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Kurzer Wald.
Rose, und Peter.
Rose: Und hast ihnen du, und der Veit glücklich aus dem Wasser geholfen?
Peter: Schlapperloth! Es hat nit ein Spennadl g'fehlt, so wärens alle Zwey ersoffen.
Rose: Das hat der grosse Sturmwind gemacht, der sich gegen Morgen aufgehoben hat.
Peter: Hör nur Rosel, was habens aber auch am frühen Morgen auf der See zu thun g'habt? So wie mir einer g'sagt hat, der denk ich, der Lackey ist, so sollen Sie Brautleuten nachgefahren seyn. Auf einmal ist der Sturm kommen, hat das andre Schif glücklich fortgebracht. Den Zwey Mussien aber ihre Leute, die meisten ins Wasser geworfen, das Fahrzeug bald, wie ein Radl herumgedreht, und bald wie einen Ballen hin, und hergeworfen hat, da hättest du's sollen schreyen hören.
Rose: O die armen Leut! was habens denn geschrien?
Peter: Holl aus! holl aus! Huse! und g'murrt, und g'brummt, und g'sichter habens dabey g'schnitten, als wanns völlig harb wären.
Rose: Das kann ich mir vorstellen, s' gieng mir selber so . . . Wann ich selber schwimmen, oder Schiffahren könnt, hätt ich Sie selbst retten helfen, sollen gar hübsche Mannsleut seyn.
Peter: Schlapperlot! s' ist nicht anderst, als wenn der Sturm für uns Seeleut ein Grespeckt hätt, wir haben die Wellen hergeschnitten, und Flux hatten wirs in unsern Fahrzeug, sonst hättens g'wiß zum letzen mal Brod gegessen.
Rose: Und jezt sitzens bey dir, und trocknen sich die Kleider?
Peter: Freylich! Sie müssen Feuer im Leib haben, Sie werden gleich trocken, als obs in der Sonn stünden. Haben sich völlig wieder erhollt. Seyn ein paar lustige Mussie. Die Lenne Mahm kam heim. Mit der spaßten und schäckerten, und Liebäugelten's gleich, daß Ich selber hab lachen müssen.
Rose: Sagtest du mir nit Peter, Einer sähe besser aus, als der andere?
Peter: Freylich! Der ist der Herr. Er muß ein vornehmer Mussie seyn, man sieht's aus der Kleidung, und aus der Art, wie er mit den Weibsbildern freundlich seyn kann; aber so ein vornehmer Mussie, als es auch seyn mag, so wär er mein Six heut doch ersoffen, wann ich nicht g'wesen wär'.
Rose: Ich möcht doch selber gern mit ihm reden, weil er gar so freundlich seyn soll.
Peter: Ey bleib du nur bey mir. Ich hab dir selber was zu sagen.
Rose: Nu, was dann? so sags.
Peter: I potz Wetter Rosel, du sagst mir gar nichts von unserer Lieb?
Rose: Was soll ich denn sagen, ich weiß nix.
Peter: Du weist nix? sag ich dir nicht immer, wie lieb ich dich hab.
Rose: Ja Schau Peter, du sagst mir immer einerley.
Peter: I potz Gift, wie soll ich dir denn zweyerley sagen, wann ich mir einerley denk. Und ich hab dich so lieb.
Rose: Nun, und ich hab dich auch lieb.
Peter: Auweh, das ist wenig g'nug. Du hast mich gar artlich lieb du? Ja!
Rose: Was soll ich aber denn machen?
Peter: Du sollst's machen, als wie mans macht, wenn eine Einen lieb hat, wie sich's g'hört.
Rose: Nun hab ich dich dann nit lieb, wie sich's g'hört?
Peter: Nein, sag ich: sonst müst't vorn Leuten tausenderley Narredeyen treiben. Schau nur die dicke Waberl an, wie Sie mit den jungen Lentzl spaßt, wie'sn nimmer mit Fried last, bald ein Schlag, bald ein Knips gibt. Neulich, wie er sich hat setzen wollen, hat sie ihm gar den Stuhl weggezogen, daß er nach aller längst hergepurzelt ist, daß heiß ich eine wahre Lieb.
