einer hübschen Magd
Galant die Cour!     Die hohen Götter lieben
Dergleichen kleine Späße!   Sieh Ovids
Metamorphosen!   (Mit dem Fuße stampfend.)
He! Neptun! Neptun!

Die Übrigen.

(Laut rufend.)

Neptun!

Albertiner.

Am Ende sitzt der alte Knasterbart
Bei seiner bessern Hälfte, Amphitrite,  
Im Schlafrock und Pampuschen,   Mokka schlürfend!  
Vielleicht auch umgekehrt,   daß dem Gemahl,
Der im Begriff, mit flotten Studiosen
Ein Stündchen zu verbringen,   sie gewandt
Noch eine Szene machte!   O, die Weiber!
(Mit dem Fuße stampfend.)
He! Neptun! Neptun!

Die Übrigen.

(Laut rufend.)

Neptun!

Neptun.

(Hervortretend, den Mantel zurückschlagend, mit donnernder Stimme.)

Quos ego!

Die Studenten.

(Bestürzt, zugleich.)

Ha! der Gott!

Neptun.

(Drohend.)

Ich werde euch
Die bösen Mäuler stopfen wie den Winden,
Wenn sie in übermüt'ger Laune mir
Schaumspritzend meine Wellen machen!
Nun?
Mit einemmal so still? Man rühmet doch
Der Musensöhne allzeit frischen Geist
Und ihr schlagfertig Wort?!

Holsate.

Du schreckst uns nicht!
Die Überraschung lähmte nur den Mund!  

Troglodyte.

Uns machte schon Homer mit dir vertraut!

Teutone.

Den Musensöhnen sind die Götter hold!

Albertiner.

Und keinen schreckte jemals ihre Nähe!

Alle Studenten.

Hier sind wir!     Nun?!

Neptun.

Euch kann ich brauchen, ihr gefallt Neptun!
Wohlan, ihr wißt es ja, warum die Stadt
So festlich prangt   und kein Kollegium heut'
Der Bruder Studio hat als das der Freude!

Holsate.

So ist es!   Eben noch bei'm vollen Faß,
Der Freude leerten wir das volle Glas!

Troglodyte.

Dem Götterfunken, welchem seiner Zeit
Der Dichterfürst das schönste Lied geweiht!

Teutone.

Dem Götterfunken, dessen Himmelsglanz
Die Herzen zweier heut' erfüllt so ganz!

Albertiner.

Dem Götterfunken, dessen Sonnenlicht
In jedes Deutschen Aug' sich heute bricht!

Alle Studenten.

O, Freude! Schöner du als alles Schöne!
Hurra, Prinz Heinrich! und Prinzeß Irene!

14. Szene.

Nereus. Die Vorigen.

Nereus.

(Von links kommend, sich rasch Neptun nähernd und ihm etwas ins Ohr flüsternd.)

Neptun.

Nicht möglich, Nereus!

Alle Studenten.

Nereus?!   Noch ein Gott?!  

Nereus.

(Zu Neptun.)

Und doch!   Hätt ich's mit meinen eignen Augen
Nicht selbst geseh'n, ich zweifelte wie du  

Neptun.

Dann führ' mich rasch dahin! (Zu den Studenten)
Und ihr da, euch
Erwart' ich dort im Schloß des Hohenzollern!

(Neptun und Nereus links ab.)

Holsate.

Wie?! Uns im Schloß?!   Am Ende mit zur Tafel?!

(Dem Troglodyten auf die Schulter klopfend.)

Mensch, dieses Schwein!

Troglodyte.

Ich trinke nichts als Sekt!

Holsate, Albertiner, Teutone.

Wir auch!

Troglodyte.

Und jedem komm' ich gleich
'ne ganze Flasche vor!  

Holsate, Teutone, Albertiner.

Pros't!   Kommen nach!

Holsate.

Wohlan, ins Schloß,   dem Mut'gen lacht das Glück!

Troglodyte, Teutone, Albertiner.

Und wem die Götter hold, dem fällt's vom Himmel!

15. Szene.

Die Kanalfee. Zwei Ellerbeker Fischer. Eine Ellerbeter Fischerfrau. Die Vorigen.

Die Kanalfee.

(Schreiend, links hinter der Kulisse.)

Zur Hülfe! Zur Hülfe!

Alle Studenten.

(Dahinsehend.)

Ha! Was ist das?   Ein Mädchen?!

Kanalfee.

