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Lukas 2,21
Und da acht Tage um waren, daß das Kind beschnitten würde, da ward sein Name genannt Jesus, welcher genannt war von dem Engel, ehe denn er in Mutterleibe empfangen ward.
Am heutigen Fest hat man besonders von zwei Stücken zu predigen. Das erste, von der Beschneidung. Das andere, von dem Namen Jesu, von welchem der Evangelist das besonders meldet, wie er vom Engel genannt sei, ehe denn das Kind in Mutterleib empfangen ist. Darum muß an solchem Namen sehr viel gelegen sein.
Wir wollen zuerst von der Beschneidung sagen, einen Unterschied machen, nicht wegen des Werkes, sondern der Person wegen, davon man heute predigt, wie sie beschnitten sei. Nun ist aber zwischen der Beschneidung Christi und der anderen Juden so ein großer Unterschied, soweit Himmel und Erde von einander sind. Ursache, die Personen sind ganz und gar ungleich und unterschieden, wie ihr nachher hören werdet.
Nun hat aber die Beschneidung der Juden ihren Ursprung aus der Schrift, wie man im ersten Buch Mosel liest, Kapitel 17,10 ff. Hat dazu auch ihre bestimmte Zeit, wie lange sie währen soll, nämlich bis auf Christus. Mit Abraham hat es angefangen. Dem befahl Gott, er und sein Hausgesinde sollten sich beschneiden lassen. Und was von nun an Knaben geboren würden, sollten aller am achten Tag nach der Geburt auch beschnitten werden. Welche nun solch ein Zeichen der Beschneidung an ihrem Leib hätten, deren Gott wollte er sein, und sich ihrer annehmen wie seines Volkes.
Nun ist es nicht ohne besonderen Rat Gottes so geordnet, daß nicht allein Abraham, sondern all sein Gesinde im Hause, was männlich war, sich beschneiden lassen mußte, auf das die Juden nicht rühmten, sie wären allein Gottes Volk. Denn hier nimmt Gott bald im Anfang Abrahams Knechte, welche Heiden waren, auch zu seinem Volk und Kindern an in das Erbe, da Abrahams Blutkinder und Leiberben zugehörten; ja, kommen eher dazu als Isaak, da auf den die Verheißung lautet; so sie doch schlechte erkaufte Knechte von den Heiden gewesen sind. Darum dürfen sich die Juden nicht so hoch rühmen. Denn wenn sie die Beschneidung gleich groß machen, so können sie es nicht leugnen, daß Gott zur selben Zeit auch Heiden, die nicht Abrahams Kinder, sondern seine erkauften Knechte waren, berufen hat.
Von dieser Beschneidung kennen wir heute nicht mehr, denn als die bloße Deutung und das Bild des Glaubens. Wie andere Geschichten, die vorüber und vollbracht sind, auch allein zu dem dienen, daß wir die Beispiele des Glaubens und guter Werke daraus lernen sollen. Die Werke dürfen wir nicht tun; dennoch müssen wir denselben Gehorsam und Glauben haben, welchen die gehabt, so damals gelebt haben. Also predigen wir von der Beschneidung heutigen Tages auch, nicht darum, daß wir uns sollen beschneiden lassen, denn solches ist vorbei; sondern daß wir bei der Beschneidung lernen Gott gehorsam sein, wie Abraham gehorsam war. Wenn aber Christus nicht gekommen wäre, so müßten wir uns noch heutiges Tages beschneiden lassen, wenn wir uns als Gottes Volk rühmen lassen wollten. Denn da steht der Befehl klar: «Wer nicht beschnitten ist, des Seele soll ausgerottet werden aus meinem Volk.» Diesen Befehl hat Christus aufgehoben. Befiehlt nun weiter uns, daß wir sein Volk sind, daß wir uns nicht beschneiden, sondern taufen lassen, und glauben sollen, wenn wir Gottes Kinder werden wollen.
Das Beispiel aber, daß wir aus der alten Beschneidung nehmen, ist dies: Gott läßt uns hier sehen, wie närrisch er seine Sache pflegt zu beginnen, wenn man der Vernunft nach richten will. Denn bei den stolzen Heiden ist das ein lächerliches und närrisches Ding gewesen, daß je auf Erden gewesen ist, daß Gott die ewige Weisheit, soll dem Menschen so ein lächerliches Gebot auflegen (da wir nicht gern von Reden), besonders aber den alten Leuten. Denn Abraham ist bereits 99 Jahre alt, da er dies Gebot empfing.