Rose: Ey das kann ich auch; wann du aber noch nicht z'frieden bist, kannst dir nur um eine andere umsehen.
Peter: Ich bitt dich nur um ein bißl ein Lieb. Gib die Hand her!
Rose: Je nun, da hast du sie.
Peter: So ist's recht. Versprich mir nur, daß du dir willst Mühe geben, mich besser lieb zu haben.
Rose: Schau Peter! ist das nicht der vornehme Mussie, der dort kommt.
Peter: Ja, ja, wahrhaftig! Er ist so trocken, als ob er nie ins Wasser kommen wäre.
Rose: Auweh! wär wohl schad gewesen, wenn ein so hübscher Herr ersoffen wär.
Peter: Und ich hab mich jetzt so durstig geredt, daß ich in Wein, oder Bier halbs ersauffen möcht. Der Herr plaudert auch gern, und da wurd ich noch durstiger. Ich seh dich bald wieder Rosel, nachher wirst mich schon lieber haben. ab
Rose: Ja, ja geh nur. Ich muß mir den Mussie von weiten g'nug anschauen. geht zurück. dazu
Dom Juan, und Kaspar.
Juan: Der Streich ist fehlgeschlagen. Donna Anna wird bereits mit Philippo getraut seyn. Das plötzliche Ungewitter hat mit unsern Kahn zugleich unsern ganzen Anschlag umgestürzt.
Kaspar: O bey allem Unglück ist's recht gut geschehen. Kaum haben Sie, der Plunder, weiß, wie erfahren, daß die Brautleut ein paar Stund weit fahren wollen, seyn sie, wie ein Wallfisch nachgeschwommen, um die Braut zu erschnappen, aber der Sturm hat ihnen den Spaß verdorben.
Juan: Was daran gelegen. Das Bauernmädchen, bey der ich jezt gewesen, ersetzt das Unglück halbs. Ihre Reitzungen haben mich entzückt, und die Vorschläge so ich gemacht werden mich nicht lange vergeblich seufzen lassen.
Kaspar: Aber ums Himmels willen. Erst aus der Todesgefahr gekommen, und schon wieder den Kopf mit neuen Spitzbübereyen voll, da wärs ja kein Wunder, wenn der Donner drein schlüg.
Juan: mit drohender Miene He! Schurke!
Kaspar: Ja, s' ist wahr. Ich bin ein Schurk, ich weiß nit, was ich red; aber mein Herr weiß, was er thut.
Juan: Seh, seh Kaspar; abermal eine herrliche Erscheinung. Wie geräth dies artige Bauernmädchen in unsre Gesellschaft.
Kaspar: für sich Nun da erleben wir wieder eine neue Historie.
Juan: Willkommen schönes Kind! Wie findet man hier in Dörfern, zwischen Bäumen, und Felsen, Mädchen, wie du bist?
Rose: Wie sie sehen, Mussie.
Juan. Bist du aus diesem Dorfe?
Rose. Ja Mussie!
Juan. Dein Name?
Rosel: Rosel! . . . ihnen zu dienen.
Juan. Ach das schöne Mädchen! was für helle Augen!
Rosel: O Mussie! . . . Sie wollen mich foppen.
Juan: Ich rede die Wahrheit. Was sagst du davon Kaspar! Was das für ein Gesicht, was das für ein Leib, welche Zähne was für Lippen!
Kaspar: Ja, ja, mir wär alles schon genug, aber für sie schickt es sich nicht.
Rosel: Mussie! Sie thun mir zu viel Ehre . . .
Juan: Sag mir Roßchen, willst du dich nicht verheurathen?
Rosel: Ich soll mich mit Petern, unsrer Nachbarin Suhn verheurathen.
Juan: Wie? eine Persohn, wie du bist, sollte eines schlechten Bauersfrau werden? Nein! Nein! Das hiesse so grosse Schönheit verunheiligen.
Rosel: Ja, was soll ich dann? Wollen Sie mich zu Ihrer Frau haben?
