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Wie oft ist das Wunder der Liebe und der Freundschaft in Wort und Lied verherrlicht worden! Jenes Kapitel im Korintherbrief singt das Hohelied der Liebe; und von Minne sangen und singen unzählige weltliche Sänger. Sie alle empfinden, daß es nur eine Lösung des Lebensrätsels gibt: das Aufleuchten von Liebe und Güte. »In der Liebe allein geschieht es.« sagt Bogumil Goltz. «daß das Erdengeschöpf die Endlichkeit und Beschränkung seiner irdischen Natur von sich wirft, daß es die Materie vergeistigt, den Staub belebt, alle Widersprüche versöhnt, den Tod bezwingt und den Himmel auf die Erde herabholt. Ohne Liebe ist alles ein Widerspruch, ein Chaos, ein Unding. Nur Liebe löst das Lebensrätsel auf jedem Punkt.«
Denn Liebe erschuf und erhält die Welt, Liebe beseelt und beseligt, erklärt und verklärt, löst und erlöst. Der Liebende gibt Flamme ab und erhält sie zurück: der Gütige strahlt Wohltaten aus und empfängt den Gegenstrahl des Dankes. Dies allein verbindet die Seelen: und zwar in Freiheit, aus innerem Drang. Wie oft geschieht es, daß ein Mensch, dessen Lebensflämmchen nur noch müde glomm, durch die Berührung mit einem stärker leuchtenden Menschen, mit einem lebenswarmen Buche oder was es sei, aufs neue entzündet wurde zu echtem Leben! Wie oft wird Dornröschen – die schlummernde Seele – wachgeküßt vom liebenden Prinzen!
Es ist ein Lichtvorgang. Vom Sonnenkultus der Indogermanen bis zum ewigen Licht, das über den Altären katholischer Kirchen hängt, oder zum «brennenden Kerzen Jesu«, wie man es oft auf kirchlichen Bildern sieht, gibt es kein reineres Symbol für den schönen Berührungs- und Entzündungsvorgang wahren Lebens und wahrer Liebe.
Neue Ideale
Ich hab' erlebt und das Erlebte bedacht;
Ich fand auf Erden nur eine beglückende Macht,
Von der ich wünschte, daß sie unendlich bliebe:
Die Liebe.
So blitzt das Leben durch die Welt,
Das haltet im Gedächtnis:
Wer
Licht und
Liebe in sich hält,
Der hat auch mein Vermächtnis.
Es gibt nur einen Weg zur Meisterschaft: Erschütterungen durch Leid und Liebe. Aus ihnen wird Weisheit, wenn Vollendungsdrang dahinter wirkt. Weisheit ist veredelte Liebe, verklärtes Leid, geschmiedeter Schmerz.
Meister der Menschheit
Worte der Güte sind Schönheit!
Taten der Liebe sind Licht!
Lebensfrucht
Liebe ist Lebenswärme, die man braucht wie das tägliche Brot.
Keine größere Wohltat kann zu irgendeiner Zeit des Lebens dem Erdenwanderer widerfahren als wahre Freundschaft und echte Liebe.
Jugendjahre
Ich weiß es aus meiner besondren Welt, daß helfende und schaffende Liebe die Sonne des Kosmos und die Sonne des Menschenherzens ist.
Spielmann
Schatz – nennen sich Liebende. Ein Mensch, den wir lieb haben, wohnt »in uns«, ist uns ein innerer Schatz; und unser Herz ist der Schrein, in dem er geborgen ist, wenn sein äußerer Körper auch weit wo anders weilt, an ganz andrem Ort, ja im Jenseits. Der Raum ist machtlos geworden; der geliebte Mensch ist Er-Innerung. Innen-Besitz, mit unserem Inneren vermählt und verbunden. Räumlichkeit ist überwunden durch Innerlichkeit. Stoff ist Geist und Gemüt geworden. Welch eine Verwandlungskraft!
Es gibt ein feinmagnetisches Verhältnis der Liebe, das kaum der Worte, selten des Befehls und nie des Scheltens bedarf, um Wünsche erfüllt zu sehen. Es verhält sich zum Befehlsgebiet wie das Neue Testament zum Alten.
Meister der Menschheit
Heilige Liebe, allmächtige Helferin!
Wege nach Weimar
Wie sich auch der Verstand der Verständigen und der Wille der Titanen anstrengen mögen: nur die Liebe hat erlösende Kraft.
Westmark
Die Menschen könnten sich die Erde so schön machen – wenn sie sich nur ein klein wenig liebhaben wollten...
Sollte man mit kurzen Worten sagen, welche chemische Substanz in der jetzigen Geistesmischung zu fehlen scheint und wodurch sich unsereins in dieser Literatur vereinzelt fühlt, so wäre es etwa dies: es fehlt geschichtliche und philosophische Durchbildung. Durchbildung im Sinne des Einblicks in das Gewebe der Zusammenhänge und im Sinne der Anwendung aus den eigenen Standort: nur durch jene Schulung wird der richtige Abstand von dem Gewirr der Tagesreize gewonnen, an denen hangen zu bleiben das Los des bloßen Eindrucksmenschen ist.
Nicht minder wertvoll wäre ein drittes Ferment, das auf die moderne Kälte, Gehässigkeit oder Sinnenzerrüttung wohltuend wirken könnte: das Erlebnis wahrer Liebe. Hier tritt eine Grundkraft Goethes in Wirksamkeit: die künstlerisch geadelte Liebe zu der Mannigfaltigkeit der Erscheinungswelt. Ja, hier könnten wir sogar ein Mehr brauchen, das der Klassizismus noch nicht hatte. Liebe in Verbindung mit jenen beiden vornehmen Geisteskräften breitet Wärme und Duft über alle Dinge, mit denen man sich beschäftigt, über alle Menschen, die in unseren inneren Bereich treten. Daraus erwächst Sorgfalt, Anmut, Feinheit der Einfühlung, Gewilligkeit der unbekannten Helfer, die jede Tat begleiten und Glück und Gelingen wahren helfen. Es ist, wie schon Schopenhauer in berühmten Worten bekannt hat, das größte Reiseglück, das man hienieden ernten kann: wahre Güte, helfende Menschlichkeit, warme und vornehme Sachlichkeit.