Aber so soll es gehen, wie wir im nächsten Evangelium auch hören. Alles was Gott vorgibt, daß soll niemand gefallen, jedermann soll darüber lachen und für die größte Narrheit halten. Wiederum, was er nicht vorgibt, und wir für uns selbst tun, ohne seinen Befehl, daß sollte ihm gefallen; so wollten wir es gern haben. Aber Gott will es nicht tun. Da geht es denn, daß die Vernunft sich stößt und ärgert, wie Paulus sagt, 1. Korinther 1,21.: «weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben.»
Was ist närrischer, wenn die Vernunft urteilen soll, daß sich auch weniger mit ihr reimt, denn das im Abendmal unter dem Brot der Leib Christi, unter dem Wein das Blut Christi soll zur Vergebung der Sünden gegessen und getrunken werden? Was soll ein Schluck Wein, ein Bissen Brot helfen? So denkt die Vernunft; kann es auch nicht anders denken. Aber Gott will es darum nicht ändern. Will es die Vernunft nicht glauben noch annehmen, so mag sie es lassen.
Also ist es mit der heiligen Taufe auch. Das ein Kind, so nach dem Befehl Christi in das Wasser getaucht, oder damit begossen wird, soll von Sünden abgewaschen, aus des Teufelsreich in Gottes Reich gerückt werden; wie reimt sich das? Wie kannst du es glauben, wenn du das Wort nach hinten setzen willst, und die Sache mit der Vernunft messen und begreifen? Dann wäre es wohl zu glauben, wenn die Sünde ein schwarzer oder roter Flecken wäre; aber weil die Sünde im Herzen, im Mark und in den Beinen steckt, scheint es, daß Wasser werde langsam hineinkommen und sie abwaschen. Also hätte auch Abraham denken können, da er den Befehl von der Beschneidung bekam: Lieber, was soll mir das zur Seligkeit helfen, daß ich alter Mann mich beschneiden lassen soll? Was sollte es einem Kind helfen? Oder was ist’s besser nach der Beschneidung denn zuvor? Hätte Gott den Leib anders haben wollen, er würde ihn wohl so gemacht haben, daß man nichts davon hätte schneiden dürfen. Vernunft hätte so gesagt; kann auch nichts anderes sagen noch denken, wenn sie am klügsten sein will.
Aber wenn man an die Frage kommt: Warum Gott dies oder anderes befohlen habe, so hat der Teufel schon gewonnen; wie man sieht an der Eva im Paradies. Die hatte den Befehl, sie sollte von dem verbotenen Baum nicht essen. Da sie aber solchen Befehl aus den Augen ließ, und hörte dem Teufel zu, warum doch Gott solches sollte verboten haben; da ging sie dahin, fiel in den greulichen Ungehorsam, an dem wir noch alle tragen müssen.
Darum sollen wir aus solchem Befehl von der Beschneidung fleißig lernen, uns danach richten: Wenn Gott etwas heißt, sagt oder tut, so sollst du dein Maul halten und auf deine Knie fallen, weiter nichts fragen noch sagen, sondern tun, was er dir heißt, hören, was er dir sagt, und dir gefallen lassen, was er tut. Denn Gott will von uns nicht gemeistert sein, die wir von Natur Kinder des Zorns, Sünder und Lügner sind. Darum ist und sein Rat, Wort und Werk viel zu hoch, daß wir es verstehen könnten. Dazu sind wir noch so blinde, vermessene Narren, die denken, daß sie es nicht allein verstehen, sondern auch wohl noch besser machen könnten. Darum sagt Jeremia wohl: «Des Menschen Herz ist so heillos und tückisch, daß es niemand ausgründen kann.» Weil wir nun solcher Unart von Natur sind, so sollten wir unsere Weisheit bei Seite legen, und in Gottes Sachen und Geboten also denken: Sieht es mich närrisch an, so ist es in Wahrheit keine andere Ursache, denn daß ich ein großer Narr bin, der die göttliche Weisheit nicht verstehen noch fassen kann; denn meine Torheit und Blindheit hindert mich.
