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Einleitung.


Nachfolgendes Tagebuch, obwohl es nur einfache Berichte aus dem Leben einer Frau und Mutter enthält, wird doch vielleicht in manchen Herzen ein Echo erwecken.

Denn dieses wandelbare und gefahrvolle Leben, ist es nicht eine stete Wiederholung derselben bekannten Geschichte, – derselben und doch wieder nicht derselben? Die Hauptzüge unveränderlich, aber Lichter, Schatten und Färbung verschieden und immer neu, so daß wir staunend ausrufen müssen: Welche Mannigfaltigkeit! und doch, wenn wir tiefer hineinblicken, welche Aehnlichkeit! Denn Geburt und Tod, Freude und Schmerz, Gewinn und Verlust machen die Summe der Tage und Jahre unserer Pilgerschaft aus, es mögen ihrer nun wenige und böse, oder viele und mühselige gewesen, und mag die Ruhe lange gesucht und schwer gefunden worden sein.

Im Frühling bauen wir das Nest, und beinahe ehe wir Zeit gefunden, uns der lieblichen jungen Brut zu erfreuen, entfaltet sie selbst ihre Flügel und fliegt davon. Die Säuglinge, welche so still und vertrauensvoll in unsern Armen liegen, verschwinden, und statt ihrer stehen muntre furchtlose Knaben und Mädchen da, welche sich den Erfahrungen eines noch ungeprüften Lebens entgegendrängen. Die Zeit verrinnt, und wir sehen den jugendlichen Geist gezähmt, die Sehnsucht gestillt; sehen silberne Fäden im glänzenden Haar, das wir so oft gestreichelt, und Sorgenfalten auf der Stirne, die einst glatt und weiß wie Alabaster geschimmert.

Das sind meistens die Erfahrungen derer, welche den geheiligten Mutternamen führen, mit vielen Prüfungen und Genüssen, vielen Schmerzen und Freuden untermischt, vielleicht durch den Tod eines lieblichen Kindes getrübt, welches in Gottes Paradies verpflanzt, doch unser Kind bleibt, das nie durch Alterschwächen oder irdische Bestellung entstellt, uns stets in süßer Jugendfrische vor Augen schwebt, während seine Brüder und Schwestern längst müde abgearbeitete Männer und Frauen geworden. Und gerade den Müttern und Kindern dürfte diese einfache Chronik des häuslichen Lebens willkommen sein. Die Mütter mögen daraus vielleicht Lehren des Glaubens und der Geduld, und die Kinder Lehren der dankbaren Liebe zu derjenigen schöpfen, deren Liebe für sie eine unermeßliche ist. Hat Gott sie nicht zum Sinnbild seiner eigenen erwählt? »Ich will dich trösten, wie einen seine Mutter tröstet!«


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