Kaspar: für sich O Madl! da wärst angeschmiert, bleib du bey deinen Bauern. dazu
Lenne.
Lenne: Ha! Mussie! Seyn Sie auch da bey der Roserl? Sagen Sie ihr auch was von der Lieb vor?
Juan: heimlich zu Ihr Nein. Sie bezeigt vielmehr selbst Lust meine Frau zu werden, habe mich aber entschuldiget, daß ich mich mit dir schon versprochen habe.
Rosel: Was will dann Lenne?
Juan: heimlich zu ihr Sie ist eifersüchtig, daß ich mit dir rede . . . Ich hab ihr aber gesagt, daß du mir ausserordentlich gefällst.
Kaspar: Brav! Jezt kann mein Herr zeigen, wie schön er lügen kann.
Lenne: He! Rosel das ist nicht schön, daß du andern Leuten ihre Liebsten abfischen willst.
Rosel: Es ist ein Schand, wann du eifersüchtig wirst, daß der Mussie mit mir redet.
Lenne: Mich hat der Mussie zuerst gesehn.
Rosel: Und wann er dich zu erst gesehen hat, so hat er mich hernach gesehen.
Kaspar: für sich O wann nur die Madln toll wurden, und kratzten meinem Herrn die Augen aus.
Juan: Ereifert euch nicht, schöne Kinder! Durch Worte kömt eure Sache nur mehr in Verwirrung. Die That selbst muß klaren Beweiß geben. zu Lenne Last Sie glauben, was Sie will. zu Rosel Laß ihr doch die eingebildete Freude mit der sie sich schmeichelt. zu Lenne Ich bette dich im Herzen an. zu Rosel Ich bin dir gänzlich ergeben. zu Lenne Alle Gesichter sind häßlich in Vergleich mit deinen. zu Rosel Wer dich einmal gesehen hat, denn sind alle andre Weiber unerträglich. laut Ich habe etwas anzuordnen. In einer Viertelstunde bin ich wieder hier. geht fort
Lenne: Jetzt bin ich schon zufrieden.
Rosel: Und ich sag kein Wort mehr.
Kaspar: O ihr armen Madln, wie dauert ihr mich. Ihr rennt in euer Unglück. Last eng nichts vorlügen, und bleibts in euren Dorf.
Lenne: Was sagt Er? Wer ist er denn, daß er dem Mussie so bös nachredet.
Kaspar: Ich bin sein Bruder.
Rosel: Sein Bruder? Sieht ihm ja gar nicht gleich.
Kaspar: Er ist am Tag gebohren, deswegen ist er etwas weisser, und ich in der Nacht, deswegen bin ich etwas schwärzer.
Lenne: Ich glaub ihm nichts. Und was weiß er den Übels?
Rosel: Und getraut er ihms zu behaupten?
Kaspar: Ich sag ihm ins G'sicht.
Dom Juan kommt rückwärts.
Kaspar: Er ist ein Erzschelm! . . . Er sucht euch zu betrügen, wie er schon mehrere betrogen hat. Er ist der Jedermannsfreyer, und hat schon eine Frau . . . indem er Don Juan gewahr wird Das ist nicht wahr, und wer euch das sagt, dem gebt zur Antwort, daß er gelogen hat. Er ist kein Jedermannsfreyer, ist kein Betrüger, ist nicht verheurathet. Nun, da fragts ihn nur selbst darum.
Juan: Ja, was hast du denn gesagt?
Kaspar: Weil die Welt voll Lästermäuler ist, so kam ich der Sach zuvor: und kommt jemand, und soll was Böses von Ihnen reden, so sollen Sie's nicht glauben und sollen sagen, daß er gelogen hätte.
Juan: drohend Kaspar!
Kaspar: zu den Madln Ja, ich bin Bürg für ihn, er ist ein Mann von Ehren.