Also ist nun die alte Beschneidung ein Beispiel eines feinen Glaubens, daß Abraham und seine Knechte über solchem Befehl sich nicht entsetzt, sondern demselben sofort nachgekommen sind. Haben nicht gedacht: Ei, es ist ein närrisches Ding, wenn wir Alten uns beschneiden lassen, Gott wird es nicht so meinen, es muß einen anderen Verstand haben (wie die Sakramentsschänder von der Taufe und dem Abendmahl geredet haben). Was will Gott an dem närrischen Ding haben, daß man den Leib beschneiden soll? Wofür sollte doch dasselbe gut sein? Solches aber haben sie nicht gedacht; sondern sind dem Befehl nach gekommen, und beschlossen: Weil es Gott so befohlen und so haben will, es sei so närrisch es immer will, so werde ich nicht selig, ich folge denn seinem Befehl, wie er geheißen hat. Das also die Beschneidung ein feines Beispiel ist eines festen und rechtschaffenen Glaubens, welchen Abraham und seine Knechte gehabt haben; daraus wir lernen sollen, daß wir dergleichen auch tun, uns unsere Weisheit und Vernunft vom Wort Gottes nicht verführen lassen.
Dieses sei von der alten Juden Beschneidung geredet, die nicht länger stehen soll denn als das Gesetz, das ist, bis auf Christus, der es mit dem Gesetz ein Ende gemacht hat. Wie solches fein in dem angezeigt ist, daß die Kinder am achten Tag beschnitten sein mußten. Denn die Schrift hält die Ordnung daß nach sechs Tagen der Sabbat ist, und der Tag, so auf den Sabbat folgt, ist der achte Tag, da eine neue Woche anfängt. Denn unser lieber Herr Christus hat mit der Beschneidung angefangen zu erfüllen die Predigt, die von ihm gesagt war, daß er sollte sein ein Heiland und ein Licht für die Heiden, der nicht im kleinen Winkel des Judentums sein Regiment allein führen, sondern in aller Welt durch sein Evangelium regieren, uns von allen Sünden frei machen, da ist er beschnitten worden, und mit seiner Beschneidung der vorigen ein Ende gemacht hat.
Ich habe aber am Anfang gesagt, wenn man von der Beschneidung Christi recht wollte reden, so müsse man ja so einen weiten Unterschied zwischen der Beschneidung Christi und der Juden machen, als zwischen Himmel und Erde. Denn hier sind die Personen ungleich, ob es wohl einerlei Werk ist. Die Beschneidung, eben wie das Gesetz, war denen gegeben, die Sünder und des ewigen Todes schuldig waren. Nun aber ist Christus ohne alle Sünde und ein Herr des Gesetzes, mit dem das Gesetz nicht zu schaffen hat; denn es hat allein mit den Sündern zu schaffen. Er aber ist kein Sünder. Daß er nach dem Gesetz eben wie nun ein ander sündig Kindlein beschnitten wird, im selben vergreift sich das Gesetz an ihm, muß deswegen seine Strafe leiden und aufhören. Wenn es Christus hätte tun wollen, so hätte er das Gesetz wohl mit Gewalt können abschaffen und aufheben; denn er ist ja ein Herr des Gesetzes, mit dem das Gesetz nicht zu schaffen hat, darum, daß er ohne alle Sünde ist. Aber er hat es nicht wollen tun mit Gewalt, sondern mit Liebe und Demut. Solches geschieht nun uns zu gut, daß wir es annehmen und uns trösten sollen.
Denn für seine Person hat es unser lieber Herr Christus nicht bedurft; ebensowenig er es für seine Person wegen bedurft hat, daß er Mensch geworden ist oder an das Kreuz sich schlagen ließ. Er tut es um unseretwillen; denn wir bedürften eines solchen Mannes, der ohne Sünde wäre, und für uns das Gesetz erfüllte und also den Zorn Gottes stillte. Wegen dieser Ursache hat er sich unter das Gesetz getan, schenkt solchen Sieg, den er am Gesetz erlangt hat, uns, daß wir sein brauchen und genießen sollen, und fortan all das Recht zum Gesetz durch ihn haben, daß er zum Gesetz hat, daß es uns nicht mehr verdammen noch fangen. Denn wer sich an Christum mit rechtem Glauben hält, der soll durch ihn von solcher Verdammnis erlöst sein.
Darum merke diesen Unterschied wohl; denn da ist alles an gelegen. Abraham mußte unter das Gesetz und sich beschneiden lassen; denn er ist ein Sünder, und deswegen hat das Gesetz einen Anspruch an ihn. Christus aber ist kein Sünder, er darf deswegen nicht unter das Gesetz; dennoch tut er sich unter das Gesetz, auf das alle, die sich an ihn mit Glauben halten, durch ihn vom Fluch des Gesetzes frei und ledig sein sollen.
