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Auszug aus einem Briefe eines Freundes.

In Dresden mußte ich den Tag meiner Ankunft einen Burgeois Gentilhomme von einer französischen Truppe aushalten, welche die Hölle zusammen brachte, den elenden Geschmack bey unsern guten Deutschen zu vereinigen. Meine Wünsche wurden endlich erfüllt; ich sahe von der Kochischen Gesellschaft das gerettete Venedig Anmerkung des Herausgebers: Seite 75, 6, 7. Eine deutsche Übersetzung von Otways » Venice preserved« erschien zuerst 1763., und die zärtlichen Schwestern Anmerkung des Herausgebers: Seite »Die zärtlichen Schwestern«, Lustspiel von Gellert.. Unsre Starken hat sich, ich muß es zur Ehre der Kunst gestehen, noch gebessert. Sie hat von den Obersachsen die Anmuth des Ausdrucks angenommen, die uns in diesen Gegenden so schwer wird: sie stehet gerade, sie spricht nicht zu fein. Die Steinbrechern giebt die beste Hoffnung, eine sehr gute Aktrice im Niedrigcomischen zu werden. Von Madam Koch sage ich nichts. Sie kennen mich, ich bin schwach; ich vergesse die Regeln des Aubignac Anmerkung des Herausgebers: Seite 75, 4 v. u. Hedelin, Abbé d'Aubignac, la pratique du Theatre. Paris 1657., sobald mich die Schönheit entzückt. Ich war eben im Begriff, meinem Nachbar mein Urtheil von ihr zu sagen, da sie mit einem Blicke, dem nichts widersteht, mich bemerkte; mich mit den großen schwarzen Augen, die in Sachsen noch neue verführerische Künste angenommen hatten, ansahe, und mir meinen Beyfall auf die Weise entriß, mit welcher Boileau den Quinault im Tempel des Geschmacks umarmete. Nun starb der Kaiser, und Dank sey es dem gütigen Himmel! die Theater im Reiche, in Prag und Wien wurden geschlossen. Ich tröstete mich mit Paris; besorgte meine Geschäffte, und erreichte endlich den Sitz des falschen Geschmacks, das undeutsche Wien, wo Herr von Sonnenfels, mein wahrer Freund, ein feiner Kenner des Schönen, und ein Verehrer Ihrer Schriften, noch immer gegen Vorurtheile streiten muß; wo die Schauspieler sich über Garrik, le Kain, Preville und Brizart setzen, und wo eine Huberinn den Rang über unsre liebenswürdige Henseln nimmt. Von Wien gieng ich nach Salzburg: hier fand ich eine deutsche Truppe von Linz, die der Tod des Kaisers dergestalt in Unordnung gesetzet hatte, daß sie die größesten Meisterstücke des Theaters des lieben Brodtes wegen spielte. Ich will nichts von diesen Possenreissern sagen, sie sind unter der Critik. Nur muß ich das anführen, daß verschiedene kleine Aebte, ungeschickte Copien der Pariser, mit vier Hofdamen, und mit drittehalb geheimen Räthen mit Ordensbändern, über einige Unfläterryen, die Bernardon sagte, aus vollem Halse lachten. Bey dem großen Basse saß ein Domherr, der eine der besten Pfründen hat: er konnte sich gar nicht wieder zufrieden geben. Ein wahrer Beweis, wie weit der Geschmack in diesen Theilen von Deutschland gekommen ist. Und diese Leute haben gleichwol die größesten Meisterstücke der Kunst vor ihren Augen: eine wohlgewählte Gallerie, öffentliche Gebäude, die Geschmack und Ueberfluß zeigen, ein Amphitheater in Felsen gehauen, das die Römer, und kaum die Griechen, in den Zeiten, die noch itzt Bewunderung und Nachahmung verdienen, nicht schöner haben konnten. Ich gieng hierauf durch München, den Sitz liebenswürdiger Künste, und Augspurg, den Aufenthalt vieler akademischen Stümper, nach Mannheim. Sie kennen diesen schönen Ort. Der Churfürst, der gnädigste Herr von der Welt, ist ein Beförderer und Kenner aller