(Die Hand mit einem Tau gefesselt, welches einer der Fischer hält, auf die Bühne stürzend. Fischer und Fischerfrau ihr folgend.)

Zur Hülfe! Zur Hülfe!

Fischerfrau.

(Ihr auf die Schulter klopfend, besänftigend.) Wesen Se doch man still, lütt Mamsell! De bösen Mannslüd schüllt Se nix do'n!

Kanalfee.

(Ängstlich die Hand vor das Gesicht haltend und laut schluchzend.)

Erster Fischer.

(Kratzfuß machend, zu den Studenten.)

Ah, de Herrn Studenten!   Vellicht künnt de uns all Utkunft geben!

Holsate.

(Zu dem Fischer.)

Aber wer fesselt denn ein wehrloses Mädchen?!

Troglodyte.

Und noch dazu ein so schönes!

Teutone und Albertiner.

Fort mit dem Tau da!

Kanalfee.

(Wie vorhin.)

Erster Fischer.

(Ihr das Tau abnehmend.)

Ja, wenn se uns man ni utneiht!

Fischerfrau.

(Besänftigend.)

Gott! Un se weent noch ümmer!

Erster Fischer.

Ja, denken Se sick mal!   de hebbt wi fungn!

Holsate und Troglodyte.

Unsinn!

Teutone und Albertiner.

Dummes Zeug!

Kanalfee.

(Wie vorhin.)

Zweiter Fischer.

Ganz gewiß! Dicht bi Holtenau, ebn vor de Slüf!  

Erster Fischer.

Wi meen, dat weer en groten Butt, un dar weer se dat!

Zweiter Fischer.

Ja, un nu wulln wi mit ehr na 'n Professor hin, so' n Art vun Meerwiev ward se doch wul we'n!

Kanalfee.

(Wie vorhin.)

Fischerfrau.

(Ihr auf die Schulter klopfend, besänftigend) Nu ween'n Se dochen man nich mehr, lütt Mamsell!

(Während der nun folgenden Worte erheitert sich nach und nach das Gesicht der Kanalfee.)

Holsate.

(Zur Kanalfee.)

Nicht weine mehr, du Liebliche, und sprich!

Die andern Studenten.

Nicht weine mehr!

Troglodyte.

Bei uns'rer Ehr, wir alle schützen dich!

Die andern Studenten.

Bei uns'rer Ehr!

Teutone.

Dein Lilienkleid ein Schmuck der Nixen ist!

Die andern Studenten.

Dein Lilienkleid!

Albertiner.

Holdsel'ge Maid, nun sag' uns, wer du bist!

Die andern Studenten.

Holdsel'ge Maid!

Kanalfee.

(Singend oder sprechend.)

Wer ich bin? Ihr sollt mich umsonst nicht befragen.
Hört mich an, ich will es im Liede euch sagen.

(Vorspiel.)

(Die Kanalfee singt.)

Die Kanalfee bin ich von Holtenau,
Eine Freundin der plätschernden Welle,
Wo der Wald so grün und der Himmel so blau.
Und wo schwirret die goldne Libelle,  
Wo die Erle sich neigt über Binsen und Ried,
Wo die Wasserrose so lieblich erblüht,
Da wohn' ich an lauschiger Stelle.

Und wenn grüßet vom Himmel der leuchtende Mond
Über Knoop und den waldigen Höhen,
Und im schlummernden Dorf', das von Menschen bewohnt,
Sich die luftigen Träume ergehen,  
Und wenn Blütenduft füllet den weiten Raum,
Und die Nachtigall flötet im Apfelbaum',
Dann läßt die Kanalfee sich sehen.

Dann durchwandle ich froh mein geliebtes Gefild,
Bis ich komm' zu den duftigen Linden,
Wo da ragt der Germania gold'nes Gebild,
Und der Stein, der geweihte, zu finden!
Und da steh' ich und breite die Arme aus:
Gott segne, Gott segne das Kaiserhaus!
Und ich ruf es nach allen vier Winden!

(Sie tut, als ob sie entfliehen wollte, und eilt bis zu einer der letzten Kulissen. Die Studenten eilen ihr nach, der Holsate faßt sie bei der Hand und führt sie wieder vor, worauf sie von neuem zu singen beginnt. Neptun und Nereus erscheinen, während sie die letzte Strophe singt, von links auftretend, unbemerkt im Hintergrunde.)

