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Axel (nach einer kleinen Pause, für sich): Ich kenne diesen Mann, der mich erzogen hat, nicht mehr.
(Er setzt sich hin und versinkt in Träumereien.)
Lebendige Mächte, okkulte Wesen, die ihr den Zufall und die Elemente beherrscht – oh! wenn ihr nicht unpersönlich wäret! Wenn die abstrakten Ausdrücke, die unverständlich hohlen Worte, mit denen ihr eure Gegenwart verschleiert, nicht nur eitler Menschenkram wären? Wenn es in der unendlichen Kette der Kontakte einen Punkt gäbe, wo der Geist des Menschen ohne alle Vermittlung in Rapport mit eurem Sein treten, wo er eure Energie in sich aufnehmen könnte! Warum, o warum könnte das nicht sein? Was würde eine Ewigkeit bedeuten, der man diese so wahrscheinliche, so natürliche Möglichkeit abschneiden wollte?
(Ganz in Gedanken verloren.) Wie kann der Mensch eine Lehre verdammen, wenn es nicht im Namen einer anderen Lehre geschieht, deren Prinzipien ebenso anfechtbar sind, wie die der ersten. Andere Zeiten, andere Lehren. Die Wissenschaft konstatiert, aber sie erklärt nicht: sie ist die älteste Tochter der Schimären, und die Schimären sind nur etwas mehr als das Nichts ... (Aufbrausend.) Ach! Was geht das alles mich an? Es sind zu düstere Gedanken, ich aber will leben, ich habe genug von den geheimen Wissenschaften. Gold, das ist das große Losungswort, das die Erde beherrscht! Ich entsage den Sphären der Erleuchteten, weil alles, was sie mir versprechen, nur Möglichkeiten sind. Adieu!
Meister Janus: Aber du kannst diese Möglichkeiten zu Wirklichkeiten machen, was ohne deinen Willen freilich unmöglich ist. Nimmst du das Licht, die Hoffnung und das Leben an?
Axel (nach einer langen Pause, den Kopf erhebend): Nein.
Meister Janus: So bist du denn ein Abtrünniger geworden! Gehe also hin und ergib dich den Freuden des Fleisches. Streue deinen Samen aus wie die anderen gewöhnlichen Sterblichen. Vermehre die Glieder der Ketten, die dich gefangen halten. Ernte die Früchte der Sünde und der Wollust, du wirst bald genug ihre Bitterkeit empfinden, denn sie gleichen den Früchten des Toten Meeres.
Bereichere jene düstere Welt um eine Wesenheit, jene Welt, in der die erloschenen Willen, die sich nicht, alles andere verachtend, zum unerschaffenen Lichte aufzuschwingen vermochten, in alle Ewigkeiten schmachten. Für dich gibt es keine stolzen Hoffnungen mehr, keine läuternden Prüfungen, keinen übernatürlichen Ruhm. Du hast es selbst gewollt. Du hast dich zu deinem eigenen Richter gemacht und stürzest dich selbst in den Abgrund. Lebe wohl!
(Axel steht mit gekreuzten Armen und starren Auges da, ohne auch nur ein Wort zu antworten. Meister Janus geht der steinernen Treppe zu, als plötzlich aus der Ferne der Ton einer Glocke erschallt; er bleibt mit ausgestreckter Hand stehen.)
Meister Janus, Axel, Gotthold
Gotthold (eintretend): Gnädiger Herr, Walter Schwert und der Majordomus sind auf dem Heimwege einer Karosse begegnet. Sie haben die Pferde hierhin geführt. Die Reisende ist eine ganz in Trauergewänder gehüllte Dame. Sie bittet um Ihre Gastfreundschaft.
Axel (zerstreut, für sich): Ach! Es ist jene Frau, die gleich, nachdem sie den Wald betreten, nach dem Wege zur Burg gefragt hat, und der ich dann Führer entgegengeschickt habe.
Gotthold: Sie hat, nachdem wir sie in den unteren Saal geführt, vor dem Feuer einen Augenblick den Schleier zurückgeschlagen, aber ich habe niemals ein so bleiches Antlitz gesehen.
Axel (ihm sein Gesicht zuwendend): Nun, so blicke mich an!
(Gotthold weicht beim Anblick der schrecklichen Blässe Axels erschrocken einen Schritt zurück.)
Axel: Geh und wecke eine der Dienerinnen des Schlosses; man soll in dem sich im besten Zustand befindlichen Zimmer sofort ein gutes Feuer machen und Lampen anstecken. Melde der fremden Dame, daß der Schloßherr, Graf von Auersperg, sie willkommen heißt, und ihr seinen Gruß entbietet.
Gotthold: Das ist bereits geschehen, gnädiger Herr, und ich werde diese unbekannte Dame, die sich Ihrem Schutze vertraut, sofort durch diesen Saal in das Gemach Ihrer Mutter geleiten.
Axel: Gut. – Indessen, wo steckt Ukko? Es ist seines Amtes ...
Gotthold (die Stimme senkend): Er ist mit Nikolaus, Hartwig und Herrn Zacharias in dem Begräbniskeller wegen der Beerdigung. Ich muß gleich auch hinabsteigen, um ihnen zu helfen, denn es ist besser, wenn diese notwendige Angelegenheit so rasch wie möglich und ganz unter uns erledigt wird.
Axel: Ach, das ist ja wahr, ich hatte es vergessen.
(Er wendet sich ab und läßt sich in einen der Sessel fallen, er stützt den Kopf in die Hand und scheint den ihn umgebenden Dingen keine Aufmerksamkeit zu schenken.)
Dieselben, Sara
(Im Hintergrunde erscheint Sara auf der Schwelle des Saales; sie ist ganz in Schwarz gekleidet, und ein Trauerschleier verhüllt ihr Gesicht. Ein junges Mädchen in der Tracht der Bäuerinnen des Schwarzwaldes geht ihr voran, es trägt einen brennenden Armleuchter in der hochgehobenen Hand. Als Sara von der Vorhalle durch die große, weit geöffnete Tür tritt, wendet sie sich halb dem Saale zu und wirft einen Blick auf Axel, der immer noch regungslos und ohne die Eintretende zu bemerken, vor dem Feuer sitzt. Sie bleibt einen Augenblick stehen und sieht ihn sinnend an, dann setzt sie ihren Weg fort und verschwindet.)
Meister Janus (auf der höchsten Stufe der Steintreppe, für sich): Der Schleier und der Mantel, beide Apostaten sind sich begegnet, das Schicksal erfüllt sich.