Arten der Künste. Seine Oper ist vortrefflich, und sein Orchester eins der besten in Europa. In Straßburg sah ich von einer sehr guten französischen Truppe den Etourdi, und die Tochter des Aristides; und von einer deutschen, dem wahren Ebenbilde der salzburger Gesellschafft, Simson und Delila Anmerkung des Herausgebers: Seite 77, Simson, vielleicht eine Uebersetzung von Miltons Trauerspiel. Tochter des Aristides, Lustspiel von Madame de Grafigny, erschien deutsch 1764. l'Etourdi, on le contretemps, Comödie von Molière., ein Trauerspiel. Sie können leicht denken, daß die Entwickelung des Knotens nicht anders als auf die Abschneidung der Haare des Simsons gehen mußte; dieß machte die Delila so rührend, daß die Gallerie Thränen vergoß. Die Philister wurden mit Simson in den Trümmern des Tempels begraben: und kaum hatte Simson Zeit unter den Säulen von gemahltem Papier hervorzukriechen, so verkündigte er schon dem erstaunenden Parterr das Stück des folgenden Tages. Ich hatte nicht Herz genug dieses abzuwarten, sondern reiste noch in der Nacht nach Lüneville, wo ich den König Stanislaus sahe. Es ist mir unmöglich, Ihnen die Ehrfurcht und die Liebe hinlänglich zu beschreiben, die ich bey dem Anblick dieses rührenden Greises empfand. Ich blieb eine halbe Stunde in der Capelle, wo er der Messe beywohnte, unbemerkt vor ihm stehen. Ich konnte mich nicht satt an ihm sehen. Endlich kam ich über Nancy durch die Weinlese von Champagne, einen Freytag Nachmittag nach Paris, wo ich sogleich in die Oper gieng, die wirklich recht schön gewesen wäre, wenn das verwöhnte Ohr die französischen Töne den italienischen hätte vorziehen können. Sie werden sich leicht vorstellen, daß ich die französische Comödie mit Ungedult erwartete. Man kündigte zu meiner größten Freude Rhadamist und Zenobie Anmerkung des Herausgebers: Seite 78, Rhadamist und Zenobia, Tragödie von Crébillon, Le Kain u. s. w. Sämtlich Mitglieder des Théàtre français. für den Sonnabend an: aber ich war den folgenden Morgen so krank, daß ich, aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht hoffen konnte, meinen langen sehnlichen Wunsch zu erfüllen. Ich trank ganze Schalen voll Bouillon, und nahm Pulver über Pulver, und befand mich gegen fünf Uhr so leidlich, daß ich ins Schauspiel lief. Stellen Sie sich die naife Verwirrung eines Dorfjunkers vor, der nichts als ländlich-sittsame Schönen bisher gewohnt war, und mit einemmale eine Stadtcoquette mit den verführerischen Künsten der Liebe gewahr wird, und sein Herz fühlet; und dann urtheilen Sie von meiner Freude, und von meinem Erstaunen, als ich den le Kain, den Molé, den Brizard sahe. Alles, was die Schauspielkunst Rührendes und Erhabenes hat, trifft man bey diesen Meistern des Schönen an. Le Kain hat die vortheilhafteste Bildung, sein Ausdruck ist edel, obgleich ein wenig wider die Natur; seine Aktion ist mahlerisch schön. Brizard ist ein vortrefflicher Schauspieler: er kennet die Nuancen des menschlichen Herzens: sein ehrwürdiges Ansehen setzt den Zuschauer in die Zeiten zurück, in welchen Brutus die Römer befreyte, und die Griechen das gesitteste liebenswürdigste Volk von der Welt waren. Er hat keinen Fehler, und übertrifft in Zusammenhaltung den le Kain. Molé ist der angenehmste junge Mensch: er hat die feinen Manieren, die die Künste des Stutzers verkennen, und das Herz einnehmen. Preville, der Nestor dieser Bühne, ist ganz unnachahmlich in seinem Spiel. Mademoiselle Clairon war nach Genev zu dem Herrn von Voltaire