Juan: Lassen wir das bis auf ein weiteres. Ich habe Feinde die mich ungerechter Weise verfolgen. Sah von weiten 12 Leute zu Pferde herumkreutzen. Weiß der Henker, wie Sie auf diese Spur geraden sind. Muß mich allso sicher stellen, und abreißen. Erinnert euch aber meines Versprechens, und seyd versichert, daß ihr Morgen von mir Nachricht bekommen sollt. Eilt fort
Kaspar: Madln, seyd froh, daß ihn ein guter Geist von hier austreibt, 'n Teufel entgeht er deswegen doch nicht. folgt nach
Rosel: Ey, er mag sagen, was er will: der schöne Musi ist mir gleichwohl lieber als mein dummer Peter. geht nach
Lenne: Mich kann er gewiß nicht betrügen, mir hat er ja 's Wort geben. geht nach
Tiefer Wald mit Einsidler Höhle.
Einsidler.
Einsidler: Was ist die Welt? und was ist der Mensch? wichtige Überdenkung, die mich von Getümmel der schreyenden Menschen abgesöndert, um hier in stiller Ruh, mit reinem Herzen fern von Geitz, und Neid, Hoffahrt, Trägheit, Wollust, und Übermuth mein Daseyn dem zu widmen, dem wir Würmer dieser Erde alles zu verdanken haben . . . und so sey jeder Athemzug, jedes kleine Geschäfte, alle Freud, und Schmerz der allwaltenden Vorsicht aufgeopfert . . . Die Sonne scheint heut nicht so heiter, vielleicht, daß Sie manche schwarze That verfinstert. Ertheile nur Beherrscher derselben jeden deiner Creaturen einen Strahl deines Liechts, der sey ihm genug sein Herz gegen dich zu entzünden und den Weg deiner Gnade, und Barmherzigkeit zu wandeln . . . Preßt's mich doch heut so ängstig am Herzen, als obs der letzte Tag eines sündigen Lebens, oder der erste einer freudigen Zukunft wäre . . . Himmel! sey du meine Zuflucht. Dein Wille, deine Zulassung sey mir Verehrungswürdig. Jede Ruthe, die mich züchtiget ist für die Schwachheit meines Fleisches zu gelinde.
Inwendig hört man Schuß, und Lärm.
Welch ein Lärm! abermal ein Fahl menschlicher Thorheit. Habe dieser Schuß nur ein Thier, und keinen Menschen getroffen! Der Geduldige entweicht der drohenden Gefahr, und wartet ab, was Sturm, und Ungewitter nach sich zieht. verbirgt sich in seine Höhle
Kaspar lauft voraus, und nach ihm Juan.
Kaspar: Nein! sie seyn kein Mensch! Sie hat die böse Henne im Nest vergessen. Ich lass mir die Augen ausstechen, nur daß ich ihre Abscheulichkeiten nicht mehr ansehen kann.
Juan: lacht aus vollen Halße Ist denn das böse, wenn ich dem vorkomme, was man mir rachgierig nachtragen will. Dom Carlos will den fast ein Jahr lang geschehenen Vatermord rächen. Der Alte ist tod, die Tochter, mein Weib hat mir verziehen, und mein dummkluger Schwager will die verloschne Funke der Rache neuerdings anfachen. Ich hab Sie hiemit mit einmal gedämpft.
Kaspar: Schön gedämpft. In der Eile bin ich in einen hollen Baum gekrochen. Wie der Blitz haben Sie einen Reuter um sein Gewehr betrogen . . . Dom Carlos reit an, und Sie schüssen ihn vom Pferd herunter.
Juan: Heißt du das keine kluge Vorsicht? besser ich erschüß ihn, als er mich.
Kaspar: Nu wenigstens haben Sie ihr Leben erhalten. Freylich wärs besser gewesen, wenn Sie statt ihm . . .
Juan: So denkst du für deinen Herrn? . . . Undankbahre Diener haben das Leben verwirkt.
Kaspar: Ich bitt' verschonen Sie mich, hab meine Sach noch nicht in Ordnung gebracht . . . Verzeihens mir. Ich sieh, und hör' nicht mehr recht. Ich bin manchmal blind, und stocktaub.
