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Blei-weiß die Fläche. Wolken-überflaggt,
Darein zwei Segel schwarze Furchen graben.
Zwei Uferbäume ragen hochgezackt,
Die frühes Traumgrün auf den Zweigen haben.
Zwei Hunde keuchen übers Ufergras
Und wollen eine heiße Stunde jagen.
Zwei Schüler kommen, schlank und bücher-blaß,
Die scheue Liebe wie zwei Leuchter tragen.
Ein junger Dichter wacht auf einer Bank
Und spricht, die Hände um sein Knie gefaltet:
»Wie sind die Dinge heute Sehnsuchts-krank.«
Und als er aufblickt, hat sich neu gestaltet
Die Welt und ist erschütternd tränenblank: –
»Was«, ruft er, »hat mein Herz denn so zerspaltet!«
Ich flamme das Gaslicht an.
Aufrollendes Staunen umprallt die vier Zimmerwände.
Ich fühle mich dünn in der Mitte stehn,
Verkrampft in Taschen klein meine Hände,
Und muß dies alles sehn:
Die Mauern bauchen aus, von Dröhnen geschwellt,
Die Bilder von Jahrtausend-Meistern dröhnen in ihren Flanken,
Von Halleluja-Geistern hinziehend musizierende Gedanken!
Ich erblicke mich schwimmend klein da hinein gestellt
Mit winzigem Stöhnen und Krampf
Vor solchem wogenhaft wuchtenden Tönen
Und solchem siegsicher schwingendem Wolkenkampf!
O solche Gott zwingenden Werke!
Ein spitzer Pinselstrich zerstiebt mich blind
Mit machtheiterm Wind und lässiger Stärke!
Meine Brust empört sich über dies brausende Sein!
Tief ziehe ich die Luft der Wände ein
– Diese Flut, diese Glut! –
Und stoße sie aus mir mit Husten und Speien,
Blut! Blut! –
Und versinke in eisdurchwehte Nächte.
Und weiß, der Tod reckt unten seine Arme aus. –
Doch über mich hin fährt ein Gebraus
Springender Hufen und Leiber und sonnhafter Prächte und Mächte!
Weiß über den Weiten
Blendet das Meer.
Und blaue Wolken rauchen.
Stet mit den Gezeiten
Segel-fächert ein stürmend großer Traum daher.
Und hält dumpf schattend. Die See geht schwer.
Aus dürren Masten hörst du graue Stimmen fauchen.
Dann ebbt es weg. Und deine Angst, die dich umschnürte,
Wird Sehnsucht, die Musik mit weichem Strahl berührte.
Verstört fühlst du die Segel untertauchen.
Zum Schlag der Nachtuhr schwingt mein Blut das Pendel.
Ich liege ausgereckt.
Und warte atmend. – Stunden rauschen auf.
Und jede Stunde hält ein kreisendes Licht.
Ein tief bedeckter Gang zeigt in die Ferne,
Vom Stundenlicht bedämmert. –
Mein Auge starrt beglänzt.
Nachthelle Stunden!
Ihr könntet schaukelnde Schmetterlinge sein,
Maibunt bemustert und Pfauenaug-gefiedert.
Ihr könntet summen, getragen auf Akkorden,
Dom-hallend, weit, durch Türen, Läden und Stille
Herschwingende, versponnene Musik.
Die Nacht ist bunt und glücklich.
Vor meinen Augen baut sie ein taumelndes Kugelspiel aus Glaskugeln.
Mit weichen Glöckchen macht sie ein Ohrengeklingel.
Dann zupft sie hoch von wasserrauschenden Bäumen
– Das wogt und fächert –
Viel erdbeergroße rote Beeren herab.
Sie spielt damit umher und schnellt sie und fängt sie
Und singt verweht einen Kinderreim.
Und nimmt sie zusammen und reiht sie und schwingt sie
Im Kreis bunt rund
Und wirft sie um meinen Mund.
Rotglühend brennt ein lutschend-süßer Kuß. –
Die Nacht ist bunt und zeitlos glücklich!
Die kleinen Kinder sitzen auf den Stufen vor dem Haus,
Sind eng gerückt und spielen Große, die sich streng besuchen. –
Manchmal fällt einem Mädchen ein Lachen aus dem Halse heraus.
Ich spiele auch. Ich spiele ein herzkindliches Spiel.
Ich spiele eine Kette von Kindern, einen rosinfarbenen Kranz,
Hinauf in die trunkene Luft, in der Sonne Untergangsspiel.