Deswegen ist das Fest der Beschneidung Christi ein sehr tröstliches Fest, da man Grund hat Gott zu loben und zu danken, daß ob wir gleich dem Gesetz durch unsere Sünden verfallen sind, dennoch solches an unserer Seelen Seligkeit uns nicht schaden, sondern wir durch Christus von dem Fluch des Gesetzes frei und ledig sein sollen, der um unseretwillen den Fluch des Gesetzes getragen und sich dem Gesetz unterworfen hat.
Daß es aber Not gewesen sei, daß wir von dem Gesetz los und frei werden, lehrt Paulus, 1. Korinther 7,19. «Die Beschneidung ist nichts, sondern Gottes Gebote halten.» Das sind sehr stolze Worte, den Juden nicht lieb; denn es ist so viel gesagt: Keiner, der beschnitten ist, erfüllt Gottes Gebot oder hält das Gesetz. Was ist aber das anderes, denn, die beschnitten sind, sind nicht beschnitten; oder, daß ich es noch deutlicher sage: Durch die Beschneidung erfüllt niemand das Gesetz; niemand wird auch dadurch von Sünden frei. Denn obgleich die Juden sich beschneiden lassen haben, steht gleich wohl noch Gottes Gebot und Befehl da: «Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und ganzem Gemüt.» Da gib mir einen Menschen, der sich rühmen könne, daß er es getan habe oder tun könne. Das Gesetz spricht: «Du sollst dich nicht gelüsten lassen.» Gibt mir einen Menschen, der sich könne rühmen, daß er es getan hat oder tun könne. In der Summe: Nimm ein Gebot vor dich, welches du willst, so mußt du bekennen, daß niemand sei, der es vollkommen gehalten habe.
Was gehört aber für ein Urteil auf solche Leute, die Gottes Gebot nicht halten, ob sie gleich beschnitten sind? Das zeigt Paulus an aus dem fünften Buch Mose, da also steht: «Verflucht sei jeder Mann, der nicht bleibt in alle dem, daß geschrieben stehet in diesem Buch des Gesetzes, daß er es tue.» Schließt deswegen, daß alle die, so mit des Gesetzes Werken umgehen, sind unter dem Fluch. Ursache, sie können es nicht halten. Denn so man das Gesetz könnte halten, so hätte es nicht Not. Weil man es aber nicht halten kann, so folgt, daß das Gesetz uns verklagt, würgt, dem Teufel gibt, und in die Hölle stößt.
Darum muß man eine höhere und bessere Predigt haben, die uns mehr gebe, denn das Gesetz, welches mir nicht kann, denn daß es gebietet: Wir sollen Gott von ganzem Herzen lieben, unseren Nächsten, wie uns selbst, auch wenn er uns Leid tut und wir uns gern rächen wollten. Da wird aber nichts aus. Die Natur regt sich mit Zorn, Unwillen, Ungeduld, Haß, Leid, Hoffart. Darum ist niemand, der solche Predigt könne Folge tun. Und ob man schon so viel tut, als möglich ist, so können wir doch damit vor Gott nicht bestehen.
Daß ist nun die Ursache, daß ein Höherer und Größerer kommt, nämlich Christus, der Sohn Gottes; der ist ohne alle Sünde, läßt sich dennoch beschneiden wie andere Sünder, gibt sich also in aller Demut unter das Gesetz, daß er es gar aufhebe und uns davon freimache, die wir nicht konnten solche Last tragen, mußten deswegen unter dem Fluch und Zorn Gottes bleiben. Wie denn nicht allein unserer Erfahrung, sondern auch der Heiligen Propheten Zeugnis am Tag liegt. Denn was hätte sonst den heiligen Propheten David Not getan, da er sagt dem 19. Psalm, 13: «Wer kann merken, wie oft er fehlet? Verzeihe mir die verborgenen Fehler,» da ich nichts von weiß; also Psalm 143,2: «gehe nicht in das Gericht mit deinem Knechte; denn vor dir ist kein lebendiger gerecht»; also, Psalm 130, 3: «so du willst, Herr, Sünde zurechnen, Herr, wer wird bestehen?»