gereist. Sie kam zurück, und ich hatte das Vergnügen, sie zu sprechen. Man weiß noch nicht, ob sie die Bühne wieder betreten wird. Itzt komme ich auf meine Heldinn, die Mademoiselle Dümenil. Stellen Sie sich eine erhabene Physionomie vor, mit römischen Zügen, mit dem ganzen Blute eines jungen Officiers, der zum erstenmal aus den Armen seiner Mutter ins Feld eilet. Sie ist zwischen vierzig und funfzig: dennoch spielt sie Liebhaberinnen, und man hört ihr mit der Gefälligkeit zu, die man für eine Ninon noch in ihrem achtzigsten Jahre hatte. Sobald sie sich sehen läßt, fliegt ihr lauter Beyfall entgegen: aber er ist keine Cabale des Parterrs; er ist das übereinstimmende Lob des Kenners und des Liebhabers. Es ist mir unmöglich, die ganze Vortrefflichkeit ihres Spiels zu schildern: und bin ich nicht zu enthusiastisch, so glaube ich, es ist unmöglich, daß die Clairon sie übertreffen könne. Sie wissen, es ist eine gewisse Vollkommenheit des Schönen: das Herz fühlt es, wenn sie erreicht ist; und dieß habe ich wirklich bey der Dümenil empfunden. Sie tritt in der Zenobie ohne die mindeste ängstliche Verwirrung auf die Bühne: sie scheint nicht zu deklamiren, sondern zu reden, bis die Leidenschaft ihr Herz ergreift; dann dringt ihr beredtes Gefühl in die Seele des glücklichen Zuschauers, der solche Schönheiten zu empfinden weiß; dann schlägt sie alles, gleich dem Donner darnieder, und Schrecken erfüllen das Parterr. Verzeihen Sie mir diese Beschreibung, die mehr den Dichter als die Natur zu verrathen scheint: aber ich berufe mich auf das Zeugniß eines jeden Liebhabers, der sie gesehen hat. Es sind Tage, wo die französischen Comödianten, so wie der gute Homer, schlafen, dann eilte ich zu dem Lieblingsschauspiele der Nation, zur comischen Oper, und sahe dort die liebenswürdige Favart, die la Ruette und den Clailleau. Von den andern Schauspielerinnen des französischen Theaters sage ich nichts, sie sind mittelmäßig, seitdem die Gaussin und die Dangeville, und mit ihnen die Grazien das Theater verlassen haben. Eine du Bois spielte für Mademoiselle Clairon Zaire, eine Doligny Junie im Brittanicus. Die erstere ist, nach meinem Urtheil, eine andere Demoiselle Schulz: die zwote kann Madam Starken erreichen, aber sie niemals übertreffen. So arm das Theater an Schauspielerinnen ist, so arm ist es auch an regelmäßigen neuen Stücken. Man führte zu meiner Zeit ein neues oder vielmehr ein verbessertes Trauerspiel des Hrn. von Voltaire, Adelaide auf. Es erhielt großen Beyfall: ein Canonenschuß ist in diesem Stücke gewagt, und mit Nachsicht angenommen worden. Es hat viel Aehnlichkeit mit dem Duc de Foix, und schmeichelt der Nation, so wie die Belagerung von Calais Anmerkung des Herausgebers: Seite 80, Belagerung von Calais, Tragödie von du Belloy.. Die Franzosen wollen von nun an lauter Nationaltrauerspiele haben: aber sie überlegen nicht, wie arm ihre Geschichte an großen Handlungen ist, die nur der Geist des Republikaners hervorbringt. – – Die neue Comödie des Hrn. Saurin, L'Orpheline léguée erhielt Beyfall, sie verdient ihn auch, aber nur einzeln genommen; denn das Ganze ist mittelmäßig, und in dem Geschmack der Zeiten, die sich von der Natur, von Moliere und Regnard zu sehr entfernen. – – Sie verlangen noch einige Nachricht von Madam Henseln. Hier haben Sie eine kurze Beschreibung von ihr. Sie hat die gefälligste, die edelste Bildung; ihre Miene ist erhaben, so bald sie nur will: sie hat eine von den römischen Nasen, die wir so gerne bey unsern