Ich spiele mich eifrig und heiß und rot und werde leuchtend in unnatürlichem Glanz.
Mein Werkstaunen schwillt übergroß und wird mir zuviel! –
Stark in den Wolken hinschwingendes Lichten
Werf' ich, jäh frei gekrallt aus meinem Leib, mein Herz, das Flammen facht.
Zerdonnernd dumpf verschwimmt das Höhenspiel zu bleichen Schichten.
Und wo ich hintraf, steht ein großer Stern und leuchtet und ist ein tiefes Auge in die Nacht.
Bist du es denn?
Groß aus dem Weltraum nachts, der Spiegel ist,
Tönt dein zerwehtes Bildnis in meine Seele.
Die Sterne durchziehen harfend deine Brust.
Du aber ...
Du glänzt vielleicht versehnt im weißen Federbett,
Traum liegt dir hart im Schoß. –
Oder ein junger Liebling
Zieht fühlsam mit zeichnendem Finger
Die festen Runden deiner Brüste nach.
Ihr seid sehr heiß.
Und schöne Raubtierflecken zieren eure Rücken.
Laß mich meine Hände um deine Gelenke spannen
Und meine Stirn an deine Schulter lehnen,
O du umträumte Geliebte!
Ich schleppe meine Stunden durch Straßen, Kontore und windige Treppenhäuser,
Und alle Augen, die mir begegnen, sind behauchte Scheiben,
Hinter denen, in Rechnen-Folianten geduckt,
Ein Seelen-Jemand vor grün verdeckter Lampe dämmert.
Mädchen, wenn ich meine Augen in deine warmen Hände presse,
Dann steigt so dunkel und weich um mich auf,
Daß ich träume, ich sei bei meiner Mutter,
Tief bei meiner Mutter in der Blutnacht.
Spät über den Häusern,
Wann die Dächer von Farben tropfen,
Kniest du bei mir am Fenster auf dem Schemel.
Ein Wundern bebt in dir,
Ich fühle deine Pulse klopfen,
Als lebte dein Blut in mir. –
Kannst du das fest begreifend sehen:
Wie ich am Fenster lehne
Und, weich beglüht,
Die Arme in das Licht hinüberdehne.
Mit meinen Fingern pflück ich aus grünen Grüften
Die kleine, abendfarbne Tanzmusik vom Kaffeehaus.
In meinen Händen wird sie groß und lodert in den Sommerlüften.
Auf einmal wächst vom goldnen Horizont,
Weiß, riesengroß und spät besonnt,
Dein hingeträumter Leib heraus.
Da spanne ich meine Arme weit
Durch bunt verhängte Abenddämmerungen
Um deines Leibes Traumverlorenheit. –
Mädchen! und halte dich dort über Dächern und der Zeit
Wie hier am wachen Fenster, märchenfest umschlungen!
Jetzt bin ich lüstern nach deinen Händen.
Wenn sie die meinen begrüßend drücken,
Können sie Weltraum-staunend beglücken.
Deine Hände führen ein selbstgewolltes, stilles Leben,
Ich habe mich deinen Händen ergeben.
Nun dürfen sie mich begreifen und fassen,
Zu deinen Höhen, mit Blicken nach Weiten,
Mich geschenkgütig heben. –
Spielerisch aber werden sie mich übergleiten
Und am Wege hier liegen lassen.
Ich grüße dich in der Ferne, ich begrüße deine weit spannende Nähe!
Du, den ich nicht kenne.
Aber ich sehe und erkenne hell deine ziehende Stimme
Hin durch die Abendzonen meines frühen Grams:
Die braunen Länder, die von Wolken triefen,
Sind noch vom Weilen meiner Füße jung,
Von Wünschen schwebend noch, die leuchtend aus mir riefen,
Neu wie das Meer, das sich dahinter weitet,
Darüber noch von jüngster Fahrt beschwingte Dünung kreisend gleitet.
Meine Stimme, in deine Bezirke verschlagen,
Ward ergriffen, begriffen von dir
Und reif und gereinigt mir zugetragen.
In mancher Stunde verwitterter Nacht,
Bevor ich wußte von deinem durchbluteten Wesen,
Habe ich dich erdacht und lebendig gemacht
Und deine Bruderverse mir vorgelesen.
Und als ich dich sah, atmend nah, hell und zu glühenden Worten gekühlt,
Wußte ich: Alles ist da! Alles lebt, was man mit Wünschen erfühlt!