Solche und andere mehr Sprüche zeugen genügend, daß es unmöglich ist, daß ein Mensch könne sagen, er habe dem Gesetz genug getan, und sei seiner Werke wegen dem Zorn Gottes entgangen. Weil nun das Gesetz uns dermaßen gefangen hält und läßt uns nicht vor Gott, sondern hindert viel mehr solche Zuversicht, die wir zu Gott haben sollten: so folgt, wo wir vor Gott wollen, daß wir etwas Höheres denn die Gesetzes Predigt haben müssen, nämlich die Predigt des heiligen Evangelium, in welcher unser lieber Herr Christus den Juden und uns verkündigen läßt, daß wir unserer Sünden wegen verdammt sind. Und hilft die Juden nichts, daß sie beschnitten sind; denn solche Beschneidung macht nicht von Sündern frei; wie die Propheten sagen, ob sie gleich am Leib beschnitten sind, daß doch das Herz unbeschnitten und unrein sei. Das aber entledigt uns, daß das Evangelium weiter predigt, wie unser lieber Herr Christus, welcher dem Gesetz nicht schuldig, sondern ohne Sünde war, dennoch sich unter das Gesetz gegeben und sich beschneiden lassen habe, auf das er eine Ursache zum Gesetz gewinne, und zu ihm sagen kann: Hörst du, Gesetz, du machst mich zum Knecht, so ich doch dein Herr bin; darum mußt du mir wieder dienen, mein Knecht und Gefangener wieder sein.
Das Recht nun, daß unser lieber Herr Christus zum Gesetz hat seiner Person wegen, daß schenkt er mir und dir; und nimmt dem Gesetz sein Recht, daß es wider uns, als die armen Sünder, hat; spricht uns davon frei und los. Doch nicht darum, daß wir nichts tun, und leben sollen, wie wir wollen; sondern also, daß wo wir nicht getan haben, was wir sollen, solches uns vergeben und nicht zugerechnet und an unserer Seligkeit nicht schaden soll.
Deswegen dürfen die, so an Christus glauben, nichts von der Beschneidung. Denn sie sind nicht allein von solchen und anderen Beschwerungen des Gesetzes befreit, sondern haben Vergebung aller Sünden und Verheißung des ewigen Lebens durch Christum. Darum können sie rühmen und sagen: Das Gesetz hilft mir nicht, die Beschneidung auch nicht; das aber hilft, daß ich glaube, daß Christus beschnitten ist; denn solches ist um meinetwillen geschehen, daß ich einen Bürgen habe, der für mich die Schuld trägt, welcher Schuld mich das Gesetz, meiner Sünden wegen, überweisen kann. Darum will ich seiner Unschuld mich trösten und sprechen: Das Gesetz ist eine Zeitlang gleich wie ein Herr im Himmel gewesen; denn es hat uns Menschen vor Gott verklagt; das haben wir müssen also leiden. Uns geschah auch nicht Unrecht, weil wir die Sünden nicht leugnen konnten. Aber jetzt ist es umgekehrt, weil wir durch die Beschneidung von Christi von der Beschneidung und dem Fluch des Gesetzes erlöst sind.
Mit meiner Beschneidung, mit meiner Liebe zu Gott und zu den Menschen, mit meinem Gehorsam ist es nicht ausgerichtet, da will ich nicht drauf hoffen, noch mich darauf verlassen. Alle meine Zuversicht aber, Trost und Trotz soll das sein, daß Christus gehorsam, unschuldig und heilig ist. Solche Zuversicht und Hoffnung wird mir nicht fehlen; denn es ist ein gewisser Trost und fester Schirm. Ehe ich den hatte, meinte ich, ich müßte dran und das Gesetz erfüllen, oder verdammt sein. Nun aber weiß ich, daß es eine unmöglich Ding ist, mir und allen Menschen, die wir solche Last nicht können tragen. Christus aber hat sie von uns auf sich genommen, sich unter das Gesetz geworfen und daselbst mit der Beschneidung angefangen, auf das er es erfüllt und nichts zurück ließe, daß Gott uns armen Sündern zum Gehorsam aufgelegt hat; solches ist mein Herz und Trost.