Einsidler: sieht zur Hölle heraus
Juan: der ihn erblickt Was zeigt sich da für ein Ungeheuer . . . Es ekelt mich so eine Bestie zu sehen, und zu sprechen . . . Kaspar! seh! wer noch hier?
Kaspar: Hab mir schon genug gesehen. Nachdem er den Einsidler gewahr wird Da haben wir schon den Teufel, der uns hohlen will.
Juan: Was phantasierst du . . . Seh, es ist ein Mensch, frag ihn, wer er sey, und was er hier wolle?
Kaspar: Ich trau mir nicht. mit schüchternen Geberden Wer . . . wer . . . wer ist der Herr?
Einsidler: Ein Waldbruder.
Kaspar: Da haben wir's! Er ist noch ärger als ein Pantherthier, er kann reden, und ist ein Waldluder . . .
Juan: Was fabelst du haha! . . . frag noch mal.
Kaspar: furchtsam Ich bitt, ich bitt, sag mir d' Herr wer Er . . .
Einsidler: Ich bin ein Einsidler.
Kaspar: O Ich bedank, und erhohl mich . . . Jezt fürcht ich mich nicht mehr . . . Es muß unweit von hier ein Hochzeit seyn, und er ist . . .
Juan: Wer ist er?
Kaspar: Ein Bierfidler.
Juan: Hast du denn dein ganzes Gehör verlohren?
Kaspar: Sie können recht haben, in ihren Dienst hat sich meine ganze Natur umgekehret . . . Nehmens mir nicht übel; aber ich muß noch einmal fragen . . .
Einsidler: Ich bin ein Bilgram.
Kaspar: eilt zu seinem Herrn Seyn Sie ihm vielleicht schuldig?
Juan: Wem?
Kaspar: Dem Wirth von Belickan. Er sagt, er wärs.
Juan: Dumhanns bist schon ein Narr?
Kaspar: s' fehlt gar nicht viel, und Sie wollen mir doch nicht glauben? ich muß doch wissen wer . . .
Einsidler: Erspare dir das viele Fragen. Bin Eremit . . .
Kaspar: freudig Juhu! gnädiger Herr! Jetzt haben wir 'n rechten Mann gefunden. er ist der Bruder Credit.
Einsidler: tritt vor Willkommen Fremdling . . . willkommen Freund . . . willkommen Bruder! . . . bist auf der Flucht im Gedränge . . .
Kaspar: Ja mein Herr wird verflucht, und g'sengt, gut errathen lieber Vater!
Juan: zu Kaspar Kein Wort mehr . . . Eine Sylbe kostet dein Leben! . . .
Kaspar: für sich murmelnd Der theuerste Schullmeister! . . . Ich kann schweigen. zieht sich zurück
Einsidler: zu Don Juan Du siehst erzörnt, rachgierig her! . . . Freund . . . das soll kein Mensch mit dem Nebenmenschen. Fried und Einigkeit ist das gröste Glück der dürftigen Erdbewohner . . . Geduld, und Sanftmuth ist eine schöne Tugend.
Juan: beiseite Solche Alfanzerey beleidiget mich . . . Alter! . . . Wer gibt euch das Recht mir Sitten zu predigen?
Einsidler: Freund! verarg mirs nicht. Ich habe Mitleiden mit der Jugend, und ihren schwärmenden Unsinn. Auch ich war einmal von diesen Schwachheiten nicht frey; kann allso in der nähmlichen Krankheit der beste Arzt seyn.. Kenn aus deinen Gesichtszügen, daß dich innerliche Unruh, und Vorwurf kränkt . . . Spüre Reue . . . sende dein Gebett gegen Himmel, der nach wahrer Reue dem sträflichsten Bösewicht Verzeihung angedeuen läst.
Juan: Jedes Wort ist verlohren. zu ihm Glaubt nicht Freund, wie du mich rührst, bewegst! . . . Gelt! warst auch so ein Schelm, für denn du mich ansiehst.
Einsidler: Ich bin ein Mensch, hab gefehlt, bereu's, sönderte mich von Getümmel, um hier wahre Buße thun zu können.