Theaterheldinnen und bey der Garde des Königs von Preußen sehen. Ihre Sprache ist durch den Wiener Dialekt nicht verderbt; sie redet schön, vernehmlich, sie deklamirt meisterhaft; der Reim wird Prosa bey ihrem Ausdruck. Sie kennt den ganzen Sinn einer Rolle; sie glaubt, daß es nöthig sey, das ganze Stück und nicht eine einzelne Stelle dem Inhalte nach zu wissen. Ihre Stellung ist schön, ihre Manieren groß und ungezwungen. Sie ist fast stärker in den sogenannten Roles de Force im Trauerspiel, als in dem hohen Comischen, ohngeachtet sie stets vortrefflich spielt. Aber diese unvergleichliche Aktrice weiß oft die Rolle nicht; und da sie von Natur etwas phlegmatisch ist, so fehlt ihr bey den großen Scenen, die allein die Verdienste eines Schriftstellers und einer Aktrice entscheiden, das Feuer, das z. E. in der Cleopatra, in dem Hasse der Emilie, in der Reue der Phädra, die Seele der Handlung ist. Sie sieht den Minos in der Hölle mit der fürchterlichen Urne, die das Geschick der Menschen bestimmt; und sie ist liebenswürdig und angenehm, da sie schrecklich seyn sollte. Sie sucht inzwischen die Critik ihrer Freunde, und sie bessert sich. In der Hypermnestra hat sie die Aktion mit dem Feuer belebt, das die Kenner erwarten. Kurz ich bin gewiß, daß Madam Henseln Anmerkung des Herausgebers: Seite 81, Madame Henseln. Man vergleiche mit dieser Schilderung Lessings Urteil im 13. und 20. Stück der Dramaturgie. gegenwärtig eine der besten deutschen Aktricen ist. – – – –

Wir kündigen dem Publico die vielleicht unerwartete Hoffnung an, das deutsche Schauspiel in Hamburg zu einer Würde zu erheben, wohin es unter andern Umständen niemals gelangen wird. So lange dieser vortreffliche, angenehme und lehrreiche Zweig der schönen Künste noch in den Händen solcher Männer, auch der redlichsten Männer ist, die ihre Kunst lediglich zu einer Brodtwissenschaft zu machen gezwungen sind; so lange die Aufmunterung und der edle Stolz der Nachahmung unter den Schauspielern selbst fehlt; so lange man die Dichter der Nation nicht zu Nationalstücken anzufeuern gewohnt ist; und so lange vorzüglich die theatralische Policey, sowol auf der Bühne in der Wahl der Stücke, als auch bey den Sitten der Schauspieler selbst, eine ganz fremde Sache bleibt; so lange wird man umsonst das deutsche Schauspiel aus seiner Kindheit hervor treten sehen.

Wir setzen die großen Vortheile zum voraus, die eine Nationalbühne dem ganzen Volke verschaffen kann; und wir dürfen sie auch heut zu Tage niemand mehr beweisen als den Eigensinnigen, die sie nicht erwiesen haben wollen. Wenn es inzwischen wahr ist, und es ist längst ausgemacht, daß, ausser dem edelsten Zeitvertreib, den das Theater gewährt, auch der Sittenlehre durch ihn die herrlichsten Dienste geleistet werden; so verlohnt es sich gewiß der Mühe, nicht mit derjenigen Schläfrigkeit an die wahre Aufnahme der Bühne zu gedenken, mit der man bis auf den heutigen Tag die innerliche Vollkommenheit derselben bearbeitet hat. Und aus eben diesem wichtigen Grunde, dessen Folgen für eine ganze Nation interessant sind, und wovon sich die Vortheile, die aus der Verfeinerung des Geschmacks, und ihrer Sitten fliessen, auf den ganzen Staat und auf die Biegsamkeit seiner Bürger erstrecken; aus diesem wichtigen Grunde, sagen wir, freuen wir uns, daß wir die Mittel in Händen haben, unsern Mitbürgern, ausser dem edelsten Vergnügen, dessen der menschliche Verstand nur fähig seyn kann, auch die reichsten Schätze einer geläuterten Moral zu gewähren.