Und von Westen nach Osten, von Osten nach West
Erschallt es wie jubelndes Grüßen!
Und noch einmal durchleb' ich das herrliche Fest
An dem Stein' zu Germanias Füßen!
Und dann dämmert der Morgen, dann treibt es mich
Und dann eil' ich zurück an den lauschigen Ort,
Wo die Wasser mich wieder umschließen.

Holsate.

(Zur Kanalfee.)

O, holde Fee, noch einen Augenblick!

Die andern Studenten.

O, holde Fee!

Troglodyte.

In deiner Näh', o, welch' ein süßes Glück!

Die andern Studenten.

In deiner Näh'!

Teutone.

Hab' Dank dafür, du schönste aller Fee'n!

Die andern Studenten.

Hab' Dank dafür!

Albertiner.

Das schwören wir: kein Leid soll dir gescheh'n!

Die andern Studenten.

Das schwören wir!

(Während der obigen Worte der Studenten wird im Gesicht der Kanalfee ein zunehmender Ausdruck der Freude bemerkbar.)

Erster Fischer.

(Sie bei der Hand fassend.)

Süh so! Nu man na'n Professor hin!

Kanalfee.

(Schreit laut.)

Alle Studenten.

Halt!

Erster Fischer.

(Läßt sie los und tritt zurück.)

16. Szene.

Neptun. Nereus. Die Vorigen.

Neptun und Nereus.

(Vortretend.)

Neptun.

Halt! rufen wir mit euch!

Alle Studenten.

Neptun!

Die beiden Fischer und Fischerfrau.

Neptun?!

Studenten.

(Zu den Fischern.)

Südwester ab!

Die Fischer.

(Nehmen ihre Südwester ab.)

Neptun.

In unserm Schutze steht
Zunächst das Kind.

Nereus.

Ich führ' sie wieder heim.

Neptun.

Noch nicht!

Kanalfee.

(Zu Neptun.)

Verzeihung!   Durch die Schleuse hatt'
Ein Schiff mich mit hinausgelockt, und draußen
Hab' mit den Nereiden,  

Nereus.

Meinen Töchtern,

Kanalfee.

Ich mich ergötzt im frohen Spiel,   als plötzlich
Das Schreckliche geschah!   Nichts Arges ahnend,
Ward ich umstrickt von einem großen Netz'
Und dann gewaltsam jäh emporgerissen.

Neptun und Nereus.

Dir soll kein Leid gescheh'n!

Alle Studenten.

Beim Himmel nein!

Kanalfee.

O Dank! Habt tausend Dank!

Neptun.

(Abwechselnd zur Kanalfee und zu den Studenten.)

Sieh, wie du's schon
Den lust'gen Musensöhnen angetan!
So recht, das nenn' ich ritterlich!   Und nun
Doch einmal hier in dieser schönen Stunde
Freu' ihrer dich mit uns und leih' ihr gern
Auch deinen Reiz!   (zu den Studenten.)
Euch sei sie anvertraut!
Doch daß aufflammend eurer Jugend Glut
An ihrer Schönheit leuchtender Erscheinung
Euch nicht zu Unbesonnenem reiße fort,
Sei Nereus ihr Begleiter!

Nereus.

Gern, o Herr!

Neptun.

Nun aber geht, und drüben, wo der Turm
Des alten Schlosses ragt,   im Fürstensaal'
Erscheine sie beim hochzeitlichen Mahl',  
Von Lilien umhüllt die schönen Glieder!
Gehabt euch wohl!   Dort treffen wir uns wieder!

(Alle rechts ab. Die Studenten drängen sich im Abgehen, einer den andern wegschiebend, an die Kanalfee heran, ihr den Arm bietend, bis Nereus vortritt, und ihre Hand fassend, sie wegführt, während die Studenten hinterhergehen.)

17. Szene.

Neptun. Alma mater.

Alma mater.

(Von links kommend.)

Auch hier nicht mehr?! Und eben noch im Gärtchen
Am Tisch beim vollen Faß?   Hat mir Gambrinus
Sie wieder mal entführt?!   O, dieses Bier!

Neptun.

's bleibt doch ein schön Getränk! Und hätten wir
Den Nektar nicht, beim Jeus, ich tränke Bier!

Alma mater.

Wo sind, die ich dir sandte?  

Neptun.

Nicht mehr hier,
Doch kaum entlassen.   Möchtest du sie seh'n,
So mußt du ohne Aufschub weiter geh'n.

Alma mater.

Wohin?

Neptun.

Ins Schloß!

Alma mater.

Und läßt man mich hinein?

Neptun.

Der Zutritt soll dir gern gestattet sein.