Juan: Bist allso ein frommer Mann? erlaube mir nur den Saum deines Kleids zu küssen, vielleicht begeistert mich auch ein Strahl deiner Frömigkeit.
Einsidler: Spotte, lästre nicht. Erkenne mich für deinen Bruder, der dirs gut meint, der dich dem Verderben deines Körpers entziehen will, hiedurch wird auch die Seele gerettet. Schau, ich kann dir nichts geben, nehm auch keine Wohlthat von dir. Hieraus kannst du die Uneigennützigkeit meiner Handlung beurtheilen.
Juan: Bist wahrhaftig ein grosser Mann! Zwingst mir durch deinen Wahrmuth alle meine Geheimnise ab. Ach! auch ich habe mich sträflich vergangen.
Einsidler: Erkennst du's? So wird auch die Reue folgen. Ist diese Wahrhaft, wirst du die Gelegenheit meiden, dich nicht weiter vergehen.
Juan: Hör auf! du brichst mirs Herz. Ach! dürft ich dir alle meine Verbrechen in Geheim gestehen!
Einsidler: Verlangs nicht zu wissen. Nur dem, dem nichts verborgen, öfne dein Herz, such durch Reue Gnade zu erlangen, und hütte dich vor die Zukunft.
Juan: Ach! mein Herz schmilzt . . . ich kann nicht mehr . . . Erlaub mir mein Gewissen durch ein Geständniß zu erleichtern, mich deiner Leitung zu überlassen, und mich nimmer von dir zu trennen.
Einsidler: Nichts übereilt Freund! . . . eilige Bekehrung zieht öfters einen geschwinden Fahl nach sich. Folg mir in meine dunkle Wohnung, da wird dich keine Eitelkeit zerstreuen. Und wenn dein Vorhaben ernstlich, versprech ich mir deine Besserung, und die Gnade des Himmels. geht
Juan: Habt keinen Zweifel an meiner Biegsamkeit, bin eine ganz geschmeidige Seele. folgt ihm
Kaspar: herfür Soll ich vor Freuden weinen, oder lachen? . . . Da freut mich mein Dienst, und sollt ich Hunger sterben, wann mein Herr sich bessern möcht. Einen starken Bündel von Schönheiten häuft er auf seinen Rantzen: Hier in der Wüste könnt Er 'n am bequemsten ausleeren . . . Nun wann das geschähet . . . so, so weinend so wollt ich mich auch bessern . . . Ich hab zwar keinen andern Fehler, als daß ich nach der G'wonheit meines Herrns d' Madln ein wenig gern sehe, und daß ich gern trink? schluchzend Nu . . . ich bin halt auch ein Mensch! Dazu
Dom Philippo und der Haußhofmeister inwendig.
Philippo: inwendig Wenn unsre Leute richtig vertheilet seyn, kann er uns nicht entkommen.
Haußhofmeister: Nach der Spur sind wir ihm auf den Nacken, nur jezt behutsam, und beherzt.
Kaspar: Du Tausend! und Tausend! da seyn schon wieder die guten Freund, die meinen Herren versorgen wollen, und Sie haben recht, nur ich will nichts davon wissen, und g'schwind einen hollen Baum aufsuchen, wo ich wieder hineinkriechen kann. lauft fort
Philippo heraus Das steille Gebürg ist zu hoch, hat keinen andern weg, muß sich hieher geflüchtet haben.
Haußhofmeister: Nur muthig, und vorsichtig, Euer Herrlichkeit. Wagen Sie sich ohne mir nicht zu weit. Don Carlos hat seine übereilte Hitze geschadet. Wenn ich bey ihnen bin, soll uns der listige Mörder nicht übervortheilen.
Philippo: Ha! Steh ihm allein! förchte weder seine Spitze, noch seine Ränke. Wüßten wir ihn lieber zu finden!
Haußhofmeister: Muß sich in der Gegend aufhalten. Waren ihm ja schon am Nacken. Unsre Kundschafter geben zuversichtliche Nachricht. Gedult! Sollen wir auch mit dem ausgestellten Posten ein paar Tage hier verweilen, Hunger und Durst werden ihn aus den verstecktesten Winkel heraustreiben.