Wir wollen uns über die Möglichkeit und Gewißheit dieser Absicht näher erklären.

Eine kleine Gesellschaft gutdenkender Bürger hieselbst hat schon seit verschiedenen Jahren auf die Ausführung dieses Plans gedacht; und da sie gegenwärtig dahin arbeiten, eine hinlängliche Anzahl von gesitteten Leuten zu erhalten, und die zugleich die vortrefflichsten und besten unter den deutschen Schauspielern sind, so sind sie willens, das deutsche Theater zu derjenigen Zeit, die alsdann in den öffentlichen Blättern bekannt gemacht werden soll, mit aller der Vollkommenheit zu eröffnen, die man mit Recht von einer wohleingerichteten und lehrreichen Bühne fodert. Man hat zu dem Ende das Directorium derselben den Händen eines Mannes anvertrauet, dessen untadelhafte Sitten, und dessen bewußte Einsichten in die Geheimnisse dieser Kunst zu der Aufnahme des Theaters nothwendig sind. Da dieser Mann nichts mit der eigentlichen Arbeit als Acteur zu schaffen haben wird, sondern lediglich, ausser den bekannten Pflichten, die einem jeden Directeur obliegen, noch die so höchst nothwendige Verbindlichkeit über sich genommen hat, für die Bildung des Herzens, der Sitten und der Kunst junger, angehender Schauspieler zu sorgen; so kann man leicht denken, daß das Publicum sich in der Erwartung, die man ihm macht, gewiß nicht betriegen wird. Man ist willens, dieser Gesellschaft gesitteter und einsichtsvoller Leute alle die Vortheile zu verschaffen, die man in einer theatralischen Akademie gewinnen kann. Zu dem Ende wird der Directeur, ausser seinem übrigen Unterricht, der, wie bereits gesagt, die Bildung des Herzens und des Geschmacks betrifft, über kurze von ihm herauszugebende Grundsätze der körperlichen Beredsamkeit, und über des Dorat vortrefflichen Essai sur la Declamation Tragique der nächstens National gemacht werden soll, ordentliche Vorlesungen halten. Man wird sich hiebey der vortrefflichen theatralischen Auszüge bedienen, welche Herr Lessing in seiner theatralischen Bibliothek, und in den Beyträgen zur Historie des Theaters aus den besten Werken der Ausländer gemacht hat. In diesen Vorlesungen sollen diejenigen, die sich der Bühne widmen, von den ersten Anfangsgründen der Kunst an, durch das ganze dramatische Feld geführt, und mit den Geheimnissen dieser wichtigen Kunst bekannt gemacht werden. Den theoretischen Unterricht wird man ihnen durch Beispiele unsrer besten Acteurs erläutern lassen; und da sie vornehmlich dereinst in dem Spiele der Leidenschaften die Seele der ganzen Action setzen müssen, so wird es eins von den Hauptgeschäften dieser theatralischen Vorlesungen seyn, sie mit der wichtigen Lehre der Affecten bekannt zu machen, und überhaupt nichts vergessen, was nur irgend zu den feinsten Nüancen dieser schweren Kunst gezählet werden kann.