Alma mater.

Hab' Dank für deine Gunst!

Neptun.

Und du desgleichen!

Alma mater.

Ich eile, die Gesuchten zu erreichen!

(Rechts ab.)

18. Szene.

Hymen. Neptun.

Hymen.

(Von rechts kommend.)

Neptun.

Ein Fremder?   Tritt herzu, und sei willkommen!

Hymen.

Es danket dir und grüßet dich, Neptun,
Ein Wohlbekannter, der dem Eros folgt
Mit Schleier und mit Fackel, selbst ein Gott!

Neptun.

(Freudig.)

Υμην ω Υμενατε! ruf ich dir froh entgegen!
Du bist es, ja!   Verleihe ihrem Bunde
Nun all dein Glück und deines Daseins Segen!

Hymen.

Die Fessel Hymens ist ein Rosenband,
Und Rosen sind von Dornen ja umgeben!
Wo aber sich ein Paar zusammenfand
In süßer Lieb' aus tiefstem Herzensgrunde;
Was immer auch die Mören mögen weben,  
Froh ineinander füg' ich Hand in Hand
Zu einem wonnereichen Liebesleben!

(Tut, als wenn er nach links abgehen wolle.)

Neptun.

Und, kaum erschienen, willst du nicht verweilen?

Hymen.

Schon folgen andre,   und ich muß enteilen!
Mit ihnen magst den Augenblick du teilen,
Bevor den Hymenäus wir beginnen!      
Mich winken jenes alten Schlosses Zinnen!

(Links ab.)

19. Szene.

Kilia. Schleswig-Holstein. Neptun.

Kilia.

(Zu Neptun.)

Hier sind, die ich zu bringen dir versprach;
Gestatte denn auch ihnen freundlich nun
Der Freude vollen Anteil an der Feier!
Wie du den andern, welche ich dir sandte,
Sie schon gewährt.  

Neptun.

Erfüllt sei deine Bitte
So gern, wie gern geseh'n und viel willkommen
Mir alles, was dem Fest so holden Reiz
Verleiht, wie solch ein lieblich Mädchenpaar!

Kilia.

Es ist durch teure Bande mir verknüpft,
Gleichwie das schöne Land, das seine Heimat,
Und das sein ein und alles ist!   Nicht hat
Germaniens Krone schönere Perlen, als
Die zwei nach schwerer Prüfung harter Zeit
Und blut'gem Kriege ihr verliehen!

Neptun.

Du, zweier Meere reich gesegnet Land,
Das meines alten Herzens Freude war,
So oft sich meine Rosse dir genaht,
Und dich mein Aug' aus deiner Flut erschaute.
Geliebtes Schleswig-Holstein, ja, so ist's,
Du meerumschlungnes Land der Doppeleiche,
Aus dessen Bund: »Op ewig ungedeelt«,
So Herrliches erwuchs dem deutschen Reiche!

Kilia.

Und die das schönste Heim der deutschen Flotte
An meinem Busen freudiglich gewährt,
Die bringen nun, was still ihr Herz genährt,
Was sie erdacht in Worten und in Tönen,
Die Feier dieser Stunde zu verschönen.

Neptun.

Ein Lied?   Wohlan!   Beginnt und laßt mich hören,
Was Ihr erwählt dem hohen Paar' zu Ehren!

Schleswig und Holstein.

(Singen.)

Op ewig ungedeelt
Dem Paar', das sich erwählt,
Erscheint zum Fest' das Schwesternpaar, das gleiche,
Des meerumschlungnen Land's der Doppeleiche,  
Dem Paar', das sich erwählt
Op ewig ungedeelt!

Op ewig ungedeelt,
Was treue Lieb' beseelt!
Gott segnet alle, die sich innig lieben,
Denn Gott ist Liebe, also steht geschrieben!
Was treue Lieb' beseelt,
Op ewig ungedeelt!

Op ewig ungedeelt,
Nun so durch Gott vermählt!
Du ihr,   sie dir des Lebens süße Wonne,
Ob ihr im Schatten, ob im Licht der Sonne,  
Nun so durch Gott vermählt,
Op ewig ungedeelt!

Neptun.

Habt Dank für euer Lied, das unserm Spiel'
Vor Abschluß noch so zarten Reiz verliehen!
Was hier gescheh'n,   fast war es schon zu viel,
Drum sei's genug,   und weiter mögt ihr ziehen,
Den andern nach, daß ihr erreicht das Ziel,
Eh' der Minuten letzte euch entfliehen!
Kurz war die Stunde, die uns zugemessen,  
Noch wartet eins,   und keines sei vergessen!