Philippo: Verliehren zu viel Zeit, wenn wir uns hier lang verweilen, und Juan hiedurch Frist gewinnt, auf neue Arglist zu sinnen. Den unverschanzten Feind muß man im Lager aufsuchen.
Haußhofmeister: Nun wohl! belieben Eure Herrlichkeit hier kurze Rast zu halten, sind von den vielen schweren Zufällen zu sehr abgemattet. Ich will mit Hilfe meiner Leute weiter nachspüren.
Philippo: Recht, lieber Freund! Mein Geist würde den Ruchlosen auch bis ans Ende der Welt verfolgen, aber mein Körper bedarf einer Erholung.
Haußhofmeister: Wills selbst anrathen. Werd als ihr Bevollmächtigter alles pünktlich befolgen, hernach für einige Erfrischungen sorgen, daß wir hiedurch neue Kräfte erhalten. ab
Philippo: Glück zu Freund! Meine Mattigkeit vergrössert jeder Augenblick! . . . Ha! wie schwer fällts, statt sich der süssen Einigkeit einer zärtlichen Braut zu überlassen, einen tollen Feind aufzusuchen, der Haußfrieden stöhrt, und jedes Glück mißgönnet. dazu
Don Juan in des Einsidlers Kleide, in Kopfbutz etwas verstellt.
Juan: sieht zur Höhle heraus
Philippo: Ein Mensch hier? . . . Wer hätt' ihn vermuthet? was wollt ihr? wer seydt ihr?
Juan: mit verstellter nachgeahmter Stimme Willkommen! . . . Willkommen Flüchtling der irrdischen Fremdling in dieser Gegend! Was für ein günstiges Schicksaal bringt euch hieher?
Philippo: Mich? gerechte Rache, und die Begierde Boßheit zu züchtigen.
Juan: Rache? häßliches Laster, das nur blinden Ehrgeitz und eitlen Wahn zum Ziel hat . . . Ach! auch mich wollte einstmals dieser Geist der Entehrung für die Menschheit betäuben; aber zum Glück siegte die Tugend über dieses eingewurzelte Laster. Ach! wie herrlich war dieser Sieg! ich dankte dem Himmel, und beweine dieses sträfliche Verbrechen in der Einöde.
Philippo: Freund! Ihr mögt recht haben, aber die Billigkeit meiner Handlung ist Euch unbewust. Ich suche einen Mörder, Räuber, und Verführer.
Juan: Weg mit diesen häßlichen Namen. Wir Menschen sind da, um einer den andern zu dulden, zu verzeihen. Im Grunde des Herzens wollt ich ihre Begierde böse Thaten zu strafen gutheißen; aber der Himmel ist schlechterdings dawieder. Er hat meiner Seele die Begierde eingeflösset, ihren Vorsatz zu ändern, und ich habe jetzt keinen andern Gedanken, als ihre weltliche Rache zu unterdrücken, sie zu bewegen, daß Sie ihrem Feinde verzeihen, und hiedurch alle sündliche Unordnungen, zu denen Sie die Hitze der blinden Eitelkeit verführt hat, wieder ablegen.
Philippo: gerührt Freund! Soll mein Vorhaben ungerecht seyn? . . . (zwar behalt sich der Himmel allein vor, besondre Laster zu züchtigen) . . . Doch soll die Boßheit eines tollen Wollüstlings ungestraft, und ungescheut in der Welt herumwandern dürfen?
Juan: Keineswegs! Jedweder wird zur Rechenschaft für seine Handlungen gezogen. Nur wir dürfen nicht unsre eigne Rächer seyn. Glaubt mir! Ich folge der Stimme des Himmels.
Philippo: Wie? Ich soll allso meinen ärgsten Feind nicht aufsuchen, keine Genugthuung fodern?
Juan: Der Himmel selbst verlangt es so. Last uns vielmehr mit vereinbahrten Kräften um die Bekehrung eurer Halsstarrigkeit bitten. kniet Ach folget meinem Beyspiel . . . bittet . . . flehet . . .