Da man den Schauspieler so vortrefflich zu bilden suchen wird; und er, wenn zu diesem Unterricht Talente kommen, dem deutschen Theater gewiß Ehre macht; so ist man auch darauf bedacht, die äußerlichen Glücksumstände desselben vorzüglich bequem einzurichten. Man wird daher den Stand dieser Leute so geehrt zu machen suchen, als es die Kunst verdient, der sie sich gewidmet haben. Man wird einen, ihren Talenten angemessenen, jährlichen Gehalt aussetzen: aber vorzüglich darauf bedacht seyn, diejenigen Schauspieler anständig und Lebenslang zu versorgen, die Altershalber dem Theater nicht mehr dienen können. Bey dergleichen glänzenden Aussichten aber verlangt man durchaus die strengste, edelste und untadelhafteste Aufführung, und die besten und liebenswürdigsten Sitten, die Leute von gutem Denken, und einer feinen Lebensart unterscheiden müssen. Da der ganze Nutze des Theaters, der überdem immer beschrieen wird, sogleich wegfällt, und die Sitten der Mitbürger umsonst gebessert werden, wenn diejenigen, die der Spiegel dieser Sitten seyn sollen, ihre eigene Handlungen beflecken; so wird die ungeheuchelte Gottesfurcht, der Abscheu an allen, der bürgerlichen Gesellschaft so gefährlichen Lastern, eine unverletzte, und von dem geringsten Verdacht befreyte Lebensart, die erste Pflicht eines jeden Schauspielers seyn; und auch der Beste unter ihnen wird sogleich alle Vortheile verlieren, so bald man ihn von dieser Pflicht, und von allen den übrigen strengen Gesetzen, die man unter sich machen wird, nur im geringsten vorsetzlich abweichen siehet.

Da endlich selbst nach dem Ausspruch des Diderot, eines Philosophen, der selbst bey seinen wichtigen Arbeiten, so viel Zeit gefunden, zwo der größten Meisterstücke für das Theater zu verfertigen, der theatralische Nutze nur alsdann erst beträchtlich für eine ganze Nation werden kann, wenn sie ihre eigene Bühne hat; so wird man sein wichtigstes Augenmerk seyn lassen, das deutsche Theater mit der Zeit so national zu machen, als sich alle andere Nationen des ihrigen zu rühmen Ursache haben. Man weiß, daß dies das erste Geschäfte unserer dramatischen Dichter seyn muß: aber man kennt auch die Ursachen, die dieser Arbeit zum Theil noch immer im Wege gestanden sind; und man hofft, durch Aufmunterung und ausgesetzte Preise diese Absicht mit zu erreichen. Freylich wird man durch Belohnung keine eigentliche Genies für das Theater bilden können; aber die Talente dererjenigen, die bereits Genie haben, durch thätigen und belohnenden Beyfall der Nation anzufeuern, ist längst bey allen Nationen, von den Griechen und Römern an, von dem herrlichsten Nutzen gewesen. Man wird demnach jährlich einen Preis von funfzig Ducaten, auf das beste Trauerspiel, es sey heroisch oder bürgerlich; funfzig Ducaten auf das beste Lustspiel setzen; und es mit der Einsendung durch versiegelte Namen und Devisen eben so halten, als es bey allen gelehrten Gesellschaften, und noch zuletzt bey den erhabenen Kennern des Schönen, bei den Verfassern der Bibliothek der schönen Wissenschaften zum Ruhm des deutschen Geschmacks üblich gewesen ist. Die Entscheidung, welches von den eingesandten Stücken den Preis verdienet, wird man auf den Ausspruch der Leute von bekannten Talenten ankommen lassen. Die Ankündigung des erhaltenen Preises wird, so wie bey der Bibliothek der schönen Wissenschaften, jedesmal öffentlich, mit dem gekrönten Stücke zugleich, durch den Druck geschehen.

Eine solche Bühne, von deren nähern Einrichtung, Beschaffenheit und Fortgang man von Zeit zu Zeit fortfahren wird, dem Publico umständliche Nachricht zu ertheilen, darf allerdings des Beyfalls unserer gesitteten Mitbürger gewiß seyn. Und um das Antheil öffentlich zu rühmen, das diese gesegnete Stadt an der Verbesserung des Geschmacks, und der Verfeinerung der Sitten nimmt, wissen wir kein besseres Merkmaal einer unauslöschlichen Dankbarkeit, als wenn wir uns entschliessen, verschiedenemal, freywillig des Jahrs, an gewissen bestimmten Tagen, die ganze Einnahme den hiesigen öffentlichen frommen Stiftungen und Häusern zu widmen. Man hofft, im Stande zu seyn, bey der Eröffnung dieser Bühne die zwote Nachricht von der Einrichtung derselben dem Publico vorlegen zu können.


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