Kilia.

So drängt die Zeit?    

Neptun.

Wer mit will, muß sich rühren!

Kilia.

(Zu Schleswig-Holstein.)

Dann kommt,   ich will den kurzen Pfad euch führen!

(Kilia und Schleswig-Holstein links ab.)

20. Szene.

Germania. Borussia. Neptun.

Germania und Borussia.

(Von rechts kommend.)

Neptun.

Noch zwei?   Ihr kommt zu spät!

Germania.

Das tut uns leid!

Borussia.

Den weiten Weg vergeblich?!

Neptun.

Also Fremde
In dieser Stadt?

Germania und Borussia.

Wir Fremde? Nimmermehr!

Germania.

Ich als Alldeutschlands Hort?!

Borussia.

Und ich als Preußens?

Germania und Borussia.

Wir Fremde hier, wo unsre Adler rauschen?!
Germania und Borussia Fremde hier?!

Neptun.

Germania und Borussia?!   Seid willkommen
Dem Gott des Meers! Es grüßet euch Neptun!

Germania und Borussia.

Und sagtest doch, daß wir zu spät erschienen?!

Neptun.

So ist's!   Ihr habt zu lange dort verweilt
Wo jene weilen, deren Fest wir feiern.

Und was mit der Vergangenheit entfloh'n,
Das kann die Gegenwart nicht wieder geben!
An diesem Orte werden Wort und Ton
Den Lippen nun nicht mehr im Spiel entschweben!
Hier ist's vorbei!   An andrer Stelle schon
Ersteht vor unserm Aug' ein neues Leben!
Seht ihr das Schloß?   Es ändert sich die Szene:
Hurra Prinz Heinrich! und Prinzeß Irene!

(Der Hintergrund geht rasch in die Höhe.)

21. Szene.

(Alle Mitwirkenden, auch die auf der Bühne befindlichen, Neptun, Germania und Borussia, zu einem schönen Gruppenbilde vereinigt, in dessen Mitte die Büsten des fürstlichen Brautpaares, umgeben von den Büsten des weiland Kaiser Wilhelm und Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta, Sr. Majestät des Kaisers Friedrich und Ihrer Majestät der Kaiserin Victoria sowie Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs und der weiland Frau Großherzogin Alice von Hessen, des weiland Prinzen Albert und Ihrer Majestät der Königin Victoria von England. Sowie der Hintergrund in die Höhe gezogen ist, intoniert das Orchester und es beginnt der Hochzeitshymnus, von allen zum Bilde gehörigen Personen gesungen.)

Hochzeitshymnus.

Blühende Myrten und duftige Rosen,
Streuet sie jubelnd dem fürstlichen Paar'!
Nun schon Zephire die Blumen umkosen,
Streut sie um Hymens geweihten Altar!
Lasset bis morgen
Kummer und Sorgen!
Weilt in der Freude entzückendem Bann'!
Lasset erfluten
Flammende Gluten!
Stoßt auf den Segen der Glücklichen an!

Ruft es hinauf in die waldigen Höhen,
Ruft es hinab in die Täler umher,
Ruft es hinüber die blauenden Seen,
Ruft es hinaus in das brausende Meer:
Der uns geworden
Nun hier im Norden,
Lächle ihm immer ein freundlich Geschick!
Die er gefunden,
Nun ihm verbunden,
Lasse sie nimmer das wonnige Glück!

Blühende Myrten und duftige Rosen,
Streuet sie jubelnd dem fürstlichen Paar'!
Nun schon Zephire die Blumen umkosen,
Streut sie um Hymens geweihten Altar!
Lenker der Sterne,
Du in der Ferne
Und in der Nähe, der keinen verläßt,
Segne die Stunde,
Wo in der Runde
Freut sich Alldeutschland am herrlichen Fest!

Lenker der Welten, zu dem wir nun flehen,
Du, den noch niemand erträumt und gedacht,
Laß, was wir bitten und beten, geschehen;
Sei unserm Kaiser Genesung gebracht!
Lenker der Welten,
Wollest vergelten
Alles ihm, was er Alldeutschland schon war!
Segne den einen!
Segne die Seinen!
Segne das fürstliche, bräutliche Paar!

(Der vordere Vorhang fällt langsam. Während die letzte Strophe gesungen wird, bengalische Beleuchtung der Bühne von beiden Seiten.)


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