Ich soll wohl meinen alten Adam zähmen und dahin halten, daß er tue, was er soll, denn sonst wäre ich ein ungehorsames Kind. Aber es läuft über die maßen viel Ungehorsam bei mir. Wir tun viel, daß wir lassen sollten; lassen viel, daß wir tun sollten; häufig fallen wir auch noch in grobe, schreckliche Sünde. Hier es kein anderer Trost, denn daß wir fliehen unter diesen Schirm, der da heißt: «Christus hat sich unter das Gesetz getan»; und sollen uns trösten, was unserem Gehorsam mangelt, daß es Christus erfüllt habe. Denn mit uns wird es nie dahin kommen, daß wir alles tun, was wir sollen, wie Paulus sagt: «Ich habe Lust an dem Gesetz Gottes nach dem inwendigen Menschen; ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, daß da widerstrebt dem Gesetz in meinem Gemüt, und nimmt mich gefangen in der Sünden Gesetz, welches ist in meinen Gliedern.» Das ist so viel gesagt: Ich muß tun, was das Fleisch will; aber nach dem Glauben tue ich es nicht, sondern es ist mir leid, bin nicht so gern gefangen.
Also wird nun die christliche Gerechtigkeit ganz, daß ich mich erkenne für einen armen Sünder, der ich dem Gesetz nie genug tun kann. Aber darum verzweifle ich nicht. Denn hier sehe ich, daß mein Herr Christus sich meiner angenommen, und für mich unter das Gesetz gegeben und dem Gesetz genug getan hat. Darum folgt weiter, daß ein solches Herz sagen muß: Ei, hat das mein Gott um meinetwillen getan? Sollte ich denn nicht auch solchen gnädigen Gott lieb haben? Sollte ich mich seines Willens nicht von Herzen fleißigen und wiederum auch tun, was ihm lieb ist? Also wird man lustig und freundlich gegen Gott, und folgt die rechte Erfüllung des Gesetzes, die nicht gezwungen, sondern willig ist. Ob nun gleich solche Erfüllung, des Fleisches wegen, noch nicht ganz und unvollkommen ist, so läßt es sich Gott doch gefallen, um des Glaubens willen an Christus. Denn was noch unrein und unvollkommen daran ist, daß gehört unter den Deckel und unter den Schirm der Vergebung der Sünden.
Also ihr Lieben, habt jetzt von zweierlei Beschneidung gehört. Die erste hat Gott geboten, und bis auf Christus haben die Juden sich unter solche Beschneidung, eben wie unter das Gesetz, mit dem Gehorsam müssen geben. Aber damit sind sie noch nicht selig geworden. Denn niemand hat jemals dem Gesetz können genug tun. Darum, obwohl die Beschneidung da gewesen ist, so hat doch nichts desto weniger das Gesetz alle Juden verklagt und vor Gott verdammt. Dadurch aber wird man selig und heilig, daß man Christus hat, der sich unter das Gesetz gegeben und den Fluch von uns genommen hat. Die Juden nun, so solches geglaubt und ihre Seligkeit auf den verheißenen Samen gestellt haben, denen ist die äußerliche Beschneidung ein Siegel gewesen, daß sie vor Gott gerecht sind, nicht der Beschneidung, sondern des Glaubens wegen an Christus.
Darum ist das Fest von der Beschneidung Christi ein tröstliches Fest, an welchen wir lernen, wenn wir vor Gott kommen sollen, daß wir sagen: Herr, du hast den Juden die Beschneidung geboten; den Juden und uns allen hast du geboten, wir sollen dich von ganzem Herzen lieb haben, unseren Nächsten wie uns selbst: aber, lieber Herr, ich habe es leider nicht getan, und kann es auch nicht tun, daß ich darum nach meinem Verdienst, verloren und ewig verdammt sein müßte. Aber das ist mein Trost und Schirm, dahinter fliehe ich mich: Dein lieber Sohn Christus Jesus, mein Herr, hat sich unter das Gesetz gegeben, und sich beschneiden lassen, ein anderer Sünder, und also deinen Willen vollkommen getan; denn sonst hätte er sich nicht, wie ein anderes Kind, am achten Tage beschneiden lassen. Solches ist um meinet- und aller Sünder willen geschehen, und uns geschenkt und zu eigen gegeben. Denn seiner Person wegen hätte er es nicht bedurft. Darum nehme ich mich dieses an, und bitte dich, lieber himmlischer Vater, wollest mir um seinetwillen gnädig sein, und mich seiner Frömmigkeit und Heiligkeit genießen lassen. Das also jedermann lerne auf die Heiligkeit und Unschuld unseres lieben Herrn Christus vertrauen; so fahren wir gewiß, und wird weder Sünde noch Tod gegen uns siegen. Daß verleihe uns unser lieber Herr Christus, Amen.