Philippo: Kann nicht wiederstehen . . . Ja mein Vorsatz sey hiemit geändert . . . gerechte Züchtigung wird für keinen Bösewicht ausbleiben. Ich lasse ab meinen Feind aufzusuchen, will für ihn, und für mich bitten. kniet
Juan: Hu! welch ein verworfenes Gebett! Ihr verfluchet die Rache, und seyd noch mit dem Rachschwerdt umgürdet . . . Weg! mit diesem mörderischen Metall! werft euer Angesicht zu Boden . . . überdenket die Gräßlichkeit eures Unternehmens, denn will ich mit euch diese sträfliche Missethat bereuen!
Philippo: Ja, ja, ja! ich fühle mein Unrecht. hat den Degen weggeworfen, neigt sich mit dem Kopf zur Erde Will nicht mehr an Rache denken. Überlasse dem, dems zukömmt, die Rache für so viele Verbrechen.
Juan: ersieht seinen Vortheil, ersticht ihn mit eigenen Degen So ist's recht, so hab ich auch vor dir Ruhe.
Philippo: Barmherziger Himmel. stirbt
Juan: Ich verzeih dir! . . . Du kannst mir nicht mehr schaden . . . Hahaha! So hätt ich denn auch durch Gleißnerey betrogen . . . Doch ich darf nicht zu früh frohlocken. Sind ihrer noch einige hier, die ihn rächen könnten. Geschwind wieder in meinen frommen Aufenthalt! geht in die Höhle
Kaspar, hernach Dom Juan.
Kaspar: Ich bin, wie ein Websennest! hab nirgends eine bleibende Stelle. Will lieber auch zu den frommen Mann in die Hölle gehen, um ihm alles zu sagen, was ich von meinen bösen Herrn . . . fällt über den erstochenen Philippo Nu besoffener Schweinickl! Was legt er sich denn da im Weeg . . . steht auf, und schaut genauer Auweh! was ist das? . . . Ist's nicht Dom Lipperl? und hat rückwärts eine grosse Wunden! Was ist denn dem armen Narrn geschehen.
Juan: noch als Einsiedler sieht zur Hölle heraus
Kaspar: Ha! da ist ja der liebe gute Mann! . . . Nein! das ist der Wolf in Schaafskleidern.
Juan: Willkommen! . . . Willkommen, lieber Fremdling!
Kaspar: Nein, ich bin kein Fremdling. Mir seyn einander gut bekannt.
Juan: Kennst du mich allso.
Kaspar: Ja, ich hab die Ehre . . . aber sagen Sie mir nur, wie kommen sie zu des ehrlichen Mannes Kleidern?
Juan: Uh! ich bin des vielen Moralisirens überdrüssig. Hielte dem Plauderer die Spitze meines Degens vor, und er rannte mir unvorsichtiger Weiße daran.
Kaspar: Schon wieder angerennet? . . . Wohl bekomm's . . . Könnt er nur auch einmal anrennen.
Juan: Gelt! ich hab recht gethan!
Kaspar: Ich denks; denn Sie können nicht unrecht haben . . . aber was ists dann mit dem Herrn . . .
Juan: Haha! Der hat mir verziehen, und ich hab ihm auch verziehen.
Kaspar: Und Sie haben ihn . . . deutet erstochen
Juan: An die Spitze seines eigenen Degens ist er angerent.
Kaspar: Nun das heiß ich ein Anrennen . . . aber mein Herr . . .
Juan: Kein Wort mehr . . . Verscharr ihn, damit kein Mensch weis, wo er hinkommen. ab
Kaspar: Schöner Auftrag! mein Herr kurirt die Leut zu tod, und ich soll der Todtengraber seyn. Zwar ein gescheider Doktor, und ein guter Todtengraber verdient einer dem andern das Brod . . . Armer Lipperl! du dauerst mich: aber ohne dir werden doch noch Lipperl genug auf der Welt bleiben. Will dich, so gut ich kann begraben. Bringt ihn mit Müh von der Erde, und tragt ihn fort.
Ende der zweyten Handlung.