Wie anders auch sollten die vielen Wunderlichkeiten und Irrungen der Menschheit ertragen werden? Das Leben sorgt genug für Reizungen der Leidenschaft; sorgen wir für die Gegenkräfte!
Wege nach Weimar
An Erkaltung wird der Erdball sterben? Ja, an Wärmeverlust – an Lieblosigkeit.
Wege nach Weimar
Die Sonne beugt sich auf den Erdbeergrund
Und hält behutsam zweier Kronen Schimmer.
Zwei Edelkinder sitzen Mund an Mund
Und sind versponnen in das Goldgeflimmer:
Die Gänsemagd im lachend lichten Haar,
Der Königssohn – ein kronenwertes Paar!
Wie blüht sie auf! Dies bräutliche Gesicht.
So bang und doch so selig von dem Neuen,
Und dieses Augenflammen kennt ihr nicht!
Es ist ein Staunen und ein innig Freuen.
Das ist das Dorfkind nicht, das jeder kennt –
Die Kön'gin ist's, die ihm am Kerzen brennt.
Sie hat ja nie geküßt. Ihr Mündchen muß
Erwachen erst und muß sich lieblich färben –
Dann wagt sie selbst zurück den ersten Kuß.
Und bald will sie vor wilder Liebe sterben.
Sie rankt sich eng und immer enger an
An den geliebten, an den fremden Mann.
Und kommt sie hauptgebeugt an seiner Hand
Aus ihrem Wald nach dem geputzten Hofe –
So hebt der Höfling spöttelnd sein Gewand,
Und abseits wispern Ritterfrau und Zofe.
Und sie bleibt einsam auch im Kronenschein,
Sie hat nicht Wald noch Hof, nur ihn allein.
Nur ihn allein, und er hat einzig sie.
Einsam auch er in aller seiner Güte!
Der Reichste und die Ärmste stehen hie
Abseits und groß in ihrer stillen Blüte:
Sich selbst genug und auf sich selbst gestellt –
Zwei Sonnenkinder, wandernd durch die Welt.
Lebensfrucht
Mit Kinderwonne sprangen sie und ich,
Dem Schwarm entfliehend und dem Pfingstgejubel.
In tiefen Lattich und durch Fingerhut,
Bis über die Köpfe jauchzend eingetaucht
In einen See von rosenroten Blüten,
Durch abgeschüttelte Blätter, wüst verstrickt
In Spinngewebe, immer weiter, weiter,
Und Hand in Hand und halbgebückt und sprungweis –
Setzten zwei Rehe durchs bewegte Rot? –
Die Hänge abwärts, bis im Weißdorngrund
Auf einer Lichtung großer Friede lag.
Halt inne, Lieb! ... Tiefatmend lauschen wir:
Kein Laut mehr aus dem fernen Sonntagsdorf ...
Ein Bienchen summt, ein Tieflands-Glöckchen läutet ...
Wir sind allein! im großen Wald allein!
Da fuhr ein Zittern in mein glühend Mädchen,
Und dunkler flammte die erhitzte Wange,
Und schneller wogte unterm Sonntagsmieder
Das warme Kinderherz! ... Das Köpfchen bog sie
Mit einem Male auf die Brust herab
Und zupfte bebend sich Johanniskraut
Und Glockenblumen ab, als hält' sie nie
So seltnes Kraut gesehn, als wären wir
Just dazu beide in den Wald gelaufen,
Und zupfte noch, als ich ihr Köpfchen nahm.
Griff in die Lüfte, zupfte Gras und Halme
In ihrem rührenden Verlegensein,
Und zupfte, zitternd über den ganzen Leib,
Als meine Lippen längst die ihren suchten,
Die warmen, weichen, nie berührten Lippen ...
Ich weiß nicht, was wir sprachen, nicht ein Wort.
Ich sagt' ihr nicht, wie meine ganze Seele
So lange schon sich nach der ihren sehnte.
Ich sagt' ihr nicht einmal: «Ich hab' dich lieb« ...
Rotkehlchen sang vom Fels sein Abendlied,
Das träufte süß in unser trunken Träumen.
Die tiefe Sonne spann von Stamm zu Stamm
Goldfäden um die Lichtung zweier Sel'gen,
Und aus den Kelchen summten schweren Flugs
Die letzten Bienen unserm Dorfe zu.
Da gingen zwei Beglückte Hand in Hand
Durch einen wunderstillen Abendwald.
So rein und rot die Wange meines Mädchens,
So schamhaft und so innig doch ihr Blick
In meinem ruhend – und ihr rotes Mündchen
Noch halb geöffnet von den vielen Küssen!
»Hörst du das Abendglöckchen leise wehn
Am Berghang in der kaum bewegten Luft?« –
»Das ist, mein Lieb, das Abendglöckchen nicht:
Den Sommerwald durchzittert sel'ge Liebe!
Aus seinen Blütenkelchen, aus den Wipfeln
Der weiten Wälder, aus den Sprudelquellen
Jauchzt süß verhaltene Musik, wie uns
Musik im Herzen lebt, als müßt' das Herz,
0 Lieb, vor Wonne brechen!« – – –
Das war Glück!
Lebensfrucht